Urteil vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (7. Senat) - 7 KS 17/16

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Der Kläger, eine nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss „Errichtung und Betrieb Mineralstoffdeponie Haschenbrok“ des Beklagten vom 22. Dezember 2015 in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 27. November 2017.

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Die Beigeladene beantragte am 25. Oktober 2010 bei dem Beklagten die Planfeststellung für die Errichtung und den Betrieb einer Deponie für Bauschutt, Boden, Straßenaufbruch und andere mineralische Abfälle (Deponieklasse I). Bei dem geplanten Deponiestandort handelt es sich um eine fast vollständig ausgebeutete Sandabbaugrube in ca. 2,5 km Entfernung zur nächsten Ortschaft Döhlen in der Gemeinde Großenkneten im Landkreis Oldenburg. Der Sandabbau wurde seinerzeit durch den Landkreis Oldenburg über zwei Genehmigungen vom 22. August 2001 und 11. November 2005 zugelassen, die einen Abbau von ca. 800.000 m³ Sand ermöglichten und eine anschließende Rekultivierungsverpflichtung (Verfüllung und Entwicklung eines Stieleichen-Hainbuchenwalds auf 13,5 ha) vorsahen. Die geplante Mineralstoffdeponie Haschenbrok soll sich auf eine Gesamtfläche von 15 ha erstrecken, wovon 11,05 ha für die gesicherte Ablagerung von mineralischen Abfällen vorgesehen sind; die restlichen Flächen nimmt die betriebliche Infrastruktur in Anspruch. Über einen Ablagerungszeitraum von etwa 18 Jahren sollen in vier nacheinander zu errichtenden Abschnitten insgesamt ca. 1.440.000 m³ (rund 80.000 m³ jährlich) Abfall abgelagert werden. Die Verkehrsanbindung soll über die Autobahn A 29, die Landesstraße L 870 (Sager Straße) und die Krumlander Straße erfolgen.

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Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 07. Februar bis zum 09. März 2011 und erneut vom 11. April bis zum 11. Mai 2011 in der Gemeinde Großenkneten zur allgemeinen Einsichtnahme aus. Der Kläger nahm im Rahmen der Verbandsbeteiligung mit Schreiben vom 23. März 2011, 22. Mai 2011 und 25. Mai 2011 zu dem Vorhaben Stellung und erhob Einwendungen, mit denen er das Projekt insbesondere wegen erheblicher negativer Auswirkungen auf die Umwelt in Frage stellte. Dem Vorhaben fehle die Planrechtfertigung und es habe keine ausreichende Alternativenprüfung stattgefunden. Es bestehe bereits eine hohe Vorbelastung. Gesundheitsgefährdungen der Anwohner im räumlichen Umfeld seien zu befürchten. Ein wirksamer Schutz des Grundwassers sei nicht gewährleistet. Die Untersuchungen des Vorkommens der besonders und streng geschützten Tierarten genügten den an sie zu stellenden Anforderungen nicht. Insbesondere die avifaunistischen Untersuchungen seien fehlerhaft. Die Brutplätze einer Vielzahl von Vögeln seien akut bedroht. Unzulänglich seien die Erhebungen auch deshalb, weil keine Untersuchung der Amphibien und Reptilien vorgenommen worden sei. Des Weiteren widerspreche die Deponieplanung dem Flächennutzungsplan und den Festsetzungen des Bebauungsplans der Gemeinde Großenkneten. Schließlich müssten die Kompensationsmaßnahmen aus der Bodenabbaugenehmigung des Landkreises Oldenburg erfüllt werden. Die geplante Zufahrt zur Deponie werde in diesem Zusammenhang abgelehnt.

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Die vorgebrachten Stellungnahmen und Einwendungen der Träger öffentlicher Belange, der Naturschutzvereinigungen und der privaten Einwender veranlassten die Beigeladene dazu, die Antragsunterlagen zu überarbeiten. Am 11. Januar 2012 stellte die Beigeladene einen geänderten Antrag auf Planfeststellung für das Deponievorhaben. Die geänderten Planunterlagen lagen daraufhin in der Zeit vom 29. Februar bis zum 30. März 2012 in den Gemeinden Großenkneten und Wardenburg aus. Der Kläger nahm mit Schreiben vom 30. März 2012 zu dem geänderten Vorhaben Stellung.

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Am 23. Juli 2013 wurde der Antrag nochmals in überarbeiteter Form eingereicht. Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 14. August bis zum 13. September 2013 in der Gemeinde Wardenburg und in der Zeit vom 28. August bis zum 27. September 2013 in der Gemeinde Großenkneten aus. Der Kläger nahm mit Schreiben vom 27. September 2013 zu dem geänderten Vorhaben Stellung.

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Der Erörterungstermin fand am 13. und 14. Mai 2014 in der Gemeinde Wardenburg statt.

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Nach einer weiteren Überarbeitung reichte die Beigeladene am 06. November 2014 erneut geänderte Planunterlagen (Ergänzungsunterlagen) ein. Es fand eine Beteiligung der durch die Planänderung zusätzlich oder stärker Betroffenen statt. Der Kläger nahm mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 und 27. Oktober 2015 Stellung.

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Der Beklagte stellte den Plan unter dem 22. Dezember 2015 fest. Die Planfeststellung enthält folgende Maßnahmen: Ausbau der Straßenkreuzung Haschenbroker Weg / L 870 / Krumlander Straße, Ausbau der Krumlander Straße, Erstellung der Basisdichtung abschnittsweise, Deponiebetrieb, Herstellung der Oberflächenabdichtung abschnittsweise, Erstellung der Betriebseinrichtungen, Herstellung der Auffangeinrichtungen für Sickerwasser, Oberflächenwasser und häusliches Abwasser sowie Durchführung von Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen. Die Vorschläge, Stellungnahmen und Einwendungen zu dem Vorhaben wies der Beklagte - soweit sie nicht berücksichtigt wurden - zurück. Die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses wurde angeordnet.

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Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Niedersächsischen Ministerialblatt am 13. Januar 2016 und in der Nordwest-Zeitung am 11. Januar 2016 bekanntgemacht. Er lag in der Gemeinde Großenkneten und in der Gemeinde Wardenburg vom 13. Januar 2016 bis zum 27. Januar 2016 zur Einsicht aus. Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. Januar 2016 zugestellt.

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Am 06. Februar 2016 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat zudem am 09. Februar 2016 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (Az. 7 MS 19/16).

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Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Juli 2016 (Az. 7 MS 19/16) die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 22. Dezember 2015 wiederhergestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache offen sei. Die Klage werfe eine Vielzahl schwieriger tatsächlicher und rechtlicher Fragen auf, die im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht geklärt werden könnten. Dies betreffe insbesondere die artenschutzrechtliche Prüfung. Es entspreche einer angemessenen Interessenabwägung, die Schaffung vollendeter Tatsachen vorläufig zu verhindern. Den Antrag der Beigeladenen vom 20. September 2016 auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 22. Juli 2016 und Ablehnung des Antrags des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 22. Dezember 2015 insoweit, als er den in der dem Abänderungsantrag beigefügten Grafik eingezeichneten Baubereich 1 mit dem planfestgestellten Bauabschnitt I und dessen Randbereichen betrifft, hat der Senat mit Beschluss vom 25. Oktober 2016 (Az. 7 MS 104/16) abgelehnt.

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Am 09. Mai 2017 hat die Beigeladene bei dem Beklagten einen Antrag auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses gestellt, den sie am 07. August 2017 erneut mit überarbeiteten Unterlagen vom 31. Juli 2017 eingereicht hat.

13

Am 09. Juni 2017 hat der Beklagte die in Niedersachsen anerkannten Naturschutzvereinigungen über das Vorhaben informiert mit der Bitte, ihm mitzuteilen, ob eine Beteiligung erwünscht sei. Am 10. bzw. 11. August 2017 hat der Beklagte die in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Behörden, sonstige Träger öffentlicher Belange und die anerkannten Naturschutzvereinigungen, die sich im Hauptsacheverfahren beteiligt hatten, aufgefordert, bis zum 11. September 2017 zu den geänderten bzw. ergänzten Planunterlagen Stellung zu nehmen. Der Kläger hat mit Schreiben vom 10. September 2017 Stellung genommen. Er lehne das Vorhaben nach wie vor ab.

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Am 27. November 2017 ist der Änderungsplanfeststellungsbeschluss ergangen. Er lässt den Planfeststellungsbeschluss vom 22. Dezember 2015 unberührt, soweit nicht von diesem abweichende Festsetzungen getroffen werden. Gegenstand des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ist im Wesentlichen eine Überarbeitung des Artenschutzmaßnahmenkonzepts und die Festsetzung zusätzlicher Kompensationsmaßnahmen.

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Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2017 hat der Kläger den Änderungsplanfeststellungsbeschluss zum Gegenstand seiner Klage gemacht.

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Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:

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Der Planfeststellungsbeschluss sei bereits formell rechtswidrig.

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Der Beklagte sei für die straßenrechtliche Planfeststellung betreffend den Umbau des Kreuzungspunktes Krumlander Straße / Sager Straße / Haschenbroker Weg nicht zuständig gewesen. § 75 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) sei nicht anwendbar. Bei der Änderung des Kreuzungsknotenpunktes handele es sich nicht um eine notwendige Folgemaßnahme. Es sei zudem ein eigenständiges Planungskonzept erforderlich.

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Des Weiteren lägen beachtliche Verfahrensfehler vor. Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss unterliege rechtlicher Beanstandung, weil der Beklagte von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen habe. Es handele sich nicht um ein Verfahren nach § 76 VwVfG, sondern um die Wiederaufnahme des Ursprungsverfahrens im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG. Unabhängig davon seien die Voraussetzungen des § 76 Abs. 3 VwVfG nicht erfüllt, denn es handele sich um eine wesentliche Änderung. Das vom Ursprungsbeschluss umfasste Maßnahmenkonzept sei in grundlegender Hinsicht umgestaltet und unter Einbeziehung zusätzlicher Flächen, die im Eigentum privater Dritter stünden, erweitert worden. Das neue Konzept sei einer öffentlichen Kontrolle nicht unterworfen worden. Von Bedeutung sei hier insbesondere, dass die Fläche ACEF6* von einer Süßgasleitung gequert werde, dass sich im westlichen Teil der genannten Maßnahmenfläche eine Wasserversorgungsleitung befinde und dass gänzlich neue Maßnahmen (ACEF8*) auf dem Deponiekörper vorgesehen seien. Auch aus UVP-rechtlichen Gründen hätte auf eine neuerliche Öffentlichkeitsbeteiligung nicht verzichtet werden dürfen. Im Hinblick auf die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote seien weitere Untersuchungen durchgeführt worden. Die Erkenntnisse bildeten die Grundlage für eine Neubewertung der artenschutzrechtlichen Problematik, die in einem umfangreichen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag Niederschlag gefunden habe. Zugleich sei der landschaftspflegerische Begleitplan grundlegend überarbeitet und das Maßnahmenkonzept modifiziert und ergänzt worden. Mit Blick auf das Vorkommen, die Betroffenheit und die Ausgleichsleistungen für die Kreuzkröte und für verschiedene Vogelarten entfalteten die ursprünglich ausgelegten Unterlagen keinerlei Anstoßwirkung.

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Im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung seien weitere Verfahrensmängel zu erblicken. Zunächst sei die Vorgehensweise zu beanstanden. Der Beklagte habe sich zur Erfüllung seiner Aufgaben des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) bedient. Dieser habe im ständigen Kontakt mit den Gutachtern der Beigeladenen gestanden. Das Ergebnis habe der Beklagte mit der Beigeladenen abgestimmt. Des Weiteren sei zu bemängeln, dass die zusammenfassende Darstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung lückenhaft und unvollständig sei. Betreffend das Schutzgut „Mensch“ komme es aufgrund der Verlegung des Haschenbroker Weges zu einem Heranrücken der Straßenfläche an zwei Privatgrundstücke. Die zusammenfassende Darstellung enthalte keine Informationen, ob sich dort Wohnhäuser befinden, die mit verkehrsbedingtem Schall beaufschlagt werden. Betreffend das Schutzgut „Wasser“ enthalte die Darstellung keine Aussage dazu, dass sich der Standort im Erdgasfeld Hengstlage und damit in einem Raum befinde, in dem sich Erdbeben schädigend auf die Basisabdichtung der Deponie auswirken können. Betreffend das Schutzgut „Tiere“ seien entscheidungserhebliche Sachinformationen der betroffenen Öffentlichkeit aus dem Blick geraten, insbesondere zu Brutvögeln und Amphibien. Dem Untersuchungsraum komme eine landesweite und nicht nur lokale Bedeutung für Brutvögel zu. Zudem habe die Sandgrube für die Kreuzkröte nicht nur eine geringe Bedeutung als Sommerlebensraum und Laichhabitat. Außerdem gebe es Unstimmigkeiten bei den Angaben zu den Flächen der in Anspruch genommenen Biotoptypen. Schließlich sei auch die schutzgutsbezogene Bewertung mangelhaft. Die Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ würden unter Hinweis darauf als verträglich eingestuft, dass der Erhaltungszustand der durch das Vorhaben betroffenen Populationen der Amphibien und Brutvögel durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erhalten bleibe. Es fehlten jedoch Angaben über die aktuelle Erhaltungssituation der lokalen Population. Die artenschutzrechtlichen Vorschriften würden zum alleinigen Maßstab erhoben. Integritätsinteressen könnten jedoch auch dann in abwägungserheblicher Weise betroffen sein, wenn keines der Zugriffsverbote einschlägig sei. Der Beklagte bewerte nicht die Umweltverträglichkeit der Einwirkungen, sondern verhalte sich über deren rechtliche Zulässigkeit.

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Schließlich wäre im (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren eine Auslegung der Planunterlagen auch in der Gemeinde Hatten erforderlich gewesen. Durch die deponiebedingten Verkehre komme es dort zu Betroffenheiten.

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Der Planfeststellungsbeschluss sei auch materiell rechtswidrig.

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Es liege ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Anpassungsgebot nach § 7 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) vor. Im geltenden Flächennutzungsplan der Gemeinde Großenkneten (73. Änderung) sei ein Sondergebiet für die Windkraftnutzung dargestellt, das beachtliche Teile des bisherigen Abgrabungsgeländes räumlich überlagere. Das Sondergebiet werde durch den Bebauungsplan Nr. 97 als „Windpark Döhlen“ festgesetzt. Der Beklagte habe der Aufstellung des Flächennutzungsplans nicht (nachträglich) widersprochen. Durch die Errichtung der Deponie stünden die Flächen für die Windkraftnutzung nicht mehr zur Verfügung.

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Der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen das Artenschutzrecht. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien zunächst hinsichtlich der Amphibien, insbesondere der Kreuzkröte, erfüllt. Durch den Bau und den Betrieb der Deponie werde das Risiko der Tötung von Individuen dieser Art in signifikanter Weise erhöht und damit der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) erfüllt. Die Maßnahme V6(neu)* sei ungeeignet. Durch das Ausbringen von Kunstverstecken könnten nicht sämtliche Tiere aufgefunden, gefangen und umgesetzt werden. Im Übrigen verwirkliche bereits das Fangen und Umsetzen der Amphibien den Verbotstatbestand. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte nicht die erforderliche Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG. Die neu gestaltete Vorschrift des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG mache die Ausnahme nicht entbehrlich. Denn die nationale Freistellungsregelung sei mit Art. 12 und Art. 16 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) nicht vereinbar. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt. Es handele sich nicht um eine „erforderliche Maßnahme“. Die Art und Weise der Umsiedlung entspreche nicht den fachlichen Anforderungen. Insbesondere sei die Aussetzungsfläche nicht geeignet.

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Des Weiteren sei hinsichtlich der Amphibien, insbesondere der Kreuzkröte, der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erfüllt. Die insgesamt 11,3 ha bzw. 11,5 ha umfassende Sandabgrabung sei in ihrer Gesamtheit als Fortpflanzungs- und Ruhestätte der Kreuzkröte zu bewerten. Sie werde der vollständigen Vernichtung anheimgegeben. CEF-Maßnahmen (continuous ecological functionality-measures) könnten den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge nicht ausschließen. Zum einen sei schon die Unionsrechtskonformität von § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG nicht gesichert. Denn im Gefüge der Art. 12 und 16 FFH-Richtlinie sei kein Raum für verbotsvermeidende Ausgleichsmaßnahmen. Zum anderen erfüllten die Ausgleichsmaßnahmen - ausweislich der Stellungnahme des Büros für Landschaftsökologie G. (Stand: Juni 2018) - vorliegend nicht die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG. Dies gelte zunächst für die Maßnahme ACEF2(neu)*. Diese Fläche sei weder aufwertungsfähig noch -bedürftig. Auch sei nicht gesichert, dass dort die notwendigen (Nahrungs-) Ressourcen in ausreichendem Umfang vorhanden seien. Die Fläche solle zudem nur zeitweilig als Ausgleichsfläche genutzt werden, so dass es an einer dauerhaften Sicherung der funktionserhaltenden Maßnahmen fehle. Schließlich werde es zwangsläufig zu Tötungen im Zuge der (späteren) Inanspruchnahme der Fläche kommen, so dass weitere artenschutzrechtlich relevante Zugriffshandlungen vorprogrammiert seien. Auch die Maßnahme ACEF6* erfülle nicht die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG. Die Fläche werde von Süßgasleitungen gequert, so dass die Umsetzbarkeit nicht gesichert sei. Zudem sei die Durchlässigkeit der auf der Fläche oberflächennah anstehenden Sedimente hoch. Daher bestehe nicht die erforderliche Sicherheit, dass sich die gewünschten Gewässerlebensräume herstellen lassen. Des Weiteren grenze die Fläche direkt an das Deponiegelände an. Es bestehe keine Gewähr, dass die Kreuzkröten nicht wieder auf das Deponiegelände geraten, zumal im landschaftspflegerischen Begleitplan keine Rede von einer Umzäunung während der Betriebsphase sei. Aufgrund der direkten Nachbarschaft zu intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen könne es zu Einträgen von Düngemitteln und Pestiziden kommen. Die Maßnahmenfläche sei mit rund 4,8 ha außerdem zu gering dimensioniert. Die erforderliche Dimensionierung einer Ausgleichsfläche sei anhand der Größe des Bestandes der Kreuzkröte zu ermitteln, d. h. anhand der Anzahl der Individuen. Die Fachwissenschaft, namentlich der Leitfaden „Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen“ des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen vom 05. Februar 2013 (NRW-Leitfaden 2013), gebe den Ausgleichsbedarf für ca. 100 Tiere mit mindestens 4 ha an. Knapp 5 ha seien daher vorliegend für mehr als 500 adulte Tiere nicht ausreichend. Der Beklagte benenne keine abweichenden seriösen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse für seine These. Seinen Annahmen fehle daher jedes fachwissenschaftliche Fundament. Schließlich solle die Maßnahme erst „vor Beginn (Wiederaufnahme) der Bauaktivitäten innerhalb des Standorts“ durchgeführt werden. Sie erreiche aber erst nach mehreren Jahren ihre volle Wirksamkeit. Auch die Maßnahme ACEF8* könne nicht anerkannt werden. Die Umsetzung könne erst erfolgen, wenn der erste Bauabschnitt verfüllt sei. Es handele sich daher nicht um einen vorgezogenen Ausgleich. Zudem sei die Funktionalität fraglich, da die Kreuzkröten auf dem Deponiekörper kein grabbares Substrat vorfinden würden, es zu Verschattungen käme und Winterquartiere fehlten. Schließlich seien nach dem Planfeststellungsbeschluss Wartungs-, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen für die Deponieoberfläche vorrangig vor den naturschutzfachlichen Maßnahmen durchzuführen. Gegebenenfalls seien die naturschutzfachlichen Einbauten sogar zurückzubauen. Ein dauerhafter Erhalt der Maßnahme sei daher nicht gesichert. Auch die Maßnahme ACEF7* sei nicht anzuerkennen. Die Maßnahme sei ungeeignet, da sie unmittelbar an eine Störstruktur angrenze. Die Maßnahme könne zur Folge haben, dass die Kreuzkröten direkt in den Verkehrsbereich der Krumlander Straße geleitet werden. Schließlich werde das in den Nebenbestimmungen zum Ausdruck kommende Risikomanagement den daran aus Rechtsgründen zu stellenden Anforderungen nicht gerecht.

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Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien des Weiteren hinsichtlich der europäischen Vogelarten des Deponiegeländes erfüllt. Die vollständigen Revierverluste, die der Baumpieper, der Bluthänfling, die Feldlerche, die Goldammer, der Neuntöter und der Flussregenpfeifer nach den aus den Antragsunterlagen ersichtlichen Informationen erlitten, erfüllten den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Die vorgesehenen vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen könnten den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge nicht ausschließen. Zunächst sei § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 BNatSchG - entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts - mit den Regelungsvorgaben der Art. 5 und 9 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie - VRL) nicht vereinbar. Indem das Bundesverwaltungsgericht nicht auf die Niststätte, sondern lediglich auf die von ihr erfüllte Funktion abhebe, werde der Schutzgegenstand ausgetauscht. Ob die von den betroffenen Niststätten erfüllte Funktion von anderen Strukturen erfüllt werden könne, sei für die Verbotsfolge nicht von Belang. Im Übrigen erfüllten die CEF-Maßnahmen vorliegend auch nicht die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 BNatSchG. Der vollständige Revierverlust der eingangs genannten Vogelarten solle durch die Maßnahmen ACEF6* und ACEF9* ausgeglichen werden. Zwar grenzten diese Flächen westlich an die geplante Deponie an. Es bestehe aber kein „räumlicher Zusammenhang“ im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG. Von einem solchen könne nur dann gesprochen werden, wenn dem in einem Brutrevier ansässigen Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze „in seinem Revier“ zur Verfügung stünden oder ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt würden. Bei einem vollständigen Revierverlust könne diese Bedingung nicht erfüllt sein. Die durch § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG begründete Hürde lasse sich in diesem Fall nur im Wege einer artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG überwinden, die hier nicht vorliege. Im Übrigen dürfe § 45 Abs. 7 BNatSchG in Fällen der Betroffenheit europäischer Vogelarten nicht angewendet werden. Unabhängig von dem fehlenden räumlichen Zusammenhang sei zu bemängeln, dass die Anpflanzungen erst zu Beginn der baulichen Maßnahmen im jeweiligen Bauabschnitt erfolgen sollten; es sei ein zeitlicher Vorlauf erforderlich. Hinsichtlich der Maßnahme ACEF9* stelle zudem die dort befindliche Wasserleitung die Umsetzbarkeit der Kompensationsmaßnahme ernstlich in Frage. Zum Flussregenpfeifer sei ergänzend auszuführen, dass die Ausgleichsfläche ACEF3(neu)* für die Art nicht geeignet sei, da sich der Art dort kein übersichtliches Umfeld von ausreichender Größe biete. Es bestehe dort ein hohes Prädationsrisiko. Die Maßnahmenfläche ACEF6* sei für die Art nicht sofort, sondern erst dann nutzbar, wenn sich dort eine ausreichende Nahrungsgrundlage biete. Zum Baumpieper sei ergänzend auszuführen, dass die Maßnahmenflächen ACEF6* und ACEF9* eine unzureichende Flächengröße aufwiesen. Der Kompensationsbedarf bei der Neuanlage einer Baumhecke belaufe sich auf 1 ha bzw. 200 m je Brutpaar. Die Heckenstruktur (ACEF9*) erreiche den erforderlichen Größenwert nicht. Welche Flächenanteile der Maßnahme ACEF6* dem Baumpieper zugutekämen, lasse sich dem Planfeststellungsbeschluss nicht entnehmen. Hinsichtlich der Feldlerche wahre die Maßnahmenfläche ACEF10* ebenfalls nicht den erforderlichen „räumlichen Zusammenhang“. Daneben sei die Fläche nicht ausreichend dimensioniert. Der Raumbedarf betrage 1 ha pro Brutrevier. Es sei jedenfalls von einem eingriffsbedingten Verlust von zwei Revieren auszugehen. Die Reviermittelpunkte dieser beiden Reviere unterlägen keiner landwirtschaftlichen Nutzung, so dass auch nicht sich alljährlich verlagernde Niststätten vorlägen.

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Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch hinsichtlich des Schwarzkehlchens und der Dorngrasmücke der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erfüllt, denn auch sie verlören Reviere. Der Beklagte sei der Auffassung, die Arten wären wegen ihrer nur regionalen Gefährdung für artbezogene Betrachtungen nicht relevant. Dies leuchte nicht ein. Sie seien als europäische Vogelarten besonders geschützt. Die Aussage, die Lebensraumstrukturen der Arten würden durch Maßnahmen der Eingriffsregelung ausreichend kompensiert, belasse im Unklaren, welche Maßnahmen den betroffenen Brutpaaren innerhalb der räumlichen Grenzen ihres jeweiligen Brutreviers zugutekommen sollen. Hinsichtlich der Uferschwalbe sei zu beachten, dass diese noch im Jahr 2014 im westlichen Teil der Grube ca. 20 Brutröhren angelegt habe, die zu einem späteren Zeitpunkt verwaist gewesen seien. Die Brutsteilwand gehe verloren.

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Hinsichtlich der Wachtel sei der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG erfüllt. Es sei ein Wachtelrevier in > 50 m Entfernung westlich des geplanten Deponiestandorts registriert worden. Die Störung werde auch nicht durch die Maßnahme ACEF10* ausgeglichen. Es sei zweifelhaft, ob es mit einem Blühstreifen von 0,22 ha sein Bewenden haben könne, denn ein Wachtelrevier habe eine Größe von 1 ha. Zudem solle die Maßnahme erst vor Beginn der Bauaktivitäten innerhalb des Bauabschnitts IV durchgeführt werden. Störungen kämen jedoch schon bei Wiederaufnahme der baulichen Maßnahmen im Bauabschnitt I zum Tragen. Auch hinsichtlich des Kiebitzes sei der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG erfüllt. Alljährlich schritten ein bis zwei Brutpaare auf den Ackerflächen nördlich des Deponiegeländes zur Brut. Die Flächen würden vom Kiebitz künftig in einem 250 bis 350 m breiten Abstandsband wegen der Störeffekte, der Kulissenwirkung und der Vertikalstrukturen gemieden werden.

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Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien des Weiteren hinsichtlich der Avifauna im Bereich Achternmeer erfüllt. Die dort geplante Aufforstung, bei der es sich um eine Ersatzmaßnahme aus Anlass der ehemaligen Sandabgrabung handele, rufe ihrerseits artenschutzrechtliche Konflikte hervor, denen nicht mit wirksamen Maßnahmen begegnet werde. Hinsichtlich des Flussregenpfeifers werde ein Brutpaar auf der Fläche E-Abbau 1.4 und 1.5 den Verlust seines Brutreviers erleiden (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG). Für ein weiteres Brutpaar sei die aufforstungsbedingte Veränderung jedenfalls als Störung zu bewerten (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Die Maßnahme ACEF5(neu) sei ungeeignet. Die Fläche biete keinen hinreichenden Raum für zwei Brutpaare. Die Rodung angrenzender Gehölze führe zu ungelösten artenschutzrechtlichen Konflikten bei anderen Arten. Hinsichtlich des Kiebitzes würden zwei Brutpaare auf der Fläche E-Abbau 1.2 und 1.4 einen Verlust ihres Brutreviers erleiden (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG). Die Maßnahme ACEF4(neu) sei wegen ihrer geringen Flächengröße von 1,7 ha nicht genügend. Üblicherweise werde je Brutpaar ein Ausgleich von 1 bis 1,5 ha vorgesehen. Die Maßnahmenfläche sei im Übrigen nur in Teilbereichen nutzbar, da die Gehölzrücknahme im Süden und Westen gestrichen worden sei. Die Maßnahme ACEF11* sei bereits nicht als CEF-Maßnahme anzuerkennen. Unabhängig davon befinde sich die erweiterte Maßnahmenfläche nicht innerhalb des Reviers der betroffenen Brutpaare.

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Der Planfeststellungsbeschluss habe die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht ordnungsgemäß abgearbeitet. Es liege zum einen ein Verstoß gegen das Vermeidungsgebot des § 15 Abs. 1 BNatSchG vor. Maßnahmenflächen des Kompensationskonzepts grenzten direkt an Störstrukturen an, ohne dass Maßnahmen ergriffen würden, die sicherstellten, dass Amphibien nicht in den Deponieraum gelangen bzw. im Verkehr auf der Krumlander Straße zu Tode kommen. Das Konzept der Ausgleichsmaßnahmen werde zum anderen den Anforderungen des § 15 Abs. 2 BNatSchG nicht gerecht. Dies betreffe zunächst den Verlust des Amphibienlebensraumes. Die Eingriffsregelung sei auf einen Vollausgleich gerichtet. Daher müsse dem Verlust von 11,5 ha eine Kompensationsleistung in mindestens gleicher Größe gegenüberstehen. Dies sei nicht der Fall. Die Maßnahme ACEF2(neu)* stelle keinen Ausgleich dar, da die Fläche weder aufwertungsfähig noch -bedürftig sei. Mit der Maßnahme ACEF6* sollten 48.181 m² als Amphibienlebensraum hergestellt werden. Es sei unberechtigt, für die Fläche einen Kompensationsfaktor von 2 in Ansatz zu bringen. Es sei bestenfalls der Faktor 0,75 anzusetzen, so dass höchstens rund 3,6 ha anrechenbar seien. Die Flächen der Maßnahme ACEF8* könnten nicht hinzugerechnet werden, da sie für einen Ausgleich nicht dauerhaft und gesichert zur Verfügung stünden. Die eindeutig mindere ökologische Qualität habe in dem angesetzten Faktor von 0,25 seinen Ausdruck gefunden. Anrechenbar wären allenfalls 2,75 ha. Die Maßnahme ACEF7* könnte gegebenenfalls mit 0,1 ha in Ansatz gebracht werden. Dem Verlust des Kreuzkrötenlebensraums stünden daher bestenfalls 6,45 ha Ausgleichsfläche gegenüber. Eine Abwägung nach § 15 Abs. 5 BNatSchG sei nicht vorgenommen worden. Des Weiteren verdiene die Maßnahme E-Abbau 1.9 keine Anerkennung als Ersatzmaßnahme. Das Flurstück H. der Flur I. in der Gemarkung J. sei für die Aufforstung ungeeignet. Die Fläche grenze direkt an die Autobahn und befinde sich südlich einer Tierhaltungsanlage, die nicht über eine Abluftreinigungsanlage verfüge. Zudem seien sowohl dieses Flurstück als auch das Flurstück K. der Flur L. in der Gemarkung M. nicht in der von § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG vorausgesetzten Weise rechtlich gesichert worden, obwohl sie im Eigentum Dritter stünden. Nach dem Planfeststellungsbeschluss sei vor Baubeginn lediglich ein Vertrag mit der Forstbetriebsgemeinschaft vorzulegen. Ziffer 1.5.4.1.4 des Planfeststellungsbeschlusses, der eine dingliche Sicherung gewährleiste, beziehe sich nur auf jene Kompensationsmaßnahmen, die bereits vom ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss umfasst gewesen seien. Zu kritisieren sei des Weiteren, dass die Maßnahmen E-Abbau, die der Erfüllung der Auflagen der ehemaligen Bodenabbaugenehmigung dienten, zugleich als Kompensationsleistung für die deponiebedingte Inanspruchnahme von Biotopen gewertet würden. Schließlich stünden manchen Auswirkungen des Vorhabens keine Kompensationsleistungen gegenüber, obwohl ihnen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung eine Erheblichkeit attestiert worden sei (z. B. Inanspruchnahme von Ruderalfluren).

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Der Planfeststellungsbeschluss leide an erheblichen Abwägungsfehlern. So sei insbesondere die Alternativenprüfung zu kritisieren. Die Zusammenstellung des maßgeblichen Abwägungsmaterials sei lückenhaft und unvollständig. Es könne dahinstehen, ob eine flächendeckende Standortsuche erforderlich gewesen wäre. Jedenfalls hätten sämtliche räumliche Alternativen einbezogen werden müssen, die sich im Hinblick auf die konkret in Rede stehende Entsorgungsaufgabe ernsthaft anböten. Dies betreffe nicht nur die behandelten Standorte in Driftsethe, Haaßel und den Landkreisen Friesland und Wittmund, sondern auch die in den Landkreisen Oldenburg und Diepholz befindlichen Alternativstandorte, die von der Beigeladenen untersucht worden seien. Sie hätten sich dem Beklagten als Alternativstandorte aufdrängen müssen.

32

Des Weiteren habe der Beklagte bei der Beurteilung der Standorteignung abwägungsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass sich der Standort des Vorhabens innerhalb des Erdgasfeldes Hengstlage befinde. Dort habe sich im Januar 2016 ein Erdbeben mit der Lokalmagnitude 2,7 ereignet. Entsprechende Ereignisse seien auch schon im Sommer 2014 und 2015 aufgetreten. Die Außerachtlassung der Kriterien des Anhangs 1, Ziffer 1.1 Nr. 4 der Deponieverordnung (DepV) sei ein Mangel der fachplanerischen Abwägung. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass schadstoffbelastetes Sickerwasser aus dem Deponiekörper in das Grundwasser eindringe, wenn es durch Erdstöße zu einer Schädigung oder Zerstörung der Basisabdichtung und der Entwässerungseinrichtungen komme. Der Beklagte habe die erdbebenbedingten Gefährdungen nicht in den Blick genommen, obwohl zumindest die ernstliche Besorgnis einer Verschmutzung des Grundwassers bestehe. Erst recht habe er keine Maßnahmen ergriffen, um Verschmutzungen des Grundwassers und eine Verschlechterung seines chemischen Zustands aus Anlass einer erdbebenbedingten Schädigung des Abdichtungssystems zu verhindern. Fünf Kilometer nordöstlich im möglichen Abstrom des Grundwassers befinde sich ein Wasserschutzgebiet. Eine Verunreinigung des Grundwassers könne damit eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit nach sich ziehen. Der Beklagte habe dem Aspekt der Erdbebensicherheit auch in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss keine Aufmerksamkeit gewidmet, obwohl das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in seiner Stellungnahme vom 15. März 2016 die Empfehlung ausgesprochen habe, für die abschließende Bewertung der Erdbebeneinwirkungen auf die Deponie auf ingenieurseismologische Expertise zurückzugreifen.

33

Der Beklagte habe außerdem keine konkreten Vorgaben für die Wiederherstellung des Basisabdichtungssystems erteilt, obwohl die im Bauabschnitt I bereits eingebauten Tonschichten den Einflüssen der Witterung über einen Zeitraum von über 1,5 Jahren ungeschützt ausgesetzt gewesen seien. Der Beklagte belasse es bei einem Verweis auf Ziffer 1.5.6.6 ff. des Planfeststellungsbeschlusses. Diese Regelungen würden aber den Normalfall der Herstellung des Deponie-Abdichtungssystems betreffen, während hier eine Sondersituation bestehe, in der das Deponieplanum teilweise hergestellt worden sei, die Arbeiten dann aber für einen längeren Zeitraum unterbrochen worden seien. Die Beigeladene habe selbst darauf hingewiesen, dass die geologische Barriere unter Einfluss der Witterung Schaden nehmen könne mit der Folge einer drohenden technischen Unmöglichkeit der Fertigstellung. Es handele sich nicht um schlichte Fragen der Bauausführung, sondern um eine die Deponiesicherheit betreffende grundlegende Entscheidung.

34

Schließlich werde den Belangen des Artenschutzes im Rahmen der Abwägung der nötige Respekt versagt. Der Beklagte messe dem Untersuchungsraum eine „lokale Bedeutung“ für Brutvögel zu. Tatsächlich verfüge der Raum über eine „landesweite Bedeutung“. Es lägen unzutreffende Annahmen im Hinblick auf das Arteninventar und die Anzahl der Brutvögel vor. Zudem gehe der Beklagte davon aus, dass das Deponiegelände für die Kreuzkröte über eine nur geringe Bedeutung verfüge, während der dort festgestellte Bestand besonders erhaltenswert sei, zumal die allermeisten Vorkommen in Niedersachsen deutlich kleiner seien. Es handele sich um ein besonders gewichtiges öffentliches Interesse, das Vorkommen zu erhalten.

35

Der Kläger beantragt,

36

1. den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 22. Dezember 2015 zur Errichtung und zum Betrieb der Mineralstoffdeponie Haschenbrok in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 27. November 2017 aufzuheben,

37

2. hilfsweise, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

38

3. äußerst hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, weitere Maßnahmen zum Ausgleich des Verlustes geschützter Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröte sowie weiterer Amphibien- und Vogelarten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

39

Der Beklagte beantragt,

40

die Klage abzuweisen.

41

Er erwidert:

42

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Zunächst seien formelle Mängel nicht festzustellen.

43

Er, der Beklagte, sei auch für die straßenrechtliche Planfeststellung betreffend den Umbau des Kreuzungspunktes Krumlander Straße / Sager Straße / Haschenbroker Weg zuständig gewesen. Die Entscheidung unter Ziffer 1.2.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses unterfalle als Folgemaßnahme § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Nach der Stellungnahme der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) sei das mit der Errichtung und dem Betrieb der Deponie verbundene Verkehrsaufkommen nur mit einer baulichen Veränderung der Kreuzungssituation verkehrssicher zu bewältigen. Der Ausbau sei für den verkehrssicheren Anschluss der Deponie an das Wegenetz erforderlich. Der Umfang der Veränderungen sei nicht von derartigem Gewicht, dass ein eigenes Planungskonzept erforderlich wäre.

44

Beachtliche Verfahrensfehler lägen nicht vor. Es sei eine Planänderung nach § 76 VwVfG durchgeführt worden. Die Vorschriften zum Anhörungsverfahren nach §§ 76, 73 VwVfG seien beachtet worden. Die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Planfeststellungsverfahren nach § 76 Abs. 3 VwVfG seien erfüllt. Es handele sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung. Es seien allein ergänzende CEF- und Ausgleichsmaßnahmen betroffen. Die Wesentlichkeit ergebe sich nicht aus der Maßnahme ACEF8*. Durch Nebenbestimmungen sei sichergestellt, dass es keine Beeinträchtigungen am Deponiekörper geben werde. Die bereits stillgelegten Süßgasleitungen der N. GmbH (O.) führten ebenfalls nicht zu einer Wesentlichkeit der Planänderung. Es sei nicht erkennbar, inwieweit diese in Mitleidenschaft gezogen werden sollen. Soweit für Maßnahmen auf Flächen Dritter zurückgegriffen werde, seien diese nicht nur bereits informiert, sondern ermöglichten gerade die Umsetzung durch Bereitstellung der Flächen. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung sei auch aus UVP-rechtlichen Gründen nicht erforderlich gewesen. § 22 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) regele die erneute Beteiligung der Öffentlichkeit bei Änderungen der Unterlagen im Laufe des Verfahrens. Es sei fraglich, ob nach dem Planfeststellungsbeschluss mit eingeschlossener Umweltverträglichkeitsprüfung noch von einer Änderung im Laufe des Verfahrens gesprochen werden könne. Im Änderungsverfahren sei eine allgemeine Vorprüfung nach § 9 UVPG durchgeführt worden, wonach nicht mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu rechnen sei, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machten. Mit dem Absehen von einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung sei konsequenterweise auch von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen worden. Im Übrigen dienten die geplanten Maßnahmen gerade einer Verbesserung der Umwelt.

45

Im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung seien keine Verfahrensmängel zu erblicken. Zunächst sei die Vorgehensweise nicht zu beanstanden. Er, der Beklagte, habe bei Erfüllung seiner Aufgaben den NLWKN beteiligt. Der NLWKN sei die Fachbehörde für Naturschutz in Niedersachsen und unterstütze andere Landesbehörden in fachlicher Hinsicht. Der NLWKN habe nicht als „verlängerter Arm“ der Beigeladenen fungiert. Des Weiteren sei die zusammenfassende Darstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu bemängeln. Die Darstellung könne sich auf die für die Zulassungsentscheidung letztlich erheblichen Aussagen beschränken und müsse nicht sämtliche Erkenntnisse aus dem Planfeststellungsverfahren beinhalten. Betreffend das Schutzgut „Mensch“ sei durch die räumlich geringfügige Verlegung des Haschenbroker Weges und den anlagenbezogenen Mehrverkehr nicht mit einer signifikanten Erhöhung der Schallimmissionen bei den maßgeblichen Immissionsorten (P. und Q.) zu rechnen. Ausweislich des schalltechnischen Berichts der R. würden die Immissionsgrenzwerte unterschritten. Betreffend das Schutzgut „Wasser“ seien erdbebenbedingt keine Gefährdungen zu befürchten. Betreffend das Schutzgut „Tiere“ sei die Entscheidung nach umfangreicher Diskussion und Austausch mit allen Beteiligten gefällt worden. Die Hinweise des Klägers seien - soweit sie bis zum Abschluss des Verfahrens vorgelegen hätten - fachlich überprüft worden. Der NLWKN als Fachbehörde für Naturschutz sei beteiligt worden und er habe Ortsbegehungen durchgeführt. Auf dessen Anraten sei auch eine Nachkartierung erfolgt. Unstimmigkeiten bei den in Anspruch genommenen Biotoptypen gebe es nicht. Schließlich sei auch die schutzgutbezogene Bewertung nicht zu beanstanden. Es habe keine Reduzierung des Prüfungsmaßstabs auf die Einhaltung der §§ 44 ff. BNatSchG stattgefunden. Vielmehr sei eine grundsätzliche Bewertung anhand des Maßstabs des UVPG erfolgt. Auch eine unzulässige Vermischung von Darstellung, Bewertung und letztlicher Entscheidung liege nicht vor. Zu jedem Schutzgut sei eine systematisch eindeutige Differenzierung der Darstellung erfolgt.

46

Schließlich sei eine Auslegung der Planunterlagen in der Gemeinde Hatten unter Beachtung der Beurteilungskriterien der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (16. BImSchV) nicht geboten gewesen. Bereits ab der Sager Straße finde eine Durchmischung des deponiebedingten Verkehrs mit dem normalen Verkehr statt.

47

Der Planfeststellungsbeschluss sei auch materiell rechtmäßig.

48

Es liege kein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Anpassungsgebot nach § 7 Satz 1 BauGB vor. Die Planfeststellung für die Errichtung und den Betrieb einer Deponie sei nicht von der Zustimmung der Standortgemeinde abhängig. Ein entgegenstehender Bebauungsplan entfalte keine Ausschlusswirkung, sondern die städtebaulichen Belange seien zu berücksichtigen, d. h. abzuwägen (vgl. § 38 BauGB). Da auf dem Gelände der Deponie auch noch nach Abschluss der Deponierung Windkraftanlagen betrieben werden könnten, bewirke die Planfeststellung keinen schwerwiegenden Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit. Im Übrigen seien die Festsetzungen des Bebauungsplans für den abgegrenzten Teilbereich, in dem die Deponie entstehen solle, mit sechs Windkraftanlagen bereits ausgeschöpft.

49

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße nicht gegen das Artenschutzrecht. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien zunächst hinsichtlich der Amphibien, insbesondere der Kreuzkröte, nicht erfüllt. Eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos und damit eine Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG werde durch das der Beigeladenen auferlegte Management der Umweltbaubegleitung und die Maßnahmen V6(neu)* und ACEF2(neu)* ausgeschlossen. Das Fangkonzept sei verfeinert worden; es gebe Fangzäune, Fangeimer, Fangkreuze, Kunstverstecke und Vliese. Zudem erfolge unmittelbar vor den Arbeiten eine Begehung zum Schutz der nicht vollständig auszuschließenden Einzeltiere. Eine Genehmigung zum Fangen und Umsiedeln von Amphibien sei gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG nicht erforderlich, da Maßnahmen vorgesehen seien, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung und auf die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang gerichtet seien. Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Vorschrift seien nicht ersichtlich. Es bestünden auf der Grundlage der erfolgten Kartierungen auch keine Bedenken an der Geeignetheit der Aussetzungsfläche.

50

Des Weiteren sei hinsichtlich der Amphibien, insbesondere der Kreuzkröte, der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt. Die geplanten Ausgleichsmaßnahmen seien ausreichend. Die Maßnahme ACEF2(neu)* erfülle die Voraussetzungen, die an eine Ausgleichsfläche zu stellen seien. Die Fläche habe sich vor der Planfeststellung in keinem optimalen Zustand befunden, insbesondere seien die Bereiche zu trocken gewesen. Eine Aufwertung sei daher möglich. Eine tiefergehende wissenschaftliche Untersuchung der Aufnahmefähigkeit des Lebensraums sei nicht erforderlich gewesen. Der immer wieder auftretende dauerhafte Lebensraumverlust gehöre für die Kreuzkröte zu den konstitutionellen Bedingungen dieser Art und würde auch bei der ursprünglich vorgesehenen Verfüllung mit Aufforstung oder bei einer freien Sukzession passieren. Im Rahmen der vorgesehenen Sukzession in den Bauabschnitten III und IV werde es ohne ein aktives Fangen zu einer Abwanderung in neue Lebensräume kommen. Auch die Maßnahme ACEF6* verdiene Anerkennung. Über die Entfernung der Süßgasleitungen bestehe bereits ein Konsens zwischen der Beigeladenen und der O.. Die Bodenverhältnisse auf der Fläche seien denen im Bereich der angrenzenden Grube, wo das Anlegen von Temporärgewässern bereits erfolgreich durchgeführt worden sei, sehr ähnlich. Die geplante Lage im direkten räumlichen Zusammenhang zur Grube biete bestmögliche Bedingungen. Es seien Schutzmaßnahmen in Form von Amphibienzäunen (V6(neu)*) vorgesehen. Eine Einzäunung am Rand des aktiven Betriebsgeländes sei möglich. Die angesprochenen Einträge aus der Landwirtschaft wirkten auch auf den aktuellen Lebensraum der Abbaugrube ein. Die von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröte behielten ihre ökologischen Funktionen. Die Kreuzkröte weise beträchtliche Bestandsschwankungen mit hohen Aussterbe- und Neugründungsraten auf. Das Auftreten der Kreuzkröte im Jahr 2016 in großer Anzahl sei ein positives Ereignis und lasse eine Umsiedlung bzw. Neubesiedelung wahrscheinlich erscheinen. Die Forderung nach einer mehrjährigen Vorlaufzeit lasse das Wesen der Pionierart außer Acht. Die schnelle Wirksamkeit von neugeschaffenem Lebensraum sei bei der Maßnahme ACEF2 unter Beweis gestellt worden. Die Maßnahme ACEF8* sei ebenfalls anzuerkennen. Nach Herstellung des Bauabschnitts I könne dieser Raum Funktionen für die lokale Population, deren Lebensraum danach im nächsten Abschnitt durch den Deponiebetrieb beeinträchtigt werde, erbringen. Auch in anderen Bereichen seien Nachnutzungen von Deponien üblich. In der Praxis sei die Vereinbarkeit von Erhaltung des technischen Bauwerks und Nachnutzung bei entsprechender Planung kein Problem.

51

Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien des Weiteren hinsichtlich der europäischen Vogelarten des Deponiegeländes nicht erfüllt. Die vom Kläger angesprochenen vollständigen Revierverluste erfüllten nicht den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, denn der Eintritt der Verbotsfolge werde durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen ausgeschlossen. Es bestünden keine Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 BNatSchG. Der Gesetzgeber habe die Konzeption der Vorschrift mit der Novellierung des BNatSchG zum 15. September 2017 noch einmal bestätigt. Die Geeignetheit der Maßnahmen sei umfangreich geprüft worden. Der räumliche Zusammenhang zwischen dem festgestellten Mittelpunkt des Ursprungsreviers und den Orten des geplanten vorgezogenen Ausgleichs sei gegeben. Die neuen Lebensräume seien für die mobilen Arten zu erreichen. Hinsichtlich des Einwands des fehlenden zeitlichen Vorlaufs der Anpflanzungen werde auf den Änderungsplanfeststellungsbeschluss Bezug genommen. Hinsichtlich des Flussregenpfeifers werde darauf hingewiesen, dass im Frühjahr 2016 der Nachweis eines Schlupferfolges auf der südlichsten der drei zuvor hergestellten Kiesflächen im Bereich der Maßnahmenfläche ACEF3(neu)* erbracht worden sei, was die Wirksamkeit der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme belege. Hinsichtlich des Baumpiepers werde die Maßnahme für ausreichend gehalten. Im Bereich der noch nicht in Anspruch genommenen Grube und der fertig gestellten Deponie sei mit ausreichenden Lebensräumen zu rechnen. Für die Feldlerche gälten dieselben Erwägungen. Hinsichtlich der Uferschwalbe sei festzuhalten, dass seit mehreren Jahren kein Brutnachweis mehr gelungen sei. Es bestehe kein Anlass, die Kartierung der Avifauna in Zweifel zu ziehen. Die natürliche Sukzession führe zu Veränderungen.

52

Auch der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG sei für die Vogelarten des Deponiegeländes nicht erfüllt. Die festgestellten Revierzentren des Kiebitzes lägen in einer ausreichend großen Entfernung zu den durch das Vorhaben entstehenden neuen Vertikalstrukturen.

53

Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien des Weiteren auch nicht hinsichtlich der Avifauna im Bereich Achternmeer erfüllt. Wenn die Rekultivierungsverpflichtungen aus den ursprünglichen Bodenabbaugenehmigungen umgesetzt worden wären, wären infolge der festgesetzten Aufforstungen Offenlandarten ohne Berücksichtigung des Artenschutzes betroffen gewesen. Hinsichtlich des Flussregenpfeifers sei festzustellen, dass diese Art ein Revier durch Aufforstung verlieren werde. Als Ersatzlebensraum werde aber eine südlich angrenzende Abbaugrube naturnah entwickelt. Falls die Maßnahme ACEF5(neu) nicht ausreichend wirksam sein sollte, würden Änderungen und Ergänzungen durch die Umweltbaubegleitung organisiert und dokumentiert (vgl. Ziffer 1.5.4.2 des Planfeststellungsbeschlusses). Es sei zulässig, Regelungen für den späteren Vollzug der Vorhabenzulassung in Gestalt von Monitoringmaßnahmen oder einer Umweltbaubegleitung zu treffen, um den Eintritt von Verbotstatbeständen, die nicht sicher voraussehbar seien, zu verhindern. Solche Maßnahmen seien auch zulässig, um den Erfolg von CEF-Maßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls gegenzusteuern. Hinsichtlich des Kiebitzes würden durch die Maßnahme ACEF4(neu) in adäquatem Umfang geeignete ökologische Funktionen im räumlichen Zusammenhang der zwei beeinträchtigten Kiebitzreviere zur Verfügung gestellt. Die 1,7 ha große Maßnahmenfläche schließe an großflächige Offenlandbereiche an. Diese übernähmen insgesamt Funktionen im Gesamtlebensraum.

54

Der Planfeststellungsbeschluss habe die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ordnungsgemäß abgearbeitet. Dem Vermeidungsgebot aus § 15 Abs. 1 BNatSchG werde u. a. durch Nebenbestimmungen im Planfeststellungsbeschluss (Ziffer 1.5.3.5 ff.) und Änderungsplanfeststellungsbeschluss (Ziffer 1.3.3) nachgekommen. Es seien Zäune vorgesehen, um zu vermeiden, dass Amphibien in den Bereich des Deponiebetriebs gelangen. Die Umweltbaubegleitung werde auf weitere, bisher nicht absehbare mögliche Beeinträchtigungen reagieren. Die vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen würden den Anforderungen an Kompensationsleistungen nach § 15 Abs. 2 BNatSchG gerecht. Die beeinträchtigten Werte und Funktionen würden durch die Maßnahmen des Planfeststellungsbeschlusses und des Änderungsverfahrens ausreichend kompensiert. Die Flächen für die Ersatzmaßnahmen seien insgesamt angemessen - unter Beteiligung des Landkreises Oldenburg - auf ihre Eignung hin untersucht und in ausreichendem Maße gesichert worden. Die Nebenbestimmung des (ursprünglichen) Planfeststellungsbeschlusses zur dinglichen Sicherung erstrecke sich auch auf den Änderungsplanfeststellungsbeschluss.

55

Der Planfeststellungsbeschluss sei abwägungsfehlerfrei ergangen. So sei insbesondere die Alternativenprüfung nicht zu beanstanden. Die Beigeladene habe die Alternativen geprüft. Die Prüfungen seien nachvollziehbar und als Planunterlage festgestellt worden. Im Planfeststellungsbeschluss selbst sei auf Seite 83 eine umfassende Alternativenprüfung erfolgt. Es seien sieben Alternativstandorte untersucht und aus sachlichen Gründen verworfen worden. Auch bei einer kleinteiligen Betrachtung von Standorten in den Landkreisen Oldenburg und Diepholz sei keine vorzugswürdige Alternative gegeben. Es seien keine Varianten mit einer geringeren Eingriffsintensität ersichtlich. Es falle nicht ins Gewicht, dass der Standort - so der Kläger - „nicht einmal über eine natürliche geologische Barriere verfüge“. Entsprechende Sicherungen könnten auch durch technische Maßnahmen hergestellt werden. Die Deponieverordnung gehe von einer Gleichwertigkeit aus.

56

Ein Abwägungsfehler bei der Beurteilung der Standorteignung sei auch nicht im Zusammenhang mit dem Standort des Vorhabens innerhalb des Erdgasfeldes Hengstlage zu erkennen. Das LBEG und die Zentrale Unterstützungsstelle Abfall, Gentechnik und Gerätesicherheit (ZUS AGG) des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Hildesheim seien im Anhörungsverfahren beteiligt worden. Von keiner Stelle - auch nicht vom Kläger - sei eine mögliche Erdbebenrelevanz angesprochen worden. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az. 7 MS 19/16) sei auf das vom Kläger erstmalig vorgebrachte Thema mit einer Einbindung der ZUS AGG reagiert worden. Nach deren Stellungnahme vom 21. März 2016 befinde sich der Standort der geplanten Deponie außerhalb ausgewiesener Erdbebenzonen. Die gemessenen Erschütterungen lägen weit unterhalb der Werte für eine Erdbebenzone 0. Zudem stelle der Deponiekörper kein Bauwerk des üblichen Hochbaus dar. Das Basisabdichtungssystem der Deponie sei gemäß den Anforderungen des Anhangs 1 der DepV jederzeit funktionstüchtig. Zusätzlich seien Vertreter von Landesfach- und Genehmigungsbehörden in den Bundesländern, in denen Erdbebenzonen ausgewiesen seien, nach den Erfahrungen im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf Deponien befragt worden. Obwohl diese Deponien keine besonderen Schutzmaßnahmen zur Erdbebensicherheit besäßen, seien keine Schäden an den Basisabdichtungssystemen gemeldet worden. Ein fachplanerischer Abwägungsmangel durch Außerachtlassung einer „Erdbebengefahr“ liege vor diesem Hintergrund nicht vor. Er, der Beklagte, habe sich mit der Thematik der Erdbebensicherheit intensiv auseinandergesetzt und sei auf der Grundlage der Stellungnahmen der ZUS AGG und der dort integrierten Stellungnahme des LBEG zu dem Schluss gekommen, dass die Erdbebensicherheit auch ohne Gutachten hinreichend geklärt sei.

57

Soweit der Kläger bemängele, dass er, der Beklagte, keine konkreten Vorgaben für die Wiederherstellung des Basisabdichtungssystems erteilt habe, sei zwar richtig, dass durch den Baustopp mit anschließendem Ruhen der Baustelle ein Schaden an den bis dahin erstellten Teilen der Basisabdichtung entstanden sei. Es handele sich aber nicht um einen „gänzlich anderen Bauablauf“, als er im Qualitätsmanagement (Ziffer 1.5.6.6 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) vorgesehen sei. Der Bau von Deponieeinrichtungen ziehe sich häufig über mehrere Jahre hin. Eine teilweise oder auch komplette Zerstörung von Dichtungskomponenten sei im Qualitätsmanagement mitberücksichtigt. Die Entscheidung, inwieweit zurückgebaut werden müsse, werde von der behördlichen Überwachung getroffen. Durch die Nebenbestimmung in Ziffer 1.5.6.8.9 des Planfeststellungsbeschlusses sei sichergestellt, dass „insbesondere alle Komponenten (durch behördliche Überwachung) abnehmen zu lassen (sind), die anschließend mit weiteren Komponenten überdeckt werden“.

58

Schließlich werde den Belangen des Artenschutzes im Rahmen der Abwägung nicht der nötige Respekt versagt. Es könne insoweit auf die Ausführungen zum Artenschutz verwiesen werden, wonach keine Verbotstatbestände erfüllt seien.

59

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

60

die Klage abzuweisen.

61

Sie trägt vor, dass der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze.

62

Zunächst seien formelle Mängel nicht festzustellen.

63

Der Beklagte sei auch für die straßenrechtliche Planfeststellung betreffend den Umbau des Kreuzungspunktes Krumlander Straße / Sager Straße / Haschenbroker Weg zuständig gewesen. Es gelte die Konzentrationswirkung für Folgemaßnahmen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Der sachliche Grund für die Änderung des Kreuzungsbauwerks sei die Entschärfung einer bisher nicht achsengleichen, folglich schwer einsehbaren und daher latent gefährlichen Kreuzung. Die Änderung diene der Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit der Erschließung der Deponie. Die Maßnahme sei nicht von derartigem Gewicht, dass für die straßenrechtliche Planung ein eigenes Planungskonzept eines anderen Planungsträgers erforderlich gewesen wäre.

64

Beachtliche Verfahrensfehler lägen nicht vor. Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss unterliege keinen Bedenken im Hinblick auf das gewählte Verfahren gemäß § 76 Abs. 3 VwVfG mit Anhörung einzelner Beteiligter und unter Verzicht auf eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit. Es handele sich um eine Änderung von unwesentlicher Bedeutung. Eine Unwesentlichkeit sei regelmäßig gegeben, wenn der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss nur um Schutzauflagen ergänzt werde, auch wenn diese ihrerseits neue Probleme aufwerfen würden. Die erforderliche Anstoßwirkung sei mit der Öffentlichkeitsbeteiligung des ursprünglichen Planfeststellungsverfahrens erfüllt gewesen. Soweit von den zusätzlichen und erweiterten Maßnahmen zur Gewährleistung des Natur- und Artenschutzes Grundstückseigentümer betroffen seien, seien diese individuell angehört worden. Sie, die Beigeladene, habe die Durchführbarkeit der Maßnahme ACEF6* mit der für den Umgang mit den Gasleitungen verantwortlichen O. abgestimmt, so dass Konflikte ausgeschlossen werden könnten. Es sei ein Ausbau der Süßgasleitungen vorgesehen. Hinsichtlich der dort befindlichen Wasserversorgungsleitung sei der S. Wasserverband (T.) bereits im Jahr 2013 beteiligt worden; im Übrigen sei für die Leitung im Grundbuch kein Leitungsrecht eingetragen. Die Maßnahme ACEF8* werde so ausgeführt, dass das System der Oberflächenabdichtung uneingeschränkt funktionsfähig bleibe. Die Erforderlichkeit einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung ergebe sich nicht aus UVP-rechtlichen Gründen. Nach § 22 Abs. 2 UVPG sei nicht von dem Erfordernis einer weiteren Öffentlichkeitsbeteiligung auszugehen. Die Planänderung sei nicht mit zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen verbunden, sondern schließe diese aus.

65

Im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung seien keine Verfahrensmängel zu erblicken. Es sei zunächst nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte der fachlichen Unterstützung durch den NLWKN bedient habe. Entscheidend sei, dass alle erheblichen Belange ermittelt und zutreffend gewichtet würden. Eine arbeitsteilige Vorgehensweise sei zulässig, solange die Planfeststellungsbehörde - wie hier - die Gesamtverantwortung übernehme. Die Abstimmungen mit ihr, der Beigeladenen, seien unschädlich. Die Neutralität und Ergebnisoffenheit der Beklagten sei nicht beeinträchtigt gewesen. Des Weiteren sei die zusammenfassende Darstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu bemängeln. Die Darstellung könne sich auf die für die Zulassungsentscheidung letztlich erheblichen Aussagen beschränken. Betreffend das Schutzgut „Mensch“ komme es durch die Verlegung des Haschenbroker Weges nicht zu Konflikten mit den Wohngebäuden Q. und P.. Zur Bewertung der Immissionssituation könne das zum Bodenabbauvorhaben U. eingeholte V. -Gutachten herangezogen werden. Betreffend das Schutzgut „Wasser“ könne mit hinreichender Eindeutigkeit ausgeschlossen werden, dass sich die denkbaren Erdbebenereignisse auf Bestandteile der Deponie schädigend auswirken. Betreffend das Schutzgut „Tiere“ seien die Kartierungsergebnisse auf der Grundlage des damaligen Kenntnisstands fachlich nicht zu beanstanden. Der Kläger könne für die durch ihn selbst vorgenommenen Kartierungen keine höhere Richtigkeitsgewähr in Anspruch nehmen. Seine Hinweise seien - soweit sie bis zum Abschluss des Verfahrens vorgelegen hätten - fachlich überprüft worden, seien aber nicht immer zu bestätigen gewesen. Unstimmigkeiten bei den in Anspruch genommenen Biotoptypen gebe es nicht. Schließlich sei auch die schutzgutbezogene Bewertung erfolgt und nicht zu beanstanden. Die Einschätzungen zur lokalen Population seien über die Einstufungen der jeweiligen Gefährdungen nach der Roten Liste, eigenen Erkenntnissen sowie Abstimmungen mit der staatlichen Vogelschutzwarte und der Unteren Naturschutzbehörde erfolgt. Es habe keine Reduzierung des Prüfungsmaßstabs auf die Einhaltung der §§ 44 ff. BNatSchG stattgefunden. Vielmehr sei eine grundsätzliche Bewertung anhand des Maßstabs des UVPG erfolgt. Auch eine unzulässige Vermischung von Darstellung, Bewertung und letztlicher Entscheidung liege nicht vor. Zu jedem Schutzgut sei eine systematisch eindeutige Differenzierung der Darstellung erfolgt.

66

Eine Auslegung der Planunterlagen in der Gemeinde Hatten sei nicht erforderlich gewesen.

67

Der Planfeststellungsbeschluss sei auch materiell rechtmäßig.

68

Es liege kein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Anpassungsgebot nach § 7 Satz 1 BauGB vor. Die Anwendbarkeit der Vorschrift sei zweifelhaft, weil das Anpassungsgebot nur für öffentliche Planungsträger gelte. Die entsprechende Anwendung auf private Planungsträger sei umstritten. Jedenfalls sei sie, die Beigeladene, bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans nicht beteiligt worden. Unabhängig davon liege kein Konflikt zwischen Planfeststellung und Flächennutzungsplan vor. Die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans bleibe unberührt. Die Deponie habe nur einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Nutzung der Fläche für Windenergie. Aus dem Gutachten der W. GmbH & Co. KG ergebe sich, dass entscheidungserhebliche Einschränkungen der Nutzung von Windenergieanlagen durch das planfestgestellte Vorhaben nicht ersichtlich seien. Sowohl ein Repowering als auch eine Errichtung von Windenergieanlagen auf dem Deponiekörper wäre möglich.

