Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 Sa 380/17

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.03.2017, Az.: 9 Ca 1582/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob eine ordentliche Kündigung der Beklagten das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis, das der Kläger als Arbeitsverhältnis eingeordnet wissen will, beendet hat, sowie darüber, ob dem Kläger noch aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten zustehen.

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Der Beklagte betreibt als eingetragener Kaufmann ein Transportunternehmen für Kurierfahrten, Kleintransporte und Overnight. Er hat mit dem Kläger am 20.06.2016 einen "Subunternehmervertrag" abgeschlossen. Hinsichtlich des Inhalts dieses Vertrags im Einzelnen wird auf Blatt 52 ff der Akte Bezug genommen. Der Kläger hat nach jeweiligem Auftrag des Beklagten Transportfahrten mit dem von ihm für die Durchführung des Vertrags erworbenen Fahrzeug durchgeführt. Barcodescanner und ein Navigationsgerät wurden vom Beklagten gestellt; die Aufträge wurden über das Mobiltelefon oder das Navigationsgerät erteilt.

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Für den 22.07.2016 erhielt der Kläger einen Auftrag für eine Fahrt nach Großbritannien. Da er als Inhaber eines türkischen Passes für die Einreise ein Visum benötigt hätte, wurde er von den britischen Behörden nach Frankreich verbracht. Nach Vorgabe des Beklagten übergab er dort die Fracht einem Ersatzzusteller des Beklagten, der im Anschluss daran die Lieferung sodann nach England beförderte. Aufgrund dieser Umstände konnte der Liefertermin nicht eingehalten werden. Der Beklagte zog deshalb für die vom Kläger für diese Fahrt in Rechnung gestellten Rechnungsbetrag einen Betrag für eine Vertragsstrafe ab. Insgesamt hat der Kläger am 31.07.2016 für den gesamten Monat Juli 2016 6.550,96 € nebst Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Der Beklagte hat zu diesen Rechnungen jeweils eine "Leistungsübersicht" erstellt, mit dem von ihm seiner Auffassung nach zu zahlenden Betrag. Für die Zeit vom 01.06. bis zum 30.06.2016 hat der Kläger 1.463,15 € in Rechnung gestellt.

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Mit Schreiben vom 30.09.2016 hat der Beklagte den Vertrag zwischen den Parteien zum 31.10.2016 gekündigt.

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Der Kläger hat vorgetragen,

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die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot. Sie sei unwirksam. Auch sei die ordnungsgemäße Anhörung eines gegebenenfalls bestehenden Betriebsrats zu rügen. Im Zusammenhang mit der Erteilung des Auftrags am 22.07.2016 - Fahrt nach Großbritannien - habe er die Disposition des Beklagten mehrfach gefragt, ob er wirklich fahren könne, obwohl er lediglich einen türkischen Ausweis habe. In einem Rückruf ein paar Minuten später sei ihm bei dieser Gelegenheit telefonisch mitgeteilt worden, das sei kein Problem und er solle fahren. Auf Weisung des Beklagten habe er sich dann nach seiner Abschiebung nach Frankreich bereithalten müssen, bis ein anderer Fahrer, von dem Beklagten organisiert, erschienen sei, um das Paket zur erneuten Zustellung in Frankreich entgegen zu nehmen. Dies zeige seine persönliche Weisungsabhängigkeit. Nachdem der Beklagte ihn schriftlich mit der "Haftbarhaltung" vom 26.07.2016 angeschrieben habe, habe er mit Unterstützung seiner Ehefrau ein Antwortschreiben verfasst und per E-Mail noch am gleichen Tage an den Beklagten übermittelt, in dem er den Sachverhalt dargestellt und die Vorwürfe von sich gewiesen habe. Sodann habe ihn der Zeuge Z. angerufen und ihm mitgeteilt, er solle in die Firma kommen, man wolle mit ihm reden. Bei seinem Erscheinen seien dann der Beklagte persönlich und der Zeuge Z. zugegen gewesen und der Beklagte habe ihm erklärt, wenn er bei dem Inhalt seines Schreibens bleibe, werde er keine Aufträge mehr erhalten. Danach habe dann der Zeuge Y. mitgeteilt, dass man weiterhin grundsätzlich mit ihm zusammenarbeiten wolle, seine offene Rechnung und die Englandfahrt stünden dem aber derzeit im Weg. Er solle das mit dem Zeugen Z. klären. Als er im Anschluss daran dort angerufen habe, habe er lediglich eine Mitarbeiterin des Beklagten mit Namen "X" erreicht, die ihn wegen Krankheit des Zeugen Z. auf die nächste Woche verwiesen habe. Bei seinem Anruf in der entsprechenden nächsten Woche habe er wiederum die Mitteilung erhalten, dass der Zeuge noch krank sei. In der darauf folgenden Woche habe er sodann die streitgegenständliche Kündigung erhalten.

