Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 28 U 41/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.01.2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
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Gründe:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Anwaltshaftung auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.
4Der Kläger mandatierte die Beklagte im Verlaufe einer von ihm vor dem Landgericht Dortmund geführten Vollstreckungsgegenklage mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Für die Beklagte wurde Rechtsanwalt L sachbearbeitend tätig. Der Kläger lastet ihm im jetzigen Regressprozess eine fehlerhafte Prozessführung an, durch die er Rechte aus einem vollstreckbaren Titel – nämlich aus einer Urkunde des Notars X vom 25.10.1983 – verloren habe.
5Dazu im Einzelnen:
6Der Kläger war und ist Eigentümer des Grundstücks Z-Straße in A.
7Am 27.07.1988 fanden dort Arbeiten statt, in deren Verlauf der Bauarbeiter T eine schwere Verletzung erlitt. In einem vor dem Landgericht Dortmund geführten Rechtsstreit (6 O 522/90) wurden der Kläger und sein Vater – N2 – am 26.01.1994 verurteilt, an T Geldbeträge in Höhe von insgesamt 82.728,42 DM sowie eine monatliche Rente von 797,15 DM zu zahlen. Diese Entscheidung wurde später durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (3 U 86/94) vom 23.01.1995 im Wesentlichen bestätigt.
8Weil der Kläger und sein Vater keine Zahlungen auf die titulierte Forderungen erbrachten, erwirkte T im Wege der Zwangsvollstreckung über einen Betrag von 139.299,18 DM die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu Lasten des Grundstücks an der Z-Straße. Vereinbarungsgemäß wurde aber von einer Zwangsversteigerung des Grundstücks abgesehen, nachdem der Vater des Klägers einen Betrag von 20.000,00 DM an T gezahlt hatte. Deshalb wurde am 11.01.2002 die Zwangssicherungshypothek gelöscht.
9Nachdem keine weiteren Zahlungen auf den Titel geleistet wurden, erwirkte entweder T oder dessen Erben durch Antrag vom 24.10.2005, dass zu Lasten des Grundstücks an der Z-Straße erneut eine Zwangshypothek eingetragen wurde.
10Der Kläger setzte sich gegen diese Zwangsvollstreckungsmaßnahme zur Wehr, indem er – zunächst anderweitig anwaltlich vertreten – bei dem Landgericht Dortmund (1 O 151/06) einen Prozesskostenhilfeantrag stellte für die Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage.
11Die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Vollstreckungsgegenklage wurde zunächst damit begründet, dass zwischen dem Kläger bzw. dessen Vater und T eine Vereinbarung dahingehend getroffen worden sei, dass mit der erfolgten Zahlung der 20.000,00 DM das Grundstück dauerhaft als Vollstreckungsobjekt freigegeben werde. Gegen diese Vereinbarung – so der Kläger – würden die Erben T's mit ihrem neuerlichen Vollstreckungsversuch verstoßen.
12Im November 2006 mandatierte der Kläger statt seiner bisherigen Bevollmächtigten die Beklagte mit der Wahrnehmung seiner Interessen, die diesen Umstand am 16.11.2006 gegenüber dem Landgericht Dortmund anzeigte.
13Am 20.03.2007 bewilligte das Landgericht nur teilweise die beantragte Prozess-kostenhilfe – nämlich soweit beantragt würde, die Vollstreckung aus dem Urteil vom 26.01.1994 hinsichtlich eines über 61.454,63 EUR nebst Zinsen hinausgehenden Betrages für unzulässig zu erklären. Das Landgericht vertrat insoweit die Ansicht, dass über den erwähnten Betrag hinaus eine Forderungsverjährung eingetreten sei. Im Übrigen sei aber die Zwangsvollstreckung zulässig; insbesondere greife der Einwand des Klägers nicht durch, dass mit der Zahlung von nur 20.000,00 DM die Zwangsvollstreckung in das Grundstück endgültig unzulässig sei.
14Am 10.07.2007 stellte die Beklagte für den Kläger gleichwohl weiter den PKH-Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 26.01.1994 für unzulässig zu erklären. Insofern führte Rechtsanwalt L für den Kläger aus, dass die von der Erbengemeinschaft betriebene Zwangsvollstreckung auch deshalb unzulässig sei, weil den Vollstreckungsgläubigern eine anderweitige Sicherheit zur Befriedigung ihrer Ansprüche zustehe. Mit diesem Prozessvortrag hatte es folgende Bewandtnis:
15Der Vater des Klägers hatte zur UR-Nr. ###/83 des Notars X aus B vom 25.10.1983 zugunsten einer C ein Schuldanerkenntnis abgegeben in Höhe von 200.000,00 DM zuzüglich 15% Zinsen ab 01.10.1982.
16Frau C hatte zur Realisierung dieser Forderung einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Essen vom 12.04.1984 erwirkt, mit dem sie sich eine Forderung des Vaters des Klägers gegen die Eheleute Y aus einer Kaufvertragsurkunde zur UR-Nr. xxx/81 des Notars E aus G und aus einem gegen diese Eheleute geführten Klageverfahren vor dem Landgericht Wuppertal (1 O 310/82) hatte pfänden und sich überweisen lassen. Nachdem dieser Rechtsstreit durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18.01.1989 beendet worden war, war Frau C letztlich Inhaberin einer Forderung gegen die Eheleute Y in Höhe von umgerechnet 118.898,70 EUR.
17Frau C hatte dann ihre Rechte aus dem Schuldanerkenntnis und damit gem. § 401 BGB zugleich das ihr zustehende Pfandrecht gegen die Eheleute Y kurz vor ihrem Tode am 17.12.1992 an den Kläger abgetreten.
