Urteil vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 4 U 338/05 - 155

Tenor

I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 31.05.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (7II O 40/05) wird zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Verfügungsklägerin bezüglich der Bestellung der Verfügungsbeklagten zur alleinvertretungsberechtigten Mitgeschäftsführerin.

An dem Gesellschaftskapital der Verfügungsklägerin von insgesamt 26.000,-- EUR waren deren Geschäftsführer L. H. mit 12.700,-- EUR und der Zeuge J. M., der Ehemann der Verfügungsbeklagten, mit 13.300,-- EUR beteiligt (Bl. 2 d. A.).

Am 17.03.2005 fand eine Gesellschafterversammlung statt, an der alleine der Zeuge M. als Gesellschafter teilnahm und bei der ein Beschluss gefasst wurde, wonach die Verfügungsbeklagte zur zweiten Geschäftsführerin bestellt wurde.

Mit Schreiben vom 31.01.2005 (Bl. 103 d. A.) hatte der Zeuge M. zuvor bereits eine Gesellschafterversammlung einberufen. In seinem an den Geschäftsführer der Verfügungsklägerin gerichteten Schreiben heißt es (Bl. 103 d. A.):

„Als Termin möchte ich Donnerstag, den 10.02.2005, oder Freitag, den 11.02.2005, jeweils um 10 Uhr in den Büroräumen der Fa. M1 S. GmbH vorschlagen. ...

Zur präzisen Terminabsprache bitte ich Sie deshalb, mir kurzfristig den Ihnen am besten passenden Termin mitzuteilen.“

Hierauf antwortete der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 03.02.2005 (Bl. 104 d. A.), in dem es heißt, am 10. und 11.02.2005 sei er wegen des Betonierens zweier Bodenplatten bei einem Bauvorhaben nicht abkömmlich. Weiter heißt es dort:

„Als Gesprächstermine kann ich Ihnen den 14., 15. und 17.02.2005 jeweils 10.00 Uhr vorschlagen.

Bitte teilen Sie mir den Ihnen passenden Termin mit.“

Im Antwortschreiben des Zeugen M. vom 04.02.2005 (Bl. 105 d. A.) heißt es u. a.:

„Da Sie in diesem Jahr noch keine Gesellschafterversammlung einberufen haben (nur in dieser können Entscheidungen beschlossen werden), habe ich diese mit meinem Schreiben vom 31.01.2005 einberufen.

In diesem Schreiben wurden zwei Termine zur Auswahl (10.02. und 11.02. jeweils 10 Uhr) vorgeschlagen. Sie haben mit Ihrem Schreiben vom 03.02.2005 die Termine 14.02.2005, 16.02.2005 und 17.02.2005 vorgeschlagen. Hiermit bestätige ich den Termin zum 14.02.2005 um 10 Uhr in den Büroräumen der M1 S. GmbH.

Bei dieser Gesellschafterversammlung haben Sie dann auch Gelegenheit, Ihre Vorschläge zu unterbreiten.“

Die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung vom 14.02.2005 (Bl. 107 d. A.) beinhaltete die Änderung eines Beratervertrages des Zeugen M. und dessen Einsicht in mehrere Unterlagen, dessen Mitentscheidung bei bestimmten aufgezählten Situationen und die Bilanzvorbereitung (Bl. 107 d. A.). Das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 14.02.2005, erstellt von R. K., einem Mitarbeiter der Steuerberatungsgesellschaft, die für die Verfügungsklägerin tätig war, lautet auszugsweise (Bl. 120 d. A.):

„Zwischen den Herren M. und H. herrscht Uneinigkeit darüber, ob es sich vorliegend um eine Gesellschaftsversammlung handele. Während Herr M. dies nach vorheriger juristischer Beratung ausdrücklich bejahte, verneinte dies Herr H. mit dem Argument, dass die Gesellschafterversammlung nur durch die Geschäftsführung einberufen werden kann. An der Beschlussfassung bei dieser Versammlung beteiligte sich Herr H. nicht. Herr M. begab sich zur Abhaltung der Gesellschafterversammlung in ein anderes Zimmer der Büroräume der Klägerin.“

Mit Schreiben vom 25.02.2005 (Bl. 27 u. 173 d. A.) lud der Zeuge M. den Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Verfügungsklägerin ein zum 17.03.2005, 10.00 Uhr in den Geschäftsräumen der Verfügungsklägerin. Als Tagesordnungspunkt war in der Einladung die „Bestellung eines zweiten Geschäftsführers“ vorgesehen. Danach sollte die Verfügungsbeklagte und Ehefrau des Mehrheitsgesellschafters zur zweiten alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin bestellt werden (Bl. 3 d. A.). An dieser Gesellschafterversammlung nahm der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin nicht teil. Der Zeuge M. als einzig verbliebener Gesellschafter fasste folgenden Beschluss (Bl. 28 d. A.):

„TOP Bestellung eines zweiten Geschäftsführers

Frau B. M. geb. S. ..., wird mit sofortiger Wirkung – 17.03.2005, 10:00 Uhr – als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Fa. M1 S. GmbH bestellt.“

Am 22.03.2005 kündigte RA. K. D., M., dem Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin an, dass die Anmeldung der Verfügungsbeklagten zum Handelsregister betrieben werde (Bl. 4 d. A.).