69

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße nicht gegen das Artenschutzrecht. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien zunächst hinsichtlich der Amphibien, insbesondere der Kreuzkröte, nicht erfüllt. Eine Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG werde durch die Maßnahmen V6(neu)* und ACEF2(neu)* ausgeschlossen. Mit Durchführung der Maßnahme V6(neu)* sei mit hoher Verlässlichkeit davon auszugehen, dass im jeweils aktiven Bauabschnitt keine relevanten Amphibienbestände (mehr) vorhanden sind. Es erfolge eine Begleitung der Fang- und Umsiedlungsmaßnahmen durch die Umweltbaubegleitung. Die Gefahr einer Tötung verbleibe innerhalb des allgemeinen Lebensrisikos. Eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos liege nicht vor. Das fachkundige Absammeln und Umsetzen von Amphibien im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Vermeidung von Tötungen im Rahmen der Baufeldfreimachung erfülle ebenfalls nicht den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Die Zweifel des Klägers an der Unionsrechtskonformität des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG überzeugten nicht. Ausweislich der Gesetzesbegründung habe eine Anfrage bei der zuständigen Direktion der EU-Kommission ergeben, dass die weitgehende Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts des Art. 12 Abs. 1 FFH-Richtlinie nicht geteilt werde. Die Voraussetzungen der Vorschrift seien erfüllt.

70

Des Weiteren sei hinsichtlich der Amphibien, insbesondere der Kreuzkröte, der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt. In dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag werde von einem Kreuzkrötenlebensraum von etwa 10 ha ausgegangen. Diese Größe ergebe sich aus der kartographischen Abgrenzung des aktuellen und potenziellen Lebensraums der Kreuzkröte. CEF-Maßnahmen schlössen den Eintritt der Verbotsfolge aus. Die Zweifel an der Unionsrechtskonformität von § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG würden angesichts der überzeugenden Ausführungen in Rechtsprechung und Literatur nicht geteilt. Die Maßnahme ACEF2(neu)* erfülle die Voraussetzungen, die an eine Ausgleichsfläche zu stellen seien. Die Ausgleichsfläche in der Sandgrube sei weder ungeeignet noch einer weiteren ökologischen Aufwertung unzugänglich. Ohne die CEF-Maßnahme würde die Fläche ihre Qualität als Habitat für die betroffenen Arten durch natürliche Sukzession verlieren. Die Fläche verfüge über die erforderlichen strukturellen Voraussetzungen. Eine Konzeption von CEF-Maßnahmen, die sich an dem Erhalt des Status quo der Eingriffsfläche orientiere, genüge den europarechtlichen Anforderungen. Es sei auch möglich, in einem der natürlichen Sukzession unterfallenden Gelände Individuen zu fangen. Auch die Maßnahme ACEF6* verdiene Anerkennung. Es sei ein Ausbau der Süßgasleitungen vorgesehen. Sollte die notwendige Bodenbeschaffenheit für die Sicherstellung von Temporärgewässern nicht an Ort und Stelle herstellbar sein, werde geeignete Abhilfe geschaffen. Der vom Kläger benannte 400 m-Schutzabstand beziehe sich auf bestimmte Störquellen. Ein genereller Schutzabstand lasse sich daraus nicht ableiten. Zudem sei eine Umzäunung des aktiven Deponiegeländes mit einem festen Amphibienschutzzaun geplant. Die Maßnahmenfläche liege in einem ausreichenden Abstand zur Krumlander Straße, die im Übrigen in der Nacht nur wenig befahren sei. Die benachbarte landwirtschaftliche Nutzfläche stehe einer Eignung nicht entgegen. Dennoch seien Pufferstreifen vorgesehen. Maßstab für das Ausgleichskonzept sei vorliegend die Flächenäquivalenz. Die Flächenbilanz weise nach, dass sich mit den geplanten Maßnahmen ein Habitat-Ausgleich von mehr als 1:1 ergebe. Der Ansatz einer individuenbezogenen 1:1-Kompensation bei einer von Natur aus individuenmäßig stark schwankenden Art wie der Kreuzkröte sei verfehlt. Jedenfalls gebe es keinen gefestigten wissenschaftlichen Erkenntnisstand, so dass dem Beklagten eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukomme. Es sei unter beispielhaften Projekten kein Ausgleichskonzept bekannt, welches diesen Flächenanspruch auch nur annähernd bedient hätte. Schließlich könne ein Kreuzkrötenlebensraum auch kurzfristig geschaffen werden. Die Maßnahme ACEF8* verdiene ebenfalls Anerkennung als Ausgleichsmaßnahme. Die Rekultivierung des Deponiekörpers erfolge sukzessive und parallel mit dem weiteren Baufortschritt der Deponie. Die Maßnahme sei Teil eines umfassenden Maßnahmenkonzepts, welches vorgezogen bzw. zeitlich parallel zur Vorhabenrealisierung durchgeführt werde. Nach Ziffer 1.3.2.4 der Nebenbestimmungen seien naturschutzfachliche Einbauten gegebenenfalls zurückzubauen und an anderer Stelle zu realisieren. Es gehe damit nicht um Einschränkungen, sondern lediglich um Anpassungen. Schließlich erfülle auch die Maßnahme ACEF7* die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG. Die Austauschbeziehungen zwischen den Flächen südlich und nördlich der Krumlander Straße seien bereits heute gegeben. Durch die geringe Verkehrsfrequenz sei das Tötungsrisiko nachts bzw. in der Dämmerung gering und werde durch das geplante Vorhaben nicht signifikant erhöht.

71

Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien des Weiteren hinsichtlich der europäischen Vogelarten des Deponiegeländes nicht erfüllt. Die vom Kläger angesprochenen vollständigen Revierverluste - insbesondere des Baumpiepers, des Bluthänflings und der Goldammer -, erfüllten nicht den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, denn der Eintritt der Verbotsfolge werde durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen ausgeschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht habe § 44 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 BNatSchG die Vereinbarkeit mit Unionsrecht durchgehend attestiert. Die vom Kläger vertretene Auffassung stelle eine Mindermeinung dar. Es seien umfangreiche CEF-Maßnahmen (ACEF6* und ACEF9*) im räumlichen Zusammenhang vorgesehen. Aufgrund der Mobilität der Arten und der vorhandenen Ausweichpotentiale mit einem umfangreichen Raum- und Nahrungsangebot sei davon auszugehen, dass die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten weiterhin im räumlichen Zusammenhang erfüllt werden könne. Die Vorstellung des Klägers, die Anforderungen an CEF-Maßnahmen in Bezug auf den räumlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG seien nur erfüllt, wenn die Maßnahmen innerhalb des vorhandenen Reviers einer betroffenen Vogelart realisiert würden, sei falsch. Entscheidend sei der artspezifische räumlich-funktionale Zusammenhang. Alle hier betroffenen Vogelarten seien in der Lage, ihre Reviere auf geeignete benachbarte Flächen zu verlagern. Die Anpflanzungen erfolgten direkt ab Baubeginn und seien zum Zeitpunkt der im Zuge des Baufortschritts erforderlichen Rodungsarbeiten in den Bauabschnitten II - IV wirksam. Soweit der Kläger hinsichtlich des Flussregenpfeifers die verzögerte Nutzbarkeit der Fläche ACEF6* rüge, sei festzustellen, dass die Maßnahmen zur Kiesaufschüttung und zur Biotoppflege unmittelbar nach Umsetzung bzw. in der nächsten Brutperiode wirksam seien. Die Maßnahme ACEF3(neu)* sei ebenfalls für den Flussregenpfeifer vorgesehen und geeignet. Hinsichtlich des Baumpiepers sei aufgrund ihrer Größe und ihrer Vielfältigkeit davon auszugehen, dass die Maßnahmen ACEF6* und ACEF9* auch dem Baumpieper vollständig zugutekommen. Eine Mehrfachkompensation sei fachlich möglich. Die jeweiligen Arten besiedelten die Heckenstrukturen zu unterschiedlichen Zeiten und mit einer unterschiedlichen Intensität. Die Umsetzbarkeit der Maßnahme ACEF9* werde auch durch die dort befindliche Wasserversorgungsleitung nicht in Frage gestellt. Für die Feldlerche sei keine erhebliche Betroffenheit prognostiziert und daher lediglich aus Vorsorgegesichtspunkten eine CEF-Maßnahme vorgesehen worden. Da Lage und Anzahl der Feldlerchenreviere auf den landwirtschaftlichen Flächen jährlich stärkeren Schwankungen unterworfen seien und der Niststandort jedes Jahr neu ausgewählt werde, sei eine Verlagerung der Nistplätze problemlos möglich. Es seien ausreichend geeignete Lebensräume im Nahbereich vorhanden.

72

Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch hinsichtlich des Schwarzkehlchens und der Dorngrasmücke der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt. Die Arten gehörten zu den landesweit ungefährdeten Arten. Sie seien weder regional gefährdet noch auf der regionalen Vorwarnliste aufgeführt. Sie seien somit nicht relevant für die artbezogene Betrachtung, da keine landesweite Gefährdung vorliege. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände würden nicht ausgelöst. Die Rodung von Gehölzen erfolge außerhalb der Brutzeit. Die Lebensraumstrukturen würden durch die Maßnahmen der Eingriffsregelung in ausreichendem Maße kompensiert. Zudem bestünden ausreichende Ausweichmöglichkeiten. Hinsichtlich der Uferschwalbe sei zu konstatieren, dass der letzte tatsächliche Brutnachweis aus 2010 stamme. Es zeige sich, dass die voranschreitende natürliche Sukzession zu Veränderungen führe.

73

Hinsichtlich der Wachtel sei der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nicht erfüllt. Im Untersuchungsgebiet sei lediglich ein Brutverdacht festgestellt worden. Für das im Jahr 2015 mindestens 50 m westlich des Vorhabenstandorts rufende Männchen würden vorsorglich lebensraumverbessernde Maßnahmen (ACEF10*) vor Wiederaufnahme der Bauaktivitäten innerhalb des Standortes durchgeführt. Die nachgewiesene Wachtel könne ihr Brutrevier ohne weiteres verlagern. Im Umfeld der Grube stünden ausreichend unbesetzte Habitatflächen zur Verfügung. Auch hinsichtlich des Kiebitzes sei der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nicht erfüllt. Die festgestellten Revierzentren lägen in einer ausreichend großen Entfernung - 390 m bzw. 220 m - zur geplanten Deponie. Der Meideabstand zu Vertikalkulissen betrage 100 bis 200 m.

74

Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien des Weiteren auch nicht hinsichtlich der Avifauna im Bereich Achternmeer erfüllt. Wenn die Rekultivierungsverpflichtungen aus den ursprünglichen Bodenabbaugenehmigungen umgesetzt worden wären, wären infolge der festgesetzten Aufforstungen Offenlandarten ohne Berücksichtigung des Artenschutzes betroffen gewesen. Hinsichtlich des Flussregenpfeifers sei festzustellen, dass ein Revier seine Lebensraumeignung durch Aufforstung verlieren werde. Die Maßnahme ACEF5(neu) sei geeignet. Sie sei nur für ein Brutpaar nötig und nicht für zwei, da der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nur in Bezug auf ein Brutpaar im nördlichen Bereich der Maßnahme E-Abbau 1.5 ausgelöst werde. Eine Störung im südlichen Teilbereich der Maßnahme E-Abbau 1.5 bestehe hingegen nicht, da kleinteilige Revierverschiebungen zum normalen Verhaltensrepertoire gehörten. Die Maßnahmenfläche sei ausreichend bemessen und nach einer (Teil-)Rodung funktional geeignet. Hinsichtlich des Kiebitzes sei der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ebenfalls nicht erfüllt. Die Art finde bereits jetzt nur pessimale Lebensraumbedingungen mit geringer Funktion für die Erhaltung der lokalen Population vor. Zum Ausweichen seien Grünland- und Ackerflächen vorhanden. Aufgrund der beengten Situation würden jedoch Flächenoptimierungen im räumlichen Zusammenhang durchgeführt (Maßnahme ACEF4(neu)). Die 1,7 ha große Maßnahmenfläche schließe an großflächige Offenlandbereiche an. Diese übernähmen insgesamt Funktionen im Gesamtlebensraum.

75

Der Planfeststellungsbeschluss habe die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ordnungsgemäß abgearbeitet. Es liege kein Verstoß gegen das Vermeidungsgebot des § 15 Abs. 1 BNatSchG vor. Es könne insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Die Austauschbeziehungen zwischen den Flächen südlich und nördlich der Krumlander Straße bestünden bereits jetzt. Bau- und betriebsbedingte Lkw-Fahrten in den Abend- und Nachtstunden zwischen 18:00 und 7:00 Uhr in der Zeit der Amphibienwanderung zwischen Februar und September seien verboten. Das Konzept der Ausgleichsmaßnahmen werde den Anforderungen des § 15 Abs. 2 BNatSchG gerecht. Dies betreffe zunächst den vom Kläger thematisierten Verlust des Amphibienlebensraumes. Für die Eingriffs-Ausgleichs-Bilanz gebe es kein Defizit. Die klägerische Kritik beschränke sich auf eine Wiederholung der bereits hinsichtlich des artenschutzrechtlichen Konzepts vorgetragenen Kritik (angeblich fehlende Aufwertungsfähigkeit der Maßnahme ACEF2(neu)*, Beeinträchtigung der Fläche ACEF6*; zu geringe Ausgleichsfläche). Daher könne auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Mit Blick auf die Maßnahme ACEF8* sei klarzustellen, dass nach Ziffer 1.3.2.4 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses eine Beseitigung der Maßnahme nur ausnahmsweise in Betracht komme und in diesem Fall Ersatz zu schaffen sei. In der Kompensationsbilanz sei der Flächenfaktor von 0,25 berücksichtigt. Des Weiteren verdiene die Maßnahme E-Abbau 1.9 Anerkennung als Ersatzmaßnahme. Die Flächen, auf denen Aufwertungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen, seien aufwertungsfähig und aufwertungsbedürftig. Sie könnten gemessen an den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in einen höherwertigen Zustand versetzt werden. Zur Kritik der vermeintlich fehlenden dinglichen Sicherung der Aufforstungen auf den dafür vorgesehenen Flächen sei auf die Nebenbestimmung unter Ziffer 1.5.4.1.4 des Planfeststellungsbeschlusses zu verweisen. Danach würden die dauerhaften externen Kompensationsmaßnahmen und die dauerhaften vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen eine dingliche Sicherung über einen Eintrag in das Grundbuch erfordern.

76

Der Planfeststellungsbeschluss sei abwägungsfehlerfrei ergangen. So sei insbesondere die Alternativenprüfung nicht zu beanstanden. Sie, die Beigeladene, habe die Alternativen geprüft. Der Beklagte habe diese Prüfung umfassend ergänzt. Es seien danach keine Varianten mit einer geringeren Eingriffsintensität ersichtlich. Die untersuchten Standorte seien aus sachlichen Gründen verworfen worden. Auch bei einer kleinteiligen Betrachtung von Standorten in den Landkreisen Oldenburg und Diepholz sei keine vorzugswürdige Alternative gegeben. Bei der Alternativenprüfung dürfe die Identität des Projekts nicht in Frage gestellt werden. Vorliegend gehe es um eine Kombination der Planungsziele „Errichtung und Betrieb Mineralstoffdeponie“ und „Wiederverfüllung des Sandabbaus Haschenbrok“. Es gebe keine tauglichen Alternativen, um dieses Gesamtvorhaben zu verwirklichen.

77

Ein Abwägungsfehler bei der Beurteilung der Standorteignung sei auch nicht im Zusammenhang mit dem Standort des Vorhabens innerhalb des Erdgasfeldes Hengstlage zu erkennen. Es handele sich nicht um eine erdbebengefährdete Region. Beben mit Magnituden von 2,0 bis 3,0 würden als „extrem leicht, generell nicht spürbar, jedoch gemessen“ beschrieben. Auch bei Beben mit Magnituden von 3,0 bis 4,0 seien Schäden noch „sehr selten“. Die aus bauingenieurtechnischer Sicht anzuwendende Norm für Hochbauten setze erst bei einer Intensität von 6,5 an. Unterirdische Bauwerke gälten zudem als weitaus weniger erdbebengefährdet als oberirdische Bauwerke. Auch unter Berücksichtigung von festgestellten und denkbaren Erdbebenereignissen seien Veränderungen des Grundwassers nicht zu besorgen. Es liege keine Beeinträchtigung der Trinkwassergewinnung vor, weil Funktionsstörungen der Basisabdichtung, der Entwässerungsleitungen und der Sickerwassererfassung der Deponie nicht zu erwarten seien. Es bestehe kein Anlass, hinsichtlich des Abdichtungssystems besondere bauliche oder technische Vorkehrungen zu treffen. Die Funktionsfähigkeit der Kombinationsdichtung stehe auch bei stärkeren seismischen Belastungen nicht in Frage. Das Dichtungssystem sei durch Elastizität und Flexibilität seiner Elemente gekennzeichnet. Das Dichtungssystem übernehme zudem keine Tragwerksfunktion. In Bezug auf das Thema „Erdbebensicherheit“ seien im Änderungsplanfeststellungsbeschluss keine neuerlichen Ausführungen veranlasst gewesen, weil die vorgetragenen Bedenken objektiv nicht bestanden hätten. Die vom Kläger genannte Stellungnahme des LBEG vom 15. März 2016 sei im Zusammenhang mit der Stellungnahme der ZUS AGG vom 21. März 2016 zu sehen. Entscheidend in Bezug auf den Gesichtspunkt der Erdbebensicherheit sei die Stellungnahme der ZUS AGG, weil es nicht allein auf die Frage ankomme, in welcher Häufigkeit und Intensität mit Erdbebenereignissen zu rechnen sei, sondern vielmehr darauf, inwieweit Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Deponiebasisabdichtung zu erwarten seien. Hierzu äußere sich die ZUS AGG derart eindeutig, dass alle auf den Aspekt der Erdbebensicherheit gestützten Bedenken hinfällig seien.

78

Soweit der Kläger bemängele, dass der Beklagte keine konkreten Vorgaben für die Wiederherstellung des Basisabdichtungssystems erteilt habe, seien die in der Begründung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses genannten Verweise auf die Nebenbestimmungen des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses (Ziffer 1.5.6.6 ff. und insbesondere 1.5.6.8.9) zutreffend und vollkommen ausreichend, um auch unter den zwischenzeitlich veränderten Umständen die Wirksamkeit der Basisabdichtung zu gewährleisten. Danach fänden durch den Beklagten Teilabnahmen statt, auf deren Grundlage sodann die Freigabe zum Weiterbau erteilt werde. Eine Teilabnahme für die bereits eingebrachten Tonschichten existiere vorliegend nicht. Der Beklagte werde die erforderliche Freigabe für den Weiterbau nur erteilen, wenn keine Hinderungsgründe entgegenstehen.

79

Schließlich werde den Belangen des Artenschutzes im Rahmen der Abwägung nicht der nötige Respekt versagt. Es könne insoweit auf die Ausführungen zum Artenschutz verwiesen werden, wonach keine Verbotstatbestände erfüllt seien.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses und der Verfahren 7 MS 19/16 und 7 MS 104/16 und die Beiakten zu diesem Verfahren verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

81

Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig (dazu unter A.), aber unbegründet (dazu unter B.)

82

Gegenstand der Klage ist der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 22. Dezember 2015 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 27. November 2017. Der erlassene Änderungsplanfeststellungsbeschluss entfaltet nicht selbständig neben dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss eine eigene Zulassungs- und Gestaltungswirkung, sondern zielt allein auf die Änderung des bereits festgestellten Planes ab, so dass im Ergebnis nur ein Plan in der durch die Änderungsplanfeststellung erreichten Gestalt entsteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, juris). Die Planungsentscheidung ist nur der äußeren Form nach auf zwei Beschlüsse verteilt; ihrem Inhalt nach handelt es sich insgesamt um eine Planungsentscheidung (vgl. Urteil des Senats vom 19.11.1992 - 7 L 3817/91 -, juris).

A.

83

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger klagebefugt.

84

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, die hier nach der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 UmwRG anwendbar ist, kann eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung 1. geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, 2. geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und 3. im Falle eines Verfahrens nach a) § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war; b) § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.

85

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Bei dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses handelt es sich um eine Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) UmwRG. Denn das streitige Deponievorhaben mit einer veranschlagten Gesamtkapazität von 2.599.200 t (vgl. Seite 14 des Planänderungsantrags vom 31. Juli 2017, Beiakte 028) unterliegt gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), § 6 UVPG in der für das Planänderungsverfahren anwendbaren Neufassung vom 20. Juli 2017 (n. F.) bzw. § 3b Abs. 1 UVPG in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Altfassung (a. F.) in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 12.2.1 der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Darüber hinaus folgt die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes aus dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, und zwar sowohl hinsichtlich der Feststellung des Plans für die Deponie nach § 35 Abs. 2 KrWG als auch in Bezug auf die in die Entscheidung mit einbezogene wasserrechtliche Erlaubnis gemäß § 8 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Letztere bezieht sich auf eine Gewässerbenutzung, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden ist. Das Deponievorhaben ist ein solches im Sinne von Ziffer 5.4 des Anhangs I dieser Richtlinie. Der Kläger ist eine anerkannte Umweltvereinigung im Sinne der §§ 3, 8 Abs. 3 UmwRG. Für seine Klagebefugnis reicht es aus, dass er eine Verletzung von Rechtsvorschriften geltend macht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, namentlich eine Verletzung von Vorschriften des materiellen Umweltrechts, insbesondere solche des Artenschutzrechts. Der Kläger ist durch die angegriffene Entscheidung in seinem satzungsmäßigen Aufgabenbereich betroffen. Er war zudem nach § 2 Abs. 9 i. V. m. §§ 18, 22 UVPG n. F. bzw. nach § 2 Abs. 6 i. V. m. § 9 UVPG a. F. sowie § 63 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG zur Beteiligung in dem Planfeststellungsverfahren berechtigt und hat sich auch mit mehreren Einwendungsschreiben zu dem Vorhaben geäußert. Darauf, dass der Kläger bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren - hier nach § 38 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Verbindung mit § 73 Abs. 4 VwVfG - Einwendungen erhoben hat, kommt es nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 (Az. C-137/14, juris) nicht an (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.2017 - 7 C 17.15 -, juris; Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris; vgl. nunmehr auch § 7 Abs. 4 UmwRG n. F.). Für die Klagebefugnis ist auch nicht (mehr) Voraussetzung, dass der Kläger eine Verletzung von Vorschriften geltend macht, die dem Umweltschutz dienen. An diesem gesetzlichen Erfordernis wird nach der Neufassung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, auf die nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, juris), nicht mehr festgehalten. Davon abgesehen behauptet der Kläger ohnehin eine Verletzung umweltrelevanter Vorschriften.

B.

86

Die Klage ist unbegründet.

87

Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG sind Rechtsbehelfe nach Absatz 1 begründet, soweit die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 1 Nr. 1 UVPG bestehen.

88

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses leidet an keinen Mängeln, die gemäß dem Hauptantrag des Klägers zu seiner Aufhebung oder gemäß seinem ersten Hilfsantrag zumindest zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen. Er ist formell-rechtlich (dazu unter I.) als auch materiell-rechtlich (dazu unter II.) nicht zu beanstanden. Daher führt im Ergebnis auch der vom Kläger gestellte zweite Hilfsantrag nicht zum Erfolg (dazu unter III.).

I.

89

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses leidet an keinem formellen Fehler, der seine Aufhebung erfordert oder zumindest auf die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt.

1.

90

Der Beklagte war für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zuständig. Seine Zuständigkeit erstreckt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch auf die an sich nach §§ 33 Abs. 2, 38 des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG) durchzuführende straßenrechtliche Planfeststellung betreffend den Ausbau des Kreuzungspunktes Krumlander Straße / Sager Straße (L 870) / Haschenbroker Weg durch Verschwenkung des Haschenbroker Weges im Einmündungsbereich zur L 870. Es handelt sich bei der im Planfeststellungsbeschluss unter Ziffer 1.2.1.1 verfügten Entscheidung über den Ausbau des Kreuzungspunktes um eine notwendige Folgemaßnahme des Vorhabens „Errichtung und Betrieb Mineralstoffdeponie Haschenbrok“ im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) mit der Folge einer Zuständigkeitskonzentration.

91

Notwendig im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind nur solche Folgemaßnahmen, die dazu dienen, nachhaltigen Störungen der Funktionsfähigkeit anderer Anlagen vorzubeugen bzw. diese zu beseitigen. Darunter sind somit alle Regelungen außerhalb der eigentlichen Zulassung des Vorhabens zu verstehen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch das Vorhaben aufgeworfenen Probleme erforderlich sind. Folgemaßnahmen sind zu treffen, um die Probleme zu lösen, die durch das Vorhaben für die Funktionsfähigkeit an anderen Anlagen entstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.10.2010 - 9 A 12.09 -, juris). Das damit angesprochene Gebot der Problembewältigung rechtfertigt es indes nicht, andere Planungen mit zu erledigen, obwohl sie ein eigenes umfassendes Planungskonzept erfordern. Insoweit unterliegt der Begriff der notwendigen Folgemaßnahme räumlichen und sachlichen Beschränkungen; solche Maßnahmen dürfen über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.2015 - 7 C 10.12 -, juris). Nicht alles, was in Bezug auf die anderen Anlagen in der Folge des Vorhabens wünschenswert und zweckmäßig erscheint, darf der Vorhabenträger in eigener Zuständigkeit planen und ausführen. Das gilt auch dann, wenn der für die andere Anlage zuständige Planungsträger mit einer weitreichenden Folgemaßnahme einverstanden ist; denn die gesetzliche Kompetenz-ordnung ist allen Hoheitsträgern vorgegeben. Sie können ihre Zuständigkeiten nicht ohne weiteres an andere abtreten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.07.2010 - 9 B 103.09 und 9 B 105.09 -, juris, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.02.1988 - 4 C 54.84 -, juris; Beschluss des Senats vom 21.12.2016 - 7 LB 70/14 -, juris).

92

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass selbst unvermeidbare Anpassungen dann nicht unter den Begriff der Folgemaßnahmen fallen, wenn sie ein umfassendes eigenes Planungskonzept erfordern, liegt vor, falls der insoweit originär zuständige Planungsträger ein solches Konzept bereits hinreichend konkret und verfestigt entwickelt hat und die Planung des Vorhabens auf dieses Konzept Rücksicht nimmt. Dagegen wird der weitere Rechtssatz, Folgemaßnahmen dürften über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen, auch für den Fall des Vorliegens eines konkreten und verfestigten Planungskonzepts des anderen Planungsträgers nicht relativiert. Diese Begrenzung der Ausnahme ist der gesetzlichen Regelung geschuldet, die eine Kompetenzerstreckung nur auf notwendige Folgemaßnahmen vorsieht, die erweiterte Planungskompetenz des Vorhabenträgers also räumlich und sachlich auf das zur Bewältigung der durch das Vorhaben aufgeworfenen Probleme Notwendige beschränkt. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gibt mithin keine Handhabe, im Rahmen der Planfeststellung eines Vorhabens bereits entwickelte Planungskonzepte eines anderen Planungsträgers für sein Vorhaben mitzuerledigen, soweit sie über das zur Anpassung Notwendige weit hinausreichen. Denn insoweit geht es im Wesentlichen nicht mehr um Folgenbewältigung, sondern um eine selbständige Planungsaufgabe, die mit der Folgenbewältigung allenfalls in lockerem Zusammenhang steht. Sie zu erfüllen ist Sache des originär zuständigen Planungsträgers, dem nicht nur die Entwicklung des Planungskonzepts, sondern auch dessen fachplanerische Ausgestaltung obliegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.07.2010 - 9 B 103.09 und 9 B 105.09 -, juris; Beschluss des Senats vom 21.12.2016 - 7 LB 70/14 -, juris).

93

Dies zugrunde gelegt erweist sich die im Planfeststellungsbeschluss unter Ziffer 1.2.1.1 verfügte Entscheidung über den Ausbau des Kreuzungspunktes Krumlander Straße / Sager Straße (L 870) / Haschenbroker Weg durch Verschwenkung des Haschenbroker Weges im Einmündungsbereich zur L 870 als eine notwendige Folgemaßnahme im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.

94

Die Ausbaumaßnahme ist für die verkehrssichere Erschließung der Deponie erforderlich und geht über den Anschluss und die Anpassung der Deponie an das Wegenetz nicht wesentlich hinaus. Die Stellungnahmen der im Verfahren beteiligten NLStBV machen deutlich, dass das mit der Errichtung und dem Betrieb der Deponie verbundene Verkehrsaufkommen nur mit einer baulichen Veränderung der Kreuzungssituation durch achsengleichen Anschluss der Krumlander Straße und des Haschenbroker Weges an die L 870 (Sager Straße) verkehrssicher zu bewältigen ist.

95

Die NLStBV hatte bereits in ihrer Stellungnahme vom 22. März 2012 darauf hingewiesen, dass sich bedingt durch die Geometrie der bestehenden Kreuzung Sager Straße (L 870) / Haschenbroker Weg / Krumlander Straße Konflikte ergäben, die ein Sicherheitsaudit für das vorliegende Ausbaukonzept - geplant war zunächst die Anlegung eines Linksabbiegestreifens im Zuge der L 870 - dringend erforderlich machten. Wünschenswert wäre eine Verlegung der Krumlander Straße zur Ausbildung einer rechtwinkligen Kreuzung mit dem Haschenbroker Weg. In dem Auditbericht „Planfeststellungsantrag Mineralstoffdeponie DK I Haschenbrok“ des Ingenieurbüros X., Y., vom 12. Juli 2012 (vgl. Anlage 45 der Planunterlagen) wurde sodann darauf hingewiesen, dass die Gestaltung des Knotenpunktes grundsätzlich zu überprüfen sei, da die beiden untergeordneten Straßen Krumlander Straße und Haschenbroker Weg versetzt an die Landesstraße L 870 anschlössen. Ausweislich der Gesprächsnotiz über den Termin „Abstimmung der Erschließungssituation für die geplante Mineralstoffdeponie Haschenbrok“ am 21. November 2013, an dem neben Vertretern des Beklagten und der Beigeladenen unter anderem auch Vertreter der NLStBV teilgenommen haben, war favorisiertes Ziel ein gradliniger Verlauf der beiden Einmündungen der Krumlander Straße und des Haschenbroker Wegs in einer Flucht, um eine eindeutige Kreuzungssituation zu schaffen. Dazu müsse der Verlauf einer der beiden Gemeindestraße verändert werden. Es wurde in dem Termin zudem festgestellt, dass der kritische Knotenpunkt an der L 870 nicht nur vom Verkehr der Mineralstoffdeponie, sondern auch von den Transportfahrzeugen frequentiert werden wird, die den erweiterten Nassabbau der Firma U. auf der gegenüberliegenden Seite der Landesstraße am Haschenbroker Weg bedienen sollen. Herr Z. von der NLStBV betonte, dass das Erfordernis der Umgestaltung aus der hinzukommenden Planung der Mineralstoffdeponie herrühre. Deshalb habe die Beigeladene für eine sichere Lösung zu sorgen. Anlässlich einer weiteren Besprechung am 09. Januar 2014 zwischen Vertretern der NLStBV und der Beigeladenen stellte das Ingenieurbüro AA. insgesamt drei Alternativen zur Lösung der Erschließungssituation vor. Es stellte sich dabei heraus, dass die Variante 1 (Wendeanlage) nach Ansicht der NLStBV theoretisch denkbar, aber doch eher unpraktikabel sei. Die Variante 2 (zurückgesetzte Linksabbiegespur) führe aus Sicht der NLStBV nicht zu der gewünschten eindeutigen Kreuzungssituation. Nach Ansicht der NLStBV stelle sich die Variante 3 (Verlegung des Haschenbroker Weges) unter verkehrlichen Aspekten als die beste Lösung dar, um eine eindeutige Kreuzungssituation und eine Querungsmöglichkeit für Radfahrer zu schaffen. Mit Schreiben vom 24. Februar 2014 nahm die NLStBV erneut zu der Variante einer zurückgesetzten Linksabbiegespur (nunmehr als Variante 1 bezeichnet) und der Variante der Verlegung des Haschenbroker Weges (nunmehr als Variante 2 bezeichnet) Stellung. Bei der Variante 1 werde die Kreuzungsgeometrie nicht verändert und es bleibe bei der bereits bemängelten versetzten Kreuzungssituation. Bei der Variante 2 würden bedingt durch die klare, richtlinienkonforme Kreuzungsstruktur die Sichtverhältnisse und Verkehrsbeziehungen aller Verkehrsteilnehmer im Kreuzungsbereich Krumlander Straße / Sager Straße (L 870) / Haschenbroker Weg verbessert. Nach Aussage der Beigeladenen würden sich in der Zukunft Verkehrsbeziehungen zwischen der Mineralstoffdeponie und dem Nasssandabbau entwickeln. Vor dem Hintergrund dieser künftigen Entwicklung und der Ergebnisse des durchgeführten Sicherheitsaudits stelle die Variante 2 die eindeutig bessere Lösung dar. Mit Schreiben vom 12. Mai 2014 führte die NLStBV ergänzend aus, dass durch die Variante 1 (zurückgesetzte Linksabbiegespur) gegebenenfalls eine Gefahrenstelle entstehen würde, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Zuge der Landesstraße beeinträchtigt. Die Variante werde daher abgelehnt. Die Variante 2 (Verlegung des Haschenbroker Weges) stelle die verkehrssichere Lösung dar.

96

Das Verfahren und die Stellungnahmen der NLStBV zeigen, dass die Verschwenkung des Haschenbroker Weges zur Bewältigung des mit der Errichtung und dem Betrieb der Deponie verbundenen Verkehrsaufkommens - und damit zum verkehrssicheren Anschluss der Deponie an das Wegenetz - erforderlich ist, auch wenn die geplante Erschließung der Deponie nicht über den Haschenbroker Weg erfolgt, sondern der Anlieferverkehr regelmäßig als Linksabbiegerverkehr von der L 870 in die Krumlander Straße fahren wird. Denn der Deponieverkehr muss an dem Kreuzungspunkt den vom Haschenbroker Weg kommenden Verkehr beachten. Es geht um die Entschärfung einer bisher nicht achsengleichen, folglich schwer einsehbaren und daher latent gefährlichen Kreuzung. Ziel ist es, eine eindeutige Kreuzungssituation an der L 870 zu schaffen.

97

Soweit der Kläger - erstmals in der mündlichen Verhandlung - unter Vorlage eines Auszugs aus Google Maps darauf hingewiesen hat, dass die kürzeste Route von der AB. GmbH in AC., die ca. 40 % der Ablagerungsmenge für die geplante Deponie stelle, nicht über die Autobahn A 29, die Landesstraße L 870 (Sager Straße) und die Krumlander Straße mit einer Routenlänge von 42 km führe, sondern über die Hatter Straße mit einer Routenlänge von 26 km, so dass der Kreuzungspunkt an der Sager Straße (L 870) / Haschenbroker Weg / Krumlander Straße gar nicht mit deponiebedingtem Verkehr belastet werde, der von der AB. GmbH in AC. stamme, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass bei der Beurteilung der Alternativstandorte hinsichtlich der Verkehrsanbindung zur AB. GmbH in AC. in der „Vorsorglichen Prüfung der artenschutzrechtlichen Ausnahmevoraussetzungen“ (vgl. Anhang zur Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen) eine Entfernung zur geplanten Deponie Haschenbrok von 27 km angegeben wird, was in etwa der durch Google Maps angegebenen Route über die Hatter Straße entspricht. Dass der Lkw-Verkehr aber tatsächlich über diese Route geführt werden soll, haben der Beklagte und die Beigeladene überzeugend widerlegt. Sie haben dargelegt, dass der Lkw-Verkehr von der AB. GmbH immer über die Autobahn A 29 und die Landesstraße L 870 (Sager Straße) - und damit über den hier streitigen Kreuzungspunkt - und nicht über Hatter Straße zur Deponie geführt werde. Seinen Grund habe dies unter anderem in dem bestehenden Lkw-Durchfahrtsverbot in Döhlen. Diese Darlegungen, die der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt hat, werden bestätigt durch die Aussage unter Ziffer 2.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses, wonach die Verkehrsanbindung zur Deponie über die Autobahn A 29, die Landesstraße L 870 (Sager Straße) und die Krumlander Straße erfolgt. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses hat die Beigeladene auch die Kosten für den Bau und die Unterhaltung des Kreuzungsbauwerks Sager Straße (L 870) / Haschenbroker Weg / Krumlander Straße zu tragen (vgl. Ziffer 1.2.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses). Wäre von Seiten der Beigeladenen tatsächlich nicht geplant, die Route über die Landesstraße L 870 und die Krumlander Straße - und damit über den hier streitigen Kreuzungspunkt - zu führen, wäre nicht nachvollziehbar, dass sie diese Anordnung akzeptiert hat. Zudem ist der Beigeladenen unter Ziffer 1.2.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses für die Erschließung der Deponie Haschenbrok zur wegerechtlichen Nutzung der Krumlander Straße eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis erteilt worden; auch diese wäre nicht erforderlich, wenn der Verkehr von Osten über die Hatter Straße geführt würde. Schließlich liegt auch den Untersuchungen durch die AD. GmbH, die ihren Niederschlag in dem „Schalltechnischen Bericht Nr. LL5687.1/05 zur Lärmsituation im Bereich der geplanten Mineralstoffdeponie DK I der C. GmbH in AE.“ vom 03. Juli 2013 (vgl. Anlage 29 der Planunterlagen) gefunden haben, eine Route der anliefernden Lkw von der Landesstraße L 870 über die Krumlander Straße auf das Deponiegelände zugrunde.

98

Soweit der Kläger weiter rügt, dass die Verlegung des Haschenbroker Weges nicht um der verkehrlichen Erschließung der geplanten Deponie willen, sondern allein deshalb erfolgt sei, weil andernfalls der durch den Bodenabbau der Firma U. verursachte Fahrzeugverkehr nicht mehr in verkehrstechnisch optimaler Weise abgeführt werden könne, kann auch dem nicht gefolgt werden. Der Umstand, dass der kritische Knotenpunkt an der L 870 nicht nur vom Verkehr der Mineralstoffdeponie, sondern auch von den Transportfahrzeugen frequentiert werden wird, die den erweiterten Nassabbau der Firma U. auf der gegenüberliegenden Seite der Landesstraße am Haschenbroker Weg bedienen sollen, ist - wie oben dargelegt - Gegenstand des Termins „Abstimmung der Erschließungssituation für die geplante Mineralstoffdeponie Haschenbrok“ am 21. November 2013 gewesen. Herr Z. von der NLStBV hat in diesem Termin betont, dass das Erfordernis der Umgestaltung aus der hinzukommenden Planung der Mineralstoffdeponie herrühre. Deshalb habe die Beigeladene für eine sichere Lösung zu sorgen. Selbst wenn neben der Deponie auch - aber jedenfalls nicht allein - das Bodenabbauvorhaben der Firma U. die Umgestaltung des Kreuzungspunktes erforderlich machen sollte, ist festzuhalten, dass die Kreuzungsthematik in der zeitlich vorangegangenen Zulassungsentscheidung des Landkreises Oldenburg vom 23. Juli 2015 betreffend das Bodenabbauvorhaben am Haschenbroker Weg nicht aufgegriffen worden ist. Daher musste die Ausbaumaßnahme in der zeitlich nachrangigen deponierechtlichen Zulassungsentscheidung getroffen werden.

99

Soweit der Kläger schließlich noch darauf verweist, dass die Verschwenkung des Haschenbroker Weges nicht notwendig gewesen sei, da es nach Auffassung des NLStBV genügt hätte, im Verlauf der L 870 (Sager Straße) eine Linksabbiegerspur für die aus nördlicher Richtung kommenden und in die Krumlander Straße abbiegenden Fahrzeuge einzurichten, kann dies angesichts der oben aufgeführten und eindeutigen Stellungnahmen der NLStBV nicht nachvollzogen werden.

100

Die Planung des Ausbaus des Kreuzungspunktes Krumlander Straße /Sager Straße / Haschenbroker Weg erfordert daneben auch kein umfassendes eigenes Planungskonzept der Straßenbehörde.

101

Die Planung ist räumlich und sachlich auf das zur Bewältigung der durch das Vorhaben aufgeworfenen Probleme Notwendige beschränkt. Es handelt sich lediglich um die Verschwenkung einer bereits bestehenden Gemeindestraße auf einem gemeindeeigenen Grundstück. Die Anbindung des Haschenbroker Weges an die L 870 (Sager Straße) wird etwa 20 m nach Süden (Fahrtrichtung Sage) verschoben. Durch diese Verschiebung ist eine Verschwenkung des Haschenbroker Weges über einen vorhandenen, nicht mehr genutzten Parkplatz der ehemaligen B 69 notwendig. Nach etwa 60 m schließt die Verschwenkung wieder am ursprünglichen Verlauf des Haschenbroker Weges an (vgl. Ergänzungsunterlage vom 03.11.2014 „Ausbauplanung Knotenpunkt Krumlander Straße / L 870 / Haschenbroker Weg“, Ingenieurbüro AA., Oktober 2014; Anlage 22 Blatt Nr. 1 der Planunterlagen, Stand: Oktober 2014). Durch diese Planung wird keine „völlig neue Konflikt- und Maßnahmedimension“ bewirkt. Es handelt sich insbesondere nicht um den Neubau einer Straße, sondern bloß um die geringfügige räumliche Verschwenkung einer bereits bestehenden Straße. Der Planungsaufwand ist eng begrenzt und erfordert kein umfassendes eigenes Planungskonzept.

102

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der Prozess der Entwicklung der letztlich ausgewählten Erschließungsvariante liefere einen anschaulichen Beleg für die Erforderlichkeit eines eigenständigen Planungskonzepts durch den an sich berufenen Planungsträger, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Insbesondere spricht der Umstand, dass durch das Planungsbüro der Beigeladenen, das Ingenieurbüro AA., drei verschiedene Varianten zur Bewältigung der Erschließungssituation erarbeitet worden sind, nicht für die Erforderlichkeit eines eigenständigen Planungskonzepts. Die NLStBV hat in dem Verfahren durchgängig dargelegt, dass nur mit einem achsengleichen Anschluss der Krumlander Straße und des Haschenbroker Weges an die L 870 der mit dem Bau und Betrieb der Deponie verbundene Verkehr verkehrssicher zu bewältigen ist. So hatte sie - wie bereits dargelegt - schon in ihrer ersten Stellungnahme vom 22. März 2012 darauf hingewiesen, dass eine Verlegung der Krumlander Straße zur Ausbildung einer rechtwinkligen Kreuzung mit dem Haschenbroker Weg wünschenswert sei. Ausweislich der Gesprächsnotiz über den Termin „Abstimmung der Erschließungssituation für die geplante Mineralstoffdeponie Haschenbrok“ am 21. November 2013 war favorisiertes Ziel ebenfalls ein gradliniger Verlauf der beiden Einmündungen der Krumlander Straße und des Haschenbroker Wegs in einer Flucht, um eine eindeutige Kreuzungssituation zu schaffen. Zwar hat dann anlässlich einer weiteren Besprechung am 09. Januar 2014 das Ingenieurbüro AA. insgesamt drei Alternativen zur Lösung der Erschließungssituation vorgestellt. Es hat sich aber noch in diesem Termin herausgestellt, dass die Verlegung des Haschenbroker Weges nach Ansicht der NLStBV unter verkehrlichen Aspekten die beste Lösung ist. Die Variante der Anlegung einer Wendeanlage wurde gar nicht weiterverfolgt. Die Variante einer zurückgesetzten Linksabbiegespur war zwar noch Gegenstand eines weiteren Anhörungsverfahrens, wurde mit Schreiben der NLStBV vom 24. Februar 2014 und 12. Mai 2014 jedoch abgelehnt, da es bei der bereits bemängelten Kreuzungssituation bleibe. Die Verlegung des Haschenbroker Weges stelle die verkehrssichere Lösung dar. Hat sich aber die Herstellung eines achsengleichen Anschlusses der Krumlander Straße und des Haschenbroker Weges an die L 870 im Verfahren durchgängig als die einzige verkehrssichere Lösung dargestellt, bedarf es keines eigenständigen Planungskonzepts der Straßenbehörde, auch nicht für die Detailplanung, da diese - wie dargelegt - in einer geringfügigen räumlichen Verschwenkung einer bereits existierenden Straße besteht.

2.

103

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses leidet nicht an durchgreifenden Verfahrensmängeln im Sinne des § 4 UmwRG.

104

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften a) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder b) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG genügt, steht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nr. 1 b) gleich. Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG des Weiteren verlangt werden, wenn 2. eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 UVPG oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder wenn 3. ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der a) nicht geheilt worden ist, b) nach seiner Art und Schwere mit den in den Nr. 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind. Bei den in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensfehlern handelt es sich um sog. absolute Verfahrensfehler.

105

Nach § 4 Abs. 1a UmwRG gilt für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, § 46 VwVfG. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet. Hierbei handelt es sich um sog. relative Verfahrensfehler.

a)

106

In dem Absehen des Beklagten von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren liegt kein Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG.

107

Die Frage der Erforderlichkeit einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung hat sich an dem anwendbaren Regelungsregime für die Planänderung zu orientieren, welches sich nach Zeitpunkt und Gegenstand der Änderung richtet. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Änderung des Vorhabens vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, bei der Änderungen des Vorhabens in das laufende Verfahren einzubeziehen sind. Es handelt sich vielmehr um eine Änderung nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Ist der Planfeststellungsbeschluss bereits erlassen worden, aber noch nicht bestandskräftig, kann die Behörde bei einem erkannten Fehler das Verfahren wiederaufnehmen und es (erneut) zu Ende führen. Darin liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein einheitliches Planfeststellungsverfahren, das zu einer erneuten Offenlage grundsätzlich dann nicht verpflichtet, wenn das aufgenommene Verfahren, ohne das Vorhaben zu ändern, Abwägungsfehler nur im Verhältnis zu denjenigen beseitigen soll, denen gegenüber der Planfeststellungsbeschluss noch nicht bestandskräftig geworden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris, m. w. N.). Abgesehen von solchen Fallgestaltungen kann die Behörde nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine Planergänzung nach § 75 Abs. 1a VwVfG bzw. eine Planänderung nach § 76 VwVfG vornehmen. Vorliegend ist der Plan nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 22. Dezember 2015 und vor Fertigstellung des Vorhabens auf der Grundlage von § 76 VwVfG i. V. m. § 38 KrWG geändert worden. Dies ergibt sich hinreichend eindeutig aus den Formulierungen in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss. Bereits die Überschrift lautet „Änderungsplanfeststellungsbeschluss“ und es ist durchgängig von einer „Planänderung“ die Rede. Unter Ziffer 2.1.1 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses heißt es ausdrücklich, dass der Vorhabenträger bei der Planfeststellungsbehörde einen Antrag auf Planänderung gemäß § 76 VwVfG gestellt habe. Unter Ziffer 2.2.2.1 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses wird ausgeführt, dass die Planfeststellungsbehörde bei einer Planänderung von unwesentlicher Bedeutung ein vereinfachtes Planfeststellungsverfahren gemäß § 76 Abs. 3 VwVfG durchgeführt werden könne. Schließlich wird unter Ziffer 2.2.3.1 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses darauf hingewiesen, dass für das Änderungsverfahren das seit dem 16. Mai 2017 in Kraft befindliche neue UVPG einschlägig sei, das für Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht in § 9 regele. Soweit sich unter Ziffer 2.2.1 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses demgegenüber die Formulierung findet, es handele sich um die Fortsetzung des ursprünglichen Planfeststellungsverfahrens im ergänzenden Verfahren, handelt sich dabei im Gesamtkontext der übrigen und eindeutigen Verlautbarungen des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses lediglich um eine missglückte Formulierung, die an der Einordnung des Verfahrens als Planänderungsverfahren nach § 76 VwVfG nichts zu ändern vermag. Es handelt sich auch deshalb der Sache nach nicht um eine „schlichte“ Wiederaufnahme des Planfeststellungsverfahrens und der dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden UVP, weil eine Änderung des Vorhabens beabsichtigt war. In diesem Fall bedarf es nach § 76 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich eines neuen Planfeststellungsverfahrens. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, es handele sich nicht um eine Änderung des Vorhabens, da die Änderung „lediglich“ Kompensationsmaßnahmen betreffe, ist darauf hinzuweisen, dass das Vorhaben, bis zu dessen Fertigstellung der festgestellte Plan nach § 76 VwVfG geändert werden kann, auch die planfestgestellten naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen umfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2018 - 9 A 4.17 -, juris).

108

Daran anknüpfend ist festzuhalten, dass auf das vorliegende Planänderungsverfahren nach § 76 VwVfG das UVPG in der Neufassung vom 20. Juli 2017 (n. F.) anwendbar ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Übergangsvorschrift des § 74 Abs. 2 UVPG n. F. nicht einschlägig. Danach sind Verfahren nach § 4 nach der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, zu Ende zu führen, wenn vor diesem Zeitpunkt 1. das Verfahren zur Unterrichtung über voraussichtlich beizubringende Unterlagen in der bis dahin geltenden Fassung des § 5 Abs. 1 eingeleitet wurde oder 2. die Unterlagen nach § 6 der bis dahin geltenden Fassung dieses Gesetzes vorgelegt wurden. Verfahren nach § 4 UVPG n. F. ist die Umweltverträglichkeitsprüfung. Die hier in dem (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist jedoch bereits mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 22. Dezember 2015 abgeschlossen worden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung musste daher nicht mehr im Sinne von § 74 Abs. 2 UVPG n. F. zu Ende geführt werden; sie war es bereits. Dass § 74 Abs. 2 UVPG n. F. - im Sinne der Verfahrensökonomie - nur auf Fälle Anwendung finden soll, in denen die Umweltverträglichkeitsprüfung bereits begonnen, aber noch nicht abgeschlossen wurde, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung. Danach regelt § 74 Abs. 2 UVPG n. F. die Fälle, in denen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestimmte Verfahrensschritte der Umweltverträglichkeitsprüfung eingeleitet oder durchgeführt wurden. In diesen Fällen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung nach den bisher geltenden Verfahrensbestimmungen zu Ende zu führen. Auch die bereits zuvor durchgeführten Schritte brauchen nicht unter Zugrundelegung der neuen Vorschriften wiederholt zu werden (vgl. BT-Drucksache 18/11499, S. 111). Der vorliegende Fall, in dem bereits eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, wird von § 74 Abs. 2 UVPG n. F. nicht erfasst. Der Beklagte hat das ursprüngliche Planfeststellungsverfahren und die dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegende UVP - wie soeben dargelegt - auch nicht wiederaufgenommen und fortgesetzt. Vielmehr bildet der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss insoweit eine Zäsur.

109

Dies vorausgeschickt, ist in dem Absehen des Beklagten von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren kein Verfahrensfehler festzustellen.

aa)

110

Zunächst ergibt sich aus den §§ 73 und 76 VwVfG kein Erfordernis für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren. Die Beklagte hat sich zu Recht auf § 76 Abs. 3 VwVfG gestützt und hat danach von der Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 73 Abs. 3, 4, 5 und 6 VwVfG sowie von der öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses abgesehen. Es handelt sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung.

111

Soll vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es nach § 76 Abs. 1 VwVfG eines neuen Planfeststellungsverfahrens. Bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung kann die Planfeststellungsbehörde gemäß § 76 Abs. 2 VwVfG von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben. Führt die Planfeststellungsbehörde in den Fällen des Absatzes 2 oder in anderen Fällen einer Planänderung von unwesentlicher Bedeutung ein Planfeststellungsverfahren durch, so bedarf es keines Anhörungsverfahrens und keiner öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses, vgl. § 76 Abs. 3 VwVfG.

112

Unwesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleichbleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris). Soll der Planfeststellungsbeschluss lediglich um Schutzauflagen ergänzt werden, hat die Änderung regelmäßig nur unwesentliche Bedeutung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.04.2016 - 3 VR 2.15 -, juris).

113

Daran gemessen bedurfte es hier keiner erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Planänderung bezieht sich nicht auf das eigentliche planfeststellungsbedürftige Deponievorhaben als solches. Die geplante Deponie bleibt hinsichtlich ihrer Zweckbestimmung, Lage und Kapazität unberührt. Die Planänderung umfasst lediglich zusätzliche und erweiterte Maßnahmen zur Gewährleistung des Natur- und insbesondere des Artenschutzes. Es handelt sich um ergänzende Ausgleichsmaßnahmen und die Sicherung zusätzlicher Ausgleichs- und Ersatzflächen. Mit diesen Maßnahmen sollen erhebliche Umweltauswirkungen ausgeschlossen werden. Zusätzliche belastende Auswirkungen von größerem Gewicht sowohl auf die Umgebung als auch hinsichtlich der Belange Einzelner sind nicht zu erwarten (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 16.05.2018 - 9 A 4.17 -, juris; BVerwG, Urteil vom 20.10.1989 - 4 C 12.87 -, juris).

114

Soweit der Kläger darauf hinweist, dass das Maßnahmenkonzept unter Einbeziehung zusätzlicher Flächen erweitert worden sei, die nicht der beigeladenen Vorhabenträgerin gehörten, sondern im Eigentum privater Dritter stünden, vermag dies keine Wesentlichkeit der Änderung begründen. Der Hinweis darauf, dass die Maßnahmenflächen ACEF6* und ACEF11* im Eigentum der AF. GbR bzw. des Herrn AG. stünden, lässt unbeachtet, dass AG. und AH. Geschäftsführer der Beigeladenen sind und die Flächenverfügbarkeit damit unproblematisch gegeben ist und es nicht zu einer Betroffenheit privater Dritter kommt. Soweit der Kläger geltend macht, dass für die Maßnahmenfläche E-Abbau 1.9 das Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung J. und das Flurstück K. der Flur L. der Gemarkung M. in Anspruch genommen würden, die im Eigentum der Herren AI. und AJ. stünden, haben der Beklagte und die Beigeladene darauf hingewiesen, dass diese nicht nur bereits informiert worden seien, sondern die Umsetzung der Maßnahmen durch das Bereitstellen der Flächen ermöglichten. Die AK. GmbH AL. hat mit Schreiben vom 24. August 2017 und 24. Juli 2018 bestätigt, eine geeignete Aufforstungsfläche - nämlich die beiden genannten Flurstücke - vermitteln zu können. Über Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern sei die Nutzung als Kompensationsfläche vereinbart. Die damit erfolgte individuelle Anhörung bzw. Beteiligung der bekannten Betroffenen ist ausreichend und begründet nicht das Erfordernis einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.04.2016 - 3 VR 2.15 -, juris). Soweit der Kläger eine entsprechende Beteiligung der privaten Grundstückseigentümer in Frage stellt, sieht der Senat keinen Anlass, an den Angaben des Beklagten und der Beigeladenen zu zweifeln. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, inwieweit eine unterbliebene Beteiligung der Grundstückseigentümer den Kläger in seinen Rechten verletzen sollte.

115

Die Kritik des Klägers, das nunmehr vorgesehene Kompensationskonzept sei einer öffentlichen Kontrolle durch Betroffene sowie Träger öffentlicher Belange nicht unterzogen worden, greift nicht. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die Maßnahmenfläche ACEF6* von Süßgasleitungen gequert werde, die bei der Umsetzung der dort vorgesehenen Maßnahmen womöglich in Mitleidenschaft gezogen würden oder deren Verwirklichung verhinderten, hat die Beigeladene darauf hingewiesen, dass die Durchführbarkeit der Maßnahme ACEF6* mit der für die Gasleitungen verantwortlichen N. GmbH (O.) abgestimmt worden sei, so dass Konflikte ausgeschlossen werden könnten. Die O. habe den Erdgasförderplatz AM. und die zugehörigen Anschlussleitungen im Jahr 2017 stillgelegt. Die Lagerstättenwasserleitung sei bereits im letzten Jahr zurückgebaut worden. Der Ausbau der noch existierenden Süßgasleitungen sei zunächst für das Jahr 2019 vorgesehen gewesen. Nach Abstimmung mit der O. sei nun eine vorgezogene Entfernung der Leitungen im Bereich der Ausgleichsfläche vorgesehen, die in diesem Teilbereich über eine sog. „Bauanzeige“ am LBEG kurzfristig möglich sei. Selbst wenn der vorgezogene Rückbau der Leitungen - anders als nach der Bereitschaft der O. und der Bestätigung des LBEG - nicht vor Beginn der Maßnahme abgeschlossen werden könnte, wären andere Optionen denkbar, etwa eine Verdämmung der Leitungen mit Beton. Es sei ausgeschlossen, dass die Süßgasleitungen bei der Umsetzung der Maßnahmen in Mitleidenschaft gezogen werden oder deren Verwirklichung verhindern. Vor diesem Hintergrund besteht der vom Kläger aufgezeigte Konflikt, der nach seiner Auffassung eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich gemacht hätte, nicht.

116

Soweit der Kläger erstmals mit seinem Schriftsatz vom 24. Juli 2018 darauf hinweist, dass sich im westlichen Teil des für die Ausgleichsmaßnahme ACEF6* vorgesehenen Flurstückes AN. der Flur AO. der Gemarkung J. eine Wasserversorgungsleitung des T. befinde, ist dieser Vortrag erst nach Ablauf der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG erfolgt und die Verspätung von dem Kläger auch nicht gemäß § 6 Satz 2 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genügend entschuldigt worden, so dass seine diesbezüglichen Erklärungen und Beweismittel bereits nicht zuzulassen sind. Unabhängig davon führt sein Vorbringen jedoch auch nicht auf das Erfordernis einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren bzw. auf einen rügefähigen Beteiligungsmangel. Richtig ist, dass das genannte Flurstück mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss für die Umsetzung der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF6*, ACEF9* und ACEF10* in Anspruch genommen wird. Das Flurstück AN. der Flur AO. der Gemarkung J. war jedoch bereits vorher Bestandteil der Antragsunterlagen 2013 der Beigeladenen und war in dem (ursprünglichen) Planfeststellungsbeschluss vom 22. Dezember 2015 für Maßnahmen im Zuge des Deponievorhabens bestimmt; es ist damit nicht erstmalig betroffen. Nach der damaligen Planung war auf dem westlichen Teil des Flurstücks, auf dem sich die vom Kläger genannte Wasserversorgungsleitung befindet, die Ersatzaufforstungsmaßnahme E-Abbau 1.9 vorgesehen, d. h. eine Kompensationsmaßnahme zur Realisierung der Rekultivierungs-/Kompensationsverpflichtung (Ersatzaufforstung) aus den Sandabbaugenehmigungen des Landkreises Oldenburg vom 22. August 2001 und 11. November 2005 (vgl. Ziffer 5.2 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 08. Juli 2013 = Anlage 26a der Planunterlagen vom Juli 2013; Anlage 26a - Karte 7), die nunmehr mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss verlagert wird. Der Beklagte hat den T. im (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren zu den Antragsunterlagen 2013 mit Schreiben vom 31. Juli 2013 beteiligt. Der T. hat - obwohl bereits zum damaligen Zeitpunkt die Aufforstungsmaßnahme auf dem westlichen Teil des Flurstücks AN. der Flur AO. der Gemarkung J. vorgesehen war - nicht auf die nunmehr vom Kläger angeführte Wasserversorgungsleitung hingewiesen, obwohl dazu schon damals Anlass bestanden hätte. Vielmehr hat er dem Beklagten mit Schreiben vom 29. August 2013 (vgl. Blatt 107 der Beiakte 021) mitgeteilt, dass sich im Bereich der geplanten Deponieanlage keine Versorgungsanlagen des T. befänden. Da durch die in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss festgesetzten und auf dem Flurstück AN. der Flur AO. der Gemarkung J. vorgesehenen Maßnahmen ACEF6*, ACEF9* und ACEF10* danach keine stärkere Betroffenheit des T. herbeigeführt wird als vorher durch die planfestgestellte Maßnahme E-Abbau 1.9, war eine erneute Beteiligung des T. nicht erforderlich. Hinzu kommt, dass das Flurstück AN. der Flur AO. der Gemarkung J. im Eigentum der AF. GmbH steht, die aus zwei Gesellschaftern und Geschäftsführern der Beigeladenen besteht. Für die Wasserversorgungsleitung des T. ist im Grundbuch keine beschränkt persönliche Dienstbarkeit und auch kein anderes Leitungsrecht eingetragen. Mit der Existenz der Leitung musste daher nicht gerechnet werden. Unter Umständen ist die Leitung des T. bereits aufgrund der fehlenden dinglichen Sicherung in einen Bereich außerhalb des Flurstücks AN. der Flur AO. der Gemarkung J. zu verlegen. Aber auch im Übrigen entsteht durch die am westlichen Rand der Maßnahmenfläche ACEF6* befindliche Wasserversorgungsleitung kein Konflikt, der eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich gemacht hätte. Insbesondere ist es ausgeschlossen, dass die Wasserversorgungsleitung die Umsetzung der Maßnahme ACEF9* „Pflanzung von Baum-Strauchhecken / Baum-Strauch-Wallhecken einschließlich Saumstreifen“ im Randbereich der Maßnahmenfläche ACEF6* verhindern oder entscheidungserheblich erschweren könnte. So fordert der T. in der vom Kläger vorgelegten E-Mail vom 19. Juli 2018 lediglich dazu auf, auf seine Leitungen und Anlagen Rücksicht zu nehmen und die Bauarbeiten erst nach einer örtlichen Einweisung zu beginnen, wobei die genaue Lage und der Verlauf der Leitungen durch fachgerechte Erkundungsmaßnahmen festzustellen sei. Eine Überbauung des Schutzstreifens und seiner Ver-/Entsorgungsanlagen sei nicht erlaubt. Die Richtlinien des DVGW Arbeitsblattes W 400-1 seien bei der Planung / Durchführung der Baumaßnahme zu beachten. Ob Sicherungsarbeiten erforderlich seien, müsse vor Ort festgestellt werden. Die Kosten gingen zu Kosten des Veranlassers. Eine ähnliche Aussage findet sich in dem bereits zitierten Schreiben des T. an den Beklagten vom 29. August 2013. Danach könnten eventuelle Sicherungs- bzw. Umlegungsarbeiten nur zu Lasten des Veranlassers durchgeführt werden. Diese Hinweise des T. zeigen, dass die Umsetzung der Maßnahme ACEF9* durch die Wasserversorgungsleitung nicht in Frage gestellt wird, sondern dass deren Existenz allenfalls zusätzliche Erkundungs-, Sicherungs- und/oder Verlegungsarbeiten erforderlich macht.

117

Auch der Hinweis des Klägers auf „gänzlich neue Maßnahmen auf dem Deponiekörper“ im Rahmen der Maßnahme ACEF8*, deren Realisierung erkennbar im Stande sei, die gesicherte Funktionalität der Oberflächenabdichtung der geplanten Deponie in Frage zu stellen, vermag eine Wesentlichkeit der Planänderung nicht zu begründen. Es handelt sich um eine durch nichts belegte Behauptung des Klägers, die sich nicht mit den konkret planfestgestellten Details, insbesondere nicht mit der Anlage 5 der Planänderungsunterlagen „Anlage von Kleingewässern auf dem Deponiekörper“ auseinandersetzt. Blatt 1 dieser Anlage zeigt in einem Lageplan die Deponie in ihrem Endzustand mit den vorgesehenen Strukturelementen. Blatt 2 der Anlage enthält einen Detailplan, der die Ausführung der Kleingewässer auf dem Abdichtungssystem wiedergibt. Im Schnitt wird dargelegt, wie die Deponieoberfläche aufgebaut werden soll, damit es nicht zu einer Einschränkung der Funktionalität der Oberflächenabdichtung kommt. Der Beklagte hat die möglichen Auswirkungen auf den Deponiekörper geprüft und durch die Nebenbestimmungen zur Deponieoberfläche unter Ziffer 1.3.2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses sichergestellt, dass es keine Beeinträchtigungen am Deponiekörper durch die geplante Maßnahme geben wird. Die Funktionalität der Deponie darf danach nicht eingeschränkt werden und Wartungs-, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen für die Deponieoberfläche sind vorrangig vor den naturschutzfachlichen Maßnahmen durchzuführen. Die im Planänderungsverfahren beteiligten anerkannten Naturschutzvereinigungen und die in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange konnten sich zu dieser Planung äußern und hatten die Gelegenheit, ihren Sachverstand einzubringen. Vor diesem Hintergrund bleibt die Behauptung des Klägers unsubstantiiert.

bb)

118

Auch aus § 18 UVPG n. F. ergibt sich kein Erfordernis für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren.

