Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 17 U 815/19

Tenor

I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel – das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 26. Juli 2019 in der Fassung des Beschlusses vom 16. September 2019 – 10 O 82/18 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert und neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.210,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

- vom 11. Dezember 2018 bis 14. Juni 2019 aus einem Betrag von 28.025,31 EUR, der sich ab 11. Dezember 2018 bis 14. Juni 2019 Tag für Tag linear auf 27.607,97 EUR ermäßigt,

- vom 15. Juni 2019 bis 3. November 2020 aus einem Betrag von 27.607,97 EUR, der sich ab 15. Juni 2019 bis 3. November 2020 Tag für Tag linear auf 27.210,78 EUR ermäßigt, sowie

- aus 27.210,78 EUR seit 4. November 2020

zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs der Marke ... vom Typ Q 3 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft.

2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 489,07 EUR erledigt ist.

3. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von weiteren 330,99 EUR erledigt ist.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts – soweit es aufrechterhalten bleibt – sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 28.491,44 EUR festgesetzt. Davon entfallen auf die Berufung der Beklagten 27.606,31 EUR, der Rest entfällt auf die Berufung des Klägers.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit dem Kauf eines von dem sog. „Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs.
Die Beklagte stellte unter der Bezeichnung „EA 189" einen Dieselmotor mit der Abgasnorm Euro 5 her, in dessen Motorsteuerung eine zuvor in Kooperation mit der R. GmbH entwickelte Software zur Abgassteuerung installiert wurde. Diese Software verfügt über zwei unterschiedliche Betriebsmodi, welche die Abgasrückführung steuern. In dem im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimierten „Modus 1", der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ) automatisch aktiviert wird, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Bei im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen ist der partikeloptimierte „Modus 0“ aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt.
Der o.g. Dieselmotor wurde auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten nicht nur in diversen Fahrzeugtypen der Beklagten verbaut, sondern auch in solchen der zum V.-Konzern gehörenden Unternehmen, ua auch in von der A. AG (im Folgenden: A.) hergestellten Fahrzeugen.
Im Jahr 2012 erwarb der Kläger ein Fahrzeug der Marke ..., Typ Q 3 2,0 I TDI für einen Kaufpreis von 32.912,08 EUR brutto. Das Fahrzeug, das die Fahrzeugidentifikationsnummer ... erhalten hatte, wurde dem Kläger nach Bezahlung des Kaufpreises am 2. Juli 2012 übergeben und wies zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 6 auf (vgl. Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 26. Februar 2018, Anlage K 29). In dem Fahrzeug ist auf Veranlassung des Vorstandes der Beklagten der o.g. Dieselmotor des Typs EA 189 mit 2,0 Liter Hubraum verbaut, dessen Motorsteuerung im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs die o.g. Software zur Abgassteuerung enthielt.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 verfügte das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) gegenüber der Beklagten „zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der [...] Typengenehmigung [...] des Typs EA 189 EU5“ die „unzulässigen Abschalteinrichtungen“ zu entfernen und drohte damit, andernfalls „die Typengenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen“. Zugleich wurde die Beklagte verpflichtet, den technischen Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden.
Mit Schreiben vom 1. Juni 2016 bestätigte das KBA der Beklagten gegenüber ua für das streitgegenständliche Fahrzeug ..., dass die in Reaktion auf den Bescheid vom 15. Oktober 2015 von der Beklagten entwickelten technischen Maßnahmen (konkret: ein Softwareupdate) geeignet sind, die Vorschriftsmäßigkeit herzustellen (Anlage B 2). Der Kläger ließ das von dem KBA für das hier in Streit stehende Fahrzeug freigegebene Softwareupdate vor Klageerhebung aufspielen (vgl. Klageerwiderung, dort S. 29 = I 29).
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 26. Februar 2018 (Anlage K 29) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zur Zahlung von 38.300 EUR Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs auf.
Mit seiner am 13. November 2018 bei dem Landgericht eingegangenen und der Beklagten am 10. Dezember 2018 zugestellten Klage hat der Kläger erstinstanzlich – nach Teilerledigungserklärung in Höhe von 413,63 EUR – zuletzt folgende Anträge gestellt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 32.912,08 nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 22. Juni 2012 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke ... vom Typ Q3 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes in Höhe von EUR 4.486,43.
10 
Hilfsweise:
11 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs der Marke ... vom Typ Q3 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... mit der manipulierten Motorsoftware durch die Beklagte resultieren.
12 
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
13 
4. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
14 
5. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.256,24 freizustellen.
15 
Zur Begründung hat der Kläger ua vorgetragen,
die Entwicklung und das Inverkehrbringen der streitgegenständlichen Software stelle eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung dar. Er – der Kläger – hätte das Fahrzeug bei Kenntnis von dem Einsatz der Software nicht erworben.
16 
Die Beklagte, die ua eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Klägers in Abrede gestellt hat, hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Anträge wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
18 
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom – mit Beschluss vom 16. September 2019 teilweise berichtigtem – Urteil vom 26. Juli 2019 verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des erworbenen Fahrzeugs an den Kläger einen Betrag von 27.607,31 EUR zu zahlen nebst Rechtshängigkeitszinsen seit 11. Februar 2018 (Tenor Ziff. 1). Außerdem es zum einen festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 489,07 EUR erledigt ist (Tenor Ziff. 2), sowie zum anderen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet (Tenor Ziff. 3). Ferner hat es die Beklagte verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.564,26 EUR freizustellen (Tenor Ziff. 4). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
19 
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
20 
Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 4 sei die Klage mangels Feststellungsinteresses unzulässig, im Übrigen sei die Klage zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger könne von der Beklagten Schadensersatz wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung verlangen. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises. Allerdings müsse er die gezogenen Nutzungen herausgeben. Da die Laufleistung des Fahrzeuges zum Schluss der mündlichen Verhandlung unstreitig bei 40.295 km gelegen habe, betrage der Nutzungsvorteil – unter Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km – 5.304,77 EUR. Deliktszinsen gemäß § 849 BGB stünden dem Kläger nicht zu. Hingegen habe dieser einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus dem begründeten Anspruch nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.
21 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
22 
Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien.
23 
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
24 
Der Kläger tritt der Berufung der Beklagten entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
25 
Mit seiner eigenen Berufung verfolgte der Kläger zunächst seine erstinstanzlichen Anträge wie folgt weiter:
26 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 32.912,08 nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 22. Juni 2012 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke ... vom Typ Q 3 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes in Höhe von EUR 4.420,64.
27 
Hilfsweise:
28 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs der Marke ... vom Typ Q3 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ...mit der manipulierten Motorsoftware durch die Beklagte resultieren.