Die Verfügungsklägerin hat, vertreten durch den Geschäftsführer H., geltend gemacht, der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 17.03.2005 bezüglich der Bestellung der Verfügungsbeklagten als Geschäftsführerin sei unwirksam.

Die Verfügungsklägerin hat im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt,

1. der Verfügungsbeklagten zu untersagen, als Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin aufzutreten,

2. der Verfügungsbeklagten insbesondere zu untersagen, sich beim Handelsregister als Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin anzumelden,

3. für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,-- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft anzudrohen.

Mit Beschluss vom 24.03.2005 (Bl. 30 d. A.) hat das Landgericht eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts erlassen:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, als Geschäftsführerin der Antragstellerin aufzutreten.

2. Der Antragsgegnerin wird insbesondere untersagt, sich beim Handelsregister als Geschäftsführerin der Antragstellerin anzumelden.

3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,-- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft in Höhe von bis zu 6 Monaten angedroht.

4. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch erhoben (Bl: 33 d. A.) und sinngemäß beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten.

Das Landgericht hat – nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen J. M. (Bl. 119 d. A.) sowie Parteivernehmung des Geschäftsführers der Verfügungsklägerin L. H. (Bl. 120 d. A.) - mit dem am 31.05.2005 verkündeten Urteil (Bl. 126 d. A.) die einstweilige Verfügung aufrecht erhalten. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils Bezug.

Gegen dieses Urteil hat die Verfügungsbeklagte Berufung eingelegt.

Sie behauptet, ihr Ehemann, der Mehrheitsgesellschafter und Zeuge M., habe den Mitgesellschafter H. mehrfach in dessen Eigenschaft als Geschäftsführer aufgefordert, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Weil diese Bemühungen erfolglos geblieben seien, habe er von seinem Recht gemäß § 50 GmbHG Gebrauch gemacht und die Gesellschafterversammlung selbst einberufen. Mit dem Termin der Gesellschafterversammlung vom 14.02.2005 sei der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten durchaus einverstanden gewesen. Dies ergebe sich aus seinem Schreiben vom 03.02.2005.

Andererseits habe bei Kleinstgesellschaften wie der Verfügungsklägerin jeder Gesellschafter aus wichtigem Grund das Recht, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung selbst einzuberufen. Es sei um die Existenz der Gesellschaft gegangen. Auch in den Vorjahren habe es nie eine förmliche Einladung zu einer Gesellschafterversammlung gegeben. Die beiden Gesellschafter hätten stets kurzfristig und formlos die Gesellschafterversammlungen unter wechselseitiger Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte einberufen (Bl. 154 f d. A.).

Im Rahmen der seit Anfang 2005 bestehenden Streitigkeiten zwischen den beiden Gesellschaftern habe sich der Gesellschafter und Geschäftsführer H. vorsätzlich treuwidrig verhalten (Bl. 154 d. A.). Dieser habe sich zunächst mit dem Termin einer auf den 14.02.2005 einzuberufenden Versammlung einverstanden erklärt und trotz des Gebrauchs des Begriffs „Gesprächstermin“ deren Charakter als Gesellschafterversammlung nicht in Abrede gestellt (Bl. 154 d. A.). Er habe zwar zunächst an dieser Versammlung teilgenommen, diese aber dann verlassen, das Selbsthilferecht des Mehrheitsgesellschafters M. vereitelt und unter Missachtung von dessen Rechte eine neue Gesellschafterversammlung auf den 30.03.2005 (vgl. Protokoll Bl. 176 d. A.) mit der Intention einberufen, die Einziehung Gesellschaftsanteile des Zeugen M. zu veranlassen (Bl. 155 d. A.). Durch das Vorbringen unzutreffender Verfehlungen des Zeugen M. habe der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin versucht, sich der Gesellschaft zu bemächtigen und den Mehrheitsgesellschafter aus dieser zu verdrängen (Bl. 155 d. A.).

Bei dieser Sachlage sei in einer Zwei-Personen-Gesellschaft die gemeinsame Behandlung sämtlicher Sachfragen erforderlich (Bl. 155 d. A.). § 50 Abs. 1 GmbHG gewähre daher dem nicht geschäftsführenden Mitgesellschafter das Recht, die Einberufung der Gesellschafterversammlung zu verlangen – auch formlos. Der Geschäftsführer sei dann zu deren unverzüglicher Einberufung verpflichtet (Bl. 156 d. A.).

Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin habe jedoch das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden Gesellschaftern zum Nachteil des Zeugen M. ausgenutzt, das Ansinnen, im Rahmen eines Beratervertrages eine weitere Kontrolle zur Verfügung zu stellen, unterlaufen und versucht, ihm die Gesellschaftsanteile zu entziehen (Bl. 156 d. A.). Dies stelle einen sittenwidrigen Machtmissbrauch des Geschäftsführers dar und greife in unverzichtbare Rechte des Mitgesellschafters M. ein (Bl. 157 d. A.). Im Wissen um eine möglicherweise entsprechende Anwendung des § 47 Abs. 4 GmbHG habe der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin versucht, in den Genuss der Früchte der Arbeit des Zeugen M. zu kommen. Daher sei für die Gesellschafterversammlung vom 17.03.2005 kein konkretes Einverständnis des Geschäftsführers der Verfügungsklägerin erforderlich gewesen (Bl. 157 d. A.).

Aus der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergebe sich, dass der Zeuge M. sowohl am 08.02.2005 als auch im Anschluss an die Gesellschafterversammlung vom 14.02.2005 im persönlichen Gespräch den Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit dem Tagesordnungspunkt der Bestellung der Verfügungsbeklagten als Geschäftsführerin aufgefordert habe, was dieser aber abgelehnt habe (Bl. 157 d. A.). Das Landgericht habe insoweit fehlerhaft dem entgegenstehenden Parteivortrag des Geschäftsführers H. gleichen Glauben geschenkt und sei daher zu Unrecht von einem non liquet ausgegangen (Bl. 158 d. A.). Der Geschäftsführer habe auch bezüglich der Frage wiederholten Herantragens des Anliegens einer Gesellschafterversammlung an ihn falsche Angaben gemacht, was sich aus den Wahrnehmungen einer Zeugin M1 ergebe, die der Verfügungsbeklagten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz bekannt geworden seien (Bl. 158 f d. A.).

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern, die einstweilige Verfügung vom 24.03.2005 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die Gesellschafterversammlung sei durch den Zeugen M. als Unbefugten einberufen worden, woraus die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse folge. Zur Einberufung befugt sei nämlich allein der Geschäftsführer H. gewesen (Bl. 4 d. A.). Die Ausnahmevoraussetzungen des § 50 GmbHG hätten nicht vorgelegen.

Die Verfügungsklägerin behauptet, der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin habe dem Zeugen M. stets eindeutig klar gemacht, dass er, H., als Geschäftsführer allein zur Einberufung der Gesellschafterversammlung befugt gewesen sei. Er sei auch zu keinem Zeitpunkt von dem Zeugen M. aufgefordert worden, eine Gesellschafterversammlung mit einem dem Beschluss vom 17.03.2005 entsprechenden Tagesordnungspunkt einzuberufen.

Es sei in der Tat in der Vergangenheit, solange sich die Gesellschafter einig gewesen seien, auf Form und Fristen stillschweigend verzichtet worden. Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin habe aber vor der Gesellschafterversammlung vom 17.03.2005 dem Zeugen M. klar gemacht, dass dies bei dem bestehenden Spannungsverhältnis nicht mehr möglich sei. Spätestens seit der Versammlung vom 14.02.2005 sei dem Zeugen M. bekannt gewesen, dass der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin auf der Einhaltung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Bestimmungen bestanden habe (Bl. 165 d. A.). Die frühere Praxis sei daher rechtlich unerheblich (Bl. 165 d. A.) und die Verfügungsbeklagte könne aus ihr nichts mehr herleiten (Bl. 166 d. A.).

Das Bestehen auf den gesetzlichen Voraussetzungen der Versammlungseinberufung sei nicht rechtsmissbräuchlich (Bl. 165 f d. A.). Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin habe auch nicht den Zeugen M. in treuwidriger Weise daran gehindert, unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften zum 17.03.2005 wirksam eine Versammlung einzuberufen (Bl. 166 d. A.). Aus der Tagesordnung der Versammlung vom 14.02.2005 ergebe sich im Übrigen nichts bezüglich der Wahl einer weiteren Geschäftsführerin (Bl. 167 d. A.).

Das Landgericht habe sich bei der Würdigung der Aussagen des Zeugen M. und des Geschäftsführers der Verfügungsklägerin an die Grundsätze des Vier-Augen-Gesprächs gehalten (Bl. 167 d. A.). Die Benennung der Zeugin M1 sei verspätet, da das entsprechende Vorbringen bereits in der ersten Instanz möglich gewesen sei, denn die Anwesenheit der Zeugin im Hause M. am 22.02.2005 sei der Verfügungsbeklagten seit diesem Tag und nicht erst seit dem 21.06.2005 bekannt gewesen (Bl. 167 f d. A.). Es habe kein Telefonat vom 22.02.2005 mit einer Aufforderung zur Einberufung einer Versammlung gegeben. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Einladungsschreiben vom 25.02.2005 (Bl. 169, 27 u. 173 d. A.). Widersprüchlich sei, dass der Zeuge M. einerseits von einem eigenen Einberufungsrecht ausgegangen sein, andererseits aber den Geschäftsführer H. zur Einberufung einer Versammlung aufgefordert haben soll (Bl. 185 f d. A.).

