Urteil vom Arbeitsgericht Düsseldorf - 8 Ca 5713/14

Tenor

1.Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 22.09.2014 nicht beendet worden ist.

2.Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Serviceleiter im Hause der E. weiter zu beschäftigen.

3.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2014 weitere 1.380,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.

4.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Oktober 2014 3.944,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2014 zu zahlen.

5.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2014 3.944,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.

6.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2014 3.944,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen.

7.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

8.Streitwert: 34.134,29 €.

9.Soweit die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b) und c) ArbGG), wird sie nicht zugelassen.

T a t b e s t a n d:

Der 61-jährige, verheiratete Kläger ist seit dem 01.11.1991 zuletzt auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 01.02.2007 (Blatt 6 bis 9 der Gerichtsakte) als Serviceleiter im Hause der E. mit einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 3.944,25 €, das sich aus dem Festgehalt von 3.597,00 € brutto, einer Funktionszulage in Höhe von 200,00 € brutto sowie dem Arbeitgeberzuschuss zum Versicherungsbeitrag in Höhe von 147,25 € brutto zusammensetzt, bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, bzw. bei deren Rechtsvorgängern tätig. In § 1 des Anstellungsvertrages haben die Parteien den Konzerneintritt auf den 01.11.1991 festgelegt und außerdem geregelt, dass das Vertragsverhältnis mit der Beklagten am 01.03.2007 beginnt. Seit dem 01.11.1991 ist der Kläger immer an der gleichen Arbeitsstelle, im Casino der E., beschäftigt worden. Der Kläger ist ein schwer behinderter Mensch mit einem GdB von 50.

Am 13.08.2014 um ca. 13:00 Uhr prostete der Kläger den Mitarbeiterinnen B. und T. mit einem Glas Portwein zu und trank es danach aus.

Mit Schreiben vom 04.09.2014 (Blatt 37 f. der Gerichtsakte), das am 05.09.2014 beim M. einging, beantragte die Beklagte die Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung des Klägers.

Mit Schreiben vom 22.09.2014 (Blatt 39 f. der Gerichtsakte), das der Beklagten am 24.09.2014 zuging, teilte der M. der Beklagten mit, dass die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers gemäß § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX als erteilt gilt.

Mit Schreiben vom 22.09.2014 (Blatt 4 der Gerichtsakte) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit sofortiger Wirkung. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 24.09.2014 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen, der Beklagten am 01.10.2014 zugestellten Klage.

Für den Monat September 2014 zahlte die Beklagte am 24.11.2014 lediglich 2.563,76 €, weitere Zahlungen leistete die Beklagte für die Monate September, Oktober, November und Dezember 2014 nicht.

Der Kläger ist der Auffassung, die außerordentliche Kündigung sei unwirksam, ein wichtiger Grund für den Ausspruch dieser Kündigung sei nicht gegeben. Außerdem sei die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden. Mit den Zahlungsanträgen macht der Kläger die Gehälter für die Monate September, Oktober, November und Dezember 2014 geltend. Er führt aus, für den Monat September 2014 habe die Beklagte lediglich bis zum 22. gezahlt, so dass noch ein Restbetrag in Höhe von 1.380,48 € brutto offenstehe. Für die Monate Oktober, November und Dezember 2014 habe er Anspruch auf sein monatliches Einkommen in Höhe von 3.944,25 €.

Der Kläger beantragt

1.festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 22.09.2014 nicht beendet worden ist,

2.die Beklagte zu verpflichten, ihn für den Fall des Obsiegens zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Serviceleiter im Hause der E. weiter zu beschäftigen,

3.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.563,76 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2014 zu zahlen,

4.die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat September 2014 weitere 1.380,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen,

5.die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Oktober 2014 3.944,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2014 zu zahlen,

6.die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat November 2014 3.944,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen,

7.die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Dezember 2014 3.944,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen.

Die Parteien haben übereinstimmend den Klageantrag zu Ziffer 3) über 2.563,76 € brutto wegen Erfüllung für erledigt erklärt.