7

Er sei als Arbeitnehmer beim Beklagten beschäftigt gewesen. Das zeige sich schon an einer Reihe - vom Kläger näher in Bezug genommenen - vertraglichen Vorschriften. Es habe sich so verhalten, dass nicht nur er, sondern auch andere Fahrer, wenn sie nicht gerade einen Auftrag abgearbeitet hätten, sich in W. im Gewerbegebiet gegenüber der V.-Tankstelle auf dem Parkplatz aufhalten sollten, bis sie Aufträge durch den Beklagten erhalten hätten. Es sei um die feste Zeit von 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr gegangen. Auch durch das eingeschaltete Navigationsgerät, mit dem er jederzeit habe geortet werden können, sei er vollständig in die betriebliche Organisation eingegliedert gewesen und genau wie ein angestellter Fahrer eingesetzt worden. Zu Schulungen sei er mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass sie für ihn verpflichtend gewesen seien, eingeladen worden.

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Zur weiteren Darstellung der Verfahrensentwicklung im erstinstanzlichen Rechtszug wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 4 der angefochtenen Entscheidung (Blatt 133 d. A.) Bezug genommen.

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Der Kläger hat beantragt,

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1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die erklärte ordentliche Kündigung des Beklagten vom 30.09.2016 nicht zum 31.10.2016 aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht,

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2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

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3. den Beklagten zu verurteilen, an ihn brutto für den Monat Juli 2016 € 5.758,15, für August 2016 € 5.758,15 und für den Monat September 2016 € 5.758,15 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie eine ordnungsgemäße Abrechnung hierüber zu erteilen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte hat vorgetragen,

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im Hinblick auf die Einordnung des vormals zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis müsse er der Auffassung des Klägers entgegentreten. Insoweit sei Bezug zu nehmen auf den schriftlich abgeschlossenen Vertrag und darauf, dass bereits die Übersicht der vom Kläger angenommenen Aufträge gegen die von ihm, dem Beklagten, bestrittene Anweisung, in W. an der Tankstelle auf Aufträge zu warten, spreche. Richtig sei es vielmehr demgegenüber, dass der Kläger in seiner Arbeitszeiteinteilung frei gewesen sei und Aufträge jederzeit habe ablehnen können. Auch treffe es nicht zu, dass dem Kläger im Anschluss an den Auftrag für Großbritannien keine Transporte mehr angeboten worden seien. Im Gegenteil habe dieser - der Kläger - es abgelehnt, weitere Aufträge zu übernehmen. Ein Zusammenhang zwischen den Differenzen zwischen den Parteien hinsichtlich dieser Fahrt und der Kündigung durch ihn, den Beklagten, bestehe nicht. Es sei ihm, dem Kläger, keineswegs vom Beklagten persönlich mitgeteilt worden, dass er keine Aufträge mehr erhalten werden, wenn er bei dem Inhalt seines Schreibens bleibe. Es gebe in seinem Betrieb weder eine "X." noch einen "Herrn Z.". Zu den vom Kläger geschilderten Telefonaten mit einer Mitarbeiterin namens X. sei es nicht gekommen. Auch treffe es nicht zu, wenn er, der Kläger, behaupte, dass ihm telefonisch mitgeteilt worden sei, dass seine Einreise nach Großbritannien kein Problem darstelle. Nach dem Subunternehmervertrag sei es vielmehr seine Sache gewesen, sich um die Einreisemodalitäten in eigener Verantwortung zu kümmern.

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Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 16.03.2017  - 9 Ca 1582/16 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 131 bis 138 d. A. Bezug genommen.

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Gegen das ihm am 26.07.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 18.08.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 21.09.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

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Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, zwar seien die Einzelheiten hinsichtlich der Fahrt nach England am 22.07.2016 zwischen den Parteien streitig. Allerdings habe der Beklagte dem Kläger eine Vertragsstrafe von der berechneten Vergütung abgezogen, zugleich aber die selbstanerkannte Vergütung nicht ausgezahlt. Letztere müsse dem Kläger aber zumindest dann verbleiben.

