Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (5. Kammer) - 5 K 1746/19.TR

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um den Inhalt einer zugunsten der Beklagten im Grundbuch des Amtsgerichts Bitburg eingetragenen Grunddienstbarkeit.

2

Am 4. November 2008 schloss die klagende Stadt mit der Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR sowie der Beklagten einen notariell beurkundeten Erschließungsvertrag, durch den die Erschließung des Baugebietes „Hammerweis II“ auf die Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR übertragen wurde.

3

Der Erschließungsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

4

§ 1 Ziff. 4: „Die Stadt verpflichtet sich, die Erschließungsanlagen bei Vorliegen der in § 8 dieses Vertrages genannten Voraussetzungen in ihre Unterhaltung- und Verkehrssicherungspflicht zu übernehmen. Der Erschließungsträger wird die im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Flächen, Verkehrsflächen und Flächen für Versorgungsanlagen - mit Ausnahme der Fläche für die Errichtung eines Heizkraftwerks zur zentralen Versorgung des Baugebietes mit Nahwärme - an die Stadt Bitburg spätestens bis zum 30. September 2013 übertragen.“

5

§ 3 Ziff. 4: „Der Erschließungsträger wird im geplanten Baugebiet eine zentrale Nahwärmeversorgung (z.B. Wärmepumpe, Blockheizkraftwerk etc.) für das gesamte Baugebiet durch ein Versorgungsunternehmen ermöglichen. Die entsprechenden Warmwasserleitungen zur Versorgung der einzelnen Grundstücke sollen - ausgehend von der Heizanlage östlich der Versickerungsbecken - in den öffentlichen Verkehrsflächen verlegt werden. Betreiber der Versorgungsanlage wird die vorgenannte Nahwärmeversorgung ... GmbH sein. Zugunsten des jeweiligen Eigentümer des Grundstücks, auf welchem sich die Heizanlage befindet, und zulasten derjenigen öffentlichen Verkehrsflächen, in denen die Warmwasserleitungen verlegt werden, wird eine entsprechende Grunddienstbarkeit (Leitungsrecht) eingetragen. Bei Übertragung dieser öffentlichen Verkehrsflächen an die Stadt Bitburg wird diese Grunddienstbarkeit bereits eingetragen sein. Sie wird von der Stadt Bitburg zur weiteren Duldung übernommen.“

6

Mit Entscheidung der erkennenden Kammer vom 30. November 2016 - 5 K 4249/16.TR - und Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 5. Juni 2018 - 6 A 11945/17.OVG - wurde die Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR dazu verurteilt, die Auflassung der im Erschließungsvertrag unter § 1 Ziff. 4 genannten öffentlichen Flächen, Verkehrsflächen und Flächen für Versorgungsanlagen (Blatt Nr. 898, Flur 1, Flurstücke 1528, 1529 und 1508/1) an die Klägerin zu erklären und deren Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch zu bewilligen, ohne dass die Klägerin ihrerseits zu einer weiteren Gegenleistung verpflichtet wurde. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz erwuchs am 10. August 2018 in Rechtskraft.

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Am 9. August 2018 bewilligte die Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR zugunsten der Beklagten, die ihrerseits Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung Stahl, Blatt Nr. 898, Flur 1, Flurstück 1509 ist, auf welchem sich das Heizkraftwerk zur zentralen Versorgung des Baugebietes mit Nahwärme befindet, in Ausführung des § 3 Ziff. 4 des Erschließungsvertrages eine Grunddienstbarkeit folgenden Inhalts:

8

„Der Eigentümer des dienenden Grundbesitzes [die Klägerin] duldet zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundbesitzes (z. Zt. Nahwärmeversorgung ... GmbH [die Beklagte]) den Bau, Betrieb sowie die Unterhaltung der Nahwärmeversorgungsstation und insbesondere der Leitungen. Der Betrieb der Leitungen darf nicht gestört werden und der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes darf jederzeit den dienenden Grundbesitz betreten und in erforderlichem Umfang ohne weitere Zustimmung des jeweiligen Eigentümers aufgraben. In einem 1 Meter breiten Schutzstreifen rechts und links der jeweiligen Leitungen dürfen keine Baulichkeiten errichtet werden und keine tiefwurzelnden Pflanze n/Bäume gesetzt werden. Vor Durchführung von Arbeiten jeglicher Art auf dem dienenden Grundbesitz muss der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes sieben Tage vor Beginn der Arbeiten in Kenntnis gesetzt werden und seine Erlaubnis zur Durchführung der Arbeiten erteilen.“

9

Die Grunddienstbarkeit wurde am 1. September 2018 in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2018 forderte die Klägerin die Beklagte auf, der Löschung der eingetragenen Grunddienstbarkeit zuzustimmen. Am 20. Dezember 2018 erfolgte die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung Stahl, Blatt Nr. 898, Flur 1, Flurstücke 1528, 1529 und 1508/1 in das Grundbuch.