119

Nach § 18 Abs. 1 UVPG n. F. beteiligt die zuständige Behörde die Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens. Der betroffenen Öffentlichkeit wird im Rahmen der Beteiligung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Dabei sollen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen. Das Beteiligungsverfahren muss den Anforderungen des § 73 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 bis 7 VwVfG entsprechen.

120

Die Vorschrift ist vorliegend nicht anwendbar. Sie befindet sich in Abschnitt 2 des Teils 2 des UVPG n. F., der mit der Überschrift „Verfahrensschritte der Umweltverträglichkeitsprüfung“ überschrieben ist. Im Planänderungsverfahren ist jedoch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, die die Durchführung der in Abschnitt 2 genannten Verfahrensschritte inklusive der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 18 UVPG n. F. notwendig gemacht hätte. Vielmehr hat der Beklagte im Planänderungsverfahren „nur“ eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durchgeführt, für die nach dem UVPG keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist. Dieses Vorgehen des Beklagten ist nicht zu beanstanden.

121

Die UVP-Pflicht bei Änderungsvorhaben im Sinne des § 2 Abs. 4 Nr. 2 UVPG n. F., zu denen die vorliegende Änderung zählt, ist in § 9 UVPG n. F. geregelt. Wird ein Vorhaben geändert, für das - wie hier - eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 UVPG n. F. für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn 1. allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder 2. die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann. Einschlägig ist hier § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG n. F., auf dessen Grundlage der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durchgeführt hat. Für die Vorprüfung bei Änderungsvorhaben gilt § 7 UVPG n. F. entsprechend (vgl. § 9 Abs. 4 UVPG n. F.). Nach § 7 Abs. 1 UVPG n. F. wird die allgemeine Vorprüfung als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der UVP-Pflicht ist nach § 5 Abs. 3 Satz 1 UVPG n. F. nicht selbständig anfechtbar. Beruht die Feststellung - wie hier - auf einer Vorprüfung, so ist die Einschätzung der Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG n. F.). Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht. Durch das Gericht erfolgt eine Plausibilitätskontrolle unter Zugrundelegung der von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebenen Begründung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 -, juris). Der Beklagte ist vorliegend auf der Grundlage der entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführten Vorprüfung zu dem plausiblen und nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass durch das geplante Vorhaben nicht mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu rechnen ist, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machten. Die Maßnahmen wirkten sich insgesamt positiv auf Natur und Landschaft aus (vgl. Blatt 162 ff. i. V. m. Blatt 148 ff.der Beiakte 031; Ziffer 2.2.3 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Der Kläger hat auch nicht gerügt, dass die durchgeführte Vorprüfung nicht den genannten Maßstäben genüge. Die Feststellung des Nichtbestehens der UVP-Pflicht gemäß § 5 UVPG n. F. ist am 06. September 2017 im Niedersächsischen Ministerialblatt (Nds. MBl. 36/2017, S. 1201) bekannt gemacht worden.

122

Ist der Beklagte somit im Planänderungsverfahren beanstandungsfrei von dem Nichtbestehen einer UVP-Pflicht des Änderungsvorhabens ausgegangen, war die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch die Durchführung der in Abschnitt 2 des Teils 2 des UVPG n. F. genannten „Verfahrensschritte der Umweltverträglichkeitsprüfung“ inklusive der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 18 UVPG n. F. im Planänderungsverfahren nicht erforderlich.

cc)

123

Aus § 22 UVPG n. F. ergibt sich ebenfalls kein Erfordernis für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren.

124

§ 22 UVPG n. F. regelt die erneute Beteiligung der Öffentlichkeit bei Änderungen im Laufe des Verfahrens. Ändert der Vorhabenträger im Laufe des Verfahrens die Unterlagen, die nach § 19 Abs. 2 UVPG n. F. auszulegen sind, so ist nach § 22 Abs. 1 UVPG n. F. eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit erforderlich. Sie ist jedoch auf die Änderungen zu beschränken. Hierauf weist die zuständige Behörde in der Bekanntmachung hin. Nach § 22 Abs. 2 UVPG soll die zuständige Behörde von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit absehen, wenn zusätzliche erhebliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn solche Umweltauswirkungen durch die vom Vorhabenträger vorgesehenen Vorkehrungen ausgeschlossen werden.

125

§ 22 UVPG n. F. regelt damit, unter welchen Voraussetzungen es einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung bei Änderungen der Antragsunterlagen bedarf. Eine Änderung des Vorhabens ist keine Voraussetzung für die Pflicht zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nach dieser Vorschrift. Ausreichend ist vielmehr, dass die zuvor ausgelegten Unterlagen einen wesentlichen Fehler oder erhebliche Lücken bei Darstellung der Umweltauswirkungen aufweisen und daher in einem wesentlichen Teil ergänzt oder korrigiert werden müssen (vgl. BT-Drucksache 18/11499, S. 92).

126

Auch diese Vorschrift ist vorliegend nicht anwendbar. Die Vorschrift befindet sich ebenfalls in Abschnitt 2 des Teils 2 des UVPG n. F., der mit der Überschrift „Verfahrensschritte der Umweltverträglichkeitsprüfung“ überschrieben ist. Im Planänderungsverfahren ist jedoch - wie dargelegt - keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, die die Durchführung der in Abschnitt 2 genannten Verfahrensschritte inklusive einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 22 UVPG n. F. notwendig gemacht hätte. Auf die obigen Ausführungen kann insoweit verwiesen werden.

127

Die Anwendbarkeit der Vorschrift lässt sich auch nicht damit begründen, dass im (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist und dass der Vorhabenträger nunmehr die Unterlagen, die dieser Umweltverträglichkeitsprüfung zugrunde lagen, geändert hat mit der Folge, dass aus diesem Grund eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 22 UVPG n. F. erforderlich geworden ist. Denn § 22 UVPG n. F. bezieht sich ausweislich seines eindeutigen Wortlautes auf Änderungen „im Laufe des Verfahrens“. Das (ursprüngliche) Planfeststellungsverfahren und die in dem Verfahren durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung sind jedoch mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 22. Dezember 2015 abgeschlossen worden. Wie bereits einleitend ausgeführt, hat der Beklagte das (ursprüngliche) Planfeststellungsverfahren auch nicht wiederaufgenommen, sondern er hat aufgrund der beabsichtigten Änderung des Vorhaben - und nicht bloß einer beabsichtigten Änderung der Unterlagen - den Weg eines neuen Planfeststellungsverfahrens nach § 76 VwVfG gewählt. Die Unterlagen sind damit nicht „im Laufe des Verfahrens“ geändert worden (vgl. zu § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F.: Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 9 Rn. 42, wonach die Vorschrift bei Änderungen des Vorhabens nach Abschluss des Zulassungsverfahrens nicht zur Anwendung kommt, sondern § 76 VwVfG oder das jeweilige Fachrecht maßgeblich sind; ebenfalls zu § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F.: Hofmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, UVPG, § 9 Rn. 37, wonach § 76 VwVfG einen anderen Fall trifft, nämlich den der Planänderung nach Abschluss des Verfahrens).

dd)

128

Auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 22 UVPG n. F., der an die Stelle des § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. getreten ist, in Verbindung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nicht das Erfordernis für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren.

129

Das Bundesverwaltungsgericht in seinem bereits zitierten Urteil vom 28. April 2016 (Az. 9 A 9.15, juris) die Auffassung vertreten, dass die Öffentlichkeit nach § 9 Abs. 1 UVPG a. F. dann neu beteiligt werden muss, wenn nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in einer neuen entscheidungserheblichen Unterlage über die Umweltauswirkungen des Vorhabens findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris).

130

Diese Aussage des Bundesverwaltungsgerichts kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Die vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fallkonstellation unterscheidet sich wesentlich von der vorliegenden. In dem Fall des Bundesverwaltungsgerichts ist nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein wasserrechtlicher Fachbeitrag eingeholt und nachträglich in das (ursprüngliche) Verfahren einbezogen worden. Es hat „lediglich“ eine Ergänzung der Planfeststellungsunterlagen stattgefunden, wozu das (ursprüngliche) Planfeststellungsverfahrens wiederaufgenommen wurde. Es handelte sich damit um eine Änderung von Unterlagen im Laufe des (ursprünglichen) Verfahrens (vgl. § 22 UVPG n. F.). Davon unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation wie bereits dargelegt jedoch maßgeblich. Es ist nicht lediglich zu einer Änderung bzw. Ergänzung der Unterlagen durch Einholung weiterer Gutachten, Stellungnahmen, etc. gekommen, die in das ursprüngliche Verfahren nachträglich einbezogen wurden. Vielmehr ist die Änderung des Vorhabens verfolgt und der förmliche Weg der Planänderung nach § 76 VwVfG gewählt worden. Wird jedoch ein neues Planfeststellungsverfahren nach § 76 VwVfG durchgeführt, stellen die auf das Planänderungsverfahren anwendbaren Vorschriften sowohl des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts als auch des UVP-Rechts sicher, dass es im Fall einer wesentlichen Änderung (vgl. § 76 Abs. 3 VwVfG) bzw. erheblicher Umweltauswirkungen (vgl. § 9 Abs. 1 UVPG n. F.) zu einer Beteiligung der Öffentlichkeit kommt. Eine Regelungslücke, die eine entsprechende Anwendung des § 22 UVPG n. F. erforderlich machen würde, besteht nicht.

131

Selbst wenn man die Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts - und damit letztlich die Anwendbarkeit von § 22 UVPG n. F. - auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen wollte, führte dies vorliegend nicht auf einen Verfahrensfehler.

132

Es ist bereits fraglich, ob vorliegend - nach Maßgabe des Bundesverwaltungsgerichts - eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen worden ist, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in einer neuen entscheidungserheblichen Unterlage über die Umweltauswirkungen des Vorhabens findet. Dazu könnten die vom Kläger benannten zusätzlichen Erfassungen der Amphibien und der Avifauna sowie die daraufhin erfolgte Neubewertung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und im landschaftspflegerischen Begleitplan gehören. Jedenfalls muss die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit der Regelung in § 22 Abs. 2 UVPG n. F. gesehen werden, welche Voraussetzungen formuliert, bei deren Vorliegen die Pflicht zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nicht besteht. Die Begründung des Gesetzentwurfes zu § 22 UVGP n. F. nimmt auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2016 (Az. 9 A 9.15, juris) ausdrücklich Bezug (vgl. BT-Drucksache 18/11499, S. 92) und macht damit deutlich, dass der Gesetzgeber bei Formulierung der Vorschrift die Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts vor Augen hatte. Nach § 22 Abs. 2 UVPG n. F. soll die zuständige Behörde von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit absehen, wenn zusätzliche erhebliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn solche Umweltauswirkungen durch die vom Vorhabenträger vorgesehenen Vorkehrungen ausgeschlossen werden. Vorliegend ist der Beklagte auf der Grundlage der entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführten UVP-Vorprüfung zu dem plausiblen und nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass durch das geplante Vorhaben nicht mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu rechnen ist, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machten. Die Maßnahmen wirkten sich insgesamt positiv auf Natur und Landschaft aus (s. o.). Das Ergebnis dieser Vorprüfung hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Es ist auch für den Senat nicht erkennbar, dass durch die Planänderung, die sich nicht auf das planfeststellungsbedürftige Vorhaben als solches bezieht, sondern auf ergänzende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist. Vielmehr sollen durch die ergänzenden Maßnahmen Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen werden. Auf dieser Grundlage sieht § 22 Abs. 2 UVPG n. F. vor, dass von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen werden soll, was auch geschehen ist.

133

Selbst wenn man auch dies anders sehen und einen Verfahrensfehler wegen der fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung hinsichtlich der zusätzlichen Erfassungen der Amphibien und der Avifauna sowie der daraufhin erfolgten Neubewertung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und im landschaftspflegerischen Begleitplan bejahen wollte, wäre dieser - unterstelle - Verfahrensfehler nicht beachtlich. Denn es handelt sich bei dem - unterstellen - Verfahrensfehler nicht um einen in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG normierten absoluten Verfahrensfehler, sondern um einen relativen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG.

134

Ob ein Fehler einen absoluten Verfahrensfehler darstellt, der kausalitätsunabhängig zur Aufhebung der Entscheidung führt, oder ob es sich lediglich um einen relativen Verfahrensfehler handelt, ist eine Frage des Einzelfalls. In § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der sog. Altrip-Entscheidung (vgl. EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - C-72/12 -, juris) umsetzen wollen. Darin stellt der EuGH fest, dass die Mitgliedstaaten daran gehindert seien, ihre nationalen Vorschriften allein auf die Anfechtung wegen des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu beschränken. Der Ausschluss ihrer Anwendbarkeit in dem Fall, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwar durchgeführt wurde, aber mit - unter Umständen schwerwiegenden - Fehlern behaftet sei, würde den Be-stimmungen der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie a. F.), nunmehr abgelöst durch die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie), über die Beteiligung der Öffentlichkeit weitgehend ihre praktische Wirksamkeit nehmen. Es sei Sache des betreffenden Gerichts oder der betreffenden Stelle, u. a. den Grad der Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und dabei insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen (vgl. EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - C-72/12 -, juris; hierauf bezugnehmend: BVerwG, Urteil vom 22.10.2015 - 7 C 15.13 -, juris).

135

Dies zugrunde gelegt, ist der - unterstellte - Verfahrensfehler der teilweise unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art und Schwere nicht mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen vergleichbar (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris). Denn Gegenstand des Vorwurfs ist nicht eine gänzlich unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren, sondern lediglich ein Beteiligungsdefizit im Hinblick auf einzelne, im Planänderungsverfahren nachgebesserte Unterlagen, namentlich die zusätzlichen Erfassungen der Amphibien und der Avifauna sowie die daraufhin erfolgte Neubewertung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und im landschaftspflegerischen Begleitplan. Es handelt sich um einen - unterstellten - relativen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG.

136

Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 1a UmwRG klargestellt, dass § 46 VwVfG für nicht unter § 4 Abs. 1 UmwRG fallende - relative - Verfahrensfehler weiterhin maßgeblich ist mit der Folge, dass eine Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht allein wegen dieses Fehlers beansprucht werden kann, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Allerdings hat der Gesetzgeber die nach § 86 VwGO bestehende Pflicht des Gerichts zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen hervorgehoben, die es im vorliegenden Zusammenhang gebietet, zu untersuchen, ob es offensichtlich ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. Erkenntnismittel des Gerichts sind die vom Vorhabenträger oder der zuständigen Behörde vorgelegten Beweise sowie die gesamten dem Gericht vorliegenden Akten und Planunterlagen, aber auch sonst erkennbare oder naheliegende Umstände. Erkenntnisziel ist, ob nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den angenommenen Verfahrensmangel die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der in Betracht kommenden Erkenntnismittel die Möglichkeit abzeichnet, dass der Verfahrensmangel von Einfluss auf das Ergebnis gewesen sein kann. Schließlich hat der Gesetzgeber die Folgen eines non liquet geregelt. Gelingt es dem Gericht, sich auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnismittel davon zu überzeugen, dass die Entscheidung auch ohne den festgestellten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre, führt der Fehler gemäß § 46 VwVfG weder zur Aufhebung noch zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Gelingt ihm diese Überzeugungsbildung nicht, greift die Vermutungsregelung des § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG, die der Sache nach für den Fall eines non liquet eine materielle Beweislastregel zu Lasten der Behörde enthält (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, juris).

137

Dies zugrunde gelegt, steht vorliegend in Anwendung des § 4 Abs. 1a UmwRG i. V. m. § 46 VwVfG auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zur Überzeugung des Senats fest, dass der - unterstellte - Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, also die angegriffene Entscheidung ohne den Fehler nicht anders ausgefallen wäre. Die Überarbeitung des Artenschutzmaßnahmenkonzepts trägt der im bisherigen Verfahren - insbesondere der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az. 7 MS 19/16 und 7 MS 104/16) - vorgebrachten Kritik Rechnung. Aufgrund der im Planänderungsverfahren erfolgten Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereinigungen und der in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange, namentlich des Landkreises Oldenburg als zuständige Naturschutz-, Bau-, Abfall- und Wasserbehörde, der Gemeinde Großenkneten und des NLWKN, sind angesichts des diesen zur Verfügung stehenden Sachverstands alle zusätzlichen Gesichtspunkte zur Sprache gekommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris). Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.

138

Dies gilt auch, soweit der Kläger auf die zum Schutz der Rekultivierungsschicht der Deponie im Hinblick auf die Maßnahme ACEF8* in den Änderungsplanfeststellungsbeschluss aufgenommenen besonderen Nebenbestimmungen verweist und die Ansicht vertritt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu weiteren Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses gekommen wäre, wenn im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzliche Gesichtspunkte zur Eignung der Ausgleichsleistungen zur Sprache gebracht worden wären. Denn aufgrund der Beteiligung der oben genannten Stellen und des diesen zur Verfügung stehenden Sachverstands kann zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.

139

Soweit der Kläger erneut darauf hinweist, dass die Maßnahmenflächen ACEF6* und ACEF9*, die zu den zentralen Bausteinen des veränderten Ausgleichskonzepts gehörten, von Süßgasleitungen der N. GmbH (O.) gequert würden, und der Kläger meint, es sei nicht auszuschließen, dass der Beklagte eine Veränderung der auf dieser Fläche vorgesehenen Maßnahmen gefordert oder die Flächen nicht anerkannt hätte, wenn im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung auf das Vorhandensein der Leitungen aufmerksam gemacht worden wäre, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die O. hat bereits im (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren auf verschiedene Transportleitungen und oberirdische Anlagen hingewiesen. Ihre Hinweise sind in den Nebenbestimmungen berücksichtigt worden (vgl. Ziffer 1.5.6.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses). Die Leitungsangaben und die Leitungslage ergeben sich aus der Anlage 5 zum Planfeststellungsbeschluss. Anhand der Angaben in der Anlage 5 war dem Beklagten das Vorhandensein der Leitungen damit bereits bekannt. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung im Planänderungsverfahren hätte keine weitergehenden Erkenntnisse erwarten lassen. Im Übrigen hat die Beigeladene im vorliegenden Verfahren - wie bereits ausgeführt - darauf hingewiesen, dass die Durchführbarkeit der Maßnahme ACEF6* mit der O. abgestimmt worden sei, so dass Konflikte ausgeschlossen werden könnten. Die O. habe den Erdgasförderplatz AM. und die zugehörigen Anschlussleitungen im Jahr 2017 stillgelegt. Die Lagerstättenwasserleitung sei bereits im letzten Jahr zurückgebaut worden. Der Ausbau der noch existierenden Süßgasleitungen sei zunächst für das Jahr 2019 vorgesehen gewesen. Nach Abstimmung mit der O. sei nun eine vorgezogene Entfernung der Leitungen im Bereich der Ausgleichsfläche vorgesehen. Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.

140

Gleiche Erwägungen gelten für die vom Kläger thematisierte Wasserversorgungsleitung des T. auf dem westlichen Teil des für die Ausgleichsmaßnahme ACEF6* vorgesehenen Flurstückes AN. der Flur AO. der Gemarkung J.. Der Senat verweist insoweit auf seine diesbezüglichen Ausführungen unter B. I. 2. a) aa).

b)

141

Ein Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG ist auch nicht im Zusammenhang mit der von dem Beklagten im (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung zu erblicken. Die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung leidet nicht an den von dem Kläger geltend gemachten Mängeln.

aa)

142

Zunächst unterliegt die vom Beklagten gewählte Vorgehensweise im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben der Hilfe des NLWKN bedient hat und dass er die Beigeladene beteiligt hat.

143

Nach §§ 11, 12 UVPG a. F. (= §§ 24, 25, 26 UVPG n. F.) obliegt es der „zuständigen Behörde“ auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG a. F. (= § 16 UVPG n. F.), der behördlichen Stellungnahmen nach den §§ 7 und 8 UVPG a. F. (= §§ 17, 54 UVPG n. F.) sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG a. F. (= §§ 18 ff., 56 UVPG n. F.) eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft, zu erarbeiten und auf dieser Basis eine Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens vorzunehmen und diese Bewertung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu berücksichtigen. „Zuständige Behörde“ im Sinne dieser Vorschriften ist die Behörde, die für das verwaltungsbehördliche Verfahren zuständig ist, deren unselbständiger Teil die Umweltverträglichkeitsprüfung ist, also die für die Zulassungsentscheidung zuständige Behörde (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.03.1997 - 11 A 25.95 -, juris; Beckmann in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 11 Rn. 34; Wulfhorst in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, UVPG, § 11 Rn. 34, § 12 Rn. 48). Eine Zuständigkeit des Vorhabenträgers für die Bewertung ist abzulehnen (vgl. Beckmann in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 12 Rn. 18). Zwar ist es in der Praxis durchaus üblich, dass der Vorhabenträger eine Bewertung der von seinem Projekt ausgehenden Umweltauswirkungen vorlegt. Dies sind aber lediglich Vorschläge, an die die Zulassungsbehörde nicht gebunden ist und die sie auch kritisch prüfen muss, bevor sie sie übernehmen kann (vgl. Wulfhorst in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, UVPG, § 12 Rn. 48). Der Sinn und Zweck der §§ 11, 12 UVPG a. F. besteht darin, die Zulassungsbehörde zu einer sorgfältigen Prüfung und Bewertung der Umweltauswirkungen zu verlassen (vgl. Beckmann in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 11 Rn. 6).

144

„Zuständige Behörde“ im Sinne der §§ 11, 12 UVPG a. F. ist damit vorliegend der Beklagte. Die gesetzliche Kompetenzverteilung im Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung wurde durch die Einbindung des NLWKN und die Beteiligung des Beigeladenen nicht unterlaufen.

145

Auf der Grundlage der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem NLWKN vom 13./28. August 2013 (Blatt 124 der Beiakte 021) hat der NLWKN dem Beklagten fachliche Unterstützung bei der Erstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung geleistet. Dies ist nicht zu beanstanden.

146

Es ist unstreitig, dass sich die Behörden bei der ihnen gemäß §§ 10, 24 VwVfG obliegenden Ermittlung des Sachverhalts der Hilfe von Sachverständigen bedienen können, wie § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwVfG ausdrücklich hervorhebt. Das Gesetz setzt damit als selbstverständlich voraus, dass die für eine Behörde tätigen Amtsträger in der Lage sind, den maßgeblichen Sachverhalt zu erfassen und die Zuarbeit von Sachverständigen kritisch zu beurteilen, bevor sie sich die Ergebnisse dieser Zuarbeit zu eigen machen. Es ist nämlich gerade die Aufgabe eines Sachverständigen, aufgrund seiner besonderen Fachkenntnisse einer Behörde oder einem Gericht bei der Erfassung des Sachverhalts zu helfen (vgl. zu den Anforderungen des UVPG: BVerwG, Urteil vom 05.03.1997 - 11 A 25.95 -, juris). Vorliegend hat sich der Beklagte zwar nicht der Hilfe eines Sachverständigen im engeren Sinne, sondern der Hilfe einer anderen Fachbehörde, des NLWKN, bedient. In einem solchen Fall muss das vorliegend Gesagte jedoch entsprechend gelten. Denn Sachverständige sind Personen mit einer besonderen Sachkunde und einer überdurchschnittlichen fachlichen Expertise auf einem bestimmten Fachgebiet. Der NLWKN ist die Fachbehörde für Naturschutz im Land Niedersachsen, verfügt damit über spezialisierten Sachverstand und unterstützt aus diesem Grund andere Landesbehörden in fachlicher Hinsicht. Vergleichbar mit einem Sachverständigen kann der NLWKN aufgrund seiner besonderen Sachkenntnisse andere Behörden bei der Erfassung naturschutzrechtlicher Sachverhalte und Fragestellungen behilflich sein. Eine solche Vorgehensweise der Planfeststellungsbehörde ist im Sinne einer möglichst umfassenden und fachgerechten Erfassung des Sachverhalts zulässig und sinnvoll. So hat der Senat im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung entschieden, dass es keine Rolle spielt, ob die Planfeststellungsbehörde selbst Untersuchungen hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen der durch das Vorhaben verursachten Eingriffe in den Natur- und Landschaftsraum vorgenommen hat, solange nur alle erheblichen Belange ermittelt und zutreffend gewichtet werden (vgl. Urteil des Senats vom 16.10.1996 - 7 K 2363/92 -, juris). Entscheidend ist, dass die Planfeststellungsbehörde trotz der Einbindung einer anderen Behörde die Gesamtverantwortung für die zu treffende Entscheidung wahrnimmt. Dies setzt insbesondere voraus, dass sie die Zuarbeit kritisch beurteilt, bevor sie sich die Ergebnisse der Zuarbeit zu eigen macht.

147

Vor diesem Hintergrund ist das Vorgehen des Beklagten nicht zu beanstanden. Er hat sich im Interesse einer möglichst umfassenden und fachgerechten Erfassung und Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens des besonderen Sachverstandes des NLWKN bedient. Der Beauftragung des NLWKN ist der Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz vom 28. September 2012 (Az. 36 - 62812/6 WE (OL)) vorausgegangen, mit dem dieses den Beklagten zur Sicherstellung einer bestmöglichen Unterstützung bei der Prüfung der naturschutzrelevanten Fragestellungen in dem Planfeststellungsverfahren (u. a. Umweltverträglichkeitsprüfung) gebeten hat, den NLWKN mit der Ausführung der entsprechenden Arbeiten zu beauftragen (vgl. Blatt 50 der Beiakte 020). Auf dieser Grundlage haben der Beklagte und der NLWKN die bereits genannte Verwaltungsvereinbarung vom 13./28. August 2013 geschlossen. Danach sollte eine „Entwurfsfassung der UVP“ erarbeitet werden. Bereits aus dieser Formulierung wird deutlich, dass der NLWKN dem Beklagten lediglich eine Zuarbeit liefern sollte, die endgültige Entscheidung über die Umweltverträglichkeitsprüfung jedoch dem Beklagten vorbehalten war. Auch wenn der NLWKN an der zusammenfassenden Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen maßgeblich mitgewirkt hat, handelt es sich im Ergebnis doch um eine Arbeit, die von dem Beklagten verantwortet wird und sich daher als die seine darstellt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Zuarbeit des NLWKN ungeprüft übernommen haben könnte, sind nicht erkennbar und werden von dem Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Das Gegenteil ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen (vgl. Blatt 240 ff. der Beiakte 025; Blatt 014 der Beiakte 026). Danach hat eine kritische Durchsicht der Entwurfsfassungen des NLWKN durch den Beklagten stattgefunden.

148

Die Beteiligung der Beigeladenen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung durch den Beklagten und den NLWKN ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Kläger rügt insoweit im Kern, dass der Beklagte der Beigeladenen in unzulässiger Weise die Möglichkeit eröffnet habe, Einfluss auf die behördliche Entscheidungsgrundlage zu nehmen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

149

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die UVP-Vorschriften den Kreis der Mitwirkungspflichten des Antragstellers erweitern. Die bisherige Rollenverteilung im Verwaltungsverfahren wird insofern modifiziert, als sich der Vorhabenträger aktiv an der Klärung der ökologischen Folgen zu beteiligen hat (vgl. Beckmann in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 11 Rn. 10). Bereits dies macht es erforderlich, den Vorhabenträger stärker als im klassischen Verwaltungsverfahren üblich einzubinden. Auch das Planfeststellungsverfahren selbst gebietet aufgrund seiner Komplexität einen stärkeren Austausch zwischen Planfeststellungsbehörde und Vorhabenträger als dies sonst üblich sein mag. Insbesondere kann es im Verfahren erforderlich werden, Fragen zu den Antragsunterlagen zu klären und einen etwaigen Änderungs- oder Ergänzungsbedarf aufzuzeigen. Selbstverständlich ist auch im Planfeststellungsverfahren Unparteilichkeit gegenüber dem Vorhabenträger geboten. Das schließt Beratung und Austausch auf einer informationellen Ebene nicht aus. Derartige, eher informelle Verfahrensweisen sind nützlich und geboten, um einen sachgerechten Verfahrensablauf zu ermöglichen. Sie finden ihre Grenzen dort, wo die Planfeststellungsbehörde durch ihre Verfahrensgestaltung eine im Gesetz nicht vorgesehene Bindung - mag diese auch weitgehend nur faktischer Natur sein - selbst eingeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.1986 - 4 C 13.85 -, juris; Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris).

150

Das Vorgehen des Beklagten als auch des von ihm beauftragten NLWKN bewegt sich im Rahmen einer üblichen (objektiven) Sachbearbeitung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung und auch im Planfeststellungsverfahren. Dass der Beklagte sich nicht mehr ergebnisoffen gezeigt und einseitig zugunsten der Vorhabenträgerin agiert haben könnte, lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen. Der Beklagte und die Beigeladene haben nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass durch die Abstimmungen zwischen dem Beklagten bzw. dem NLWKN und der Beigeladenen Fragen zu den Antragsunterlagen geklärt wurden, ein eventueller Änderungs- oder Ergänzungsbedarf aufgezeigt wurde und das von dem Beklagten in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses dokumentierte Verständnis des Vorhabens in seiner Gesamtheit der Beigeladenen zur Vermeidung dahingehender Diskrepanzen vorgelegt wurde. Dies entspricht dem Akteninhalt und ergibt sich zum Beispiel aus der Gesprächsnotiz über einen Termin am 20. Mai 2014, an dem der Beklagte, der NLWKN und die Beigeladene teilgenommen haben (vgl. Blatt 169 der Beiakte 023). Die Gesprächsnotiz ist überschrieben mit „Abstimmung der naturschutzfachlich erforderlichen Ergänzungen der Antragsunterlagen im Zuge des Planfeststellungsverfahrens für die Mineralstoffdeponie Haschenbrok“. Der vom Kläger kritisierte Umstand, dass der NLWKN im Kontakt mit den Planern/Gutachtern der Beigeladenen gestanden hat (vgl. Blatt 25 ff. und Blatt 70 ff. der Beiakte 024; Blatt 232 ff. der Beiakte 025), erklärt sich daraus, dass damit offene Fragen - insbesondere in Bezug auf beabsichtigte Planänderungen - geklärt und abgestimmt werden sollten. Soweit die Planer/Gutachter der Beigeladenen dem Beklagten bzw. dem NLWKN angeboten haben, bei Erstellung der UVP behilflich zu sein (vgl. Blatt 248 der Beiakte 025), ist es dazu nicht gekommen (vgl. Blatt 014 der Beiakte 026). Der NLWKN ist keineswegs als „verlängerter Am“ der Beigeladenen tätig geworden, sondern im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung für den Beklagten. Dass dieser die durch den NLWKN angefallenen Kosten an die Beigeladene weitergegeben hat (vgl. Blatt 196 ff. der Beiakte 025), ist nicht zu beanstanden. Denn sie sind Teil der Kosten, die bei dem Beklagten im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens angefallen und von der Beigeladenen als Antragstellerin zu tragen sind. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die Neutralität des Beklagten und die Ergebnisoffenheit seiner Prüfung durch dieses Vorgehen beeinträchtigt worden sein könnte.

bb)

151

Mit seinem Vorbringen, die zusammenfassende Darstellung nach § 11 UPVG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.) und die schutzgutbezogene Bewertung der Umweltauswirkungen nach § 12 UVPG a. F. (= § 25 UVPG n. F.) genügten nicht den Vorgaben des UVPG, zeigt der Kläger weder einen absoluten Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG auf, noch kann er sich auf die geltend gemachten Aspekte gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG (relativer Verfahrensfehler) berufen.

152

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG a. F. (= § 3 i. V. m. § 2 Abs. 1 UVPG n. F.) umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf die dort im Einzelnen aufgeführten Schutzgüter. Dementsprechend ist die Behörde gehalten, sämtliche entscheidungserhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens einschließlich der Vermeidungs-, Verminderungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zusammenfassend darzustellen und die Umweltauswirkungen auf der Grundlage dieser zusammenfassenden Darstellung zu bewerten, vgl. §§ 11, 12 UVPG a. F. (= §§ 24, 25, 26 UVPG n. F.).

153

Diesen Anforderungen wird die von dem Beklagten durchgeführte und unter Ziffer 2.2.2 des Planfeststellungsbeschlusses dokumentierte Umweltverträglichkeitsprüfung gerecht. Sie leidet nicht unter den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehlern nach § 4 UmwRG.

154

In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass unter den - im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nicht näher definierten - Begriff des Verfahrensfehlers nach herkömmlichem Rechtsverständnis nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften gefasst werden, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d. h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen (vgl. § 9 VwVfG). Hierzu gehören etwa Regelungen über den Beginn des Verfahrens, die Beteiligung anderer Behörden und der Öffentlichkeit sowie sonstige Verfahrensschritte, wie etwa die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört dagegen der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, der sich - namentlich im Fachplanungsrecht - regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, juris).

155

Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie strukturiert das Verfahren im Vorfeld der Sachentscheidung durch die Phasen der Informationsgewinnung und der Informationsverarbeitung und vollzieht sich in verschiedenen Verfahrensschritten (z. B. Unterrichtung, Beteiligung, zusammenfassende Darstellung, begründete Bewertung, Bekanntmachung), die ordnungsgemäß durchgeführt werden müssen. Dazu gehört mit Blick auf das zentrale gesetzgeberische Anliegen einer frühzeitigen und effektiven Öffentlichkeitsbeteiligung, dass die ausgelegten Unterlagen die erforderliche Anstoßwirkung entfalten. Von den einzelnen Verfahrensschritten und ihrer Durchführung zu unterscheiden sind die Anforderungen an ihre inhaltliche Ausgestaltung, die vor allem in den § 6 Abs. 2 bis 4, § 11 UVPG a. F. (= §§ 16, 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 3 UVPG n. F.) ihren Niederschlag finden. Sie werden von den materiell-rechtlichen Maßstäben der im jeweiligen Einzelfall einschlägigen Fachgesetze geprägt, für deren Prüfung die Umweltverträglichkeitsprüfung durch Zusammenstellung und Aufbereitung des umweltbezogenen Tatsachenmaterials den Rahmen und die Grundlage bildet. Die Frage, ob Fachgutachten den Anforderungen an den allgemeinen Kenntnisstand bzw. den gegenwärtigen Wissensstand und die allgemein anerkannten/gegenwärtigen Prüfungsmethoden gerecht werden, betrifft nicht den Verfahrensgang als solchen, sondern beurteilt sich nach Maßgabe der jeweiligen materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen etwa des Naturschutz-, Artenschutz-, Habitat- und Wasserrechts. Es gibt keinen Anlass, den Begriff des Verfahrensfehlers in § 4 UmwRG auch auf inhaltliche/methodische Fehler von Fachgutachten zu erstrecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, juris).

156

Dies zugrunde gelegt, sind Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG im Zusammenhang mit der zusammenfassenden Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen nicht erkennbar.

(1)

157

Die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen genügt den Anforderungen des § 11 UVPG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.). Entgegen der Auffassung des Klägers ist sie nicht „in entscheidender Hinsicht lückenhaft“.

158

In der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.) sind nicht alle theoretisch denkbaren Auswirkungen des Vorhabens darzustellen und zu bewerten. Die Aufnahme in die zusammenfassende Darstellung setzt vielmehr voraus, dass zu erwartende Auswirkungen eine gewisse Erheblichkeitsschwelle erreichen, weil es nach der UVP-Richtlinie und dem UVPG um die „Hauptwirkungen“ bzw. „erheblichen“ Auswirkungen eines Vorhabens geht. Die Umweltverträglichkeitsprüfung erstreckt sich deshalb nicht auf „alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter (…) bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 17.02.1997 - 4 VR 17.96, 4 A 41.96 -, juris). Die Darstellung kann sich auf die für die Zulassungsentscheidung letztlich erheblichen Aussagen beschränken und muss nicht sämtliche - auch nicht entscheidungserhebliche - Erkenntnisse aus dem Planfeststellungsverfahren beinhalten (vgl. Beckmann in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 11 Rn. 24). Es brauchen danach jedenfalls solche Umweltauswirkungen nicht beschrieben werden, die wegen ihrer Geringfügigkeit offensichtlich als unerheblich einzustufen sind oder die für die Zulassungsentscheidung nach dem Fachrecht zweifelsfrei keine Rolle spielen (vgl. Wulfhorst in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, UVPG, § 11 Rn. 19).

159

An diesen Vorgaben hat sich der Beklagte orientiert. So heißt es unter Ziffer 2.2.2.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses einleitend zur zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG a. F., dass solche Umweltauswirkungen nicht beschrieben würden, die wegen ihrer Geringfügigkeit offensichtlich als unerheblich einzustufen seien oder die für die Zulassung nach Fachrecht zweifelsfrei keine Rolle spielten. Im Übrigen würden sämtliche Umweltauswirkungen dargestellt. Die nachfolgenden schutzgutsbezogenen Darstellungen sind vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

(a)

160

Dies gilt zunächst für die Darstellung der Umweltauswirkungen betreffend das Schutzgut „Mensch“.

161

Der Kläger bemängelt, dass es infolge der Verlegung des Haschenbroker Weges zu einem Heranrücken der Straßenfläche an zwei Privatgrundstücke komme (vgl. Ziffer 2.2.3.3.3 des Planfeststellungsbeschlusses). Die zusammenfassende Darstellung enthalte keine Informationen darüber, ob sich auf diesen Grundstücken Wohnhäuser befänden, die durch den Schwerlastverkehr auf dem Haschenbroker Weg in stärkerem Umfang als zuvor mit verkehrsbedingtem Schall beaufschlagt würden.

162

Dieses Vorbringen des Klägers führt nicht auf einen Verfahrensfehler. In der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen betreffend das Schutzgut „Mensch“ wird hinsichtlich der möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Wohnbebauung durch vorhabenbedingte Staub- und Lärmimmissionen auf die Gutachten der AD. GmbH vom 03. Juli 2013 (vgl. Anlage 29 der Planunterlagen) und vom 24. Juni 2013 (vgl. Anlage 30 der Planunterlagen) verwiesen. Es wird unter anderem dargestellt, dass es während des Betriebs der Deponie zu zusätzlichen Lärm- und Staubimmissionen komme und dass von einem durchschnittlichen täglichen Aufkommen von ca. 22 Lkw ausgegangen werde. Die Siedlungen an der Sager Straße werden erwähnt. Dem Kläger ist zuzugeben, dass diese Darstellung die Verlegung des Haschenbroker Weges und die daraus resultierenden Folgen für die Schallbetroffenheit der nächstgelegenen Wohngebäude nicht beschreibt. Dies ist nach dem vorstehenden Maßstab jedoch nicht zu beanstanden, da die aus der geringfügigen Verlegung des Haschenbroker Weges resultierenden Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Mensch“ als offensichtlich unerheblich zu beurteilen sind und auf eine Darstellung daher verzichtet werden durfte.

163

Die beiden von der Verlegung des Haschenbroker Weges betroffenen und damit zu betrachtenden Immissionsorte befinden sich nördlich vom Haschenbroker Weg (Q.) und südlich davon (P.) an der Einmündung zur L 870. Beide Wohngrundstücke liegen unmittelbar westlich von der L 870. Für das näher am Haschenbroker Weg gelegene Wohngebäude „AP.“ hat bereits in der Vergangenheit eine Bewertung der Immissionssituation stattgefunden, welche damit den status quo beschreibt und zur Kontrolle für die Beurteilung des Schutzgutes „Mensch“ herangezogen werden kann. Das „Schalltechnische Gutachten zur Erweiterung des Bodenabbauvorhabens in AQ. durch die Firma AR.“ der Firma V. vom 16. Juli 2010 (vgl. Anlage Bgl. 3) hat im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für die Erweiterung eines Bodenabbauvorhabens am Haschenbroker Weg die zu erwartenden gewerblichen und verkehrsbedingten Geräuschimmissionen für die benachbarte Wohnbebauung bewertet. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die berechneten Beurteilungspegel mindestens 7 dB(A) unterhalb des zulässigen Richtwerts lägen. Es seien keinerlei Konflikte in Bezug auf verkehrsbedingte Geräuschimmissionen vom Bodenabbauvorhaben zu erwarten. Im Zusammenhang mit dem hier streitigen Vorhaben waren die schalltechnischen Auswirkungen des anlagenbezogenen Mehrverkehrs Gegenstand der Untersuchungen durch die AD. GmbH, die ihren Niederschlag in dem „Schalltechnischen Bericht Nr. LL5687.1/05 zur Lärmsituation im Bereich der geplanten Mineralstoffdeponie DK I der C. GmbH in AE.“ vom 03. Juli 2013 (vgl. Anlage 29 der Planunterlagen) gefunden haben. Betrachtet wurden verschiedene Immissionsorte. Der Immissionspunkt IP 04 entspricht dem Grundstück „Q.“. Nach dem Bericht der AD. GmbH ergab die Berechnung der Schallimmissionen durch den anlagenbezogenen Mehrverkehr auf der L 870 (Sager Straße) im Bereich des Immissionspunktes IP 04 eine Unterschreitung des Immissionsgrenzwertes der 16. BImSchV für den Tag um mindestens 15 dB. Es wurde dabei die maximale Auslastung durch Lkw berücksichtigt. Ist das Grundstück „Q.“ damit nach den vorliegenden gutachterlichen Bewertungen bereits vor einer Verlegung des Haschenbroker Weges keinen erheblichen Schallimmissionen ausgesetzt, gilt dies umso mehr nach einer Verlegung des Haschenbroker Weges. Denn der geringfügig nach Süden verlegte Verlauf der Einmündung in die L 870 rückt den Verkehrsweg vom Wohngebäude „Q.“ ab. Obwohl die Emissionsquelle damit geringfügig näher an das zweite betroffene Wohngebäude „P.“ heranrückt, bleibt die Distanz zum Verkehrsweg ausweislich des Kartenmaterials doch immer noch größer als die Distanz des Verkehrswegs zum erstgenannten Wohngebäude „Q.“, das - wie ausgeführt - keinen erheblichen Schallimmissionen ausgesetzt ist. Aus der geringfügigen Verlegung des Haschenbroker Weges resultieren damit offensichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Mensch“.

(b)

164

Die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen betreffend das Schutzgut „Wasser“ ist nicht zu beanstanden.

165

Der Kläger rügt insoweit, dass sich zum Schutzgut „Wasser“ keine Aussage dazu finde, dass sich der Standort der geplanten Deponie im Erdgasfeld Hengstlage und damit in einem Raum befinde, in dem der Erdgasgewinnung bereits verschiedentlich zu leichten Erdbeben geführt habe, die sich auf die Basisabdichtung der Deponie schädigend auswirken und dazu führen könnten, dass das knapp unterhalb der Deponiebasis anstehende Grundwasser durch schadstoffbelastetes Sickerwasser kontaminiert werde.

166

Der Senat lässt dahinstehen, ob sich der Kläger überhaupt auf eine - angeblich fehlerhafte - Nichtberücksichtigung der von ihm geschilderten Erdbebengefahr und der daraus angeblich folgenden Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers durch schadstoffbelastetes Sickerwasser berufen könnte. Nach § 5 UmwRG bleiben Einwendungen, die eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG erstmals im Rechtsbehelfsverfahren erhebt, unberücksichtigt, wenn die erstmalige Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist. Nach der Gesetzesbegründung hat das Gericht diese Feststellung jeweils im Einzelfall zu treffen. Missbräuchlich oder unredlich kann ein erstmaliges Vorbringen nach der Gesetzesbegründung etwa dann sein, wenn der Rechtsbehelfsführer im Verwaltungsverfahren erklärt oder auf andere Weise deutlich gemacht hat, dass entsprechende Einwendungen nicht bestehen (vgl. BT-Drucksache 18/9526, S. 41). Ein solches rechtsmissbräuchliches oder unredliches Verhalten, welches wohl anhand objektiver Kriterien und Umstände ermittelt werden muss (vgl. Schlacke, Die Novelle des UmwRG 2017, NVwZ 2017, 905), kommt vorliegend in Betracht. Der Kläger hat im Anhörungsverfahren eine Vielzahl von Einwendungen erhoben. Die nunmehr erhobene Einwendung hinsichtlich der Erdbebengefahr und der daraus folgenden Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers durch schadstoffbelastetes Sickerwasser hat der Kläger - und im Übrigen auch kein anderer - im Anhörungsverfahren jedoch ohne ersichtlichen Grund nicht vorgebracht, obwohl es nach seinem eigenen Vortrag im Klageverfahren bereits im Sommer 2014 und Juni 2015 zu Erdbebenereignissen gekommen ist. In der Gesamtschau seiner Beteiligung am Verwaltungsverfahren liegt die Annahme nahe, dass der Kläger damit zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass diesbezüglich seinerseits keine Einwendungen bestehen, und dass der Beklagte darauf vertrauen durfte. Dem muss indes nicht näher nachgegangen werden. Insbesondere bedarf es keiner Klärung, ob und inwieweit der von § 5 UmwRG behandelten unzulässigen Rechtsausübung eine subjektive Komponente - etwa ein arglistiges Verschweigen des Klägers - innewohnen muss (vgl. hierzu: Schlacke, Die Novelle des UmwRG 2017, NVwZ 2017, 905; offenlassend: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.09.2017 - 11 D 14/14.AK -, juris).

167

Das Vorbringen des Klägers führt jedenfalls nicht auf einen beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG.

168

Dem Kläger ist zuzugeben, dass die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.) betreffend das Schutzgut „Wasser“ die von ihm geschilderte Erdbebengefahr und die daraus angeblich folgende Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers durch schadstoffbelastetes Sickerwasser nicht beschreibt. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden. Die von ihm befürchteten Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Wasser“ können mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden und sind daher als offensichtlich unerheblich zu beurteilen, so dass auf eine Darstellung nach dem eingangs beschriebenen Maßstab verzichtet werden durfte.

169

Der Beklagte hat im Anhörungsverfahren unter anderem die ZUS AGG und das LBEG als Fachbehörden beteiligt. Von keiner Stelle - wie dargelegt auch nicht von dem Kläger - ist im Anhörungsverfahren eine mögliche Erdbebengefahr und eine daraus angeblich folgende Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers durch schadstoffbelastetes Sickerwasser thematisiert worden. Bereits der fehlende Hinweis der für diese Thematik zuständigen Fachbehörden auf mögliche Erdbebengefahren und deren Auswirkungen auf den Deponiekörper und das Grundwasser verdeutlicht, dass aus deren Sicht diesbezüglich keine erheblichen Umweltauswirkungen zu befürchten sind und dass daher auf eine entsprechende Darstellung im Sinne von § 11 UVPG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.) verzichtet werden durfte.

170

Nachdem der Kläger erstmals im gerichtlichen Verfahren das Thema „Erdgasfeld Hengstlage/Erdbebengefahr“ vorgebracht hat, hat der Beklagte darauf mit einer Einbindung der ZUS AGG reagiert, um den Bedenken des Klägers gerecht zu werden. Die eingeholte Stellungnahme der ZUS AGG vom 21. März 2016 (vgl. Blatt 205 der Beiakte 029) bestätigt, dass in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu Recht von einer entsprechenden Darstellung abgesehen wurde, da keine erheblichen Umweltauswirkungen zu befürchten sind.

171

So heißt es in der Stellungnahme der ZUS AGG vom 21. März 2016, dass sich der Standort der geplanten Deponie Haschenbrok außerhalb der nach DIN 4149 bzw. DIN EN 1998-1/NA:2001 01 ausgewiesenen Erdbebenzonen befinde, gemessene Erschütterungen weit unterhalb der Werte für eine Erdbebenzone 0 lägen und der Deponiekörper kein Bauwerk des üblichen Hochbaus darstelle. Es seien daher für die von Seiten des Klägers geäußerte Sorge eines Versagens des Basisabdichtungssystems keine Nachweise nach Eurocode 8 zu fordern. Um dennoch qualitativ abschätzen zu können, ob die Funktionstüchtigkeit des Basisabdichtungssystems der Deponie Haschenbrok gefährdet sein könnte, seien Vertreter von Landesfach- und Genehmigungsbehörden in den Bundesländern, in denen Erdbebenzonen ausgewiesen seien, nach den bei ihnen vorliegenden Erfahrungen im Hinblick auf mögliche Auswirkungen von Erdbeben auf Deponien befragt worden. Betroffen seien die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen. Es existierten Deponien in allen Erdbebenzonen 0 bis III. Obwohl diese Deponien keine besonderen Schutzmaßnahmen zur Erdbebensicherheit besäßen, seien keine Schäden an den Basisabdichtungssystemen dieser Deponien gemeldet worden. Es werde daher davon ausgegangen, dass unter vorhersehbaren Beanspruchungen auch das Basisabdichtungssystem der geplanten Deponie Haschenbrok gemäß den Anforderungen des Anhangs 1 der Deponieverordnung funktionstüchtig sei. Es wird weiter ausgeführt, dass aus Bodenbewegungsdaten für den Bereich der Deponie Haschenbrok im Bereich der Erdgaslagerstätte Hengstlage und unter der Voraussetzung, dass diese noch 50 Jahre weiterbetrieben würde, eine Neigung von etwa 0,5 ‰ in 50 Jahren abgeschätzt werden könne. Eine Neigung von 0,5 ‰ entspreche einem Gefälle von 0,05 %. Das Mindestgefälle von Entwässerungsleitungen in Deponien betrage 1,0 %. Selbst unter der Voraussetzung, dass die Neigungsveränderung in Gegenrichtung zur Neigung der Deponiebasis eintrete, läge diese im Bereich der Messungenauigkeit und würde die Basisentwässerung nicht beeinträchtigen.

172

Die ZUS AGG hat vor Abfassung ihrer Stellungnahme im Rahmen der fachlichen Kooperation das LBEG beteiligt und um Aussagen gebeten, ob auch weiterhin und bis zu welcher Stärke Erschütterungen der Erdoberfläche erwartet werden könnten. Die Stellungnahme des LBEG vom 15. März 2016 (vgl. Blatt 209 der Beiakte 029) ist in die Stellungnahme der ZUS AGG integriert worden. Soweit der Kläger auf die Aussage des LBEG verweist, für eine abschließende Bewertung der Erdbebeneinwirkung auf die Deponie Haschenbrok empfehle es sich, auf ingenieurseismologische Expertise zurückzugreifen, ist zu beachten, dass die Stellungnahme des LBEG nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Stellungnahme der ZUS AGG zu betrachten ist, deren Bestandteil sie ist. Letztlich maßgeblich ist die Stellungnahme der ZUS AGG, weil es nicht allein auf die - vom LBEG beantwortete - Frage ankommt, in welcher Häufigkeit und Intensität mit Erdbebenereignissen zu rechnen ist, sondern vielmehr darauf, inwieweit Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Deponiebasisabdichtung zu erwarten sind. Hierzu äußert sich die ZUS AGG eindeutig.

173

Die Beigeladene hat ergänzend zu den Ausführungen der ZUS AGG und des LBEG darauf hingewiesen, dass Deponiebauwerke einschließlich ihrer Einrichtungen zur Ableitung und Fassung von Sickerwasser gegenüber etwaigen zu berücksichtigenden Erdbebenereignissen unempfindlich seien. Das Dichtungssystem der Mineralstoffdeponie sei durch die Elastizität und Flexibilität seiner Elemente gekennzeichnet. Das Multibarrierensystem umfasse eine Tonschicht, die als geologische Barriere angelegt werde, eine elastische Kunststoffdichtungsbahn und eine mineralische Entwässerungsschicht, die jeweils durch ihre Flexibilität gekennzeichnet seien. Das Dichtungssystem übernehme zudem keine Tragwerksfunktion, so dass es nicht zu einem Tragwerksversagen und entsprechend nicht zu einem Einsturz kommen könne. In der Folge von Mikrobeben könnten zusätzliche Prüfintervalle hinsichtlich der Entwässerungssituation die Funktionsfähigkeit der Basisabdichtung nachweisen. Schließlich trage der Kläger selbst vor, dass sich der Deponiekörper „ohnehin um 9 bis 12 cm setzen wird“. Ein Bauwerk, dass derartige - eingeplante - Setzungen verkrafte, sei offenkundig unempfindlich gegen leichte Erdbeben, wie sie hier zu erwarten seien.

174

Der Kläger ist diesen Ausführungen nicht substantiiert entgegengetreten. Nach allem können die vom Kläger befürchteten Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Wasser“ mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden und sind daher als offensichtlich unerheblich zu beurteilen, so dass auf eine Darstellung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden durfte.

(c)

175

Die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ lässt einen Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG nicht erkennen.

176

Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang, dass entscheidungserhebliche Sachinformationen aus dem Blick geraten seien, die sich aus den Stellungnahmen der betroffenen Öffentlichkeit ergeben hätten. Die Angaben des Beklagten zu den Brutvögeln und Amphibien (vgl. Ziffer 2.2.2.3.5.1 des Planfeststellungsbeschlusses) belehrten darüber, dass seine, des Klägers, Hinweise zum Arteninventar der Sandabgrabung vom 10. Dezember 2014 (vgl. Blatt 47 ff. der Beiakte 025) und vom 27. Oktober 2015 (Blatt 85 ff. der Beiakte 026) außer Acht gelassen worden seien. Die Annahme, dem Untersuchungsraum käme eine lokale Bedeutung für Brutvögel zu, sei nur dadurch erklärbar, dass der in 2015 nachgewiesene Brutbestand nicht berücksichtigt worden sei. Tatsächlich komme dem Raum eine landesweite Bedeutung zu. Auch die Aussage, für die Kreuzkröte habe die Sandgrube eine geringe Bedeutung als Sommerlebensraum und Laichhabitat, zeuge von der Außerachtlassung seiner Angaben. Die UVP stütze sich augenscheinlich allein auf die Angaben der Beigeladenen. Jedenfalls enthalte die Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung des Planänderungsverfahrens eine Lücke, da die dort festgestellte Bedeutung des Lebensraums nicht dokumentiert worden sei.

177

Mit diesem Vorbringen vermag der Kläger einen beachtlichen Verfahrensfehler nicht aufzuzeigen.

178

Mit dieser Rüge wird bereits kein Verstoß gegen Rechtsvorschriften geltend gemacht, die die äußere Ordnung des Verfahrens betreffen. Nur ein solcher Verstoß würde jedoch - wie bereits einleitend ausgeführt - einen Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG begründen. Dass eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“, insbesondere eine Darstellung der Auswirkungen auf die Brutvögel und Amphibien vorliegt, bestreitet auch der Kläger nicht. Er kritisiert vielmehr, dass diese Darstellung inhaltlich falsch sei, da aus seiner Sicht relevante Informationen nicht berücksichtigt und damit die Bedeutung des Untersuchungsraums als Lebensraum für Brutvögel und Amphibien falsch bewertet worden seien. Inhaltliche Fehler erfüllen jedoch nicht den Begriff des Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 UmwRG (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, juris).

179

Selbst wenn man dies anderes sehen wollte, wäre ein Verfahrensfehler auch aus anderen Gründen nicht gegeben. Denn ein Ermittlungsdefizit des Beklagten im Hinblick auf die Brutvögel und Amphibien ist auf der Grundlage des Vorbringens des Klägers nicht gegeben.

180

Welche Angaben zur Feststellung und Bewertung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens erforderlich sind, kann nur nach Maßgabe des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Art. 3 Abs. 1 UVP-Richtlinie). Zu ermitteln sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG a. F. (= § 3 i. V. m. § 2 UVPG n. F.) die Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen, die biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kulturgüter, sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen. Die Ermittlungen sind damit offener und breiter angelegt als in der FFH-Verträglichkeitsprüfung und bedürfen anderer Einschränkungen und Begrenzungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 (7 A 14.12) -, juris). Ermittelt und untersucht werden müssen alle Umstände, die für eine sachgerechte (Planungs-)Entscheidung erforderlich sind. Dabei können auch Erkenntnislücken verbleiben, es muss weder ein lückenloses Arteninventar erstellt noch eine allgemeine Bestandsaufnahme durchgeführt werden. Maßgeblich sind die naturräumlichen Gegebenheiten des konkreten Falles: je typischer die Gebietsstruktur, desto eher kann auch auf typisierende Merkmale und allgemeine Erfahrungen abgestellt werden. Es kann daher genügen, wenn für den Untersuchungsraum besonders bedeutsame Repräsentanten (Tier- und Pflanzengruppen) festgestellt werden und für die Bewertung der Auswirkungen mit Bioindikatoren gearbeitet wird. Bestehen dagegen Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders seltener Arten, ökologischer Strukturen oder Vorgänge, bedarf es weitergehender Ermittlungen. Sofern es für besonders schützenswerte oder hochwertige Arten oder Strukturen keine konkreten Anhaltspunkte gibt, muss danach nicht aktiv gesucht werden (BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 (7 A 14.12) -, juris).

181

Dies zugrunde gelegt, erweisen sich die auf der Grundlage des UVPG erforderlichen Ermittlungen des Beklagten im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ und speziell im Hinblick auf die Brutvögel und Amphibien im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 22. Dezember 2015 als ausreichend; spätere Erkenntnisse müssen insoweit nicht betrachtet werden. Der Beklagte hat sich nicht allein auf die Angaben der Beigeladenen gestützt. Insbesondere wurden die Hinweise des Klägers - soweit sie dem Beklagten bis zum Abschluss des Planfeststellungsverfahrens vollständig vorgelegt wurden - nicht außer Acht gelassen. Dies betrifft zum einen die Untersuchungsergebnisse von Herrn AS., die im Rahmen der Stellungnahme des Klägers vom 10. Dezember 2014 vorgelegt wurden. Der Beklagte hat die Angaben des Klägers zum Anlass für fachliche Überprüfungen - unter anderem durch den von ihm beauftragten NLWKN - genommen (vgl. Blatt 113 der Beiakte 025). Mit Schreiben vom 31. März 2015 hat der Beklagte den Kläger gebeten, den im Schreiben vom 10. Dezember 2014 erwähnten Bericht über die Erfassungsergebnisse aus den Jahren 2013 und 2014 nachzureichen, da der NLWKN die Erkenntnisse aus diesen Unterlagen gerne verarbeiten wolle (vgl. Blatt 215 der Beiakte 025). Auf diese Nachfrage wurde dem Beklagten von Seiten des Klägers am 27. Oktober 2015 ein zweiseitiges anwaltliches Schreiben ohne Anlagen vorgelegt (vgl. Blatt 85 f. der Beiakte 026). Der Beklagte hat für den Senat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass diese Hinweise nicht in die Umweltverträglichkeitsprüfung einbezogen werden konnten, da insbesondere eine graphische Darstellung und textliche Beschreibung der Erfassung und Bewertung der Brutreviere nicht enthalten gewesen sei. Namentlich die Anlagen V9 und V10 der Antragsschrift im Eilverfahren 7 MS 19/16 waren dem Schreiben vom 27. Oktober 2015 nicht beigefügt. Aus den Verwaltungsvorgängen wird damit deutlich, dass der Beklagte die Angaben des Klägers zum Anlass für weitere fachliche Überprüfungen genommen hat. Dass der Beklagte den Angaben des Klägers nicht vollständig gefolgt ist, bedeutet nicht, dass die Angaben des Klägers ignoriert wurden, sondern allein, dass sie nach einer dem Beklagten obliegenden fachlichen Überprüfung nicht vollständig bestätigt werden konnten.

182

Selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen auch dies anders sehen wollte und - wie der Kläger - die Auffassung vertreten würde, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung seien relevante Informationen nicht berücksichtigt worden und damit sei die Bedeutung des Untersuchungsraums als Lebensraum für Brutvögel und Amphibien falsch bewertet worden, würde sich dieser - unterstellte - Verfahrensfehler aufgrund der erfolgten Planänderung als nicht beachtlich darstellen.

183

Es handelt sich bei dem - unterstellten - Verfahrensfehler nicht um einen in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG normierten absoluten Verfahrensfehler, sondern um einen relativen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG, für den § 46 VwVfG maßgeblich ist. Denn für einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 UmwRG genügt es regelmäßig nicht, wenn lediglich einzelne Aspekte der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht mit einer hinreichenden Tiefe ermittelt, einzelne Angaben fehlerhaft, Unterlagen unzureichend oder Bewertungen fragwürdig sind. Die Öffentlichkeitsbeteiligung dient gerade dazu, derartige Fehler oder Unzulänglichkeiten der Gutachten oder der zu Grunde liegenden Untersuchungen aufzuspüren und gegebenenfalls Einwendungen zu erheben, damit die Defizite behoben werden. Sie wäre nach ihrem Sinn und Zweck entbehrlich, wenn eine in jeder Hinsicht fehlerfreie Umweltverträglichkeitsprüfung Voraussetzung für eine rechtmäßige Öffentlichkeitsbeteiligung wäre (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.02.2018 - 8 B 840/17 -, juris).

184

In Anwendung des § 4 Abs. 1a UmwRG i. V. m. § 46 VwVfG steht auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zur Überzeugung des Senats fest, dass der unterstellte Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache - dies ist der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses als einheitliche Planungsentscheidung - nicht beeinflusst hat. Denn im Rahmen der nachfolgenden Planänderung ist es zu zusätzlichen Erfassungen der Amphibien und der Avifauna sowie einer Neubewertung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und im landschaftspflegerischen Begleitplan sowie einer Überarbeitung des Maßnahmenkonzepts gekommen. Die im Planänderungsverfahren erfolgten zusätzlichen Erfassungen der Amphibien und der Avifauna werden - soweit ersichtlich - von dem Kläger nicht angegriffen. Durch die Planänderung hat sich damit die Kritik des Klägers, seine Angaben seien nicht berücksichtigt worden und dadurch sei die Bedeutung des Untersuchungsraums als Lebensraum für Brutvögel und Amphibien falsch bewertet worden, überholt und letztlich erledigt.

185

Dies gilt auch, soweit der Kläger explizit Fehler bei der zusammenfassenden Darstellung der Betroffenheit der Feldlerche und des Bluthänflings rügt. Unabhängig davon, dass der Beklagte im Hinblick auf die zusammenfassende Darstellung der Betroffenheit der Feldlerche einen redaktionellen Fehler eingeräumt hat und im Hinblick auf den Bluthänfling erläutert hat, dass für die Art vorsorglich geeignete Vermeidungsmaßnahmen vorgesehen seien, ist es auch im Hinblick auf diese Vogelarten im Planänderungsverfahren zu zusätzlichen Erfassungen und zu einer Überarbeitung des Maßnahmenkonzepts gekommen. Ein etwaiger Fehler wäre daher jedenfalls unbeachtlich.

(d)

186

Schließlich ist auch die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen betreffend das Schutzgut „Pflanzen“ ist nicht zu beanstanden.

187

Der Kläger rügt insoweit, dass sich Unstimmigkeiten bei den Angaben zu den Flächen der durch den Bau und Betrieb der Deponie in Anspruch genommenen Biotoptypen fänden. Es finde sich im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen die Aussage, durch Bau und Betrieb der Deponie würden 7.202 m² Grünland und Magerrasen in Anspruch genommen (vgl. Ziffer 2.2.2.3.5.1 des Planfeststellungsbeschlusses), während im Kontext der Erläuterungen zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung andere Zahlenwerte auftauchten (vgl. Ziffer 2.2.3.5.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses).