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Zur Einstufung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis sei erstinstanzlich umfassend vorgetragen worden. Die Gesamtheit der Umstände sei eindeutig und das Rechtsverhältnis sei eindeutig als Arbeitsverhältnis einzustufen. Dies gelte im Hinblick auf die Eingliederung in die betriebliche Organisation, insbesondere habe der Kläger ausdrücklich die Anweisung gehabt, nach W. zu fahren, wenn er einen Auftrag beendet und nicht direkt einen Folgeauftrag erhalten habe. Im Übrigen sei seine Arbeitsweise bei dem Beklagten durch das Navigationssystem geprägt gewesen. Er sei von Auftrag zu Auftrag "geschickt" worden. Von unternehmerischer Tätigkeit könne keine Rede sein. Die Zeiten von 09.00 bis 17.00 Uhr seien mit dem Beklagten abgesprochen gewesen. Der Beklagte habe die festen Zeiten, wie dem Kläger erklärt worden sei, für die Planung und Einsatzplanung benötigt. Zusätzlich habe der Kläger sogenannte Overnightaufträge übernommen, für die er sich zwischen 16.30 und 17.00 Uhr in W. habe bereithalten müssen. Vor diesem Hintergrund sei er, der Kläger, also in die Einsatzplanung des Beklagten integriert gewesen. Eigene Mitarbeiter habe er nicht beschäftigt; eine Dienstleitung sei vorgesehen gewesen. Zudem habe der Kläger einen U.-Ausweis erhalten. Dieser habe gerade dazu gedient, sich als Mitarbeiter zu legitimieren. Daneben habe ein Wettbewerbsverbot bestanden. Des Weiteren habe der Kläger "Einladungen" zu Schulungen erhalten. An die Wahrnehmung derartiger Termine sei auch erinnert worden. Ihm, dem Kläger, sei mitgeteilt worden, "diese Teilnahme ist für Dich Pflicht". Die Themen seien nicht allgemeiner Art gewesen, sondern wohl von wichtigen Auftraggebern des Beklagten gewünscht und an deren Bedürfnisse angepasst.

21

Die Kündigung sei vorliegend rechtsunwirksam, weil sie gegen das Maßregelungsverbot verstoße. Vorliegend spreche der Anscheinsbeweis für den Kläger, weil ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme bzw. Vereinbarung unter Rechtsausübung bestehe. Der enge zeitliche Zusammenhang sei vorliegend eindeutig gegeben. Noch an dem Tag, an dem die Beklagte auf ihren Annahmeverzug hingewiesen worden sei, sowie zur Zahlung der Rechnung des Klägers und die Englandfahrt aufgefordert worden sei, habe der Beklagte ein Kündigungsschreiben an den Kläger entsandt. Insofern sei die Annahme, dass ein Zeitablauf von zwei Monaten dagegenspreche, dass die Kündigung eine "Reaktion" auf die Rechtsausübung sei, rechtlich unzutreffend.

22

Die Zahlungsansprüche seien als Annahmeverzug gerechtfertigt. Ein schriftliches Angebot sei vorliegend entbehrlich gewesen. Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruchs müsse berücksichtigt werden, dass es keine explizite Vereinbarung über die Vergütung im Subunternehmervertrag gebe. Hilfsweise sei deshalb gemäß § 612 Abs. 2 BGB ein übliches Entgelt geschuldet.

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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 20.09.2017 (Bl. 171 bis 187 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 188 bis 198 d. A.) Bezug genommen.

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Der Kläger beantragt,

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1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die erklärte ordentliche Kündigung des Beklagten vom 30.09.2016 nicht zum 31.10.2016 aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht

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2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger brutto für den Monat Juli 2016 € 5.758,15, für den Monat August 2016 € 5.758,15 und für den Monat September 2016 € 5.758,15 nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen, sowie eine ordnungsgemäße Abrechnung hierüber zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien sei nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen. Substantiiertes Vorbringen des Klägers insoweit fehle auch im zweitinstanzlichen Rechtszug vollständig. Eine Verpflichtung, in W. auf Aufträge des Beklagten zu warten, habe zu keinem Zeitpunkte bestanden. Der Kläger habe auch zahlreiche Aufträge innerhalb von T. und S. angenommen sowie von S. nach R., Q., von P. nach T. usw. Ein Zusammenhang zwischen einer maßgeblichen "Rechtsausübung" und der "Maßregelung" (der Kündigung) sei nicht gegeben. Bereits der bloße Zeitablauf von zwei Monaten spreche dagegen, die Kündigung aus der Reaktion auf das Schreiben des Klägers vom 26.07.2016 bzw. sein Festhalten daran zu sehen. Der vermeintliche "Mitarbeiterausweis" sei zudem lediglich ein Kurierausweis zur Legitimation bei Absendern und Empfängern. Es belege nur, dass der Kläger zur Entgegennahme und Ablieferung der Ware berechtigt sei. Ansprüche aus Annahmeverzug bestünden nicht. Anhaltspunkte dafür, warum vorliegend ausnahmsweise ein schriftliches Arbeitsangebot nicht erforderlich gewesen sein könnte, bestünden nicht. Zudem fehle es an einer nachvollziehbaren Darstellung der Höhe der Ansprüche. Der Kläger habe insoweit einen Anspruch mitgeteilt, der weder mit der von ihm gestellten Rechnung noch etwa mit der Leistungsübersicht des Beklagten übereinstimme. Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die in Rechnung gestellten Beträge dem Kläger zustünden, weil es insoweit an jeglicher Erläuterung und Bezugnahme auf vereinbarte Entgeltvorschriften fehle.