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Am 15. April 2019 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Bewilligung der Grunddienstbarkeit sei äußerst einseitig zugunsten der Beklagten erfolgt. Es sei insoweit nicht hinnehmbar, dass die Beklagte ihrerseits jederzeit ohne klägerseitige Zustimmung Arbeiten auf den Versorgungsflächen durchführen dürfe, sie selbst hingegen notwendige Maßnahmen auf ihren eigenen Grundstücken nur nach vorheriger Zustimmung der Beklagten vornehmen dürfe. Ihr stehe daher ein Anspruch auf Löschung der Grunddienstbarkeit nach § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 288 des Strafgesetzbuches - StGB - zu. Durch den vereinbarten Inhalt der Grunddienstbarkeit seien die Grenzen der Ausgestaltung des Leitungsrechtes weit überschritten. Als Minus zur Löschung resultiere aus dem in § 823 BGB statuierten Beseitigungsanspruch ebenfalls ein Anspruch auf Änderung der eingetragenen Grunddienstbarkeit, da gegen die Bestellung einer Grunddienstbarkeit rechtmäßigen Inhalts grundsätzlich keine Einwände bestünden. Mangels genauer Vorgaben des Leitungsrechtes in dem städtebaulichen Vertrag sei hier die Regelung des § 315 Abs. 1 BGB entsprechend anwendbar. Die vorliegend getroffene Vereinbarung sei entgegen der Billigkeit unter Verstoß gegen Treu und Glauben getroffen worden.

11

Die Klägerin beantragt,

12

die Beklagte wird verurteilt, der Inhaltsänderung der aufgrund der Bewilligung vom 9. August 2018 (Urkundennummer ...) zu Lasten der im Grundbuch des Amtsgerichts Bitburg von Stahl, Blatt 508,

13

- lfd. Nr. 497, Flur 1, Flurstück 1508/1, Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche, Verkehrsfläche, Waldfläche, Wasserfläche „In der untersten Dellbach“, groß 4970 m2,

14

- lfd. Nr. 498, Flur 1, Flurstück 1528, Verkehrsfläche „In der obersten Jeuch“, groß 201 m2,

15

- lfd. Nr. 499, Flur 1, Flurstück 1529, Verkehrsfläche „Am Dellbach“, groß 3.632 m2,

16

und zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers der im Grundbuch des Amtsgerichts Bitburg von Stahl, Blatt 914, lfd. Nr. 1, eingetragenen Grundstücks Flur 1, Flurstück 1509, eingetragenen Grunddienstbarkeit, betreffend das Leitungsrecht mit dem Inhalt:

17

„Der Eigentümer des dienenden Grundbesitzes duldet zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundbesitzes (z. Zt. Nahwärmeversorgung ... GmbH) den Bau, Betrieb sowie die Unterhaltung der Nahwärmeversorgungsstation und insbesondere der Leitungen. Der Betrieb der Leitungen darf nicht gestört werden und der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes darf jederzeit den dienenden Grundbesitz betreten und in erforderlichem Umfang ohne weitere Zustimmung des jeweiligen Eigentümers aufgraben. In einem 1 Meter breiten Schutzstreifen rechts und links der jeweiligen Leitungen dürfen keine Baulichkeiten errichtet werden und keine tiefwurzelnden Pflanzen/Bäume gesetzt werden. Vor Durchführung von Arbeiten jeglicher Art auf dem dienenden Grundbesitz muss der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes sieben Tage vor Beginn der Arbeiten in Kenntnis gesetzt werden und seine Erlaubnis zur Durchführung der Arbeiten erteilen.“
zu nachfolgendem Inhalt:

18

„Der Eigentümer des dienenden Grundstücks duldet zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks (z. Zt. Nahwärmeversorgung ... GmbH) den Bau, Betrieb sowie die Unterhaltung der Nahwärmeversorgungsstation und insbesondere der Leitungen. Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks Gemarkung Stahl, Flur 1, Parzelle 1509 wird Baumaßnahmen in öffentlichen Verkehrswegen, sofern es sich nicht um die Beseitigung von Störungen im Leitungsnetz handelt, dem Tiefbauamt der Stadt sowie weiteren Versorgungsträgern (Wasser, Abwasser, Telekommunikation, Strom) frühzeitig, d.h. innerhalb von vier Wochen schriftlich mitteilen und sich darüber mit ihnen abstimmen. Die Beseitigung von Störungsschäden wird die Eigentümerin des herrschenden Grundstückes unverzüglich melden. Sie muss dafür Sorge tragen, dass durch derartige Straßenarbeiten der Verkehr möglichst wenig behindert wird und ferner die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen treffen. Nach Fertigstellung der Arbeiten lässt die Eigentümerin des herrschenden Grundstücks den öffentlichen Verkehrsweg so wiederherstellen, dass er möglichst den Verhältnissen vor Beginn der Arbeiten entspricht. Die Stadt hat das Recht auf eine gemeinsame Abnahme, sofern sie diese innerhalb eines Monats nach Mitteilung des Abschlusses der Bauarbeiten wünscht. Wird die Abnahme nicht gewünscht, gilt die Baumaßnahme nach Ablauf der o.g. Frist als abgenommen. Sollten nach Abnahme der Anlagen und nach Wiederherstellung des öffentlichen Verkehrsweges innerhalb von fünf Jahren Mängel, die auf diese Arbeiten zurückzuführen sind, an den betreffenden Stellen eintreten, so ist die Eigentümerin der herrschenden Grundstücke verpflichtet, diese Mängel zu beheben. Kommt die Eigentümerin des herrschenden Grundstücks ihrer Verpflichtung innerhalb angemessener Frist nicht nach, so ist die Stadt berechtigt, die Mängel auf Kosten der Eigentümerin des herrschenden Grundstücks beseitigen zu lassen.