188

Auch mit dieser Rüge vermag der Kläger einen Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG bereits deshalb nicht aufzuzeigen, weil seine Kritik letztlich auf einen inhaltlich/methodischen Fehler abzielt, jedoch keinen Verstoß gegen die äußere Ordnung des Verfahrens betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, juris). Unabhängig davon dringt er mit seiner Rüge auch inhaltlich nicht durch. Die von ihm bemängelten Unstimmigkeiten liegen nicht vor. Im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen (vgl. Ziffer 2.2.2.3.5.1 des Planfeststellungsbeschlusses) wird - zu Recht - ohne weitere Bewertung der Erheblichkeit aufgelistet, welche der festgestellten Biotope durch den Bau und Betrieb der Deponie in Anspruch genommen werden. Dazu zählen 7.202 m² Grünland und Magerrasen. Im Rahmen der Prüfung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (vgl. Ziffer 2.2.3.5.1 des Planfeststellungsbeschlusses) werden hingegen nur die Beeinträchtigungen aufgeführt, die erheblich im Sinne der Eingriffsregelung des § 14 Abs. 1 BNatSchG sind. Dazu zählt nach der Bewertung des Beklagten „aufgrund der bereits einschlägigen Abbaugenehmigungen mit einer Aufforstungsverpflichtung für die ehemalige Inanspruchnahme durch den Bodenabbau“ nicht die Inanspruchnahme von ca. 7.202 m² Grünland und Magerrasen. Insoweit erklären sich die unterschiedlichen Angaben zu in Anspruch genommenen Biotoptypen.

(2)

189

Die Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens genügt den Anforderungen des § 12 UVPG a. F. (= § 25 UVPG n. F.). Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG sind nicht erkennbar.

190

Der Kläger rügt zum einen, dass bereits die lückenhafte und unvollständige zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.) zur Folge habe, dass auch der sich auf dieser Sachverhaltsbasis vollziehende Schritt der Bewertung nach § 12 UVPG a. F. (= § 25 UVPG n. F.) die Schwere der nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens nicht zutreffend erfassen könne. Mit dieser Rüge dringt der Kläger nicht durch, da - wie soeben dargelegt - die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.) keinen Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG aufweist.

191

Der Kläger macht zum anderen geltend, dass die Bewertung des Beklagten zudem an eigenständigen Mängeln leide. Die Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ würden mit Rücksicht auf die vorgesehenen Schutz-, Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen unter Hinweis darauf als verträglich eingestuft, „dass der Erhaltungszustand der durch das Vorhaben betroffenen lokalen Populationen der Amphibien und Brutvögel durch verschiedene vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erhalten bleibt“ (vgl. Ziffer 2.2.2.3.5.2 des Planfeststellungsbeschlusses). Da die zusammenfassende Darstellung keine Angaben über die aktuelle Erhaltungssituation der lokalen Population betroffener Arten enthalte, gründe sich die Bewertung erkennbar auf reine Spekulation. Davon abgesehen erwecke die im Planfeststellungsbeschluss getroffene Aussage den Eindruck, als wären die artenschutzrechtlichen Vorschriften zum alleinigen Maßstab der Bewertung erhoben worden. Der Beklagte bewerte nicht die Umweltverträglichkeit der Einwirkungen, sondern verhalte sich über deren rechtliche Zulässigkeit. Damit würden die Ebenen der Bewertung und der nachfolgenden Berücksichtigung in unzulässiger Weise miteinander vermischt.

192

Mit diesem Vorbringen vermag der Kläger einen Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG nicht aufzuzeigen.

193

Soweit er die Bewertung angreift, „dass der Erhaltungszustand der durch das Vorhaben betroffenen lokalen Populationen der Amphibien und Brutvögel durch verschiedene vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erhalten bleibt“, macht er bereits keinen Verstoß gegen Rechtsvorschriften geltend, die die äußere Ordnung des Verfahrens betreffen. Vielmehr zielt seine Kritik auf einen inhaltlich/methodischen Fehler ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, juris). Unabhängig davon sind der Beklagte und die Beigeladene dem Vorwurf, die Bewertung gründe sich auf reine Spekulation, überzeugend entgegengetreten. Die Einschätzungen zur lokalen Population sind danach über die Einstufungen der jeweiligen Gefährdungen nach den Roten Listen, eigenen Erkenntnissen des Beklagten sowie Abstimmungen mit der staatlichen Vogelschutzwarte und der Unteren Naturschutzbehörde erfolgt. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

194

Dem Vorwurf des Klägers, die Ebenen der Bewertung und der nachfolgenden Berücksichtigung würden in unzulässiger Weise miteinander vermischt, indem die artenschutzrechtlichen Vorschriften zum alleinigen Maßstab der Bewertung erhoben würden, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass sich die Bewertung der Umweltauswirkungen - ebenso wie die zusammenfassende Darstellung - von der Zulassungsentscheidung, d. h. der nachfolgenden Berücksichtigung unterscheiden muss. Sofern die Bewertung - wie hier - in die Zulassungsentscheidung aufgenommen wird, muss sie gesondert von deren Begründung dargestellt werden. Die Bewertung der Umweltauswirkungen ist, bevor sie in die Gesamtbewertung einfließt, exklusiv und explizit darzustellen (vgl. Beckmann in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 11 Rn. 19; Wulfhorst in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, UVPG, § 12 Rn. 15, 45). Bei der Bewertung sind auch rechtliche Maßstäbe zu berücksichtigen. Die Bewertung soll am Maßstab des geltenden Zulassungsrechts beurteilen, ob die beschriebenen Umweltauswirkungen hingenommen werden müssen oder nicht (vgl. Wulfhorst in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, UVPG, § 12 Rn. 14). Die rechtlichen Maßstäbe stehen jedoch nicht im Vordergrund der im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zu leistenden Bewertung, sondern bilden den Rahmen, innerhalb dessen sich die Bewertung zu vollziehen hat (vgl. Beckmann in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 12 Rn. 26). Diesen Anforderungen wird die unter Ziffer 2.2.2 des Planfeststellungsbeschlusses dokumentierte Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Systematik der Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens gerecht.

195

Unter Ziffer 2.2.2.2.2 des Planfeststellungsbeschlusses heißt es einleitend, dass die Bewertung nach § 12 UVPG a. F. (= § 25 UVPG n. F.) die Entscheidung im hiesigen Planfeststellungsverfahren vorbereite, indem sie die Ergebnisse der UVP für die Planfeststellung aufbereite. Sie stelle also die Verbindung zwischen UVP und abschließender Entscheidung dar. Das heiße, die Bewertung nach § 12 UVPG a. F. (= § 25 UVPG n. F.) habe ausschließlich die Umweltauswirkungen des Vorhabens zum Gegenstand. Erst bei der abschließenden Entscheidung bzw. Abwägung würden diese mit anderen Belangen zusammen betrachtet und verarbeitet. Nach § 12 UVPG a. F. (= 25 UVPG n. F.) bewerte die Planfeststellungsbehörde die Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG a. F. (= §§ 24, 26 UVPG n. F.) im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 2 und 4 UVPG a. F. (= § 3 UVPG n. F.) nach Maßgabe der geltenden Gesetze. Danach sei am Maßstab des geltenden Zulassungsrechts zu beurteilen, ob die im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung beschriebenen Umweltauswirkungen hingenommen werden müssen oder nicht. Die Bewertung sei zunächst für die einzelnen Schutzgüter vorzunehmen. Die Gesamtbewertung schließe sich hieran an. Im Anschluss an diese einleitenden Ausführungen zur Bewertung nach § 12 UVPG a. F. (= § 25 UVPG n. F.) erfolgt sodann unter Ziffer 2.2.2.3 des Planfeststellungsbeschlusses zu jedem Schutzgut zunächst eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen, an die sich eine schutzgutbezogene Bewertung der Umweltauswirkungen anschließt, die jeweils mit einem „Fazit in Bezug auf das UVPG“ endet. Im Anschluss daran erfolgt eine Darstellung und Bewertung der Wechselwirkungen sowie unter Ziffer 2.2.2.4 des Planfeststellungsbeschlusses eine schutzgutübergreifende Gesamtbewertung.

196

Die einleitenden Ausführungen zur Bewertung nach § 12 UVPG a. F. (= § 25 UVPG n. F.) und die nachfolgende schutzgutbezogene Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen verdeutlichen, dass der Beklagte seiner Umweltverträglichkeitsprüfung die korrekten Maßstäbe zugrunde gelegt und die erforderliche Trennung von Darstellung, Bewertung und nachfolgender Entscheidung entsprechend den soeben dargestellten Anforderungen vorgenommen hat. Eine vom Kläger behauptete unzulässige Vermischung von Darstellung, Bewertung und letztlicher Entscheidung liegt danach nicht vor. Es erfolgt zu jedem Schutzgut eine systematisch eindeutige Differenzierung. Es wird schutzgutbezogen eine Bewertung anhand des Maßstabs des UVPG vorgenommen. Die vom Kläger herangezogene Begründung des Beklagten, „dass der Erhaltungszustand der durch das Vorhaben betroffenen lokalen Populationen der Amphibien und Brutvögel durch verschiedene vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erhalten bleibt“, bedeutet keine Reduzierung des Prüfungsmaßstabs auf die Einhaltung der §§ 44 ff. BNatSchG. Vielmehr soll die Bewertung - wie bereits dargelegt - am Maßstab des geltenden Zulassungsrechts beurteilen, ob die beschriebenen Umweltauswirkungen hingenommen werden müssen oder nicht. Die rechtlichen Maßstäbe bilden den Rahmen, innerhalb dessen sich die Bewertung zu vollziehen hat. Dem wird die von dem Beklagten vorgenommene Bewertung der Umweltauswirkungen gerecht.

c)

197

Schließlich ist ein Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG auch nicht in dem Umstand zu erblicken, dass die Planunterlagen im (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren lediglich in den Gemeinden Großenkneten und Wardenburg zur allgemeinen Einsichtnahme ausgelegen haben, nicht jedoch in der Gemeinde Hatten.

198

Die Rüge des Klägers, dass eine Auslegung auch in der Gemeinde Hatten erforderlich gewesen sei, ist erstmals in der mündlichen Verhandlung am 30. Juli 2018 erfolgt. Sein diesbezüglicher Vortrag ist damit erst nach Ablauf der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG - bzw. der damals noch geltenden sechswöchigen Klagebegründungsfrist des § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG a. F. - erfolgt und die Verspätung von dem Kläger auch nicht gemäß § 6 Satz 2 UmwRG - bzw. § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a. F. - in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO genügend entschuldigt worden, so dass seine diesbezüglichen Erklärungen und Beweismittel bereits nicht zuzulassen sind. Zudem muss sein Vorbringen auch nach § 5 UmwRG unberücksichtigt bleiben, weil sich die erstmalige Geltendmachung der - angeblich - fehlenden Auslegung in der Gemeinde Hatten in der mündlichen Verhandlung als rechtsmissbräuchlich und unredlich darstellt.

199

Unabhängig davon - und insoweit die Entscheidung selbständig tragend - war eine Auslegung der Planunterlagen in der Gemeinde Hatten jedoch auch nicht erforderlich. Nach § 73 Abs. 2 VwVwG ist der Plan in den Gemeinden auszulegen, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird. Der Bestimmung des Auslegungsortes zugrunde zu legen sind solche Auswirkungen, die eine planerische Konfliktbewältigung gerade im anstehenden Planfeststellungsverfahren erforderlich machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.11.2016 - 9 A 18.15 -, juris). Der Kläger ist der Auffassung, in der Gemeinde Hatten komme es durch den deponiebedingten Verkehr zu Betroffenheiten, die eine Auslegung erforderlich machten. Dem kann nicht gefolgt werden. Zwar zieht das Deponievorhaben, welches in der Gemeinde Großenkneten und - hinsichtlich einzelner Kompensationsmaßnahmen - in der Gemeinde Wardenburg verwirklicht werden soll, An- und gegebenenfalls auch Ablieferverkehre mit Lkw zu und von dem geplanten Deponiestandort nach sich. Allerdings ergeben sich daraus im Bereich der Gemeinde Hatten keine Auswirkungen, die eine Konfliktbewältigung im Planfeststellungsverfahren erforderlich gemacht hätten. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass zu berücksichtigende Auswirkungen bei linienförmigen Vorhaben wie dem Ausbau eines Verkehrsweges auch hierauf zurückzuführende Steigerungen des Verkehrs auf nachfolgenden Streckenabschnitten sein können. Eine solche Feststellung ist beim engmaschigen Straßennetz mit seinen sich vielfältig aufspaltenden Verkehrsströmen indes auf einen engeren Bereich beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.11.2016 - 9 A 18.15 -, juris). Auch wenn es sich vorliegend nicht um ein linienförmiges Vorhaben handelt, sind die Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die Auswirkungen des deponiebedingten Lkw-Verkehrs können aufgrund der vielfältigen Verkehrsströme und der zu erwartenden Vermischung mit dem normalen Verkehr lediglich auf einen sehr engen Bereich um den Deponiestandort herum beschränkt werden. Ausweislich des Schalltechnischen Berichts Nr. LL5687.1/05 zur Lärmsituation im Bereich der geplanten Mineralstoffdeponie DK I der C. GmbH in AE.“ der AD. GmbH vom 03. Juli 2013 (vgl. Anlage 29 der Planunterlagen) wird das Deponiegelände für den Fall des Szenarios 1 (Erstellung einer Basisabdichtung im Bereich des Bauabschnitts IV bei gleichzeitigem Deponiebetrieb im Bauabschnitt III) täglich von maximal 45 Lkw angefahren. Für den Fall des Szenarios 2 (Deponiebetrieb im Bauabschnitt IV bei gleichzeitiger Oberflächenabdichtung im Bauabschnitt III) verringert sich die Anzahl der anfahrenden Lkw auf insgesamt 35 Lkw täglich. Die schalltechnische Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Mineralstoffdeponie keine unzulässigen Geräuschimmissionen zu erwarten sind; selbst am nächstgelegenen Immissionspunkt IP 01 „AT.“ werden die Immissionsrichtwerte unterschritten. Die Gemeine Hatten grenzt nicht unmittelbar an den Deponiestandort an. Bis die deponiebedingten Lkw-Verkehre die Grenze der Gemeinde Hatten erreicht haben, hat eine Durchmischung der deponiebedingten Verkehre mit dem normalen Verkehr stattgefunden. Diese Durchmischung findet - ausweislich der überzeugenden Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - von Deponiestandort aus gesehen bereits ab der L 870 (Sager Straße) statt. Jedenfalls aber ist mit einer solchen Durchmischung auf der Autobahn A 29 zu rechnen. Der Beklagte hat daher zu Recht darauf verwiesen, dass eine Auslegung der Planunterlagen in der Gemeinde Hatten unter Beachtung der Beurteilungskriterien der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (16. BImSchV) nicht geboten gewesen ist.

II.

200

Auch in materieller Hinsicht weist der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses keine Rechtsfehler auf.

1.

201

Das planfestgestellte Vorhaben ist - dies stellt auch der Kläger letztlich nicht in Frage - planerisch gerechtfertigt.

202

Die Planrechtfertigung ist ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung. Sie ist Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in Rechte Dritter verbunden ist. Das Erfordernis ist erfüllt, wenn für das Vorhaben gemessen an den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei einer Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.04.2016 - 8 C 10674/15 -, juris).

203

Das hier im Streit stehende Deponievorhaben ist aus Gründen des Allgemeinwohls objektiv geboten. Der Beklagte hat die Frage, ob ein Bedarf für die Mineralstoffdeponie Haschenbrok gegeben ist, im Planfeststellungsverfahren eingehend geprüft (vgl. Ziffer 2.2.3.1 des Planfeststellungsbeschlusses). Dabei hat er erkannt, dass der Umstand, dass die Beigeladene ein privater Vorhabenträger ist, nichts daran ändert, dass die Planfeststellung prinzipiell als gemeinnützig zu beurteilen ist und für das Vorhaben das öffentliche Entsorgungsinteresse streiten muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.03.1990 - 7 C 21.89 -, juris). Bei der Bedarfsanalyse ist der Beklagte in zwei Schritten vorgegangen. Zum einen hat er die Gesamtsituation, wie sie sich insbesondere aus den Bedarfsdarstellungen des gültigen Abfallwirtschaftsplans des Landes Niedersachsen ableitet, betrachtet. Zum anderen hat er anhand der eingereichten Planunterlagen geprüft, ob Abfälle in einem ausreichenden Umfang anfallen, die eine hinreichende Auslastung des Vorhabens erwarten lassen. Beides ist nach den zutreffenden Feststellungen des Beklagten der Fall.

2.

204

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ist mit den sonstigen materiell-rechtlichen Vorgaben vereinbar.

205

Gemäß § 36 Abs. 1 KrWG darf der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Abs. 2 nur erlassen werden, wenn 1. sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere a) keine Gefahren für die in § 15 Abs. 2 Satz 2 genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können, b) Vorsorge gegen die Beeinträchtigungen der in § 15 Abs. 2 Satz 2 genannten Schutzgüter in erster Linie durch bauliche, betriebliche oder organisatorische Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik getroffen wird und c) Energie sparsam und effizient verwendet wird, 2. keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers oder der für die Errichtung, Leitung oder Beauftragung des Betriebes oder für die Nachsorge der Deponie verantwortlichen Personen ergeben, 3. diese Personen im Sinne der Nr. 2 und das sonstige Personal über die für ihre Tätigkeit erforderliche Fach- und Sachkunde verfügen, 4. keine nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind und 5. die für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaftsplans dem Vorhaben nicht entgegenstehen. Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG liegt insbesondere dann vor, wenn 1. die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird, 2. Tiere oder Pflanzen gefährdet werden, 3. Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden, 4. schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden, 5. die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder 6. die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird.

a)

206

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses verstößt nicht gegen das bauplanungsrechtliche Anpassungsgebot aus § 7 Satz 1 BauGB.

207

Nach dieser Vorschrift haben öffentliche Planungsträger, die an der Aufstellung eines Flächennutzungsplans nach § 4 oder § 13 BauGB beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. § 7 Satz 1 BauGB spricht dem Flächennutzungsplan - beschränkt auf den Fall des trotz ordnungsgemäßer Beteiligung unterbliebenen Widerspruchs des öffentlichen Planungsträgers - eine ihm sonst als Plan eigener Art ohne normative Wirkung nicht zukommende rechtliche Verbindlichkeit zu. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans werden in diesem Fall zu den öffentlichen Planungsträger rechtlich bindenden Vorgaben, die es ihm untersagen, sich in Gegensatz zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans zu setzen. § 7 Satz 1 BauGB geht damit über die allgemeine Pflicht zur Berücksichtigung städtebaulicher Belange bei der fachplanerischen Abwägung hinaus (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 9 A 13.09 -, juris; Urteil des Senats vom 26.10.2011 - 7 KS 4/10 -, juris). Die Bindung der Fachplanung an den Flächennutzungsplan im Fall des unterlassenen Widerspruchs gilt - wie § 38 Satz 2 BauGB ausdrücklich klarstellt - auch für die nach § 38 Satz 1, 1. Halbsatz BauGB gegenüber der Ortsplanung im Übrigen privilegierten Vorhaben (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 9 A 13.09 -, juris; Urteil des Senats vom 26.10.2011 - 7 KS 4/10 -, juris).

208

Nach dem Flächennutzungsplan der Gemeinde Großenkneten (in der hier maßgeblichen Fassung seiner 73. Änderung) ist unter anderem ein Teilbereich der Vorhabenfläche als Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung „Windenergie“ ausgewiesen. Bereits im Rahmen der 47. Änderung des Flächennutzungsplans wurden in der Gemeinde Großenkneten zwei Bereiche für die Nutzung der Windenergie festgelegt. Der Flächennutzungsplan in der Fassung der 47. Änderung stellt in Bissel und Döhlen Sonderbauflächen mit der Zweckbestimmung „Windenergie“ dar. Die 47. Änderung wurde mit Verfügung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 09. März 1999 genehmigt und ist seit dem 10. Juli 1999 rechtswirksam. Die im Flächennutzungsplan ausgewiesene Sonderbaufläche in Döhlen entspricht im Wesentlichen dem mit dem Bebauungsplan Nr. 97 der Gemeinde Großenkneten festgesetzten „Windpark Döhlen“. Der Bebauungsplan Nr. 97 wurde am 18. Dezember 2006 als Satzung beschlossen und ist mit seiner Bekanntmachung am 08. Januar 2007 in Kraft getreten. Die Art der baulichen Nutzung ist durch Festsetzung eines Sondergebiets mit der Zweckbestimmung „Windpark“ bestimmt. Dieses dient gemäß der textlichen Festsetzung Nr. 1 vorwiegend der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen sowie landwirtschaftlichen Nutzungen, ausgenommen Aufforstungen zu Wald. Als bauliche Anlagen sind maximal sechs Windkraftanlagen zulässig.

209

Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Anpassungsgebot des § 7 Satz 1 BauGB liegt hier aus mehreren Gründen nicht vor.

210

Öffentliche Planungsträger, die einer Anpassungspflicht nach § 7 Satz 1 BauGB unterliegen können, sind insbesondere die Träger der in § 38 Satz 1 BauGB erwähnten privilegierten Fachplanungen (vgl. Schrödter in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage, § 7 Rn. 3; Mitschang in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 7 Rn. 1). Der Träger des Vorhabens ist bei förmlichen Fachplanungen, in denen - wie hier - die Zulässigkeit des Vorhabens in einem Planfeststellungsverfahren mit einem Planfeststellungsbeschluss festgestellt wird, von der für die Planfeststellung zuständigen Behörde zu unterscheiden. Öffentlicher Planungsträger nach § 7 BauGB ist der Vorhabenträger, d. h. regelmäßig nicht die Planfeststellungsbehörde (vgl. Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bie-lenberg/Krautzberger, BauGB, 127. EL Oktober 2017, § 7 Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.01.1997 - 8 S 991/96 -, juris). Ob § 7 BauGB auch auf Planungen privater Vorhabenträger anzuwenden ist, kann angesichts des allein öffentliche Planungsträger erwähnenden Wortlauts zweifelhaft sein. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Anpassungspflicht jedenfalls dann entsteht, wenn das private Vorhaben - wie hier - als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen ist und der festgestellte Plan Grundlage von Enteignungen sein kann (vgl. Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 127. EL Oktober 2017, § 7 Rn. 4a; Schrödter in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage, § 7 Rn. 8; Hessischer VGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 3/05 -, juris).

211

Dies zugrunde gelegt, ist öffentlicher Planungsträger im Sinne des § 7 Satz 1 BauGB vorliegend die Beigeladene als privater Vorhabenträger. Ein Verstoß gegen das Anpassungsgebot nach § 7 Satz 1 BauGB kann ihr schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil sie - soweit erkennbar - bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans nicht nach § 4 oder § 13 BauGB beteiligt worden ist.

212

Umstritten ist, ob Planungsträger nach § 7 BauGB nur der Vorhabenträger ist oder ob auch die Planfeststellungsbehörde zum Widerspruch und zur Anpassung verpflichtet ist. Nach wohl herrschender Meinung ist die Planfeststellungsbehörde jedenfalls während des bei ihr anhängigen Verfahrens öffentlicher Planungsträger nach § 7 Satz 1 BauGB und damit gehalten, förmlich Widerspruch gegen den Flächennutzungsplan zu erheben, wenn sie eine Anpassungspflicht vermeiden will (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.04.2007 - 8 ZB 06.2648 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.01.1997 - 8 S 991/96 -, juris; Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 127. EL Oktober 2017, § 7 Rn. 4b; a. A. Schrödter in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage, § 7 Rn. 4).

213

Eine Bindung des Beklagten als Planfeststellungsbehörde kommt vorliegend wohl bereits deshalb nicht in Betracht, weil zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan der Gemeinde Großenkneten - entscheidend dürfte hier wohl die 47. Änderung sein, mit der in Bissel und Döhlen Sonderbauflächen mit der Zweckbestimmung „Windenergie“ dargestellt wurden - das Planfeststellungsverfahren betreffend die Mineralstoffdeponie Haschenbrok noch nicht bei der Planfeststellungsbehörde anhängig war und der Beklagte daher auch nicht als öffentlicher Planungsträger gehalten sein konnte, Widerspruch gegen den Flächennutzungsplan zu erheben, um eine Anpassungspflicht zu vermeiden (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 3/05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.01.1997 - 8 S 991/96 -, juris). Dies kann jedoch letztlich ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Beklagte bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans im Sinne des § 7 Satz 1 BauGB beteiligt wurde.

214

Es liegt jedenfalls kein Verstoß gegen die Anpassungspflicht vor. Die Planung hält sich innerhalb des durch den Flächennutzungsplan der Gemeinde Großenkneten verbindlich vorgegebenen Rahmens.

215

Nach herrschender Meinung wird die Anpassungspflicht nach § 7 Satz 1 BauGB dem Entwicklungsgebot im Verhältnis von Flächennutzungsplan und Bebauungsplan nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB gleichgesetzt. Den öffentlichen Planungsträger trifft im Planfeststellungsverfahren daher die gleiche Bindung wie die Gemeinde nach § 8 Abs. 2 BauGB bei Aufstellung eines Bebauungsplans. Der Flächennutzungsplan ist nur ein Rahmenplan. Er stellt die Grundstücksnutzung im Gemeindegebiet nur in den Grundzügen dar. Die Anpassungspflicht hat zum Gegenstand, dass der Fachplanungsträger seine Fachplanung so zu gestalten hat, dass sie als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt gelten kann. Mit dem Begriff des Entwickelns ist eine gewisse Gestaltungsfreiheit verbunden, soweit die Planung nicht der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans widerspricht und sich die Abweichungen vom Flächennutzungsplan aus dem Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe rechtfertigen. Für die Beurteilung, ob noch ein Entwickeln vorliegt, sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 9 A 13.09 -, juris; Urteil des Senats vom 26.10.2011 - 7 KS 4/10 -, juris; Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 127. EL Oktober 2017, § 7 Rn.10b f., § 8 Rn. 34 ff.). So ist beispielsweise ein Bebauungsplan nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, wenn er die Errichtung von Windkraftanlagen für mehr als die Hälfte der Fläche ausschließt, die nach den Darstellungen des Flächennutzungsplans für die Errichtung von Windkraftanlagen geeignet ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.02.2004 - 7a D 134/02.NE -, juris). Die Ausweisung von Sondergebieten für Windkraftanlagen im Flächennutzungsplan schließt es aber nicht aus, die Errichtung solcher Anlagen durch einen Bebauungsplan einer Feinsteuerung zu unterziehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.02.2010 - 2 A 18/07 -, juris).

216

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass das hier streitgegenständliche Vorhaben der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans widerspricht. Insoweit ist zu beachten, dass der Flächennutzungsplan vorliegend bereits durch den Bebauungsplan Nr. 97 „Windpark Döhlen“ konkretisiert worden ist. Dies kann bei der Frage, ob noch ein Entwickeln vorliegt im Sinne des § 7 Satz 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorliegt, nicht unberücksichtigt bleiben.

217

Die im Flächennutzungsplan dargestellte Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung „Windenergie“ wird von der geplanten Deponie Haschenbrok nur im Randbereich in Anspruch genommen. Wie bereits dargelegt, entspricht die im Flächennutzungsplan ausgewiesene Sonderbaufläche in Döhlen im Wesentlichen dem mit dem Bebauungsplan Nr. 97 der Gemeinde Großenkneten festgesetzten „Windpark Döhlen“. Ausweislich des Gutachtens des Dipl. Phys. AU. der W. GmbH & Co. KG „Ermittlung des Einflusses einer Mineralstoffdeponie auf bestehende Windenergieanlagen in Bezug auf den mittleren jährlichen Energieertrag, Staubentwicklung und Repowering-Möglichkeiten am Standort Döhlen“ vom 03. Januar 2012 (vgl. Anlage 44 der Planunterlagen) umfasst die Fläche des Windparkgebiets, welche nach dem Bebauungsplan Nr. 97 zur Nutzung für Windenergie zur Verfügung steht, ca. 0,61 km². Etwa 0,05 km² davon liegen auf der Fläche der geplanten Mineralstoffdeponie, das entspricht einem Flächenanteil von ca. 8 %. Die für Windenergie zur Verfügung stehende Fläche wird somit nur um ca. 8 % reduziert. Es verbleibt damit noch genügend Platz für die Positionierung der nach dem Bebauungsplan Nr. 97 zugelassenen Windkraftanlagen. Der Bebauungsplan Nr. 97 enthält - wie dargelegt - eine begrenzende Festlegung auf sechs Windkraftanlagen im Planbereich. Diese Festsetzung ist vorliegend bereits ausgeschöpft.

218

Auch ein Repowering der bestehenden Windkraftanlagen ist nach dem Gutachten des Dipl. Phys. AU. möglich, da die Größe der Fläche auch ohne die durch die Deponie belegte Fläche ausreichend Möglichkeiten für die Positionierung der zugelassenen sechs Windkraftanlagen bietet (vgl. Anlage 44 der Planunterlagen).

219

Im Übrigen steht nach der Verfüllung der Deponie und Abdichtung der Deponieoberfläche auch der Deponiekörper wieder als Fläche für die Windenergie zur Verfügung, so dass mit einer Reduzierung der für die Windenergie zur Verfügung stehenden Fläche nur für den Übergangszeitraum des aktiven Deponiebetriebs gerechnet werden muss. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Deponiekörper hätte die Schädigung des Oberflächenabdichtungssystems zur zwangsläufigen Folge, bleibt diese Vermutung unsubstantiiert und ist durch nichts belegt. Im Gegenteil ist der Senat davon überzeugt, dass die Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Deponiekörper technisch möglich wäre. So hat der Dipl. Phys. AU. darauf hingewiesen, dass es sich um eine Mineralstoffdeponie mit sehr hoher Bodendichte handele. Sie werde für den Bau von Windenergieanlagen prinzipiell geeignet sein. Ähnliche Errichtungen seien in Deutschland schon mehrfach durchgeführt worden (vgl. Anlage 44 der Planunterlagen). Auch die Beigeladene hat darauf verwiesen, dass eine Errichtung von Windkraftanlagen technisch unproblematisch möglich sei und dass es genügend Beispiele sogar bei weit problematischeren Deponien mit wesentlich gefährlicheren Abfällen gebe (vgl. als Beispiel: https://www.iba-hamburg.de/projekte/energieberg-georgswerder/projekt/energieberg-georgswerder.html). Mit diesem Vorbringen setzt sich der Kläger nicht auseinander. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Deponiekörper mit der dort vorgesehenen Ausgleichsmaßnahme ACEF8* nicht vereinbar wäre. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass durch die Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Deponiekörper allenfalls eine Fläche von 30 - 40 m² von dem Maßnahmenfläche ACEF8* abgezogen werden müsste.

220

Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die im Streit stehenden Grundstücke der Beigeladenen bzw. ihren Geschäftsführern gehören und aus diesem Grund eine Errichtung von Windenergieanlagen auf den Flächen - unabhängig von den Festsetzungen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans - vom Einverständnis der Eigentümer abhängig ist.

221

Schließlich ist zu beachten, dass bei Nichtrealisierung des hier streitigen Vorhabens die Rekultivierungsverpflichtung aus den Sandabbaugenehmigungen des Landkreises Oldenburg wiederaufleben würde, wonach auf 13,5 ha ein Stieleichen-Hainbuchenwald zu entwickeln wäre. Nicht nur liefe auch dies den Darstellungen des Flächennutzungsplans und der textlichen Festsetzung Nr. 1 in dem Bebauungsplan Nr. 97 entgegen, wonach Aufforstungen zu Wald von den zulässigen Nutzungen ausgenommen sind, vielmehr würden die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen durch eine Aufforstung ebenfalls erschwert werden. Es käme in diesem Fall nach den Berechnungen des Gutachters Dipl. Phys. AU. zu einem - wenn auch geringfügigen - Ertragsverlust (vgl. Anlage 44 der Planunterlage).

222

Nach allem ist festzustellen, dass die Errichtung und der Betrieb der Deponie nach dem Gutachten des Dipl. Phys. AU. einen nur zu vernachlässigenden Einfluss auf die Nutzung als Fläche für Windenergie hat. Die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans wird damit nicht angetastet.

b)

223

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses verstößt nicht gegen Regelungen des Artenschutzes.

224

Bei der Prüfung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, steht der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Sie betrifft sowohl die ökologische Bestandsaufnahme als auch deren Bewertung, namentlich die Quantifizierung möglicher Betroffenheiten und die Beurteilung ihrer populationsbezogenen Wirkungen. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

225

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses leidet hinsichtlich der Methodik und des Umfangs der Bestandserfassung bei Zugrundelegung der insoweit anzulegenden rechtlichen Maßstäbe an keinen gerichtlich zu beanstandenden Mängeln (dazu unter aa)). Er hat auch die erforderlichen Vorkehrungen getroffen, damit durch das Vorhaben keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt werden (dazu unter bb)).

aa)

226

Methodik und Umfang der gutachterlichen Ermittlungen zum Artenschutz und die Bewertung der von dem Vorhaben voraussichtlich verursachten artenschutzrechtlichen Betroffenheiten sind rechtlich nicht zu beanstanden.

227

Die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, setzt zunächst eine ausreichende Bestandsaufnahme der im seinem Einwirkungsbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich artenschutzrechtlicher Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Auch Stichproben können daher gegebenenfalls genügen. Ein allgemeinverbindlicher Standard, aus dem sich ergibt, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und Bestandsaufnahme als artenschutzfachliche Beurteilungsgrundlage ausreicht, besteht nicht. Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten im Eingriffsbereich. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Die zuständige Behörde muss sich gerade nicht Gewissheit darüber verschaffen, dass Beeinträchtigungen nicht auftreten werden. Die notwendige Bestandsaufnahme wird sich regelmäßig aus zwei wesentlichen Quellen speisen, nämlich der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und einer Bestandserfassung vor Ort, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Erst durch eine aus beiden Quellen gewonnene Gesamtschau kann sich die Planfeststellungsbehörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen. Dabei ist hinsichtlich der Bestandsaufnahme vor Ort auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine Erhebung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem aufgrund vielfältiger Einflüsse ständigem Wechsel unterliegenden Naturraum handelt. Bestandsaufnahmen vor Ort, so umfassend sie auch angelegt sein mögen, stellen letztlich nur eine Momentaufnahme und aktuelle Abschätzung der Situation von Fauna und Flora im Plangebiet dar, die den tatsächlichen Bestand nie vollständig abbilden können. Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderliche Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Arten zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde daraus entsprechende Schlussfolgerungen zieht. Diese bedürfen ebenso wie sonstige Analogieschlüsse der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und, sofern der Sachverhalt dadurch angemessen erfasst werden kann, mit Worst-Case-Betrachtungen zu arbeiten. Da die Bestandserfassung und die daran anschließende Beurteilung, ob und inwieweit naturschutzrechtlich relevante Betroffenheiten vorliegen, auf ökologische Bewertungen angewiesen sind, für die normkonkretisierende Maßstäbe und verbreitet auch gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Standards fehlen, steht der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Die in diesem Rahmen getroffenen, auf fachgutachtliche Stellungnahmen gestützten Annahmen der Planfeststellungsbehörde unterliegen gerichtlicher Prüfung nur dahin, ob sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 16.16 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 (7 A 14.12) -, juris; BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, juris; BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris).

228

Von daher ist eine naturschutzfachliche Meinung einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder „strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird. Die artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangen vom Vorhabenträger bzw. von der Planfeststellungsbehörde nicht, bei wissenschaftlichen Unsicherheiten oder Meinungsverschiedenheiten Forschungsaufträge zu vergeben oder Untersuchungen anzustellen, deren Aufwand und wissenschaftlicher Anspruch letztlich auf solche hinauslaufen. Nehmen sie insoweit einen nach aktuellem Erkenntnisstand fachwissenschaftlich vertretbaren Standpunkt ein, so ist dagegen rechtlich nichts zu erinnern (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris).

229

Diesen Anforderungen genügt die dem Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses zugrundeliegende Bestandsaufnahme sowohl in ihrem grundsätzlichen methodischen Ansatz als auch in ihrer Durchführung. Die einzelnen artbezogenen Erfassungen sind - soweit sie vom Kläger gerügt werden - nicht zu beanstanden.

(1)

230

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Erfassung der Amphibien, insbesondere hinsichtlich des Vorkommens der Kreuzkröte.

231

Vor Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses hat der Kläger - vorrangig im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung - gerügt, dass ein Defizit im Hinblick auf die Bestandserfassung der Amphibien gegeben sei. Entscheidungserhebliche Sachinformationen, insbesondere seine Hinweise zum Arteninventar der Sandabgrabung vom 10. Dezember 2014 (vgl. Blatt 47 ff. der Beiakte 025) und vom 27. Oktober 2015 (Blatt 85 ff. der Beiakte 026), seien unberücksichtigt geblieben. Die im Planfeststellungsbeschluss getroffene Aussage, für die Kreuzkröte habe die Sandgrube nur eine geringe Bedeutung als Sommerlebensraum und Laichhabitat, zeuge von der Außerachtlassung seiner Angaben.

232

In seinem im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 22. Juli 2016 (Az. 7 MS 19/16, juris) hat der Senat die Zweifel des Klägers an einer methodengerechten Amphibienkartierung geteilt und es als offen beurteilt, ob der Beklagte die Bedeutung des Kreuzkrötenlebensraumes sachgerecht erfasst habe. Der Senat hat ausgeführt, Zweifel an Art und Umfang der Untersuchungen würden sich maßgeblich daraus ergeben, dass im Rahmen der Vermeidungsmaßnahme V6(neu) in der Zeit vom 30. März bis zum 10. Juni 2016 insgesamt 350 Kreuzkröten gefangen und umgesetzt worden seien (vgl. Statusbericht (Prüfbericht Nr. 7) der AV. GmbH vom 10. Juni 2016). Zwar seien nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführte Erhebungen oder sonstige Erfassungen in einem Naturraum in der Regel nicht geeignet, eine der Planung zugrundeliegende frühere, nach Methodik und Umfang ordnungsgemäße artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme in Frage zu stellen. Aufgrund der erheblichen Diskrepanz in der Anzahl der ermittelten Kreuzkröten stelle sich jedoch die ernsthafte und naheliegende Frage, ob die von dem Beklagten bzw. der Beigeladenen durchgeführten Bestandsaufnahmen fachwissenschaftlich vertretbar gewesen seien, insbesondere ob nicht der Einsatz eines Fangzaunes oder ähnlicher Einrichtungen erforderlich gewesen wäre. Die Zahlen der im Rahmen der Vermeidungsmaßnahme V6(neu) im Frühjahr 2016 gefangenen und umgesetzten Kreuzkröten gingen derart über die Zahlen der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Bestandsaufnahme hinaus, dass ein Beruhen dieser Differenz jedenfalls nicht ohne Weiteres mit stets möglichen Veränderungen im Naturraum begründet werden könne.

233

Sowohl den vom Senat im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geäußerten Zweifeln an einer methodengerechten Amphibienkartierung als auch der vom Kläger geäußerten Kritik an der ursprünglichen Bestandserfassung der Amphibien ist jedenfalls nach Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses die Grundlage entzogen. Im Rahmen des Planänderungsverfahrens ist es zu zusätzlichen Erfassungen der Amphibien gekommen, die eine Neubewertung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und im landschaftspflegerischen Begleitplan sowie eine Überarbeitung des Maßnahmenkonzepts nach sich gezogen haben.

234

Nach Ziffer 3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) ergänzen die im Jahr 2015 durch AW. erfassten Amphibienvorkommen (AW. 2016 = Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) die bisher dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegenden, zum Teil deutlich älteren Erkenntnisse zu dieser Artengruppe (AX. 2014, AY. 2014a, AZ. 2014). Die von AW. im Jahr 2015 ermittelten Amphibienvorkommen im Untersuchungsraum der Deponie werden durch die aktuellen Erkenntnisse der im Jahr 2016 durchgeführten Umweltbaubegleitung maßgeblich konkretisiert (AX. 2016). Ergänzend berücksichtigt wurden die vom Kläger mit Schriftsatz vom 09. Februar 2016 nachträglich vorgelegten Informationen zum Amphibien-Vorkommen (AY. 2014b und 2015).

235

Das methodische Vorgehen wird unter Ziffer 3.2.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags näher erläutert. Zur Erfassung der Amphibien wurden danach im Jahr 2015 durch AW. (2016) alle potenziell als Laichhabitate geeigneten Stillgewässer und Wanderbewegungen zwischen diesen und Landlebensräumen innerhalb des insgesamt rund 150 ha großen Untersuchungsraumes nördlich und südlich der Krumlander Straße untersucht. Im Jahr 2016 fand im Zuge der Umweltbaubegleitung eine quantitative Erfassung der Amphibien in Teilbereichen der Vorhabenfläche mittels Fangzäunen und künstlichen Verstecken nördlich der Krumlander Straße statt. Weiterhin wurden alle geeigneten Laichhabitate in der gesamten Vorhabenfläche täglich kontrolliert (AX. 2016).

236

Im Rahmen der durchgeführten Laichgewässerkartierung 2015 (AW. 2016) erfolgte nach Ziffer 3.2.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags die Untersuchung der Gewässer (inklusive temporärer Gewässer) als potenzielle Laichhabitate und Jahreslebensräume von Amphibien. Weiterhin wurde die Grube auf ihre Funktion als Landlebensraum (z. B. Tagverstecke und Winterhabitate) hin untersucht. Die Geländearbeit umfasste das Verhören von rufenden Männchen in den Gewässern sowie das Absuchen der gesamten Uferbereiche und der Wasserfläche bzw. Flachwasserzonen nach Laich, Larven und adulten Tieren. An mehreren Terminen wurden ergänzend Klangattrappen eingesetzt. Weiterhin wurden zum Nachweis von Molchen und Amphibienlarven die Gewässer abgekeschert und mittels Reusenfallen beprobt. Während der Nachtbegehungen erfolgte zusätzlich ein Ableuchten der Gewässer mittels Taschenlampe, um den Besatz mit Molchen abzuschätzen. Die Amphibienbestände wurden, soweit möglich, quantitativ erfasst. Weiterhin wurde im Bereich der Landlebensräume der Sandgrube nach von Kreuzkröten besetzten Tagverstecken sowie (während der Nachtbegehungen) nach aktiven Tieren gesucht. Zum Nachweis von Tieren in Tagverstecken wurden im Zuge der ersten Begehung ergänzend künstliche Verstecke (KV) in Form von 50 x 80 cm großen Teichfolie- und Dachpappe-Abschnitten ausgebracht. Diese wurden bei den folgenden Begehungen regelmäßig kontrolliert. Die Untersuchung der Laichgewässer und der umgebenden Lebensräume erfolgte im Rahmen von insgesamt zehn Begehungen im Zeitraum von März bis August.

237

Im Rahmen der durchgeführten Linientaxierung 2015 (AW. 2016) wurden nach Ziffer 3.2.1.2 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags zur Erfassung von Wanderbewegungen adulter Amphibien sowie (später im Jahr) der Jungtiere auf geeigneten Transekten inner- und außerhalb der Grube nächtliche Scheinwerfer-Kartierungen durchgeführt. Dazu wurden in geeigneten Wandernächten (Nächte mit möglichst hoher Luftfeuchtigkeit und/oder Niederschlägen, im zeitigen Frühjahr zusätzlich bei möglichst hohen Temperaturen) Transekte in der Grube selbst sowie in den umgebenden Bereichen langsam abgegangen und abgeleuchtet. Die Scheinwerfer-Kartierung/Linientaxierung erfolgte zur Zeit der artspezifischen Wanderungen/Aktivitäten in zehn Nächten, jeweils ab Sonnenuntergang für eine Dauer von fünf Stunden.

238

Nach Ziffer 3.2.1.3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags fand im Rahmen der Umweltbaubegleitung 2016 (AX. 2016) von Anfang April 2016 bis zum 25. Oktober 2016 eine quantitative Erfassung der Amphibien im Bereich der ursprünglich festgelegten Bauabschnitte I bis III mittels Fangzäunen, Fangkreuzen und Kunstverstecken statt. Zum Fang wurden eingegrabene Eimer eingesetzt. Die gefangenen Amphibien wurden in Bauabschnitt IV ausgesetzt. Die Erfassung der Amphibien erfolgte bis zum 25. Oktober 2016 durch tägliche Kontrolle der Eimer, Amphibienfangzäune und Kunstverstecke am frühen Morgen. Auf eine zweite Kontrolle in den Abendstunden wurde verzichtet, da es sich bei der Kreuzkröte um eine weitgehend nachtaktive Art handelt. Zusätzlich wurden zwei orientierende Nachtbegehungen zur Erfassung der nachtaktiven Amphibien durchgeführt (Abgehen der Fangzäune, Erfassung rufender Männchen an den Gewässern). Die Ergebnisse der Erfassungen wurden protokolliert und durch Fotos belegt. Eine Auswertung des Laichgeschehens in den während Regenperioden zusätzlich natürlich entstandenen Kleingewässern konnte nur sporadisch vorgenommen werden.

239

Diese im Planänderungsverfahren erfolgten zusätzlichen Erfassungen der Amphibien werden - soweit ersichtlich - von dem Kläger nicht angegriffen. Mängel sind auch aus der Sicht des Senats nicht offensichtlich. Durch die Planänderung hat sich damit die Kritik des Klägers an einer defizitären Bestandserfassung überholt und letztlich erledigt.

(2)

240

Die Erfassung der Avifauna im Untersuchungsraum ist ebenfalls weder mit Blick auf die angewandte Methode noch mit Blick auf ihren Umfang von Rechts wegen zu beanstanden.

241

Vor Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses hat der Kläger - auch insoweit vorrangig im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung - gerügt, dass ein Defizit im Hinblick auf die Bestandserfassung der Avifauna geben sei. Es seien auch im Hinblick auf die Avifauna entscheidungserhebliche Sachinformationen, insbesondere seine Hinweise zum Arteninventar der Sandabgrabung vom 10. Dezember 2014 (vgl. Blatt 47 ff. der Beiakte 025) und vom 27. Oktober 2015 (Blatt 85 ff. der Beiakte 026), außer Acht gelassen worden. Die Annahme, dem Untersuchungsraum käme eine lokale Bedeutung für Brutvögel zu, sei nur dadurch erklärbar, dass der in 2015 nachgewiesene Brutbestand nicht berücksichtigt worden sei.

242

Diese vom Kläger geäußerte Kritik an der ursprünglichen Bestandserfassung der Avifauna vermag nach Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ebenfalls nicht mehr zu überzeugen. Im Rahmen des Planänderungsverfahrens ist es auch im Hinblick auf die Avifauna zu zusätzlichen Erfassungen gekommen, die eine Neubewertung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und im landschaftspflegerischen Begleitplan sowie eine Überarbeitung des Maßnahmenkonzepts nach sich gezogen haben.

243

Nach Ziffer 3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) ergänzen die Erkenntnisse zum Vorkommen der Brutvögel aus dem Jahr 2015 (AW. 2016 = Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) die bisher dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegenden, zum Teil deutlich älteren Erkenntnisse zu dieser Artengruppe (AX. 2014, AZ. 2010, BA. 2004). Ergänzend berücksichtigt wurden die vom Kläger mit Schriftsatz vom 09. Februar 2016 nachträglich vorgelegten Informationen zum Vorkommen von Brutvögeln (BB. 2014 und 2015).

244

Das methodische Vorgehen wird unter Ziffer 3.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags näher erläutert. Danach wurde durch AW. (2016) im Jahr 2015 eine flächendeckende Erfassung der Brutvogelarten im insgesamt rund 150 ha großen Untersuchungsraum durchgeführt (Revierkartierung). Hierzu wurden die Revierzentren für alle Arten möglichst genau aufgenommen. Bei den artspezifischen Erfassungsmethoden und Erfassungszeiträumen wurden die Angaben nach Südbeck et al. (2005) berücksichtigt. Die Erfassung erfolgte bei geeigneter Witterung und zu artspezifisch günstigen Erfassungszeitpunkten mit insgesamt acht Begehungen. Das Untersuchungsgebiet wurde von Anfang März bis Ende Juni in sechs Morgenbegehungen voll erfasst und in zwei Abendbegehungen auf das Vorkommen von adulten und juvenilen Eulen sowie Rallen, Ziegenmelker, Schwalben und Segler hin kontrolliert (vgl. AW. 2016). Während jeder Brutvogel-Begehung wurden alle durch Sichtbeobachtungen oder Rufe und Gesänge wahrnehmbaren Vögel aufgenommen. Zusätzlich wurden revieranzeigende Merkmale notiert. Nach Abschluss der Geländearbeit wurden die Daten der Einzelbegehungen zu einer Gesamt-Revierkarte zusammengefasst. So können aus gruppierten Registrierungen der verschiedenen Arten unter Beachtung der Wertungsgrenzen nach Südbeck et al. (2005) sogenannte Papierreviere gebildet werden. Die Summe der Reviere ergibt den Bestand der Brutvogelanzahl. Die Nachweise wurden nach Südbeck et al. (2005) nach Brutnachweise (Bn), Brutverdacht (Bv) und Brutzeitfeststellung (Bz) sowie Nahrungsgast/Durchzügler (Ng/Dz) kategorisiert. Als Brutvögel werden ausschließlich Brutverdachtsvorkommen und Brutnachweise gewertet.

245

Diese im Planänderungsverfahren erfolgten zusätzlichen Erfassungen der Avifauna werden - soweit ersichtlich - von dem Kläger nicht angegriffen. Mängel sind auch aus der Sicht des Senats nicht offensichtlich. Durch die Planänderung hat sich damit auch die Kritik des Klägers an einer defizitären Bestandserfassung der Avifauna erledigt.

bb)

246

Ausgehend von der somit zugrunde zu legenden Bestandsaufnahme des Beklagten verstößt der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses unter Berücksichtigung der darin angeordneten landschaftspflegerischen Begleit- und Vermeidungsmaßnahmen nicht gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG.

(1)

247

Durch das Vorhaben wird der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt.

248

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. In § 44 Abs. 5 BNatSchG in der im Zeitpunkt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses geltenden und damit hier maßgeblichen Fassung vom 15. September 2017 (n. F.) wird ergänzend bestimmt, dass für nach § 15 Abs. 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Abs. 1 oder Abs. 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 gelten (Satz 1). Sind in Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen 1. das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, 2. das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind (Satz 2). Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden (Satz 3).

249

§ 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG n. F. entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Fernstraßenrecht. Danach ist mit Blick auf die bei einem Straßenbauvorhaben nie völlig auszuschließende Gefahr von Kollisionen geschützter Tiere mit Kraftfahrzeugen der Verbotstatbestand erst dann erfüllt, wenn das Vorhaben dieses Risiko in einer für die betroffene Tierart signifikanten Weise erhöht. Dabei sind Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden werden können, in die Betrachtung einzubeziehen. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn das Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einen Risikobereich übersteigt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 10.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris). Diese Maßstäbe gelten entsprechend für Bauvorhaben, die - wie hier - außerhalb des Straßenverkehrs durchgeführt werden, hinsichtlich ihrer betriebsbedingten und gleichermaßen auch hinsichtlich ihrer bau- oder anlagebedingten Auswirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris; Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris). Wird etwa ein baubedingtes Tötungsrisiko durch Vermeidungsmaßnahmen bereits bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt, kann nach dem Maßstab praktischer Vernunft keine weitergehende artenschutzrechtliche Verantwortlichkeit bestehen (BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris).

250

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses trägt durch die Anordnung von Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen dafür Sorge, dass die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht verwirklicht werden. Dies gilt - entgegen der Auffassung des Klägers - insbesondere in Bezug auf die geschützten Amphibien, namentlich die Kreuzkröte und die Knoblauchkröte.

(a)

251

Zunächst wird der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in der Variante des Tötungs- und Verletzungsverbots durch den Bau und den Betrieb der geplanten Deponie im Hinblick auf die geschützten Amphibien nicht erfüllt.

252

Der Kläger befürchtet insoweit, dass während der Bau- und Betriebsphase zahlreiche Tiere, die sich in ihren Tagesverstecken unter Steinen oder in Kleinsäugergängen verbergen, durch den Einsatz von Baustellenfahrzeugen und schwerem Gerät getötet und Laichschnüre sowie Kaulquappen zerstört werden. Durch die Maßnahme V6(neu)* wird ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko oder vergleichbares Risiko im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für die im Vorhabenbereich erfassten Amphibien durch den Bau und den Betrieb der geplanten Deponie jedoch ausgeschlossen.

253

Die Maßnahme V6(neu)* stellt sicher, dass die in den Eingriffsbereichen vorkommenden Amphibien, insbesondere die Kreuzkröten-Individuen, aufgefunden, gefangen und auf eine Ausgleichsfläche umgesetzt werden. Die Maßnahme V6(neu)* „Kontrolle auf Vorkommen der Kreuzkröte, Knoblauchkröte und anderer Amphibien und ggf. Umsetzung in geeignete Bereiche“ umfasst zunächst die Umzäunung der jeweiligen Baubereiche vor Baubeginn mit einem festen Amphibienschutzzaun, der einseitig von innen nach außen überwindbar ist. Des Weiteren umfasst die Maßnahme den Fang von Individuen innerhalb des umzäunten Eingriffsbereichs durch Amphibienfangsysteme (Fangzaun, Fangkreuze, Kunstverstecke). Die Amphibienfangsysteme sind unter Berücksichtigung der Vor-Ort-Situation (Witterungsverhältnisse, tatsächliches Wanderverhalten) in kontinuierlicher Abstimmung mit der Umweltbaubegleitung bis zu zweimal täglich durch versierte Fachleute in der Zeit von Mitte März bis Mitte September zu kontrollieren. Die Amphibien werden in die dafür vorgesehene Fläche (CEF-Maßnahmenflächen im Bauabschnitt IV (ACEF2(neu)*), auf die Maßnahmenfläche ACEF6* und/oder auf den abschnittsweise rekultivierten Deponiekörper (ACEF8*)) versetzt. Der Fang hat während der Aktivitätszeit der Zielarten zu erfolgen, bis die Flächen entsprechend der Fangergebnisse kein relevantes Amphibienvorkommen mehr aufweisen. Schließlich sieht die Maßnahme V6(neu)* vor, dass der Nachweis über eine Nicht-Besiedlung der Bauabschnitte durch versierte Fachleute mit Rückmeldung bei der zuständigen Genehmigungsbehörde erbracht werden muss (vgl. Ziffer 4.2.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplanes vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

254

Die Maßnahme V6(neu)* ist unter Berücksichtigung der dem Beklagten zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative geeignet, um ein signifikantes Tötungsrisiko sowohl in der Bau- als auch in der Betriebsphase der geplanten Deponie auszuschließen. Die Maßnahme V6(neu)* stellt durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen (Fangzaun, Fangkreuze, Kunstverstecke) sicher, dass vor Beginn der Arbeiten in dem jeweiligen Baubereich die dort vorhandenen Amphibien aufgefunden, gefangen und auf eine Ausgleichsfläche umgesetzt werden können. Der Amphibienschutzzaun stellt sodann sicher, dass die umgesetzten oder natürlich abgewanderten Amphibien nicht zurück in den Bau- und Betriebsbereich wandern und dort erneut Laichschnüre ablegen können. Das bau- und betriebsbedingte Tötungsrisiko wird durch diese Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt. Wenn allenfalls noch ein ganz geringer Teil der Amphibien im Bereich der geplanten Deponie verbleibt, ist mit dem Bau und Betrieb der Deponie kein höheres Tötungsrisiko verbunden, als es für einzelne Tiere dieser Art insbesondere mit Blick auf natürliche Feinde auch sonst besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris).

255

Diesem Signifikanzansatz liegt die Überlegung zugrunde, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Art der Schutz eines jeden einzelnen Individuums und seiner Entwicklungsformen in jeder Fallkonstellation weder tatsächlich leistbar noch biologisch sinnvoll und verhältnismäßig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn etwa der Verlust eines hohen Anteils der Gesamtpopulation von Entwicklungsstadien und Jungtieren einer Art ohnehin Teil der Entwicklungsstrategie dieser Art ist. Dies ist gerade bei „Pionierarten“ wie der Kreuzkröte der Fall, die Laichschnüre mit mehreren tausend Eiern ablegt (vgl. Fellenberg, Stellungnahme vom 17.05.2017 zu dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des BNatSchG - BT-Drucksache 18/11939, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Ausschussdrucksache 18(16)559-F). Bei der Kreuzkröte handelt es sich - ausweislich der Erläuterungen von Herrn G. vom NLWKN in der mündlichen Verhandlung - um einen sogenannten r-Strategen, der eine hohe Reproduktionsrate und eine von Natur aus hohe natürliche Mortalität aufweist. So besteht beispielsweise von Natur aus eine geringe Überlebenswahrscheinlichkeit für Laich und Kaulquappen in Pfützen bzw. mit Regenwasser gefüllten Fahrspuren, die nach wenigen Tagen ohne Niederschlag ausgetrocknet sind. Die Tätigkeit in der ehemaligen Sandabbaugrube führt unter Beachtung der Maßnahme V6(neu)* damit zu keinem höheren Tötungsrisiko für die Kreuzkröte als demjenigen, dem sie im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt ist.

256

Soweit der Kläger darauf verweist, dass sich die Kunstverstecke („Schlangenbretter“) bereits während des Genehmigungsverfahrens zur Feststellung des Vorkommens von Amphibien als ungeeignet erwiesen hätten und dass sich dadurch allenfalls ein Bruchteil des gesamten Bestandes auffinden lasse, kann dem nicht gefolgt werden. Dem Beklagten steht auch mit Blick auf die Geeignetheit dieser Einzelmaßnahme eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Seine Einschätzungen zur Geeignetheit der Kunstverstecke sind naturschutzfachlich vertretbar und sind von dem Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Ausweislich des Erfahrungsberichts von Thomas Kordges „Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV) bei der Amphibienerfassung“ (Zeitschrift für Feldherpetologie, Supplement 15: 327 - 340, November 2009) bieten sich Kunstverstecke für das gezielte Absammeln von Tieren an, wenn z. B. im Rahmen einer genehmigten Baumaßnahme besetzte Habitate definitiv verloren gehen und als letzte Maßnahme eine Baufeldräumung und Umsiedlung der Tiere vorgesehen ist. Dabei sei in Abhängigkeit von der Flächengröße und dem Lebensraum auf eine ausreichende Zahl von Kunstverstecken und eine mindestens mehrwöchige Kontrolle mit zwei Kontrollterminen pro Woche zu achten. Die Bewertungen des Beklagten zur Geeignetheit der Kunstverstecke bewegen sich damit im Rahmen des naturschutzfachlich Vertretbaren. Im Übrigen ist zu beachten, dass die Maßnahme V6(neu)* - wie dargelegt - nicht lediglich das Ausbringen von Kunstverstecken erfasst, sondern im Planänderungsverfahren deutlich erweitert worden ist. Neben dem Ausbringen von Kunstverstecken ist nunmehr auch der Einsatz von Fangzäunen und Fangkreuzen vorgesehen. Herr BC. vom NLWKN hat in der mündlichen Verhandlung betont, dass der Einsatz von Fangzäunen die richtige Maßnahme sei. Selbst wenn das Ausbringen von Kunstverstecken damit für sich allein nicht ausreichend zum Auffinden der Amphibien sein sollte, stellt die erweiterte Maßnahme V6(neu)* dies mit einem kombinierten Fangkonzept sicher.

257

Soweit der Senat in seinem im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 25. Oktober 2016 (Az. 7 MS 104/16, n. v.) nach Errichtung des neuen Amphibienleitsystems (Metallzaun) im Norden des Baubereichs 1 noch Zweifel geäußert hat, ob bei einer Fortsetzung der Bauarbeiten die Erfüllung des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zum Schutz der Kreuzkröte hinreichend sicher ausgeschlossen sei, ist an diesen Zweifeln nach Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht mehr festzuhalten. Die damaligen Zweifel des Senats begründeten sich darin, dass ausweislich des von der Beigeladenen vorgelegten Statusberichts (Prüfbericht Nr. 12) der AV. GmbH vom 19. September 2016 auch nach Montage der Stahlbleche noch immer zahlreiche Amphibien im Baubereich 1 festgestellt werden konnten. Es könnten offenbar nach wie vor Amphibien in den Baubereich 1 einwandern. Der Senat hat die Ursache darin gesehen, dass zum damaligen Zeitpunkt lediglich im Norden des Baubereichs 1 der vorhandene Gewebezaun durch feste Leiteinrichtungen (Metallzäune) ersetzt worden war, der Osten, Süden und Westen des Baubereichs 1 jedoch nach wie vor von Gewebezäunen umgeben war, die von den Amphibien offenbar überwunden werden konnten. Diesem Umstand wird durch die im Planänderungsverfahren ergänzte Maßnahme V6(neu)* jedoch abgeholfen. Die ergänzte und modifizierte Maßnahme V6(neu)* umfasst die - vollständige - Umzäunung der jeweiligen Baubereiche vor Baubeginn mit einem festen Amphibienschutzzaun, der einseitig von innen nach außen überwindbar ist.

(b)

258

Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wird auch nicht in der Variante des Fangverbots durch das Fangen und Umsetzen der im Deponiebereich vorhandenen Amphibien im Zusammenhang mit der Maßnahme V6(neu)* verwirklicht.

259

Wie bereits ausgeführt, liegt nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG ein Verstoß gegen das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere nach Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, wenn die Tiere im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind.

260

Der Senat hat keine Zweifel an der Unionsrechtskonformität dieser Vorschrift.

261

Der Kläger kritisiert insoweit, dass die nationale Freistellungsregelung des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG mit den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a), Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie nicht vereinbar sei. Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie wolle „alle absichtlichen Formen des Fangs (…) von aus der Natur entnommenen Exemplaren“ der in Anhang IV der FFH-Richtlinie gelisteten Arten unterbunden wissen, zu denen unter anderem die Kreuzkröte und die Knoblauchkröte gehörten. Der Wortlaut der Vorschrift lasse keinen Zweifel daran, dass die Mitgliedstaaten ohne Unterschied jede Form des Fangs einzelner Tiere unabhängig davon zu unterbinden hätten, zu welchem Zweck diesbezügliche Handlungen vorgenommen würden. Diene der Fang dem Schutz der Tiere vor einer andernfalls zu erwartenden Tötung oder Verletzung, eröffne Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie die Möglichkeit, eben zu diesem Zweck von dem durch Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie begründeten und umfassend angelegten Fangverbot abzuweichen, soweit es keine Alternative gebe und die Populationen der betreffenden Art in einem günstigen Erhaltungszustand verweilten. Indem Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie den Schutz der Tiere ausdrücklich zum Abweichungsgrund ergebe, bringe die Vorschrift mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass auch ein aus Schutzgründen erfolgender Fang von Exemplaren der in Anhang IV der FFH-Richtlinie genannten Arten dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie unterfalle.

262

Diese Kritik des Klägers vermag den Senat nicht zu überzeugen. Nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten. Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie von den Bestimmungen der Art. 12, 13 und 14 sowie des Art. 15 Buchstaben a) und b) zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume abweichen. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG steht mit diesen Vorschriften im Einklang.

263

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem vom Kläger zitierten Urteil vom 14. Juli 2011 (Az. 9 A 12.10, juris) - d. h. vor der Novellierung des BNatSchG - offengelassen, ob eine CEF-Maßnahme, die das Einsammeln und Verbringen der Tiere in ein Ausgleichshabitat vorsieht, den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in der Variante des Fangverbots erfüllt (verneinend: BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris). Es hat ausgeführt, dass der Schutzzweck der Norm dafür sprechen möge, einen kurzzeitigen Freiheitsentzug als Bagatelle aus dem Fangtatbestand auszuklammern. Im Hinblick auf den Wortlaut sowohl der deutschen Regelung als auch des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie, die beide keine Einschränkung auf Fanghandlungen von gewisser Dauer oder gar auf Dauer zum Ausdruck brächten, wäre ein solches Auslegungsergebnis jedoch nicht jedem Zweifel entzogen.