Die Verfügungsklägerin habe inzwischen – unstreitig - in der Gesellschafterversammlung vom 13.09.2005 (vgl. Protokoll Bl. 174 d. A.) beschlossen, die Verfügungsbeklagte gemäß § 38 GmbHG als Geschäftsführerin abzuberufen (Bl. 170 d. A.). Durch mangels Anfechtung binnen Monatsfrist bestandskräftigen Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30.03.2005 (vgl. Protokoll Bl. 176 d. A.) seien ferner die Gesellschaftsanteile des Zeugen M. zwangsweise aus wichtigem Grund eingezogen worden (Bl. 170 f d. A.).

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrages im Einzelnen sowie des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 24.05.2005 (Bl. 118 d. A.) und des Senats vom 28.03.2006 (Bl. 187 d. A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 31.05.2005 (Bl. 126 d. A.) und die Beiakte 7III O 25/05 des Landgerichts Saarbrücken (= 1 U 302/05 – 105 – des Saarländischen Oberlandesgerichts) Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, d. h. einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Das Landgericht hat zu Recht die streitgegenständliche einstweilige Verfügung erlassen.

1. Die einstweilige Verfügung ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil sie von einer nicht antragsbefugten Verfügungsklägerin beantragt worden wäre.

a) Grundsätzlich kann nach heute h. M. im Rahmen einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO zwar nicht unter Vorwegnahme der Hauptsache die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer GmbH geltend gemacht werden. Jedoch kann die Ausführung bestimmter Beschlüsse untersagt werden, sofern bei einer summarischen Prüfung der Beschluss als nichtig oder anfechtbar erscheint (Verfügungsanspruch) und auch die übrigen Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO vorliegen (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 1986, 1039; OLG Nürnberg, GmbHR 1993, 588 (589); OLG München, GmbHR 1999, 718 (719); Hachenburg, Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – Großkommentar, 8. Auflage 1997, Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 258; Baumbach/Hueck-Zöllner, GmbH-Gesetz, 18. Auflage, Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 194 u. 195; Altmeppen/Roth-Roth, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), 5. Auflage, § 47 GmbHG, Rdnr. 158; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 16. Auflage, Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 40). Dabei kann auch und gerade die Anmeldung eines anfechtbaren oder nichtigen Beschlusses zur Eintragung im Handelsregister untersagt werden (vgl. Hachenburg, aaO., Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 258; Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 197).

b) Im Allgemeinen kann eine solche einstweilige Verfügung jedoch – ebenso wie die Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage analog §§ 246, 249 AktG – von den insoweit zur Erhebung der Klage Befugten, insbesondere einzelnen Gesellschaftern, gegen die Gesellschaft, vertreten durch ihre Geschäftsführer, beantragt werden (vgl. OLG Nürnberg, GmbHR 1993, 588 (589); Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 69; Altmeppen/Roth-Roth, aaO., § 47 GmbHG, Rdnr. 158 u. 112; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Hommelhoff, aaO., Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 41 u. 32). Dies folgt daraus, dass Gesellschafterbeschlüsse, sofern ihre Nichtigkeit nicht feststeht, die Gesellschaft binden und daher von den Geschäftsführern als Organen der Gesellschaft auszuführen sind. Will daher ein Gesellschafter die Ausführung von Gesellschafterbeschlüssen verhindern, so muss er sich an die Gesellschaft, nicht dagegen an die Geschäftsführer halten (vgl. OLG Nürnberg, GmbHR 1993, 588 (589)).

c) Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Ausführung eines nichtigen Beschlusses durch die zuständigen Gesellschaftsorgane, also einen wirksam bestellten Geschäftsführer der Verfügungsklägerin. Vielmehr geht es darum, eine nicht wirksam bestellte Geschäftsführerin daran zu hindern, für die Gesellschaft tätig zu werden. Es handelt sich insoweit nicht um einen aus dem Gesellschaftsvertrag, an dem die Verfügungsbeklagte überhaupt nicht beteiligt ist, resultierenden gesellschaftsrechtlichen Anspruch auf Nichtdurchführung nichtiger Beschlüsse, sondern um einen quasinegatorischen Anspruch gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB der Gesellschaft selbst auf Unterlassung von Eingriffen in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Zum gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehört alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert eines Betriebs ausmacht, insbesondere Bestand, Erscheinungsform, Tätigkeitskreis, Kundenstamm und Organisationsstruktur (vgl. BGH, VersR 1990, 1283; Palandt-Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage, § 823 BGB, Rdnr. 127). Daher gehört zu den für den Wert des Betriebs mitbestimmenden Umständen auch die Verteilung und die Art der Ausübung der Geschäftsführerbefugnisse, da durch diese der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens maßgeblich bestimmt wird.

Gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB geschützt ist der Gewerbebetrieb gegen betriebsbezogene, also unmittelbare Beeinträchtigungen des Gewerbebetriebs als solchen (vgl. BGHZ 86, 152; Palandt-Sprau, aaO., § 823 BGB, Rdnr. 128). Ein solcher unmittelbarer Eingriff liegt jedenfalls dann vor, wenn eine nicht oder nicht wirksam als Geschäftsführer bestellte Person sich als Geschäftsführer geriert, indem sie sich ins Handelsregister eintragen lässt und im Rechtsverkehr für die GmbH auftritt. Denn hierdurch werden sowohl der Wert als auch die geschäftlichen Aktivitäten der GmbH unmittelbar tangiert. Dies kann negative Auswirkungen haben, etwa das Vertrauen der Kunden erschüttern oder über Rechtsscheingrundsätze zu einer Haftung der Gesellschaft für eingegangene Verbindlichkeiten führen.

d) Daher muss eine GmbH grundsätzlich die Möglichkeit haben, das diesbezügliche Verhalten eines Scheingeschäftsführers im Wege der einstweiligen Verfügung zu unterbinden. Sie ist diesbezüglich antragsbefugt.

2. Die Klägerin hat auch einen Verfügungsanspruch. Dieser folgt aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB und ist gerichtet auf Unterlassung jeglicher Tätigkeit der Verfügungsbeklagten als scheinbare Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin.

a) Das Landgericht hat festgestellt, dass die Bestellung der Verfügungsbeklagten zur (weiteren) Geschäftsführerin der Klägerin unwirksam war, da der entsprechende Beschluss in der Gesellschafterversammlung vom 17.03.2005 auf Grund der Einberufung der Versammlung durch eine nicht einberufungsberechtigte Person nichtig ist. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Zweifel an dieser Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

aa) Gemäß § 49 Abs. 1 GmbHG und der gleichlautenden Bestimmung in § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wird die Gesellschafterversammlung grundsätzlich durch die Geschäftsführer berufen (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 49 GmbHG, Rdnr. 3; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Hommelhoff, aaO., § 49 GmbHG, Rdnr. 3), hier also den Geschäftsführer H.. Sonstige Personen, insbesondere einzelne nicht geschäftsführungsbefugte Gesellschafter sind hingegen zur Einberufung nicht befugt (vgl. Lutter/Hommelhoff-Lutter/Hommelhoff, aaO., § 49 GmbHG, Rdnr. 4).

bb) Wird eine Gesellschafterversammlung durch eine hierzu nicht befugte Person einberufen, so sind ihre Beschlüsse analog § 241 Nr. 1 AktG nichtig, es sei denn, dass alle Gesellschafter erschienen sind (vgl. BGHZ 87, 2; OLG Hamm, GmbHR 1993, 743; BayObLG, ZIP 1999, 1597; OLG München, GmbHR 2000, 486; Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 49 GmbHG, Rdnr. 11; Altmeppen/Roth-Roth, aaO., § 47 GmbHG, Rdnr. 102; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Hommelhoff, aaO., Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 11 u. § 49 GmbHG, Rdnr. 10).

cc) Im vorliegenden Fall erfolgte die Einberufung der Gesellschafterversammlung vom 17.03.2005, auf der der Bestellungsbeschluss gefasst wurde, unstreitig nicht durch den Alleingeschäftsführer H., sondern durch den Zeugen M. Der Mitgesellschafter ist ebenfalls unstreitig zu dieser Versammlung nicht erschienen. Dies hat zur Folge, dass die während dieser Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig sind.

dd) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass unstreitig in der Vergangenheit Gesellschafterversammlungen unter Außerachtlassung der Einberufungsformalien einvernehmlich durchgeführt wurden. Dies war möglich, weil die Einberufung durch eine – innerhalb oder außerhalb einer vorhergehenden Versammlung getroffene – Verabredung sämtlicher Gesellschafter über das Abhalten einer (weiteren) Gesellschafterversammlung ersetzt wird und daher überflüssig ist (vgl. OLG München, BB 1994, 1304; OLG München, BB 2002, 2196; Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 49 GmbHG, Rdnr. 10; Altmeppen/Roth-Roth, aaO., § 49 GmbHG, Rdnr. 4).

