Urteil vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 4 U 8/07 - 2

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 23.11.2006 – 9 O 111/06 – wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, soweit nicht schon im Beschluss des Senats vom 30.4.2007 über die Kosten des Berufungsverfahrens entschieden worden ist.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der ZwangsvollstreckunginHöhevon120%desjeweilsbeizutreibendenBetragesSicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren bis zur Rücknahme der Berufung gegen die Drittwiderbeklagte wird auf 51.725,70 EUR und für das nachfolgende Verfahren auf 25.862,85 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die 1984 geborene Klägerin den Beklagten, ihren Vater, auf Zahlung eines Geldbetrags in Anspruch, den der Beklagte in einer auf den Namen der Klägerin lautenden Festgeldanlage bei der D. anlegte.

Der Beklagte hat aus erster Ehe zwei Kinder, die 1972 und 1974 geboren sind. Die Ehe der Eltern der Klägerin ist seit dem Jahr 2005 rechtskräftig geschieden.

Der Beklagte erzielte als Versicherungsvertreter zumindest bis zum Jahr 1991 hohe Einkünfte. Von diesen Einkünften wurde unter anderem eine Eigentumswohnung im Wert von 400.000 DM angeschafft. Zugleich tätigte der Beklagte auch im Namen seiner damaligen Ehefrau zahlreiche Geldanlagen. So legte er im April 1998 – für die Eheleute B. als gesetzliche Vertreter der Klägerin handelnd – bei der D. Bausparkasse für die Dauer von drei Monaten einen Betrag in Höhe von 100.000 DM als Festgeld auf den Namen der damals noch minderjährigen Klägerin an. Mit Schreiben vom 17.6.1998 (GA I Bl. 51) teilte die D. der Klägerin mit, dass die Laufzeit ihrer Festgeldanlage an 23.7.1998 ende. Nach dem Ende der Laufzeit verfügte der Beklagte über den Anlagebetrag in Form einer anderen Anlage, die nicht mehr auf den Namen der Klägerin lautete.

Im Berufungsrechtszug ist unstreitig, dass erstmals am 20.5.1997 bis zum 20.8.1997 ein Betrag von 132.489,60 DM auf das auf den Namen der Klägerin lautende Konto Nummer ~05 angelegt war. Am Ende der Laufzeit wurden 107.637,60 DM auf das auf den Namen der Klägerin lautende Konto mit der Nummer ~13 transferiert. Dieser Betrag wurde inklusive Zinsen am 22.12.1997 auf das Folgekonto ~30 überwiesen. Diese Anlage war bis zum 23.3.1998 angelegt. Von diesem Betrag wurde sodann die Summe von 100.000 DM am 23.3.1998 auf das Folgekonto ~48 gestellt und von dort am 24.7.1998 einschließlich eines Zinsertrags von 1.166,67 DM über ein Konto der Eheleute B. an den Beklagten ausgezahlt.

Mit einem Schreiben vom 16.8.2004 (GA I 26) wandte sich der Beklagte an die Klägerin. Das Schreiben lautet auszugsweise:

„Liebe J., ich möchte zurückkommen auf unser Gespräch von letzter Woche. Du hast das Konto bei der D. -Bausparkasse angesprochen. 1998 war ein Betrag von 100.000 DM zuzüglich Zinsen von 1.166,67 DM angelegt. Umgerechnet in Euro ergibt dies einen Betrag von 51.725,70 EUR. Ich werde dir in Kürze die Hälfte des Betrags zur Finanzierung deines Jurastudiums auf dein Konto überweisen.... Ich empfehle, die andere Hälfte des Betrages bei deiner Mutter einzufordern…“

In der Folge zahlte der Beklagte an die Klägerin 25.862,85 EUR.