29 
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
30 
4. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
31 
5. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR°2.256,24 freizustellen.
32 
Im Hinblick auf bis zu der mündlichen Verhandlung am 3. November 2020 mit dem erworbenen Fahrzeug weiter gefahrenen Kilometer stellt der Kläger neben den o.g. Anträgen Ziff. 2 bis 5 zuletzt folgenden Antrag Ziff. 1:
33 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 32.912,08 nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 22. Juni 2012 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke ... vom Typ Q 3 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes in Höhe von EUR 4.751,63.
34 
In Höhe von weiteren 330,99 EUR (= 4.751,63 EUR – 4.420,64 EUR) erklärt er den Klageantrag Ziff. 1 für erledigt.
35 
Die Beklagte hat der weiteren teilweisen Erledigungserklärung widersprochen und beantragt die Zurückweisung der klägerischen Berufung. Sie verteidigt insoweit das angegriffene Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
36 
Den vom Kläger zum 3. November 2020 behaupteten Kilometerstand von 43.312 km hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2020 unstreitig gestellt.
37 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
38 
Sowohl die zulässige Berufung der Beklagten ist größtenteils unbegründet (1.) als auch die zulässige Berufung des Klägers (2.). Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche (lediglich) im tenorierten Umfang zu (3.).
39 
1. Die zulässige Berufung der Beklagten ist überwiegend unbegründet. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 analog BGB dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch in Bezug auf die Schäden zusteht, die aus der Installation der die Betriebsmodi konfigurierenden Software in die Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren (a)). Indes stehen dem Kläger die von dem Landgericht zuerkannten Ansprüche nur teilweise zu (b)).
40 
a) Der Kläger hat gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 analog BGB einen Schadensersatzanspruch in Bezug auf die Schäden, die aus der Installation der die Betriebsmodi konfigurierenden Software in die Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren (so bereits Senat, Urteil vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 83 ff.; Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 29 ff.; Urteil vom 21. Januar 2020 – 17 U 2/19 –, juris Rn. 33 ff.; so jetzt auch BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 12 ff.; Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 –, juris Rn. 11 ff.). Denn die Beklagte hat dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Dies geschah nicht erst dadurch, dass sie die Motoren des Typs EA 189 mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet und die so ausgestatteten Motoren zum Einbau in das später an den Kläger veräußerte Fahrzeug an A. geliefert hat. Vielmehr war bereits die zuvor von der Beklagten getroffene unternehmerische Entscheidung sittenwidrig (aa)), dass der mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattete Motor des Typs EA 189 in unterschiedliche Fahrzeugtypen ihrer Konzernunternehmen – und damit auch in den an den Kläger veräußerten ... Q 3 – eingebaut und dieser sodann mit der erschlichenen Typgenehmigung in Verkehr gebracht wird. Durch diese Entscheidung ist dem Kläger kausal (cc)) ein Schaden entstanden, der im Abschluss des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug zu sehen ist (bb)). Schließlich hatte die Beklagte im Zeitpunkt ihrer Entscheidung Kenntnis von dem Eintritt eines Schadens, der Kausalität des eigenen Verhaltens für den Eintritt des Schadens und der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände (dd)), so dass die Beklagte dem Kläger gegenüber aus §§ 826, 31 analog BGB für die Schäden haftet, die aus der Installation der in Streit stehenden Software in die Motorsteuerung des Motors EA 189 resultieren. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass dem Kläger ein gleichartiger Schadensersatzanspruch aus §§ 831 Abs. 1 Satz 1, 826 BGB zusteht (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 84; Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 29 mwN).
41 
aa) Die Entscheidung der Beklagten, dass der hier in Streit stehende und mit der o.g. Software ausgestattete Motor EA 189 in das von dem Kläger erworbene Fahrzeug eingebaut und dieses mit der erschlichenen Typgenehmigung in Verkehr gebracht wird, stellt eine sittenwidrige Handlung dar (so auch BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 13 ff.).
42 
(1) Sittenwidrig ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15 –, juris Rn. 16 mwN). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2016, aaO mwN). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2016, aaO mwN). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2016, aaO mwN).
43 
(2) Nach diesen allgemeinen Maßstäben ist in der Entscheidung der Beklagten, dass der mit der hier in Streit stehenden Software ausgestattete Motor EA 189 in das o.g. Fahrzeug eingebaut wird und dieses mit der erschlichenen Typgenehmigung in Verkehr gebracht wird, eine sittenwidrige Handlung zu sehen. Denn als Beweggrund für das Inverkehrbringen der mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motorsteuerung kommt vorliegend allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht ((a)). Hinzu kommt, dass die Beklagte durch diese Strategieentscheidung den Weg vorgezeichnet hat, die EG-Typengenehmigung für alle mit der Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Kfz der Konzerngesellschaften von den dafür zuständigen Erteilungsbehörden zu erschleichen, ohne dass die materiellen Voraussetzungen dafür vorlagen ((b)). Darüber hinaus droht den Käufern eines mit einer derart erschlichenen EG-Typengenehmigung versehenen Fahrzeugs die Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs und damit ein erheblicher Schaden ((c)). Bei Würdigung dieser Umstände ist das Verhalten der Beklagten als Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zu werten ((d)).
44 
(a) Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung (vgl. hierzu sogleich) versehenen Motors kommt vorliegend allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Zum einen erscheint es lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der Abschaltsoftware verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (so bereits Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 43 mwN), zum anderen trägt die Beklagte selbst keinen anderen Grund vor.
45 
(b) Die Beklagte hat die Strategieentscheidung getroffen, die EG-Typengenehmigung für alle mit der Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Kfz ihrer Konzerngesellschaften von den dafür zuständigen Erteilungsbehörden zu erschleichen, ohne dass die materiellen Voraussetzungen dafür vorlagen.
46 
Das von dem Kläger erworbene Fahrzeug verfügte gerade nicht über eine dauerhaft ungefährdete Betriebserlaubnis, weil die installierte Motorsteuerungssoftware eine Umschaltlogik enthielt, die als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn des Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren ist, weshalb die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung nicht gegeben waren (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 – VIII ZR 225/17 –, juris Rn. 5 ff.).
47 
(c) Den Käufern eines Fahrzeugs, dessen Motorsteuerungssoftware eine Umschaltlogik enthält, die als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn des Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren ist, droht ein erheblicher Schaden in Form der behördlich angeordneten Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs (was bereits senatsbekannt vielfach geschehen ist).