Das gute Einvernehmen zwischen den Gesellschaftern bestand jedoch bei der Einberufung der streitgegenständlichen Versammlung nicht mehr. Bereits bei der Versammlung vom 14.02.2005 wurde dies klar. Dabei kann es dahinstehen, ob diese zunächst noch einvernehmlich einberufen worden war oder ob es sich um einen bloßen Besprechungstermin handelte. Jedenfalls hat der Geschäftsführer H. diese Versammlung gerade wegen der von ihm behaupteten unzureichenden Einberufung durch einen hierzu nicht Befugten verlassen und sich an den nachfolgenden Beschlussfassungen nicht beteiligt. Daher durfte der Zeuge M. in der Folge nicht davon ausgehen, dass eine einvernehmliche Einberufung noch einmal möglich sein würde. Dass der Geschäftsführer H. sein Einverständnis erklärt hätte, hat die Verfügungsbeklagte auch nicht vorgetragen.

ee) Rechtsirrig ist ferner die Auffassung der Verfügungsbeklagten, bei Kleinstgesellschaften sei jeder Gesellschafter aus wichtigem Grund befugt, eine Versammlung einzuberufen, zumal wenn es um die Existenz der Gesellschaft gehe. Hierfür existiert keinerlei Rechtsgrundlage. Vielmehr sind nicht geschäftsführungsbefugte Gesellschafter ausschließlich durch § 50 GmbHG geschützt und nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift können sie eine Versammlung erzwingen.

ff) Dem Schutz der nicht geschäftsführenden Gesellschafter dient § 50 Abs. 1 GmbHG, wonach Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens 1/10 des Stammkapitals entsprechen, berechtigt sind, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen. Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so können die antragsberechtigten Gesellschafter unter Mitteilung des Sachverhältnisses die Berufung selbst bewirken.

Durch dieses Minderheitenrecht kann die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung erzwungen werden (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 1; Altmeppen/Roth-Roth, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 2). Voraussetzung ist jedoch, dass die Antragsberechtigten zunächst eine Verlangenserklärung an die Gesellschaft vertreten durch die Geschäftsführer richten (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 4; Altmeppen/Roth-Roth, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 5; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Hommelhoff, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 4), was formlos möglich ist (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 5). Die Geschäftsführer sind dann verpflichtet, dem Einberufungsverlangen ohne sachliche Prüfung seiner Berechtigung stattzugeben (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 4; Altmeppen/Roth-Roth, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 9; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Hommelhoff, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 5). Erst im Falle der Ablehnung des Einberufungsverlangens dürfen die (Minderheiten)gesellschafter die Versammlung im Wege der Selbsthilfe selbst einberufen (vgl. BGH, WM 1985, 568; Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 16; Altmeppen/Roth-Roth, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 11). Bei der Einberufung muss dargelegt werden, woraus sich das Einberufungsrecht ergibt, also weshalb die Voraussetzungen von § 50 Abs. 1 u. 3 GmbHG vorliegen (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 19). Liegen die Voraussetzungen von § 50 GmbHG nicht vor, so sind die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ebenfalls nichtig, sofern nicht alle Gesellschafter erschienen sind (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, aaO., § 50 GmbHG, Rdnr. 20).

gg) Im vorliegenden Fall stand dem Zeugen M. bei der Einberufung der Gesellschafterversammlung vom 17.03.2005 zwar ein Gesellschaftsanteil von über 5/10, mithin mindestens von 1/10 zu. Jedoch hat das Landgericht festgestellt, dass es nicht bewiesen ist, dass der Zeuge M. den Geschäftsführer H. entsprechend seiner Behauptung am 08.02.2005 telefonisch sowie im Anschluss an die von ihm allein abgehaltene Gesellschafterversammlung am 14.02.2005 im persönlichen Gespräch gebeten habe, er möge in Bälde eine Gesellschafterversammlung mit dem Tagesordnungspunkt Bestellung der Beklagten als Geschäftsführerin einberufen, was dieser ausdrücklich verweigert habe.

Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Zweifel an dieser Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Insbesondere lässt die Beweiswürdigung des Landgerichts keinerlei Fehler erkennen.

Eine schriftliche Aufforderung ist unstreitig nicht erfolgt. Zutreffend ist das Landgericht ferner davon ausgegangen, dass der Zeuge M. zwar bei seiner Vernehmung den Sachvortrag der Verfügungsbeklagten bestätigt hat, wonach der Zeuge den Geschäftsführer H. zweimal mündlich zur Durchführung der Gesellschafterversammlung aufgefordert hat. Dagegen hat der als Partei vernommene bzw. informatorisch angehörte Geschäftsführer H. erklärt, dies sei nicht geschehen. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass beide Aussagen schlüssig und vom Lebenssachverhalt her möglich sind. Es ist auch sonst nichts erkennbar, woraus sich ergäbe, dass eine der Aussagen nicht zutreffend ist. Der Zeuge M. und der Geschäftsführer H. sind im Übrigen die Hauptkontrahenten im Streit um die Macht innerhalb der Verfügungsklägerin und die Verfügungsbeklagte wird vom Zeugen M. eingesetzt, um die Kontrolle über die Gesellschaft zu erlangen. Beiden Aussagen ist daher auf Grund des gegenläufigen erheblichen Eigeninteresses gleiches Gewicht beizumessen. Jeder der beiden Kontrahenten hatte dasselbe Interesse daran, zu seinen Gunsten die Unwahrheit zu sagen.