In einem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 16.7.2005 (GA I Bl. 48) vertrat die Mutter der Klägerin, die frühere Drittwiderbeklagte, die Auffassung, für die Klägerin sei nicht nur ein Betrag in Höhe von 101.166,67 DM, sondern 132.489,60 DM angelegt gewesen. Nebst Zinsen stehe der Klägerin per 31.8.2004 ein Betrag in Höhe von 90.470,77 EUR gegen beide Eltern zu. Weiter heißt es in dem Schreiben:

„Aufgrund des Urteils zum Ausgleich des Zugewinns steht dir am 18.7.2005 ein von mir zu zahlender Betrag von 28.393,54 EUR zu. Diesen Betrag kürze ich um deinen Restanteil an der für J. fehlenden Summe zur Finanzierung ihrer Ausbildung und transferiere die Summe von 19.372,53 EUR auf ihr Girokonto. Gleichzeitig zahle ich dir den Betrag von 9.021,01 EUR aus. Damit ich J. meine Hälfte auszahlen kann, die immer noch zu deiner Verfügung steht, sind von dir einschließlich Zinsen bis zum 18.7.2005 insgesamt 46.852,11 EUR an mich auszuzahlen.“

Die Klägerin hat behauptet, der bei der D.- Bausparkasse angelegte Betrag stelle nur einen Teil des von dem Beklagten für die Klägerin verwalteten Vermögens dar. So habe der Beklagte ab 6.12.1996 bis auf weiteres 52.842,32 DM bei der O. Bank, am 29.12.1997 bei der B. -Bank 82.850,72 DM und am 29.12.1997 bei der D. 109.018,11 DM angelegt. Zwischenzeitlich habe sie erfahren, dass im Jahr 1998 mindestens 156.500 DM angelegt gewesen seien. Während eines Urlaubs im August 1993 sei zwischen ihren Eltern vereinbart worden, der Klägerin ein Vermögen in der Größenordnung zwischen 180 bis 200.000 DM bis zu ihrer Volljährigkeit anzusparen. Grundstock sei ein Sparbuch mit einem angesparten Betrag von circa 28.000 DM gewesen. Der Beklagte habe die Verwaltung des Vermögens übernommen. Der Beklagte habe gegenüber der Drittwiderbeklagten erwähnt, dass er seinen beiden Kindern aus erster Ehe finanzielle Zuwendungen in einer Größenordnung von 200.000 DM habe zukommen lassen. Bei der Eröffnung der jeweiligen Konten habe zwischen ihren Eltern Einigkeit darüber bestanden, dass die angelegten Beträge als Absicherung für die Zukunft der Klägerin dienen und nur ihr zustehen sollten.

Mit dem im vorliegenden Rechtsstreit verfolgten Leistungsanspruch hat die Klägerin Auszahlung der zweiten Hälfte des im Jahr 1998 auf ihren Namen angelegten Betrages in Höhe von 51.725,70 EUR begehrt.

Sie hat zuletzt beantragt,

1. im Wege der Teilklage den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 51.725,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, abzüglich am 25.8.2004 gezahlter 25.862,85 EUR;

2. den Beklagten weiterhin zu verurteilen, an die Klägerin 869,64 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, ein eigenes Vermögen der Klägerin habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Er habe lediglich im Jahr 1997 von ihm selbst angesparte Gelder steuerverkürzend auf ein Konto der Klägerin gestellt, allein zu dem Zweck, um alle Steuerfreibeträge für die anfallenden Zinsen auszuschöpfen. Einen Schenkungswillen habe es nie gegeben. Im Übrigen habe er eine mögliche Schenkung gemäß § 530 BGB wirksam widerrufen.