19

Die Stadt ihrerseits wird Arbeiten an den Verkehrswegen, die sich auf den belasteten Grundstücken befinden, der Eigentümerin des herrschenden Grundstückes, soweit es sich nicht um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, frühzeitig, d.h. innerhalb von vier Wochen schriftlich mitteilen.“

20

und deren Eintragung diesen Inhalts zuzustimmen und diese auch zu bewilligen,
hilfsweise,

21

die Beklagte wird verurteilt, der Inhaltsänderung der aufgrund der Bewilligung vom 9. August 2018 (Urkundennummer ...) zu Lasten der im Grundbuch des Amtsgerichts Bitburg von Stahl, Blatt 508,

22

- lfd. Nr. 497, Flur 1, Flurstück 1508/1, Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche, Verkehrsfläche, Waldfläche, Wasserfläche „In der untersten Dellbach“, groß 4970 m2,

23

- lfd. Nr. 498, Flur 1, Flurstück 1528, Verkehrsfläche „In der obersten Jeuch“, groß 201 m2,

24

- lfd. Nr. 499, Flur 1, Flurstück 1529, Verkehrsfläche „Am Dellbach“, groß 3.632 m2,

25

und zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers der im Grundbuch des Amtsgerichts Bitburg von Stahl, Blatt 914, lfd. Nr. 1, eingetragenen Grundstücks Flur 1, Flurstück 1509, eingetragenen Grunddienstbarkeit, betreffend das Leitungsrecht mit dem Inhalt:

26

„Der Eigentümer des dienenden Grundbesitzes duldet zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundbesitzes (z. Zt. Nahwärmeversorgung ... GmbH) den Bau, Betrieb sowie die Unterhaltung der Nahwärmeversorgungsstation und insbesondere der Leitungen. Der Betrieb der Leitungen darf nicht gestört werden und der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes darf jederzeit den dienenden Grundbesitz betreten und in erforderlichem Umfang ohne weitere Zustimmung des jeweiligen Eigentümers aufgraben. In einem 1 Meter breiten Schutzstreifen rechts und links der jeweiligen Leitungen dürfen keine Baulichkeiten errichtet werden und keine tiefwurzelnden Pflanzen/Bäume gesetzt werden. Vor Durchführung von Arbeiten jeglicher Art auf dem dienenden Grundbesitz muss der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes sieben Tage vor Beginn der Arbeiten in Kenntnis gesetzt werden und seine Erlaubnis zur Durchführung der Arbeiten erteilen.“
zu nachfolgendem Inhalt:

27

„Der Eigentümer des dienenden Grundbesitzes duldet zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundbesitzes (z. Zt.

28

Nahwärmeversorgung ... GmbH) den Bau, Betrieb sowie die Unterhaltung der Nahwärmeversorgungsstation und insbesondere der Leitungen.“

29

und deren Eintragung diesen Inhalts zuzustimmen und diese auch zu bewilligen,
äußerst hilfsweise,

30

die Beklagte wird verurteilt, der Löschung der zu Lasten der im Grundbuch des Amtsgerichts Bitburg von Stahl, Blatt 508,

31

- lfd. Nr. 497, Flur 1, Flurstück 1508/1, Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche, Verkehrsfläche, Waldfläche, Wasserfläche „In der untersten Dellbach“, groß 4970 m2,

32

- lfd. Nr. 498, Flur 1, Flurstück 1528, Verkehrsfläche „In der obersten Jeuch“, groß 201 m2,

33

- lfd. Nr. 499, Flur 1, Flurstück 1529, Verkehrsfläche „Am Dellbach“, groß 3.632 m2,

34

und zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers der im Grundbuch des Amtsgerichts Bitburg von Stahl, Blatt 914, lfd. Nr. 1, eingetragenen Grundstücks Flur 1, Flurstück 1509, eingetragenen Grunddienstbarkeit, betreffend das Leitungsrecht zuzustimmen und diese zu bewilligen.