48 
(d) Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Gesamtumstände – Kostensenkung und Gewinnmaximierung als Beweggrund für die Entscheidung des Inverkehrbringens des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motors; Erschleichen der EG-Typengenehmigung; drohende erhebliche Schäden für die Käufer eines solchen Fahrzeugs – ist die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, dass die mit der unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattete Motorsteuerung auch in den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp eingebaut wird, als Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zu würdigen (so bereits Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 38 mwN).
49 
Zwar ist allein ein Handeln mit Gewinnstreben nicht als verwerflich zu beurteilen. Allerdings führen die Tragweite der Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wird, die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den V.-konzern und den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens sowie die in Kauf genommenen drohenden erheblichen Folgen für die Käufer in Form der Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge zur Sittenwidrigkeit der Entscheidung der Beklagten im Sinne des § 826 BGB.
50 
bb) Dem Kläger ist dadurch, dass er das hier in Streit stehende Fahrzeug gekauft hat, in das ein mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehener Motor EA 189 eingebaut ist, ein Schaden entstanden (so auch BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 44 ff.).
51 
(1) § 826 BGB knüpft nicht an die Verletzung bestimmter Rechte und Rechtsgüter an, weshalb der nach dieser Norm ersatzfähige Schaden weit verstanden wird. Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 – VI ZR 15/14 –, juris Rn. 19).
52 
(2) Nach diesen Grundsätzen kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug im Zeitpunkt des Erwerbs im Hinblick auf die unzulässige Abschalteinrichtung einen geringeren Marktwert hatten als ein Fahrzeug mit ordnungsgemäßer Abgasreinigungskonfiguration.
53 
Der Schaden des Käufers liegt in der Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit, nicht erst in dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteilen. Allein maßgebend ist, dass der abgeschlossene Vertrag, nämlich die Eigenschaften des Kaufgegenstands, nicht den berechtigten Erwartungen des Getäuschten entsprach und überdies die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 – VI ZR 15/14 –, juris Rn. 16 ff.). Beide Voraussetzungen waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gegeben, weil vorliegend wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung die Entziehung der EG-Typgenehmigung oder die Anordnung von Nebenbestimmungen sowie bei deren Nichterfüllung die Stilllegung der beiden Fahrzeuge drohte. Wegen des zur Rechtswidrigkeit der EG-Typgenehmigung führenden und damit die Zulassung des Fahrzeugs gefährdenden Mangels ist gerade der intendierte Hauptzweck des Fahrzeugs, dieses im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, bereits vor der tatsächlichen Stilllegung unmittelbar gefährdet (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 – VIII ZR 225/17 –, juris Rn. 22), was bereits einen Schaden darstellt (so bereits Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 42 mwN).
54 
Für die Frage, ob ein Schaden eingetreten ist, kommt es allein auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses an. Das später von der Beklagten entwickelte – und nach Freigabe durch das KBA im Jahr 2016 in das hier in Streit stehende Fahrzeug sodann aufgespielte – Softwareupdate ist insoweit nicht zu berücksichtigen (so bereits Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 43 mwN; jetzt auch BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 58).
55 
cc) Die oben genannte Entscheidung der Beklagten ist kausal für den dem Kläger entstandenen Schaden (so auch BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 44 ff.).
56 
Hätte die Beklagte nicht die Entscheidung getroffen, dass die mit der manipulativ wirkenden Software zur Motorsteuerung ausgerüsteten Motoren des Typs EA 189 in die von der A. AG hergestellten Fahrzeuge vom Typ ... Q3 eingebaut werden, wäre das Fahrzeug mangels EG-Typengenehmigung nicht auf den deutschen Markt gelangt und hätte der Kläger dieses mit der darin verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung nicht erwerben können. Jedenfalls hätte er ein Fahrzeug mit erschlichener EG-Typengenehmigung aber nicht erworben. Denn bereits die Lebenserfahrung spricht dafür, dass Kraftfahrzeugkäufer vom Kauf eines Fahrzeugs Abstand nehmen würden, wäre ihnen bekannt, dass das betreffende Fahrzeug zwar formal über eine EG-Typgenehmigung verfügt, aber wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung diese nicht hätte erhalten dürfen, weshalb Maßnahmen der die Typgenehmigung erteilenden Behörde und dem folgend der Zulassungsstelle bis hin zur Stilllegung drohen. Zweck des Autokaufs ist nämlich grundsätzlich – abgesehen von hier nicht einschlägigen Sonderkonstellationen – der Erwerb zur Fortbewegung im öffentlichen Straßenverkehr (so bereits Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 45 mwN).
57 
Die Entscheidung der Beklagten, dass die Motoren des Typs EA 189 mit der zugehörigen Motorsteuerung samt der darin enthaltenen unzulässigen Abschalteinrichtung in den hier in Streit stehenden Fahrzeugtyp eingebaut werden, war ferner nicht nur unter ganz besonderen, außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegenden Umständen geeignet, den Schaden herbeizuführen (vgl. zur notwendigen Adäquanz Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., Vorb. v. § 249 Rn. 26 mwN). Vielmehr war es so, dass die Motoren gerade für den Einbau in die für die Veräußerung bestimmten Fahrzeuge vorgesehen waren und dass das heimliche Vorgehen hinsichtlich der eingesetzten Software nur dann sinnvoll war, wenn weder die zuständigen öffentlichen Stellen noch Händler noch Kunden informiert werden würden (ebenso OLG Köln, Beschluss vom 3. Januar 2019 – 18 U 70/18 –, juris Rn. 42). Dementsprechend war der Eintritt solcher Schäden, wie sie der Kläger erlitten hat, nicht nur nicht gänzlich unwahrscheinlich, sondern sogar bei gewöhnlichem Lauf der Geschehnisse sicher zu erwarten. Dies gilt sowohl für den Ersterwerb eines derartigen Neufahrzeugs, als auch für den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs. Denn im Hinblick auf die zu Grunde zu legende Gesamtlaufleistung von 250.000 km (vgl. hierzu sogleich unter Ziff. II.1.b)aa)) ist ein Weiterverkauf des langlebigen Wirtschaftsguts nicht nur vorhersehbar, sondern allgemein üblich.