30

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 10.10.2017 (Bl. 203 bis 208 d. A.) Bezug genommen.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

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Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 04.12.2017.

Entscheidungsgründe

I.

33

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

34

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

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Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage des Klägers vollumfänglich unbegründet und damit abzuweisen ist. Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers hat folglich in der Sache keinen Erfolg; die Berufung war zurückzuweisen.

36

Das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis ist durch ordentliche Kündigung des Beklagten am 31.10.2016 beendet worden.

37

Die ordentliche Kündigung des Beklagten ist fristgerecht erfolgt.

38

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass vorliegend nicht davon ausgegangen werden kann, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

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Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind alle Umstände des Einzelfalles in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze; die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich nach den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BAG 09.06.2010 - 5 AZR 332/09 -).

40

Im Einzelnen gilt somit Folgendes:

41

Arbeitnehmer ist nach nationalem bundesdeutschem Recht, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages (oder eines diesem gleichgestellten Rechtsverhältnisses) über entgeltliche Dienste für einen anderen in persönlicher Abhängigkeit tätig ist (z.B. BAG 15.12.1999, 20.09.2000, 12.12.2001, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 78, 80, 84, 87; 20.08.2003, NZA 2004, 39; Reiserer/Freckmann NJW 2003, 180 ff.). Für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft werden zahlreiche Einzelmerkmale verwendet, die zur Feststellung der persönlichen Abhängigkeit herangezogen werden, in der das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses gesehen wird (BAG 13.01.1983, 1991 EzA § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 26, 27, 38; LAG Rheinland-Pfalz 02.05.2004 - 2 Ta 81/04 - ArbuR 2005, 161 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Arbeitsrechts, DLW/Dörner, 14. Auflage 2018, Kap. 1 Rz. 46 ff.).

42

Dagegen gibt es für die Abgrenzung z. B. von Arbeitnehmern und "freien Mitarbeitern" kein Einzelmerkmal, das aus der Vielzahl möglicher Merkmale unverzichtbar vorliegen muss (BAG 23.04.1980 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 21; LAG Rheinland-Pfalz 02.05.2004 - 2 Ta 81/04 - ArbuR 2005, 161 LS).

43

Maßgeblich ist in materieller Hinsicht darauf abzustellen, inwieweit durch Fremdbestimmung der Arbeit in fachlicher, zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht eine persönliche Abhängigkeit des Dienstleistenden gegeben ist (LAG Rheinland-Pfalz 12.05.2004 - 2 Ta 81/04 - ArbuR 2005, 161 LS; zum europäischen Arbeitnehmerbegriff gem. Art. 45 AEUV s. EuGH 17.07.2008, NZA 2008, 995; 11.11.2010, NZA 2011, 143; Oberthür NZA 2011, 253 ff.).

44

Insoweit sind im Einzelnen folgende Kriterien maßgeblich:

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fachliche Weisungsgebundenheit

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Örtliche und zeitliche Weisungsgebundenheit (vgl. BAG 30.09.1998, 19.11.1997 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 74, 63; 14.03.2007 EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 9), d. h. Weisungsrecht des Auftraggebers hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung und Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen am Arbeitsort;

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Eingliederung in den Betrieb (BAG 06.05.1998 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 66).

48

Angewiesensein auf fremdbestimmte Organisation, d. h. Einbindung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation und Benutzung der betrieblichen Einrichtung (Arbeitsgeräte), Unterordnung bzw. Überordnung bezüglich andere im Dienste des Auftraggebers stehender Personen, Pflicht zur Übernahme von Vertretungen.

49

Andererseits begründen Organisationsanweisungen, die den Ablauf von dritter Seite getragener Veranstaltungen regeln, nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Diese sind von arbeitsvertraglichen Weisungen zu unterscheiden. Dem selbständigen Tätigwerden steht auch nicht entgegen, dass bei der Bewirtung von Pausen- und Getränkeständen in einer Veranstaltungshalle die Ein- und Verkaufspreise für die von dem Betreiber der Halle vorgegeben werden. Denn damit werden keine arbeitsvertraglichen Weisungen erteilt, sondern nur wirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen (BAG 12.12.2011 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 87);

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Leistungserbringung nur in eigener Person (BGH 21.10.1998 EzA § 5 ArbGG 1979 Nr. 30, BAG 12.12.2001 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 87); die tatsächliche Beschäftigung Dritter spricht regelmäßig gegen as Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft. Dies gilt grds. auch für die - nur vertraglich vereinbarte - Berechtigung, Dritte einzuschalten.