18Am 01.04.1996 hatte dann wiederum der Kläger die Abtretung des auf ihn übertragenen Anspruchs an T erklärt.
19Dieses zurückliegende Geschehen griff Rechtsanwalt L im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage auf und vertrat zugunsten des Klägers die Auffassung, dass T bzw. die Erbengemeinschaft anstelle der Vollstreckung in das Grundstück die auf sie übergegangenen Ansprüche in Höhe von 118.898,70 EUR hätten realisieren müssen. Die gleichwohl betriebene Zwangsvollstreckung in das Grundstück sei damit unzulässig. Diese Argumentation wurde durch Rechtsanwalt L im Vorprozess weiter vertieft, indem er ausführte, dass die seitens T bzw. der Erbengemeinschaft unterlassene Beitreibung der Forderung gegenüber den Eheleuten Y einen Schadensersatzanspruch gem. § 842 ZPO nach sich ziehe. Wäre zeitnah nach der Abtretung vom 01.04.1996 versucht worden, die Forderungen gegenüber den Eheleuten Y zu realisieren, hätte dies Erfolg gehabt. Mittlerweile sei das jedoch nicht mehr möglich, denn die Eheleute Y hätten im Herbst 2007 eidesstattliche Versicherungen abgegeben.
20Das Landgericht Dortmund hat sich im Vorprozess dieser Argumentation nicht angeschlossen, sondern den erweiterten PKH-Antrag mit Beschluss vom 10.06.2008 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm (6 W 35/08) vom 08.09.2008 zurückgewiesen.
21Das Landgericht Dortmund setzte aufgrund der teilweise bewilligten Prozesskostenhilfe den Rechtstreit durch einen Verhandlungstermin vom 25.11.2008 fort. Im Nachgang dazu erhielt Rechtsanwalt L durch den Kläger ein Anschreiben, in dem der Kläger auf bestimmte Klarstellungen im bisherigen Prozessvortrag drängte. Rechtsanwalt L reichte das Schreiben des Klägers am 26.01.2009 auszugsweise zur Akte des Vorprozesses.
22Gleichwohl hatte die Vollstreckungsgegenklage des Klägers nur teilweise Erfolg. Am 27.01.2009 verkündete das Landgericht Dortmund ein Urteil, wonach die Vollstreckung aus dem Urteil vom 26.01.1994 nur für unzulässig erklärt wurde, soweit sie über einen Betrag von 61.454,63 EUR nebst Zinsen und abzüglich gezahlter 20.000,00 DM hinausgehe. Das Landgericht stellte zur Begründung u.a. darauf ab, dass das Abtreten von Ansprüchen an T nicht als Leistung an Erfüllungs statt hätte angesehen werden können. Vielmehr wäre es darauf angekommen, in welchem Umfang T oder dessen Erben tatsächlich Zahlungen realisiert hätten. Dazu fehle jedoch ein entsprechender Sachvortrag des Klägers. Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch aus § 842 ZPO zu, weil keine Vereinbarung in dem Sinne dargelegt worden sei, dass für T oder dessen Erben eine Verpflichtung zur Beitreibung der Forderungen bestanden habe. Es fehle auch ein Vortrag, ob die abgetretenen Ansprüche überhaupt werthaltig gewesen seien bzw. hätten bedient werden können.
23Am 03.03.2009 beantragte der Kläger auf Grundlage eines von ihm selbst verfassten Schreibens vor dem Oberlandesgericht Hamm (6 U 53/09) die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Berufungsverfahrens. Dieser Antrag wurde aber zurückgewiesen.
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25Der Kläger leitet im jetzigen Prozess einen Regressanspruch gegen die Beklagte aus folgenden Erwägungen her: Im Vorprozess habe das Gericht in der Urteilsbegründung ausgeführt, dass er – der Kläger – sämtliche Rechte an der abgetretenen Forderung verloren habe. Dieser unerwünschte Ausgang des Vorprozesses habe auf einem pflichtwidrigen Vortrag von Rechtsanwalt L im Vorprozess beruht. Dieser Vortrag sei unzureichend und ergänzungsbedürftig gewesen. Rechtsanwalt L hätte insbesondere genauer darlegen müssen, dass die gegen ihn, den Kläger gerichtete Forderung durch die vorgenommene Forderungsabtretung erfüllt werden sollte. Statt dessen habe Rechtsanwalt L die Forderungsabtretung nur als gewährte Sicherheit dargestellt. Auch die Ausführungen von Rechtsanwalt L zu § 842 ZPO, § 401 BGB seien fehlerhaft gewesen. Vielmehr hätte auf §§ 1274, 364 BGB Bezug genommen werden müssen. T habe nämlich durch Erhalt der Abtretungsurkunde ein Pfandrecht erhalten. Er wäre gem. § 1285 BGB zur bestimmungsgemäßen Einziehung verpflichtet gewesen. In diesem Zusammenhang habe Rechtsanwalt L auch nicht darauf hingewiesen, dass bis zur Erfüllung der abgetretenen Forderung bzw. bis zu einem Misslingen der Beitreibung im Verhältnis zum Kläger eine Stundung bestanden habe, die zur Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung geführt hätte. Abgesehen davon wäre es Rechtsanwalt L auch durchaus möglich gewesen, Näheres zur Werthaltigkeit der abgetretenen Forderung vorzutragen. Als nämlich der damalige Bevollmächtigte von T – Rechtsanwalt C – aufgefordert worden sei, die Kosten für eine neue Ausfertigung des Urteils 9 U 142/88 vom 18.01.1989 zu erstatten, sei Rechtsanwalt C in seiner Gebührenrechnung vom 07.05.2007 selbst von einem Gegenstandswert von 1.000.000,00 EUR ausgegangen.