264

Der Bundesgesetzgeber hat mit der Einfügung von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG ausdrücklich auf diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reagiert (vgl. BT-Drucksache 18/11939, S. 18). Ausweislich der Gesetzesbegründung habe eine Anfrage bei der zuständigen Direktion der EU-Kommission ergeben, dass die weitgehende Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts nicht geteilt werde (vgl. Antwort der Kommission vom 18.11.2013, ENV B.3 SL/SB/sp Ares 2013). Da die Ausgleichsmaßnahme gerade dazu diene, einen Schaden für die ökologische Funktion und Qualität der Fortpflanzungs- und Ruhestätte zu vermeiden und somit der geschützten Art zugutekomme, könne sie nicht als eine „absichtliche“ Handlung im Sinne des Verbots des Art. 12 der FFH-Richtlinie angesehen werden. Entscheidend sei, dass die Umsetzungsmaßnahme letztlich dem Schutz der Art diene und ihre beeinträchtigende Wirkung zeitlich beschränkt sei und mit Abschluss der Umsetzung ende. Bei den in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG genannten Handlungen zum Zwecke der Umsiedlung unter Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte sei - so die Gesetzesbegründung - davon auszugehen, dass kein absichtlicher Verstoß gegen das Fangverbot nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie vorliege.

265

Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Durch die unionsrechtlichen Verbotstatbestände - und in ihrer Umsetzung durch die nationalen Zugriffsverbote des BNatSchG - soll eine Gefährdung und Beeinträchtigung der geschützten Tierarten verhindert werden. Ziel der unionsrechtlichen Verbote ist die Errichtung eines strengen Schutzsystems (vgl. Frenz/Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, Vorb. §§ 44-45 Rn. 3). Das EU-Artenschutzrecht will zumeist jedoch nur absichtsvolles Handeln unterbunden wissen und enthält damit ein subjektives Element, während die nationalen Zugriffsverbote dies nicht zur Vorbedingung erheben (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, BNatSchG, § 44 Rn. 3; Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 12). So verlangt Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie ausdrücklich eine „absichtliche“ Handlung. Der EuGH fordert insoweit den Nachweis, „dass der Handelnde den Fang oder die Tötung eines Exemplars einer geschützten Tierart gewollt oder zumindest in Kauf genommen hat“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.05.2006 - C-221/04 -, juris). Gewollt sein bzw. in Kauf genommen werden muss nach dem Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Verbotstatbestände, die aufgeführten Tierarten vor einer Gefährdung zu schützen, nicht nur der Fang an sich, sondern auch die damit verbundene Gefährdung. Nach Auffassung der Generalanwältin Kokott reicht es danach aus, wenn „der Handelnde um die Gefährdung der geschützten Tiere wusste und sie in Kauf nahm“ (vgl. Frenz/Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, Vorb. §§ 44-45 Rn. 10). Das mit subjektiven Elementen aufgeladene europäische Recht bietet damit Spielräume, Maßnahmen, denen die Absicht zugrunde liegt, die betreffenden Individuen vor einem schlimmeren Schicksal zu bewahren und Gefährdungen gerade zu vermeiden, nicht als absichtlichen Fang einzustufen und damit die Erfüllung des Verbotstatbestands zu verneinen (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 12). Dieser Spielraum wird durch § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG unionsrechtskonform ausgenutzt. Dort werden Konstellationen erfasst, in denen die Tiere ausschließlich im Interesse ihres eigenen Schutzes vor Tötung und Verletzung zum Zwecke der Umsetzung in ein Ausweichhabitat gefangen werden. Gewollt und beabsichtigt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist in den Fällen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG allein der Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung. Der kurzzeitige und sachverständig durchgeführte Fang mit der Absicht, die Tiere alsbald wieder in die Freiheit zu entlassen, ist dabei lediglich das Mittel zum Zweck. Es kann in diesen Konstellationen nicht davon ausgegangen werden, dass eine Gefährdung der Tiere durch den Fang auch nur billigend in Kauf genommen wird. Es fehlt damit an dem nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie erforderlichen subjektiven Element.

266

Diese Auslegung des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie, insbesondere die Einschränkung auf „absichtliche“ Handlungen, steht nicht im Widerspruch zu Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie. Die Möglichkeit einer vom Kläger thematisierten Ausnahme im Einzelfall bleibt weiterhin unter anderem für jene Fälle notwendig, in denen eine Gefährdung der geschützten Tierarten jedenfalls billigend in Kauf genommen wird, also die Fälle, die von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG nicht erfasst werden.

267

Eine vom Kläger angeregte Vorlage an den EuGH zur Klärung der Reichweite des Verbots des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hält der Senat vor diesem Hintergrund nicht für erforderlich.

268

In der Sache sind die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG vorliegend erfüllt, so dass durch das Fangen und Umsetzen der im Deponiebereich vorhandenen Amphibien im Zusammenhang mit der Maßnahme V6(neu)* der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht verwirklicht wird. Der Fang der Amphibien und das Umsetzen in ein Ausgleichshabitat gemäß der Maßnahme V6(neu)* dient ihrem Schutz vor bau- und/oder betriebsbedingten Tötungen und ist auf die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet.

269

Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), vorträgt, dass die Umsiedlung der gefangenen Amphibien in einer Art und Weise erfolge, die aus fachlicher Sicht nicht vertretbar sei, führt dies nicht auf die Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses sieht mit der Maßnahme V6(neu)* eine Maßnahme vor, die den Anforderungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG genügt. Die Maßnahme umfasst - wie bereits dargelegt - die Umzäunung der jeweiligen Baubereiche vor Baubeginn mit einem festen Amphibienschutzzaun, der einseitig von innen nach außen überwindbar ist. Herr BD. von der Firma BE. hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die einseitige Überwindbarkeit der Zäune bewirken solle, dass die Amphibien von selbst abwandern, so dass der Fang und die Umsiedlung das letzte Mittel darstellten. Des Weiteren umfasst die Maßnahme V6(neu)* - insoweit als letztes Mittel - den Fang von Individuen innerhalb des umzäunten Eingriffsbereichs durch Amphibienfangsysteme (Fangzaun, Fangkreuze, Kunstverstecke). Die Amphibienfangsysteme sind unter Berücksichtigung der Vor-Ort-Situation (Witterungsverhältnisse, tatsächliches Wanderverhalten) in kontinuierlicher Abstimmung mit der Umweltbaubegleitung bis zu zweimal täglich durch versierte Fachleute in der Zeit von Mitte März bis Mitte September zu kontrollieren. Die Amphibien werden in die dafür vorgesehene Fläche (CEF-Maßnahmenflächen im Bauabschnitt IV (ACEF2(neu)*), auf die Maßnahmenfläche ACEF6* und/oder auf den abschnittsweise rekultivierten Deponiekörper (ACEF8*)) versetzt (vgl. Ziffer 4.2.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplanes vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Dass die Art und Weise dieses im Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses festgesetzten Vorgehens aus fachlicher Sicht nicht vertretbar sein könnte, ist für den Senat unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten und aufgrund des vorgegebenen Einsatzes versierter Fachleute und der Umweltbaubegleitung nicht zu erkennen.

270

Die in der „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), geäußerte und in der mündlichen Verhandlung vertiefte Kritik an der Art und Weise der im Jahr 2016 bereits praktizierten Umsiedlung vermag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen. Es wird bemängelt, dass bei der Umsiedlung der Kreuzkröten die Fanggefäße nur einmal am Tag kontrolliert und geleert worden seien. Dadurch seien „vermutlich“ unnötigerweise Kreuzkröten verendet. Individuen, die länger als 24 Stunden in Gefangenschaft seien, seien desorientiert und würden im gleichen Jahr nicht reproduzieren. Der Amphibienzaun hätte mindestens zweimal am Tag kontrolliert werden müssen. Dieses Vorbringen vermag keine Zweifel an der fachlichen Vertretbarkeit der planfestgestellten Maßnahme V6(neu)* zu begründen. Zunächst wird in der Stellungnahme des Herrn G., der das Deponiegelände nach seinen eigenen Angaben nie selbst in Augenschein genommen hat, lediglich die Vermutung geäußert, dass durch die praktizierte Fangmethode Kreuzkröten verendet seien. Belege für diese Vermutung werden jedoch nicht angeführt, so dass die Behauptung unsubstantiiert bleibt. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass auch bei einer nur einmaligen Kontrolle am Tag die Kreuzkröten nicht „länger als 24 Stunden in Gefangenschaft“ sind, sondern höchstens 24 Stunden. Zudem sieht die Maßnahme V6(neu)* - wie dargelegt - vor, dass die Amphibienfangsysteme unter Berücksichtigung der Vor-Ort-Situation (Witterungsverhältnisse, tatsächliches Wanderverhalten) in kontinuierlicher Abstimmung mit der Umweltbaubegleitung bis zu zweimal täglich durch versierte Fachleute in der Zeit von Mitte März bis Mitte September zu kontrollieren sind. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass tatsächlich situativ zwei-, drei- oder sogar viermal pro Tag kontrolliert werde. Dies entspreche fachlich anerkannten Schutzstandards. Herr BD. hat ergänzend ausgeführt, dass die Umweltbaubegleitung zweimal am Tag kontrolliere; erst wenn am Abend keine Tiere mehr in den Fangeimern vorgefunden würden, werde nur noch am Morgen nach den Nachtwanderungen kontrolliert. Der Kläger ist diesem Vorbringen nicht substantiiert entgegengetreten. Im Übrigen würde sich ein tatsächlich von den Vorgaben der planfestgestellten Maßnahme V6(neu)* abweichendes Vorgehen der Beigeladenen „lediglich“ eine Missachtung der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses darstellen, jedoch nicht auf eine Erfüllung des Verbotstatbestands durch den Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses führen.

271

In der „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), wird - ergänzt durch das Vorbringen des Herrn G. in der mündlichen Verhandlung - des Weiteren ausgeführt, dass die im Jahr 2016 bereits praktizierte Umsiedlung auch deshalb gegen den fachlich üblichen Standard verstoße, weil die Aussetzungsfläche - gemeint ist die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* - nicht geeignet sei. Unabhängig davon, ob die Geeignetheit der Aussetzungsfläche tatsächlich bereits im Rahmen des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu thematisieren ist oder ob es - und dafür spricht einiges - insoweit nicht allein um den Vorgang des Fangens und Umsetzens selbst geht und die Geeignetheit der Aussetzungsfläche erst im Rahmen des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG zu prüfen ist, erweist sich die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* bei Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten als geeignet. Die diesbezüglich geäußerte Kritik des Klägers vermag nicht zu überzeugen. Sie begründet keine Zweifel an der naturschutzfachlichen Vertretbarkeit des planfestgestellten Fangs und Umsiedelns der Kreuzkröte.

272

Der Kläger trägt - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Herrn G. - zunächst vor, dass die Aussetzungsfläche schon vorher von optimaler Qualität und durch Kreuzkröten besiedelt gewesen sei. Es sei nicht untersucht worden, wie groß die „carrying capacity“, d. h. der Aufnahmefähigkeit der Fläche sei. Es sei davon auszugehen, dass die Fläche nicht genügend (Nahrungs-)Ressourcen biete. Da insoweit keine Sachverhaltsermittlung stattgefunden habe, stehe dem Beklagten auch keine Einschätzungsprärogative zu. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* ist als Ausweichhabitat für die Umsiedlung geeignet, obwohl sie bereits von Kreuzkröten besiedelt ist. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf seine Ausführungen im Zusammenhang mit der Anerkennung der Maßnahme ACEF2(neu)* als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme (vgl. unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (aa)).

273

Der Kläger macht - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Herrn G. - des Weiteren geltend, dass von einer Ungeeignetheit der Aussetzungsfläche auch deshalb auszugehen sei, weil sie nicht umzäunt worden sei, um ein Abwandern der Tiere zu verhindern. Es sei deshalb anzunehmen, dass die ausgesetzten Individuen in angrenzende Gebiete abgewandert seien und - wenn sie keine geeigneten Lebensräume gefunden haben - wahrscheinlich zu Tode gekommen seien. Herr G. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend dazu darauf hingewiesen, dass eine kurzfristige Umsiedlung der Kreuzkröte problematisch sei. Selbst bei langjährig vorbereiteten Umsiedlungen müsse mit Verlusten von mehr als 50 % gerechnet werden; nach einer Studie im südenglischen Bereich sei sogar von Verlusten von 75 % auszugehen. Jedenfalls sei eine Umzäunung der Aussetzungsfläche notwendig, da die Tiere nach der Umsetzung desorientiert seien und abwanderten. Dies sei insbesondere der Fall, wenn der Lebensraum - wie hier - bereits belegt sei. Finde die Kreuzkröte Artgenossen vor, sei damit zu rechnen, dass sie bei einer Umsiedlung im Nahbereich versuche, in den Bereich ihres Einsammelns zurückzukehren. Vorliegend hätte sie auf den umliegenden Ackerflächen jedoch keine Überlebenswahrscheinlichkeit. Auch dieses Vorbringen des Klägers führt nicht auf eine naturschutzfachliche Unvertretbarkeit des planfestgestellten Vorgehens. Unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative hat der Beklagte beanstandungsfrei von dem Erfordernis einer Umzäunung der Aussetzungsfläche abgesehen. Herr BC. vom NLWKN und Herr BD. von der Firma BE. haben in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass eine Umzäunung der Aussetzungsfläche - jedenfalls im vorliegenden Fall - fachlich nicht geboten sei. Herr BC. hat darauf hingewiesen, dass es sich bei der Kreuzkröte um einen sogenannten r-Strategen handele, der eine hohe Reproduktionsrate und eine von Natur aus hohe natürliche Mortalität aufweise. Die Abwanderung in neue Lebensräume sei Teil ihrer Strategie und beinhalte, dass viele Exemplare umkommen. Die Kreuzkröte habe eine Ausbreitungstendenz und suche sich geeignete Räume. Daher sei eine Umzäunung der Aussetzungsfläche fachlich nicht sinnvoll. Herr BD. hat die Ausführungen des Herrn BC. dahingehend ergänzt, dass die Umzäunung der Aussetzungsfläche vorliegend geprüft, aber aus fachlichen Gründen darauf verzichtet worden sei. Es sei sichergestellt, dass die Kreuzkröte in die jeweiligen Eingriffsbereiche nicht zurückkehren könne. In der Umgebung befänden sich keine lebensfeindlichen Strukturen; insbesondere seien die umliegenden Ackerflächen - so auch Herr BC. - für die Kreuzkröte nicht ungeeignet. Da sich die Maßnahmen- bzw. Aussetzungsfläche unmittelbar benachbart zum Eingriffsbereich befinde, sei die vom Kläger befürchtete Irritation der Kreuzkröte als gering einzuschätzen; unter den gegebenen Bedingungen werde sie sich in dem Lebensraum zurechtfinden. Vielmehr ermögliche die Umsiedlung es den Kreuzkröten, ihre natürlichen Wanderbewegungen fortzusetzen. So könne beispielsweise von der Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* die Maßnahmenfläche ACEF6* selbständig erschlossen werden. Da durch die für die Kreuzkröte festgesetzten Maßnahmen mit einer höheren Fortpflanzungsrate als unter normalen Verhältnissen gerechnet werden müsse, sei es notwendig, für die neue Quellpopulation die Möglichkeit der Erschließung der Umgebung zu ermöglichen. Diese Ausführungen der naturschutzfachlich versierten Fachleute sind für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar. Denn eine Umzäunung der Aussetzungsfläche würde letztlich ein Ausbreitungshindernis schaffen, welches die natürlichen Wanderrouten der Kreuzkröte unterbricht und gegebenenfalls dazu führt, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Kreuzkrötenpopulation in Folge eines fehlenden genetischen Austausches verschlechtert.

274

Schließlich rügt der Kläger, dass die Anlage von Tages- und Winterquartieren allein keine ausreichende CEF-Maßnahme für die Kreuzkröte sei. Erforderlich sei eine Kombination mit weiteren Maßnahmen. Dazu zählten die regelmäßige und dauerhafte Pflege des Landlebensraums entsprechend den Lebensraumansprüchen der Kreuzkröte, die regelmäßige Anlage oder Pflege von Laichgewässern und die Vernetzung von Teillebensräumen und Populationen. Auch dieses Vorbringen des Klägers führt nicht auf die Erfüllung des Verbotstatbestandes. Die für die Kreuzkröte vorgesehenen vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8*, die nach den planfestgestellten Unterlagen in ihrer Gesamtheit für eine Umsiedlung der Kreuzkröte zur Verfügung stehen, beinhalten die von dem Kläger geforderten kombinierten Maßnahmen, d. h. neben der Anlage von Tages- und Winterquartieren entsprechende Pflegemaßnahmen, die Anlage und Kontrolle von Laichgewässern sowie die Schaffung von Verbundstrukturen. Auch insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen im Zusammenhang mit den Maßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* (vgl. unter B. II. 2. b) bb) (3) (a)).

(2)

275

Eine Verwirklichung des Störungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist bei einer Zulassung des Vorhabens nicht zu erwarten.

276

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Der Störungstatbestand kann vor allem durch bau- und betriebsbedingte Beeinträchtigungen der geschützten Tierarten in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.2010 - 9 A 20.08 -, juris), aber auch durch Trennwirkungen erfüllt werden, die von dem geplanten Vorhaben ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris). Dabei enthält das Störungsverbot bereits im Wortlaut einen populationsbezogenen Ansatz (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris).

(a)

277

Der Beklagte verneint zu Recht eine Erfüllung des Störungstatbestandes in Bezug auf die geschützten Amphibien, namentlich die Kreuzkröte, durch etwaige Zerschneidungs- und Isolationswirkungen.

278

Nach dem von der Beigeladenen in Auftrag gegebenen und im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegten Gutachten „Mineralstoffdeponie Haschenbrok - Bestand und Artenschutzmaßnahmen Amphibien“ der BF. GbR vom 19. September 2016 handelt es sich bei den innerhalb des geplanten Deponiegeländes sowie südlich der Krumlander Straße in der ehemaligen Sandabbaugrube lebenden Kreuzkröten um dieselbe lokale Population. Wanderungen von Kreuzkröten zwischen den beiden ehemaligen Abgrabungen sind nach dem Gutachten anzunehmen. So geht auch der überarbeitete artenschutzrechtliche Fachbeitrag vom 03. August 2017 (= Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) unter Ziffer 4.1.1 davon aus, dass ein Austausch von Kreuzkröten zwischen den beiden benachbarten Teilgebieten bzw. Teilpopulationen nördlich und südlich der Krumlander Straße sowie weiteren potenziellen Lebensräumen in der weiteren Umgebung anzunehmen ist.

279

Durch die Errichtung der Deponie und den im Rahmen des Maßnahmenkonzeptes aufzustellenden Amphibienschutzzaun ergibt sich kein Ausbreitungshindernis, welches den Erhaltungszustand der lokalen Kreuzkrötenpopulation in Folge eines fehlenden genetischen Austausches verschlechtert. Ausweislich des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags hat der amphibiensicher umzäunte Bereich innerhalb der Grube eine maximale Gesamtausdehnung in Ost-West-Richtung von ca. 350 m. Gleichzeitig gilt die als ausgesprochene Pionierart bekannte Kreuzkröte als sehr wanderfreudig. Nach den Feststellungen des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags kann sie den umzäunten Bereich problemlos umwandern. Die Wanderrouten der Kröten werden durch den Zaun nicht unterbrochen, vielmehr sind diese am Außenrand des Zaunes bzw. der Böschungsränder der Grube anzunehmen. Die durchschnittliche Wanderdistanz zwischen den Habitaten nördlich und südlich der Krumlander Straße verändert sich bei einer „Zaun-Umwanderung“ von derzeit rund 400 - 500 m auf rund 550 - 700 m. Es bleibt damit bei einer als hervorragend einzustufenden Vernetzungsdistanz von < 1.000 m (vgl. NLWKN, Vollzugshinweise zum Schutz von Amphibien- und Reptilienarten in Niedersachsen, Kreuzkröte (Bufo calamita), Stand: November 2011). Der für die Aufrechterhaltung des Erhaltungszustands der lokalen Kreuzkröten-Population - bestehend aus der Teilpopulation nördlich und der Teilpopulation südlich der Krumlander Straße - notwendige genetische Austausch wird nach den - nicht zu beanstandenden - Einschätzungen des Beklagten durch den Zaun nicht in relevantem Maße eingeschränkt oder gar verhindert. Zudem bleibt der Austausch mit den Vorkommen nordwestlich des Deponiestandorts (Nachweis mehrerer rufender Männchen in Temporärgewässer/Acker-Blänke in rund 500 m Entfernung sowie in Graben in rund 650 m Entfernung) weiterhin bestehen (vgl. Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

280

Soweit der Senat in seinem im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 25. Oktober 2016 (Az. 7 MS 104/16, n. v.) die Erfüllung des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG durch eine Unterbrechung bzw. Erschwerung von Wanderbeziehungen zwischen Teilpopulationen der Kreuzkröte als nicht ausgeschlossen angesehen hat, bestehen diese Zweifel nach dem nach Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht mehr. Die damaligen Zweifel des Senats beruhten darauf, dass in dem Gutachten „Mineralstoffdeponie Haschenbrok - Bestand und Artenschutzmaßnahmen Amphibien“ der BF. GbR vom 19. September 2016 angemerkt wird, dass im Hinblick auf den langfristigen Erhalt der Population Maßnahmen zur Senkung der Isolation ergriffen werden sollten. Zur Verbesserung und zum Erhalt des Habitatverbundes sollten Pflegemaßnahmen für die Leitlinienwirkung von Wegen und der Außenkante der Deponiefläche ergriffen werden. Diesen Empfehlungen ist der Beklagte mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss nachgekommen. Zur weiteren Verbesserung des Habitatverbundes zwischen den Teilpopulationen nördlich und südlich der Krumlander Straße werden weitere Pflege- und Optimierungsmaßnahmen im Umfeld des Vorhabenstandortes umgesetzt (ACEF6* und ACEF7*). Durch das Ausbringen mehrerer Lesestein-/Totholzhaufen in den Saumstreifen an der westlichen und östlichen Außengrenze des Vorhabenstandortes werden für die Kreuzkröte geeignete Tagesversteckstrukturen während der Wanderungsphase zur Verfügung gestellt (vgl. Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

(b)

281

Ebenfalls zu Recht verneint der Beklagte das Vorliegen des Störungstatbestandes in Bezug auf die europäischen Vogelarten des Deponiegeländes.

(aa)

282

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Wachtel.

283

Nach der nicht zu beanstandenden Bestandserfassung gemäß AW. (2016) wurden im Jahr 2015 rufende Männchen an zwei Standorten nachgewiesen. Dabei konnte die Art einmal im Grünlandbereich westlich der ehemaligen Sandabbaugrube verhört werden (Entfernung zum Vorhabenstandort > 50 m). Ein weiteres Vorkommen wurde im südöstlichen Teil des Untersuchungsraums in ungenutztem Offenland gefunden (Entfernung > 300 m). Beide Nachweise wurden als konkrete Brutverdachtsfälle gewertet (vgl. Ziffer 3.2.2 der Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Nach den weiteren Hinweisen zum Vorkommen gemäß BB. (2014, 2015) wurde die Wachtel im Jahr 2015 mit einer Brutzeitfeststellung (kein Brutverdacht / kein Brutnachweis) auf den Ackerflächen rund 150 m nordwestlich der ehemaligen Sandabbaugrube beobachtet (vgl. Ziffer 4.2.6 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Als Brutvögel werden jedoch ausschließlich Brutverdachtsvorkommen und Brutnachweise gewertet (vgl. Ziffer 3.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

284

Nach den Feststellungen unter Ziffer 4.2.6 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) sind indirekte Wirkungen möglich durch den Eintrag von Lärm oder visuellen Störreizen während der Bau- und Betriebsphase der Deponie sowie durch die anlagenbedingte Kulissenwirkung des Deponiekörpers bzw. der diesen umgebenden Gehölzpflanzungen. Dabei werde angenommen, dass bau- und betriebsbedingte Störungen durch Lärm oder visuelle Störreize nicht über den Meideabstand von 100 m bis 200 m gegenüber geschlossenen Vertikalkulissen hinausgehen. Innerhalb eines kritischen Dauerschallpegels von 52 dB(A) tags an vielbefahrenen Straßen seien verkehrsbedingte Störungen für die Art relevant (Garniel et. al. 2010). Flade (1994) gebe eine Fluchtdistanz von 30 m bis 50 m an. Negative Störwirkungen in Bezug auf das rund 300 m südlich des Vorhabens vorhandene Wachtelrevier (einmal Brutverdacht gemäß AW. (2016)) könnten aufgrund der Entfernung ausgeschlossen werden. Mögliche Störwirkungen seien somit nur in Bezug auf das Wachtelrevier westlich des Vorhabens (einmal Brutverdacht in > 50 m Entfernung gemäß AW. (2016)) betrachtungsrelevant. Indirekte Wirkungen auf dieses Brutpaar sind nach den Feststellungen des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags nicht mit Sicherheit auszuschließen.

285

Im Ergebnis wird jedoch auf keine (erhebliche) Betroffenheit der Wachtel erkannt (vgl. Tabelle 4-1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Daher wird auch in der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) unter K 2.20* keine Beeinträchtigung der Wachtel (1 Revier) durch die Deponie einschließlich der Nebenanlagen festgestellt. Es werden lediglich vorsorglich lebensraumverbessernde Maßnahmen durchgeführt, um ein Ausweichen des Wachtel-Brutpaars im räumlichen Umfeld bei voranschreitender Bauabschnittsrealisierung zu gewährleisten. Durch die Maßnahme ACEF10* „Schaffung von Blühstreifen / Ackersaumstreifen“ erfolgt nach den planfestgestellten Unterlagen vorsorglich die Schaffung von Lebensräumen für die Feldlerche und die Wachtel (vgl. Ziffer 4.2.6 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Es ist die Anlage eines Blühstreifens / Ackersaumstreifens mit mindestens 200 m Länge und 10 m Breite (insgesamt 0,22 ha) zur Aufwertung als Wachtel-Lebensraum vorgesehen. Es handelt sich um eine lebensraumverbessernde Maßnahme in der Agrarlandschaft, um die Populationsdichte der Wachtel zu erhöhen. Die Maßnahme trägt insgesamt zur Verbesserung der Brut- und Nahrungsflächen der Vogelarten der offenen Agrarlandschaft bei (vgl. Ziffer 4.2.5 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

286

Die Bewertung des Beklagten, es liege keine erhebliche Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG vor, ist unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden. Denn nach der Legaldefinition des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG liegt eine erhebliche Störung nur dann vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Kann die lokale Population bestimmte nachteilige Wirkungen im Wege der Eigenkompensation und/oder durch entsprechende konfliktvermeidende oder -mindernde Maßnahmen in absehbarer Zeit auffangen, liegt keine erhebliche Störung vor. Gleiches gilt, wenn die betroffene Population bei Vergrämung auf - bestehende oder eigens dafür hergerichtete - Habitate ausweichen kann (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 17, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris). Grundsätzlich kann zwar nicht ohne Weiteres angenommen werden, eingriffsbetroffene Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen. Denn eine solche Ausweichmöglichkeit besteht nur dann, wenn sich im räumlichen Zusammenhang geeignete Habitatstrukturen finden und diese Flächen nicht schon von Artgenossen oder Arten mit vergleichbaren Habitatansprüchen besetzt sind. Allerdings kann bei häufigen bzw. weit verbreiteten Arten auch ohne eine entsprechende Untersuchung naturschutzfachlich belastbar angenommen werden, die betroffenen Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48, m. w. N.). Vorliegend ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass das Wachtel-Brutpaar sein Brutrevier im Falle des tatsächlichen Eintretens einer nicht sicher auszuschließenden Störung ohne weiteres verlagern kann. Die Ergebnisse der Kartierung von AW. (2016) zeigen, dass im Umfeld der Grube ausreichend unbesetzte Habitatflächen zur Verfügung stehen. Vorsorglich wird durch die Maßnahme ACEF10* der Wachtel-Lebensraum im Hinblick auf die Brut- und Nahrungsflächen verbessert. Dass der Umfang der Maßnahme nur 0,22 ha beträgt, während der Aktionsraum eines Brutpaares nach den Feststellungen des Beklagten meist > 1 ha beträgt (vgl. Ziffer 4.2.6 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017), ist unschädlich. Denn durch die Maßnahme ACEF10* soll kein völlig neues Bruthabitat für die Wachtel hergerichtet werden. Vielmehr geht es nur darum, bereits bestehende Ausweichhabitate im Umfeld vorsorglich aufzuwerten. Ebenfalls unschädlich ist es aus diesem Grund, dass die Durchführung der Maßnahme (erst) vor Beginn der Bauaktivitäten innerhalb des Bauabschnitts IV erfolgt (vgl. Ziffer 4.2.5 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Unabhängig davon, dass die Maßnahme ein Ausweichen des Wachtel-Brutpaars im räumlichen Umfeld erst bei voranschreitender Bauabschnittsrealisierung gewährleisten soll (vgl. Ziffer 4.2.6 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017), handelt es sich lediglich um eine vorsorgliche - d. h. nicht zwingend erforderliche - lebensraumverbessernde Maßnahme.

(bb)

287

Auch hinsichtlich des Kiebitzes ist der Störungstatbestand nicht erfüllt.

288

Nach der nicht zu beanstandenden Bestandserfassung gemäß AW. (2016) liegt für den Kiebitz für das Jahr 2015 in zwei Fällen ein Brutverdacht auf landwirtschaftlich genutzten Flächen vor, die den geplanten Deponiestandort umgeben (einmal auf Acker nördlich in rund 130 m Entfernung, einmal auf Acker östlich in rund 220 m Entfernung zum Deponiestandort). Aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung ist ein Bruterfolg jedoch eher als unwahrscheinlich einzustufen (vgl. Ziffer 3.2.2 der Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Nach den weiteren Hinweisen zum Vorkommen gemäß BB. (2014, 2015) wurde in den Jahren 2014 und 2015 jeweils ein Brutverdacht festgestellt. Im Jahr 2015 wurden kurzfristig zwei Brutpaare auf dem Acker nördlich der ehemaligen Sandabbaugrube festgestellt, jedoch fand eine Verlagerung der Reviere aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung statt. BB. (2015) verortet einen Brutverdacht rund 130 m nördlich der Grube sowie eine Brutzeitfeststellung (kein Brutverdacht / kein Brutnachweis) rund 500 m nordwestlich der Grube (vgl. Ziffer 4.3.7 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

289

Nach den Feststellungen unter Ziffer 4.3.7 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) sind indirekte Wirkungen möglich durch den Eintrag von Lärm oder visuellen Störreizen während der Bau- und Betriebsphase der Deponie sowie durch die anlagenbedingte Kulissenwirkung des Deponiekörpers bzw. der diesen umgebenden Gehölzpflanzungen. Zu vertikalen Strukturen würden gemäß Glutz von Blotzheim et al. (1999) Meideabstände von bis zu 250 m eingehalten. Die MKULNV NRW (2013) gehe nach Auswertung diverser Fachliteratur von einem artspezifischen Meideabstand zu hohen geschlossenen Vertikalkulissen (große und dichte Baumreihen, Wälder, Siedlungen, große Hofanlagen) von mindestens 100 m aus. Bei guten Habitatbedingungen würden durch Kiebitze durchaus in gewissem Maße Hecken und Einzelbäume, die ihren Brutstandort berühren oder sogar mehrseitig umgrenzen, toleriert. Es sei nicht zu erwarten, dass die Reichweite möglicher Störungen durch Lärmemissionen, Erschütterungen und/oder Bewegungen auf dem Deponiegelände über das für die Einschätzung der Kulissenwirkung berücksichtigte Meideverhalten von mindestens 100 m (bis maximal 250 m) hinausgeht. Die artspezifische Fluchtdistanz liege bei 30 m bis 100 m (Flade 1994). Indirekte Wirkungen auf das rund 220 m östlich des Vorhabens registrierte Kiebitz-Brutpaar würden nicht prognostiziert. Dies sei zum einen dadurch begründet, dass am östlichen Grubenrand keine Gehölzpflanzungen mit möglicher nachteiliger Kulissenwirkung für den Kiebitz vorgenommen würden. Zum anderen sei auch nicht erkennbar, dass der Deponiekörper selbst beeinträchtigend wirken könnte, da der Kiebitz bereits zum Zeitpunkt der Erfassung in Entfernung von rund 220 m zu der am östlichen Grubenrand vorhandenen Waldfläche brütete, also schon einen ausreichenden Meideabstand einhalte. Störungen durch bau- oder betriebsbedingte Verlärmung oder sonstige visuelle Störreize würden ebenfalls vor dem Hintergrund der Entfernung des Brutreviers zum Vorhaben nicht prognostiziert. Dies gelte auch für das rund 130 m nördlich des Vorhabens festgestellte Kiebitz-Brutpaar. Beeinträchtigende Wirkungen durch die in den nächsten Jahren wachsende Vertikalkulisse des Vorhabens bzw. der vorgesehenen Gehölzpflanzung im Umfeld auf dieses Brutpaar seien nicht zu erwarten, da - selbst bei einer nicht mit letzter Gewissheit vorhersehbaren bzw. auszuschließenden Funktionsminderung des Brutreviers - geeignete Ausweichmöglichkeiten um mindestens hundert Meter auf derselben Fläche bei gleichen Habitatbedingungen nach Westen vorhanden seien. Aufgrund des seit den 90er Jahren stark abnehmenden Bestandes des Kiebitzes in Niedersachsen sei davon auszugehen, dass nicht alle vergleichbaren geeigneten Habitate (Ackerflächen) im näheren und weiteren Umfeld des geplanten Deponiestandortes in jedem Jahr gleichzeitig besetzt sind. Es sei weiterhin nicht davon auszugehen, dass die Flächen innerhalb des artspezifischen Meideabstands von mindestens 100 m (bis maximal 250 m) maßgeblich andere (bessere) Brutbedingungen für den Kiebitz aufwiesen, als die Flächen außerhalb dieses Bereichs. Dies werde durch die in den letzten Jahren vorgenommenen Brutvogelerfassungen bestätigt. Unter Berücksichtigung des Meideverhaltens des Kiebitzes verblieben auch während und nach Realisierung des Vorhabens ausreichend geeignete Bruthabitate für den Kiebitz in einem Abstand von mindestens 100 m zur Vorhabenfläche. Etwaige räumliche Revierverschiebungen gehörten zum natürlichen Verhaltensrepertoire der Art.

290

Diese Bewertung des Beklagten, wonach es nicht zu einer erheblichen Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG kommt, ist unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden. Durch die - nicht auszuschließende - Störung wird der Erhaltungszustand der lokalen Population der Art nicht verschlechtert, da diese nach den durchgeführten Bestandserfassungen auf bestehende Habitate ausweichen kann (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 17, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris). Soweit der Kläger darauf verweist, dass sich in der Fachwissenschaft Angaben finden würden, die den Schluss zuließen, dass die nördlich des Deponiegeländes befindlichen Ackerflächen künftig in einem 250 m bis 350 m breiten Abstandsband vom Kiebitz gemieden würden, vermag dies die ebenfalls auf fachwissenschaftliche Angaben gestützte naturschutzfachliche Einschätzung des Beklagten nicht in Frage zu stellen. Der Beklagte nimmt einen nach aktuellem Erkenntnisstand fachwissenschaftlich vertretbaren Standpunkt ein. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Im Übrigen stünden dem Kiebitz auch in diesem Fall Ausweichhabitate zur Verfügung, so dass der Erhaltungszustand der lokalen Population der Art nicht verschlechtert wird. Soweit der Kläger dies mit Blick auf die allgemeine Bestandssituation des Kiebitzes in Deutschland und in Niedersachsen in Frage stellt und meint, angesichts der dramatischen Bestandseinbußen bestehe wenig Grund zu der Annahme, dass es für die Erhaltungssituation des lokalen Kiebitzbestandes nicht von Bedeutung sei, wenn zwei Brutpaare Teile ihres Brutreviers nicht mehr nutzen könnten, übersieht er zum einen, dass Ausgangspunkt für die Betrachtung, ob eine Verschlechterung vorliegt, der jeweilige Ist-Zustand ist, egal ob dieser gut oder schlecht ist (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 17). Die allgemein schlechte Bestandssituation des Kiebitzes ist daher in diesem Zusammenhang nicht erheblich. Zum anderen lässt der Kläger außer Acht, dass der Beklagte auf der Grundlage der durchgeführten Bestandserfassungen und unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative zu Recht davon ausgeht, dass für das Kiebitz-Brutpaar geeignete Ausweichmöglichkeiten bei gleichen Habitatbedingungen vorhanden sind. Insoweit berücksichtigt der Beklagte den seit den 90er Jahren stark abnehmenden Bestand des Kiebitzes in Niedersachsen dahingehend, dass aufgrund dessen nicht alle vergleichbaren geeigneten Habitate (Ackerflächen) im näheren und weiteren Umfeld des geplanten Deponiestandortes besetzt sind und daher vorliegend Ausweichhabitate zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund sind zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung der lokalen Population nicht erforderlich.

(c)

291

Schließlich verneint der Planfeststellungsbeschluss das Vorliegen des Störungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zu Recht auch hinsichtlich etwaiger Beeinträchtigungen von europäischen Vogelarten im Bereich Achternmeer durch die dort vorgesehenen Aufforstungsmaßnahmen. So ist insbesondere hinsichtlich des Flussregenpfeifers der Störungstatbestand nicht erfüllt.

292

Der Flussregenpfeifer wurde von AZ. (2014b) im Bereich der für die Aufforstung vorgesehenen Kompensationsflächen im Bereich Achternmeer nachgewiesen. Er ist mit zwei brutverdächtigen Paaren im Bereich bzw. südlich der für die Aufforstung vorgesehenen Fläche E-Abbau 1.5 vertreten. Es handelt sich um einen Brutverdacht im nördlichen Bereich der Fläche E-Abbau 1.5 im Übergang zu E-Abbau 1.4 und um einen Brutverdacht direkt südlich der Fläche E-Abbau 1.5. (vgl. Ziffer 3.1.1.7 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen). Hinsichtlich des Störungstatbestandes gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist allein das brutverdächtige Paar südlich der Fläche E-Abbau 1.5 relevant; das brutverdächtige Paar im nördlichen Bereich der Fläche E-Abbau 1.5 im Übergang zu E-Abbau 1.4 erleidet einen Verlust seines Brutreviers und ist daher im Rahmen der Prüfung des Verbotstatbestandes gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG einer näheren Betrachtung zu unterziehen (vgl. unter B. II. 2. b) bb) (3) (c) (aa)).

293

Das südliche Revier des Flussregenpfeifers (1x Brutverdacht) befindet sich größtenteils außerhalb der geplanten Aufforstungsfläche E-Abbau 1.5 in der im Süden angrenzenden Sandgrube. Ausweislich der Feststellungen der Planunterlagen werden durch die Umsetzung der vorgesehenen Kompensationsmaßnahme E-Abbau 1.5 essentielle Habitatflächen nicht in Anspruch genommen. Relevante Beeinträchtigungen der Art werden in Bezug auf dieses Revier nicht prognostiziert. Kleinteilige Revierverschiebungen innerhalb der von der Kompensationsplanung nicht berührten Sandgrube gehörten zum normalen Verhaltensrepertoire der Art und seien weiterhin möglich. Durch die Aufforstung seien keine Störungen zu erwarten, die im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zu erheblichen Beeinträchtigungen des Flussregepfeifers (Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population) führen könnten (vgl. Ziffer 3.1.1.7 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen).

294

Diesen Ausführungen des Beklagten kann gefolgt werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die aufforstungsbedingte Veränderung des Bruthabitats des Flussregenpfeifers südlich der Fläche E-Abbau 1.5 nicht als erhebliche Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zu bewerten. Denn es ist nicht ersichtlich, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population der Art durch die Aufforstung verschlechtert. Soweit der Kläger vorträgt, durch die Aufforstung könnten sich Prädatoren unbemerkt nähern, was zu einem Verlust von Gelegen und Jungvögeln - und damit zu Reproduktionsausfällen - führen könne, hat der Beklagte eine solche aufforstungsbedingte Gefährdung bzw. Verschlechterung zu Recht damit verneint, dass kleinteilige Revierverschiebungen des Flussregenpfeifers innerhalb der von der Kompensationsleistung nicht berührten Sandgrube unproblematisch möglich seien. Das Brutpaar kann sein Revier geringfügig nach Süden/Süd-Osten verlagern und damit einen ausreichenden Abstand zu der Aufforstungsfläche schaffen, so dass seine eigentliche Fortpflanzungsstätte, das Nest, von einem übersichtlichen Umfeld umgeben wird. Ausweislich der Planunterlagen ist der Flussregenpfeifer eine insgesamt wenig störungsanfällige Art. So brüte er zum Beispiel in städtischen Lebensräumen auf (Groß-) Baustellen, Baumschulgeländen und kiesbedeckten Flachdächern (Südbeck et al. 2005). MKULNV NRW (2013) weise darauf hin, dass zur Balz, Brut- und Jungenaufzucht (April bis Juli) ein störungsarmes Umfeld von rund ca. 50 m um das jeweilige Vorkommen vorhanden sein sollte. Flussregenpfeifer benötigten nach Südbeck et al. (2005) für die Brut nur sehr kleine offene Bereiche (20 bis 50 m²). Da Flussregenpfeifer Nestflüchter seien, sei aber auch der zur Jungenaufzucht notwendige Bereich der Fortpflanzungsstätte hinzuzurechnen; daher umfasse die Fortpflanzungsstätte den brutzeitlichen Aufenthaltsraum bis zum Flüggewerden der Jungtiere (MKULNV NRW 2013). MKULNV NRW (2013) leite in Anlehnung an den von Flade (1994) zur Brutzeit angegebenen Raumbedarf von 1 bis 2 ha die Notwendigkeit eines die eigentliche Fortpflanzungsstätte umgebenden übersichtlichen Umfeldes von > 1 ha ab (vgl. Ziffer 4.1.4 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Ausgehend von diesen Lebensraumansprüchen des Flussregenpfeifers ist es anhand des Kartenmaterials (vgl. Anlage 26a - Karte 4 (mod.)) nicht ersichtlich - und vom Kläger auch nicht substantiiert dargelegt - dass die Schaffung eines solchen übersichtlichen Umfeldes durch die geringfügige Verlagerung des Brutreviers nach Süden/Süd-Osten nicht möglich sein sollte.

(3)

295

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist ebenfalls zu verneinen.

296

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. In § 44 Abs. 5 BNatSchG n. F. wird - wie bereits ausgeführt - ergänzend bestimmt, dass für nach § 15 Abs. 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Abs. 1 oder Abs. 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 gelten (Satz 1). Sind in Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen 3. das Verbot nach Abs. 1 Nr. 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird (Satz 2). Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden (Satz 3).

297

Was den Begriff der „Fortpflanzungs- und Ruhestätten“ in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG anbelangt, so ist dieser eng auszulegen. Dies folgt zum einen aus der scharfen systematischen Trennung zwischen der Teilregelung des Beschädigungs- und Zerstörungstatbestands in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, der die eingriffsbetroffene Lebensstätte nennt, und der ergänzenden Regelung in § 44 Abs. 5 BNatSchG, die im Rahmen einer funktionalen Betrachtung den räumlichen Zusammenhang einbezieht. Dasselbe folgt zum anderen daraus, dass es § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, und damit dem Wortlaut nach eine enge Auslegung des Begriffs der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nahelegt, die jeden einer solchen Entnahme zugänglichen, als Ort der Fortpflanzung oder Ruhe dienenden Gegenstand - z. B. einzelne Nester oder Höhlenbäume - einschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 73.07 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Zum Schutzobjekt gehört daher nicht das gesamte Jagd- oder Nahrungsrevier einer Art (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris). In zeitlicher Hinsicht betrifft die Verbotsnorm primär die Phase aktueller Nutzung der Lebensstätte. Unter Berücksichtigung des verfolgten Zwecks der Regelung, die Funktion der Lebensstätte für die geschützte Art zu sichern, ist dieser Schutz aber auszudehnen auf Abwesenheitszeiten der sie nutzenden Tiere einer Art, sofern nach deren Lebensgewohnheiten eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung derselben Lebensstätte (zum Beispiel eines konkreten Nests) zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 16.16 -, juris; BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Unter Brutstätten sind deswegen nicht nur von Vögeln gerade besetzte, sondern auch regelmäßig benutzte Brutplätze zu verstehen, selbst wenn sie während der winterlichen Abwesenheit von Zugvögeln unbenutzt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, juris). Das Verbot ist dagegen infolge der ergänzenden Regelung in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG nicht erfüllt, wenn zum Beispiel einem Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze im räumlichen Zusammenhang zur Verfügung stehen oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt werden.

298

Ausgehend davon ist im Streitfall eine Verwirklichung des Beschädigungs- oder Zerstörungsverbots durch den Bau und Betrieb der geplanten Mineralstoffdeponie nicht zu besorgen, weil der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses unter Einschluss der in ihm angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen die erforderlichen Vorkehrungen trifft, um dem entgegenzuwirken.

(a)

299

Dies gilt zunächst für die geschützten Amphibien, namentlich die Kreuzkröte.

300

Unstreitig werden im Zuge der bauabschnittsweisen Realisierung des Deponievorhabens nördlich der Krumlander Straße die hier vorhandenen Gewässer- und Landlebensräume der Kreuzkröte vernichtet. Aufgrund der im Einzelnen schwer bestimmbaren Flächen innerhalb der bisherigen Grube, die von der Kreuzkröte tatsächlich als Fortpflanzungs- und Ruhestätten genutzt werden, hat AW. (2016) (vgl. Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) den potenziellen Landlebensraum der Kreuzkröte im Eingriffsbereich großzügig abgegrenzt. Da sich die Suche bzw. der Nachweis von Amphibien im Bereich terrestrischer Habitate als vergleichsweise schwierig darstellte, wurden ergänzend Flächen ausgewiesen, die potenzielle Landlebensräume für die im Untersuchungsgebiet vorkommenden, wertgebenden Arten darstellen können. Die Ausweisung entsprechender Flächen ist schwerpunktmäßig auf Grundlage der vorhandenen Habitate und Strukturen sowie des spezifischen Wanderverhaltens der einzelnen Arten vorgenommen worden (vgl. Ziffer 3.3.4 der Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Damit geht AW. (2016) über die Schutzanforderungen des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, wonach lediglich potenzielle Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von der Verbotsnorm nicht erfasst werden (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 21), zugunsten des Artenschutzes deutlich hinaus. Der Abgrenzungsvorschlag von AW. (2016) schließt die bekannten Laichgewässer sowie alle potenziellen sommerlichen und winterlichen Landlebensräume ein und umfasst mit rund 10 ha nahezu den gesamten Bereich der ehemaligen Sandabbaugrube nördlich der Krumlander Straße (vgl. Abbildung 1 und Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Karte 02 der Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Dem folgend legt der Beklagte seiner artenschutzrechtlichen Prüfung einen Lebensraumverlust von insgesamt maximal 10 ha zugrunde (vgl. Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Diese differenzierte - und dabei zugleich zugunsten des Artenschutzes großzügige - Abgrenzung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröte im Sinne ihres potenziellen Lebensraums ist aus der Sicht des Senats vor dem Hintergrund der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger selbst diese weite, über die Schutzanforderungen des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG hinausgehende Abgrenzung nicht ausreichen lässt und meint, die insgesamt 11,3 ha (vgl. Seite 5 seines Schriftsatzes vom 02.03.2018) bzw. 11,5 ha (vgl. Seite 4 seines Schriftsatzes vom 27.06.2018) umfassende Sandabgrabung sei in ihrer Gesamtheit als Fortpflanzungs- und Ruhestätte der Kreuzkröte zu bewerten, vermag dieser pauschalen Bewertung angesichts der Prämisse, den Begriff der Fortpflanzungs- und Ruhestätte in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG eng auszulegen, nicht gefolgt zu werden. Insoweit führt auch die vom Kläger zitierte „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), nicht weiter. Denn diese zeigt nicht substantiiert auf, dass entgegen der naturschutzfachlichen Annahmen von AW. (2016) die gesamte Sandabgrabung auf einer Fläche von 11,5 ha als - zumindest potenzielle - Fortpflanzungs- und Ruhestätte der Kreuzkröte genutzt wird. Herr G. hat die Sandabgrabung ausweislich seiner eigenen Angaben selbst nicht in Augenschein genommen. Es wird lediglich die Vermutung aufgestellt, AW. (2016) habe lediglich die Sohle der Sandabgrabung betrachtet. Dies ist jedoch ausweislich der zitierten Unterlagen nicht der Fall. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, dass die Randstrukturen nicht außer Acht gelassen wurden. Soweit der Kläger bemängelt, dass sich AW. (2016) zum Zeitpunkt seiner Untersuchung des Umstandes nicht bewusst gewesen sei, wie groß die Zahl der in der Sandgrube lebenden Kreuzkröten tatsächlich ist, sei - erneut - darauf verwiesen, dass AW. (2016) die Abgrenzung des Lebensraums der Kreuzkröte nicht allein anhand des tatsächlichen Vorkommens, sondern anhand der potenziellen Lebensräume vorgenommen hat. Damit hat AW. (2016) zugunsten des Artenschutzes bereits die großzügigste Abgrenzung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröte vorgenommen, die denkbar ist.

301

Ausgehend von einem Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröte im Umfang von rund 10 ha schließen die von dem Beklagten zugunsten der Kreuzkröte und anderer Amphibien angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG aus.

302

§ 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG ist - entgegen der Auffassung des Klägers - anwendbar. Es bestehen keine Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Vorschrift.

303

Die Privilegierung in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG ist mit Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) und Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie vereinbar, weil es in den dort genannten Fällen nicht zu einer Zerstörung oder Beschädigung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im unionsrechtlichen Sinne kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris). Im Gegensatz zu der - oben dargelegten - engen räumlichen Begrenzung des Begriffs der Fortpflanzungs- und Ruhestätten in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, der auf einzelne Objekte und Strukturen beschränkt ist, (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 22), verpflichtet Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie die Mitgliedstaaten nur, jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu verbieten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 73.07 -, juris). Dementsprechend vertritt die Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission in ihrem „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" ein artspezifisch weit gefasstes, funktionsbezogenes Verständnis dieser Begriffe („Gebiete, die für die Paarung und Niederkunft erforderlich sind", bzw. „Gebiete, die für das Überleben eines Tieres oder einer Gruppe von Tieren während der nicht aktiven Phase erforderlich sind"). Jedenfalls für Arten mit einem eher kleinen Aktionsradius sei eine weite Definition unter Schutzgesichtspunkten sinnvoller. Zu betrachten sei die ökologische/funktionale Einheit (vgl. Ziffer II.3.4.b) des Leitfadens der EU-Kommission). Vor dem Hintergrund dieses weit gefassten Verständnisses des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie ist es aus der Sicht des Unionsrechts nicht zu beanstanden, wenn der deutsche Gesetzgeber in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG den an sich die Beschädigung oder Zerstörung jeder einzelnen Lebensstätte erfassenden Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht als erfüllt ansieht, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten (im engeren Sinne) im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Denn eine Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte im weiteren, gemeinschaftsrechtlichen Sinne liegt dann gerade nicht vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 73.07 -, juris). Ein formaler Unterschied besteht zwar darin, dass funktionale Erwägungen bei der Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Regelung schon bei der Subsumtion unter den Begriff der Fortpflanzungs- und Ruhestätte zum Tragen kommen, während sie nach deutschem Artenschutzrecht erst auf der zweiten, durch § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG gesteuerten Prüfungsstufe Bedeutung gewinnen. Für das Schutzziel des Funktionserhalts spielt das aber keine Rolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Durch die tatbestandliche Ergänzung in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG, der auf den Erhalt der Funktion abstellt, wird die Kongruenz mit der unionsrechtlichen Regelung hergestellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 - 9 C 6.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris). Auch die Berücksichtigung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG ist in diesem Zusammenhang - entgegen der Auffassung des Klägers - unionsrechtskonform (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Voraussetzung ist allein, dass es sich bei diesen Maßnahmen tatsächlich um Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (sog. CEF-Maßnahmen) und nicht um bloße Ausgleichsmaßnahmen im engeren Sinne handelt, die definitionsgemäß die Beschädigung oder Vernichtung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte voraussetzen. Es darf im Zuge der CEF-Maßnahmen zu keinem Zeitpunkt zu einer Reduzierung oder einem Verlust der ökologischen Funktionalität einer Fortpflanzungs-/Ruhestätte kommen. Lassen sich Maßnahmen zur Erhaltung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität einer bestimmten Fortpflanzungs- und Ruhestätte durchführen, muss nicht auf eine Ausnahme gemäß Art. 16 der FFH-Richtlinie zurückgegriffen werden. Es liegt in diesem Fall bereits kein Verstoß gegen das Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie vor (vgl. Ziffer II.3.4.d) des Leitfadens der EU-Kommission; Frenz/Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, Vorb. §§ 44-45 Rn. 18 ff.). Das Konzept der CEF-Maßnahmen ist im Bereich des europäischen Habitatschutzrechts geläufig (vgl. Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 56).

304

Soweit der Kläger vorträgt, der EuGH habe bereits in seinem Urteil vom 10. Januar 2006 (Az. C-98/03 -, juris) die dem § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG in der Grundkonzeption vergleichbare Vorschrift des § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002 beanstandet, vermag der Senat dem nicht zu folgen. § 43 BNatSchG 2002 („Ausnahmen“) bestimmte in Absatz 4, dass die Verbote des § 42 Abs. 1 und 2 nicht für den Fall gelten, dass die Handlungen bei der guten fachlichen Praxis und den in § 5 Abs. 4 bis 6 genannten Anforderungen entsprechenden land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung und bei der Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse oder bei der Ausführung eines nach § 19 zugelassenen Eingriffs, bei der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer nach § 30 zugelassenen Maßnahme vorgenommen werden, soweit hierbei Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten und Pflanzen der besonders geschützten Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden. Zu dieser Vorschrift hat der EuGH mit dem vom Kläger genannten Urteil entschieden, dass Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie nicht nur absichtliche, sondern auch unabsichtliche Handlungen erfasst. Eine nationale Vorschrift sehe keinen rechtlichen Rahmen vor, der mit der durch Art. 16 der FFH-Richtlinie eingeführten Ausnahmeregelung im Einklang stehe, wenn sie die Zulassung von Ausnahmen nicht von der Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen des Art. 16 abhängig mache, sondern als einzige Voraussetzung für die Zulassung der Ausnahmen vorsehe, dass Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten, und Pflanzen der besonders geschützten Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - C-98/03 -, juris). Die Verurteilung Deutschlands durch den EuGH führte zur sog. „kleinen Novelle“ des BNatSchG. Die Ausnahmevorschrift des § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002 wurde komplett abgeschafft. Die heutige Regelung in § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG ist mit der vom EuGH beanstandeten Regelung in § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002 nicht ansatzweise vergleichbar. Während die damalige Ausnahmevorschrift auf „unabsichtliche“ Handlungen abstelle, liegt nach der heutigen Rechtslage ein Verstoß gegen die Verbotsnorm des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG dann nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten (im engeren Sinne) im räumlichen Zusammenhang weiterhin - und sei es durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen - erfüllt wird. Der Regelungsgegenstand der Vorschrift ist damit ein völlig anderer.

305

Eine vom Kläger angeregte Vorlage an den EuGH zur Klärung der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV hält der Senat vor diesem Hintergrund nicht für erforderlich.

306

Die von dem Beklagten zugunsten der Kreuzkröte und anderer Amphibien angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* erfüllen entgegen der Auffassung des Klägers die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG und schließen damit den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG aus.

307

§ 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG richtet sich - wie dargelegt - darauf, die von Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten erfüllte ökologische Funktion aufrechtzuerhalten. Der von der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission erstellte „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" bietet insoweit eine Auslegungshilfe betreffend die Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Danach kommt es entscheidend auf die funktionelle Verbindung zu einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte sowie darauf an, dass diese nach Durchführung der Maßnahmen mindestens die gleiche (oder eine größere) Ausdehnung und eine gleiche (oder bessere) Qualität für die zu schützende Art hat (vgl. Ziffer II.3.4.b) und Ziffer II.3.4.d) des Leitfadens; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris).

308

Diesen Anforderungen werden die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* gerecht. In ihrer Gesamtheit stellen sie sicher, dass die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der geschützten Amphibien im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Dabei verändert sich im Laufe der Jahre neben dem sukzessive verloren gehenden Lebensraum auch die zur Verfügung stehende Ausgleichsfläche. Es ist jedoch sichergestellt, dass sich in allen Phasen der Vorhabensdurchführung eine Flächenbilanz von Habitatflächen für die Amphibien - insbesondere die Kreuzkröte - von mehr als 1:1 ergibt. Am Ende des Deponiebetriebs (voraussichtlich im Jahr 2036) steht dem Verlust von 10 ha eine Ausgleichsfläche von 16,4 ha mit einem Flächenäquivalent von 13,1 ha gegenüber (vgl. Anlage 2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; vgl. auch unter B. II. 2. c) bb) (1)). Die vom Kläger gegen die einzelnen Ausgleichsmaßnahmen vorgebrachten Rügen greifen nicht durch.

(aa)

309

Die Maßnahme ACEF2(neu)* verdient - entgegen der Auffassung des Klägers - Anerkennung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG.

310

Die Maßnahme ACEF2(neu)* „Schaffung/Erhaltung von Rohbodenstandorten, Saumstreifen und Temporärgewässern innerhalb der Grube“ beinhaltet die Erhaltung/Bereitstellung geeigneter Lebensräume innerhalb der Bauabschnitte III und IV der geplanten Deponie mit einer Flächengröße von 3,38 ha (1,48 ha im Bauabschnitt III und 1,9 ha im Bauabschnitt IV). Es handelt sich um eine temporäre Maßnahmenfläche, die spätestens mit dem Eingriff in den Bauabschnitt IV - voraussichtlich ab dem Jahr 2029 - verloren geht. Fünf Jahre vorher soll die natürliche Sukzession auf der Maßnahmenfläche im Bauabschnitt IV wieder zugelassen werden. Möglichst zwei Jahre vor der Inanspruchnahme beginnt ein Abfangen der Kreuzkrötenindividuen auf dieser Fläche (Maßnahme V6(neu)*). Die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* ist damit bis zum Jahr 2027 wirksam. Die Maßnahmen auf der Maßnahmenfläche umfassen zum einen den Erhalt, die Entwicklung und die Pflege der Landlebensräume, und zum anderen den Erhalt und die Pflege der Gewässerlebensräume (vgl. Ziffer 1 und Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.2.2.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Anlage 1 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses).

311

Die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* ist - entgegen der Auffassung des Klägers - aufwertungsbedürftig und -fähig. Diese Voraussetzung erfüllen Ausgleichsflächen, wenn sie in einen Zustand versetzt werden können, der sich im Vergleich mit dem früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1999 - 4 A 18.98 -, juris; BVerwG, Urteil vom 10.09.1998 - 4 A 35.97 -, juris). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

312

Zunächst spricht der Umstand, dass die Maßnahmenfläche nach dem Vortrag des Klägers und der von ihm in Bezug genommenen „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), bereits vor dem Jahr 2016 - d. h. vor der Anlage von Kleingewässern auf der Maßnahmenfläche durch die Beigeladene - mit Kreuzkröten besiedelt war, nicht gegen eine Aufwertungsfähigkeit dieser Fläche. Auch ein bereits - sehr gut - besiedelter Lebensraum ist einer Aufwertung zugänglich. Der Beklagte und die Beigeladene haben für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der gesamten Sandgrube - und damit auch bei der Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* - vor dem Jahr 2016 nicht um ein für Kreuzkröten „optimales“ und daher einer weiteren Aufwertung unzugängliches Habitat gehandelt hat. So wurde in Rahmen des ehemaligen Trockenabbaus von Sanden nicht bis in den Bereich des Grundwassers abgebaut. Im Rahmen von Begehungen der Fläche wurde deswegen festgestellt, dass in der Vergangenheit keine geeigneten Laichgewässer für die Kreuzkröte vorhanden waren; die vorhandenen Mulden und Fahrspuren waren ausgetrocknet. Die Bereiche waren zu trocken für einen optimalen Lebensraum (vgl. nur Vermerk des NLWKN zum Ortstermin am 23.05.2014 = Blatt 198 ff. der Beiakte 023). Durch die unterschiedlich hohen Niederschlagsmengen in den verschiedenen Jahren kam es zu einer unregelmäßigen und zufälligen Entstehung von Laichgewässern. Es bestand zudem stets die Gefahr eines schnellen Austrocknens der Laichgewässer. Dies zeigt, dass die Bedingungen für die Kreuzröte bestenfalls in einzelnen Jahren sehr gut gewesen sind, wenn Regenereignisse und eine optimale Witterung in der Laichzeit zeitlich zusammengefallen sind. Der Schluss auf einen „sehr hochwertigen“ und nicht mehr aufwertungsfähigen Lebensraum lässt sich daraus jedoch nicht ziehen; denn es fehlte an einer Beständigkeit der Habitatbedingungen. Soweit der Kläger ergänzend darauf verweist, dass in der Zeit vom 30. März 2016 bis zum 10. Juni 2016 in den ersten Bauabschnitten rund 350 adulte und subadulte Kreuzkröten gefangen worden seien, die mindestens ein Jahr (subadult) oder drei Jahre (adult) alt gewesen seien und daher bereits aus den Jahren 2013 bis 2015 stammten, und dass der Bauabschnitt IV genauso gut besiedelt sei (vgl. dazu auch die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 = Anlage K4), bietet auch dieser Umstand vor dem soeben Gesagten keinen Beleg dafür, dass die Kreuzkröte in der ehemaligen Sandabbaugrube schon seit längerer Zeit „optimale“ - d. h. nicht weiter aufwertungsfähige - Lebensbedingungen vorfindet. Zwar spricht die hohe Anzahl von adulten und subadulten Kreuzkröten im Jahr 2016 für eine erfolgreiche Reproduktion in früheren Jahren (vgl. dazu auch die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 = Anlage K4). Es ist insoweit wahrscheinlich, dass diese Bestände aus Jahren hervorgegangen sind, in denen „zufällig“ gute Bedingungen vorgeherrscht haben. Für beständige „optimale“ Habitatbedingungen liefern diese Bestände jedoch keinen Beleg. Dafür spricht auch, dass vor dem Jahr 2016 - auch von Seiten der klägerischen Gutachter - keine mit dem Jahr 2016 vergleichbaren Kreuzkrötenbestände erfasst worden sind (vgl. die Bestandserfassung in Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Vermerk des NLWKN zum Ortstermin am 23.05.2014 = Blatt 198 ff. der Beiakte 023). Angesichts dieses Umstands ist es aufgrund der Mobilität der Art auch nicht völlig ausgeschlossen, dass es sich bei den im Jahr 2016 festgestellten Beständen - jedenfalls in Teilen - um zugewanderte Kröten handelt, auch wenn es für eine derartige „Massenzuwanderung“ ausweislich der „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), keine Anhaltspunkte gibt. Jedenfalls ist auch bei Berücksichtigung dieses Kreuzkrötenvorkommens eine Aufwertungsfähigkeit der Fläche gegeben.