51

Verpflichtung, angebotene Aufträge anzunehmen, bzw. Freiheit bei der Annahme von Aufträgen (BAG 16.06.1998 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 65);

52

Ausübung weiterer Tätigkeiten (BAG 30.09.1998 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 74);

53

Aufnahme in einen Dienstplan, der ohne vorherige Absprache mit dem Mitarbeiter erstellt wird (BAG 16.02.1994, 16.03.1994, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 52, 53);

54

Die Übernahme des Unternehmerrisikos (z.B. durch Vorhandensein eigenen Betriebskapitals, einer eigenen Betriebsstätte, eines Kundenstammes, eigener Mitarbeiter, unternehmerischer Entscheidungsbefugnisse, der Marktorientierung, Gewinnerzielung und Haftung) ist unerheblich (BAG 25.05.2005 EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 6), weil sich Arbeitnehmer und Selbständige nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit unterscheiden;

55

Art der Vergütung (BAG 30.10.1991, 16.07.1997 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 44, 61);

56

Einheitliche Behandlung von Arbeitnehmern, die mit gleichartigen Aufgaben betraut sind;

57

Berichterstattungspflichten (Verhaltens- und Ordnungsregeln; Überwachung; BAG 19.11.1997 a. a. O.);

58

soziale Schutzbedürftigkeit;

59

Fremdnützigkeit der Arbeitsleistung, d. h. Arbeitnehmer z. B. von Rundfunk und Fernsehen können ihre Arbeitskraft nicht wie ein Unternehmer nach selbstgesetzten Zielen unter eigener Verantwortung und mit eignem Risiko am Markt verwerten. Sie sind vielmehr darauf angewiesen, ihre Arbeitsleistung fremdnützig dem Arbeitgeber zur Verwertung in der Rundfunkanstalt nach dem Programmplan zu überlassen (BAG 15.03.1978, 23.04.1980 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 16, 17, 21).

60

Entscheidend für die Abgrenzung ist die praktische Durchführung des Rechtsverhältnisses (BAG 08.06.1967 AP § 611 BGB Abhängigkeit Nr. 6; LAG Schleswig-Holstein 19.09.2005, 08.04.2005, NZA-RR 2005, 656), wenn die Parteien ein Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, sondern z. B. als freies Dienstverhältnis bezeichnen, der Beschäftigte jedoch tatsächlich weisungsgebundene Tätigkeiten verrichtet (BAG 25.01.2007, EzA § 233 ZPO 2002 Nr. 6).

61

Der Status eines Beschäftigten richtet sich also danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist. Wird der Vertrag abweichend von der ausdrücklichen Vereinbarung vollzogen, so ist i.d.R. die tatsächliche Durchführung maßgebend (BAG 03.04.1990, EzA § 2 HAG Nr: 1; 20.07.1994, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 54; LAG Schleswig-Holstein 19.09.2005 - 2 Ta 189/05 - EzA-SD 22/2005, S. 9 LS; LAG Hamm 07.02.2011, LAGE § 5 ArbGG 1979 Nr. 15; a.A. LAG Köln 21.11.1997, NZA-RR 1998, 394). Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Wille der Vertragsschließenden unbeachtlich ist. Haben die Vertragsparteien deshalb ihr Rechtsverhältnis, das die Erbringung von Diensten gegen Entgelt zum Inhalt hat, ausdrücklich als Arbeitsverhältnis bezeichnet, so genügt es grundsätzlich, wenn der Vertragsinhalt die für einen Arbeitsvertrag typischen Regelungen enthält. Es müssen keine Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass ein für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliches Maß an persönlicher Abhängigkeit gegeben ist (LAG Nürnberg 12.01.2004, NZA-RR 2004, 400). Denn die Parteien können auch unabhängig von der tatsächlichen Vertragsdurchführung ein Arbeitsverhältnis vereinbaren (BAG 09.03.2005, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3). Unbeachtlich ist lediglich, auf Grund fehlender Dispositionsmöglichkeiten über die Rechtsfolgen, eine sog. Falschbezeichnung. Eine solche liegt nur dann vor, wenn die Vertragsbezeichnung dem Vertragsinhalt oder der tatsächlichen Handhabung widerspricht, d. h. z. B. der Handhabung ein anderer Wille entnommen werden muss als er in der Vertragsbezeichnung seinen Niederschlag gefunden hat (Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, Rz. 23, s.u. Rn. 79 f).

62

Kommt nach den objektiven Gegebenheiten für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl ein Arbeitsverhältnis als auch ein Rechtsverhältnis als freier Mitarbeiter (freier Dienstvertrag) oder die Beschäftigung im Rahmen eines Werkvertrages in Betracht, so entscheidet der im Geschäftsinhalt zum Ausdruck gekommene Wille der Vertragsparteien darüber, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein Dienstvertragsverhältnis als freier Mitarbeiter besteht. Folglich ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (BAG 09.06.2010, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18. s. a. BAG 14.09.2011, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 19; Dienstverhältnis durch Verwaltungsakt).