58 
Ein anderes Ergebnis kommt darüber hinaus nicht mit Rücksicht auf den Schutzzweck des hier verletzten Verhaltensgebots in Betracht. Zwar gilt für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen allgemein, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (vgl. nur BGH, Urteil vom 11. November 1985 – II ZR 109/84 –, juris Rn. 15 mwN). Allerdings war vorliegend bereits die Entscheidung der Beklagten, die mit der unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Motoren des Typs EA 189 in den hier in Streit stehenden und zur Veräußerung an ahnungslose Kunden vorgesehenen Fahrzeugtyp einzubauen, sittenwidrig (so bereits Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 47 mwN). Der Sinn des entsprechenden Verhaltensverbots liegt dabei gerade in der Vermeidung solcher Schäden, wie sie der Kläger erlitten hat. Auf den lediglich öffentlich-rechtlichen Schutzcharakter des § 27 EG-FGV kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
59 
dd) Schließlich sind die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung nach § 826 BGB erfüllt. Die Beklagte hatte im Zeitpunkt ihrer Entscheidung Kenntnis von dem Eintritt eines Schadens, der Kausalität des eigenen Verhaltens für den späteren Eintritt des Schadens und der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände (so auch BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 60 ff.).
60 
(1) In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Tatumstände, die das Verhalten sittenwidrig erscheinen lassen, voraus.
61 
(a) Der erforderliche Schädigungsvorsatz bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Dabei setzt § 826 BGB keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus. Vielmehr genügt für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Eventualvorsatz. Dabei braucht der Täter nicht im Einzelnen zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, dass er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15 –, juris Rn. 25).
62 
Im Einzelfall kann sich aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns, insbesondere dem Grad der Leichtfertigkeit des Schädigers, die Schlussfolgerung ergeben, dass er mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2012 – VI ZR 268/11 –, juris Rn. 33). Dies kann insbesondere dann naheliegen, wenn der Schädiger sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des Rechtsguts durchgeführt hat und es dem Zufall überlässt, ob sich die erkannte Gefahr verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 309/10 –, juris Rn. 11 mwN).
63 
(b) Für den getrennt davon erforderlichen subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2004 – II ZR 276/02 –, juris Rn. 36).
64 
(c) Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt außerdem voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat, wobei der Begriff des „verfassungsmäßig berufenen Vertreters“ über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus weit auszulegen ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 541/15 –, juris Rn. 14 mwN; Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15 –, juris Rn. 13 mwN). Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit lässt sich dabei nicht dadurch begründen, dass unter Anwendung der Grundsätze der Wissenszurechnung und Wissenszusammenrechnung auf die „im Hause“ der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse abgestellt wird. Insbesondere lässt sich ein sittenwidriges Verhalten nicht durch mosaikartiges Zusammenrechnen der bei verschiedenen Mitarbeitern der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse konstruieren (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15 –, juris Rn. 23). Die erforderlichen Wissens- und Wollenselemente müssen vielmehr kumuliert bei einem Mitarbeiter vorliegen, der zugleich als „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ im Sinn des § 31 BGB anzusehen ist und auch den objektiven Tatbestand verwirklicht hat (vgl. BGH, aaO, Rn. 13 mwN).
65 
(2) Nach diesen allgemeinen Maßstäben steht aufgrund des maßgeblichen Sach- und Streitstands fest, dass die Beklagte im Zeitpunkt der sittenwidrigen, oben dargestellten Entscheidung Kenntnis von dem Eintritt eines Schadens, der Kausalität des eigenen Verhaltens für den späteren Eintritt des Schadens und der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände hatte.
66 
(a) Der Kläger hat umfangreich dazu vorgetragen, wer nach seinem Wissensstand zu welchem Zeitpunkt Kenntnis von den Entscheidungen bei der Beklagten gehabt und diese gebilligt oder angeordnet habe. Bereits in der Klageschrift (dort S. 32 = I 32) hat der Kläger ua – unter Benennung des damaligen Vorstandsvorsitzenden M. W. als Zeugen – geltend gemacht, die „gesellschaftsrechtlich bestellten Organe der Beklagten hatten Kenntnis von der vorgenannten Manipulation und haben diese gebilligt. Der Vorstand wusste (...) von der Tatsache, dass die betroffenen Autokäufer, und so auch der Kläger, durch den Kauf eines betroffenen Fahrzeugs einen Schaden erleiden würden.“ In der Replik hat er ferner ua vorgetragen, da „die Beeinflussung der Motorsteuerungssoftware einer ganzen Baureihe eine derart unternehmenswesentliche Entscheidung ist“, sei davon auszugehen, „dass sie nicht unterhalb der Vorstandsebene getroffen und dem Vorstand auch nicht verheimlicht wurde“ (II 230). Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast genügt.
67 
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs dann schlüssig, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. März 2019 – VI ZR 163/17 –, juris Rn. 11; Beschluss vom 25. September 2018 – VI ZR 234/17 –, juris Rn. 8; Beschluss vom 26. Oktober 2016 – IV ZR 52/14 –, juris Rn. 27). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019, aaO, Rn. 11).
68 
Nach diesen allgemeinen Maßstäben ist der klägerische Sachvortrag zu den subjektiven Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 826 BGB hinreichend substantiiert und schlüssig. Denn aus dem obigen Vortrag ergibt sich nicht nur die Behauptung, dass (ua) der damalige Vorstandsvorsitzende Kenntnis von der in die Steuerung der Motoren integrierten unzulässigen Abschalteinrichtung und von dem Eintritt eines kausalen Schadens bei den Käufern hierdurch gehabt haben soll, sondern auch, dass er sämtliche die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände gekannt habe. Ein weitergehender Vortrag ist zur Substantiierung des klägerischen Vortrags nicht erforderlich, wobei es nicht darauf ankommt, dass dem Kläger, dem allein öffentlich zugängliche Quellen zur Verfügung stehen, eine weitergehende Darlegung nicht möglich ist.
69 
(b) Diesen substantiierten und schlüssigen Vortrag hat die Beklagte nicht erheblich bestritten.
70 
Die Beklagte begnügt sich in der Berufungsinstanz unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 19. Februar 2019 – 7 U 134/17 – mit dem Einwand, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft einen der Beklagten zurechenbaren Schädigungsvorsatz angenommen. Erstinstanzlich hat sie in diesem Zusammenhang darauf abgestellt (vgl. ua Klageerwiderung, dort S. 44 = I 133), sie verfüge „derzeit über keine Erkenntnisse dafür, dass einzelne Vorstandsmitglieder im Sinne des Aktienrechts an der Entwicklung der Umschaltlogik beteiligt waren oder die Entwicklung oder Verwendung der Umschaltlogik für den EA189 seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt haben“, wobei sie darauf verwies, dass „die Sachverhaltsermittlungen insbesondere zur Kenntnis damaliger und derzeitiger Vorstandsmitglieder im Sinne des Aktienrechts von der Verwendung einer Umschaltlogik in Dieselfahrzeugen mit einer EG-Typgenehmigung (...) noch nicht abgeschlossen (sind)“.