35

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die ihr entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

36

Die Beklagte beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Sie ist der Ansicht, der Klägerin stehe weder der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Änderung der eingetragenen Grunddienstbarkeit noch auf Löschung selbiger zu. Eine Begründung für die Existenz eines Änderungsanspruchs sei nicht erkennbar. Die Eintragung der Grunddienstbarkeit sei auf Grundlage von § 3 Ziff. 4 des Erschließungsvertrages erfolgt, wobei die Regelung der Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR das Recht einräume, zugunsten der Beklagten eine als Leitungsrecht ausgestaltete Grunddienstbarkeit zu bestellen. Bestimmungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Leitungsrechtes treffe die Regelung nicht. Indem die Klägerin selbst die Umschreibung des Eigentums an den mit der Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücken veranlasst habe, habe sie die Grunddienstbarkeit übernommen. Entsprechend der Regelung des Erschließungsvertrages sei sie seit der Eigentumsumschreibung mithin verpflichtet, die Grunddienstbarkeit mit dem zu diesem Zeitpunkt aus dem Grundbuch ersichtlichen Inhalt zu dulden. Soweit die Klägerin überdies noch äußerst hilfsweise einen Anspruch aus den §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 288 StGB auf Zustimmung zu einer Löschung der Grunddienstbarkeit geltend mache, sei ein solcher offenkundig nicht gegeben. Mit der Eintragung der Grunddienstbarkeit sei eine Vertragsbestimmung umgesetzt worden, an deren Zustandekommen die Klägerin selbst mitgewirkt habe.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen verwiesen. Ferner wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die Klage ist zulässig (A.) jedoch nicht begründet (B.).

41

A. Insbesondere ist vorliegend der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.

42

Zwar ist Klagegegenstand eine Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB, die nach ihrer Rechtsnatur dem Zivilrecht zuzuordnen ist. Da jedoch die Verpflichtung zur Eintragung der streitgegenständlichen Grunddienstbarkeit aus einem öffentlichenrechtlichen Vertrag (§ 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz - LVwVfG -, § 54 Verwaltungs-verfahrensgesetz - VwVfG -) resultiert und zwischen den Beteiligten Inhalt und Umfang dieser Verpflichtung in Streit stehen, unterfällt die Streitigkeit dem öffentlichen Recht und damit der Rechtswegzuweisung an die Verwaltungsgerichte (vgl. hierzu auch OLG Naumburg, Beschluss vom 25. Juli 2001 - 12 W 22/01 -, NJW-RR 2002, 791).

43

Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage. Die Klägerin begehrt vorliegend eine Handlung - Zustimmung zu einer Inhaltsänderung, hilfsweise die Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Grunddienstbarkeit - der Beklagten, die keinen Verwaltungsakt, sondern einen Realakt darstellt.

44

B. Die Klage hat indes in der Sache keinen Erfolg, da der Klägerin weder ein Anspruch auf Zustimmung zu der begehrten Inhaltsänderung (I.) noch zu der hilfsweise angestrebten Löschung (II.) der eingetragenen Grunddienstbarkeit zusteht.

45

I. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag sowie dem ersten Hilfsantrag eine Zustimmung der Beklagten zu einer Änderung der Grunddienstbarkeit mit einem genau formulierten Inhalt erstrebt, steht ihr ein dahingehender Anspruch nicht zu. Ein solcher folgt weder aus dem der Grunddienstbarkeit zugrundeliegenden dinglichen oder schuldrechtlichen Vertrag (1.) noch aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 4. November 2008 (2.) und auch nicht aus sonstigen Rechtsvorschiften (3.).

46

1. Die Entstehung einer Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) richtet sich nach § 873 BGB. Erforderlich sind hiernach eine Einigung zwischen dem Eigentümer des herrschenden und demjenigen des dienenden Grundstückes sowie die Eintragung in das Grundbuch. Bei der Einigung handelt es sich um einen abstrakten dinglichen Vertrag, der auf eine unmittelbare Änderung der dinglichen Rechtslage gerichtet ist und auf den die allgemeinen Vorschriften über Willenserklärungen (§§ 104 ff. BGB) anzuwenden sind (vgl. Kazele in: BeckOGK, BGB, Stand 1. November 2019, § 1018, Rn. 190). Um den sachenrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen zu genügen, muss die Einigung erkennen lassen, dass eine Grunddienstbarkeit als dingliches Recht bestellt werden soll, auf welches Grundstück und gegebenenfalls welchen Grundstücksteil sie sich beziehen soll und welchen Inhalt sie aufweisen soll (Kazele in: BeckOGK, a.a.O. § 1018 Rn. 205). Daneben können schuldrechtliche Vereinbarungen Regelungen über die Nutzung eines Grundstückes treffen und der Grunddienstbarkeit als Kausalverhältnis zugrunde liegen. Sie können ergänzende Bestimmungen enthalten, aber auch völlig unabhängig von einer Grunddienstbarkeit Nutzungsrechte gewähren oder Nutzungsmöglichkeiten einschränken (Kazele in: BeckOGK, a.a.O., § 1018 Rn. 48).