26Der Beklagten sei außerdem anzulasten, dass ihr Vortrag teils verspätet gewesen sei. So sei die Frist für eine Beschwerde gegen den die PKH-Bewilligung zurückweisenden Beschluss vom 20.03.2007 abgelaufen gewesen. Auch seine – des Klägers – eigene Stellungnahme vom 08.01.2009 sei nicht form- und fristgerecht an das Landgericht weitergeleitet worden sei. Das sei vielmehr erst mit Schriftsatz vom 23.01.2009 geschehen, so dass dieser Vortrag bei dem Urteil vom 27.01.2009 nicht mehr habe berücksichtigt werden können.
27Das infolge des unzureichenden Vortrags fehlerhafte Urteil des Landgerichts Dortmund vom 27.01.2009 habe zu seinem Nachteil zu einem vollständigen Verlust der Rechte aus der Urkunde zu UR-Nr. ###/83 des Notars X geführt. Bei einem pflichtgemäßen Prozessvortrag hätte er gegen die in der Vollstreckungsgegenklage streitgegenständliche Forderung aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund – 6 O 522/90 – die Aufrechnung erklären können mit der Forderung aus UR-Nr. ###/83 des Notars X. Der Schaden belaufe sich deshalb auf den Verlust der in der notariellen Urkunde verbrieften Forderung von 200.000 DM / 102.258,38 EUR nebst 15 % Zinsen ab 01.10.1982.
28Im Rahmen des von ihm selbst verfassten PKH-Antrags für die Berufungsinstanz habe der bis dahin unzureichende Prozessvortrag nicht mehr ergänzt bzw. klargestellt werden können.
29Der Kläger hat beantragt,
30die Beklagte zu verurteilen, an ihn 102.258,38 EUR nebst 15% Zinsen seit dem 01.10.1982 zu zahlen.
31Die Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Die Beklagte hat zum einen die Verjährungseinrede erhoben. Der Kläger habe sich bereits mit einem Anspruchsschreiben vom 25.02.2009 an sie gewandt, so dass die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände bereits im Jahre 2009 vorgelegen habe. Die Verjährungsfrist sei zum 31.12.2012 abgelaufen. Soweit 9 Tage vorher ein Mahnbescheid beantragt worden sei, sei der Ablauf der Verjährungsfrist möglicherweise vorübergehend gehemmt gewesen. Die Hemmung sei aber 6 Monate nach Widerspruchserhebung, also am 07.07.2013, weggefallen. Die Verjährung sei dann 9 Tage später eingetreten, noch bevor am 20.08.2013 die Abgabe des streitigen Verfahrens an das Landgericht Dortmund veranlasst worden sei.
34Die Klage sei aber auch unschlüssig. So sei bereits nicht erkennbar, dass in dem Urteil des Landgerichts Dortmund (1 O 151/06) von einem Rechtsverlust des Klägers aus dem notariellen Schuldanerkenntnis ausgegangen werde. Dieser Rechtsverlust sei vielmehr dadurch eingetreten, dass der Kläger selbst die Forderung an T abgetreten habe.
35Auch der Vorwurf des vermeintlich pflichtwidrigen Prozessvortrags sei nicht nachvollziehbar. Es sei nicht ersichtlich, welche zusätzlichen Umstände im Vorprozess hätten vorgetragen werden sollen. Insbesondere habe sich aus dem Schreiben des vormaligen Bevollmächtigten T's – Rechtsanwalt C – vom 02.09.1996 eindeutig ergeben, dass die Abtretung des Schuldanerkenntnisses nicht als Erfüllung angenommen worden sei.
36Außerdem sei die Problematik, dass die an T abgetretene Forderung möglicherweise nicht hätte beigetrieben werden können, mit dem Kläger in mehreren Gesprächen besprochen worden. Aus dem eigenen Schreiben des Klägers vom 16.08.2007 gehe die Einsicht hervor, „vermutlich nicht zweifelsfrei beweisen (zu) können, dass die Forderung zum Zeitpunkt der Abtretung durchsetzbar war“.
37Es sei auch nicht ersichtlich, worin der vom Kläger behauptete Schaden liegen solle. Im Zeitpunkt der vermeintlichen anwaltlichen Pflichtverletzung sei der eigentliche Schuldner aus dem Schuldanerkenntnis – nämlich der Vater des Klägers – bereits verstorben gewesen. Aus den gepfändeten Forderungen gegen die Eheleute Y sei eine Vollstreckung ebenfalls aussichtslos gewesen, weil diese im Jahre 2007 beide eidesstattliche Versicherungen abgegeben hätten.
38Das Landgericht hat die Regressklage mit Urteil vom 22.01.2015 abgewiesen und zur Begründung Folgendes ausgeführt:
39Dem Kläger stünde kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Ein etwaiger Anspruch sei verjährt, weil die Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist sechs Monate nach Anforderung des Gerichtskostenvorschusses vom 08.01.2013 geendet habe. Die Verjährung sei dann zum 31.07.2013 eingetreten. Soweit vorher, am 15.07.2013, die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt worden sei, habe es sich nicht um eine neue Verfahrenshandlung gehandelt, denn dieser Antrag sei bereits in dem Mahnantrag zusammen mit der Benennung des Prozessgerichts enthalten gewesen.