Der Beklagte hat behauptet, die Drittwiderbeklagte habe der Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 19.372,53 EUR zur Verfügung gestellt.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des zuletzt gestellten Antrags zu 1) in vollem Umfang und hinsichtlich des Antrags zu 2) in Höhe eines Betrages von 594,73 EUR stattgegeben.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung, die der Beklagte zunächst gegen die Klägerin und die Drittwiderbeklagte eingelegt hat, erstrebt er die vollständige Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage. Der Beklagte vertritt die Auffassung, das Landgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die formelle Einrichtung eines Sparbuchs auf den Namen des Kindes nicht den Schluss auf einen Vertrag zu Gunsten Dritter zulasse. Es komme entscheidend auf die Absprachen mit der Bank oder Sparkasse an, wer über das Konto verfügen könne und wer Inhaber des Sparbuchs sei und bleibe. Da das Guthaben als Festgeld angelegt worden sei, habe es sich von vornherein nach Sinn und Zweck der Anlage nur um eine Anlage auf Zeit gehandelt. Der Klägerin sei der Betrag mithin nicht endgültig, sondern allenfalls vorübergehend zugewendet worden. Hinzu komme, dass dem Beklagten die Verfügungsbefugnis verblieben sei. Dies stehe der Schlussfolgerung entgegen, dass der Beklagte durch die Verfügung des Kreditinstituts mit der Auszahlung der Festgeldanlage auf Kosten der Klägerin bereichert sei. Auch habe das Landgericht das Schreiben vom 16.8.2004 nicht zutreffend gewürdigt. Gerade die Schenkung im Jahre 2004 beruhe auf der erkennbaren Vorstellung, dass die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt keinen rechtsbeständigen Anspruch erworben habe.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 23.11.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sofern der Senat das angefochtene Urteil in seiner Begründung nicht für zutreffend erachte, sei der Klage aus anderen Gründen stattzugeben: So hätten die Eltern der Klägerin seit 1993 bei der D. Bausparkasse, der O. Bank und der Bank für G. Vermögensanlagen für die Klägerin durchgeführt. Das bestimmungsgemäß der Klägerin zustehende Vermögen habe der Beklagte in der Folgezeit unter Ausschluss des aus dem gemeinsamen Sorgerecht sich ergebenden Mitentscheidungsrechts der Mutter allein verwaltet. Der Beklagte habe nicht vollständig und richtig lückenlos nachvollziehbar Auskunft über die Vermögensanlagen gegeben. Die Klägerin habe sich in ihrem Zahlungsanspruch auf die vom Beklagten im Wesentlichen eingeräumte und durch Vorlage entsprechender Urkunden belegte Forderung aus dem D. Bausparkassenkonto beschränkt. Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren sei auch § 1664 BGB, der eine eigene Anspruchsgrundlage gewähre.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 28.2.2007 (GA II Bl. 264 ff.) und auf die Berufungserwiderung vom 4.4.2007 (GA II Bl. 293 ff.) Bezug genommen. Der Senat hat mit Beschluss vom 30.4.2007 (GA II Bl. 306) ausgesprochen, dass der Kläger seines Rechtsmittels verlustig sei, soweit er die Berufung hinsichtlich der Drittwiderbeklagten zurückgenommen hat. Bezüglich der Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 27.11.2007 (GA II Bl. 344 f.) verwiesen.

II.

A.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet, da die angefochtene Entscheidung weder auf einem Rechtsfehler beruht, noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO). Der Klägerin steht gem. § 816 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung der noch offen stehenden Klagesumme zu.

Gemäß § 816 Abs. 1 BGB ist der Nichtberechtigte, der über einen Gegenstand eine Verfügung trifft, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Diese Voraussetzungen liegen vor. Sie tragen den tenorierten Zahlungsanspruch.

1. Der Beklagte hat als Nichtberechtigter über die Anlageforderung verfügt, die der Klägerin als Berechtigter zustand.

a) Nichtberechtigter ist zunächst derjenige, der über ein Recht verfügt, das ihm (noch) nicht, nicht mehr oder nicht allein zusteht. Damit ist zunächst die Frage von Relevanz, wer am 24.7.1998 Gläubiger der Forderung aus der Festgeldanlage mit der Kontonummer ~48 bei der D. war. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin auch materiellrechtliche Inhaberin des Kontos war:

aa) Da die Klägerin bei dem Abschluss des Bankvertrages nicht persönlich anwesend war, könnte die Klägerin zunächst dann Gläubigerin geworden sein, wenn der Beklagte im Wege einer wirksamen Stellvertretung ausdrücklich oder konkludent im Namen der Klägerin aufgetreten wäre. Darüber hinaus ist das Rechtsinstitut des Vertrags zugunsten Dritter geeignet, die Rechtsstellung der Klägerin zu begründen. Bereits der erste Weg führt die Gläubigerstellung herbei:

bb) Die Voraussetzungen einer rechtswirksamen Stellvertretung sind erfüllt. Der Beklagte hat im Schriftsatz seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 28.3.2007 (dort Seite 3; GA I Bl. 43) vorgetragen, die Eheleute B. hätten als gesetzliche Vertreter auf den Namen der Klägerin ein Konto bei der D. eröffnet. Diesem Sachvortrag ist zu entnehmen, dass der Beklagte – für beide Eltern handelnd – als gesetzlicher Vertreter der Klägerin auftrat. Diesem Handeln ist der rechtsgeschäftliche Wille zu entnehmen, gem. § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB Willenserklärungen für den gesetzlich Vertretenen abzugeben. Denn zu einer nur „formal“ auf den Namen der Klägerin lautenden, die materiellrechtliche Berechtigung nicht umfassenden Kontoeröffnung hätte es eines expliziten Auftretens beider Eltern als gesetzliche Vertreter nicht bedurft. Da der Wille zur materiell-rechtlichen Kontoeröffnung auch von der Drittwiderbeklagten geteilt wurde, bestehen keine sorgerechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Kontoeröffnung. Der Senat hat die Parteien im Termin vom 27.11.2007 auf den ergänzenden rechtlichen Blickwinkel hingewiesen.

cc) Darüber hinaus bestehen keine Bedenken, die Berechtigung der Klägerin hinsichtlich der Festgeldanlage mit den Argumenten des Landgerichts aus § 328 Abs. 1 BGB herzuleiten. Denn der auf den Namen der Klägerin lautenden Kontoeröffnung durch den Beklagten war zumindest konkludent der Erklärungsgehalt eines Vertrages zu Gunsten Dritter beizumessen.

aaa) Zwar zwingt die Einrichtung eines Kontos auf den Namen eines anderen allein betrachtet noch nicht zu dem Schluss, dass der nominelle Kontoinhaber auch materiellrechtlicher Inhaber der Forderung werden soll (BGHZ 21, 148, 150; 28, 368, 369 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 328 Rdnr. 9a). Entscheidend ist hingegen, wer nach der Vereinbarung mit der Bank und dem das Konto Eröffnenden Kontoinhaber sein soll. Allerdings kommt bei der Auslegung der anlässlich der Kontoeröffnung gewechselten Willenserklärungen dem Inhalt der Kontoeröffnungsunterlagen zumindest der gesteigerte Indizwert zu, dass der ohne jeden Vorbehalt bezeichnete Kontoinhaber selbst dann Gläubiger der Bank werden soll, wenn die auf dem Konto gutgeschriebenen Valuta vom Konto eines Dritten stammen (BGH, Urt. v. 2.2.1994 – IV ZR 51/93, NJW 1994, 931; Urt. v. 18.1.2005 – X ZR 264/02, NJW 2005, 980Urt. v. 25.4.2005 – II ZR 103/03 NJW 2005, 2222). Diese Rechtsgrundsätze hat das Landgericht beachtet.

bbb) Die Kontounterlagen bezeichnen die Klägerin als Inhaberin der Festgeldanlage und enthalten keinen Hinweis, der eine abweichende Rechtszuständigkeit für möglich erscheinen lässt. Mit zutreffenden Erwägungen hat sich das Landgericht auf den Indizwert des Schreibens der D. vom 17.6.1998 gestützt, welches ausdrücklich an die Klägerin, nicht hingegen an den Beklagten gerichtet war. Auch bestätigt das Schreiben des Beklagten vom 16.8.2004, dass der Geldbetrag letztlich zur Finanzierung der Ausbildung der Klägerin bestimmt war. Hingegen lässt sich dem Wortlaut des Schreibens entgegen der Auffassung des Beklagten nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Verfasser des Schreibens die Vorstellung besaß, die verbindliche Zuwendung des Geldbetrags erst im Jahr 2004 zu vollziehen. Letztlich muss die Auslegung dieses Schreibens dem Umstand Rechnung tragen, dass das Schreiben auch den Zweck verfolgte, dem vollen Zahlungsbegehren der Klägerin entgegenzutreten.