63

Haben die Parteien ein Rechtsverhältnis ausdrücklich als "Arbeitsverhältnis" vereinbart, so ist es dann in aller Regel auch als solches einzuordnen; ob dies auch dann gilt, wenn die Dienstleistung nicht im Rahmen einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbracht wird, hat das BAG (21.04.2005, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 8, s. a. LAG Nürnberg 21.12.2011 - 4 Ta 180/11 - EzA-SD 4/2012 S. 9 Ls) allerdings offen gelassen. Denn es ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Parteien auch unabhängig von der tatsächlichen Vertragsdurchführung ein Arbeitsverhältnis vereinbaren können (BAG 09.03.2005, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 3). Nicht entscheidend ist die gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung des Vertrages, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht (BAG 13.01.1983 EzA § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 26; zur Bedeutung von Statusvereinbarungen vgl. Stoffels NZA 2000, 690 ff.). Maßgeblich ist, ob das, was die Parteien vertraglich vereinbart haben, auch tatsächlich durchgeführt wurde. Bestehen zwischen Vertrag und Durchführung keine Differenzen, ist der aus dem Vertrag ermittelte Wille der Parteien maßgeblich. Bestehen Differenzen, ist der Wille primär anhand der tatsächlichen Vertragsdurchführung zu ermitteln. Ist dies nicht möglich, ist wieder auf den Willen abzustellen, der der Vertragsurkunde zu entnehmen ist. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. So ist es z.B. nicht möglich, in den Vertrag weitgehende Pflichten und Kontrollrechte aufzunehmen und später zu argumentieren, diese seien tatsächlich nicht ausgeübt worden. Denn Kontrollrechte sind Rechte, die auch dann bestehen, wenn sie tatsächlich längere Zeit nicht ausgeübt werden; dies genügt (vgl. BAG 12.09.1996, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 58; Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, Rz. 24 ff.; Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, DLW - Dörner, Handbuch des Arbeitsrechts, 14. Auflage 2018 Rz. 42 ff).

64

Nach Maßgabe dieser Kriterien ist das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien mit dem Arbeitsgericht nicht als Arbeitsverhältnis anzusehen.

65

Das Arbeitsgericht hat dies unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien inhaltlich damit begründet, dass der Kläger die behauptete Gebundenheit nach Zeit und Ort - Anwesenheitspflicht von 09.00 bis 17.00 Uhr in W. - nicht hinreichend dargelegt hat. Es fehlt danach jede Angabe dazu, wer ihn wann entsprechend angewiesen haben soll. Dieser Beurteilung folgt die Kammer hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens.

66

Bei der notwendigen Entscheidung anhand der zahlreichen in Betracht kommenden Einzelmerkmale im konkreten Einzelfall ist zu beachten, dass es kein Einzelmerkmal gibt, das aus der Vielzahl möglicher Merkmale vorliegen muss (BAG 23.04.1980 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 21). Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen. Auch gibt es keine einheitlichen, festen Merkmale, die in allen Fällen die gleichen Bedeutung haben; Weisungen oder Absprachen, die in dem einen Fall noch unschädlich sind, können im nächsten die Arbeitnehmereigenschaft begründen (Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbstständigkeit, Rn. 15).

67

Entscheidend ist vielmehr die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit (BAG 15.03.1978 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 17). Die meisten Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Umgekehrt gibt es Tätigkeiten, die regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann also auch aus Art oder Organisation der Tätigkeit folgen. Bei Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbracht werden können, gilt der Grundsatz, dass bei untergeordneten, einfachen Arbeiten eher eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation anzunehmen ist als bei gehobenen Tätigkeiten. Das entspricht auch der Verkehrsanschauung. Bei einfachen Tätigkeiten, insbes. manchen mechanischen Handarbeiten, bestehen von vornherein nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten. Daher können schon wenige organisatorische Weisungen den Beschäftigten in der Ausübung der Arbeit so festlegen, dass von einer im Wesentlichen freien Gestaltung der Tätigkeit nicht mehr die Rede sein kann. In derartigen Fällen kann die Arbeitnehmereigenschaft auch nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Dienstgeber die wenigen erforderlichen Weisungen bereits in den Vertrag aufnimmt (BAG 16.07.1997 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 61).

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Bei der Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von freier Mitarbeit sind somit die das jeweilige Rechtsverhältnis prägenden charakteristischen Merkmalen gegeneinander abzuwägen, wie sie sich aus dem Inhalt des Beschäftigungsvertrages (vgl. instr. LAG Nds. 28.01.2000 NZA-RR 2000, 315) sowie insbes. der praktischen Durchführung und Gestaltung der Vertragsbeziehungen ergeben (BAG 09.05.1984 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 30; s. ArbG Bln. 24.11.2011 - 1 Ca 12084/11, AuR 2012, 82 LS).