71 
Im Hinblick auf den mit dem Bestreiten stets verbundenen einschränkenden Hinweis, dass dieser Vortrag auf den Erkenntnissen nach dem aktuellen Stand der internen Ermittlungen beruhe, handelt es sich der Sache nach um eine Erklärung mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO (so bereits Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 60 mwN).
72 
(aa) Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen indes nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Bei einer juristischen Person kommt es insoweit auf ihre (derzeitigen) Organe an, nicht hingegen auf Kenntnisse früherer Organmitglieder (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 – II ZR 95/93 –, juris Rn. 22; Urteil vom 9. Juli 1987 – III ZR 229/85 –, juris Rn. 31). Die Partei trifft in diesem Zusammenhang aber die Pflicht, die ihr möglichen Informationen von Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 – II ZR 139/17 –, juris Rn. 34 mwN; Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 256/14 –, juris Rn. 20 mwN). Bestreitet eine Partei trotz des Bestehens einer Informationspflicht mit Nichtwissen, ist dies unzulässig und führt dazu, dass der Vortrag des Gegners gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich für die Partei nach Einholen der Erkundigungen bei diesen Personen keine weiteren Erkenntnisse ergeben oder die Partei nicht beurteilen kann, welche von mehreren unterschiedlichen Darstellungen über den Geschehensablauf der Wahrheit entspricht, und sie das Ergebnis ihrer Erkundigungen in den Prozess einführt (BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 – II ZR 139/17 –, juris Rn. 34 mwN; Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 256/14, juris Rn. 20; Urteil vom 10. Oktober 1994 – II ZR 95/93 –, juris Rn. 20 ff.).
73 
(bb) Nach diesen Maßstäben gilt der substantiierte klägerische Sachvortrag, wenigstens ein Mitglied des Vorstands habe Kenntnis von der Entscheidung zur serienmäßigen Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung gehabt und dies gebilligt, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO durch die Beklagte als zugestanden. Denn die Beklagte legt nicht dar, welche Nachforschungen sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz konkret unternommen hat und welche Erkenntnisse sie dabei bisher erzielt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. März 2017 – I ZR 19/16 –, juris Rn. 15). Weshalb der Beklagten entsprechender Vortrag nicht möglich sein soll, ist nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Staatsanwaltschaft Braunschweig zwischenzeitlich Anklage ua wegen des Verdachts des besonders schweren Falls des Betrugs gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. W. und weitere Führungskräfte erhoben hat und diesen vorwirft, sie hätten die Existenz der illegalen Abschalteinrichtung, die die Emissionswerte von Diesel-Autos auf dem Prüfstand verringerte, bewusst verschwiegen. Dessen ungeachtet macht die Beklagte keine weiteren Angaben über das Ergebnis ihrer bisher durchgeführten internen Ermittlungen, obwohl seit Bekanntwerden des Abgasskandals mittlerweile mehr als fünf Jahre verstrichen sind.
74 
Auf eine Unzumutbarkeit weiterer Darlegungen wegen des Umfangs der Nachforschungen oder des Aufwands für deren Aufbereitung (hierzu Pfeiffer, ZIP 2017, 2077, 2083) kann sich die Beklagte nicht berufen. Insoweit fehlt es bereits an hinreichenden Darlegungen, weshalb es ihr mit zumutbarem Aufwand nicht möglich sein sollte, sich zur Kenntnis von Vorstandsmitgliedern über die serienmäßige Verwendung der Abschalteinrichtung zu äußern (ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. November 2019 – 13 U 37/19 –, juris Rn. 78). Die Weigerung der Beklagten, irgendwelche Erkenntnisse aus ihren Ermittlungen preiszugeben, geht mir ihr heim.
75 
(c) Da nach alldem der substantiierte und schlüssige klägerische Sachvortrag zur Erfüllung der subjektiven Seite des § 826 BGB durch die Beklagte bereits gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt, kommt es weder auf die im Ergebnis allerdings zu bejahende Frage, ob die Beklagte einer sekundären Darlegungslast nachzukommen hat, noch auf die zu verneinende Frage an, ob sie dieser genügt (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. November 2019 – 13 U 37/19 – juris Rn. 70 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019 – 5 U 1318/18 –, juris Rn. 77 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. März 2019 – 13 U 142/18 –, juris Rn. 51 ff.; BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 39 ff.).
76 
b) Als Rechtsfolge des § 826 BGB kann der Kläger von der Beklagten die Schäden ersetzt verlangen, die aus der Installation der die Betriebsmodi konfigurierenden Software in die Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren.
77 
Der Inhalt der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Da der Schaden des Klägers – wie bereits oben dargelegt – in der Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit zu sehen ist, ist er – was das Landgericht zutreffend erkannt hat – im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, als hätte er den Kaufvertrag über das hier in Streit stehenden Fahrzeug nicht geschlossen. Damit steht ihm ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrages zu, das heißt, er kann Ausgleich der für diesen Vertrag getätigten Aufwendungen gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 402/02 –, juris Rn. 41; Urteil vom 28. Oktober 2014 – VI ZR 15/14 –, juris Rn. 28).
78 
Nach diesen allgemeinen Grundsätzen hat der Kläger gegen die Beklagte grundsätzlich zwar einen Anspruch auf Erstattung des an die Verkäuferin gezahlten Kaufpreises abzüglich einer unter Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km zu errechnenden Nutzungsentschädigung zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen (§ 291 BGB). Indes ist zu berücksichtigen, dass sich in der landgerichtlichen Berechnung ein Rechenfehler eingeschlichen hat (Nichtberücksichtigung der bereits bei Übergabe des Fahrzeugs gefahrenen 6 km), und sich der Kläger die von ihm mit dem Fahrzeug zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz und dem Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung zurückgelegten Kilometer als weiteren Vorteil anrechnen lassen muss, wobei von einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km auszugehen ist (aa)), so dass die Berufung insoweit teilweise begründet ist. Begründet ist die Berufung der Beklagten ferner, soweit sie damit die landgerichtliche Feststellung des Annahmeverzugs angreift (bb)), sowie in Bezug auf ihre Verurteilung zur Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (cc)). Gegen die von dem Landgericht (unter Tenor Ziff. 2) getroffene Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in Höhe von 489,07 EUR wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung nicht.
79 
aa) Der Kläger hat gegen die Beklagte – wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. nur Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 99 ff.) – einen Anspruch auf Erstattung des an die Verkäuferin gezahlten Kaufpreises (hier 32.912,08 EUR) abzüglich einer unter Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km ((2)) zu errechnenden Nutzungsentschädigung ((1)), so dass ihm in der Hauptsache ein Zahlungsanspruch in Höhe von 27.210,78 EUR zusteht ((3)).