40Im Übrigen hätten aber auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht vorgelegen. Der Vortrag von Rechtsanwalt L im Vorprozess sei nicht unzureichend gewesen. Es seien vielmehr alle zur Verfügung stehenden Tatsachen vorgetragen worden. Daraus habe das Gericht schlussfolgern müssen, dass die Durchsetzbarkeit der Forderung durch den Zessionar T unklar sei. Auf die Möglichkeit dieser nachteiligen Würdigung habe Rechtsanwalt L den Kläger hingewiesen.
41Es sei außerdem auch kein Rechtsverlust des Klägers eingetreten. Die Forderung aus dem Schuldanerkenntnis bestehe vielmehr weiter fort. Dieser Auffassung sei auch das Landgericht Dortmund gewesen, als es in seinem Urteil ausgeführt habe, dass die Erbengemeinschaft nach einer vollständigen Befriedigung ihrer Ansprüche ggf. zu einer Rückgabe erhaltener Titel bzw. zur Rückabtretung verpflichtet sei.
42Die verzögerte Weiterleitung der Informationen aus dem eigenen Schreiben des Klägers vom 08.01.2009 sei ebenfalls ohne Bedeutung, weil dieses Schreiben ohnehin keinen erheblichen Vortrag enthalten habe.
43Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, zu deren Begründung er Folgendes ausführt:
44Die Ausführungen des Landgerichts zur vermeintlichen Verjährung seien fehlerhaft, weil in dem ursprünglichen Mahnantrag noch kein Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens enthalten gewesen sei. Dieser Antrag sei vielmehr am 15.07.2013 gestellt worden, so dass durch diese Prozesshandlung der Ablauf der Verjährungsfrist wieder gehemmt worden sei.
45Hinsichtlich des Regressanspruchs hätte das Landgericht davon ausgehen müssen, dass die für den Vorprozess relevante Abtretung erfüllungshalber erfolgt sei. Deshalb sei der Abtretungsempfänger gehalten gewesen, mit der verkehrsüblichen Sorgfalt aus dem Titel gegen den Schuldner vorzugehen. Es sei jedoch nicht ein einziges Mal versucht worden, aus der abgetretenen Forderung zu vollstrecken. Daraus habe eine Haftung des Zessionars gefolgt. Diese Hintergründe habe Rechtsanwalt L nicht klargestellt. Insbesondere habe er die Wirkung der Abtretung als Leistung erfüllungshalber nicht vorgetragen. Die hinter der Abtretung stehenden gepfändeten Ansprüche aus der Urkunde des Notars E und aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf seien mittlerweile verjährt. Damit seien endgültige Rechtsverluste eingetreten.
46Der Kläger beantragt,
47unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 102.258,38 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünfzehn Prozent ab dem 01.10.1982.
48Die Beklagte beantragt,
49die Berufung zurückzuweisen.
50Sie bekräftigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen. So greife die Verjährungseinrede auch deshalb durch, weil nach dem 15.07.2013 der Kläger zwar zur Anspruchsbegründung aufgefordert worden sei. Bis zum Eingang der Anspruchs-begründung seien jedoch wieder fast 7 Monate vergangen. Es bleibe auch dabei, dass der Kläger keinen Rechtsverlust erlitten habe.
51Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils und auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
52II.
53Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
54Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 102.258,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 15% ab dem 01.10.1982 zu, denn die Voraussetzungen einer Anwaltshaftung i.S.d. §§ 280 Abs. 1, 611, 675 Abs. 1 BGB liegen nicht vor.
551. Anwaltsdienstvertrag
56Dabei kann im Ausgangspunkt festgehalten werden, dass der Kläger der Beklagten im November 2006 den Auftrag erteilte, seine Interessen in dem bereits vor dem Landgericht Dortmund (1 O 151/06) anhängigen Prozesskostenhilfeverfahren bzw. in dem nachfolgenden Klageverfahren zu vertreten. Auch wenn die PKH-Bewilligung auf die Beiordnung eines einzelnen Rechtsanwalts abzielte, ging der übereinstimmende Wille der Parteien dahin, dass nicht der sachbearbeitende Rechtsanwalt allein, sondern die Sozietät als solches mandatiert werden sollte (dazu Mennemeyer, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille Die Haftung des Rechtsanwalts, 8. Aufl. 2010, Rnr. 128).
572. objektive Pflichtverletzung
58Der Berufungsangriff des Klägers ist darauf gerichtet, dass Rechtsanwalt L gegenüber dem Landgericht Dortmund in rechtlicher Hinsicht nicht genügend deutlich gemacht habe, dass die Abtretung an T erfüllungshalber erfolgt sei.
59Dabei gilt im Hinblick auf den vom Rechtsanwalt zu beachtenden Pflichtenkreis Folgendes:
60Bei der Wahrnehmung des Mandats war Rechtsanwalt L gehalten, die vom Kläger verfolgte Zielsetzung in den Blick nehmen, dass die von der Erbengemeinschaft erneut beantragte Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 26.01.1994 in das Grundstück an der Z-Straße für unzulässig erklärt werden sollte.
61Rechtsanwalt L war insofern verpflichtet, die Interessen des Mandanten im Rahmen des Mandats umfassend und in jeder Richtung wahrzunehmen. Er hatte sich an dem Gebot des sichersten Weges zu orientieren und denjenigen Weg vorzuschlagen, der die größte Sicherheit der Zielerreichung versprach, um vermeidbare Nachteile zu vermeiden (BGH NJW 2012, 2435; BGH NJW 2009, 1589; BGH NJW 2007, 2486; BGH NJW 2006, 3494; Vill, in: Zugehör u.a. Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl. 2011, Rnrn. 636ff; Fahrendorf a.a.O. Rnr. 429ff, 566ff).