47

Die Klägerin war weder Vertragspartei des der streitgegenständlichen Grunddienstbarkeit unmittelbar zugrundeliegenden abstrakt-dinglichen Vertrages noch einer eventuellen schuldrechtlichen Vereinbarung, da sie zum Zeitpunkt der Eintragung noch nicht Eigentümerin der dienenden Grundstücke war. Ansprüche auf eine konkrete Ausgestaltung der Grunddienstbarkeit können ihr hieraus mithin nicht zustehen.

48

2. Auch aus dem Erschließungsvertrag, der die Vereinbarung einer Grunddienstbarkeit vorsieht und deren Vertragsparteien sowohl die Klägerin, die Beklagte als auch die Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR geworden sind, steht der Klägerin ein Anspruch auf Zustimmung und Bewilligung des im Hauptantrag formulierten Inhalts der Grunddienstbarkeit nicht zu.

49

§ 3 Ziff. 4 des Erschließungsvertrages enthält folgenden Wortlaut:

50

„Der Erschließungsträger wird im geplanten Baugebiet eine zentrale Nahwärmeversorgung (z.B. Wärmepumpe, Blockheizkraftwerk etc.) für das gesamte Baugebiet durch ein Versorgungsunternehmen ermöglichen. Die entsprechenden Warmwasserleitungen zur Versorgung der einzelnen Grundstücke sollen - ausgehend von der Heizanlage östlich der Versickerungsbecken - in den öffentlichen Verkehrsflächen verlegt werden.

51

Betreiber der Versorgungsanlage wird die vorgenannte Nahwärmeversorgung ... GmbH sein. Zugunsten des jeweiligen Eigentümer des Grundstücks, auf welchem sich die Heizanlage befindet, und zulasten derjenigen öffentlichen Verkehrsflächen, in denen die Warmwasserleitungen verlegt werden, wird eine entsprechende Grunddienstbarkeit (Leitungsrecht) eingetragen. Bei Übertragung dieser öffentlichen Verkehrsflächen an die Stadt Bitburg wird diese Grunddienstbarkeit bereits eingetragen sein. Sie wird von der Stadt Bitburg zur weiteren Duldung übernommen.“

52

Selbst wenn in dieser schuldrechtlichen Vereinbarung eine für die inhaltliche Ausgestaltung der Grunddienstbarkeit maßgebliche Grundlage zu sehen wäre, ergibt sich aus dem Vertrag ausschließlich, dass eine Grunddienstbarkeit (Leitungsrecht) zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs der öffentlichen Verkehrsflächen auf die Klägerin eingetragen sein soll. Keineswegs ergibt sich hieraus der von der Klägerin im Hauptantrag bzw. im ersten Hilfsantrag geforderte Inhalt.

53

a) Ein entsprechender Inhalt lässt sich auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ermitteln. Die Ermittlung des gewollten und für die jeweiligen Erklärungsempfänger erkennbar erklärten Inhalts des Erschließungsvertrages erfolgt im Wege der Auslegung nach den § 1 Abs. 1 LVwVfG, § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 - 4C 21.89 -, juris).

54

Diese Auslegung ergibt vorliegend, dass die Bestellung der Grunddienstbarkeit in der Verantwortung der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eingetragenen Eigentümer des herrschenden und des dienenden Grundstücks liegen sollte, wohingegen die Klägerin sich einschränkungslos und ohne Vorbehalt hinsichtlich des Regelungsinhalts der Grunddienstbarkeit zu deren Duldung verpflichtete.

55

Hätte sie sich an der Ausgestaltung des Inhalts der Grunddienstbarkeit beteiligen wollen, hätte es nahegelegen, bereits zum damaligen Zeitpunkt entsprechende schuldrechtliche Vereinbarungen mit verbindlicher Wirkung für alle in den Vertragstext aufzunehmen. Stattdessen hat die Klägerin bewusst die Vereinbarung auf Dritte übertragen und sich so selbst dem Risiko einer nicht vollumfänglich ihre Interessen widerspiegelnden Grunddienstbarkeit ausgesetzt. Auch hat sie keinerlei Anstrengungen unternommen, zu ihren Gunsten eine Vormerkung im Grundbuch eintragen bzw. sich eine solche bewilligen zu lassen (vgl. hierzu OLG Brandenburg, Urteil vom 1. Oktober 2009 - 5 U 142/08 beck-online).

56

b) Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Erschließungsvertrages lässt sich der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus § 315 BGB oder aus den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB herleiten.