Hinzu kommt folgender Aspekt: Der Beklagte trägt vor, dass die zahlreichen Anlagen auf den Namen der Klägerin vor allem dem Zweck dienten, steuerliche Freibeträge auszuschöpfen. Dieses Ziel war rechtskonform nur zu erreichen, wenn die Klägerin materiellrechtliche Inhaberin der Festgelder wurde. Selbst dann, wenn - was sogleich erörtert werden soll - der Vermögensübertragung im Verhältnis der Parteien (im so genannten Valutaverhältnis) keine Schenkungsabrede oder gar kein Rechtsgrund zu Grunde gelegen haben sollte, stellt sich die Frage des steuerlichen Umgehungsgeschäfts beziehungsweise der Zurechnung des Guthabens gemäß § 39 AO (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2004 - XI ZR 220/03, NJW 2004, 2517). Wäre die Klägerin nur zum Schein als Kontoinhaberin aufgetreten, so hätte die Inanspruchnahme des Freibetrags strafrechtliche Relevanz. Ein solches Gebaren kann dem Beklagten nach dem Grundsatz der rechtskonformen Auslegung nicht unterstellt werden. Demnach verdient bei mehreren möglichen Auslegungen diejenige den Vorrang, bei der das Rechtsgeschäft wirksam ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 14.3.1990 – VIII ZR 18/89, NJW-RR 1990, 817). Dies impliziert die Forderung, dass bei der Auslegung eines rechtsgeschäftlichen Handelns den handelnden Personen kein unbilliges, unredliches oder gar strafbares Verhalten unterstellt werden darf.

Demgegenüber besitzt der Umstand, dass die Festgeldanlage naturgemäß nur eine befristete Laufzeit besaß, kein entscheidendes Gewicht: Die Auffassung, dass die Rechtsinhaberschaft hinsichtlich der Guthabensforderung mit Ablauf der Laufzeit in Wegfall gerät, wird selbst von der Berufung nicht vertreten. Auch ein Erfahrungssatz, dass derjenige, der einen andern mit einer befristeten Festgeldanlage beschenkt, davon ausgeht, dass das Geschenk mit Ablauf der Laufzeit an den Schenker zurückfällt, ist nicht nachgewiesen.

b) Weiterhin lässt die Befugnis des Klägers, gegenüber der D. über das Konto zu verfügen, den Mangel der fehlenden Berechtigung im Sinne des § 816 Abs. 1 BGB nicht entfallen. Der Beklagte kann seine Berechtigung nicht bereits daraus herleiten, dass er im Außenverhältnis zur Überweisungsbank die Rechtsbefugnis besaß, über das Konto zu verfügen. Vielmehr muss die Verfügungsbefugnis von der Rechtsinhaberin selber abgeleitet werden (so BGH, Urt. v. 4.2.1999 – III ZR 56/98, ZIP 1999, 435; Urt. v. 22.9.2003 – II ZR 74/01, NJW 2004, 365; Bamberger/Roth/Wendehorst, BGB, § 816 Rdnr. 10). Im Innenverhältnis zur Klägerin könnte mithin allenfalls die sorgerechtliche Rechtsstellung des Beklagten aus dem Bereicherungsanspruch herausführen. Letztlich verhilft auch dieser Aspekt der Berufung nicht zum Erfolg:

aa) Die aus der Wahrnehmung der Vermögenssorge abgeleitete Rechtsstellung der Eltern gegenüber der Bank korrespondiert nicht notwendigerweise mit der Rechtsstellung gegenüber dem minderjährigen Kind: So finden insbesondere die Rechtsvorschriften des § 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 2, § 181 BGB im Außenverhältnis der Eltern zu einer Überweisungsbank keine Anwendung, da der Überweisungsvertrag mit der Bank, nicht hingegen mit dem Kontoinhaber abgeschlossen wird (BGH, Urt. v. 15.6.2004 – XI ZR 220/03, NJW 2004, 2517; Urt. v. 27.3.1958 – II ZR 31/57, WM 1958, 552, 553; Beschl. v. 25.2.1982 – III ZR 188/81, WM 1982, 549). Auch muss der Vertretene das Handeln eines die Vertretungsmacht übersteigenden gesetzlichen Vertreters gegen sich gelten lassen, solange der Missbrauch der Vertretungsmacht nicht evident ist (BGH, NJW 2004, 2517; vgl. BGHZ 127, 239, 241). Dies impliziert zugleich, dass sich im Innenverhältnis zwischen Eltern und Kindern nicht jede im Außenverhältnis wirksame Verfügung als materiellrechtlich berechtigte Wahrnehmung des Sorgerechts darstellt. Diese Einschränkung greift vorliegend Platz: Legt man die materiellrechtliche Berechtigung der Klägerin an der Festgeldanlage zugrunde, so konnte in der gegebenen Sachlage des vorliegend zu beurteilenden Falles die Rücküberweisung des Geldes nur dann eine berechtigte Maßnahme des Sorgeberechtigten sein, wenn der Rechtsgrund für das Behaltenbedürfen des Geldes von vornherein fehlte. Denn in diesem Fall wäre die Klägerin ihrerseits gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Rückübertragung des Geldes verpflichtet gewesen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor:

bb) Es kann unentschieden bleiben, ob der Beweis für eine Schenkungsabrede positiv erbracht worden ist. In jedem Fall ist es dem Beklagten nicht gelungen, die ernsthafte Möglichkeit einer Schenkungsabrede zweifelsfrei zu widerlegen. So hat die Drittwiderbeklagte durchaus glaubhaft, letztlich vom Beklagten auch unwidersprochen, ausgesagt, es sei nach einem gemeinsamen Urlaub im Jahr 1993 zu einer Absprache mit dem Beklagten gekommen, dass für die Klägerin ein Vermögen geschaffen werden solle; Gelder aus Provisionszahlungen, die nicht für den täglichen Bedarfs benötigt worden seien, hätten zurückgelegt werden sollen. Hierbei sei von einem Betrag zwischen 200.000 und 250.000 DM die Rede gewesen. Es liegt also nicht fern, dass der Beklagte bei der Anlage des Geldes auf den Namen der Klägerin gerade diesen Zweck verfolgte. Dafür spricht der vom Landgericht aufgezeigte Umstand, dass die Festgeldanlage über geraume Zeit mehrfach auf den Namen der Klägerin erneuert wurde.

Auch kommt es nicht darauf an, ob und bei welcher Gelegenheit der Beklagte der Klägerin ein Angebot auf Abschluss einer Schenkungsabrede unterbreitete. Vielmehr konnte die schuldrechtliche Abrede über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung dadurch zu Stande gekommen sein, dass nur der Beklagte zum Zeitpunkt der Zuwendung die Schenkungsabsicht besaß. Denn der Beklagte war als gesetzlicher Vertreter der Klägerin bei der schenkweisen Zuwendung eines Vermögensgegenstandes von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und durfte im Wege eines so genannten Insichgeschäfts gewissermaßen einseitig kontrahieren (vgl. Palandt/Diederichsen, aaO., § 1795 Rdnr. 11). Der Formmangel wurde durch den Vollzug der Schenkung geheilt (§ 516 Abs. 2 BGB).

cc) Da der Beklagte die Beweislast für die Voraussetzungen einer berechtigten sorgerechtlichen Interessenwahrnehmung hat, trägt er den Nachteil aus der Nichterweislichkeit der Rechtsgrundabrede.

Zwar trägt der Bereicherungsgläubiger im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verfügende Nichtberechtigter war (Palandt/Sprau, § 816 Rdnr. 26; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, § 816 Rdnr. 1; Staudinger/Lorenz, BGB, 13. Aufl., § 816 Rdnr. 34). Diese Regelung der Darlegungs- und Beweislastverteilung ist jedoch zu modifizieren, wenn sich der Anspruchsgegner gegenüber dem materiell Berechtigten auf eine gesetzliche Verfügungsbefugnis beruft:

Nach allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast trägt jede Prozesspartei die Darlegungs- und Beweislast für all diejenigen Umstände, aus denen sie eine ihr günstige Rechtsfolge herleitet (Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, 16. Aufl., § 114 Rdnr. 10). Demnach hat die Klägerin mit dem Nachweis ihrer eigenen materiellen Berechtigung zunächst alles Notwendige getan, um ihren Anspruch zu begründen. Es ist nunmehr Sache des Beklagten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die über seine mangelnde materielle Berechtigung hinweghelfen. Nach diesem Verständnis sind die Aspekte, die die Rechtmäßigkeit des Handelns aus sorgerechtlicher Sicht begründen, Umstände, aus denen der Beklagte die ihm günstige Rechtsfolge seiner gegenüber Klägerin wirkenden Berechtigung herleitet. Nur dieses Ergebnis erscheint interessengerecht: Die Darlegungs- und Beweislast kann aus Sicht des Beklagten nicht günstiger sein, als sie in der umgekehrten Prozesssituation gegenüber der die Auszahlung des noch vorhandenen Festgeldbetrages verweigernden Klägerin wäre. Auch dort müsste der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen eines Rechtsgrundes tragen. Bliebe im umgekehrten Prozess zweifelhaft, ob das Geld schenkweise übereignet wurde, so wäre einer auf Herausgabe gerichteten Bereicherungsklage der Erfolg zu versagen. Dem Beklagten dürfen aus seinem eigenmächtigen Eingriff in die fremde Rechtszuständigkeit auch im vorliegenden Rechtsstreit in Gestalt einer günstigeren Verteilung von Darlegungs- und Beweislast keine prozessualen Vorteile erwachsen.

dd) Letztlich kann die Frage nach der richtigen Darlegungs- und Beweislast offen bleiben: Denn der Beklagte kann sich deshalb nicht auf die Berechtigung zur Vermögenssorge berufen, weil – Abweichendes wird nicht vorgetragen – die elterliche Sorge beiden Eltern gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB gemeinsam zustand. Es ist nicht ersichtlich, dass die Drittwiderbeklagte mit dem Vorgehen des Beklagten einverstanden war.

c) Mit seiner Zahlungsanweisung und der korrespondierenden Annahme des überwiesenen Betrages hat der Beklagte über die Guthabensforderung i.S. des § 816 Abs. 1 BGB wirksam verfügt. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass sich die D. mit der Ausführung der Überweisung rechtskonform verhielt. Folglich ist die der Klägerin zustehende Forderung auf Auszahlung des Festgeldguthabens mit der Auszahlung auf das vom Beklagten benannte Konto erloschen.

2. Schließlich steht der Einwand des Rechtsmissbrauchs in der Rechtsfigur des dolo-petit-Einwandes der Klageforderung nicht entgegen. Demnach handelt derjenige rechtsmissbräuchlich, der eine Leistung einfordert, die er alsbald wieder zurückzugewähren hätte (statt aller Palandt/Heinrichs, aaO., § 242 Rdnr. 52). Hierbei kommt eine Verpflichtung der Klägerin zur Rückgewähr des Erlangten dann in Betracht, wenn die Übertragung des Guthabens durch den Beklagten auf die Klägerin ohne rechtlichen Grund erfolgt wäre. Stünde der Festgeldbetrag noch zur Verfügung, so wäre die Klägerin verpflichtet, das Guthaben gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Beklagten zurück zu übertragen. Allerdings kann der Beklagte den ihm obliegenden Beweis für das Fehlen eines rechtlichen Grundes nicht führen (siehe dazu oben Ziff. 1 b bb)).

3. Die Höhe des geltend gemachten Anspruchs steht im Berufungsrechtszug nicht mehr im Streit, nachdem die Berufung des Beklagten die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur fehlenden Anrechnung der bestrittenen Zahlung der Drittwiderbeklagten nicht angegriffen hat. Der Klägerin steht darüber hinaus aus §§ 249, 286 BGB ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren jedenfalls in der geltend gemachten Höhe zu. Die Zinsentscheidung beruht auf Verzugsgesichtspunkten (§§ 286, 288, 291 BGB).

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung besitzt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgericht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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