80 
(1) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass sich der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungsvorteile – während der gesamten Dauer des Besitzes – anrechnen lassen muss (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 64 ff.; Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 11).
81 
(2) Für die Berechnung des Vorteils ist grundsätzlich der objektive Wert der gezogenen Nutzungen maßgeblich (BGH, Urteil vom 31. März 2006 – V ZR 51/05 –, juris Rn. 10). Bei der Eigennutzung beweglicher Sachen wird der Wert von Gebrauchsvorteilen grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Werts der Sache bzw. des vereinbarten Kaufpreises (vgl. BGH, aaO, Rn. 12 mwN). Bei der hier vorzunehmenden Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw ist die für jeden gefahrenen Kilometer zu zahlende Nutzungsentschädigung daher in der Weise zu ermitteln, dass der vereinbarte (Brutto-)Kaufpreis durch die voraussichtliche Restlaufleistung des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer geteilt wird, wobei grundsätzlich von einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km auszugehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 – VIII ZR 196/14 –, juris Rn. 3; Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 99 ff.; Urteil vom 21. Januar 2020 – 17 U 2/19 –, juris Rn. 74 ff.; zuletzt: Urteile vom 14. Juli 2020 – 17 U 544/19 – und 17 U 554/19 –, sowie vom 10. November 2020 – 17 U 624/19 –, jeweils nv; vgl. nun auch BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 15).
82 
Gründe, von diesem Grundsatz abzuweichen, zeigt der Kläger nicht auf. Auf die Frage, ob einzelne Fahrzeuge desselben Fahrzeugtyps tatsächlich eine höhere Gesamtlaufleistung erreicht haben, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da die gewöhnliche – dh durchschnittliche – Nutzungsdauer die relevante Rechnungsgrundlage zur Bemessung gezogener Gebrauchsvorteile ist. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Fahrleistung, die ein Fahrzeug in seiner Lebensdauer zurücklegen kann, von verschiedenen Faktoren – wie der Lebensdauer des Motors und anderer Bauteile sowie dem Nutzungsverhalten des Fahrers – abhängig ist. Diese durchschnittliche Nutzungsdauer kann der Senat ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens schätzen.
83 
(3) Vor diesem Hintergrund war die Berechnung des Landgerichts geringfügig unzutreffend. Denn es hat den zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz anzurechnenden Nutzungsersatzanspruch wegen der Außerachtlassung der zum Übergabezeitpunkt bereits gefahrenen 6 km unzutreffend auf 5.304,77 EUR (statt zutreffend: 5.304,11 EUR) festgesetzt und dem Kläger daher einen Anspruch in Höhe von 27.607,31 EUR (statt zutreffend: 27.607,97 EUR).
84 
Seit dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz (14. Juni 2019) ist der Kläger mit dem Fahrzeug bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz weitere 3.017 km (43.312 km – 40.295 km) gefahren. Bei dieser Sachlage beläuft sich zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Berufungsverhandlung der anzurechnende Nutzungsersatzanspruch auf 5.701,30 EUR (= 32.912,08 EUR [= Kaufpreis] x 43.306 gefahrene km : 249.994 km [= zu erwartende Rest-Gesamtlaufleistung im Zeitpunkt der Übergabe]), so dass dem Kläger ein Zahlungsanspruch in Höhe von 27.210,78 EUR (= 32.912,08 EUR abzüglich 5.701,30 EUR) zusteht.
85 
bb) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des hier in Streit stehenden Fahrzeuges in Verzug befindet (Klageantrag Ziff. 2). Denn die Beklagte befindet sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz nach §§ 293 ff. BGB nicht mit der Annahme des Fahrzeuges in Verzug.
86 
Der Kläger hat die von ihm zu erbringende Gegenleistung – nämlich die Übergabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs – zunächst nicht gemäß § 294 BGB so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten. Soweit nach § 295 Satz 1 BGB ein wörtliches Angebot ausreicht, um den Annahmeverzug herbeizuführen, wenn der Gläubiger bestimmt und eindeutig erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor.
87 
Zwar ist in dem auf Zug-um-Zug-Leistung gerichteten Klageantrag Ziff. 1 ein ausreichendes wörtliches Angebot zu sehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. November 1996 – V ZR 292/95 –, juris Rn. 10). Auch hat die Beklagte, die weiterhin das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers schon dem Grunde nach leugnet und sowohl erst- als auch zweitinstanzlich auf Klageabweisung angetragen hat, dieses Angebot eindeutig und bestimmt abgelehnt.
88 
Der Kläger knüpft die von ihm zu erbringenden Gegenleistungen indes nach wie vor an unberechtigte Bedingungen, was der Annahme von Annahmeverzug entgegensteht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 –, juris Rn. 30 mwN). Er akzeptiert zwar ausdrücklich seine Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Indes ist er zum einen – zu Ungunsten der Beklagten – der unzutreffenden Ansicht, die Nutzungsentschädigung sei unter Berücksichtigung einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km zu errechnen. Zum anderen meint er rechtsirrig (vgl. hierzu sogleich die Ausführungen zur klägerischen Berufung unter Ziff. II.2.b)), ihm stehe gemäß § 849 BGB für die Zeit vom 22. Juni 2012 bis zur Rechtshängigkeit ein Anspruch auf Deliktszinsen auf den vollständigen Kaufpreis zu, der sich auf über 8.400 EUR beläuft. Das an die Erfüllung dieser überhöhten Forderungen geknüpfte Rückgabeangebot des Klägers war mithin zur Begründung von Annahmeverzug auf Seiten der Beklagten nicht geeignet (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 275/04 –, juris Rn. 30).
89 
cc) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Klageantrag Ziffer 4). Denn der Kläger hat dazu, ob sich der erteilte Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wurde, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben, nicht hinreichend vorgetragen.
90 
(1) Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, ist eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats. Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2019 – III ZR 205/17 –, juris Rn. 43).
91 
(2) Der Kläger hat dazu im ersten Rechtszug lediglich vorgetragen, er habe unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes Anspruch auf Erstattung der ihm für das vorgerichtliche Vorgehen entstandenen Rechtsanwaltskosten (Klageschrift, dort S. 77 = I 77). Im Berufungsrechtszug trägt er in Bezug auf die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten lediglich zur Höhe weiter vor. Dabei übersieht er, dass sich daraus der für eine schlüssige Darlegung eines Anspruchs notwendige Vortrag, den Prozessbevollmächtigten zunächst lediglich mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt oder einen nur bedingten Prozessauftrag erteilt zu haben, gerade nicht ergibt. Auf den Hinweis in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2020, dort S. 2 = II 258) erfolgte kein weiterer Vortrag dazu.
92 
2. Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend unbegründet.