57

aa) Die Klägerin vertritt die Auffassung, im Rahmen der schuldrechtlichen Grunddienstbarkeitsausgestaltung hätte ein sorgfältiger Interessenausgleich stattfinden müssen, der ihre Interessen miteinbezieht. Soweit sie insoweit der Ansicht ist, die in § 3 Ziff. 4 des Erschließungsvertrages getroffene Regelung widerspreche der Billigkeit, so dass hier § 315 Abs. 3 BGB zur Anwendung gelangen müsse, wonach eine der Billigkeit widersprechende Bestimmung durch Urteil getroffen werden kann, kann dem nicht gefolgt werden.

58

Die Regelungen der §§ 315 ff. BGB ergänzen die Bestimmungen über die Begründung von Schuldverhältnissen durch Vertrag. Der Regelungszweck liegt darin, einem aufgrund einer fehlenden Bestimmung über einen regelungsbedürftigen Punkt unwirksamen Vertragsschluss, dennoch Geltung zu verleihen. Denn haben sich die Parteien eines Vertrages nicht über alle nach ihrer Vorstellung regelungsbedürftigen Aspekte geeinigt und kann diese Lücke auch nicht durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden, kommt grundsätzlich kein Vertrag zustande (vgl. § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zugunsten der Vertragsfreiheit besteht dann jedoch die Möglichkeit von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen (vgl. zum Ganzen Netzer in: BeckOGK, Stand 1. Juli 2019, BGB § 315 Rn. 3). Die Vorschrift des § 315 Abs. 1 BGB enthält insoweit eine Auslegungsregel (vgl. Stadler in: Jauernig, BGB, 17. Aufl. 2018, § 315, Rn. 1).

59

Dass die Regelung in § 3 Ziff. 4 des Erschließungsvertrages eine ihre Wirksamkeit entgegenstehende Regelungslücke aufweist, ist - wie bereits dargelegt - weder erkennbar noch substantiiert durch die Klägerin vorgetragen. Es ist mithin nicht ersichtlich, inwieweit überhaupt der Anwendungsbereich des § 315 BGB eröffnet sein könnte. Die Klägerin beruft sich vorliegend auch nicht auf die Unwirksamkeit des Erschließungsvertrages, sondern ist vielmehr mit der konkreten Ausgestaltung der auf diesem fußenden Grunddienstbarkeit nicht einverstanden.

60

bb) Lediglich ergänzend ist überdies anzumerken, dass der Erschließungsvertrag und die auf seiner Grundlage ausgestaltete Grunddienstbarkeit ebenfalls nicht gegen den - auch im Verwaltungsrecht allgemein geltenden - Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Hiernach entspringen dem Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht nur die ausdrücklich im Vertragstext festgelegten Pflichten, sondern es ist darüber hinaus wechselseitig auf die schutzwürdigen Interessen des jeweiligen Vertragspartners Rücksicht zu nehmen (vgl. OVG RP, Urteil vom 5. Juni 2018 - 6 A 11945/17.OVG - m.w.N.).

61

Dass die nach ihrem Wortlaut eindeutig gefasste Regelung des § 3 Ziff. 4 des Erschließungsvertrages hiergegen verstößt, ist nicht erkennbar. Hiernach soll - wie bereits dargelegt - die Belastung des dienenden Grundstücks und der daraus resultierende Vorteil (§ 1019 BGB) zwischen den Eigentümern der Grundstücke in dem für die Ausübung des Leitungsrechts erforderlichen Umfang bestimmt werden. Dem sind der Erschließungsträger und die Beklagte durch die Bewilligung der Grunddienstbarkeit nachgekommen. Dass diese inhaltlich nicht von dem vereinbarten Leitungsrecht gedeckt wäre, ist weder erkennbar noch substantiiert vorgebracht (siehe hierzu noch unter II.).

62

Der Zweck einer Grunddienstbarkeit besteht gerade darin, dem Bedürfnis nach einem dinglich gesicherten Recht zur dauernden Nutzung eines dienenden Grundstücks zugunsten des herrschendes Grundstück Rechnung zu tragen. Dazu wird der Gebrauchswert des dienenden Grundstücks dem herrschenden Grundstück dienstbar gemacht oder zu dessen Gunsten eingeschränkt, wobei der hierin liegende Vorteil gemäß § 1019 BGB eine unabdingbare Existenzvoraussetzung der Grunddienstbarkeit ist (vgl. Mohr in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, BGB § 1018 Rn. 1). Ausweislich dessen liegt der Normzweck für die Vereinbarung einer Grunddienstbarkeit gerade darin begründet, die Nutzungsmöglichkeit des herrschenden Grundstücks zulasten des dienenden Grundstücks zu erweitern.