313

Die Fläche erfährt durch die Maßnahme ACEF2(neu)* eine ökologische Aufwertung. Zum Erhalt, zur Entwicklung und zur Pflege der Landlebensräume umfasst die Maßnahme ACEF2(neu)* eine Senkung eventueller Mortalitätsrisiken einschließlich der Wintermortalität der juvenilen Kreuzkröten durch eine Optimierung der Anzahl der Sommerquartiere (Tagesverstecke) und Winterquartiere (mind. fünf Lesesteinhaufen/Gesteinsschüttungen und mind. fünf Totholzhaufen, mehrere Schalbretter). Eine Mindesttiefe der Gesteinsaufschüttung von 70 cm ist erforderlich, um eine frostfreie Überwinterung zu gewährleisten. Zudem ist eine vorsichtige lokale Tiefenlockerung im Bereich der sonnenexponierten Böschungen im Randbereich der Maßnahmenfläche vorgesehen. Des Weiteren erfolgen Erhalt und Pflege der Offenbodenbereiche an den Sandgrubensohle sowie der gut grabbaren der sonnenexponierten Böschungen im Randbereich der Maßnahmenfläche vor allem durch Jäten und abschnittsweise Mahd der vorhandenen Ruderalvegetation, das Mähgut ist von der Fläche zu entfernen. Die Arbeiten in der Fläche werden bei trockener Witterung mit der Hand durchgeführt, um ein Überfahren und Schädigung der Amphibien zu vermeiden. Zum Erhalt und zur Pflege der Gewässerlebensräume, insbesondere der im April 2016 bereits hergestellten 11 Laichgewässer sieht die Maßnahme ACEF2(neu)*weiterhin die Kontrolle der Wasserführung in den Laichgewässern und gegebenenfalls die bedarfsweise Nachwässerung zur Aufrechterhaltung einer dauerhaften Wasserführung von mindestens sechs bis acht Wochen während der Laichzeit der Kreuzkröte von April bis August vor. Zudem sind die Kleingewässer wie die umgebenden Bereiche von größerem Pflanzenbewuchs freizuhalten (vgl. Ziffer 4.2.2.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

314

Durch diese Maßnahmen wird die Maßnahmenfläche in einen Zustand versetzt, der sich im Vergleich mit dem früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt. Selbst wenn man - so der Kläger - die bloße Pflege und Erhaltung einer vorhandenen Fläche im Regelfall nicht als Ausgleichsmaßnahme anerkennen wollte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.05.2001 - 8 S 2603/00 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 05.04.2001 - 1 K 2758/00 -, juris), muss dies jedenfalls dann anders beurteilt werden, wenn die Fläche ihre Qualität als Habitat für die betroffenen Arten - wie hier - ohne entsprechende Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen binnen kurzer Zeit im Wege der natürlichen Sukzession verlieren würde. Unterblieben Bewirtschaftungsmaßnahmen im Bereich der Sandgrube, die einen Bewuchs verhinderten, käme es zu einer natürlichen Sukzession und dem Entstehen von Ruderalvegetation. Die Habitateignung für die Kreuzkröte und andere Arten, die auf offene Wasserflächen oder offene Sand- oder Kiesflächen angewiesen sind, ginge verloren. Dieser Verlust tritt entgegen der Vermutung des Klägers nicht erst nach vielen Jahren bzw. Jahrzehnten ein. Die Ruderalvegetation stellt sich auf ungenutzten bzw. brach gefallenen Flächen vielmehr bereits in den ersten ein bis zwei Jahren ein (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ruderalvegetation). Daher wird in der Fachwissenschaft auch stets die Dynamik und Kurzlebigkeit der Kreuzkröten-Lebensräume betont (vgl. Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013). Selbst aus Optimalbiotopen kann die Kreuzkröte innerhalb weniger Jahre verschwinden, wenn die Sukzession der Vegetation ein gewisses Stadium erreicht hat (vgl. NLWKN, Vollzugshinweise zum Schutz von Amphibien- und Reptilienarten in Niedersachsen, Kreuzkröte (Bufo calamita), Stand: November 2011). Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass allein die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme ACEF2(neu)* sicherstellt, dass die Fläche den betroffenen Arten (weiterhin) als Lebensraum zur Verfügung steht. Unabhängig davon kann die Anerkennungsfähigkeit von Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen im Kontext mit der natürlichen Sukzession dahinstehen. Denn die Maßnahme ACEF2(neu)* geht über eine bloße Pflege und Erhaltung vorhandener Flächen hinaus. Sie wahrt nicht lediglich den aktuellen Zustand bzw. den Status quo, sondern führt - insbesondere durch die Anlage von zusätzlichen Sommer- und Winterquartieren, die Herstellung von 11 Laichgewässern und die bedarfsweise Nachwässerung zur Aufrechterhaltung einer dauerhaften Wasserführung - zu einer Verbesserung der ökologischen Funktionalität der Fläche. Es kommt zu einer Intensivierung und Verstetigung des Habitats. So konnte ausweislich der dokumentierten Ergebnisse der Umweltbaubegleitung auf den im Jahr 2016 angelegten Kleingewässern ein sehr guter Reproduktionserfolg nachgewiesen werden. Eine große Wirksamkeit hatte vor allem die im Jahr 2016 erfolgte bedarfsweise Zuwässerung der im Normalfall während der Laichzeit häufig trockenfallenden Kleingewässer (vgl. Ziffer 4.2.2.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Herr BC. vom NLWKN hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass aufgrund der hohen Temperaturen in diesem Jahr (2018) ohne eine Zuwässerung aufgrund der Austrocknung der Pfützen keine überlebensfähigen Individuen vorhanden sein würden. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), vorträgt, dass durch die Maßnahme ACEF2(neu)* die Fläche sogar beeinträchtigt worden sein könnte, bleibt dieses Vorbringen unsubstantiiert und geht über reine Vermutungen und Spekulationen nicht hinaus.

315

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch die Funktionalität und Wirksamkeit der Maßnahme ACEF2(neu)* im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG gesichert. Die strukturellen Voraussetzungen der Maßnahmenfläche ACEF2(neu)*, die denen der Eingriffsfläche gleichen, sind für einen Ausgleich funktionell geeignet. Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass die ökologische Funktion der von einem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten nur dann weiterhin erfüllt werden kann, wenn die zum Ausgleich bestimmten Strukturen in einem Umfeld angelegt werden, in dem die betroffenen Tiere die für ihr Überleben notwendigen (Nahrungs-)Ressourcen in ausreichendem Umfang vorfinden. Daran bestehen vorliegend jedoch keine ernsthaften Zweifel. Nach den Darlegungen der Beigeladenen stehen für die gesamte Zeitdauer der Maßnahmenwirksamkeit ausreichend Vegetationsstrukturen in der Umgebung zur Verfügung, die als Spenderflächen für Insekten dienen können. Vegetationsverluste im Zuge des Baus der Deponie werden durch landschaftspflegerische Maßnahmen ersetzt. Spezielle Erhebungen des Beklagten zu den (Nahrungs-)Ressourcen, zu dem bereits auf der Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* vorhandenen Kreuzkrötenbestand und zur „carrying capacity“, d. h. der Aufnahmefähigkeit der Fläche, waren entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich. Die erfolgten Kartierungen erweisen sich als ausreichend. Es liegen Erfassungen der Kreuzkröte und der übrigen Amphibien für den gesamten Untersuchungsraum - und damit auch für den Bereich der ehemaligen Sandabgrabung, in der sich die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* befindet - vor (vgl. AW. 2016, AX. 2016, AY. 2014b und 2015). Durch AW. (2016) wurden alle potenziell als Laichhabitate geeigneten Stillgewässer und Wanderbewegungen zwischen diesen und den Landlebensräumen innerhalb des insgesamt rund 150 ha großen Untersuchungsraums nördlich und südlich der Krumlander Straße untersucht. Die Untersuchung erfolgte im Rahmen von insgesamt zehn Begehungen im Zeitraum von März bis August. Diese Kartierung entspricht nach den Ausführungen von Herrn BC. vom NLWKN in der mündlichen Verhandlung dem fachlich üblichen Erfassungsstandard bzw. geht mit den genannten zehn Begehungsterminen über den üblichen Standard sogar noch hinaus. Im Rahmen der Biotop- bzw. Strukturkartierung seien - so Herr BC. - die Requisiten des Lebensraums erfasst worden. Sie seien in ausreichendem Maße vorhanden. Die Erfassung der Requisiten und der Habitatstrukturen sei ausreichend; ein zusätzlicher Blick auf die Individuen sei für die Beurteilung der Habitateignung nicht erforderlich. Die Pionierstandorte, die von der Kreuzkröte besiedelt würden, würden auch von Insekten besiedelt, die zum Nahrungsspektrum der Kreuzkröte gehörten (u. a. Grabwespen, Erdhummeln). Die Kreuzkröte müsse kein komplettes Nahrungsspektrum vorfinden, da die Tierart im Hinblick auf die standortherrschenden Bedingungen anpassungsfähig sei. Soweit Herr G. in der mündlichen Verhandlung darauf dargelegt hat, dass die Jungtiere - im Unterschied zu den Alttieren - auf das Vorhandensein nicht flugfähiger Insekten (z. B. Schnecken, Käfer) angewiesen seien, hat Herr BC. darauf hingewiesen, dass eine genauere Analyse des Nahrungsspektrums nicht erforderlich und nicht vertretbar sei. Eine exakte Erfassung könne allenfalls einen Näherungswert abgeben. Das Vorhandensein der wichtigsten Requisiten bzw. Lebensraumstrukturen genüge. Dies sei hier der Fall. Herr BD. hat dies dahingehend ergänzt, dass ein Nahrungsmangel als Mortalitätsrisiko ausgeschlossen werden könne. Das Mortalitätsrisiko bestehe bei der Kreuzkröte bei einer Umsiedlung weniger in einem mangelnden Nahrungsangebot als in einem Prädationsrisiko. Im Übrigen würden die Flächen hier gezielt aufgewertet. Diesen fachlich begründeten Einschätzungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Jedenfalls bewegt sich der Beklagte mit seinen Bewertungen im Rahmen der ihm eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative. Dies gilt umso mehr, als neben der Maßnahme ACEF2(neu)* die Maßnahmen ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* zum Tragen kommen. Die Amphibienbestände werden sich auf die verschiedenen Maßnahmenflächen, die jeweils über eigene (Nahrungs-)Ressourcen verfügen, verteilen und sich nicht auf der Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* konzentrieren.

316

Entgegen der Auffassung des Klägers spricht auch der temporäre Charakter der Maßnahme ACEF2(neu)* nicht gegen ihre ausreichende Wirksamkeit. Auch wenn die Maßnahmenfläche unstreitig nur zeitweilig als Ausgleichsfläche genutzt werden soll und spätestens mit dem Eingriff in den Bauabschnitt IV verloren geht, d. h. nicht dauerhaft gesichert ist, hat der Senat keine Zweifel, dass die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang durch die Maßnahme ACEF2(neu)* - im Zusammenwirken mit den Maßnahmen ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* - weiterhin erfüllt wird bzw. dies durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt wird.

317

Der Wortlaut des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG fordert, dass die ökologische Funktion „weiterhin erfüllt“ wird. Die Vorschrift enthält damit - entgegen der Auffassung des Klägers - aber keine strikte Forderung, die funktionserhaltende Maßnahme dauerhaft und „bis in alle Ewigkeit“ zu sichern, d. h. den von dem Verlust geschützter Lebensstätten betroffenen Individuen auf Dauer einen für sie geeigneten „Ersatzwohnraum“ zur Verfügung zu stellen. Wie lange die Wirkungen der Ausgleichsleistungen anzuhalten haben, hängt vielmehr vom Einzelfall ab. Nach dem bereits zitierten „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission kommt es betreffend die Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten darauf an, dass eine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nach Durchführung der Maßnahmen mindestens die gleiche (oder eine größere) Ausdehnung und eine gleiche (oder bessere) Qualität für die zu schützende Art hat (vgl. Ziffer II.3.4.d) des Leitfadens). Die Konzeption der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme hat sich danach an dem Erhalt des status quo der Eingriffsfläche auszurichten. Sinn und Zweck der funktionserhaltenden Maßnahmen besteht nicht darin, eine Verbesserung der vorgefundenen Situation, d. h. des Ist-Zustands herbeizuführen, sondern lediglich diejenige Situation aufrechtzuerhalten, die vor der sie treffenden Beeinträchtigung bestanden hat (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 52). Denn mit der Regelung will der Gesetzgeber lediglich sicherstellen, dass die ökologische Gesamtsituation des betroffenen Bereichs keine Verschlechterung erfährt (vgl. BT-Drucksache 16/5100, S. 12). Geht es damit allein um die Bewahrung der vorgefundenen Situation, muss die funktionserhaltende Maßnahme die Qualität des (Ersatz-) Habitats nicht länger gewährleisten, als sie bei natürlichem Verlauf gegeben wäre. Die Gestaltung einer CEF-Maßnahme kann sich danach im Einzelfall auch an der zeitlichen Limitierung der Habitateignung im Eingriffsbereich orientieren. Die Betrachtung des alternativen Kausalverlaufs, der sich einstellen würde, wenn der jeweilige Plan oder das Vorhaben nicht realisiert würde, ist dem europäischen Umweltrecht nicht fremd. So wird hinsichtlich der Angaben des UVP-Berichts für die Umweltverträglichkeitsprüfung in Anlage 4 Nr. 3 zum UVPG n. F. eine Beschreibung des aktuellen Zustands der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens und eine Übersicht über die voraussichtliche Entwicklung der Umwelt bei Nichtdurchführung des Vorhabens verlangt.

318

Diesen Vorgaben wird das Maßnahmenkonzept des Beklagten gerecht. Dem überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und dem landschaftspflegerischen Begleitplan liegt die Überlegung zugrunde, dass sich ohne die Durchführung des Vorhabens ohnehin auf kurz oder lang ein Lebensraumverlust durch die natürliche Sukzession auf dem Standort einstellen würde. Zudem würde ohne das Vorhaben die ursprüngliche Rekultivierungsverpflichtung einsetzen, die in der Sandgrube eine flächenhafte Aufforstung vorsieht. Ist damit die Habitateignung der Eingriffsfläche ohne Realisierung des planfestgestellten Vorhabens schon allein aufgrund natürlicher Sukzession in seiner ökologischen Qualität für eine bestimmte Art limitiert, muss auch die CEF-Maßnahme nicht weiter reichen, da lediglich der Erhalt des status quo der Eingriffsfläche verlangt wird. Vor diesem Hintergrund ist der temporäre Charakter der Maßnahme ACEF2(neu)* nicht zu beanstanden. Auch wenn die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* - wie dargelegt - nur bis zum Jahr 2027 wirksam ist, besteht damit eine Habitateignung für einen deutlich längeren Zeitraum, als die Habitateignung der Eingriffsfläche bei natürlicher Sukzession reichen würde (vgl. Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Maßnahme ACEF2(neu)* - wie eingangs dargestellt - lediglich Teil eines komplexen Ausgleichskonzepts zusammen mit den Maßnahmen ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* ist, bei dem sich die zur Verfügung stehende Ausgleichsfläche im Laufe der Jahre verändert (vgl. Anlage 2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Auch wenn die Maßnahmenflächen ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* ebenfalls nicht dauerhaft gesichert sind, ergibt sich aufgrund der festgelegten Pflegezeit von fünf Jahren nach Fertigstellung der Deponie-Oberflächenabdichtung und Rekultivierungsschicht auf den Maßnahmenflächen (d. h. Pflege bis voraussichtlich 2041) ein deutlicher und zeitlicher Gewinn von ca. 23 bis 25 Jahren bei den Maßnahmenflächen gegenüber einer unveränderten Situation in der Sandgrube, in der die Kreuzkröten-Habitatflächen bereits ab sofort einer natürlichen Sukzession und damit einer sukzessiv fortschreitenden Entwertung unterlägen (vgl. Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

319

Schließlich ergeben sich Zweifel an der Geeignetheit der Maßnahme ACEF2(neu)* auch nicht aus dem vom Kläger thematisierten Umstand, dass nach dem festgesetzten Maßnahmenkonzept möglichst zwei Jahre vor der Inanspruchnahme des Bauabschnitts IV die zu diesem Zeitpunkt dort - trotz vorheriger zugelassener natürlicher Sukzession - noch befindlichen Amphibien gefangen und umgesetzt werden sollen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind damit weitere artenschutzrechtlich relevante Zugriffshandlungen in Gestalt des Fangs und der Tötung einer unbestimmten Anzahl von Kreuzkröten nicht vorprogrammiert. Zunächst kann der Behauptung des Klägers, in einem der natürlichen Sukzession unterliegenden Gelände werde es kaum noch möglich sein, einen größeren Teil der dort noch verbliebenen Individuen zu fangen, so dass diese zwangsläufig im Zuge der Inanspruchnahme der Fläche getötet würden, nicht gefolgt werden. Die Beigeladene ist dieser durch nichts belegten Behauptung des Klägers entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass ein Fang der Amphibien auch in einem der natürlichen Sukzession unterfallenden Gelände möglich sei, da die Individuen vor allem mit Fangkreuzen, Fangzäunen und Kunstverstecken gefangen würden. Eine weite Einsehbarkeit oder Vegetationsfreiheit des Geländes müsse dazu nicht gegeben sein. Dies erscheint dem Senat nachvollziehbar. Durch den Fang der Amphibien (Maßnahme V6(neu)*) wird ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand ebenfalls nicht erfüllt; insoweit wird auf die Ausführungen unter B. II. 2. b) bb) (1) (b) verwiesen. Im Übrigen wird es voraussichtlich bereits im Rahmen der natürlichen Sukzession ohne ein aktives Fangen zu einer Abwanderung in neue Lebensräume kommen.

(bb)

320

Auch die Maßnahme ACEF6* erfüllt die Voraussetzungen, die nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG an einen vorgezogenen Ausgleich zu stellen sind.

321

Die Maßnahme ACEF6* „Schaffung von Rohbodenstandorten, Kies-/Schotterflächen, Saumstreifen und Temporärgewässern außerhalb und innerhalb des Standortes“ beinhaltet die Neuschaffung geeigneter Gewässer- und Landlebensräume für die Kreuzkröte und andere Amphibien auf der nordwestlich an die Sandgrube angrenzenden Sandackerfläche (rund 4,8 ha) sowie auf der Fläche des entfallenden Sickerwasserbeckens am südöstlichen Rand der Sandgrube (rund 0,27 ha) mit einer Flächengröße von insgesamt rund 5,1 ha. Die Habitatfunktion der Maßnahmenfläche ACEF6* ist für die Dauer von fünf Jahren nach Beendigung der Rekultivierungsmaßnahmen auf dem Deponiegelände zu pflegen. Danach wird die Fläche der natürlichen Sukzession überlassen (vgl. Ziffer 1 und Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

322

Die Umsetzbarkeit der Maßnahme ACEF6* auf dem nordwestlich an die geplante Deponie angrenzenden Sandacker auf einer Fläche von rund 4,8 ha, die ein Abschieben des 30 cm mächtigen Oberbodens und ein Abschieben/Ausheben des anstehenden Sandbodens in Teilflächen bis in eine Gesamttiefe von maximal 80 bis 100 cm beinhaltet (vgl. Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017), wird - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht bereits deshalb in Frage gestellt, weil die Fläche von Süßgasleitungen gequert wird. Wie bereits dargelegt, ist die Durchführbarkeit der Maßnahme ACEF6* mit der für die Gasleitungen verantwortlichen N. GmbH (O.) abgestimmt worden. Die O. hat den Erdgasförderplatz AM. und die zugehörigen Anschlussleitungen bereits im Jahr 2017 stillgelegt. Die Lagerstättenwasserleitung ist bereits zurückgebaut worden. Der Ausbau der noch existierenden Süßgasleitungen ist zunächst für das Jahr 2019 vorgesehen gewesen. Nach den Angaben der Beigeladenen ist nach einer Abstimmung mit der O. nun eine vorgezogene Entfernung der Leitungen im Bereich der Ausgleichsfläche vorgesehen, die über eine „Bauanzeige“ beim LBEG legalisiert werden soll. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang Belege vermisst, hat der Senat keinen begründeten Anlass, an den Angaben der Beigeladenen zu zweifeln. Im Übrigen hat die Beigeladene darauf hingewiesen, dass auch eine Verdämmung der Leitungen mit Beton denkbar sei. Aufgrund dieser Optionen ist es ausgeschlossen, dass die Süßgasleitungen die Umsetzung der Maßnahme, insbesondere ein Abschieben des Oberbodens und des anstehenden Sandbodens, verhindern. Soweit der Kläger bemängelt, dass der Beklagte jedenfalls im Zeitpunkt seiner Entscheidung über den Änderungsplanfeststellungsbeschluss offenbar nicht einmal geprüft habe, ob und welche Konsequenzen sich für die Realisierbarkeit der Maßnahme ACEF6* aus der Existenz der Süßgasleitungen ergäben, und dass die Einschätzungen des Beklagten daher auf einem unvollständigen bzw. unzutreffend ermittelten Sachverhalt beruhten, kann dem nicht gefolgt werden. Die O. hat bereits im (ursprünglichen) Planfeststellungsverfahren auf verschiedene Transportleitungen und oberirdische Anlagen hingewiesen. Ihre Hinweise sind in den Nebenbestimmungen berücksichtigt worden (vgl. Ziffer 1.5.6.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses). Die Leitungsangaben und die Leitungslage ergeben sich aus der Anlage 5 zum Planfeststellungsbeschluss. Anhand der Angaben in der Anlage 5 war dem Beklagten das Vorhandensein der Leitungen damit bereits bekannt. Selbst wenn der Beklagte die Auswirkungen der Leitungen auf die Realisierbarkeit der Maßnahme ACEF6* zum damaligen Zeitpunkt nicht ausreichend geprüft haben sollte, ergibt sich daraus jedenfalls kein Rechtsfehler, der den Kläger in seinen Rechten verletzt. Denn es steht in der Sache fest, dass die Süßgasleitungen die Umsetzung der Maßnahme ACEF6*, insbesondere ein Abschieben des Oberbodens und des anstehenden Sandbodens, nicht verhindern.

323

Die Realisierung der Maßnahme ACEF6* ist auch nicht aus anderen Gründen in Frage zu stellen. Entgegen der Auffassung des Klägers besteht kein Zweifel daran, dass sich die auf der nordwestlich an die geplante Deponie angrenzenden Sandackerfläche vorgesehene Anlage von 15 bis 20 Klein- und Kleinstgewässern (Temporärgewässer) durch eine gezielte Verdichtung mittels Baufahrzeugen oder Walze und gegebenenfalls durch eine zusätzliche Einbringung von autochthonem lehmig-tonigen Bodenmaterial zur Förderung der natürlichen Bildung von Temporärgewässern (vgl. Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) durchführen lässt. Soweit der Kläger auf die hohe Durchlässigkeit der auf der Maßnahmenfläche oberflächennah anstehenden Sedimente verweist, ist mit dem Beklagten und der Beigeladenen darauf zu hinzuweisen, dass die Bodenverhältnisse im Bereich der Maßnahmenfläche denen in der direkt angrenzenden Sandgrube sehr ähnlich sind. Das Anlegen von Temporärgewässern wurde dort bereits auf der Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* im Jahr 2016 erfolgreich durchgeführt. Sollte die notwendige Bodenbeschaffenheit für die Sicherstellung der Temporärgewässer wider Erwarten nicht an Ort und Stelle herstellbar sein, ist es unproblematisch möglich, geeignete Abhilfe zu schaffen. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass sich der Abstand zum Grundwasser auf der Maßnahmenfläche ACEF6* auf rund 20 m belaufe, während er innerhalb der Grube gerade etwa 1 m betrage, so dass sich dort eher - auf natürliche Weise - temporäre Gewässer einstellen dürften, mag dies zutreffen. Jedoch sieht die Maßnahme ACEF6* neben der bloßen Herstellung der Gewässer eine Kontrolle der Wasserführung und gegebenenfalls eine Nachwässerung zur Aufrechterhaltung einer dauerhaften Wasserführung von mindestens sechs bis acht Wochen während der Laichzeit der Kreuzkröte vor (vgl. Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Vor diesem Hintergrund spielt der unterschiedliche Grundwasserstand auf den beiden Flächen keine entscheidende Rolle für die Realisierbarkeit der Maßnahme. Es gibt daher keinen Anlass für Zweifel an der Herstellbarkeit der gewünschten Gewässerlebensräume auf der Maßnahmenfläche ACEF6*.

324

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Tauglichkeit der Maßnahme ACEF6* nicht wegen der Nähe der Maßnahmenfläche (Sandacker) zu angeblichen Störquellen anzuzweifeln.

325

Der Kläger kritisiert insoweit zunächst, dass der als Ausgleichsfläche vorgesehene Sandacker direkt an das Deponiegelände angrenze. Der vom Kläger genannte 400 m umfassende Schutzabstand, den eine für Kreuzkröten geeignete Maßnahmenfläche aus Sicht des Klägers einhalten muss, ist insoweit jedoch nicht anwendbar. Der vom Kläger zitierte Leitfaden „Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen“ des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen vom 05. Februar 2013 (NRW-Leitfaden 2013, abrufbar unter: http://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/downloads.) benennt für verschiedene kollisions- bzw. störungsempfindliche Zielarten von Maßnahmen lediglich den im Regelfall empfohlenen Mindestabstand von Maßnahmenflächen für vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen zu bestimmten Störquellen (Straßenverkehr, Windenergieanlagen und Energiefreileitungen). Für die Kreuzkörte wird ein Mindestabstand zum Straßenverkehr von 400 m empfohlen. Ein genereller Schutzabstand lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Die geplante Deponie stellt keine im NRW-Leitfaden 2013 benannte Störquelle dar. Vielmehr steht insoweit die gute Erreichbarkeit der Maßnahmenfläche durch die Nachbarschaft zur Eingriffsfläche im Vordergrund; je näher die Ausgleichsfläche liegt, desto eher wird sie durch eine natürliche Zuwanderung genutzt. So sollte ausweislich des NRW-Leitfadens 2013 zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs die Maßnahmenfläche nicht weiter als 400 m von einem vorhandenen Vorkommen entfernt sein (vgl. Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013). Soweit der Kläger bemängelt, dass keine Maßnahmen (z. B. Leit- oder Absperreinrichtungen) vorgesehen seien, die sicherstellten, dass die Kreuzkröten bei ihren Wanderungen nicht wieder auf das Deponiegelände geraten und dort zu Tode kommen, vermag dem nicht gefolgt zu werden. Eine Rückwanderung in aktive Bau- und Betriebsbereiche wird durch die Maßnahme V6(neu)* ausgeschlossen, die eine Umzäunung der jeweiligen Baubereiche vor Baubeginn mit einem festen Amphibienschutzzaun festlegt, der einseitig von innen nach außen überwindbar ist (vgl. Ziffer 4.2.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Soweit der Kläger meint, dass dort keine Rede von einer Aufrechterhaltung der Umzäunung während der Betriebsphase sei, kann dies der Beschreibung der Maßnahme V6(neu)* nicht entnommen werden. Die Maßnahmenbeschreibung nennt den Zeitpunkt der Aufstellung der Amphibienschutzzäune („vor Baubeginn“), gibt jedoch keinen Endzeitpunkt vor. Dies spricht dafür, dass die Amphibienschutzzäune nach dem Sinn und Zweck der Maßnahme V6(neu)* solange erhalten bleiben sollen, wie eine mögliche Gefährdung der Kreuzkröten durch eine Rückwanderung in den Deponiebereich möglich erscheint, d. h. auch noch während der Betriebsphase. Dies wird durch den Änderungsplanfeststellungsbeschluss bestätigt, wonach die Amphibienschutzzäune die jeweils aktiven Bereiche für die Dauer von Bau und Betrieb umgeben, um ein Einwandern von Amphibien zu verhindern (vgl. Seite 32 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Auch die Beigeladene hat dargelegt, dass für einen wirksamen Schutz gegen Rückwanderung und gegebenenfalls Tötung vorgesehen sei, dass der Zaun während der gesamten aktiven Betriebszeit des jeweiligen Bauabschnitts bestehen bleibt. Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte sich eine feste Umzäunung während der Betriebsphase auch nicht als hinderlich für die anliefernden Lkw und die Baufahrzeuge erweisen. Denn die Fahrzeuge werden - ebenso wie in der Bauphase - spezielle Zufahrten nutzen, die durch geeignete technische Maßnahmen - z. B. mobile Schutzzäune - besonders gesichert werden können.

326

Soweit der Kläger bemängelt, dass sich die Maßnahmenfläche in direkter Nachbarschaft zu intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen befinde, so dass es zu Einträgen von Düngemitteln und Pestiziden kommen könne, vermag er auch damit die Tauglichkeit der Maßnahme ACEF6* nicht in Zweifel zu ziehen. Unabhängig davon, dass von solchen Einträgen allenfalls die Randbereiche der Maßnahmenfläche betroffen sein dürften, und unabhängig davon, dass auch die betroffenen Eingriffsflächen in der Sandgrube bereits heute von intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben sind, soll zur Reduzierung von Nährstoff- und Schadstoffeinträgen aus den angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen die Maßnahme ACEF9* „Pflanzung von Baum-Strauchhecken / Baum-Strauch-Wallhecken einschließlich Saumstreifen“ im Randbereich der Maßnahmenfläche ACEF6* durchgeführt werden (vgl. Ziffer 4.2.2.2 und Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). An der Umsetzbarkeit der Maßnahme ACEF9* bestehen - wie bereits unter B. I. 2. a) aa) dargelegt - nicht deswegen Zweifel, weil die Fläche von einer Wasserversorgungsleitung des T. gequert wird. Die Hinweise des T. in der vom Kläger vorgelegten E-Mail vom 19. Juli 2018 und in seinem Schreiben an den Beklagten vom 29. August 2013 zeigen, dass die Existenz der Wasserversorgungsleitung allenfalls zusätzliche Erkundungs-, Sicherungs- und/oder Verlegungsarbeiten erforderlich macht, jedoch die Umsetzung der Maßnahme nicht verhindert oder entscheidungserheblich erschwert. Soweit der Kläger kritisiert, dass sich in den Unterlagen zur Maßnahme ACEF9* nicht einmal die sonst üblichen Angaben zum Pflanzschema und zur Qualität des einzusetzenden Pflanzmaterials finden würden, trifft dies nicht zu. Die entsprechenden Angaben finden sich in dem landschaftspflegerischen Begleitplan (vgl. Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.1.2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26a der Planunterlagen). Auch der Kritik des Klägers, bis zur Entfaltung der Schutzwirkungen („Auskämmeffekt“) vergingen mehrere Jahre, kann nicht gefolgt werden. Die Maßnahme ist mit Beginn (Wiederaufnahme) der Bauaktivitäten im jeweiligen Bauabschnitt I bis IV innerhalb der Sandgrube durchzuführen. Zwar muss die Maßnahme nicht komplett bis zur Bauphase I fertiggestellt sein. Zur Förderung einer möglichst kurzfristigen Funktionsfähigkeit der vorgesehenen Pflanzungen wird auf einzelne Pflanzflächen jedoch zusätzlich Gehölzschnittgut (Äste und Zweige) in Form von Gestrüppwällen/-haufen abgelagert (ca. 20 Stück, Höhe rund 1,5 m) (vgl. Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Die Maßnahme ist zwar vor allem als Bruthilfe konzipiert, durch sie wird aber auch der Eintrag von Düngemitteln und Pestiziden auf die Maßnahmenfläche ACEF6* vermieden. Soweit der Kläger schließlich noch meint, dass von einer wirksamen Abpufferung nicht gesprochen werden könne, da die Heckenstruktur mehrere Lücken von ca. 30 - 50 m zwischen den durchgängigen Abschnitten aufweisen solle (vgl. Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017), ergibt sich die Wirksamkeit der Maßnahme insoweit bereits aufgrund des räumlichen Abstandes, der durch die Pufferflächen mit den vorgelagerten Saumstreifen geschaffen wird.

327

Die Maßnahmenfläche ACEF6* verfügt als Teil eines komplexen Ausgleichskonzepts zusammen mit den Maßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF7* und ACEF8* (vgl. Anlage 2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) über eine ausreichende Flächengröße. Entgegen der Auffassung des Klägers vermag der Senat eine zu geringe Dimensionierung der Ausgleichsfläche nicht zu erkennen.

328

§ 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG richtet sich - wie dargelegt - darauf, die von Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten erfüllte ökologische Funktion aufrechtzuerhalten. Ausweislich des bereits zitierten „Leitfadens zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission kommt es bei Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten entscheidend auf die funktionelle Verbindung zu einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte sowie darauf an, dass diese nach Durchführung der Maßnahmen mindestens die gleiche (oder eine größere) Ausdehnung und eine gleiche (oder bessere) Qualität für die zu schützende Art hat (vgl. Ziffer II.3.4.b) und Ziffer II.3.4.d) des Leitfadens; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris). Die Maßnahmen müssen die beeinträchtigten Lebensräume und Arten in vergleichbaren Dimensionen erfassen und Funktionen herstellen, die mit den beeinträchtigten Funktionen vergleichbar sind. Grundsätzlich gilt, dass eine Maßnahme mindestens in demselben Umfang erfolgen muss, in dem Lebensstätten vorhabenbedingt verloren gehen oder funktional beeinträchtigt werden. Aufgrund der ökologisch-funktionalen Betrachtungsweise bezüglich der Wirksamkeit von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen kann unter Umständen dieselbe Lebensraumqualität auch mit einem geringeren Flächenumfang erreicht werden, was im Einzelfall darzulegen wäre (vgl. Ziffer 4.3 und Ziffer 4.4 des NRW-Leitfadens 2013).

329

Dies zugrunde gelegt, hat der Beklagte dem mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichskonzept für die Amphibien, insbesondere die Kreuzkröte, im Rahmen seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative beanstandungsfrei den Maßstab der Flächenbilanz bzw. der Flächenäquivalenz zugrunde gelegt. Der überarbeitete artenschutzrechtliche Fachbeitrag leitet den Bedarf an Ausgleichsflächen aus der Flächengröße des betroffenen Lebensraums ab. Zur Feststellung des betroffenen Lebensraums bzw. der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten hat AW. (2016) (vgl. Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) den potenziellen Landlebensraum der Kreuzkröte im Eingriffsbereich großzügig abgegrenzt und die bekannten Laichgewässer sowie alle potenziellen sommerlichen und winterlichen Landlebensräume eingeschlossen. Dem folgend legt der Beklagte seiner artenschutzrechtlichen Prüfung - wie bereits dargelegt - beanstandungsfrei einen Lebensraumverlust von insgesamt maximal 10 ha zugrunde (vgl. Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Zur Beantwortung der Frage, ob dieser Lebensraumverlust durch die festgesetzten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen vollständig ausgeglichen wird, ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht allein die Maßnahme ACEF6* in den Blick zu nehmen, die insgesamt 5,1 ha umfasst und von dem Beklagten mit einem Flächenäquivalent (Faktor 2) von 10,2 ha berücksichtigt wird (vgl. dazu unten unter B. II. 2. c) bb) (1)). Vielmehr stellen - wie bereits dargelegt - die Maßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* in ihrer Gesamtheit sicher, dass die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der geschützten Amphibien im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Dabei verändert sich im Laufe der Jahre neben dem sukzessive verloren gehenden Lebensraum auch die zur Verfügung stehende Ausgleichsfläche. Es ist jedoch sichergestellt, dass sich in allen Phasen der Vorhabensdurchführung eine Flächenbilanz von Habitatflächen für die Amphibien - insbesondere die Kreuzkröte - von mehr als 1:1 ergibt. Am Ende des Deponiebetriebs (voraussichtlich im Jahr 2036) steht dem Verlust von 10 ha eine Ausgleichsfläche von 16,4 ha mit einem Flächenäquivalent von 13,1 ha gegenüber (vgl. Anlage 2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; vgl. auch unter B. II. 2. c) bb) (1)).

330

Die Zugrundelegung des Maßstabs der Flächenbilanz bzw. der Flächenäquivalenz ist vorliegend nicht zu beanstanden. Der Beklagte bewegt sich damit in dem Rahmen des naturschutzfachlich Vertretbaren. Die behördliche Einschätzungsprärogative greift Platz, wo trotz fortschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt. Für eine Einschätzungsprärogative ist erst kein Raum, soweit sich eine bestimmte Methode oder ein bestimmter Maßstab durchgesetzt hat und gegenteilige Meinungen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.2018 - 9 B 43.16 -, juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte hat frühzeitig den NLWKN eingebunden und dessen fachwissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt. Selbst die vom Kläger zitierte „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), führt aus, dass es grundsätzlich möglich sei, einen flächenbezogenen Ansatz zur Ermittlung der erforderlichen Flächengröße für Kompensationsmaßnahmen anzuwenden. Das Vorgehen des Beklagten entspricht des Weiteren den Empfehlungen der eingangs zitierten Leitfäden, wonach eine Maßnahmenfläche mindestens denselben Umfang haben muss wie der beeinträchtigte Lebensraum. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass einer Population bzw. einer bestimmten Anzahl von Individuen einer Art durch eine vorgezogene Ausgleichsmaßnahme kein größerer Lebensraum zur Verfügung gestellt werden muss, als er ihr derzeit - d. h. vor dem Eingriff - zur Verfügung steht. Wie bereits dargelegt, besteht der Sinn und Zweck der funktionserhaltenden Maßnahmen nicht darin, eine Verbesserung der vorgefundenen Situation, d. h. des Ist-Zustands herbeizuführen, sondern lediglich diejenige Situation aufrechtzuerhalten, die vor der sie treffenden Beeinträchtigung bestanden hat (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 52). Diesem Ansatz wird der Beklagte mit der Zugrundelegung des Maßstabs der Flächenbilanz bzw. der Flächenäquivalenz gerecht. Soweit der Kläger meint, der Flächenbedarf für Ausgleichsmaßnahmen sei nicht aus dem Umfang des beeinträchtigten Lebensraums, sondern aus der nachgewiesenen Anzahl von Individuen (individuenbezogener Ansatz) abzuleiten, vermag dies das Vorgehen des Beklagten nicht in Frage zu stellen.

331

Anhaltspunkte für eine solche Forderung ergeben sich zwar aus dem vom Kläger zitierten NRW-Leitfaden 2013 zu den Anforderungen an den Maßnahmenstandort bei der Anlage von Stillgewässern für die Kreuzkröte. Dort heißt es, dass die Größe des offenen Umfeldes mindestens 4 ha (für ca. 100 adulte Tiere) betragen solle (vgl. Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013). Daraus lässt sich für den vorliegenden Fall aber nicht die Forderung ableiten, für einen im Jahr 2016 festgestellten Kreuzkrötenbestand von mindestens 500 Kreuzkröten eine Ausgleichsfläche im Umfang von mindestens 20 ha - bzw. für einen voraussichtlichen Bestand von 800 - 1.000 Kreuzkröten eine Fläche von 30 - 40 ha - zur Verfügung zu stellen. Dies ergibt sich schon aus dem NRW-Leitfaden 2013 selbst. Direkt im Anschluss an die Forderung eines offenen Umfeldes von mindestens 4 ha (für ca. 100 adulte Tiere) heißt es im NRW-Leitfaden 2013 zu den Anforderungen an Qualität und Menge der Maßnahme bei der Anlage von Stillgewässern für die Kreuzkröte, dass die Maßnahme die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen müsse (Größe und Qualität). Dieselbe Forderung nach einem 1:1-Ausgleich findet sich für die Anlage von Gesteinsaufschüttungen oder Totholzhaufen für die Kreuzkröte. Eine Forderung nach einer individuenabhängigen Mindestgröße der Maßnahmenfläche findet sich an dieser Stelle nicht (vgl. Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013). Der NRW-Leitfaden 2013 geht damit selbst davon aus, dass Größe und Qualität der Maßnahmenfläche sich an dem Umfang der Beeinträchtigung zu orientieren haben und fordert eine Flächenbilanz von 1:1. Die Forderung nach einem offenen Umfeld von 4 ha (für ca. 100 adulte Tiere) bezieht sich offenbar - dies zeigen auch die Überschriften im Maßnahmensteckbrief - nicht auf die Größe der Maßnahmenfläche selbst, sondern auf den Standort der Maßnahme; die Maßnahmenfläche, die auch kleiner sein kann, soll sich in einem hinreichend großen offenen Umfeld befinden.

332

Gleiche Erwägungen gelten für die in der mündlichen Verhandlung diskutierte „Übersicht zur Abschätzung von Minimalarealen von Tierpopulationen in Bayern, Stand Januar 2017“ der PAN Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH (Übersicht PAN 2017). Danach beträgt der Aktionsraum für die Kreuzkröte mindestens 400 m². Herr BG. von dem BH. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass der Begriff des Aktionsraums nicht mit einem Revier gleichgesetzt werden könne. Die einzelnen Tiere beanspruchten diese Fläche nicht für sich allein. Aus der Übersicht PAN 2017 ergebe sich nämlich auch, dass die Dichte bei der Kreuzkröte 10.000 Individuen pro km² betrage. Dies führe zu einem deutlich geringeren Flächenbedarf. So betrage nach der Übersicht PAN 2017 der Minimalbedarf für eine - gesamte - Population 10 ha. Es sei daher sachgerecht, - wie vorliegend geschehen - von der Größe des betroffenen Lebensraums auf die erforderliche Größe der Ausgleichsfläche zu schließen, d. h. einen Flächenansatz zu wählen.

333

Soweit der Kläger zusätzlich auf die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), und die von ihm im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes überreichte „Stellungnahme zu diversen Gutachten unter Berücksichtigung der Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Oktober 2016 (vgl. Anlage ÄV5 des Verfahrens 7 MS 104/16), verweist, wonach der Flächenbedarf ausweislich einschlägiger Verlautbarungen der Fachwissenschaft anhand der Individuen zu bemessen sei und schon der Wert von 400 m² pro Alttier eher an der unteren Grenze anzusetzen sei, vermag auch dies vor dem Hintergrund des soeben Gesagten nicht zu überzeugen und das Vorgehen des Beklagten in Frage zu stellen. Unabhängig davon, ob die zitierten Verlautbarungen der Fachwissenschaft tatsächlich bestimmte Mindestgrößen für Ausgleichsflächen für die Kreuzkröte benennen - was fraglich ist -, ist vorliegend erneut festzuhalten, dass der Sinn und Zweck der funktionserhaltenden Maßnahmen allein darin besteht, diejenige Situation aufrechtzuerhalten, die vor der sie treffenden Beeinträchtigung bestanden hat. Im Jahr 2016 wurden allein im Südteil der Sandgrube, die lediglich einen Teil der rund 10 ha umfassenden Lebensstätte der Kreuzkröte in der Sandgrube umfasst, ca. 500 subadulte und adulte Kreuzkröten gefangen. Würde man die Forderung nach einer Flächengröße von mindestens 4 ha für ca. 100 adulte Tiere zugrunde legen, wäre schon der bisherige Lebensraum der Kreuzkröte in der Sandgrube mit rund 10 ha deutlich zu gering bemessen. Die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme muss jedoch keine Verbesserung der vorgefundenen Situation herbeiführen.

334

Soweit der Kläger den Maßstab der Flächenbilanz bzw. der Flächenäquivalenz unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), als „ungenau“ bezeichnet und meint es müsse stattdessen der individuenbezogene Ansatz zum Tragen kommen, da dieser nachvollziehbarer dargestellt werden könne als der flächenbezogene, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr ist es gerade bei der Kreuzkröte als Pionierart nicht sinnvoll - sondern vielmehr „ungenau“ - den Flächenbedarf für Ausgleichsmaßnahmen aus der in einem bestimmten Jahr nachgewiesenen Anzahl von Individuen abzuleiten. Dies hat Herr BG. von dem BH. in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die in der Fachwissenschaft erfolgte kritische Überprüfung dieses individuenbezogenen Ansatzes bei der Eidechse bestätigt. Denn die Kreuzkröte weist beträchtliche Bestandsschwankungen mit hohen Aussterbe- und Neugründungsraten auf (vgl. Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013; Seite 31 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Die festgestellte Anzahl von Individuen stellt damit nur eine Momentaufnahme dar. Dies zeigt sich auch anhand des vorliegenden Falles eindrücklich. So wurden im Jahr 2016 im Südteil der Sandgrube ca. 500 subadulte und adulte Kreuzkröten gefangen. Insgesamt konnte Laich von 38 Weibchen in den Gewässern im Nordteil der Grube festgestellt werden. In den Vorjahren sind - auch von Seiten der klägerischen Gutachter - jedoch keine mit dem Jahr 2016 auch nur ansatzweise vergleichbaren Kreuzkrötenbestände erfasst worden (vgl. die Zusammenfassung zum Vorkommen im UR Deponie unter Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

335

Die Forderung des Klägers, den Flächenbedarf für eine Ausgleichsmaßnahme aus der nachgewiesenen Anzahl von Individuen abzuleiten, mag sich damit zwar ebenfalls als naturschutzfachlich vertretbar darstellen. Diese Vorgehensweise stellt sich aber nach der Auffassung des Senats, der Fachwissenschaft und auf der Grundlage der zitierten Leitfäden - insbesondere bei von Natur aus individuenmäßig stark schwankenden Arten wie der Kreuzkröte - keineswegs als einzig vertretbare Methode dar, so dass sich das Vorgehen des Beklagten jedenfalls als naturschutzfachlich sehr gut vertretbar darstellt.

336

Die Maßnahmenfläche ACEF6* ist auch nicht aus anderen Gründen als zu gering dimensioniert anzusehen. Der Kläger trägt unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), vor, dass die Maßnahme ACEF6* allenfalls auf einer Fläche von 4 ha für die Kreuzkröte geeignet sei. Denn die Randbereiche würden durch die Pflanzung von Baum-Strauchhecken / Baum-Strauch-Wallhecken (vgl. A1(mod.) und ACEF9*) und die Anlage eines Blühstreifens (vgl. ACEF10*) so gestaltet, dass sie für die Kreuzkröte ungeeignet seien. Auch Grobkies und Schotter, welcher flächig ausgebracht werde, werde von Kreuzkröten nicht als Lebensraum genutzt. Somit müsse eine über 1 ha große Fläche von der Gesamtfläche der CEF-Maßnahme abgezogen werden. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Baum-Strauchhecken / Baum-Strauch-Wallhecken sowie der Blühstreifen werden nicht auf der Maßnahmenfläche ACEF6*, sondern auf den daran angrenzenden Maßnahmenflächen A1(mod.), ACEF9* und ACEF10* angelegt. Auch wenn es indirekt, nämlich durch den Schattenwurf, zu Einschränkungen der Habitateignung auf der Maßnahmenfläche ACEF6* kommt, stellt sich diese allenfalls als gering dar, denn die Heckenstrukturen sind in Kombination mit einem mindestens (3-) 5 m breiten vorgelagerten Saumstreifen herzustellen (vgl. Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Die für den Flussregenpfeifer anzulegenden Kies- und Schotterflächen mögen zwar für die Kreuzkröte nicht als Lebensraum geeignet sein. Auch daraus ergibt sich jedoch allenfalls ein geringfügiger Abzug. Es sind auf der Maßnahmenfläche ACEF6* an drei Stellen Kies- und Schotterflächen mit jeweils mind. 100 m² Fläche vorgesehen, d. h. insgesamt 300 m² (= 0,03 ha) (vgl. Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Selbst wenn man aufgrund dieser Umstände - großzügig - insgesamt 0,5 ha von der insgesamt 5,1 ha großen Maßnahmenfläche ACEF6* abziehen wollte, verblieben immer noch 4,6 ha, d. h. 9,2 ha im Flächenäquivalent (vgl. dazu unten unter B. II. 2. c) bb) (1)). Es ist auch in diesem Fall noch sichergestellt, dass sich in allen Phasen der Vorhabensdurchführung eine Flächenbilanz von Habitatflächen für die Amphibien - insbesondere die Kreuzkröte - von mehr als 1:1 ergibt (vgl. Anlage 2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

337

Zweifel an der Geeignetheit der Maßnahme ACEF6* als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG ergeben sich schließlich auch nicht unter zeitlichen Aspekten. Entgegen der Auffassung des Klägers wird durch die Maßnahme die zeitliche Kontinuität der Lebensstätte gesichert.

338

Der Funktionserhalt im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG ist gegeben, wenn entweder im räumlichen Zusammenhang weitere geeignete Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zur Verfügung stehen oder - wie hier - durch entsprechende funktionserhaltende Maßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt werden (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48; BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Die Maßnahmen müssen grundsätzlich sofort mit dem Eingriff zur Verfügung stehen; die zeitliche Kontinuität der Lebensstätte muss gesichert sein. Es ist jedoch nicht so, dass mit dem in Rede stehenden Eingriff erst begonnen werden darf, wenn die jeweilige funktionserhaltende Maßnahme nachweislich wirksam geworden ist. Zu verlangen ist lediglich, dass die neu geschaffenen bzw. aufgewerteten Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von den eingriffsbetroffenen Individuen mit mindestens hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 51, m. w. N.).

339

Diesen Anforderungen entspricht die Maßnahme ACEF6*. Die Maßnahme ist nach den Festsetzungen im überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplan vor Beginn (Wiederaufnahme) der Bauaktivitäten innerhalb des Standorts durchzuführen (vgl. Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Damit ist sichergestellt, dass die Maßnahmen mit dem Eingriff zur Verfügung stehen. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die auf der Maßnahmenfläche vorgesehenen Aktivitäten könnten aus fachwissenschaftlicher Sicht erst nach Ablauf eines mehrere Jahre umfassenden Zeitraums ihre volle Wirksamkeit erreichen, zumal dort eine für die Kreuzkröte ausreichende Nahrungsgrundlage verfügbar sein müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Ein Kreuzkrötenlebensraum kann kurzfristig geschaffen werden. Ein grundlegendes Merkmal aller Kreuzkrötenlebensräume ist ihre Dynamik und die Kurzlebigkeit des von der Art bevorzugten bzw. benötigten Pionierstadiums. Die Kreuzkröte ist diejenige Amphibienart, welche am schnellsten neu geschaffene Lebensräume besiedeln kann. Über vagabundierende Individuen kann sie neue Habitate schnell auffinden und für mehrere Jahre besiedeln (vgl. Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013). Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel an der Sicherung der zeitlichen Kontinuität der Lebensstätte der Kreuzkröte.

(cc)

340

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch die Maßnahme ACEF7* geeignet als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.

341

Mit der Maßnahme ACEF7* „Schaffung von Verbundstrukturen (Tagesverstecke) für Amphibien“ werden auf rund 0,1 ha Pflege- und Optimierungsmaßnahmen im Randbereich der Vorhabenfläche zur Verbesserung des Habitatverbundes zwischen den Teilpopulationen der Kreuzkröte nördlich und südlich der Krumlander Straße umgesetzt. Durch das Ausbringen von mindestens zehn Lesesteinhaufen, Gesteinsschüttungen und/oder Totholzhaufen in die Saumstreifen an der westlichen Außengrenze der Deponie von der Krumlander Straße bis zur Maßnahmenfläche ACEF6* werden für die Kreuzkröte und andere Amphibien geeignete Tagesversteckstrukturen / Sommerquartiere während der Wanderungsphase zur Verfügung gestellt (vgl. Ziffer 4.2.2.3 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

342

Die Maßnahme stellt sich nicht deswegen als ungeeignet war, weil sie - so der Kläger - unmittelbar an eine Störstruktur (Krumlander Straße) angrenzt und zur Folge haben kann, dass die Kreuzkröten bei ihren Wanderungen direkt in den Straßenraum geleitet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. unter B. II. 2. b) bb) (2) (a)), handelt es sich bei den innerhalb des geplanten Deponiegeländes sowie südlich der Krumlander Straße in der ehemaligen Sandabbaugrube lebenden Kreuzkröten um dieselbe lokale Population. Es bestehen bereits heute Austauschbeziehungen zwischen den Teilpopulationen der Kreuzkröte nördlich und südlich der Krumlander Straße. Dieser genetische Austausch ist für die Aufrechterhaltung des Erhaltungszustands der lokalen Kreuzkröten-Population notwendig. Mit der Maßnahme ACEF7* wird der Forderung aus dem Gutachten „Mineralstoffdeponie Haschenbrok - Bestand und Artenschutzmaßnahmen Amphibien“ der BF. GbR vom 19. September 2016 nachgekommen, welches im Hinblick auf den langfristigen Erhalt der Population Maßnahmen zur Senkung der Isolation für wünschenswert gehalten hat. Die Querung der Krumlander Straße ist zur Aufrechterhaltung des genetischen Austausches zwischen den Teilpopulationen der Kreuzkröte bereits heute, aber auch in Zukunft notwendig. Die Beigeladene hat schlüssig und für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar dargelegt, dass das Tötungsrisiko aufgrund der geringen Verkehrsfrequenz auf der Krumlander Straße für die nachts bzw. in der Dämmerung wandernden Amphibien gering ist und zudem durch das geplante Vorhaben nicht signifikant erhöht wird. Der Bau und der Betrieb der Deponie sind auf die Tageszeit beschränkt. Auch die Transportfahrten finden ausschließlich tagsüber statt.

343

Soweit der Kläger meint, die Herstellung vernetzender Elemente trage zur Kompensation des Verlustes von Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht bei, kann dem nicht gefolgt werden. Denn durch das Ausbringen von mindestens zehn Lesesteinhaufen, Gesteinsschüttungen und/oder Totholzhaufen in die Saumstreifen an der westlichen Außengrenze der Deponie werden für die Kreuzkröte und andere Amphibien geeignete Tagesversteckstrukturen / Sommerquartiere, d. h. Ruhestätten zur Verfügung gestellt.

(dd)

344

Schließlich bestehen auch gegen die Anerkennung der Maßnahme ACEF8* als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG keine Bedenken.

345

Die Maßnahme ACEF8* „Schaffung von Kies-/Schotterflächen, Versteckstrukturen, Saumstreifen und Temporärgewässern auf dem rekultivierten Deponiekörper“ beinhaltete die abschnittsweise Rekultivierung des Deponiekörpers nach Beendigung der Verfüllungen der verschiedenen Bauabschnitte. Es werden Land- und Gewässerlebensräume unter anderem für die Kreuzkröte und andere Amphibien auf einer Fläche von insgesamt 11 ha angelegt. Es ist die Anlage von nach unten mit Ton/Lehm abgedichteten Mulden, in denen sich das Wasser sammelt (Temporärgewässer) vorgesehen. Mehrere Lesesteinhaufen, Gesteinsschüttungen und Totholzhaufen dienen als zusätzliche Versteckstrukturen für die Kreuzkröte. Die Habitatfunktion der Maßnahmenfläche auf dem Deponiekörper ist für eine Dauer von fünf Jahren nach Beendigung der Rekultivierungsmaßnahmen in Bauabschnitt IV zu pflegen. Danach wird die Fläche der natürlichen Sukzession überlassen (vgl. Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.2.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

346

Zweifel an der Geeignetheit der Maßnahme ACEF8* als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG ergeben sich zunächst nicht unter zeitlichen Aspekten. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Maßnahme um einen vorgezogenen Ausgleich und nicht um eine dem Eingriff nachgelagerte Kompensation. Wie bereits ausgeführt, setzt § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG voraus, dass geeignete Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang durch entsprechende funktionserhaltende Maßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt werden. Die zeitliche Kontinuität der Lebensstätte muss gesichert sein (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48; BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Diesen Anforderungen entspricht die Maßnahme ACEF8*. Die Maßnahme ist nach den Festsetzungen im überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplan unmittelbar nach Verfüllung der einzelnen Bauabschnitte im Zuge der Rekultivierung durchzuführen (vgl. Ziffer 4.2.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Die Rekultivierung erfolgt sukzessive und parallel mit dem weiteren Baufortschritt der Deponie. Soweit der Kläger bemängelt, dass die Anlage von Gewässern und Versteckstrukturen auf der Rekultivierungsschicht des Deponiekörpers naturgemäß erst erfolgen könne, wenn der erste Bauabschnitt verfüllt sei, ist dies zwar richtig, lässt aber erneut das von dem Beklagten entwickelte umfassende Ausgleichskonzept außer Acht, welches aus einem zeitlich gestaffelten Zusammenwirken der Maßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* besteht. Die Maßnahmen stellen in ihrer Gesamtheit sicher, dass die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang zu jedem Zeitpunkt der Errichtung des Vorhabens ohne zeitlichen Bruch weiterhin erfüllt wird. Dabei verändert sich im Laufe der Jahre neben dem sukzessive verloren gehenden Lebensraum auch die zur Verfügung stehende Ausgleichsfläche. So kann die Maßnahme ACEF8* zwar erst ab der Errichtung des Bauabschnitts III als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für die ab diesem Zeitpunkt erfolgenden Eingriffe anerkannt werden. Etwas anderes ist auch nicht beabsichtigt. Davor übernimmt die Maßnahme ACEF2(neu)* diese Aufgabe (vgl. Anlage 2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

347

Die Funktionalität der Maßnahme ACEF8* ist nicht anzuzweifeln. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), rügt, dass die Kreuzkröten auf dem Deponiekörper nicht einmal das für ihre Lebensräume typische grabbare Substrat vorfinden würden, dass es zu Verschattungen durch die Gehölze im Umfeld komme und dass Winterquartiere fehlten, hat der Beklagte dies erkannt und bei der Bewertung der Qualität der Ausgleichsfläche berücksichtigt. Da im Bereich der randlichen Deponieböschungen eine Gehölzpflanzung vorgesehen ist, die Deponieoberfläche nicht aus grabbarem Substrat besteht und die Fläche (lediglich) als Land- und Gewässerlebensraum (Sommerlebensraum) dient, wird vorsichtig von einer Habitateignung für die Kreuzkröte von lediglich 25 % gegenüber den Eingriffsflächen ausgegangen. Entsprechend wird bei der Flächenbilanz ein Äquivalenzfaktor von 0,25 angesetzt (vgl. Ziffer 4.1.1 und Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.2.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Die vorgesehenen Lesesteinhaufen, Gesteinsschüttungen und Totholzhaufen bieten im Sommer Versteckmöglichkeiten bei trockener Witterung. Als Winterlebensraum stehen im Nahbereich ausreichend grabbare Sandflächen zur Verfügung, zum Beispiel die Maßnahmenfläche ACEF6* (vgl. Seite 31 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Diese Bewertung des Beklagten ist nicht zu beanstanden.

348

Schließlich ist der Erhalt der im Zuge der Maßnahme ACEF8* durchzuführenden Einzelmaßnahmen hinreichend gesichert. Zwar weist der Kläger zu Recht auf Ziffer 1.3.2.4 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses hin, wonach die Wartungs-, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen für die Deponieoberfläche vorrangig vor den naturschutzfachlichen Maßnahmen durchzuführen sind. Insgesamt dürfen die notwendigen Kontroll-, Wartungs- und Pflegemaßnahmen am Deponiekörper durch die naturnahe Ausgestaltung der Deponieoberfläche nicht beeinträchtigt oder behindert werden. Naturschutzfachliche Einbauten sind bei betreffenden Wartungs-, Reparatur-, Pflege- oder Sanierungsmaßnahmen gegebenenfalls zurückzubauen und an anderer Stelle zu realisieren. Dies vermag eine hinreichende Sicherung der Maßnahme jedoch nicht in Frage zu stellen. Die auf der Deponieoberfläche geplanten Maßnahmen sind so konzipiert, dass sie den technischen Anforderungen an das Oberflächenabdichtungssystem nicht entgegenstehen (vgl. Anlage 5 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017 „Anlage von Kleingewässern auf dem Deponiekörper“). Durch die Nebenbestimmungen unter Ziffer 1.3.2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ist sichergestellt, dass die Maßnahmen für den Naturschutz die technischen Anforderungen der Deponietechnik nicht beeinflussen. Die Gestaltung der neu entstehenden Geländeoberfläche erfolgt gemäß einem Rekultivierungskonzept nach der Deponieverordnung (Anhang I der DepV). Nachnutzungen von Deponien, insbesondere ihre Rekultivierung, sind in der Praxis üblich und es ergeben sich regelmäßig keine Probleme hinsichtlich der Vereinbarkeit von Erhaltung des technischen Bauwerks und Nachnutzung des Deponiekörpers. Selbst wenn sich wider Erwarten - und nur für diesen unwahrscheinlichen Ausnahmefall ist die Nebenbestimmung in Ziffer 1.3.2.4 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vorgesehen - ein Konflikt ergeben sollte, gilt Satz 3 der Nebenbestimmung, wonach naturschutzfachliche Einbauten gegebenenfalls zurückzubauen und an anderer Stelle zu realisieren sind. Die Beigeladene weist insoweit zu Recht darauf hin, dass es damit nicht um eine Einschränkung der Ausgleichsmaßnahmen geht, sondern nur eine gegebenenfalls vorzunehmende Anpassung.

(ee)

349

Erfüllen die von dem Beklagten zugunsten der Kreuzkröte und anderer Amphibien angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* somit die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG, wird der Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ausgeschlossen. Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 27. Juni 2018 ergänzend dazu rügt, dass das in den Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausdruck kommende Risikomanagement den daran aus Rechtsgründen zu stellenden Anforderungen nicht gerecht werde, kann dem nicht gefolgt werden.

350

Bestehen wissenschaftliche Unsicherheiten über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen, kann es sich anbieten, durch ein Monitoring - d. h. die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen - weitere Erkenntnisse über die Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern. Ein Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris). Das Monitoring allein genügt jedoch nicht, den erforderlichen Nachweis der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen zu erbringen. Es muss Bestandteil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Im Rahmen der Planfeststellung müssen somit begleitend zum Monitoring Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

351

Vorliegend bestehen bereits keine durchgreifenden wissenschaftlichen Unsicherheiten über die Wirksamkeit der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* zugunsten der Kreuzkröte und anderer Amphibien. Es bestehen keine naturschutzfachlichen Erkenntnislücken. Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen der Kreuzkröte vor. Zahlreiche Untersuchungen belegen die Wirksamkeit der Maßnahmen. Die Eignung der Maßnahmen als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen kann mit hoch bewertet werden (vgl. Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013, m. w. N.). Da die Wirksamkeit der Ausgleichsmaßnahmen für die Kreuzkröte damit hinreichend nachgewiesen ist, ist für den Senat nicht erkennbar, dass ein sog. Risikomanagement überhaupt erforderlich wäre. Soweit der Maßnahmensteckbrief „Kreuzkröte Bufo calamita ID 100“ des NRW-Leitfadens 2013 trotz der soeben beschriebenen sehr hohen Prognosesicherheit ein populationsbezogenes Risikomanagement / Monitoring bei landesweit bedeutsamen Vorkommen und bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten für erforderlich hält, erschließt sich dies dem Senat nicht. Jedenfalls aus rechtlicher Sicht und unter Beachtung der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Risikomanagement nicht erforderlich, da die genannten Voraussetzungen - wissenschaftliche Unsicherheiten bzw. naturschutzfachliche Erkenntnislücken - nicht vorliegen.

352

Unabhängig davon hat der Beklagte in den Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses und in dem planfestgestellten landschaftspflegerischen Begleitplan sowohl ein Monitoring durch die Umweltbaubegleitung angeordnet als auch Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall vorbehalten, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Dieses Risikomanagement genügt den rechtlichen Anforderungen.