62Im Rahmen der Prozessführung vor dem Landgericht Dortmund hatte Rechtsanwalt L die zugunsten seines Mandanten sprechenden Umstände vollständig vorzutragen, damit das Gericht sie bei seiner Entscheidung zugrunde legen konnte (Vill a.a.O. Rnr. 738; Fahrendorf Rnr. 1815). Dabei ist es grundsätzlich die Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken, die mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene rechtliche Erkenntnisvermögen niemals auszuschließen sind (BGH, Urt. IX ZR 272/14 vom 10.12.2015; BGH NJW 1964, 2402; BGH NJW 1974, 1865).
63Die Beurteilung, ob im Rahmen der damaligen Vollstreckungsgegenklage von Rechtsanwalt L etwaige für den Kläger günstige Einwendungen, die die Zwangsvollstreckung i.S.d. § 767 ZPO unzulässig machten, nicht mit genügender Deutlichkeit vorgetragen wurden, hängt in erster Linie davon ab, wie Rechtsanwalt L die Forderungsabtretung auszulegen hatte, die der Kläger dem Gläubiger T am 01.04.1996 angeboten hatte:
64Dem Wortlaut nach hatte der Kläger seinerzeit Folgendes erklärt:
65Hiermit trete ich … die mir abgetretenen Rechte aus der UR Nr. ###/83 des Notars X in B an Herrn T … zum Ausgleich seiner Forderung ab.
66Diese vom Kläger unterzeichnete Erklärung war um eine vorbereitete Annahme-erklärung ergänzt worden, die T hätte unterzeichnen sollen:
67Ich, T, nehme die Abtretung hiermit an und werde den überschießenden Betrag nach erfolgter Vollstreckung an Herrn N1 auszahlen.
68Diese Abtretungsvereinbarung hatte der Vater des Klägers an den damaligen Bevollmächtigten T's – Rechtsanwalt C – übersandt, um T „schnell zu helfen“.
69Rechtsanwalt C hatte daraufhin aber nicht die von T unterzeichnete Annahme der Abtretungserklärung zurückgesandt, sondern mit Schreiben vom 12.06.1996 im Hinblick auf etwaige Vollstreckungsmöglichkeiten nachgefragt, ob die Eheleute Y als Drittschuldner denn in den zurückliegenden sieben Jahren Zahlungen geleistet hätten. Wenn nicht stelle sich die Frage, weshalb sie dies nunmehr tun sollten.
70Auch in seinem weiteren Schreiben vom 02.09.1996 hatte Rechtsanwalt C zwar einerseits ausgeführt, dass die Abtretung keiner förmlichen Annahme bedürfe. Andererseits hatte er aber den Kläger darauf hingewiesen, die Eheleute Y bereits angeschrieben zu haben. Die abgetretenen Ansprüche seien aber bis dahin nicht durchsetzbar gewesen. Vor diesem Hintergrund hatte Rechtsanwalt C ausdrücklich ausgeführt, dass die Abtretung der Ansprüche kein Erfüllungssurrogat für die rechtskräftigen Forderungen seines Mandanten sei. Es bedürfe insofern keiner näheren Erläuterung, dass allenfalls aus Abtretungen eingehende Beträge auf die Verbindlichkeiten des Klägers und seines Vaters angerechnet würden.
71Die juristische Würdigung des damaligen Schriftwechsels konnte aus Sicht von Rechtsanwalt L unterschiedlich ausfallen:
72Entweder sollte die Forderungsabtretung an T bloß sicherungshalber erfolgt sein, so dass T als Gläubiger sich aus dem Sicherungsgut bei Verwertungsreife befriedigen durfte, aber nicht musste (dazu Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 364 Rnr. 6; Avenarius, in: Nomos Kommentar zum BGB, 2. Aufl. 2012, § 364 Rnr. 11).
73Oder der Übergang der gepfändeten Forderung sollte entsprechend § 364 Abs. 2 BGB als Leistung erfüllungshalber erfolgen (dazu BGH NJW 2014, 1239 - juris-Tz. 11; Grüneberg, in: Palandt BGB, 75. Aufl. 2016, § 364 Rnr. 7; Dennhardt, in: Bamberger/Roth BGB, 3. Aufl. 2012, § 364 Rnr. 5; Olzen, in: Staudinger BGB, Juli 2006, § 364 Rnr. 36; Schreiber, in: Soergel BGB, 13. Aufl. 2000, § 364 Rnr. 6; Buck-Heeb, in: Erman BGB, 14. Aufl. 2014, § 364 Rnr. 13).
74Rechtsanwalt L hatte im Rahmen der damaligen Prozessführung u.a. mit Schriftsatz vom 17.09.2007 vorgetragen, dass die damalige Forderungsabtretung keine Erfüllungswirkung gehabt habe, sondern als Sicherheit dienen sollte.
75Dieser Vortrag könnte möglicherweise einen Verstoß gegen das aus Anwaltssicht zu beachtende Gebot des sichersten Weges bedeutet haben, denn der Argumentations-ansatz einer Leistung erfüllungshalber hätte für den Kläger im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage eine günstigere Rechtsposition bedeutet.