93 
a) Soweit der Kläger mit seiner Berufung in Bezug auf den Klageantrag Ziff. 1 zum einen erreichen möchte, dass die von ihm zu zahlende Nutzugsentschädigung unter Berücksichtigung einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km errechnet wird (vgl. Berufungsbegründung, dort S. 10 = II 40), sowie zum anderen, dass er die Nutzungsentschädigung lediglich Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises leisten muss, hat er hiermit keinen Erfolg. Auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. II.1.b)aa)) wird Bezug genommen.
94 
b) Einen Anspruch auf Deliktszinsen gemäß § 849 BGB hat der Kläger nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 17 ff.), weshalb die klägerische Berufung insoweit unbegründet ist. Soweit der Senat diesbezüglich bisher eine andere Rechtsansicht vertreten hat (vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris; zuletzt: Urteile vom 14. Juli 2020 – 17 U 544/19 – und 17 U 554/19 –, jeweils nv), hält er hieran – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. November 2020 erörtert (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, dort S. 2 = II 258) – nicht weiter fest (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2020 – 17 U 635/19 –, juris Rn. 84).
95 
c) Indes ist die klägerische Berufung in geringem Umfang begründet, soweit der Kläger die mit Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen auch in der Berufungsinstanz nicht lediglich aus dem ausgeurteilten, sondern aus einem höheren Betrag geltend macht.
96 
Dem Kläger stehen jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. vom 11. Dezember 2018 (Tag nach Rechtshängigkeit) bis 14. Juni 2019 (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) aus dem Betrag zu, der der Differenz aus dem Kaufpreis und dem am 11. Dezember 2018 im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnenden Nutzungsersatzanspruch entspricht, und sich täglich linear verringert, sowie weitere Zinsen in gleicher Höhe aus dem entsprechenden Betrag am 14. Juni 2019, der sich ab 15. Juni 2019 bis 3. November 2020 (Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz) Tag für Tag linear ermäßigt, sowie weitere Zinsen in gleicher Höhe aus 27.210,78 EUR seit 4. November 2020.
97 
aa) Ein Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins steht dem Kläger gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem auf den ersten Tag der Rechtshängigkeit folgenden Tag (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 – VIII ZR 296/88 –, juris Rn. 25) – und somit ab 11. Dezember 2018 – zu.
98 
bb) Indes sind die Rechtshängigkeitszinsen nicht nur aus dem zuzusprechenden Erstattungsbetrag von 27.210,78 EUR zu zahlen. In Ermangelung anderweitigen Vortrags ist nämlich davon auszugehen, dass der Kläger seine Gesamtfahrleistung mit dem erworbenen Fahrzeug grundsätzlich gleichmäßig erbracht hat. Gegenteiliges haben die Parteien auch auf den entsprechenden Hinweis des Senats in der mündlichen Berufungsverhandlung (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2020, dort S. 2 = II 258) nicht geltend gemacht. Die auf den Kaufpreiserstattungsanspruch anzurechnenden Nutzungsvorteile wurden mithin zum Teil erst zwischen dem Eintritt der Rechtshängigkeit und dem Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung erlangt. Demnach lag der nach § 291 BGB zu verzinsende Betrag bei Eintritt der Rechtshängigkeit höher als der zuzusprechende Erstattungsbetrag und hat sich dann sukzessive auf diese letztlich zuzuerkennenden Beträge ermäßigt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 –, juris Rn. 38; OLG Koblenz, Urteil vom 27. August 2020 – 6 U 2186/19 –, juris Rn. 42).
99 
Im Rahmen der Verzinsung sind Wertschwankungen oder – wie hier – -reduzierungen regelmäßig taggenau zu berücksichtigen. Da der bei Eintritt der Rechtshängigkeit zu verzinsende Betrag der Differenz aus dem Kaufpreis und dem zu diesem Zeitpunkt im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnenden Nutzungsersatzanspruch entspricht, ergibt sich die folgende Berechnungsmethode (vgl. auch OLG Koblenz, aaO, juris Rn. 42 f.; Senat, Urteil vom 10. November 2020 – 17 U 635/19 –, juris Rn. 85 ff.), um den Zinsschaden im Rahmen des § 287 ZPO zu bemessen:
100 
Der Kläger hat zum 8. November 2018 einen Kilometerstand von 36.580 km behauptet (vgl. Klageschrift, dort S. 5 = I 5); dieser Vortrag blieb unstreitig. An den 218 Tagen zwischen dem 8. November 2018 und dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 14. Juni 2019 ist er insgesamt 3.715 km (= 40.295 km – 36.580 km) – und damit täglich durchschnittlich rund 17,04 km – gefahren. Ausgehend hiervon schätzt der Senat die Fahrleistung des Klägers bis zum 10. Dezember 2018 auf 37.125 km (= 36.580 km + 32 Tage x 17,04 km). Unter Zugrundelegung der vorgenannten Berechnungsformel (siehe oben Ziff. II.1.b)aa)) errechnet sich hiernach eine damals geschuldete Nutzungsentschädigung von 4.886,77 EUR (Kaufpreis 32.912,08 EUR x 37.125 km : verbleibende Gesamtlaufleistung im Zeitpunkt der Übergabe von 249.994 km), so dass sich nach Abzug vom Kaufpreis ein Betrag von 28.025,31 EUR ergibt. Dieser ermäßigte sich durch die weitere Nutzung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (14. Juni 2019) unter Zugrundelegung der o.g. Berechnungsformel und eines damaligen Kilometerstandes von 40.295 linear auf 27.607,97 EUR (32.912,08 EUR Kaufpreis – 5.304,11 EUR Nutzungsentschädigung) und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz (3. November 2020) linear auf 27.210,78 EUR.
101 
d) Die klägerische Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger damit seinen Klageantrag Ziff. 3 (Feststellung, dass der in Klageantrag Ziff. 1 bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt) weiterverfolgt. Denn die Feststellungsklage ist insoweit – was das Landgericht zutreffend erkannt und wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 24. März 2020 – 17 U 122/19 –, juris Rn. 64 ff.) – unzulässig.
102 
Zwar kann im Wege der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO auf Feststellung geklagt werden, dass eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2002 – IX ZB 180/02 –, juris Rn. 6). Für die Frage, ob eine solche Klage Erfolg hat, ist allein erforderlich, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat und das behauptete Rechtsverhältnis in Wirklichkeit besteht. Das Feststellungsinteresse ergibt sich bei einem Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung indes aus den erweiterten Vollstreckungsmöglichkeiten des § 850 f Abs. 2 ZPO oder § 302 Nr. 1 InsO (BGH, Beschluss vom 3. März 2016 – IX ZB 33/14 –, juris Rn. 23). Diese erweiterten Vollstreckungsmöglichkeiten des § 850 f Abs. 2 ZPO oder § 302 Nr. 1 InsO liegen hier allerdings nicht vor. Denn der Beklagten steht als juristischer Person weder die Möglichkeit der Restschuldbefreiung offen (vgl. § 286 InsO) noch kommt eine Vollstreckung in den pfändbaren Teil ihres Arbeitseinkommens in Betracht.