353

Nach Ziffer 1.3.3.8 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses gelten die Regelungen für die Umweltbaubegleitung nach Ziffer 1.5.4.2 des Planfeststellungsbeschlusses auch für die Änderungsentscheidung. Danach sind alle umweltrelevanten Schritte der Bauausführung (Planungsphase, Ausführungsphase und Rekultivierungsphase) und der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durch fachkundiges Personal zu begleiten und zu überwachen (Umweltbaubegleitung). Schwerpunkt der Begleitung sind die Ausführungen der Nebenbestimmungen, die Umsetzung der Maßnahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans und des technischen Umweltschutzes. Die Umweltbaubegleitung schreitet auch ein, wenn bisher nicht festgestellte artenschutzrechtliche Verbotstatbestände zu erwarten sind. Nach Ziffer 1.3.3.8 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses gilt auch der Vorbehalt der Anordnung nachträglicher CEF-, FCS- oder sonstiger Maßnahmen des Naturschutzes durch die Planfeststellungsbehörde für den Fall neuer Erkenntnisse im Zuge der Vorhabenumsetzung einschließlich der Umweltbaubegleitung gemäß der Nebenbestimmung in Ziffer 1.5.4.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses uneingeschränkt weiter. Diese grundlegenden Reglungen zum Monitoring durch die Umweltbaubegleitung und die Anordnung nachträglicher Korrekturmaßnahmen durch den Beklagten werden für die hier im Streit stehenden vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* im planfestgestellten landschaftspflegerischen Begleitplan durch Hinweise zur Funktionskontrolle ergänzt. Danach ist die Durchführung der einzelnen Maßnahmen im Rahmen der Umweltbaubegleitung zu kontrollieren. Durch jährliche Funktionskontrollen bzw. Kontrolle der angelegten Strukturen ist zu gewährleisten, dass die Funktionalität der Maßnahmen gegeben ist. Die Zielerfüllung der Maßnahmen ist anhand der beschriebenen Strukturparameter zu kontrollieren. Mit der Funktionskontrolle wird geprüft, ob die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fortpflanzung bzw. für ausreichende Ruhephasen für die Zielart gewährleistet sind. Unvorhergesehene nachteilige Entwicklungen können frühzeitig erkannt und vorbeugend behoben werden. Sollte die Funktionskontrolle ein Nichterreichen des Entwicklungsziels erwarten lassen, sind die Maßnahmen in Abstimmung mit der zuständigen Genehmigungsbehörde - zum Beispiel über die Ausstattungsmerkmale - zu modifizieren. Es sind frühzeitig geeignete, auf den Einzelfall abgestimmte Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen. Im Benehmen mit der Unteren Naturschutzbehörde ist zu entscheiden, ob eine weitere Optimierung der Maßnahmenflächen erforderlich ist (vgl. Ziffern 4.2.2.1, 4.2.2.2, 4.2.2.3 und 4.2.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

354

Der Kritik des Klägers, es sei lediglich ein maßnahmenbezogenes Monitoring vorgesehen, während in der Fachwissenschaft ein populationsbezogenes Monitoring jedenfalls bei bedeutenden Vorkommen sowie bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten für erforderlich erachtet werde, kann nicht gefolgt werden. Mit der im landschaftspflegerischen Begleitplan festgesetzten Funktionskontrolle wird unter anderem überprüft, ob die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fortpflanzung bzw. für ausreichende Ruhephasen für die Zielart gewährleistet sind, um nachteilige Entwicklungen zu verhindern. Dabei sind die Entwicklungsziele zu beachten. Damit ist die Entwicklung der Population der Kreuzkröte bzw. anderer Amphibien Teil des Monitorings. Das Monitoring in der Form der Funktionskontrolle stellt unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten hinreichend sicher, dass fachgerecht beurteilt werden kann, ob die Maßnahmen die ihnen zugedachten Wirkungen entfalten.

355

Soweit der Kläger des Weiteren bemängelt, dass vorliegend keine konkretisierten Schutzalternativen für den Fall vorgesehen würden, in dem das Monitoring Defizite in der ökologischen Funktionalität und Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen offenbare, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Es ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht grundsätzlich erforderlich, dass bereits in der Zulassungsentscheidung, d. h. in dem Planfeststellungsbeschluss die konkreten ergänzenden Maßnahmen („Plan B“) im Einzelnen beschrieben und festgesetzt werden. Die Möglichkeit der im Bedarfsfall gebotenen Nachsteuerung ist im Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses und in dem planfestgestellten landschaftspflegerischen Begleitplan bereits geregelt. Es genügt insoweit, dass die Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen und ihre nähere Konkretisierung durch bzw. in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde und im Benehmen mit der Unteren Naturschutzbehörde erfolgt. Das genügt den rechtlichen Anforderungen an Entscheidungsvorbehalte (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris, m. w. N.). Die Verlagerung der konkreten Ausgestaltung in die Ausführungsplanung ist ausreichend und auch sinnvoll, weil aus den Ergebnissen des Monitorings noch nicht absehbare Erkenntnisse folgen können. Wäre es bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses möglich gewesen, konkrete Nachsteuerungsmaßnahmen für den Fall der Zielverfehlung festzulegen, wären sie bereits Bestandteil des Schutzkonzepts geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Im Übrigen bedurfte es einer Auflistung der denkbaren Maßnahmen hier auch deshalb nicht, weil sie auf der Hand liegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris). Es lässt sich insbesondere an eine Modifikation bzw. Erweiterung der Ausstattungsmerkmale der Maßnahmenflächen (Versteckstrukturen, Winterquartiere, Temporärgewässer) denken. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Feinjustierung im Vollzug.

(b)

356

Auch hinsichtlich der europäischen Vogelarten des Deponiegeländes ist der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt. Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses trifft unter Einschluss der in ihm angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen die erforderlichen Vorkehrungen, um dem entgegenzuwirken.

(aa)

357

Dies gilt zunächst für den Baumpieper, den Bluthänfling, die Goldammer, den Neuntöter und den Flussregenpfeifer.

358

Der Baumpieper, der Bluthänfling, die Goldammer, der Neuntöter und der Flussregenpfeifer erleiden durch den Bau der geplanten Mineralstoffdeponie ausweislich der Planunterlagen im Bereich des Deponiegeländes jeweils vollständige Revierverluste. Hinsichtlich des Baumpiepers geht der überarbeitete artenschutzrechtliche Fachbeitrag vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) unter Ziffer 4.2.1 davon aus, dass das Vorhaben unter Berücksichtigung der Brutpaarverteilung gemäß den unterschiedlichen Brutvogelkartierungen mit einem Verlust von drei Revieren verbunden ist. Gleiches gilt gemäß Ziffer 4.2.2 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags für den Bluthänfling; die bauabschnittsweise voranschreitende Realisierung des Deponievorhabens wird zu einem Verlust von maximal drei Revieren innerhalb der Vorhabenfläche führen. Betreffend die Goldammer liegen gemäß Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags insgesamt sieben Reviere im mittelbaren Einflussbereich des Vorhabens; der funktionale Verlust von insgesamt sieben im Randbereich vorkommenden Brutrevieren kann durch die bauabschnittsweise voranschreitende Realisierung des Vorhabens nicht ausgeschlossen werden. Der Neuntöter wurde gemäß Ziffer 4.2.5 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags im nordwestlichen, derzeit verbrachten Bereich des geplanten Deponievorhabens nachgewiesen (1 Revier). Die Realisierung des Vorhabens wird spätestens zum Zeitpunkt der Realisierung des Bauabschnitts IV das Brutrevier des Neuntöters zerstören. Hinsichtlich des Flussregenpfeifers wird gemäß Ziffer 4.1.4 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags davon ausgegangen, dass die Realisierung des Vorhabens zum Verlust von zwei Fortpflanzungs- und Ruhestätten bzw. zwei Revieren führen wird. Insoweit ist zu beachten, dass Fortpflanzungs- und Ruhestätten auch dann in der in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG beschriebenen Weise betroffen sind, wenn ein ganzes Brutrevier, in dem sich solche regelmäßig benutzten Fortpflanzungs- und Ruhestätten befinden, vollständig beseitigt wird (vgl. zu dem Begriff der Brutstätten im BNatSchG 2002: BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, juris).

359

Der Beklagte sieht zugunsten der genannten Vogelarten jedoch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG vor, die den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG entfallen lassen.

360

Zunächst ist festzustellen, dass § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG - entgegen der Auffassung des Klägers - auch in diesem Zusammenhang anwendbar ist. Es ist schon nach dem Gesetzeswortlaut eindeutig und bedarf aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keiner revisionsgerichtlichen Klärung, dass vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG auch zum Schutz der Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Vögeln festgelegt werden dürfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2018 - 9 B 25.17 -, juris). Die Privilegierung in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG ist mit Art. 5 Buchstabe b) und Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie - VRL -) vereinbar (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 49, m. w. N.). Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Vorschrift bestehen nicht.

361

Art. 5 Buchstabe b) VRL verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Nach Art. 9 Abs. 1 Buchstabe a) VRL können die Mitgliedstaaten, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit, im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt, zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern und zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt von Art. 5 VRL abweichen. Diese Vorschriften der Vogelschutzrichtlinie stehen der Eingrenzung des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach Maßgabe des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Zwar ist - darauf weist der Kläger zu Recht hin - geklärt, dass der „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission die Verbote des Art. 5 VRL und die Ausnahmen nach Art. 9 VRL nicht erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 16.16 -, juris). Allein dieser Umstand führt jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG mit Art. 5 Buchstabe b) und Art. 9 Abs. 1 VRL.

362

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anwendungsbereich von Art. 5 Buchstabe b) VRL deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris; BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, juris). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Der Regelungszweck, den für den Brutvorgang benötigten Ablageplatz der Eier zu schützen, mag dafür sprechen, den Schutz der Regelung für Vogelarten, die von ihnen gebaute Nester regelmäßig wiederverwenden, in funktionaler Betrachtung über den Normtext hinaus auf die aktuell nicht genutzten Nester auszudehnen. Gründe des Funktionsschutzes können dies aber allenfalls dann rechtfertigen, wenn die konkret betroffenen Vögel artbedingt auf die Wiederverwendung des Nestes angewiesen sind. An einem Angewiesensein in diesem Sinne fehlt es unzweifelhaft, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Aufgrund dessen steht es im Einklang mit Art. 5 Buchstabe b) VRL, § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG auf aktuell nicht besetzte Fortpflanzungsstätten von Exemplaren europäischer Vogelarten anzuwenden. Bezogen auf Ruhestätten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kann sich ein Widerspruch zu Art. 5 Buchstabe b) VRL schon deshalb nicht ergeben, weil der Begriff der Ruhestätte in der Verbotsregelung der Vogelschutzrichtlinie keine Entsprechung findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris).

363

Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat ausdrücklich anschließt, wird durch den Kläger nicht überzeugend in Frage gestellt. Soweit der Kläger meint, die restriktive Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts finde in der Rechtsprechung des EuGH keinen Rückhalt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Kläger weist auf das Urteil des EuGH vom 27. April 1988 (Az. C-252/85, juris) hin. In dem Vertragsverletzungsverfahren wurde der französischen Regierung vorgeworfen, dass der Schutz der Nester und Eier nur während des Zeitraums der Beendigung der Jagd vorgeschrieben sei. Der EuGH hat insoweit festgestellt, dass die in Art. 5 Buchstaben b) und c) VRL ausgesprochenen Verbote ohne zeitliche Beschränkung gelten müssen. Es sei ein ununterbrochener Schutz des Lebensraums der Vögel erforderlich, weil zahlreiche Arten jedes Jahr die in den vorangegangenen Jahren gebauten Nester wieder benutzten. Eine Aussetzung dieses Schutzes während einer ganzen Zeit des Jahres könne deshalb nicht als mit den genannten Verboten vereinbar angesehen werden. Um eine solche Aussetzung des Schutzes während einer bestimmten Zeit des Jahres geht es vorliegend jedoch nicht. Der Beigeladenen wird nicht allgemein gestattet, aktuell nicht besetzte Fortpflanzungsstätten bzw. Nester der genannten europäischen Vogelarten, die regelmäßig wiederverwendet werden, während dieses Zeitraums der Nichtbesetzung ohne weiteres zu zerstören oder zu beschädigen. Der Schutz des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG greift auch in diesem Fall und wird nicht zeitweilig ausgesetzt. Ein Verstoß gegen das Zerstörungs- und Beschädigungsverbot liegt nur dann nicht vor, wenn nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungsstätten bzw. Nester im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird bzw. durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen hergestellt wird. Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen wird der gebotene Schutz der aktuell nicht besetzten Fortpflanzungsstätten bzw. Nester durch den Erhalt ihrer Funktionen gewahrt. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der Schutzgegenstand des Art. 5 Buchstabe b) VRL werde unzulässigerweise ausgetauscht, indem das Bundesverwaltungsgericht nicht auf die Niststätten der Vögel, sondern lediglich auf die von ihnen erfüllte Funktion abhebe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dem von dem Kläger zitierten Urteil des EuGH vom 08. Juli 1987 (C-247/85, juris) lässt sich diese Schlussfolgerung nicht entnehmen. In dem Vertragsverletzungsverfahren wurde dem Königreich Belgien vorgeworfen, es gestatte entgegen Art. 5 Buchstabe b) VRL allgemein, an Häusern und daran angrenzenden Gebäuden befindliche Vogelnester zu stören, zu entfernen und zu zerstören. Art. 5 Buchstabe b) VRL verpflichte die Mitgliedstaaten jedoch, die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern zu verbieten. Eine vergleichbare allgemeine Gestattung liegt vorliegend - wie bereits dargelegt - nicht vor. Vielmehr werden entsprechende Handlungen gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG grundsätzlich verboten. Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG wird nur dann nicht als erfüllt ansehen, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungsstätten bzw. Nester im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Dass eine solche funktionsbezogene Betrachtung dem Unionsrecht und insbesondere der Vogelschutzrichtlinie fremd wäre, lässt sich dem Urteil des EuGH nicht entnehmen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es für die Aktivierung der unionsrechtlich vorgesehenen Verbotsfolge danach durchaus von Belang, ob die von den betroffenen, aktuell nicht besetzten Niststätten erfüllte Funktion von anderen Strukturen erfüllt werden kann oder nicht. Ist dies zu bejahen, kommt es nicht zu einer Zerstörung oder Beschädigung von Fortpflanzungsstätten bzw. Nestern im unionsrechtlichen, funktionsbezogenen Sinne (vgl. die entsprechenden Erwägungen zur FFH-Richtlinie unter B. II. 2. b) bb) (3) (a)). Entgegen der Auffassung des Klägers werden mit der funktionsorientierten Auslegung auch nicht die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 VRL unterlaufen. Wird die ökologische Funktionalität einer bestimmten Fortpflanzungsstätte bzw. eines bestimmten Nestes im räumlichen Zusammenhang erhalten, liegt bereits kein Verstoß gegen Art. 5 Buchstabe b) VRL vor. Soweit der Kläger schließlich noch vorträgt, § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG sehe sich ähnlichen Einwendungen wie § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002 ausgesetzt, die den EuGH in seinem Urteil vom 10. Januar 2006 (Az. C-98/03 -, juris) veranlasst hätten, die Bundesrepublik Deutschland im Verfahren der Vertragsverletzung zu verurteilen, vermag der Senat dem aus den bereits genannten Gründen (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (a)) nicht zu folgen.

364

Nach allem steht es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einklang mit Art. 5 Buchstabe b) VRL, § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG auf aktuell nicht besetzte Fortpflanzungsstätten von Exemplaren europäischer Vogelarten anzuwenden. Vorliegend ist durch die Maßnahme V1 „Bauzeitenregelung“ in Ziffer 1.5.9.1 des Planfeststellungsbeschlusses sichergestellt, dass keine aktuell besetzten Fortpflanzungsstätten von Exemplaren europäischer Vogelarten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG zerstört werden. Danach erstreckt sich die Bauzeitenregelung für die Eingriffe in Gehölze (Rodungsarbeiten) und die Räumung der Offenlandbereiche (z. B. Entfernung von potentiell für die Brut geeigneten Ruderal-/Grasfluren im Umfeld der Sandabbaugrube) auf die Zeit vom 01. Oktober bis zum 28./29. Februar (vgl. Ziffer 1.5.9.1 des Planfeststellungsbeschlusses i. V. m. Ziffer 5.1.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 08. Juli 2013 = Anlage 26a der Planunterlagen vom Juli 2013). Eine Beeinträchtigung von Eiern und aktuell genutzten Nestern im Bereich der geplanten Deponie ist somit ausgeschlossen, da die Baufeldbefreiung nach Abschluss der Brutsaison und vor Beginn der neuen Brutsaison durchgeführt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, juris).

365

Eine vom Kläger angeregte Vorlage an den EuGH zur Unterbreitung „einschlägiger Fragen“ zur Auslegung des Art. 5 Buchstabe b) VRL und des Art. 9 VRL im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV hält der Senat vor diesem Hintergrund nicht für erforderlich.

366

Die von dem Beklagten zugunsten des Baumpiepers, des Bluthänflings, der Goldammer, des Neuntöters und des Flussregenpfeifers angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen erfüllen entgegen der Auffassung des Klägers die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG und schließen damit den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG aus.

367

Für den Baumpieper, den Bluthänfling, die Goldammer und den Neuntöter sind die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF6*, ACEF8* und ACEF9* vorgesehen. Für den Flussregenpfeifer sind ebenfalls die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF6* und ACEF8* festgesetzt; ergänzend hinzu kommt für ihn anstelle der Maßnahme ACEF9* die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme ACEF3(neu)*.

368

Die - bereits im Zusammenhang mit der Betroffenheit der Kreuzkröte und anderer Amphibien dargestellte - Maßnahme ACEF6* „Schaffung von Rohbodenstandorten, Kies-/ Schotterflächen, Saumstreifen und Temporärgewässern außerhalb und innerhalb des Standortes“, die die Neuschaffung geeigneter Gewässer- und Landlebensräume für die Kreuzkröte und andere Amphibien auf der nordwestlich an die Sandgrube angrenzenden Sandackerfläche (rund 4,8 ha) sowie auf der Fläche des entfallenden Sickerwasserbeckens am südöstlichen Rand der Sandgrube (rund 0,27 ha) mit einer Flächengröße von insgesamt rund 5,1 ha beinhaltet, dient zugleich der Vermeidung von Beeinträchtigungen des Flussregenpfeifers. Für die Schaffung von geeigneten Habitatstrukturen für den Flussregenpfeifer werden an drei Stellen grobkiesige oder schottrige Flächen mit jeweils mindestens 100 m² Fläche geschaffen. Zudem werden 15 bis 20 Klein- und Kleinstgewässer (Temporärgewässer) angelegt. Gleichzeitig dient die Maßnahme unter anderem den Arten Baumpieper, Bluthänfling, Goldammer und Neuntöter (vgl. Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

369

Die - ebenfalls bereits im Zusammenhang mit der Betroffenheit der Kreuzkröte und anderer Amphibien dargestellte - Maßnahme ACEF8* „Schaffung von Kies-/Schotterflächen, Versteckstrukturen, Saumstreifen und Temporärgewässern auf dem rekultivierten Deponiekörper“ beinhaltet die abschnittsweise Rekultivierung des Deponiekörpers nach Beendigung der Verfüllungen der verschiedenen Bauabschnitte auf einer Fläche von insgesamt 11 ha. Neben der Schaffung von Land- und Gewässerlebensräumen für die Kreuzkröte und andere Amphibien, sieht das Rekultivierungskonzept auf dem Deponiekörper eine zonenweise Anlage von Sträuchern, halbruderalen Gras- und Staudenfluren sowie artenreiche Extensivwiesenflächen vor. Die Extensivwiesenflächen sollen insbesondere für den Flussregenpfeifer aufgewertet werden. Es werden an fünf Stellen grobkiesige oder schottrige Flächen mit jeweils mindestens 100 m² Fläche geschaffen. Zudem werden mindestens fünf Temporärgewässer angelegt. Die Maßnahme dient unter anderem auch den Arten Baumpieper, Bluthänfling, Goldammer und Neuntöter (vgl. Ziffer 4.2.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

370

Die Maßnahme ACEF9* „Pflanzung von Baum-Strauchhecken / Baum-Strauch-Wallhecken einschließlich Saumstreifen“ beinhaltet die Anlage einer Baum-Strauchhecke / Baum-Strauch-Wallhecke im Randbereich der Maßnahmenfläche ACEF6* und am südwestlichen Rand der Vorhabenfläche. Um ideale Habitatbedingungen für die Zielarten Bluthänfling, Baumpieper, Goldammer und Neuntöter zu schaffen, soll die Gesamtlänge der Hecke rund 502 m betragen, wobei die Länge einer jeweils durchgängigen Heckenstruktur ca. 200 bis 205 m betragen und mehrere Lücken von ca. 30 bis 50 m zwischen den durchgängigen Abschnitten aufweisen. Die Heckenbreite ist mit einer variierenden Breite zwischen 5 und 10 m anzulegen. Die Heckenstrukturen sind in Kombination mit mindestens 3 bis 5 m breiten vorgelagerten Saumstreifen herzustellen, die den Zielarten als zusätzliche Nahrungsflächen dienen. Da für den Neuntöter und auch den Bluthänfling Dornsträucher als Fortpflanzungs- und Ruhestätte und Sitzwarte bedeutend sind, wird die Gehölzauswahl um Gehölzarten ergänzt, die den Zielarten als bevorzugtes Habitat dienen. Auf der o. g. Heckengesamtlänge sind rund 30 dichtbelastete Dornsträucher mit einer Mindesthöhe von 1,5 m als geeignete Nisthabitate einzubringen. Zusätzlich sind für den Baumpieper geeignete Sitz- und Singwarten mit rund 20 tiefbelasteten Laubbaumarten mit einer Mindesthöhe von 2 bis 2 m in die Baum-Strauchhecke einzubringen. Die Maßnahme ist mit Beginn (Wiederaufnahme) der Bauaktivitäten im jeweiligen Bauabschnitt I bis IV innerhalb der Sandgrube durchzuführen. Zwar muss die Maßnahme nicht komplett bis zur Bauphase I fertiggestellt sein. Zur Förderung einer möglichst kurzfristigen Funktionsfähigkeit der vorgesehenen Pflanzungen als Bruthabitat für die Zielarten wird auf einzelne Pflanzflächen zusätzlich Gehölzschnittgut (Äste und Zweige) in Form von Gestrüppwällen/-haufen abgelagert (ca. 20 Stück, Höhe rund 1,5 m) (vgl. Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

371

Die Maßnahme ACEF3(neu)* „Herstellung von Kies-/Schotterflächen und Temporärgewässern innerhalb der Sandgrube“ beinhaltet die Aufrechterhaltung und Erweiterung der im Frühjahr 2016 gemäß planfestgestellter Maßnahme ACEF3(neu) hergerichteten drei Kies-/Schotterflächen mit jeweils mindestens 100 m² Fläche in Kombination mit elf Kleingewässern in einem übersichtlichen Umfeld von > 1 ha innerhalb der Sandgrube. Die südlichste der drei angelegten Kies-/Schotterflächen wurde im Jahr 2016 nachweislich von einem Flussregenpfeifer-Brutpaar genutzt. Die nachweislich geeignete Kiesfläche - einschließlich der im Umfeld angelegten Temporärgewässer mit dauerhafter Wasserführung während der Flussregenpfeifer-Brutzeit - liegt in einem übersichtlichen Umfeld des Bauabschnitts IV von > 1 ha und ist > 50 m von den im Jahr 2016 bearbeiteten Bauflächen entfernt. Es handelt sich um eine temporäre Maßnahmenfläche, die spätestens mit dem Eingriff in den Bauabschnitt IV verloren geht. Fünf Jahre vorher soll die natürliche Sukzession auf der Maßnahmenfläche im Bauabschnitt IV wieder zugelassen werden (vgl. Ziffer 4.1.4 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.2.3 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

372

Die Maßnahmen ACEF6*, ACEF8*, ACEF9* und ACEF3(neu)* verdienen - entgegen der Auffassung des Klägers - Anerkennung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen. Sie erfüllen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG. Durch das Zusammenwirken der Maßnahmen ACEF6*, ACEF8* und ACEF9* (hinsichtlich des Baumpiepers, des Bluthänflings, der Goldammer und des Neuntöters) bzw. der Maßnahmen ACEF6*, ACEF8* und ACEF3(neu)* (hinsichtlich des Flussregenpfeifers) wird die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der genannten Vogelarten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt. Ob dies der Fall ist, ist eine zuvörderst naturschutzfachlich zu beantwortende Frage, bei der der zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum bzw. eine Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 47; Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 55). Von dieser Einschätzungsprärogative hat der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die Kritik des Klägers vermag nicht zu überzeugen.

373

Der Kläger spricht den Maßnahmen ACEF6* und ACEF9* die Anerkennung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme bereits deshalb ab, weil sie nicht in einem räumlichen Zusammenhang im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG zu den Eingriffsflächen stünden. Zwar grenzten die beiden Maßnahmenflächen westlich an die geplante Deponie an. Von einem räumlichen Zusammenhang im Sinne der genannten Vorschrift könne nach den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts aber nur gesprochen werden, wenn dem in einem Brutrevier ansässigen Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze „in seinem Revier“ zur Verfügung stünden oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt würden. Bei einem - wie hier - vollständigen Revierverlust könne diese Bedingung naturgemäß nicht erfüllt sein. In einem solchen Fall lasse sich die durch § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG begründete Hürde nur im Wege einer artenschutzrechtlichen Ausnahme überwinden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Eine derart restriktive Interpretation des „räumlichen Zusammenhangs“ lässt sich der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch des Senats nicht entnehmen. In den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2009 (Az. 9 A 39.07, juris) und vom 12. August 2009 (Az. 9 A 64.07, juris) sowie in dem Urteil des Senats vom 22. April 2016 (Az. 7 KS 27/15, juris) heißt es jeweils (sinngemäß), dass das Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG infolge der ergänzenden Regelung in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG nicht erfüllt sei, „wenn z. B. einem Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze in seinem Brutrevier zur Verfügung stehen oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereit gestellt werden.“ Mit der Formulierung „z. B.“ haben sowohl der Senat als auch das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht, dass es sich lediglich um ein Beispiel für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG handelt. Der räumliche Zusammenhang ist danach jedenfalls dann erfüllt, wenn einem Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze in seinem Brutrevier zur Verfügung gestellt werden. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch keinesfalls, dass der räumliche Zusammenhang bereits dann nicht erfüllt ist, wenn sich die Ersatzhabitate nicht in dem Revier der jeweiligen Art befindet. Vielmehr kommt es für den Begriff des räumlichen Zusammenhangs in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG auf die artspezifischen Vernetzungsdistanzen an. Etwaige Ersatzlebensräume müssen sich innerhalb des Aktionsradius der betroffenen Individuen befinden (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48, m. w. N.; Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 55). Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 22. April 2016 (Az. 7 KS 27/15, juris) deutlich gemacht. Danach gibt es keine feststehende Grenze, ab der ein räumlicher Zusammenhang zu verneinen ist. Vielmehr kommt es auf die Verbreitung der lokalen Population im Einzelfall an (vgl. z. B. VG Augsburg, Urteil vom 22.06.2015 - Au 6 K 14.734 -, juris, wonach im Einzelfall trotz einer räumlichen Entfernung von 15 km die Ausgleichsmaßnahme der lokalen Feldlerchenpopulation zugutekommt; VG Osnabrück, Urteil vom 29.07.2015 - 3 A 46.13 -, juris, wonach die Grenze im Einzelfall 1 km beträgt). Unter lokaler Population ist keinesfalls nur die an einem bestimmten Ort anzutreffende Fortpflanzungsgemeinschaft zu verstehen. Die lokale Population umfasst eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, juris). Es geht demnach um die Gesamtheit der Individuen einer Art, die in einem abgegrenzten Raum vorkommen. Eine lokale Population umfasst diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(-raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen (vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 15.12.2011 - 5 A 195/09 -, juris). Ausgehend von diesem Verständnis des „räumlichen Zusammenhangs“ in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG ist vorliegend ein solcher räumlich-funktionaler Zusammenhang zwischen den Maßnahmenflächen ACEF6* und ACEF9* und den Eingriffsflächen unproblematisch zu bejahen. Die beiden Maßnahmenflächen grenzen unmittelbar nordwestlich an die geplante Deponie an. Die neuen Lebensräume sind für die mobilen Arten ohne Weiteres zu erreichen. Herr BD. von der Firma BE. hat in der mündlichen Verhandlung betont, dass es sich vorliegend um Vogelarten handele, die sich ohnehin jedes Jahr einen neuen Standort suchten, d. h. Arten, die nicht ortstreu seien.

374

Des Weiteren macht der Kläger geltend, dass die genannten Arten zwar von der mit der Maßnahme ACEF9* festgesetzten Baum-Strauchhecke / Baum-Strauch-Wallhecke einschließlich vorgelagertem Saumstreifen profitieren könnten. Jedoch stelle die dort befindliche Wasserleitung des T. die Umsetzbarkeit der Kompensationsmaßnahme ernstlich in Zweifel. Zudem müssten die Pflanzungen mit einem hinreichenden zeitlichen Vorlauf erfolgen, um für die eingriffsbetroffenen Brutpaare zur Reproduktion nutzbar zu sein. Da die Anpflanzungen erst zu Beginn der baulichen Maßnahmen im jeweiligen Bauabschnitt und daher zeitversetzt erfolgen sollten, sei keine Gewähr dafür geboten, dass die ökologische Funktion der eingriffsbedingt zerstörten Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Auch mit diesem Vorbringen dringt der Kläger nicht durch. An der Umsetzbarkeit der Maßnahme ACEF9* bestehen - wie bereits unter B. I. 2. a) aa) dargelegt - nicht deswegen Zweifel, weil die Fläche von einer Wasserversorgungsleitung des T. gequert wird. Die Hinweise des T. in der vom Kläger vorgelegten E-Mail vom 19. Juli 2018 und in seinem Schreiben an den Beklagten vom 29. August 2013 zeigen, dass die Existenz der Wasserversorgungsleitung allenfalls zusätzliche Erkundungs-, Sicherungs- und/oder Verlegungsarbeiten erforderlich macht, jedoch die Umsetzung der Maßnahme nicht verhindert oder entscheidungserheblich erschwert. Des Weiteren ist die Maßnahme mit Beginn (Wiederaufnahme) der Bauaktivitäten im jeweiligen Bauabschnitt I bis IV innerhalb der Sandgrube durchzuführen. Die Entwicklung der Baum-Strauchhecke / Baum-Strauch-Wallhecke korrespondiert damit mit der sukzessiven Inanspruchnahme des Standorts (vgl. Seite 34 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Des Weiteren wird - wie dargelegt - zur Förderung einer möglichst kurzfristigen Funktionsfähigkeit der vorgesehenen Pflanzungen als Bruthabitat für die Zielarten auf einzelne Pflanzflächen zusätzlich Gehölzschnittgut (Äste und Zweige) in Form von Gestrüppwällen/-haufen abgelagert (ca. 20 Stück, Höhe rund 1,5 m) (vgl. Ziffer 4.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit der Maßnahme ACEF9*.

375

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang hinsichtlich des Baumpiepers ergänzend vorträgt, dass die Flächengröße der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen für diese Art unzureichend sei, kann dem - unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten - nicht gefolgt werden. Der Kläger trägt vor, dass sich der Kompensationsbedarf bei der Neuanlage einer Baumhecke auf 1 ha bzw. 200 m je Brutpaar belaufe. Die vorgesehene Heckenstruktur mit einen 3 bis 5 m breiten Saumstreifen (Maßnahme ACEF9*) erreiche den erforderlichen Größenwert für sich betrachtet nicht. Welche Flächenanteile der Maßnahme ACEF6* dem Baumpieper zugutekämen, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen. Dem Kläger ist noch insoweit zu folgen, als sich dem von ihm zitierten NRW-Leitfaden 2013 entnehmen lässt, dass bei der Neuanlage von Baumhecken der Orientierungswert pro Brutpaar 1 ha bzw. 200 m (bei linearen Maßnahmen) beträgt (vgl. Maßnahmensteckbrief „Baumpieper Anthus trivialis ID 3“ des NRW-Leitfadens 2013). Dem wird die Maßnahme ACEF9* mit einer Gesamtlänge von rund 502 m nicht ganz gerecht, denn es kommt zu einem Verlust von drei Revieren des Baumpiepers. Erforderlich wäre daher ein Ausgleich im Umfang von 3 ha bzw. 600 m. Zugunsten des Baumpiepers sind jedoch neben der Maßnahme ACEF9* auch noch die Maßnahmen ACEF6* mit einer Flächengröße von 5,1 ha und die Maßnahme ACEF8* mit einer Flächengröße von 11 ha festgesetzt worden. Auf diesen Flächen ist - wie dargelegt - die Schaffung von Rohbodenstandorten einschließlich strukturreicher Saumstrukturen (ACEF6*) und die Anlage von Sträuchern, halbruderalen Gras- und Staudenfluren sowie artenreicher Extensivwiesen (ACEF8*) vorgesehen. Diese Flächen stehen dem Baumpieper ebenfalls als Habitat zur Verfügung (vgl. Ziffer 4.2.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Es unterliegt keiner Beanstandung, dass hinsichtlich der Maßnahmenflächen ACEF6* und ACEF8* keine Teilflächen genannt werden, die speziell dem Baumpieper zugutekommen. Ausweislich der Planunterlagen sind die Maßnahmenflächen mit ihrer vollen Flächengröße auch zugunsten des Baumpiepers zu berücksichtigen. Dies hat seinen Grund darin, dass sie aufgrund ihrer Vielfältigkeit und Größe auch der langfristigen Verbesserung des Baumpieperhabitats dienen. Eine Mehrfachkompensation ist insoweit möglich. Selbst wenn man einzelne Teilbereiche der insgesamt über 16 ha großen Maßnahmenflächen ACEF6* und ACEF8* als ungeeignet für den Baumpieper einstufen wollte, verblieben ohne Zweifel ausreichend große Ausweichhabitate für den Baumpieper übrig, um von einer Weitererfüllung der ökologischen Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Baumpiepers im räumlichen Zusammenhang auszugehen.

376

Hinsichtlich des Flussregenpfeifers macht der Kläger geltend, dass die für diese Art vorgesehene Maßnahme ACEF3(neu)* nicht geeignet sei. Gerade der Nordteil der vormaligen Sandabgrabung sei für den Flussregenpfeifer ungeeignet, weil sich ihm dort wegen der dicht bewachsenen Aufschüttungen und Bodenablagerungen kein übersichtliches Umfeld von ausreichender Größe (> 1 ha) biete. Es bestehe dort ein hohes Prädationsrisiko, weil sich Fressfeinde (z. B. Fuchs) der Unübersichtlichkeit des Geländes wegen unbemerkt annähern könnten. Der Flussregenpfeifer sei sich dessen offenbar bewusst und habe die vormalige Sandabgrabung im Jahr 2017 nicht mehr zur Reproduktion genutzt. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Ausweislich der Planunterlagen benötigen Flussregenpfeifer nach Südbeck et al. (2005) für die Brut nur sehr kleine offene Bereiche (20 bis 50 m²). Da Flussregenpfeifer Nestflüchter seien, sei aber auch der zur Jungenaufzucht notwendige Bereich der Fortpflanzungsstätte hinzuzurechnen; daher umfasse die Fortpflanzungsstätte den brutzeitlichen Aufenthaltsraum bis zum Flüggewerden der Jungtiere (MKULNV NRW 2013). Hilfsweise könne eine strukturell geeignete Fläche von > 0,4 ha um den Neststandort / das Revierzentrum abgegrenzt werden. Glutz von Blotzheim et al. (1999) würden 0,4 ha als Minimalbereich für die Besiedlung in Kiesgruben nennen. Bauer et al. (2005) würden 0,2 ha als Extremfall nennen. MKULNV NRW (2013) leite in Anlehnung an den von Flade (1994) zur Brutzeit angegebenen Raumbedarf von 1 bis 2 ha die Notwendigkeit eines die eigentliche Fortpflanzungsstätte umgebenden übersichtlichen Umfeldes von > 1 ha ab (vgl. Ziffer 4.1.4 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Unter Beachtung dieses wissenschaftlichen Erkenntnisstandes betreffend die Habitatansprüche des Flussregenpfeifers legt der Beklagte dem Ausgleichskonzept unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative beanstandungsfrei eine Flächengröße pro Revier von mindestens 0,5 ha in einem übersichtlichen Umfeld von > 1 ha zugrunde. Diesen Anforderungen genügt die Maßnahme ACEF3(neu)*. Die vorgesehenen drei Kies-/Schotterflächen und die elf Kleingewässer befinden sich in einem übersichtlichen Umfeld von > 1 ha auf einer Maßnahmenfläche von insgesamt 3,38 ha. Die südlichste der drei bereits im Jahr 2016 angelegten Kies-/Schotterflächen wurde im Jahr 2016 nachweislich von einem Flussregenpfeifer-Brutpaar genutzt (Schlupferfolg). Die Kiesfläche - einschließlich der im Umfeld angelegten Temporärgewässer mit dauerhafter Wasserführung während der Flussregenpfeifer-Brutzeit - liegt in einem übersichtlichen Umfeld des Bauabschnitts IV von > 1 ha und ist > 50 m von den im Jahr 2016 bearbeiteten Bauflächen entfernt (vgl. Ziffer 4.1.4 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Vor diesem Hintergrund bestehen an der Geeignetheit der Maßnahme ACEF3(neu)* keine Zweifel, auch wenn der Flussregenpfeifer die Fläche im Jahr 2017 nicht mehr zur Reproduktion genutzt hat. Insbesondere bietet sich dem Flussregenpfeifer - entgegen der Auffassung des Klägers - ein ausreichend übersichtliches Umfeld.

377

Soweit der Senat in seinem im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 22. Juli 2016 (Az. 7 MS 19/16, juris) Zweifel an einer ausreichenden räumlichen Dimensionierung der Maßnahmenfläche ACEF3(neu) geäußert hat, bestehen diese Zweifel jedenfalls nach Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht mehr. Zum einen ist in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss bzw. in den festgestellten Planunterlagen eine ausreichende Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand betreffend die Habitatansprüche des Flussregenpfeifers erfolgt; eine solche Auseinandersetzung fehlte bislang. Zum anderen sind mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss ergänzend zu der Maßnahme ACEF3(neu)* zugunsten des Flussregenpfeifers zusätzlich die Maßnahmen ACEF6* und ACEF8* festgesetzt worden. Damit werden für den Flussregenpfeifer unabhängig von der Maßnahme ACEF3(neu)* größere Habitatflächen mit einer längerfristigen Habitateignung geschaffen. Das Maßnamenkonzept sichert damit in seiner Gesamtheit, dass für den Flussregenpfeifer ausreichend Habitatflächen erhalten und geschaffen werden, die sonst durch eine natürliche Sukzession binnen kürzester Zeit verloren gehen würden (vgl. zu dem Aspekt der natürlichen Sukzession ergänzend die Ausführungen zur Maßnahme ACEF2(neu)* oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (aa)).

378

Soweit der Kläger hinsichtlich des Flussregenpfeifers ergänzend ausführt, dass die Maßnahmenfläche ACEF6* für den Flussregenpfeifer nicht sofort, sondern erst dann nutzbar sei, wenn sich ihm dort eine ausreichende Nahrungsgrundlage biete, vermag dies die Sicherung der zeitlichen Kontinuität der Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Flussregenpfeifers nicht in Frage zu stellen. Die Maßnahme ACEF6* ist nach den Festsetzungen im überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplan „vor Beginn“ (Wiederaufnahme) der Bauaktivitäten innerhalb des Standorts durchzuführen (vgl. Ziffer 4.2.2.2 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Damit ist sichergestellt, dass die Maßnahme mit dem Eingriff zur Verfügung steht. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Maßnahmen zur Kiesaufschüttung und zur Biotoppflege sind unmittelbar nach der Umsetzung bzw. in der nächsten Brutperiode wirksam. Der Flussregenpfeifer ist als eine an Flussdynamik angepasste Art in der Lage, auch kurzfristig neu entstandene Biotope anzunehmen, mitunter sogar während der Bauzeit auf Großbaustellen oder während der Abgrabungstätigkeit in Kiesgruben (vgl. Maßnahmensteckbrief „Flussregenpfeifer Charadrius dubius ID 13“ des NRW-Leitfadens 2013, m. w. N.).

(bb)

379

Hinsichtlich der Feldlerche ist der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ebenfalls nicht erfüllt.

380

Nach der nicht zu beanstandenden Bestandserfassung gemäß AW. (2016) wurde im Jahr 2015 für die Feldlerche insgesamt siebenmal ein Brutverdacht festgestellt. Zwei der registrierten Reviere liegen innerhalb der Vorhabenfläche und ein Revier liegt direkt am nordwestlichen Rand des geplanten Deponiestandorts (außerhalb, rund 100 m Entfernung). Die übrigen Reviere liegen weiter außerhalb zur Vorhabenfläche (vgl. Ziffer 4.1.3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

381

Nach den Feststellungen unter Ziffer 4.1.3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) kann mit Ausnahme der zwei Brutreviere innerhalb der verbrachten Fläche sowie des nordwestlich in rund 100 m Entfernung festgestellten Brutreviers eine direkte Inanspruchnahme von Fortpflanzungs- und Ruhestätten ausgeschlossen werden. Indirekte Wirkungen auf die drei genannten Brutpaare seien (ebenfalls) nicht auszuschließen. Eine Vergrämung sei nicht bzw. voraussichtlich in begrenztem Rahmen anzunehmen. Da Lage und Anzahl der Feldlerchenreviere auf den landwirtschaftlichen Flächen in Abhängigkeit von der Feldfrucht jährlich stärkeren Schwankungen unterworfen seien und der Neststandort jedes Jahr neu ausgewählt werde, sei eine Verlagerung der Nistplätze der Feldlerche im räumlichen Zusammenhang problemlos möglich, da ausreichend geeignete Lebensräume im Nahbereich vorhanden seien. Der Bestand sei aufgrund der Abhängigkeiten von der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung stärkeren Schwankungen unterworfen und räumlich relativ unbestimmt. Die Festsetzung steter und somit dauerhafter Nutzungsräume sei demgemäß kaum ableitbar. Für die Feldlerche werde keine Betroffenheit prognostiziert (vgl. Tabelle 10 und Ziffer 4.1.3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Seite 34 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Daher wird auch in der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) unter K 2.16* keine Beeinträchtigung der Feldlerche (3 Reviere) durch die Deponie einschließlich der Nebenanlagen festgestellt.

382

Die Bewertung des Beklagten, es liege kein Verstoß gegen den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG vor, ist unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden. Der Beklagte geht beanstandungsfrei davon aus, dass ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot nicht vorliegt, da die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang - auch ohne die Festsetzung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen - weiterhin erfüllt wird, vgl. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG. Wie bereits ausgeführt, kann zwar grundsätzlich nicht ohne Weiteres angenommen werden, eingriffsbetroffene Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen. Denn eine solche Ausweichmöglichkeit besteht nur dann, wenn sich im räumlichen Zusammenhang geeignete Habitatstrukturen finden und diese Flächen nicht schon von Artgenossen oder Arten mit vergleichbaren Habitatansprüchen besetzt sind. Allerdings kann bei häufigen bzw. weit verbreiteten Arten auch ohne eine entsprechende Untersuchung naturschutzfachlich belastbar angenommen werden, die betroffenen Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48, m. w. N.). Vorliegend ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die Brutpaare der Feldlerche ihre Reviere im räumlichen Zusammenhang problemlos verlagern können. Denn bei der Feldlerche handelt es sich um eine in Niedersachsen häufige Brutvogelart mit rund 140.000 Revieren (vgl. Ziffer 4.1.3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Zudem zeigen die Ergebnisse der Kartierung von AW. (2016) den Umfang der bereits besetzten und unbesetzten Habitatflächen im Umfeld der Grube auf, wobei die Lage und die Anzahl der Feldlerchenreviere jährlich stärkeren Schwankungen unterworfen ist. Danach erscheint die Einschätzung des Beklagten, es seien ausreichend geeignete Lebensräume im Nahbereich vorhanden, naturschutzfachlich vertretbar.

383

Lediglich aus Vorsorgegesichtspunkten wird die Maßnahme ACEF10* durchgeführt (vgl. Ziffer 4.1.3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Seite 34 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Durch die Maßnahme ACEF10* „Schaffung von Blühstreifen / Ackersaumstreifen“ erfolgt nach den planfestgestellten Unterlagen vorsorglich die Schaffung von Lebensräumen für die Feldlerche und die Wachtel. Es ist die Anlage eines Blühstreifens / Ackersaumstreifens mit mindestens 200 m Länge und 10 m Breite (insgesamt 0,22 ha) vorgesehen. Damit wird der Lebensraum der Feldlerche aufgewertet. Es handelt sich um eine lebensraumverbessernde Maßnahme in der Agrarlandschaft, um die Populationsdichte der Feldlerche zu erhöhen. Die Maßnahme trägt insgesamt zur Verbesserung der Brut- und Nahrungsflächen der Vogelarten der offenen Agrarlandschaft bei (vgl. Ziffer 4.1.3 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Seite 34 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Ziffer 4.2.5 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

384

Soweit der Kläger rügt, dass die Maßnahme ACEF10* nicht den erforderlichen räumlichen Zusammenhang im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG wahre, da sich die Maßnahmenfläche nicht innerhalb des Reviers der betroffenen Brutpaare befinde, ist dies - wie bereits dargelegt - für die Anerkennung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme nicht erforderlich (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (b) (aa)). Erforderlich ist allein der räumliche Zusammenhang der Maßnahmenfläche zur betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätte, der hier augenscheinlich gegeben ist. Der Kläger rügt des Weiteren, dass die Maßnahmenfläche nicht ausreichend dimensioniert sei. Der Umfang der Maßnahme betrage nur 0,22 ha, während der Raumbedarf eines Brutpaares der Feldlerche nach den Feststellungen des Beklagten pro Revier rund 1 bis 1,5 ha betrage (vgl. Tabelle 10 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Gingen drei Reviere verloren, müsse daher für einen Ausgleich auf einer Gesamtfläche von 3 ha Sorge getragen werden. Diesem Vorbringen kann vorliegend nicht gefolgt werden. Denn durch die Maßnahme ACEF10* soll kein völlig neues Bruthabitat für die Feldlerche hergerichtet werden. Vielmehr geht es nur darum, bereits bestehende Ausweichhabitate im Umfeld vorsorglich aufzuwerten. Bei der Maßnahme ACEF10* handelt es sich lediglich um eine vorsorgliche - d. h. nicht zwingend erforderliche - lebensraumverbessernde Maßnahme. Nach den Ausführungen von Herrn BD. von der Firma BE. in der mündlichen Verhandlung wirkt der Blühstreifen in die Umgebung hinein und führt so zu einer Aufwertung der in der Umgebung vorhandenen unbesetzten Habitate.

(cc)

385

Auch hinsichtlich des Schwarzkehlchens und der Dorngrasmücke ist der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand nicht erfüllt.

386

Nach der nicht zu beanstandenden Bestandserfassung gemäß AW. (2016) wurde das Schwarzkehlchen, welches weder landesweit noch regional gefährdet ist, im Jahr 2015 im Untersuchungsraum der Deponie viermal mit Brutverdacht festgestellt. Davon liegen drei Reviere innerhalb des Vorhabenbereichs (1x am nördlichen Rand, 2x am südlichen Rand). Die Dorngrasmücke, die ebenfalls weder landesweit noch regional gefährdet ist, wurde im Jahr 2015 im Untersuchungsraum der Deponie insgesamt neunmal mit Brutverdacht festgestellt. Davon liegen mindestens drei Brutreviere innerhalb des geplanten Deponiegeländes (vgl. Tabelle 1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Karte 01 der Anlage 3 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

387

Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass nicht nur gefährdete Vogelarten, sondern sämtliche europäische Vogelarten geschützt sind und einer artenschutzrechtlichen Prüfung nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG unterliegen. Jedoch schließt die der Planfeststellungsbehörde bei Anwendung des § 44 Abs. 1 BNatSchG zustehende naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative die Beurteilung ein, ob und inwieweit auf eine raumbezogene Bestandsaufnahme und Prüfung bei sog. ubiquitären Vogelarten bzw. Allerweltsvogelarten verzichtet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2018 - 9 B 25.17 -, juris). Insbesondere ist diesen Vogelarten eine gildenweise Prüfung nicht zu beanstanden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.03.2017 - 11 D 70.09.AK -, juris). Eine solche Prüfung hat vorliegend stattgefunden. Dabei wurden die festgestellten, landesweit ungefährdeten Arten mit Brutverdacht oder Brutnachweis - wie das Schwarzkehlchen und die Dorngrasmücke - artgruppenbezogen behandelt (vgl. Ziffer 3.1.2 und Ziffer 4.3.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 6.1 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 02. April 2013 = Anlage 26b der Planunterlagen vom Juli 2013).

388

Der Beklagte ist auf der Grundlage dieser artgruppenbezogenen Prüfung beanstandungsfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Verstoß gegen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht vorliegt. Zwar kommt es sowohl bei den landesweit ungefährdeten Brutvögeln der Gebüsche und Gehölze einschließlich der Siedlungsbereiche, zu denen das Schwarzkehlchen gehört, als auch bei den landesweit ungefährdeten Brutvögeln des Offenlandes, zu denen sowohl die Dorngrasmücke als auch das Schwarzkehlchen gehören, zu Habitatverlusten der Arten durch das geplante Deponievorhaben. Der Beklagte geht jedoch unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative zu Recht davon aus, dass die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten im räumlichen Zusammenhang - auch ohne die Festsetzung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen - weiterhin erfüllt wird, vgl. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG. Ausweislich der Feststellungen des Beklagten sind die betroffenen Lebensräume der landesweit ungefährdeten Brutvögel der Gebüsche und Gehölze einschließlich der Siedlungsbereiche im Untersuchungsgebiet und der umliegenden Landschaft verbreitet. Dazu gehörten vorhandene Feldgehölze, Baumreihen und -gruppen, kleinere Waldbereiche, Strauch-/Baumhecken, Einzelbäume und Gebüsche. Es könne insgesamt davon ausgegangen werden, dass im räumlichen Umfeld auch nach Vorhabenrealisierung weiterhin ein ausreichendes Angebot an geeigneten Brutlebensräumen zum Ausweichen dieser euryöken Arten zur Verfügung stehe und die ökologische Funktion der Lebensstätten gewährt bleibe. Funktionserhaltende Maßnahmen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der landesweit ungefährdeten Brutvögel des Offenlandes könne durch die vergleichsweise hohe Flexibilität dieser Artengruppe hinsichtlich ihrer Lebensraumwahl sowie die sowohl im Untersuchungsgebiet als auch der umliegenden Landschaft vorhandene Vielzahl geeigneter Habitate davon ausgegangen werden, dass die Arten auf diese Flächen ausweichen. Damit bleibe die ökologische Funktion der Lebensstätten für die jeweiligen lokalen Populationen erhalten. Entsprechende funktionserhaltende Maßnahmen seien daher nicht erforderlich (vgl. Ziffer 6.1.1 und Ziffer 6.1.2 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 02. April 2013 = Anlage 26b der Planunterlagen vom Juli 2013; Ziffer 4.3.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der überarbeiteten Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

389

Die Einschätzung des Beklagten, es seien für die betroffenen Arten ausreichend geeignete Lebensräume im Nahbereich vorhanden, ist naturschutzfachlich vertretbar. Wie bereits ausgeführt, kann zwar grundsätzlich nicht ohne Weiteres angenommen werden, eingriffsbetroffene Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen. Allerdings kann bei häufigen bzw. weit verbreiteten Arten auch ohne eine entsprechende Untersuchung naturschutzfachlich belastbar angenommen werden, die betroffenen Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48, m. w. N.). Bei den sogenannten ubiquitären Vogelarten bzw. Allerweltsvogelarten kann regelmäßig angenommen werden, dass die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.03.2017 - 11 D 70.09.AK -, juris). Der Kläger ist dieser naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten. Da die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten im räumlichen Zusammenhang auch ohne vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen weiterhin erfüllt wird, stellen sich die vom Kläger für das Schwarzkehlchen und die Dorngrasmücke geforderten Kompensationsleistungen als nicht erforderlich dar.

(dd)

390

Schließlich ist auch hinsichtlich der Uferschwalbe der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt.

391

Ausweislich der nicht zu beanstandenden Bestandserfassungen konnten im Jahr 2010 noch ca. 100 Brutpaare auf dem Grubengelände nachgewiesen werden. Anfang Mai 2014 wurden von der Uferschwalbe mehrere Brutröhren angelegt; diese waren später aber verwaist. Im Jahr 2015 wurden mehrere alte Bruthöhlen der Uferschwalbe an einem Hang im Westen der Sandgrube gefunden; diese waren jedoch unbewohnt (vgl. Ziffer 4.3.14 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Von der Uferschwalbe konnte danach im Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses vom 22. Dezember 2015 kein Brutnachweis mehr erbracht werden. Es spricht einiges für die Annahme, dass die - mit Ausbleiben der Sandabbauarbeiten - voranschreitende natürliche Sukzession bereits zu Veränderungen hinsichtlich des Vorkommens von Pionierarten geführt hat, die gerade auf den frischen Anriss von Steilböschungen angewiesen sind.

392

Trotz der fehlenden Brutnachweise ist mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 22. Dezember 2015 die Maßnahme ACEF1(neu) festgesetzt worden. Die Maßnahme ACEF1(neu) „Schaffung/Erhaltung von Steilwänden für die Uferschwalbe“ beinhaltet die Schaffung bzw. Erhaltung geeigneter Bruthabitate (frische Anrisse in Steilwänden) jeweils zu Beginn eines jeden Jahres, vorzugsweise im Bauabschnitt IV. Fünf Jahre vor Eingriff in den Bauabschnitt, in dem die Maßnahme ACEF1(neu) umgesetzt ist, ist die natürliche Sukzession im Bereich der von der Uferschwalbe zur Anlage von Brutröhren genutzten Steilwände zuzulassen. Durch das Ausbleiben des kontinuierlichen Anrisses von Steilwänden tritt eine natürliche Sukzession ein, wodurch die Steilwände ihre Eignung zur Anlage von Niströhren auf natürlichem Weg verlieren. Sollten die genannten fünf Jahre zum Zulassen der natürlichen Sukzession nicht ausreichen, ist der Zeitraum entsprechend zu verlängern. Insgesamt ist eine Verfüllung der Grube im räumlichen Umfeld der von den Schwalben zur Reproduktion genutzten Abbruchkanten so lange zu untersagen, bis diese Kanten ihre ökologische Funktion auf natürlichem Weg verloren haben (vgl. Ziffer 3.1.1.6 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen; vgl. Ziffer 4.1.1.7 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26a der Planunterlagen; Ziffer 6.2.1.9 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 02. April 2013 = Anlage 26b der Planunterlagen vom Juli 2013).

393

Im Nordwesten der Grube wurde auf dieser Grundlage bereits im Jahr 2016 auf ca. 50 Meter Länge ein frischer steilwandiger Anriss hergestellt. Im Frühjahr 2016 wurden in Folge dessen zahlreiche Bruthöhlen festgestellt und trotz eines natürlichen Abbruchs eines Teils der für die Uferschwalbe angelegten Steilwand erfolgte eine Ansiedlung von mehr als 100 Brutpaaren (vgl. Ziffer 4.3.14 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

394

Durch die Maßnahme ACEF1(neu) wird im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG gewährleistet, dass die ökologische Funktion der - gegebenenfalls - verloren gehenden Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Uferschwalbe im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, so dass der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht eintritt. Es werden für die Uferschwalbe - bis zum endgültigen Eingriff in den Bauabschnitt IV - Habitatflächen erhalten und geschaffen, die sonst durch eine natürliche Sukzession binnen kürzester Zeit verloren gehen würden. Die Habitateignung besteht durch die Maßnahme ACEF1(neu) damit für einen deutlich längeren Zeitraum, als die Habitateignung der Eingriffsfläche bei natürlicher Sukzession reichen würde (vgl. zu dem Aspekt der natürlichen Sukzession ergänzend die Ausführungen zur Maßnahme ACEF2(neu)* oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (aa)). Der Kläger ist der Wirksamkeit der Maßnahme ACEF1(neu) nicht entgegengetreten.

(c)

395

Der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist auch hinsichtlich der europäischen Vogelarten im Bereich Achternmeer durch die dort vorgesehenen Aufforstungsmaßnahmen nicht erfüllt.

(aa)

396

Dies gilt zunächst hinsichtlich des Flussregenpfeifers.

397

Wie bereits dargelegt, ist der Flussregenpfeifer mit zwei brutverdächtigen Paaren im Bereich bzw. südlich der für die Aufforstung vorgesehenen Fläche E-Abbau 1.5 vertreten. Es handelt sich um einen Brutverdacht im nördlichen Bereich der Fläche E-Abbau 1.5 im Übergang zu E-Abbau 1.4 und um einen Brutverdacht direkt südlich der Fläche E-Abbau 1.5. (vgl. Ziffer 3.1.1.7 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen). Während für das brutverdächtige Paar südlich der Fläche E-Abbau 1.5 der Störungstatbestand gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zu betrachten ist (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (2) (c)), ist für das Paar im nördlichen Bereich der Fläche E-Abbau 1.5 im Übergang zu E-Abbau 1.4 der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG relevant.

398

Ausweislich der Feststellungen der Planunterlagen geht das im Jahr 2014 im nördlichen Bereich der Fläche E-Abbau 1.5 registrierte Brutrevier (1x Brutverdacht) mit Umsetzung der vorgesehenen Aufforstung verloren (vgl. Ziffer 3.1.1.7 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen). Mit diesem vollständigen Revierverlust sind Fortpflanzungs- und Ruhestätten in der in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG beschriebenen Weise betroffen.

399

Der Beklagte sieht zugunsten des Flussregenpfeifers mit der Maßnahme ACEF5(neu) jedoch eine vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG vor, die den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG entfallen lässt.

400

Die Maßnahme ACEF5(neu) „Schaffung/Entwicklung von Bruthabitaten für den Flussregenpfeifer“ beinhaltet unter anderem die Schaffung geeigneter Habitatflächen für den Flussregenpfeifer. Sie dient zugleich dem Ausgleich von Bodenbeeinträchtigungen. Auf der insgesamt 1,48 ha großen Kompensationsfläche werden Maßnahmen zur Wiederherstellung, Erhaltung und Entwicklung der teilweise noch vorhandenen, hochwertigen Pioniervegetation offener Standorte umgesetzt. Die Maßnahmenfläche steht im direkten räumlichen Zusammenhang zu dem durch die Aufforstung beeinträchtigten Revier des Flussregenpfeifers (Entfernung rund 500 m). Die Maßnahme ist mindestens ein Jahr vor Durchführung der Aufforstungsmaßnahmen im Bereich Achternmeer umzusetzen (vgl. Ziffer 4.1.1.11 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26a der Planunterlagen; Ziffer 3.1.1.7 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen). Ausweislich der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014 (vgl. Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26a der Planunterlagen) ist für die Maßnahme ACEF5(neu) zugunsten des Flussregenpfeifers eine Fläche von mindestens 0,5 ha festgesetzt.

401

Die Maßnahme ACEF5(neu) verdient - entgegen der Auffassung des Klägers - Anerkennung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme. Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG. Durch die Maßnahme ACEF5(neu) wird die ökologische Funktion der durch die Aufforstung betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätte des Flussregenpfeifers im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt.

402

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Sandacker, der sich für den Flussregenpfeifer optimieren ließe, nur knapp 2.000 m² (= 0,2 ha) umfasse und daher keinen hinreichenden Raum für zwei Brutpaare des Flussregenpfeifers biete. Selbst nach Durchführung der vorgesehenen Rodungsarbeiten, die ihrerseits zu ungelösten artenschutzrechtlichen Konflikten bei anderen Arten (Gebüsch- und Gehölzbrüter) führten und damit dem Zweck des § 44 Abs. 5 BNatSchG zuwider liefen, sei die Fläche mit 0,5 ha zu klein, um den räumlichen Anforderungen zu genügen, die Flussregenpfeifer an die Größe ihrer Brutreviere stellten (1 bis 2 ha). Dieser Kritik vermag der Senat nicht zu folgen. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Maßnahme ACEF5(neu) ausweislich der Planunterlagen lediglich dem Ausgleich für den Verlust des Brutreviers eines Brutpaars des Flussregenpfeifers im nördlichen Bereich der Fläche E-Abbau 1.5 im Übergang zu E-Abbau 1.4 dient. Für das zweite brutverdächtige Paar südlich der Fläche E-Abbau 1.5 kommt es nicht zu einer erheblichen Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (2) (c)). Des Weiteren ist zu beachten, dass entgegen der Auffassung des Klägers nicht lediglich der knapp 2.000 m² umfassende Sandacker als Ausgleichsfläche zu betrachten ist. Planfestgestellt ist eine Maßnahmenfläche von insgesamt 1,48 ha, wobei zugunsten des Flussregenpfeifers eine Fläche von mindestens 0,5 ha festgesetzt ist. Soweit der Kläger meint, die vorgesehene (Teil-)Rodung führe ihrerseits zu artenschutzrechtlichen Konflikten, bleibt dieser Vorwurf unsubstantiiert. Die Maßnahme ACEF5(neu) sieht vor, die nicht gebietsheimische Vegetation komplett von der Maßnahmenfläche zu entfernen und vorhandene Sukzessionsgebüsche zum Erhalt und zur Entwicklung von Offenlandstrukturen auf Sonderstandorten auf insgesamt > 50 % (maximal 75 %) der Gesamtfläche zu entfernen. Die Beigeladene hat darauf verwiesen, dass artenschutzrechtliche Konflikte unter Berücksichtigung der allgemeinen Bauzeitenregelung und der vorliegenden faunistischen Erfassungsergebnisse ausgeschlossen seien. Dies unterliegt keinen durchgreifenden Zweifeln. Für ein Brutpaar des Flussregenpfeifers ist die Maßnahmenfläche ACEF5(neu) mit mindestens 0,5 ha der insgesamt 1,48 ha großen Kompensationsfläche - ausweislich des bereits dargestellten Flächenbedarfs des Flussregenpfeifers (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (b) (aa)) - auch ausreichend bemessen. Dies gilt umso mehr, als die insgesamt 1,48 ha große Kompensationsfläche dem Flussregenpfeifer über die eigentliche Fortpflanzungsstätte hinaus ein übersichtliches Umfeld von > 1 ha bietet.

(bb)

403

Auch hinsichtlich des Kiebitzes ist der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand nicht erfüllt.

404

Der Kiebitz wurde im Rahmen der 2014 durchgeführten Kartierungen (AZ. 2014b) mit zwei Brutverdachten im Bereich der für die Aufforstung vorgesehenen Ackerflächen E-Abbau 1.2 und 1.4 (derzeit Maisacker) und den nordöstlich daran anschließenden Maisackerflächen festgestellt (vgl. Ziffer 3.1.1.8 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen; Anlage 26a - Karte 4 (mod.)).

405

Ausweislich der Feststellungen der Planunterlagen werden bedingt durch die vorgesehene Aufforstung und unter Berücksichtigung des Meideverhaltens des Kiebitzes gegenüber entsprechenden Vertikalkulissen trotz der schlechten Lebensraumeignung relevante Beeinträchtigungen von maximal zwei Brutpaaren des Kiebitzes angenommen. Da aus den zu erwartenden Störungen eine Beschädigung/Nicht-Nutzbarkeit von Fortpflanzungs- und Ruhestätten resultiert (vgl. Ziffer 3.1.1.8 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen), sind Fortpflanzungs- und Ruhestätten in der in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG beschriebenen Weise betroffen.

406

Der Beklagte sieht zugunsten der beiden Kiebitz-Brutpaare mit den Maßnahmen ACEF4(neu) und ACEF11* jedoch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG vor, die den Eintritt der artenschutzrechtlichen Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG entfallen lassen.