63

In diesem Rahmen wird dem Grundgedanken des § 242 BGB bereits vollumfänglich durch § 1020 BGB Rechnung getragen, der dem Inhaber des herrschenden Grundstücks eine Pflicht zur „schonenden Ausübung“ der Grunddienstbarkeit auferlegt. Bei Verletzung stehen dem Eigentümer des dienenden Grundstücks Rechte aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB zu, nicht jedoch auf eine konkrete Ausgestaltung des Inhalts einer Grunddienstbarkeit.

64

3. Schließlich ist auch weder ersichtlich noch substantiiert durch die Klägerin vorgebracht, dass sich der begehrte Anspruch auf Zustimmung zu einer Inhaltsänderung der Grunddienstbarkeit aus sonstigen Rechtsvorschriften ergeben könnte.

65

II. Die Klägerin hat überdies keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu einer Löschung der im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit.

66

1. Ein solcher Anspruch resultiert zunächst nicht aus § 894 BGB. Danach kann derjenige, dessen Recht an einem Grundstück durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu einer Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

67

Voraussetzung ist danach das Vorliegen einer Grundbuchunrichtigkeit, mithin eine Abweichung des Buchinhalts von der wirklichen materiellen Rechtslage. Insbesondere kann eine solche in der Verlautbarung eines nicht mit dem eingetragenen Inhalt bestehenden Rechts liegen, etwa in den Fällen, in denen die dingliche Einigung unter einem anfänglichen Mangel leidet (vgl. Kohler in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, BGB § 894 Rn. 4).

68

Ein solcher anfänglicher Mangel liegt vorliegend nicht in einer Sittenwidrigkeit der dinglichen Einigung zwischen der Beklagten und der Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR nach § 138 Abs. 1 BGB begründet. Ein Rechtsgeschäft ist danach sittenwidrig, wenn es nach seinem aus der Gesamtwürdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Charakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist, wobei sowohl objektive als auch subjektive Momente zu beachten sind (vgl. Mansel in: Jauernig, BGB, 17. Aufl. 2018, § 315, Rn. 8-18).

69

Die zwischen der Beklagten und der Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR getroffene dingliche Einigung setzt - wie bereits dargelegt - die Regelung des § 3 Ziff. 4 des Erschließungsvertrages um.

70

Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit im vorgenannten Sinn sind auch bei Betrachtung der einzelnen Regelungsgegenstände nicht ersichtlich. Dies sind im Einzelnen:

71

a. Der Eigentümer des dienenden Grundstücks [die Klägerin] duldet zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundbesitzes (z. Zt. Nahwärmeversorgung ... GmbH [die Beklagte]) den Bau, Betrieb sowie die Unterhaltung der Nahwärmeversorgungsstation und insbesondere der Leitungen.

72

Die Vereinbarung ist bereits durch die konkrete Bezugnahme hierauf erkennbar leitungsbezogen. Zudem ist nicht ersichtlich, inwieweit der Klägerin gegen diesen Regelungsinhalt substantiierte Einwände zustehen sollten, als sie im Rahmen ihres ersten Hilfsantrages selbst eine Kürzung der gesamten Grunddienstbarkeit zu dem aufgezeigten Inhalt vorschlägt und hierdurch ihr Einverständnis zu erkennen gibt.

73

b. Der Betrieb der Leitungen darf nicht gestört werden und der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes darf jederzeit den dienenden Grundbesitz betreten und in erforderlichem Umfang ohne weitere Zustimmung des jeweiligen Eigentümers aufgraben.

74

Auch diese Regelungsgestaltung ist ersichtlich leitungsbezogen. Zum Zwecke der Überwachung der Leitungsanlage steht der Beklagten ein jederzeitiges Betretungsrecht zu und die durch die Beklagte „in erforderlichem Umfang“ vorzunehmenden Aufgrabungen werden ausschließlich im Rahmen der Erfüllung ihrer Pflicht zur Nahwärmeversorgung vorgenommen. Insoweit ist sie auch ausdrücklich auf die erforderlichen Aufgrabungen beschränkt.

75

c. In einem 1 Meter breiten Schutzstreifen rechts und links der jeweiligen Leitungen dürfen keine Baulichkeiten errichtet werden und keine tiefwurzelnden Pflanzen/Bäume gesetzt werden.

76

Auch dieser Regelungsinhalt dient erkennbar dem Schutz der verlegten Leitungen. Insoweit hat die Klägerin auch keine substantiierten Einwendungen gegen die Bestimmung vorgebracht.

77

d. Vor Durchführung von Arbeiten jeglicher Art auf dem dienenden Grundbesitz muss der Eigentümer des herrschenden Grundbesitzes sieben Tage vor Beginn der Arbeiten in Kenntnis gesetzt werden und seine Erlaubnis zur Durchführung der Arbeiten erteilen.