76Das hängt damit zusammen, dass bei einer Leistung erfüllungshalber grundsätzlich eine Stundung der ursprünglich geschuldeten Forderung angenommen wird, die solange andauert, wie die übertragene Forderung beigetrieben werden kann oder die Beitreibung misslingt (BGH NJW 1986, 426 - juris-Tz. 39; Buck-Heeb, in: Erman BGB § 364 Rnr. 11). Nach anderer Auffassung soll für diesen Zeitraum ein im Rahmen des § 767 ZPO ebenfalls relevantes pactum de non petendo anzunehmen sein (Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB § 364 Rnr. 13; Dennhardt, in: Bamberger/Roth BGB § 364 Rnr. 4). Des Weiteren hätte die Forderungsübertragung als Leistung erfüllungshalber zugleich die Begründung eines Auftragsverhältnisses bedeutet, in dessen Rahmen T verpflichtet gewesen wäre, aus der abgetretenen Forderung mit verkehrsüblicher Sorgfalt Befriedigung zu suchen, wobei ein Verstoß gegen diese Verpflichtung einen Schadensersatzanspruch des Klägers hätte nach sich ziehen können (Olzen, in: Staudinger § 364 Rnr. 25; Schreiber, in: Soergel § 364 Rnr. 6; Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB § 364 Rnr. 12).
77Ob der damalige Prozessvortrag von Rechtsanwalt L vor diesem Hintergrund die Interessenlage des Klägers nicht genügend berücksichtigte, kann allerdings aus sogleich darzulegenden Gründen dahinstehen.
783. Vertretenmüssen
79Zwar wäre bei festzustellender Pflichtverletzung auch ein Verschulden des sachbearbeitenden Rechtsanwalts zu vermuten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).
804. Kausalität
81Im Rahmen der Kausalitätsprüfung ist indessen jedenfalls festzustellen, dass eine solche – unterstellte – Pflichtverletzung von Rechtsanwalt L nicht den vom Kläger behaupteten Schaden verursacht hat.
82Eine zum Schadensersatz verpflichtete Person hat nach der im Rahmen des § 249 S. 1 BGB anzuwendenden Differenzhypothese den Zustand herzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde. Deshalb ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei einem pflichtgemäßen Verhalten des Rechtsanwalts genommen hätten, insbesondere wie sich die Gesamtvermögenslage des Klägers in einem solchen Fall dargestellt hätte. Dabei dürfen an die Darlegung eines hypothetischen Geschehens im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn Umstände vorgetragen werden, die nach dem abgeschwächten Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO eine überwiegende, freilich auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Geschehensablaufs nahelegen (BGH NJW-RR 2006, 923; G. Fischer, in: Zugehör u.a. Rnr. 1102; Fahrendorf Rnr. 748).
83a) Wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass Rechtsanwalt L seinerzeit gehalten gewesen wäre, die Wirkungen einer Leistung erfüllungshalber im Vorprozess näher darzustellen, käme es darauf an, wie dann über die Vollstreckungsgegenklage entschieden worden wäre.
84Dabei ist im Rahmen des normativen Schadensbegriffes darauf abzustellen, welche Entscheidung aus Sicht des Regressgerichts richtigerweise hätte ergehen müssen (BGH WM 2009, 2138; BGH WM 2009, 324; WM 2007, 1425; Fahrendorf Rnr. 898; G.Fischer, in: Zugehör Rnr. 1190; Greger, in: Vollkommer/ Greger/Heinemann Anwaltshaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 19 Rnr. 4; Borgmann, in: Borgmann/Jungk/ Schwaiger Anwaltshaftung, 5. Aufl. 2014, § 29 Rnr. 97).
85Bei einer solchen normativen Betrachtung stellte sich aber der damalige Vortrag von Rechtsanwalt L, die Forderung sei lediglich sicherungshalber auf T übertragen worden, als zutreffend dar:
86Aus der gem. §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht eines verständigen Erklärungs-empfängers konnten die seinerzeit zwischen dem Kläger bzw. dessen Vater und Rechtsanwalt C getroffenen Abmachungen nicht in dem Sinne aufgefasst werden, dass man sich über die Annahme der Abtretung als Leistung erfüllungshalber geeinigt hatte. Vielmehr drängte es sich aus verständiger Sicht auf, dass T seine Rechtsposition als Titelgläubiger und Inhaber einer Zwangssicherungshypothek nicht durch die Übernahme der Verpflichtung schmälern wollte, zunächst einen anderweitigen Vollstreckungsversuch gegenüber den bis dahin unbekannten Eheleuten Y unternehmen zu müssen.
87Bereits der Umstand, dass T die vorbereitete Annahmeerklärung nicht unterzeichnet hatte, sprach dafür, dass er dem Angebot des Klägers mit Zurückhaltung begegnete. Diese Skepsis war aus verständiger Sicht durchaus berechtigt. Denn als T im April 1996 die Abtretungserklärung erhielt, waren die von der vorherigen Zessionarin gepfändeten Forderungen aus der Urkunde des Notars E bereits etwa 15 Jahre alt und das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18.01.1989 lag auch bereits sieben Jahre zurück. Die Werthaltigkeit der gepfändeten Forderungen musste auch deshalb als zweifelhaft angesehen werden, weil es anscheinend weder Frau C noch dem Kläger selbst gelungen war, die Forderungen gegenüber den Eheleuten Y zu realisieren. Zudem ergab sich aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18.01.1989, dass der Vater des Klägers bereits im Jahre 1983 die Zwangsversteigerung des von den Eheleuten Y käuflich erworbenen Grundstücks betrieben hatte.
88Vor diesem Hintergrund eines eher unwahrscheinlichen Vollstreckungserfolges hatte es Rechtsanwalt C seinerzeit auch ausdrücklich abgelehnt, die Abtretung als Erfüllungssurrogat anzusehen und dies in seinem Schreiben vom 02.09.1996 entsprechend zum Ausdruck gebracht.