Des Weiteren ist die Auffassung der Verfügungsbeklagten fehlerhaft, es sei der Aussage des Zeugen M. allein deshalb der Vorzug zu geben, weil dieser Zeuge, der Geschäftsführer H. aber Parteivertreter ist. Es entspricht den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen der Beweisaufnahme hinsichtlich eines Vier-Augen-Gesprächs, dass dies grade nicht gilt, sondern die an dem Gespräch beteiligte Partei zur Herstellung prozessualer Waffengleichheit zumindest informatorisch anzuhören ist und ihre Angaben in gleicher Weise wie die Aussage des auf der Gegenseite stehenden Zeugen einer Beweiswürdigung zu unterziehen sind (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 61 (63); BGH, ZIP 2006, 504 ff, JURIS-Dokument, Rdnr. 28).

Dies geht zu Lasten der für den Ausnahmetatbestand des § 50 GmbHG beweisbelasteten Verfügungsbeklagten.

hh) Soweit die Verfügungsbeklagte nunmehr erstmals in der Berufungsinstanz die Zeugin M1 zu der Behauptung benennt, am 22.02.2005 habe im Beisein der Zeugin ein weiteres Telefonat zwischen dem Zeugen M. und dem Geschäftsführer H. stattgefunden, in dem der Zeuge den Geschäftsführer zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung der Verfügungsbeklagten als Geschäftsführerin aufgefordert habe, ist dieses Vorbringen in der Berufungsinstanz nicht zuzulassen. Denn diese Vorbringen wäre gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO bei sorgfältiger Prozessführung bereits in der ersten Instanz möglich gewesen, da das Gespräch vor der Einleitung des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens stattgefunden haben soll.

Die Verfügungsbeklagte kann sich auch nicht damit entlasten, sich an diesen Umstand erst wieder auf Grund einer nach Abschluss der ersten Instanz getätigten Äußerung der Zeugin M1 erinnert zu haben. Bloße Erinnerungslücken während der ersten Instanz machen ein erstmals in der zweiten Instanz vorgebrachtes Verteidigungsmittel nicht zulässig. Es ist vielmehr Sache einer jeden Partei, den gesamten Sachverhalt zur Prozessvorbereitung sorgfältig zu erforschen und eventuell vorhandene Beweismittel ausfindig zu machen. Gelingt ihr dies auf Grund von Erinnerungslücken nicht, so gereicht ihr dies zum Nachteil. Dabei kann es dahinstehen, ob die mit Schriftsatz vom 20.04.2006 (Bl. 191 d. A.) vorgetragene Behauptung der Verfügungsbeklagten zutrifft, sie habe sich auf Grund der mit dem vorliegenden und weiteren Rechtsstreitigkeiten verbundenen Emotionalität nicht rechtzeitig an das Gespräch erinnert. Dieser Umstand rechtfertigt entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da diese auf Grund der Dauer der erstinstanzlichen Rechtsstreitigkeiten ausreichend Zeit hatte, sich innerlich zu fassen und sich unter anwaltlicher Anleitung alle maßgeblichen tatsächlichen Umstände in Erinnerung zu rufen und ihrem Prozessbevollmächtigten mitzuteilen.

ii) Eine Aufforderung gemäß § 50 Abs. 1 GmbHG war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich der Geschäftsführer H. entgegen § 242 BGB treuwidrig verhalten oder seine Macht sittenwidrig missbraucht hätte.

Ein treuwidriges Verhalten liegt nicht darin begründet, dass sich der Geschäftsführer zunächst auf die Gesellschafterversammlung vom 14.02.2005 eingelassen, diese dann aber verlassen hat. Hieraus konnten die Verfügungsbeklagte und der Zeuge M. gerade nicht den Schluss ziehen, der Geschäftsführer werde auch weiterhin mit der formlosen einvernehmlichen Einberufung von Gesellschafterversammlungen einverstanden sein. Abgesehen davon, dass die Versammlung vom 14.02.2005 ganz andere Tagesordnungspunkte aufwies als die Bestellung einer weiteren Geschäftsführerin, folgt dies auch daraus, dass der Geschäftsführer H. die Versammlung gerade wegen des von ihm gerügten Einberufungsmangels verließ. Daher ist kein schutzwürdiges Vertrauen darauf entstanden, dass der Geschäftsführer bei künftigen Versammlungen auf die Einberufungsformalien verzichten würde.