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Auch vor diesem Hintergrund lässt sich mit dem Arbeitsgericht im Hinblick auf das erstinstanzliche Vorbringen der Parteien das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nicht feststellen.

70

Etwas anderes folgt vorliegend auch nicht aus dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff (Art. 45 AEUV).

71

Das Eingreifkriterium für viele Bestimmungen der arbeitsrechtlichen EU-Richtlinien ist der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff. Dieser ist nicht nach innerstaatlichem Recht, sondern vielmehr nach objektiven Kriterien unionsrechtlich zu definieren, um eine einheitliche Rechtsanwendung innerhalb der EU zu gewährleisten. Der Arbeitnehmerbegriff wird als zentrale Vorschrift des Unionsrechts und zur Gewährleistung einer effektiven Rechtsanwendung weit ausgelegt (EuGH NZA 2010, 213; Oberthür NZA 2011, 254). So verlangt z. B. Art 10 der (Mutterschutz-)RL 92/85/EWG, dass die Mitgliedsaaten ein - in seinen Voraussetzungen und Ausnahmen näher beschriebenes - Kündigungsverbot für "schwangere Arbeitnehmerinnen" vorsehen. Der Begriff der Arbeitnehmerin im Sinne der Richtlinie entspricht insoweit dem allgemeinen unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 Abs. 1 AEUV). Umfasst sind alle weisungsabhängig Beschäftigten, die eine Arbeitsleistung gegen Entgelt für eine bestimmte Zeit erbringen (EuGH 11.11.2010 NZA 2011, 143). Da es sich um einen autonomen europäischen Begriff handelt, spielt es keine Rolle, wie das nationale Recht eines Mitgliedstaats Arbeitnehmer von Selbständigen abgrenzt (EuGH 11.11.2010 NZA 2011, 143; s. Junker NZA 2011, 950 ff.; Oberthür NZA 2011, 254; Dörner/ Luczak/ Wildschütz, a. a. O., Kap. 1 Rz. 100 ff.).

72

Der Unterschied zum nationalen Arbeitnehmerbegriff zeigt sich insbesondere bei der Einordnung von Organmitgliedern, hier vor allem von Fremdgeschäftsführern. Die Eigenschaft einer Mitarbeiterin als Mitglied der Unternehmensleitung - Fremdgeschäftsführerin - einer Kapitalgesellschaft schließt, so der EuGH (11.11.2010 NZA 2011, 134), es nicht per se aus, dass sie in einem für das Arbeitsverhältnis typischen Unterordnungsverhältnis zur Gesellschaft steht. Für die Zwecke der RL 92/85/EWG ist die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft zu bejahen, "wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübt und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhält". Selbst wenn sie über einen Ermessensspielraum bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügt, muss sie gegenüber dem Aufsichtsrat Rechenschaft über ihre Geschäftsführung ablegen und mit diesem zusammenarbeiten, also einem Organ, das von ihr jedenfalls nicht kontrolliert wird und das jederzeit gegen ihren Willen entscheiden kann (EuGH 11.11.2010 NZA 2011, 143). Diese Formulierungen sind so weit, dass schwer zu erkennen ist, wie der Sachverhalt beschaffen sein muss, damit eine Geschäftsführerin nicht unter den Arbeitnehmerbegriff fällt; damit kann eine rein gesellschaftsrechtlich begründete Weisungsunterworfenheit den Arbeitnehmerstatus begründen (instr. Junker NZA 2011, 950 ff.; Rebhahn, EuZW 2012, 27).

73

Daraus wird gefolgert, dass der EuGH in allen EU-Vorschriften, in denen es z. B. um die Arbeitnehmereigenschaft von GmbH-Fremdgeschäftsführern geht, die unionsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft bejaht wird. Theoretisch ist es danach möglich, für EU-induziertes Recht und für rein deutsches Recht zu unterschiedlichen Ergebnissen zu kommen (s. Oberthür NZA 2011, 254). Auf die Dauer wird sich jedoch die Rechtsprechung des EuGH insgesamt auch für das deutsche Recht durchsetzen (so Wank EWiR Art. 10 Richtlinie 92/85/EWG 1/2011 S. 27 f.; s. a. Rebhahn EuZW 2012, 27 ff.; Fischer NJW 2011, 2329 ff.).

74

Selbst wenn die Entscheidung des EuGH (11.11.2010 a. a. O.) keine unmittelbaren Auswirkungen auf den innerstaatlichen Arbeitnehmerbegriff hat, liegt es jedenfalls nahe, davon auszugehen, der Fremdgeschäftsführer einer GmbH sei in richtlinienkonformer Auslegung als Arbeitnehmer i. S. v. § 6 Abs. 1 AGG zu behandeln (Meyer/Wilsing DB 2011, 341 ff.; ErfK/Schlachter § 6 AGG, Rz. 5). Das muss aber dann konsequenterweise auch für Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer gelten, die keinen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können, so dass sich die vollständige Anwendung des AGG auf Fremd- und Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar aus § 6 Abs. 1 i.V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG ergibt (Stegat NZA-RR 2011, 617 ff.; s. a. Fischer NJW 2011, 2329 ff.).