89Vor diesem Hintergrund war also die von Rechtsanwalt L im Vorprozess vertretene Auffassung, die Abtretung sei nur sicherungshalber erfolgt, normativ betrachtet zutreffend.
90b) Aber selbst wenn man dem – unzutreffenden – Regressvorbringen des Klägers folgen und eine Leistung erfüllungshalber annehmen wollte, hätte der Kläger mit seiner Vollstreckungsgegenklage nicht in einem weitergehenden Umfang als tatsächlich geschehen Erfolg gehabt.
91Auch bei Annahme einer Leistung erfüllungshalber hätte der Forderung, die Grundlage der Zwangsvollstreckung in das Grundstück war, im Grundsatz nur insoweit eine Einwendung entgegengestanden, als T bzw. die Erbengemeinschaft aus der vorgenommenen Abtretung tatsächlich Befriedigung erlangt hatten. Ein solcher Erlös war aber unstreitig nicht erzielt worden.
92Die Vollstreckungsgegenklage ließ sich aber auch nicht alternativ darauf stützen, dass zugunsten des Klägers von einer Stundung der titulierten Forderung ausgegangen werden musste. Denn ein solcher mit der Leistung erfüllungshalber verbundener Stundungseinwand konnte nur solange vorgebracht werden, bis die Vollstreckung entweder Erfolg hatte oder der Versuch der anderweitigen Vollstreckung misslungen war (Palandt-Grüneberg § 364 Rnr. 8).
93Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Dortmund - also am 25.11.2008 – hätte aber das Misslingen der anderweitigen Vollstreckungsmöglichkeit gegenüber den Eheleuten Y bereits festgestanden, denn diese hatten am 12.09.2007 bzw. am 18.10.2007 in eidesstattlichen Versicherungen ihre Vermögenslosigkeit glaubhaft gemacht.
94Der Kläger wäre deshalb bei der Annahme, es liege eine Leistung erfüllungshalber vor, auf eine vollstreckungshindernde Einwendung in dem Sinne angewiesen gewesen, dass er mit einer gegenläufigen Schadensersatzforderung die Aufrechnung erklären konnte. Ein solcher Schadensersatzanspruch hätte argumentativ vorausgesetzt, dass T es schon frühzeitig – nämlich im Sommer 1996 – entgegen der gebotenen Sorgfalt unterlassen hätte, einen Vollstreckungsversuch gegenüber den Eheleuten Y zu unternehmen.
95Eine solche Pflichtverletzung des Vollstreckungsgläubigers hatte Rechtsanwalt L aber im Vorprozess – wenn auch im rechtlichen Zusammenhang mit § 842 ZPO – tatsächlich vorgetragen. Im Rahmen der jetzigen Regressklage werden vom Kläger keine zusätzlichen Umstände dargetan, die Rechtsanwalt L seinerzeit noch ergänzend hätte einbringen können. Insbesondere ergab sich aus der damals mit Rechtsanwalt C geführten Korrespondenz, dass Y ihm am 08.08.1996 mitgeteilt hatte, dass er nur über eine geringe Rente verfüge, die bis zur Freigrenze gepfändet sei.
96Aber selbst wenn man – hypothetisch – annehmen wollte, dass seitens T ein weiteres Nachbohren erforderlich gewesen wäre, um die abgetretene Forderung zu realisieren, hätte das nicht den Erfolg der Vollstreckungsgegenklage bedeutet.
97Denn die Aufrechnung mit einem gegenläufigen Schadensersatzanspruch hätte im Rahmen des § 249 BGB wiederum vorausgesetzt, dass bei pflichtgemäßer Vorgehensweise des Vollstreckungsgläubigers bei den Eheleuten Y irgendein Erlös zu erzielen gewesen wäre. Diese Werthaltigkeit war von der Erbengemeinschaft im Vorprozess mit Schriftsatz vom 20.05.2008 ausdrücklich bestritten worden. Von Seiten des Klägers können aber bis heute keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorgetragen werden, dass gegenüber den Eheleuten Y in der Zeit ab 1996 mit Erfolg hätte vollstreckt werden können. Dieser Problematik ist sich der Kläger im Übrigen auch schon seit Jahren bewusst, denn er hat dazu in seinem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 16.08.2007 eingeräumt, dass er bezüglich eines eventuellen Schadensersatzanspruchs vermutlich nicht zweifelsfrei würde beweisen können, dass die Forderung gegen die Eheleute Y zum Zeitpunkt der Abtretung durchsetzbar war.
98Soweit im jetzigen Regressprozess vom Kläger darauf abgestellt wird, dass Rechtsanwalt C seinerzeit offenbar selbst von einer Werthaltigkeit der gegen Y gerichteten Forderung in einer Größenordnung von 1.000.000,00 EUR ausgegangen sei, weil er bei seiner Gebührenrechnung einen entsprechenden Gegenstandswert zugrunde gelegt habe, liegt das neben der Sache. Denn zum einen wäre die bloße subjektive Einschätzung von Rechtsanwalt C unerheblich. Und zum anderen wurde bei der vorgenommenen Bestimmung des Gegenstandswertes nur die Behauptung des Vaters des Klägers aufgegriffen, es bestünde eine Schadens-ersatzforderung gegen Rechtsanwalt C in Höhe von 1.000.000,00 EUR.
99Somit liegen für den Senat keine Umstände vor, aus denen – noch dazu mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – geschlussfolgert werden könnte, dass im Jahre 1996 gegenüber den Eheleuten Y eine Beitreibungsmöglichkeit bestand.