Es steht auch nicht fest, dass der Geschäftsführer H. das Selbsthilferecht des Zeugen M. gemäß § 50 Abs. 1 u. 3 GmbHG vereitelt hätte, denn es ist nicht bewiesen, dass er zur Einberufung einer Versammlung aufgefordert wurde oder ihm sonst das Ansinnen des Zeugen M., seine Ehefrau zur weiteren Geschäftsführerin zu bestellen, bekannt war.

Schließlich hat der auf der Versammlung vom 17.03.2005 gefasste Beschluss auch nicht dadurch Gültigkeit erlangt, dass der Geschäftsführer dem Zeugen M. am 30.03.2005, also nach der Versammlung vom 17.03.2005, seine Gesellschaftsanteile entzogen hat. Selbst wenn man dies als sitten- und treuwidriges Vorgehen einstuft, folgt hieraus nicht, dass der unter Missachtung der Einberufungsformalien ergangene und daher nichtige Bestellungsbeschluss rückwirkend Wirksamkeit erlangt. Es mag für den Zeugen M. zwar misslich sein, dass er nach der Entziehung seiner Gesellschaftsanteile, deren Wirksamkeit dahingestellt bleiben kann, Probleme hat, nach § 50 GmbHG eine Gesellschafterversammlung zu erzwingen. Jedoch hätte er diese Möglichkeit vor dem 17.03.2005 gehabt. Es war daher seine Sache, ein Einberufungsverlangen an den Geschäftsführer zu richten und sicherzustellen, dass er diesen Umstand später beweisen kann, etwa indem er das Verlangen schriftlich an den Geschäftsführer richtete und den Nachweis des Zugangs dieses Schreibens sicherstellte.

Hinzu kommt, dass die Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses nicht nur innerhalb der Gesellschaft von Bedeutung ist, sondern auch für den Rechtsverkehr mit Dritten. Daher muss die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit im Hinblick auf die Einberufungsformalien möglichst klar erkennbar sein, da nur so beurteilt werden kann, ob die Verfügungsbeklagte vertretungsberechtigt ist oder nicht. Dies verbietet es, trotz der Nichteinhaltung der Formalien auf Grund diffuser Billigkeitserwägungen im Rahmen der §§ 242, 138 BGB eine Wirksamkeit zu bejahen.

jj) Dahinstehen kann es daher, ob die vorsorgliche Abberufung der Verfügungsbeklagten gemäß § 38 GmbHG in der Gesellschafterversammlung vom 13.09.2005 wirksam war, insbesondere ob der entsprechende Beschluss ggf. deshalb unwirksam war, weil der Zeuge M. auf Grund der Entziehung seines Gesellschaftsanteils mit Beschluss vom 30.03.2005 nicht an der Versammlung beteiligt war. Dahinstehen kann es somit auch, ob die Entziehung des Gesellschaftsanteils rechtmäßig war oder nicht.

3. Schließlich ist auch ein Verfügungsgrund gegeben. Ein solcher ist bei nichtigen Beschlüssen grundsätzlich zu bejahen, da in diesem Fall regelmäßig ein überwiegendes Interesse am Unterlassen der Ausführung des Beschlusses besteht (vgl. Hachenburg, aaO., Anh. § 47 GmbHG, Rdnr. 259).

Der Verfügungsgrund besteht vorliegend darin, dass die Verfügungsbeklagte unstreitig durch ihren Rechtsanwalt hat ankündigen lassen, sie werde die Anmeldung ihrer Geschäftsführerbestellung zum Handelsregister veranlassen. Hierdurch können sich Gefahren für die Gesellschaft ergeben. Amtiert ein Geschäftsführer nämlich trotz nichtiger Bestellung, so wird der Rechtsverkehr gemäß § 15 Abs. 1 u. 3 HGB nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung geschützt (vgl. Altmeppen/Roth-Altmeppen, aaO., § 6, Rdnr. 13). Würde also die Verfügungsbeklagte als Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragen und im Rechtsverkehr für die Gesellschaft tätig, so würde die Verfügungsklägerin u. U. nach Rechtsscheingrundsätzen haften und die Verfügungsbeklagte könnte darüber hinaus auf eine Weise für die Verfügungsklägerin rechtsgeschäftlich tätig werden, die deren Willen und geschäftlichem Interesse zuwider läuft. Auch ohne eine Eintragung könnte sich wegen des durch den fehlerhaften Gesellschafterbeschluss gesetzten Rechtsscheins eine Haftung nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht ergeben.

Um diese alsbald drohenden Gefahren wirksam abwehren zu können, ist es erforderlich, der Verfügungsbeklagten sowohl die Anmeldung ihrer Bestellung zum Handelsregister als auch jedwede sonstige Geschäftsführertätigkeit für die Verfügungsklägerin zu untersagen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO und die Feststellung der Rechtskraft aus § 542 II 1 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 15.000,-- EUR.

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