Hinsichtlich der verbleibenden Klageanträge beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die ausgesprochene Kündigung sei rechtswirksam und habe das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet. Die Beklagte behauptet, am 02.09.2014 habe ihre Mitarbeiterin, Frau T. den Termin mit dem Kläger gegen 12:00 Uhr abgebrochen, weil der Kläger extrem nach Alkohol gerochen habe. Hierüber habe die Mitarbeiterin den Betriebsleiter informiert. Bei ihr gebe es ein konzernweites anonymes Meldewesen. Hierüber habe es einen anonymen Hinweis auf Alkoholmissbrauch des Klägers während der Arbeitszeit gegeben. Beide Vorfälle seien Gegenstand eines Personalgesprächs am 04.09.2005 gewesen. Außerdem sei in diesem Gespräch der folgende Sachverhalt angesprochen worden, der letztlich den Ausschlag zum Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung gegeben habe: Nachforschungen der Frau H. anlässlich des Zuprostens durch den Kläger am 13.08.2014 hätten ergeben, dass es sich bei der Flasche, aus der der Portwein seitens des Klägers entnommen worden sei, um eine Flasche aus ihrem Bestand gehandelt habe. Insbesondere der kündigungsberechtigte Personaldirektor, Herr C., habe von diesem Sachverhalt erstmals in dem Personalgespräch erfahren. Der Kläger habe in dem Personalgespräch vom 04.09.2014 eingeräumt, während der Arbeit Alkohol zu konsumieren. Er habe sich allerdings dahingehend eingelassen, dies nur dann zu tun, wenn ein Gast die Qualität bemängele oder er eingeladen werde. Weitere Angaben habe der Kläger weder im Hinblick auf seinen Alkoholkonsum während der Arbeit noch in Bezug auf die Herkunft des von ihm konsumierten Alkohols gemacht. Von den kündigungsrelevanten Tatsachen habe sie erstmalig im Personalgespräch vom 04.09.2014 in einer ihr zuzurechnenden Weise über Herrn C. Kenntnis erlangt. Nachdem sie das Schreiben des M. vom 22.09.2014 per Telefax am 22.09.2014 erhalten habe, habe sie noch am selben Tage die Kündigung ausgesprochen. Die Kündigung sei verhaltensbedingt aufgrund eines vollendeten und beendeten Diebstahls im Sinne des § 242 StGB ausgesprochen worden. Spätestens in dem der Kläger unberechtigterweise den Portwein aus ihren Bestand getrunken habe, habe er den Tatbestand des Diebstahls erfüllt. Der Verzehr von alkoholischen Getränken sei in ihren Betrieben insbesondere während der Arbeitszeit untersagt. Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger klar gewesen, dass er nicht berechtigt sei, den Portwein zu verzehren. Die Beklagte meint, die Begehung eines Diebstahls zum Nachteil des Arbeitgebers stelle eine gravierende arbeitsvertragliche (Neben-)Pflichtverletzung dar. Diese sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an sich geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu tragen. Auch die gebotene Interessenabwägung geht zum Nachteil des Klägers aus. Zu seinen Gunsten sei zwar eine relativ lange Unternehmenszugehörigkeit zu berücksichtigen, gleichwohl habe der Kläger durch sein Verhalten insbesondere durch das Zuprosten zu den Mitarbeiterinnen vor dem Trinken des Portwein sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihm ganz offensichtlich jedwede Form von Unrechtsbewusstsein fehle. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Auslaufen der Kündigungsfrist sei danach nicht zumutbar. Die Beklagte weist des Weiteren darauf hin, dass die Kündigung in eine ordentliche Kündigung umzudeuten sei.

In Erwiderung auf die Kündigungsbegründung der Beklagten behauptet der Kläger, das Gespräch mit Frau T. am 02.09.2014 habe um 10:00 Uhr morgens begonnen und sei abgebrochen worden, weil er gegen 12:00 Uhr erklärt habe, dass er an seine Arbeit müssen, weil die Gäste warteten. Der Kläger bestreitet, in diesem Gespräch extrem nach Alkohol gerochen zu haben. Auch der Vorwurf des Alkoholmissbrauchs wird von dem Kläger bestritten. Am 13.08.2014 habe er einen Aperitif vorzubereiten gehabt und habe auf einem Tablett Portwein, Sherry, Orangen- und Tomatensaft einschenken wollen. Dabei habe er eine neue Flasche Portwein aufmachen müssen. Beim Öffnen habe er einen leichten Korkgeruch wahrgenommen, weshalb er sich entschlossen habe, den Portwein zu verkosten. Hierzu habe er ca. 2 cl in ein Sherry-Glas eingeschenkt, den Mitarbeiterinnen zugeprostet und das Glas ausgetrunken. Da er keinen Korkgeschmack habe feststellen können, habe seine Tätigkeit fortgesetzt. Heute sei ihm bewusst, dass er sich hier falsch verhalten habe. Seinerzeit habe er sich aber keine Gedanken gemacht. Die Menge des genossenen Alkohols habe 2 cl betragen, was einem dem Kunden berechneten Wert von 1,80 € entspräche, ausgehend von einem Preis für ein Glas Sherry mit 5 cl zu 4,50 €. Der Kläger behauptet des Weiteren, die Beklagte hat nicht erst in dem Personalgespräch am 04.09.2014 von dem Vorfall am 13.08.2014 Kenntnis erlangt sondern bereits unmittelbar nach dem 13.08.2014.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.


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