407

Die Maßnahme ACEF4(neu) „Schaffung/Entwicklung von Bruthabitaten für Kiebitz und Feldlerche“ beinhaltet die Umwandlung von einer derzeit intensiv genutzten Ackerfläche (derzeit Maisacker) in extensiv genutztes Grünland sowie die Schaffung von Blänken und eines randlichen Brachestreifens. Es sollen dadurch geeignete Habitatflächen für den Kiebitz und die Feldlerche geschaffen werden. Die Maßnahmenfläche ist insgesamt 1,67 ha groß und befindet sich in einer Entfernung von rund 1.500 m zu den betroffenen Brutrevieren. Die Fläche ist eingebettet in einen störungsarmen Raum, der durch ein Nutzungsmosaik aus Acker- und Grünlandflächen geprägt ist. Zur Funktionserfüllung der Maßnahme ist es ausweislich der Planunterlagen notwendig, die im südlichen und westlichen Randbereich der Ackerfläche vorhandene Strauchbaumhecke sowie die einzelnen Ruderalgebüsche im nördlichen Randbereich zurückzunehmen. Die Maßnahme ist mindestens ein Jahr vor Durchführung der Aufforstungsmaßnahmen im Bereich Achternmeer umzusetzen (vgl. Ziffer 4.1.1.10 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26a der Planunterlagen).

408

Mit der Maßnahme ACEF11* „Schaffung/Entwicklung von Bruthabitaten für den Kiebitz“ wird durch den Änderungsplanfeststellungsbeschluss die Maßnahme ACEF4(neu) um eine zusätzliche Maßnahmenfläche (Flurstück BI., Flur W., Gemarkung M.) erweitert. Die Flächengröße der Maßnahme beträgt 1,5 ha. Vorgesehen ist die Umwandlung von Intensivacker in Extensivgrünland. Die Erweiterung der Maßnahme ACEF4(neu) ist ausweislich Planänderungsunterlagen notwendig, da mit der Nebenbestimmung 1.5.9.1 des Planfeststellungsbeschlusses die Rücknahme der südlich an die Maßnahmenfläche ACEF4(neu) angrenzenden linearen Gehölzstrukturen untersagt wird. Dadurch werde die Funktionserfüllung der insgesamt 1,67 ha großen Maßnahmenfläche in Teilen gemindert, so dass diese als nicht mehr ausreichend für die Kompensation von bis zu zwei Brutpaaren des Kiebitzes beurteilt werde. Für die Betroffenheit des zweiten Kiebitz-Brutpaares werde die angrenzende Fläche zur Maßnahme ACEF4(neu) zur Hälfte für die Maßnahme ACEF11* in Anspruch genommen (vgl. Ziffer 4.2.6 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

409

Die Maßnahmen ACEF4(neu) und ACEF11* verdienen - entgegen der Auffassung des Klägers - Anerkennung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen. Sie erfüllen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG. Durch die beiden Maßnahmen wird die ökologische Funktion der durch die Aufforstung betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Kiebitzes im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt.

410

Soweit der Kläger ursprünglich, d. h. vor Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses gerügt hat, dass die Maßnahme ACEF4(neu) wegen ihrer geringen Flächengröße von 1,67 ha für zwei Kiebitz-Brutpaare nicht ausreichend bemessen sei, da üblicherweise je Brutpaar ein Ausgleich von 1 bis 1,5 ha vorgesehen werde, so dass hier eine Kompensationsfläche von mindestens 2 bis 3 ha erforderlich sei, führt dieses Vorbringen jedenfalls nach Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht mehr zum Erfolg. Durch die Maßnahme ACEF11* wird die Maßnahme ACEF4(neu) um 1,5 ha erweitert. Damit stehen den beiden Kiebitz-Brutpaaren nunmehr insgesamt 3,17 ha zur Verfügung. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Funktionserfüllung der insgesamt 1,67 ha großen Maßnahmenfläche ACEF4(neu) in Teilen dadurch gemindert wird, dass mit der Nebenbestimmung 1.5.9.1 des Planfeststellungsbeschlusses die Rücknahme der südlich an die Maßnahmenfläche ACEF4(neu) angrenzenden linearen Gehölzstrukturen untersagt worden ist, wird mit den Maßnahmen ACEF4(neu) und ACEF11* insgesamt ein ausreichend großes Ausweichhabitat für die beiden Kiebitz-Brutpaare geschaffen. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) seien nicht anzuerkennen, da § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG mit Art. 5 Buchstabe b) und Art. 9 Abs. 1 VRL nicht vereinbar sei, kann auf die obigen Ausführungen unter B. II. 2. b) bb) (3) (b) (aa) verwiesen werden, wonach vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG auch zum Schutz der Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Vögeln festgelegt werden dürfen. Ebenfalls nicht durchdringen kann der Kläger mit seiner Rüge, die erweiterte Maßnahmenfläche ACEF11* befinde sich nicht innerhalb des Reviers der betroffenen Brutpaare. Wie bereits dargelegt, ist dies für die Anerkennung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BNatSchG nicht erforderlich (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (b) (aa)). Erforderlich ist allein der räumliche Zusammenhang der Maßnahmenfläche zur betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätte, der hier mit einer Entfernung von rund 1.500 m gegeben ist.

c)

411

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses widerspricht nicht der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§§ 14, 15 BNatSchG).

412

Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes sind nach dessen § 14 Abs. 1 Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Nach § 15 Abs. 1 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen. In Bezug auf das Vermeidungsverbot ist zu beachten, dass dieses nicht etwa auf eine Reduktion des Vorhabens bis hin zu einer sogenannten Nullvariante zielt (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris, m. w. N.). Ob ein Vorhaben zulassungsfähig ist und an einem bestimmten Standort ausgeführt werden darf, richtet sich nach den Anforderungen des Fachrechts. Im Rahmen der fachplanerischen Abwägung (z. B. nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG) sind gegebenenfalls Planvarianten in den Blick zu nehmen. Kommen alternative Lösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie als Teil des Abwägungsmaterials in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzubeziehen. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ergänzt die fachrechtlichen Zulassungstatbestände. Sie setzt die fachgesetzliche Zulässigkeit des Eingriffs voraus und ist den fachgesetzlichen Zulassungstatbeständen „aufgesattelt“. Ihr Ziel ist es, den Vorschriften des Fachrechts ein auf die Bedürfnisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege zugeschnittenes Folgenbewältigungssystem zur Seite zu stellen. Im Rahmen der Eingriffsregelung stellt sich deshalb nicht die Frage, ob das Vorhaben an einem bestimmten Standort zulässig ist; dieser steht auf der Prüfstufe der Eingriffsregelung nicht mehr zur Disposition (vgl. zu § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG a. F.: BVerwG, Urteil vom 07.03.1997 - 4 C 10.96 -, juris; Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris).

413

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist der Verursacher verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Nach der gesetzlichen Definition in dem nachfolgenden Satz 2 der Vorschrift ist eine Beeinträchtigung ausgeglichen, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Hinsichtlich der räumlichen Beziehung zwischen dem Eingriffsort und den Ausgleichsmaßnahmen ist zu beachten, dass ein funktioneller Zusammenhang zwischen Eingriff und Ausgleich gewahrt werden muss, was aber nicht zwingend eine Verortung der notwendigen Maßnahmen im unmittelbaren Umkreis des Eingriffs erfordert. Solange eine Ausgleichsfläche noch auf den Eingriffsort zurückwirkt, ist sie nicht schon deshalb weniger geeignet, weil sie vom Eingriffsort weiter entfernt ist als andere potentielle Ausgleichsflächen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.07.2010 - 7 VR 2.10 -, juris). Welche Flächen und Maßnahmen sich im konkreten Fall für einen Ausgleich eignen, ist naturschutzfachlich zu beantworten. Dabei steht den zuständigen Behörden eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, und zwar sowohl hinsichtlich der Bewertung der Eingriffswirkungen wie auch hinsichtlich der Kompensationswirkungen von Ausgleichsmaßnahmen. Die Ausgestaltung des naturschutzfachlichen Kompensationsmodells weist hinsichtlich der Auswahl zwischen grundsätzlich gleich geeigneten Kompensationsmaßnahmen, der naturschutzfachlichen Abstimmung der Kompensationsmaßnahmen untereinander sowie der Berücksichtigung etwaiger multifunktionaler Kompensationswirkungen in erheblichem Umfang Elemente einer planerisch abwägenden Entscheidung auf (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG). Im Unterschied zur Ausgleichsmaßnahme erfordert die Ersatzmaßnahme „nur“ einen gleichwertigen Ersatz der beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts und nicht eine gleichartige Kompensation (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris). Auch bei den Ersatzmaßnahmen muss ein räumlicher Bezug zu dem Eingriffsort gegeben sein. Dieser ist aber weiter gefasst als bei den Ausgleichsmaßnahmen. Ersatzmaßnahmen müssen nicht auf den Eingriffsort zurückwirken. Es genügt, dass überhaupt eine räumliche Beziehung zwischen dem Ort des Eingriffs und der Durchführung der Ersatzmaßnahmen besteht. Auch eine Entfernung von 15 km zwischen Eingriffsort und Ort der Ersatzmaßnahmen kann unbedenklich sein, wenn Kompensationsfläche und Eingriffsgebiet im gleichen Naturraum liegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.07.2010 - 7 VR 2.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 17.08.2004 - 9 A 1.03 -, juris). Für die gerichtliche Kontrolle ist auch hier zu beachten, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Bewertung der Kompensationswirkung eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen, dann ist der Eingriff gemäß § 15 Abs. 5 BNatSchG unzulässig.

414

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses genügt den danach zu beachtenden Anforderungen. Der Beklagte hat die Eingriffstatbestände vollständig ermittelt, sachgerecht bewertet und die gebotenen Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen festgesetzt.

aa)

415

Es liegt kein Verstoß gegen das Vermeidungsgebot des § 15 Abs. 1 BNatSchG vor.

416

Der Kritik des Klägers, dem Vermeidungsgebot werde nicht entsprochen, weil Maßnahmenflächen des Kompensationskonzepts direkt an Störstrukturen (Deponie bzw. Krumlander Straße) angrenzten, ohne dass Maßnahmen ergriffen würden, die sicherstellten, dass Kreuzkröten und andere Amphibien nicht in den Deponieraum gelangen (z. B. Schutzzaun) bzw. im Verkehr auf der Krumlander Straße zu Tode kommen (z. B. Amphibientunnel), vermag der Senat nicht zu folgen. Dem Vermeidungsgebot wird ausreichend Rechnung getragen. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (bb) und B. II. 2. b) bb) (3) (a) (cc) verwiesen werden. Zum einen ist bereits dargelegt worden, dass eine Rückwanderung von Amphibien in aktive Bau- und Betriebsbereiche der geplanten Deponie durch die Vermeidungsmaßnahme V6(neu)* ausgeschlossen wird, die eine Umzäunung der jeweiligen Baubereiche vor Baubeginn mit einem festen Amphibienschutzzaun festlegt, der einseitig von innen nach außen überwindbar ist (vgl. Ziffer 4.2.1 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Der Senat hat ausgeführt, dass die Amphibienschutzzäune nach dem Sinn und Zweck der Maßnahme V6(neu)* solange erhalten bleiben sollen, wie eine mögliche Gefährdung der Kreuzkröten durch eine Rückwanderung in den Deponiebereich möglich erscheint, d. h. auch noch während der Betriebsphase (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (bb)). Zum anderen ist durch den Senat darauf hingewiesen worden, dass bereits heute für den genetischen Austausch erforderliche Austauschbeziehungen zwischen den Teilpopulationen der Kreuzkröte nördlich und südlich der Krumlander Straße bestehen. Es ist schlüssig und für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar dargelegt worden, dass das Tötungsrisiko aufgrund der geringen Verkehrsfrequenz auf der Krumlander Straße für die nachts bzw. in der Dämmerung wandernden Amphibien gering ist und zudem durch das geplante Vorhaben nicht signifikant erhöht wird. Der Bau und der Betrieb der Deponie sind auf die Tageszeit beschränkt. Auch die Transportfahrten finden ausschließlich tagsüber statt (vgl. oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (cc)). Weitergehende Vermeidungsmaßnahmen sind vor diesem Hintergrund - unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten - nicht erforderlich.

bb)

417

Das Konzept der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wird den Anforderungen des § 15 Abs. 2 BNatSchG gerecht.

(1)

418

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Kompensation des Verlustes des Amphibienlebensraumes.

419

Entgegen der Auffassung des Klägers wird dem Grundsatz der Vollkompensation (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris, m. w. N.), wonach die Funktionen des Naturhaushalts gleichartig oder gleichwertig (wieder-)hergestellt und daher vollen Umfangs sowie in jeder Hinsicht durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege kompensiert werden müssen (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, BNatSchG, § 15 Rn. 14), hinsichtlich des Verlustes des Amphibienlebensraums entsprochen. Es ist insoweit rechtlich nicht zwingend, dass die Ausgleichsfläche in ihrer Dimension mindestens der Eingriffsfläche entsprechen muss. Nicht die Größe der Ausgleichsfläche ist entscheidend, sondern ihre Fähigkeit, die gestörten Funktionen des Naturhaushalts wiederherzustellen. Es ist auf eine etwaige unterschiedliche Wertigkeit der Flächen Rücksicht zu nehmen. Die Ausgleichsfläche kann daher im Verhältnis zur Eingriffsfläche umso kleiner sein je mehr der ökologische Wert der Ausgleichsfläche den Wert der von dem Eingriff betroffenen Fläche übersteigt (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, BNatSchG, § 15 Rn. 19; Guckelberger in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 67). Es ist also keine quantitative, sondern eine qualitative Gesamtbilanz zwischen den Beeinträchtigungen durch den Eingriff und ihrer Kompensation durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorzunehmen (vgl. Guckelberger in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 67).

420

Diese qualitative Gesamtbilanz ergibt vorliegend, dass durch die von dem Beklagten zugunsten der Kreuzkröte und anderer Amphibien angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* die beeinträchtigten Funktionen des Amphibienlebensraums in gleichartiger Weise wiederhergestellt und damit die Beeinträchtigungen im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG vollständig ausgeglichen werden. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen greifen nicht durch.

421

Vorab ist klarzustellen, dass entgegen der Auffassung des Klägers die Eingriffsfläche nicht mit 11,5 ha, sondern lediglich mit 10 ha anzusetzen ist. AW. (2016) (vgl. Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) hat - wie bereits oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) dargelegt - den potenziellen Landlebensraum der Kreuzkröte im Eingriffsbereich großzügig abgegrenzt. Er umfasst mit rund 10 ha nahezu den gesamten Bereich der ehemaligen Sandabbaugrube nördlich der Krumlander Straße (vgl. Abbildung 1 und Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Karte 02 der Anlage 3 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017).

422

Die Maßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* stellen - wie bereits oben unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) dargelegt - in ihrer Gesamtheit sicher, dass die beeinträchtigten Funktionen dieses Amphibienlebensraums in gleichartiger Weise wiederhergestellt werden. Dabei verändert sich im Laufe der Jahre neben dem sukzessive verloren gehenden Lebensraum auch die zur Verfügung stehende Ausgleichsfläche. Es ist durch das zeitlich gestaffelte Zusammenwirken der Maßnahmen ACEF2(neu)*, ACEF6*, ACEF7* und ACEF8* jedoch sichergestellt, dass sich in allen Phasen der Vorhabensdurchführung eine Flächenbilanz von Habitatflächen für die Amphibien - insbesondere die Kreuzkröte - von mehr als 1:1 ergibt. Die Qualität der Maßnahmenflächen geht dabei als Äquivalenzfaktor in die Betrachtung ein. Bei den Maßnahmen ACEF2(neu)* und ACEF6* wird ein Äquivalenzfaktor von 2 zugrunde gelegt, bei der Maßnahme ACEF8* ein Faktor von 0,25. Am Ende des Deponiebetriebs (voraussichtlich im Jahr 2036) steht dem Verlust von 10 ha eine Ausgleichsfläche von 16,4 ha mit einem Flächenäquivalent von 13,1 ha gegenüber (vgl. Anlage 2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses; Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Der Auffassung des Klägers, wonach dem Verlust des Kreuzkrötenlebensraums bestenfalls eine Ausgleichsfläche von 6,45 ha gegenüberstehen würde (in der „Stellungnahme zu den Planänderungsanlagen (2017) betreffend die Kreuzkröte“ des Büros für Landschaftsökologie G., Stand: Juni 2018 (vgl. Anlage K4), ist sogar nur von einer anrechenbaren Flächengröße von < 4,00 ha die Rede) und daher von einem Vollausgleich nicht gesprochen werden könne, kann nicht gefolgt werden.

423

Der Kläger rügt, dass die Maßnahme ACEF2(neu)* keinen Ausgleich darstelle, weil die Fläche der vormaligen Sandabgrabung weder aufwertungsfähig noch aufwertungsbedürftig sei. Die Erhaltung eines ökologisch hochwertigen Amphibienlebensraums sei keine Ausgleichsleistung, weil sich damit keine Verbesserung des Zustandes verbinde. Dieser Auffassung kann aus den bereits unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (aa) genannten Gründen nicht gefolgt werden. Die Maßnahmenfläche ACEF2(neu)* wird in einen Zustand versetzt, der sich im Vergleich mit dem früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt.

424

Auch die Kritik des Klägers an der 5,1 ha großen Maßnahmenfläche ACEF6* greift nicht durch. Der Kläger macht geltend, dass die Umsetzbarkeit der Maßnahme auf dem nordwestlich an die geplante Deponie angrenzenden Sandacker auf einer Fläche von rund 4,8 ha ungesichert sei, da Gasleitungen den Bereich querten. Auch die tatsächliche Anlage von Temporärgewässern sei nicht gesichert. Zudem würden Teile der Fläche auf absehbare Zeit mit Dünge- und Spritzmitteln beaufschlagt. Die Randbereiche seien aufgrund der Nähe zu höheren Gehölzen ungeeignet. Auch die geplanten Kies- und Schotterflächen würden von der Kreuzkröte nicht als Lebensraum genutzt. Schließlich grenze die Fläche unmittelbar an eine Störstruktur (Deponiegelände) an. Dieser Kritik des Klägers kann aus den bereits unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (bb) genannten Gründen nicht gefolgt werden. Die Maßnahmenfläche ACEF6* unterliegt danach nicht - bzw. allenfalls in einem geringen Umfang, der sich auf das Ergebnis nicht auswirkt - den vom Kläger behaupteten Einschränkungen. Soweit der Kläger meint, mit Rücksicht auf die genannten Beschränkungen der Funktionalität sei bestenfalls der Kompensationsfaktor 0,75 im Hinblick auf den Teil der Fläche anzusetzen, der speziell für Amphibien optimiert werden solle, so dass höchstens rund 3,6 ha anrechenbar seien, überzeugt dies schon deshalb nicht, weil die Fläche aus den bereits unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (bb) dargelegten Gründen in ihrer Funktionalität nicht eingeschränkt ist. Schließlich bestehen keine Bedenken gegen das Vorgehen des Beklagten, für die Gesamtfläche der Maßnahme ACEF6* einen Kompensationsfaktor von 2 in Ansatz zu bringen. Unter Ziffer 4.1.1 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) wird der Äquivalenzfaktor von 2 für die Habitateignung der Maßnahmenfläche gegenüber der Eingriffsfläche damit begründet, dass für die Kreuzkröte optimal gestaltete, gepflegte und kontrollierte Land- und Gewässerlebensräume hergestellt würden, die eine deutlich höhere Habitatqualität aufwiesen, als die „natürlicherweise“ innerhalb der ehemaligen Sandabbaugrube nördlich der Krumlander Straße vorhandenen Lebensräume. Diese Bewertung ist unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht zu beanstanden. Der Äquivalenzfaktor 2 rechtfertigt sich insbesondere dadurch, dass durch die Maßnahme ACEF6* eventuelle Mortalitätsrisiken der Amphibien, insbesondere der Kreuzkröte, gesenkt werden, die derzeit auf der Eingriffsfläche bestehen. Neben der Optimierung der Anzahl der Sommer- und Winterquartiere und der Anlage von Temporärgewässern kommt es insbesondere zu einer Kontrolle der Wasserführung in den Laichgewässern und zu einer bedarfsweisen Zuwässerung der im Normalfall während der Laichzeit häufig trockenfallenden Kleingewässer zur Aufrechterhaltung einer dauerhaften Wasserführung von mindestens sechs bis acht Wochen während der Laichzeit der Kreuzkröte von April bis August.

425

Schließlich vermag auch die Kritik des Klägers an der Maßnahmenfläche ACEF8* nicht zu überzeugen. Soweit der Kläger meint, dass die Hinzurechnung der Maßnahmenfläche ausgeschlossen sei, weil die Maßnahmen nach der Nebenbestimmung unter Ziffer 1.3.2.4 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses unter bestimmten Bedingungen zurückzubauen und daher nicht dauerhaft gesichert seien, kann der Senat dem aus den bereits unter B. II. 2. b) bb) (3) (a) (dd) aufgeführten Gründen nicht folgen. Die vom Kläger behauptete „eindeutig mindere ökologische Qualität“ der Ausgleichsfläche im Vergleich zur Eingriffsfläche hat Ausdruck in dem zugrunde gelegten Kompensationsfaktor von lediglich 0,25 gefunden. Der Beklagte hat berücksichtigt, dass im Bereich der randlichen Deponieböschungen eine Gehölzpflanzung vorgesehen ist und dass die Deponieoberfläche nicht aus grabbarem Substrat besteht. Es wird daher vorsichtig von einer Habitateignung für die Kreuzkröte von lediglich 25 % gegenüber den Eingriffsflächen ausgegangen. Entsprechend wird bei der Flächenbilanz ein Äquivalenzfaktor von 0,25 angesetzt (vgl. Ziffer 4.1.1 und Tabelle 9 des überarbeiteten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 03. August 2017 = Anlage 1 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017; Ziffer 4.2.2.4 des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017). Diese Bewertung ist unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht zu beanstanden.

(2)

426

Entgegen der Auffassung des Klägers verdient Maßnahme E-Abbau 1.9 Anerkennung als Ersatzmaßnahme im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG.

427

Bei der aus neun Teilflächen bestehenden Ersatzaufforstungsmaßnahme E-Abbau 1 handelt es sich um eine Kompensationsmaßnahme zur Realisierung der Rekultivierungs-/Kompensationsverpflichtung (Ersatzaufforstung) aus den Sandabbaugenehmigungen des Landkreises Oldenburg vom 22. August 2001 und 11. November 2005 (vgl. Ziffer 5.2 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 08. Juli 2013 = Anlage 26a der Planunterlagen vom Juli 2013). Ausweislich des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses wird die Ersatzaufforstungsmaßnahme E-Abbau 1.9 zugunsten der Erweiterung des Kreuzkrötenhabitats (Sandacker) auf eine mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Oldenburg abgestimmte Fläche aus dem Kompensationspool der Forstbetriebsgemeinschaft verlagert. Der Vertrag für die mit dem Landkreis Oldenburg abgestimmte Fläche von 12.500 m² aus dem Kompensationspool der BJ. zur Umsetzung der externen Ersatzaufforstung E-Abbau 1.9 ist dem Beklagten nach Bestandskraft des Beschlusses, aber vor Baubeginn vorzulegen (vgl. Ziffer 1.2.2 und Ziffer 1.3.3.9 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Die Ersatzaufforstungsfläche E-Abbau 1.9 ist dem Landkreis Oldenburg mit Schreiben des Beklagten vom 19. September 2017 benannt und zur Prüfung der Eignung vorgelegt worden (vgl. Blatt 228 der Beiakte 031). Ausweislich des beigefügten Schreibens der BK. vom 24. August 2017 bestätigt diese, eine geeignete Aufforstungsfläche vermitteln zu können. Es handele sich um das Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung J. mit einer Größe von 11.000 m² (Eigentümer: AI.) und um das Flurstück K. der Flur L. in der Gemarkung M. mit einer Größe von 1.500 m² (Eigentümer: AJ.). Die Umsetzung der Ersatzmaßnahme sei mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt (vgl. Blatt 231 der Beiakte 031). Der Landkreis Oldenburg hat dem Beklagten mit Schreiben vom 29. September 2017 mitgeteilt, dass seine Prüfung ergeben habe, dass die von der BK. zur Verfügung gestellten Flächen aus Sicht der Unteren Waldbehörde und der Unteren Naturschutzbehörde als Ersatzaufforstungsflächen geeignet seien (vgl. Blatt 238 der Beiakte 031). Mit dem - in der mündlichen Verhandlung vorgelegten - Schreiben der BK. vom 24. Juli 2018 hat diese erneut bestätigt, dass die beiden Flächen für Kompensationsmaßnahmen (Ersatzaufforstung) verbindlich reserviert seien. Über Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern sei die Nutzung als Kompensationsfläche vereinbart.

428

Der Kläger rügt, dass das Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung J. für eine Aufforstung ungeeignet sei. Die Fläche grenze direkt an die Autobahn an und befinde sich südlich einer Tierhaltungsanlage (vermutlich Hähnchenmast), die nicht über eine Abluftreinigungsanlage verfüge. Das Ersatzgrundstück werde daher durch den Straßenverkehr und die Emissionen aus der Tierhaltung in hohem Maße mit Stickstoff beaufschlagt. Da Wälder gerade gegenüber Stickstoffeinträgen besonders empfindlich seien, könne eine Ersatzaufforstung auf einer in hohem Maße stickstoffbelasteten Fläche nicht als Ersatzleistung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG gewertet werden, weil dort kein gesunder und stabiler Waldbestand etabliert werden könne.

429

Dieses Vorbringen des Klägers stellt die Geeignetheit des Flurstücks H. der Flur I. der Gemarkung J. für die Aufforstung nicht substantiiert in Frage. Der Beklagte hat die Untere Waldbehörde und die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Oldenburg beteiligt, die eine Eignung der Ersatzaufforstungsflächen bestätigt haben. Unter Beachtung seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative hat auch der Beklagte das Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung J. als geeignet für die Aufforstungsmaßnahme eingestuft. Die Flächen stellen sich nach seiner - für den Senat nachvollziehbaren - naturschutzfachlichen Bewertung als aufwertungsfähig und auch aufwertungsbedürftig dar; sie können gemessen an den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in einen höherwertigen Zustand versetzt werden. Diese naturschutzfachliche Einschätzung hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Der Umstand, dass das Grundstück durch den Straßenverkehr mit Stickstoff beaufschlagt wird, stellt die Entwicklung eines gesunden und stabilen Waldbestandes nicht prinzipiell in Frage. Ausweislich des von dem Kläger selbst zitierten „Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz vom 01. März 2012 ist die Frage der Stickstoffdepositionen und ihrer Folgen speziell in Waldökosystemen komplex. Untersuchungen zeigten, dass das Baumwachstum insgesamt durch Stickstoffdeposition zwar eher gefördert als beeinträchtigt werde, dass die Gesamtvitalität der Bäume jedoch häufig eingeschränkt sei. Ein direkter Zusammenhang mit der Stickstoffdeposition werde vermutet, sei aber mit den vorhandenen Datensätzen nicht ohne weiteres nachweisbar (vgl. Seite 20 ff. des Leitfadens). Schädliche Effekte sind jedenfalls erst dann zu erwarten, wenn im Hinblick auf einzelne Vegetationstypen bestimmte Critical Loads überschritten werden. Critical Loads sollen dabei naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung eine Luftschadstoffdeposition auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte erwarten lässt (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris, m. w. N.). Dass es vorliegend zu solchen kritischen Stickstoffeinträgen durch den Straßenverkehr kommt, legt der Kläger nicht ansatzweise dar. Herr BC. vom NLWKN hat in der mündlichen Verhandlung dazu ausgeführt, dass der Standort geeignet sei, da der zu entwickelnde feuchte Eichen-Hainbuchenwald wenig stickstoffempfindlich sei. Herr BD. von der Firma BE. hat dies dahingehend ergänzt, dass der feuchte Eichen-Hainbuchenwald einen Critical Load im oberen Bereich aufweise. Im Übrigen sei der Critical Load vor allem für FFH-Lebensraumtypen relevant. Die Ersatzaufforstung habe jedoch einen forstrechtlichen Hintergrund, unter anderem mit Bezug auf die Immissionsschutzfunktion. Es seien insoweit keine erhöhten Anforderungen an die Biotopfunktion zu stellen. Der Wald werde sich „auf jeden Fall“ entwickeln. Nichts anderes gilt letztlich für die geltend gemachten Tierhaltungsemissionen. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Tierhaltungsanlage nicht über eine Abluftreinigungsanlage verfügt, was zweifelhaft ist, wären jedenfalls die Anforderungen und Grenzwerte des Bundes-Immissionsschutzgesetzes einzuhalten. Mit besonders hohen und für den Wald kritischen Stickstoffeinträgen auf das Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung J. kann vor diesem Hintergrund nicht gerechnet werden. Dies gilt umso mehr, als sich ausweislich der Liegenschaftskarte mit Ortophoto des Landesamts für Geoinformation und Landvermessung Niedersachsen (LGLN) (vgl. Blatt 234 der Beiakte 031) südlich der Tierhaltungsanlage bereits ein Waldstück befindet, welches die Tierhaltungsanlage von dem Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung J. trennt und damit für die Stickstoffemissionen eine natürliche Barriere bildet.

430

Der Kläger macht des Weiteren geltend, dass sowohl das Flurstück H. der Flur I. der Gemarkung J. als auch das Flurstück K. der Flur L. in der Gemarkung M. nicht in der von § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG vorausgesetzten Weise rechtlich gesichert worden seien, obwohl sie im Eigentum Dritter stünden. Nach den Nebenbestimmungen des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses sei nach Bestandskraft des Beschlusses, aber vor Baubeginn lediglich ein Vertrag mit der Forstbetriebsgemeinschaft vorzulegen. Es sei nicht erkennbar, ob die Forstbetriebsgemeinschaft überhaupt einen hinreichend gesicherten Zugriff auf die Fläche habe. Davon abgesehen könne es mit einer derartigen schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Vorhabenträger und der Forstbetriebsgemeinschaft sein Bewenden nicht haben. Es bedürfe einer dinglichen Sicherung.

431

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Kläger der Maßnahme E-Abbau 1.9 die Anerkennung nicht abzusprechen. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG sind Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Durch die Sicherungspflicht wird gewährleistet, dass bei der Realisierung des Eingriffs die zur Kompensation seiner Beeinträchtigung erforderlichen Kompensationsmaßnahmen auch in die Tat umgesetzt werden können und für den entsprechenden Zeitraum andauern. Die naturschutzrechtliche Zweckbestimmung der Grundstücke muss sich gegebenenfalls auch gegenüber künftigen Eigentümern bzw. Besitzern durchsetzen. Die Sicherung muss durch entsprechende rechtliche Vorkehrungen geschehen. Das Gesetz selbst macht dazu indes keine weiteren Angaben. In Betracht kommen sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Sicherungsmaßnahmen (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris; Guckelberger in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 86). Der Abschluss von (Pacht-)Verträgen ist als hinreichendes rechtliches Sicherungsmittel anzuerkennen, wenn eine vertragliche Vereinbarung ausreichend erscheint, um eine ausreichende Sicherung zu erreichen (vgl. BT-Drucksache 16/12274, S. 58; Guckelberger in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 86; dahingehend wohl auch: BVerwG, Urteil vom 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, juris; a. A. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, BNatSchG, § 15 Rn. 37). Ziffer 1.3.3.9 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses verlangt in diesem Sinne, dass der Vertrag für die mit dem Landkreis Oldenburg abgestimmte Fläche von 12.500 m² aus dem Kompensationspool der BJ. zur Umsetzung der externen Ersatzaufforstung E-Abbau 1.9 dem Beklagten nach Bestandskraft des Beschlusses, aber vor Baubeginn vorzulegen ist. Unabhängig davon, dass vorliegend eine solche vertragliche Vereinbarung ausreichend erscheint, um eine Sicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG zu erreichen, geht der Planfeststellungsbeschluss darüber hinaus und verlangt - im Sinne des Klägers - eine dingliche Sicherung. Nach Ziffer 1.5.4.1.4 des Planfeststellungsbeschlusses erfordern die dauerhaften externen Kompensationsmaßnahmen und die dauerhaften vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen eine dingliche Sicherung über einen Eintrag in das Grundbuch. Diese Flächen sind der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Oldenburg für das Kompensationsverzeichnis nach § 17 Abs. 6 BNatSchG als GIS-Shape-Datei (UTM) mit einer Bestimmung des Zielbiotops bis zum 31. Dezember des Jahres der Wirksamkeit der Planfeststellung nachzuweisen. Diese dingliche Sicherung muss jedoch bei der Planaufstellung noch nicht vorliegen (vgl. Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 58). Es ist letztlich Sache der Beigeladenen, die rechtliche Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG zu gewährleisten und darzutun. Würde der Beigeladenen der Nachweis der rechtlichen Verfügbarkeit nicht gelingen, so könnte mit dem Bau der Deponie nicht begonnen werden. Folge wäre jedoch nicht, dass die Kompensationsmaßnahme entfiele oder das Vorhaben zunächst ohne sie verwirklicht werden könnte (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris). Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, Ziffer 1.5.4.1.4 des Planfeststellungsbeschlusses beziehe sich nur auf jene Kompensationsmaßnahmen, die bereits vom ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss umfasst gewesen seien, nicht jedoch auf die neuen, mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss festgesetzten Kompensationsmaßnahmen, kann dem nicht gefolgt werden. Wie bereits dargelegt, bildet der Änderungsplanfeststellungsbeschluss zusammen mit den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses eine einheitliche Planfeststellungsentscheidung. Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss lässt den Planfeststellungsbeschluss unberührt, soweit nicht von diesem abweichende Festsetzungen getroffen werden (vgl. Seite 15 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Die Nebenbestimmung unter Ziffer 1.5.4.1.4 des Planfeststellungsbeschlusses erstreckt sich damit auch auf die erst in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss festgesetzten Kompensationsmaßnahmen. Soweit unter Ziffer 1.3.3.8 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ausdrücklich auf die Nebenbestimmungen unter Ziffern 1.5.4.2 und 1.5.4.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen wird, handelt es sich lediglich um eine - grundsätzlich nicht erforderliche - Klarstellung. Der Verweis bedeutet nicht, dass sich alle anderen Nebenbestimmungen des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses, auf die in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht verwiesen wird, lediglich auf den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss beziehen. Denn dieser existiert nur noch als einheitliche Planfeststellungsentscheidung mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss.

(3)

432

Der Kläger beanstandet weiter, dass die Ersatzmaßnahmen E-Abbau 1, die der Erfüllung der Auflagen der ehemaligen Sandabbaugenehmigung des Landkreises Oldenburg dienten, zugleich als Kompensationsleistung für die deponiebedingte Inanspruchnahme von Biotopen im Bereich der Abbaugrube und den allein hierdurch bedingten Versiegelungen des Bodens gewertet würden.

433

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Ersatzmaßnahmen E-Abbau 1 dienen ausweislich der planfestgestellten Unterlagen ausschließlich der Kompensation der Konflikte K-Abbau 1 „Inanspruchnahme von Böden durch Abbau“ und K-Abbau 2 „Inanspruchnahme von Laubwald-Jungbestand und Feldhecke“. Es handelt sich dabei um mit der Realisierung des Bodenabbaus verbundene Konflikte. Um eine Unterscheidung zu den Konflikten der Mineralstoffdeponie zu gewährleisten, sind die mit dem Bodenabbau verbundenen Beeinträchtigungen mit „K-Abbau“ gekennzeichnet (vgl. Ziffer 4.7.2 und Ziffer 5.2 2 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 08. Juli 2013 = Anlage 26a der Planunterlagen vom Juli 2013). Nach der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung sowohl des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 08. Juli 2013 (vgl. Anlage 26a der Planunterlagen vom Juli 2013) als auch des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 (vgl. Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31. Juli 2017) wird die Maßnahme E-Abbau 1 ausschließlich den Konflikten K-Abbau 1 und K-Abbau 2 gegenübergestellt. Bei der Maßnahme E-Abbau 1 handelt es sich damit um eine Kompensationsmaßnahme, die allein der Realisierung der Rekultivierungs-/Kompensationsverpflichtung (Ersatzaufforstung) aus den Sandabbaugenehmigungen des Landkreises Oldenburg vom 22. August 2001 und 11. November 2005 dient. Sie dient - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht zugleich als Kompensationsleistung für deponiebedingte Konflikte, wie etwa die Inanspruchnahme von Biotopen und die Versiegelung des Bodens.

434

Unabhängig davon ist festzuhalten, dass ein Eingriff auf einer Fläche in der Regel mehrere Werte und Funktionen betrifft. Demgemäß ist es fachlich zulässig und auch üblich, mehrere Werte und Funktionen auf einer Fläche gebündelt zu kompensieren (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris).

(4)

435

Schließlich rügt der Kläger noch, dass manchen Auswirkungen des Vorhabens keine Kompensationsleistungen gegenüberstehen würden, obwohl ihnen im Rahmen der UVP eine Erheblichkeit attestiert worden sei. Dies gelte beispielsweise für die Inanspruchnahme von Ruderalfluren.

436

Auch diesem Vorbringen des Klägers kann nicht gefolgt werden. Die Inanspruchnahme von Ruderalfluren der Wertstufe III auf einer Fläche von 10.858 m² wird in den planfestgestellten Unterlagen als Konflikt K 1.2 (mod.) beschrieben (vgl. Ziffer 3.1 und Tabelle 3-2 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26a der Planunterlagen). Dieser Konflikt wird durch die Maßnahme A 6 (mod.) „Entwicklung halbruderaler Gras- und Staudenfluren auf dem Deponiekörper“ ausgeglichen. Es verbleiben keine Beeinträchtigungen (vgl. Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans vom 03. August 2017 = Anlage 2 der Planänderungsunterlagen vom 31.  Juli 2017; Ziffer 4.1.2.3 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 23. Oktober 2014 = Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26a der Planunterlagen; Ziffer 5.1.2.2.5 und Tabelle B-16 des landschaftspflegerischen Begleitplans vom 08. Juli 2013 = Anlage 26a der Planunterlagen vom Juli 2013).

d)

437

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses genügt dem Gebot, die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen („Abwägungsgebot“).

438

Das Abwägungsgebot trägt für den Bereich der Planentscheidungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, dessen Einhaltung daneben keiner eigenen Prüfung mehr bedarf. Es ist unmittelbar verfassungsrechtlich gesichert und tritt ergänzend neben das einfache (Fach-) Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, juris). Es ist somit unschädlich, dass die §§ 35, 36 KrWG die Geltung des Abwägungsgebots nicht ausdrücklich anordnen (Mann in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Auflage, § 36 Rn. 60). Seine Beachtung wird im Übrigen in § 75 Abs. 1a VwVfG, welcher durch die Verweisung in § 38 Abs. 1 Satz 1 KrWG Anwendung findet, vorausgesetzt. Inhaltlich verlangt das Abwägungsgebot, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris). Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind gemäß § 75 Abs. 1a VwVfG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt.

aa)

439

Wesentlicher Bestandteil der Abwägung im abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahren ist die Alternativenprüfung, die vorliegend nicht zu beanstanden ist.

440

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richten sich die Anforderungen des Abwägungsgebots im Fachplanungsrecht auch und gerade an das Berücksichtigen von planerischen Alternativen. Ernsthaft sich anbietende Alternativlösungen müssen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials berücksichtigt werden und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange Eingang finden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris). Zu diesen in das Verfahren einzubeziehenden und zu untersuchenden Alternativen gehören neben den von Amts wegen ermittelten auch solche, die von dritter Seite im Laufe des Verfahrens vorgeschlagen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris, m. w. N.). Dabei ist die Variantenwahl als Abwägungsentscheidung gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.06.2009 - 9 VR 1.09 -, juris). Eine Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Varianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Lösung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Alternativen, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris; BVerwG, Urteil vom 26.10.2005 - 9 A 33.04 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Das Erfordernis einer Alternativenprüfung gilt auch für den Bereich der Planung von Deponievorhaben. Für eine Einschränkung des Prüfprogramms gibt das einschlägige Fachrecht (§§ 35 ff. KrWG i. V. m. §§ 72 ff. VwVfG) nichts her (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris).

441

Einem - wie hier - privaten Vorhabenträger mit nur beschränkt zur Verfügung stehenden Flächenangeboten kann jedoch keine unbegrenzte Standortsuche abverlangt werden (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Tatsache, dass eine geplante Abfallentsorgungsanlage nur unter Inanspruchnahme von Grundstücken, die dem Träger des Vorhabens nicht gehören, errichtet werden kann, ein bestimmender Faktor für die von der Planfeststellungsbehörde vorzunehmende Einzelfallprüfung. Bei dem Prüfschritt der Einhaltung des Abwägungsgebotes stellt sich die entscheidende Frage, ob die mit dem Vorhaben verfolgten Gemeinwohlinteressen so gewichtig sind, dass der Träger des Vorhabens auf das konkret betroffene fremde Eigentum soll zugreifen dürfen, anstatt die Anlage auf eigenem oder freihändig zu erwerbenden Grund und Boden zu verwirklichen. Das hängt zum einen davon ab, wie gewichtig die durch das Vorhaben zu erfüllende Aufgabe der umweltgerechten Abfallentsorgung ist, ein Gesichtspunkt, der besonders bei privaten Trägern sorgfältiger Prüfung bedarf. Zum anderen ist von Bedeutung, ob und gegebenenfalls welche fachbezogenen Gründe gerade für den gewählten Standort im Unterschied zu in Betracht kommenden Alternativstandorten sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.03.1990 - 7 C 21.89 -, juris). Nach diesen Maßstäben unterliegt es keinen Zweifeln, dass der Umstand, dass ein privater Vorhabenträger über die Deponieflächen frei verfügen und somit das Eigentum Dritter (weitgehend) geschont werden kann, als Belang mit einigem Gewicht zu seinen Gunsten in die Abwägung eingestellt werden darf. Allerdings stellt die fehlende Flächenverfügbarkeit an anderen Standorten nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht per se ein unüberwindbares Zulassungshindernis dar, so dass es mit diesem Argument nicht gerechtfertigt werden kann, Standortalternativen von vornherein nicht in Erwägung zu ziehen (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris).

442

Dies vorausgeschickt, ist die von dem Beklagten durchgeführte Alternativenprüfung nicht zu beanstanden. Im Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 22. Dezember 2015 werden auf Seite 83 ff. die Gründe benannt, aus denen keine ernsthaften Alternativstandorte in Betracht kommen. Alternative Standorte für eine Deponie sind dabei lediglich insoweit in den Blick genommen worden, als sie insbesondere aufgrund ihrer Nähe zum Entstehungsort der zu entsorgenden Abfälle noch geeignet sind, das Planungsvorhaben sachgerecht zu verwirklichen. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses zeige sich keine taugliche Alternative im Vergleich mit weiteren Vorhaben zur Errichtung von Deponien der Klasse I, die sich derzeit ebenfalls in der Planungsphase befinden. Dies betreffe zum einen die Errichtung einer Deponie der Klasse I in Driftsethe in der Samtgemeinde Hagen im Landkreis Cuxhaven und zum anderen das Vorhaben zur Errichtung einer Deponie der Klasse I in Haaßel in der Samtgemeinde Selsingen im Landkreis Rotenburg (Wümme). Diese Vorhaben könnten das Ziel der Verbesserung des Angebots von Ablagerungskapazitäten der Deponieklasse I für den Nordwesten Niedersachsens nicht erreichen. Die Antragstellerin, d. h. die Beigeladene, habe anhand der Bodenkundlichen Standortkarte zusätzlich geprüft, ob im Bereich des geplanten Entsorgungsgebiets weitere Standorte für die geplante Mineralstoffdeponie in Betracht kommen. Ausweislich der durchgeführten Betrachtung kämen aus fachlicher Sicht, insbesondere wegen der Beschaffenheit des Untergrundes in Gestalt einer geologischen Barriere, Flächen in den Landkreisen Friesland (Neuenburg, Bockhorn) oder Wittmund als Standorte für eine Mineralstoffdeponie in Betracht. Kleinräumig fänden sich im geplanten Entsorgungsgebiet weitere potentielle Standorte. Alle Standorte stellten für die Antragstellerin, d. h. die Beigeladene, jedoch keine Alternative dar, da sie unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlich und ökologisch vertretbarer Transportwege für die AB. GmbH die schlechtere Lösung darstellten würden. Auch besitze die Antragstellerin in keinem dieser Bereiche entsprechende Flächen. Es komme hinzu, dass sich der Vorteil eines natürlichen Vorkommens von Ton oder Lehm als geologische Barriere dadurch relativiere, dass entsprechende Sicherungen gemäß der Deponieverordnung ausdrücklich auch durch technische Maßnahmen hergestellt werden könnten und die Deponieverordnung als abschließender fachrechtlicher Beurteilungsmaßstab von der Gleichwertigkeit der Maßnahmen ausgehe. Der von der Antragstellerin ausgewählte Standort sei dadurch gekennzeichnet, dass er eine günstige Lage insbesondere in angemessener Nähe zu der Anlage der AB. GmbH in AC. aufweise, dass seiner Nutzung als Deponiestandort keinerlei zivilrechtliche Hindernisse entgegenstünden und dass die ohnehin gebotene Verfüllung eines Bodenabbaus mit einem zusätzlichen Nutzen verbunden werden könne. Gemessen an diesen Vorteilen gebe es keinen Standort, der sich als Alternative anbiete.

443

Der Kläger moniert an dieser Begründung, dass dem Beklagten die von ihm vorgenommene Alternativenprüfung schon wegen der lückenhaften und unvollständigen Zusammenstellung des insoweit maßgeblichen Abwägungsmaterials nicht gelungen sei. Es könne dahinstehen, ob nicht sogar eine flächendeckende Standortsuche erforderlich gewesen wäre. Zumindest aber hätten sämtliche räumliche Alternativen in die vergleichende Betrachtung einbezogen werden müssen, die sich im Hinblick auf die konkret in Rede stehende Entsorgungsaufgabe ernsthaft anböten. Dies betreffe nicht allein die vom Beklagten behandelten Standorte in Driftsethe, Haaßel und den Landkreisen Friesland und Wittmund, sondern jedenfalls auch die in den Landkreisen Oldenburg und Diepholz befindlichen Alternativstandorte, die im Auftrag der Beigeladenen näher betrachtet und in dem Anhang zur Ergänzungsunterlage zu Anlage 26b im Einzelnen aufgeführt seien. Es handele sich dabei um sieben verschiedene Standorte, die nach Einschätzung der Beigeladenen für die Deponierung der in Rede stehenden Abfallarten geeignet seien und sich dem Beklagten daher als ernst zu nehmende Alternativen hätten aufdrängen müssen. Die Nichtberücksichtigung dieser Alternativstandorte erweise sich als ein erheblicher Mangel des Abwägungsvorgangs. Der Beklagte stelle bei seiner Alternativenprüfung entscheidend auf die Transportentfernung und die Eignung der Standorte zur Verbesserung der Ablagerungskapazitäten der Deponieklasse I für den Nordwesten Niedersachsens ab. Da die zumeist im Landkreis Oldenburg gelegenen Alternativstandorte, die in der besagten Ergänzungsunterlage aufgeführt seien, beiden Aspekten genügten, bestehe die konkrete Möglichkeit, dass der Beklagte bei Vermeidung des ihm unterlaufenen Fehlers anderweitig entschieden und von der Zulassung einer Deponie abgesehen hätte, die nicht einmal über eine natürliche geologische Barriere verfüge.

444

Die Kritik des Klägers ist nicht berechtigt. Die von dem Beklagten durchgeführte Alternativenprüfung ist nicht zu beanstanden. Es liegt kein Ermittlungsdefizit bei der Zusammenstellung des maßgeblichen Abwägungsmaterials und auch kein Mangel im Abwägungsvorgang vor, der offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (§ 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG). Der Beklagte nimmt im Rahmen der im Planfeststellungsbeschluss dokumentierten Alternativenprüfung in zulässiger Weise Bezug auf die von der Beigeladenen durchgeführte und aus seiner, des Beklagten, Sicht nachvollziehbare Prüfung, ob im Bereich des geplanten Entsorgungsgebiets weitere Standorte für die geplante Mineralstoffdeponie in Betracht kommen („Die Antragstellerin hat … geprüft, ob im Bereich des geplanten Entsorgungsgebiets weitere Standorte für die geplante Mineralstoffdeponie in Betracht kommen. Ausweislich der durchgeführten Betrachtung …“). Die damit in Bezug genommenen Prüfungen der Beigeladenen finden sich unter Ziffer 4.3 des Erläuterungsberichts vom Juli 2013 und unter Ziffer 4 des Anhangs zur Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen wieder. Diese Unterlagen sind von dem Beklagten planfestgestellt worden (vgl. Anlage 1 des Planfeststellungsbeschlusses) und waren damit auch Gegenstand seiner (Abwägungs-)Entscheidung.

445

In dem Anhang zur Ergänzungsunterlage zu Anlage 26b, auf die der Kläger verweist, werden nach einer Eingrenzung des Suchraums und der Festlegung der Ausschlusskriterien und Auswahlgründe mögliche Alternativstandorte ermittelt und sodann sieben Alternativstandorte in den Landkreisen Oldenburg und Diepholz eingehend hinsichtlich der Qualifizierung der standörtlichen Eignung untersucht. Die Bewertung kommt - zusammenfassend - zu dem Ergebnis, dass jeder der sieben Alternativstandorte im Vergleich zum Standort Haschenbrok durch spezifische Merkmale gekennzeichnet sei, die einer Realisierung des Vorhabens entgegenstünden. So sei bei jeder der Standortvarianten der Bau und Betrieb einer Mineralstoffdeponie damit verbunden, dass die erforderlichen Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Das angestrebte Ablagerungsvolumen würde auf den Alternativflächen einen Deponiekörper mit einer Endhöhe von 40,5 m erzeugen, der weithin sichtbar sei und die Geländetopographie landschaftsfremd überforme. Der durch den Sandabbau am Standort Haschenbrok bereits vollzogene Eingriff relativiere die Auswirkungen auf die Schutzgüter des Naturhaushaltes und das Landschaftsbild. Der Standort Haschenbrok zeichne sich gegenüber allen Standortalternativen auch durch seine infrastrukturelle Lagegunst aus. Nur der Standort Haschenbrok biete eine Verbindung nahezu ausschließlich über Landesstraßen zum Unternehmensstandort von AB. in AC. (vgl. Ziffer 4.4.1.5 des Anhangs zur Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen). Das artenschutzrechtliche Beeinträchtigungspotential sei an allen Alternativstandorten eher höher, keinesfalls jedoch geringer als am Standort Haschenbrok einzuschätzen. Auch in Bezug auf die Belange des Landschaftsbildes falle der Vergleich deutlich zu Ungunsten der Alternativstandorte aus (vgl. Ziffer 4.4.2.9 des Anhangs zur Ergänzungsunterlage vom 03. November 2014 zu Anlage 26b der Planunterlagen).

446

Auf diese Untersuchung der Alternativstandorte in den Landkreisen Oldenburg und Diepholz nimmt der Beklagte im Rahmen seiner Alternativenprüfung Bezug, wenn er insbesondere darauf hinweist, dass sich kleinräumig im geplanten Entsorgungsgebiet weitere potentielle Standorte befänden, alle Standorte für die Beigeladene jedoch keine Alternative darstellten. Neben dem - auch vom Kläger thematisierten, jedoch nicht allein entscheidenden - Aspekt der Transportwege stellt der Beklagte im Rahmen seiner Abwägung darauf ab, dass die Beigeladene in keinem dieser Bereiche entsprechende Flächen besitze, während der Nutzung des ausgewählten Standorts als Deponiestandort keinerlei zivilrechtliche Hindernisse entgegenstünden. Wie bereits dargelegt, darf der Umstand, dass ein privater Vorhabenträger über die Deponieflächen frei verfügen und somit das Eigentum Dritter (weitgehend) geschont werden kann, als Belang mit einigem Gewicht zu seinen Gunsten in die Abwägung eingestellt werden (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris). Zudem berücksichtigt der Beklagte im Rahmen der Abwägung zugunsten des ausgewählten Standorts, dass beim Standort Haschenbrok die ohnehin gebotene Verfüllung eines Bodenabbaus mit einem zusätzlichen Nutzen verbunden werden könne. Auch dies stellt im Rahmen der Abwägung einen Belang von einigem Gewicht dar. Schließlich weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass sich der bei den Alternativstandorten gegebene Vorteil einer natürlichen geologischen Barriere dadurch relativere, dass entsprechende Sicherungen gemäß Ziffer 1.2 Nr. 4 des Anhangs 1 DepV auch durch technische Maßnahmen hergestellt werden könnten und die Deponieverordnung insoweit von einer Gleichwertigkeit der Maßnahmen ausgehe. Mängel in dem Abwägungsvorgang des Beklagten sind nicht zu erkennen.

447

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung zudem die Auffassung vertreten hat, im Rahmen des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses hätte aufgrund der erfolgten Änderungen eine erneute Alternativenprüfung durchgeführt werden müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Die geplante Deponie bleibt in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss hinsichtlich ihrer Zweckbestimmung, Lage und Kapazität unberührt. Die Planänderung umfasst lediglich zusätzliche und erweiterte Maßnahmen zur Gewährleistung des Natur- und insbesondere des Artenschutzes. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass damit im Ergebnis mehr für die Natur geleistet werde als vorher. Eine erneute Alternativenprüfung ist vor diesem Hintergrund nicht geboten.

bb)

448

Mit seiner Kritik, der Beklagte habe bei der Beurteilung der Standorteignung abwägungsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass sich der Standort der geplanten Deponie im Erdgasfeld Hengstlage und damit in einem Raum befinde, in dem der Erdgasgewinnung bereits verschiedentlich zu leichten Erdbeben geführt habe, die sich auf die Basisabdichtung der Deponie schädigend auswirken und dazu führen könnten, dass das knapp unterhalb der Deponiebasis anstehende Grundwasser durch schadstoffbelastetes Sickerwasser kontaminiert werde, dringt der Kläger nicht durch. Die Beanstandung führt nicht auf einen Rechtsfehler, namentlich einen Abwägungsmangel des Planfeststellungsbeschlusses.

449

Der Senat lässt auch an dieser Stelle dahinstehen, ob sich der Kläger überhaupt auf eine - angeblich - abwägungsfehlerhafte Nichtberücksichtigung der von ihm geschilderten Erdbebengefahr und der daraus angeblich folgenden Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers durch schadstoffbelastetes Sickerwasser berufen könnte oder ob seine diesbezügliche Einwendung gemäß § 5 UmwRG wegen missbräuchlichen oder unredlichen Verhaltens unberücksichtigt bleiben müsste (vgl. dazu bereits unter B. I. 2. b) bb) (1) (b) im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung).

450

Das Vorbringen des Klägers führt jedenfalls nicht auf einen beachtlichen Abwägungsmangel. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass der Beklagte die von ihm geschilderte Erdbebengefahr und die daraus angeblich folgende Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers durch schadstoffbelastetes Sickerwasser im Rahmen der Abwägung nicht berücksichtigt hat. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden. In die Abwägung einzustellen sind lediglich die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte. Dies sind die mehr als nur geringfügig betroffenen schutzwürdigen privaten und öffentlichen Interessen und Belange, d. h. solche, bei denen eine Betroffenheit weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen auszuschließen ist (vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 42 Rn. 91, m. w. N.; § 114 Rn. 35, m. w. N.; Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Auflage 2018, § 114 Rn. 25 ff.). Die vom Kläger befürchteten erdbebenbedingten Gefahren für die Deponiebasisabdichtung können vorliegend mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden und waren daher nicht in die Abwägung einzustellen. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug auf seine diesbezüglichen Ausführungen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung unter B. I. 2. b) bb) (1) (b). Aus der dort genannten Stellungnahme der ZUS AGG vom 21. März 2016 (vgl. Blatt 205 der Beiakte 029), in die die vom Kläger genannte Stellungnahme des LBEG vom 15. März 2018 (vgl. Blatt 209 der Beiakte 029) integriert worden ist, ergibt sich eindeutig, dass keine erdbebenbedingten Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Deponiebasisabdichtung zu erwarten sind. Es bedurfte daher entgegen der Auffassung des Klägers auch im Änderungsplanfeststellungsbeschluss keiner erneuten Befassung mit der Thematik.

cc)

451

Soweit der Kläger rügt, der Beklagte habe im Änderungsplanfeststellungsbeschluss keine konkreten Vorgaben für die Wiederherstellung des Basisabdichtungssystems erteilt, obwohl die im Bauabschnitt I bereits eingebauten Tonschichten den Einflüssen der Witterung über einen Zeitraum von über 1,5 Jahren ungeschützt ausgesetzt gewesen seien, führt dies ebenfalls nicht auf einen Abwägungsmangel. Die Forderung des Klägers nach zusätzlichen „konkreten Vorgaben“ ist unbegründet.

452

Der Beklagte hat im Änderungsplanfeststellungsbeschluss unter Ziffer 3.2.2 darauf hingewiesen, dass die Anforderungen an die mineralische Dichtung mit dem Qualitätssicherungsplan festgeschrieben seien. Die Einhaltung der fachlichen Anforderungen werde von den ausführenden Unternehmen, der Bauleitung, dem Fremdprüfer und der Überwachungsbehörde überwacht. Es werde auf die Ziffern 1.5.6.6 ff. des Planfeststellungsbeschlusses, dort insbesondere auf Ziffer 1.5.6.8.9 verwiesen.

453

Ziffer 1.5.6.8.9 des Planfeststellungsbeschlusses regelt die Abnahme der Baumaßnahmen. Alle Baumaßnahmen sind von dem Beklagten abnehmen zu lassen. Dieser kann neben der visuellen Überwachung stichprobenartige Prüfungen auch selbst durchführen oder durch eine von ihm in Abstimmung mit der Deponiebetreiberin beauftragte Stelle durchführen lassen. Der Beklagte führt unter Hinzuziehung der jeweiligen Fremdprüfer Teilabnahmen/Abnahmen durch und erteilt auf Grundlage der Prüfergebnisse der Fremdprüfer die Freigaben zum Weiterbau. Die Nebenbestimmung des Planfeststellungsbeschlusses schreibt vor, dass Teilabnahmen der einzelnen Komponenten des Deponieabdichtungssystems (Basisabdichtung und spätere Oberflächenabdichtung) durchzuführen sind. Danach erfolgt die Freigabe zum Weiterbau. Dabei sind insbesondere alle Komponenten abnehmen zu lassen, die anschließend mit weiteren Komponenten überdeckt werden.

454

Diese Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses stellen sicher, dass die Anforderungen an die mineralische Dichtung bzw. an das Basisabdichtungssystem auch vorliegend eingehalten werden, so dass es keiner weiteren „konkreten Vorgaben“ bedarf. Zwar trifft es zu, dass die im Bauabschnitt I bereits eingebauten Tonschichten den Einflüssen der Witterung über einen Zeitraum von über 1,5 Jahren ungeschützt ausgesetzt gewesen sind und dass voraussichtlich ein Schaden an den bis dahin erstellten Teilen der Basisabdichtung entstanden ist. Die genannten Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses sind jedoch ausreichend, um auch in diesem Fall die Wirksamkeit der Basisabdichtung zu gewährleisten. Es handelt sich nicht um einen „gänzlich anderen Bauablauf“, zumal sich der Bau von Deponieabdichtungen häufig über einen längeren Zeitraum hinzieht und es dabei zu unberechenbaren Witterungseinflüssen kommen kann. Bei solchen Vorfällen wird die Entscheidung, inwieweit in der konkreten Situation zurückgebaut werden muss, entsprechend den Vorgaben in dem Planfeststellungsbeschluss von der behördlichen Bauüberwachung - hier dem Beklagten - in Zusammenarbeit mit den Fremdprüfern praxisnah auf der Baustelle getroffen. Diese praxisnahe Vorgehensweise bietet - nach den überzeugenden Ausführungen des Beklagten - auch im vorliegenden Fall ein deutlich höheres Sicherheitsniveau als eine Entscheidung im Genehmigungsverfahren. Vorliegend ist noch keine Teilabnahme der bereits erstellten Basisabdichtung durchgeführt worden. Eine solche Teilabnahme und auch die damit verbundene Freigabe für den Weiterbau wird durch den Beklagten erst dann erteilt werden, wenn keinerlei Hinderungsgründe entgegenstehen, sei es die Ungeeignetheit des verbauten Materials, ein mangelhafter Einbau oder die zwischenzeitliche witterungsbedingte Beschädigung der Dichtungskomponente.

dd)

455

Entgegen dem Vortrag des Klägers lässt sich eine fehlerhafte Abwägung der Belange der Natur, insbesondere des Artenschutzes, nicht feststellen.

456

Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang, dass sich der Beklagte des Gewichts und der Bedeutung des öffentlichen Interesses an der uneingeschränkten Erhaltung des für Brutvögel landesweit bedeutsamen Bereichs nicht bewusst geworden sei, weil er von unzutreffenden Annahmen im Hinblick auf das Arteninventar und die Anzahl der Brutvögel ausgegangen sei. Zudem erkenne der Beklagte dem Vorhabengebiet lediglich eine geringe Bedeutung als Sommerlebensraum und Laichhabitat der Kreuzkröte zu, während die Untersuchungsergebnisse des Jahres 2015 darüber belehrten, dass die vormalige Sandabgrabung der Kreuzkröte einen optimalen Lebensraum biete. Da der Erhaltungszustand dieses Bestandes als gut zu beurteilen sei, bestehe ein besonders gewichtiges öffentliches Interesse daran, das Vorkommen in der vormaligen Sandgrube zu erhalten und zu entwickeln. Die Integritätsinteressen würden nicht berücksichtigt.

457

Dieses Vorbringen führt nicht auf einen beachtlichen Abwägungsmangel. Aus den zuvor gemachten Ausführungen zum besonderen Artenschutzrecht und zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ist erkennbar, dass der Beklagte die artenschutzrechtlichen Belange, insbesondere soweit es die Brutvögel und Amphibien betrifft, sachgerecht abgearbeitet und bewertet hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es im Rahmen der Planänderung zu zusätzlichen Erfassungen der Amphibien und der Avifauna sowie einer Neubewertung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und im landschaftspflegerischen Begleitplan sowie einer Überarbeitung des Maßnahmenkonzepts gekommen ist. Die im Planänderungsverfahren erfolgten zusätzlichen Erfassungen der Amphibien und der Avifauna werden - soweit ersichtlich - von dem Kläger nicht angegriffen. Durch die Planänderung hat sich damit die Kritik des Klägers, die Bedeutung des Untersuchungsraums als Lebensraum für Brutvögel und Amphibien sei falsch bewertet worden, überholt und letztlich erledigt. Die im Rahmen des Planänderungsverfahrens zu Tage getretenen Integritätsinteressen der Brutvögel und Amphibien sind von dem Beklagten gewürdigt worden und haben zu zusätzlichen und erweiterten Maßnahmen zur Gewährleistung des Natur- und insbesondere des Artenschutzes geführt. Vor diesem Hintergrund erweist sich die im Planänderungsverfahren getroffene Einschätzung des Beklagten, die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange seien bei der Planfeststellung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung angemessen berücksichtigt worden (vgl. Ziffer 2.2.4 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses), als abwägungsfehlerfrei.

III.

458

Das mit dem zweiten Hilfsantrag geltend gemachte Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, weitere Maßnahmen zum Ausgleich des Verlustes geschützter Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröte sowie weiterer Amphibien- und Vogelarten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen, hat ebenfalls keinen Erfolg. Der geltend gemachte Regelungsbedarf besteht nicht. Auf die zuvor gemachten Ausführungen wird verwiesen.

459

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

460

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil sie einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

461

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

462

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

 


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