103 
Soweit der Kläger darauf abstellt, das Feststellungsinteresse folge aus der Regelung des § 393 BGB (vgl. Berufungsbegründung, dort S. 29 = II 59), kann im Streitfall dahinstehen, ob dies zutreffend sein kann (bejahend, allerdings ohne nähere Begründung: OLG Hamm, Urteil vom 18. August 2020 – 34 U 150/19 –, juris Rn. 80 mwN; OLG Köln, Urteil vom 8. Juli 2020 – 16 U 183/19 –, juris Rn. 35). Denn der Kläger trägt weder vor, dass der Beklagten eine Forderung gegen ihn zusteht, noch, dass und weshalb das Entstehen einer solchen wahrscheinlich ist; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.
104 
Weiteren, das Feststellungsinteresse zu begründen geeigneten Vortrag hat der Kläger trotz entsprechenden Hinweises des Senats hierzu in der mündlichen Verhandlung (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2020, dort S. 2 = II 258) nicht gehalten.
105 
e) Die klägerische Berufung ist ferner unbegründet, soweit der Kläger mit ihr die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von höheren Rechtsanwaltskosten erreichen möchte (Klageantrag Ziff. 4). Auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. II.1.b)bb) wird Bezug genommen.
106 
f) Soweit der Kläger den Klageantrag Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die seit dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz weiter gefahrenen Kilometer und die damit einhergehende Erhöhung der von seiner Hauptforderung in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung wie angekündigt (vgl. Berufungsbegründung, dort S. 3 = II 33) teilweise – nämlich in Höhe von 330,99 EUR – erledigt erklärt hat (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2020, dort S. 2 = II 258), ist – nachdem die Beklagte der Erledigungserklärung ausdrücklich widersprochen hat – die darin zu sehende Änderung des Klageantrags auf Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 330,99 EUR erledigt ist, zulässig und begründet. Denn die Klageforderung war in dieser Höhe begründet und ist durch die weitere Nutzung des erworbenen Fahrzeugs gegenstandslos geworden (vgl. zum Prüfungsumfang im Falle einer einseitig gebliebenen Erledigungserklärung nur Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 91a ZPO Rn. 43 f. mwN).
107 
Wie bereits oben (unter Ziff. II.1.b)aa)(3)) dargelegt, stand dem Kläger im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz ein Anspruch auf Zahlung 27.607,97 EUR, der sich durch die weitere Nutzung des Fahrzeugs bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung auf 27.210,78 EUR reduziert hat. Damit hat sich der Rechtsstreit durch die weitere Nutzung des Fahrzeugs in Höhe von 397,19 EUR erledigt. Da der Kläger den Rechtsstreit lediglich in Höhe von 330,99 EUR erklärt hat, kann gemäß § 308 Abs. 1 ZPO auch nur in diesem Umfang die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt werden. Anders als das Landgericht meint (LGU 15), ist in der Feststellung der Erledigung nicht ein „Weniger“ im Vergleich zu der beantragten Leistung zu sehen. Zwar beinhaltet grundsätzlich ein Leistungsantrag als „Weniger“ den Feststellungsantrag, dass die beklagte Partei die entsprechende Leistung schulde. Jedoch ist dieses Verhältnis der Anträge zueinander nicht ohne weiteres auf den Antrag auf Feststellung der Erledigung des Leistungsantrags zu übertragen. Denn dieser Antrag beinhaltet nicht nur die Feststellung, dass die Leistungsklage ursprünglich zulässig und geschuldet war, der Kläger also berechtigt gewesen ist, die Leistung zu fordern, sondern darüber hinaus die – nicht im Leistungsantrag enthaltene – Feststellung, dass die Klage sich durch ein bestimmtes Ereignis – hier die Nutzung des Fahrzeugs nach Rechtshängigkeit – in bestimmter Höhe erledigt hat. Entsprechend macht der Kläger aufgrund der von ihm für richtig gehaltenen Berechnungsmethode (Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km) weiterhin seinen – zu hohen – Leistungsantrag geltend und übt seine Dispositionsbefugnis in der Weise aus, dass er die Feststellung der Erledigung nur für den geringeren Betrag beantragt. Soweit der Kläger an seinem zu hohen Leistungsantrag festhält, ist die Klage daher als unbegründet abzuweisen, ohne dass zugleich über seinen Antrag auf Feststellung der Erledigung in Höhe von 330,99 EUR hinausgehend die nicht beantragte Feststellung einer tatsächlich eingetretenen Erledigung entschieden werden kann, § 308 Abs. 1 ZPO.
108 
3. Nach alldem stehen dem Kläger die folgenden Ansprüche zu:
109 
a) Der Kläger hat Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs Anspruch auf Zahlung von 27.210,78 EUR nebst Zinsen vom 11. Dezember 2018 bis 14. Juni 2019 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 28.025,31 EUR, der sich ab 11. Dezember 2018 bis 14. Juni 2019 Tag für Tag linear auf 27.607,97 EUR ermäßigt, nebst weiterer Zinsen vom 15. Juni 2019 bis 3. November 2020 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 27.607,97 EUR, der sich ab 15. Juni 2019 bis 3. November 2020 Tag für Tag linear auf 27.210,78 EUR ermäßigt, nebst weiterer Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 27.210,78 EUR seit 4. November 2020.
110 
b) Außerdem hat er einen Anspruch auf die von dem Landgericht (unter Tenor Ziff. 2) getroffene (und von den Parteien mit ihren Berufungen nicht angegriffene) Feststellung, dass der Rechtsstreit in Höhe von 489,07 EUR erledigt ist.
111 
c) Ferner hat der Kläger einen Anspruch auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in Höhe von weiteren 330,99 EUR erledigt hat.
112 
d) Einen Anspruch auf die von dem Kläger darüber hinaus geltend gemachten – und ihm von dem Landgericht teilweise zuerkannten – Ansprüche hat der Kläger nicht, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
III.
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 2, 97 Abs. 1 ZPO.
114 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht in Bezug auf den Kläger auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO und in Bezug auf die Beklagte auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
115 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Das Urteil orientiert sich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
116 
Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert des Berufungsverfahrens festzusetzen.

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