100Auch deshalb kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der Vorprozess bei einer zusätzlichen Betonung, die Forderungsabtretung an T sei als Leistung erfüllungshalber anzusehen gewesen, Erfolg gehabt hätte.
1015. Schaden
102Im Übrigen stünde aber eine etwaige anwaltliche Pflichtverletzung auch deshalb nicht in einem Ursachenzusammenhang zu dem geltend gemachten Schaden, weil ein – unterstellt – unzureichender Prozessvortrag nicht zu einem Verlust des Anspruchs aus dem notariellen Schuldanerkenntnis vom 25.10.1983 geführt hätte.
103Der Kläger hat den Anspruch aus dem Schuldanerkenntnis vielmehr deshalb verloren, weil er am 01.04.1996 die Abtretung gegenüber T erklärt hat, die in der Folgezeit – wenn auch nur sicherungshalber – angenommen wurde.
104Soweit der Kläger dazu in der Berufungsbegründung vortragen lässt, er habe einen Rechtsverlust erlitten, weil sowohl der gepfändete Anspruch aus der Kaufvertragsurkunde des Notars E vom 18.12.1981 als auch der aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18.01.1989 mittlerweile verjährt seien, steht das in keinem Zusammenhang zu dem an die Beklagte erteilten Auftrag, der Vollstreckungsgegenklage zum Erfolg zu verhelfen. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb Rechtsanwalt L bei der Wahrnehmung dieses Mandats darauf hätte hinweisen müssen, dass etwaige Ansprüche aus den 1980er Jahren zu verjähren drohten. Denn zum einen handelte es sich um Ansprüche, deren Inhaber sein Mandant nach der Abtretung nicht mehr war. Und zum anderen sprach auch in zeitlicher Hinsicht nichts dafür, dass während des von der Beklagten in den Jahren 2006 bis 2009 bearbeiteten Mandats die Forderungen aus den 1980er Jahren verjähren würden.
1056. Verjährung
106Umgekehrt ist es allerdings die Beklagte, die sich im jetzigen Prozess mit Erfolg auf die Verjährung eines etwaigen – wie dargelegt tatsächlich nicht gegebenen - Regressanspruchs berufen kann (§ 214 BGB).
107Wenn man dem Standpunkt beider Prozessparteien folgt, dass der Kläger ausweislich seines eigenen Schreibens vom 25.02.2009 bereits die nötige Kenntnis von den – vermeintlich – regressbegründenden Umstände hatte (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), dann wäre mit Ablauf des 31.12.2012 die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB abgelaufen gewesen.
108Zuvor war mit dem am 22.12.2012 bei dem Amtsgericht Hagen eingegangenen Mahnantrag eine Hemmung des Ablaufs der restlichen Verjährungsfrist von 9 Tagen bewirkt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. §§ 691 Abs. 2, 167 ZPO).
109Die Hemmungswirkung drohte allerdings dadurch wieder in Wegfall zu geraten, dass der Kläger auf die Mitteilung des Mahngerichts vom 08.01.2013, er möge einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellen oder alternativ den weiteren Kostenvorschuss von 2.140,00 EUR einzahlen, zunächst nicht reagierte. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer 14tägigen Frist zur Reaktion auf das am 10.01.2013 eingegangene gerichtliche Anschreiben ausgehen wollte, hätte spätestens ab dem 25.01.2013 ein Nichtbetrieb des Verfahrens vorgelegen, der die 6-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 BGB in Gang setzte.
110Nach Ablauf dieser 6-Monats-Frist, also am 25.07.2013, fiel die Hemmungswirkung weg und weitere 9 Tage später lief die restliche Verjährungsfrist ab.
111Insofern ging zwar am 15.07.2013 bei dem Mahngericht der Antrag des Klägers auf Durchführung des streitigen Verfahrens ein. In dieser Antragstellung kann aber kein Weiterbetreiben des Verfahrens i.S.d. § 204 Abs. 2 S. 3 BGB gesehen werden, für das eine Prozesshandlung erforderlich ist, die dazu bestimmt und geeignet ist, den Prozess wieder in Gang zu setzen (BGH NJW 1979, 809; Palandt-Ellenberger § 204 Rnr. 50).
112Der bloße Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens ist nämlich nicht geeignet, den Prozess wieder in Gang zu setzen, denn dazu müsste zumindest „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO auch noch der gem. § 12 Abs. 3 GKG erforderliche weitere Kostenvorschuss eingezahlt werden (BGH NJW 1987, 2582 - juris-Tz. 58; OLG München, Beschl. 27 W 107/02 vom 03.05.2002; Lakkis, in: juris-PK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 204 Rnr. 125). Dabei wird für eine demnächstige Einzahlung eines angeforderten Vorschusses ein Zeitraum von 14 Tagen für angemessen erachtet (BGH NJW 2015, 2666).
113Eine solche demnächstige Einzahlung des Kostenvorschusses ist aber nicht erfolgt, denn obwohl dem Kläger bereits am 10.01.2013 die Kostenrechnung über 2.140,00 EUR übersandt worden war, wurde dieser Betrag erst am 19.08.2013 gezahlt mit Zahlungseingang bei der Gerichtszahlstelle am 20.08.2013. Zu diesem Zeitpunkt waren sowohl die 6-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 BGB als auch die verbleibenden 9 Tage der restlichen Verjährungsfrist seit mehr als 14 Tagen abgelaufen.
114III.
115Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entschieden.
116IV.
117Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
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