78

Schließlich dient auch diese Regelung der Erfüllung des Leitungsrechts der Beklagten. Zwar stellt der hierin vorgesehene Erlaubnisvorbehalt eine relativ weitgehende Regelung dar, der jedoch nicht die Grenze der Sittenwidrigkeit überscheitet. Denn auch hier steht der Sicherungszweck im Vordergrund, der zunächst nachvollziehbar eine präventive Information über durchzuführende Arbeiten am dienenden Grundstück vorsieht und letztlich im Interesse beider Eigentümer eine Zustimmung des Inhabers des Leitungsrechts erfordert. Eine sittenwidrige Beeinträchtigung des dienenden Grundstücks wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Eigentümer des dienenden Grundstücks durch diese Regelung in allen Nutzungsmöglichkeiten ausgeschlossen wäre, sodass eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des Grundstücks oder - wie hier - die Durchführung notwendiger Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht bei öffentlichen Straßenkörpern für den Belasteten nicht mehr möglich wäre. Dem ist vorliegend jedoch nicht so, denn der Widmungszweck der Flächen wird nicht tangiert. Dass die Beklagte überdies das ihr eingeräumte Zustimmungsrecht in missbräuchlicher Weise ausnutzen könnte, um dadurch die Unterhaltungspflicht der Klägerin zu vereiteln, ist nicht ersichtlich und widerspräche im Übrigen auch ihren eigenen Interessen. Gegebenenfalls stünden der Klägerin auch in diesem Fall aus den bereits dargestellten Eigentumsrechten Ansprüche zu.

79

b) Ein Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu der begehrten Löschung ergibt sich auch nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.

80

Ein solcher scheitert bereits daran, dass die zugunsten der Beklagten eingetragene Grunddienstbarkeit eine Duldungspflicht der Klägerin begründet, zu der sie sich ausdrücklich im Rahmen des Erschließungsvertrages verpflichtet hat.

81

c) Auch aus den deliktischen Anspruchsgrundlagen der §§ 823 ff. BGB kann die Klägerin keinen Anspruch herleiten.

82

aa) Ein Anspruch nach § 826 BGB aufgrund vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung scheitert - wie bereits dargelegt - an der fehlenden Sittenwidrigkeit.

83

bb) Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB fehlt es an der Rechtswidrigkeit einer möglichen Eigentumsverletzung, da die Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht objektiv widerrechtlich erfolgt ist.

84

Zudem hat die Klägerin nie lastenfreies Eigentum an den Grundstücken erworben, da die Eintragung der Grunddienstbarkeit bei ihrer eigenen Eigentumseintragung an den Grundstücken bereits erfolgt war. Insoweit bestehen bereits Bedenken hinsichtlich der Geltendmachung einer Eigentumsverletzung und damit an der Aktivlegitimation für den geltend gemachten Anspruch.

85

cc) Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 StGB gegen die Beklagte zusteht. Nach § 288 Abs.

86

1 StGB wird derjenige, der bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandteile seines Vermögens veräußert oder beiseiteschafft, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Veräußern meint dabei jede rechtliche Verfügung, durch die ein Vermögenswert durch Rechtsgeschäft aus dem Vermögen des Schuldners ausscheidet, ohne dass dem Schuldner der volle Gegenwert zufließt. Typische Veräußerungshandlung kann insoweit auch die Belastung eines Grundstücks mit Rechten Dritter sein (vgl. Schmidt in: BeckOK StGB, 44. Edition. 1 November 2019, § 288 Rn. 9).

87

Vorliegend wurde die Grunddienstbarkeit zu einem Zeitpunkt durch die Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR bewilligt, als diese selbst noch Eigentümerin der dienenden Grundstücke war. Mithin hätte also allenfalls die Grundbesitz- und Beteiligungsgesellschaft ... GdbR eine ihr möglicherweise durch die Klägerin drohende Zwangsvollstreckung durch die Bewilligung der Grunddienstbarkeit vereiteln können, obschon sie zu einer unentgeltlichen Übertragung der Grundstücke an die Klägerin verurteilt wurde. Inwieweit demgegenüber der Beklagten irgendwie geartete Zwangsmaßnahmen durch die Klägerin gedroht haben könnten, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

88

Nach alledem war die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Soweit die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt hat, der Beklagten ihre außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aufzuerlegen, weist die Kammer darauf hin, dass das Gericht nach § 161 Abs. 1 VwGO von Amts wegen über die Kostentragungspflicht entscheidet. Zwar gehören die außergerichtlichen Anwaltskosten gemäß §§ 154 Abs. 1 i.V.m. 162 Abs. 1 VwGO grundsätzlich zu den erstattungsfähigen Kosten des Verfahrens, jedoch unterliegt die Klägerin im hiesigen Verfahren vollständig, weshalb sie entsprechend § 154 Abs. 1 VwGO die gesamten Kosten des Verfahrens - einschließlich ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten - selbst zu tragen hat.

89

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

90

Gründe, die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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