75

Unabhängig davon, wie sich diese Diskussionslinie um den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff auf das nationale Arbeitsrecht auswirken wird, folgen daraus allenfalls Anhaltspunkte dafür, dass auch Organe juristischer Personen, eher als bisher angenommen, Arbeitnehmer im Sinne arbeitsrechtlicher Vorschriften sein können. Dies ist für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit aber nicht maßgeblich.

76

Gründe dafür, die oben ausführlich dargestellten und angewendeten Einzelkriterien insoweit wegen des im Hinblick auf das europaweite Grundrecht der Freizügigkeit entwickelten unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff abweichend zu interpretieren, sind nicht ersichtlich.

77

Aus dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff lassen sich also keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass abweichend von der Bewertung nach dem nationalen Arbeitnehmerbegriff die Tätigkeit des Klägers als die eines Arbeitnehmers zu qualifizieren wäre.

78

Dieses Rechtsverhältnis ist durch die Erklärung des Beklagten vom 30.09.2016 gemäß § 17 des Subunternehmervertrages vom 20.06.2016 zum 31.10.2016 beendet worden.

79

Selbst wenn man hinsichtlich der Einordnung des Rechtsverhältnisses anderer Auffassung wäre, würde sich die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung des Beklagten entgegen der Auffassung des Klägers gleichwohl auch nicht aus § 612 a BGB ergeben.

80

Auch davon ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

81

Das in § 612 a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit schützen, wenn er Rechte wahrnimmt. Der Arbeitnehmer soll seine Rechte ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers ausüben können (BAG 21.09.2011 NZA 2012, 317). § 612 a BGB ist unabdingbar und gewährleistet einen umfassenden Schutz, der sich nicht nur auf die aus dem Arbeitsvertrag folgenden Rechte beschränkt, sondern sich auf jede Form der Rechtsausübung erstreckt. Es handelt sich um ein allgemeines Benachteiligungsverbot und einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit (BAG 22.05.2003 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 2; 21.09.2011 NZA 2012, 317 vgl. DLW/Dörner, 14. Aufl., Kap. 3 Rz. 2434 ff); es gilt für alle denkbaren Fälle, in denen Arbeitnehmer zulässigerweise seine Rechte ausübt (BT-Drs. 8/3317 S. 10; BR-Drs. 353/79 S.1). Indem die Vorschrift dem Arbeitgeber untersagt, bei Vereinbarungen oder Maßnahmen den Umstand zum Nachteil des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, schränkt sie die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers ein. Wie aus dem auf Arbeitnehmer beschränkten Anwendungsbereich der Bestimmung deutlich wird, beruht sie auf dem für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewicht, das sich durch Weisungsrechte des Arbeitgebers und Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auszeichnet (BAG 21.09.2011 NZA 2012, 317). Erfasst wird auch die Ausübung von Grundrechten durch den Arbeitnehmer, soweit sie im Verhältnis zum Arbeitgeber rechtserheblich sind, insbesondere Art. 5 Abs. 1, 9 Abs. 3 S. 1, 2 GG, Art. 10 MRK (BAG 21.09.2011 NZA 2012, 317). Das geltend gemachte "Recht" muss zudem nicht die Qualität einer Anspruchsgrundlage erreichen. Es reicht aus, wenn es verständlich und vernünftig ist und dessen Verweigerung durch den Arbeitgeber sich als treuwidrig darstellt (ErfK/ Preis § 612 a BGB Rz. 2). Eine Rechtsausübung kann also nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen, sondern auch in der Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen (BAG 21.09.2011 NZA 2012, 317).

82

Über § 612 a BGB ist nicht nur die unmittelbare, sondern auch die mittelbare Benachteiligung untersagt. Daher liegt ein Verstoß nicht nur dann vor, wenn Arbeitnehmer eine Einbuße erleiden, sondern auch dann, wenn Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, wenn diese entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben (BAG 12.06.2002 EzA § 612 a BGB Nr. 2; 07.11.2002 EzA § 612 a BGB 2002 Nr. 1). Betroffene Arbeitnehmer können verlangen, dass die rechtswidrige Benachteiligung durch den Arbeitgeber unterbleibt (ErfK/Preis § 612 a BGB Rz. 2).

83

Nach dem Gesetzeswortlauf greift der Schutz des § 612 a BGB nur dann ein, wenn das geltend gemachte Recht tatsächlich besteht und in zulässiger Weise ausgeübt wird (KR/Pfeiffer § 612 a BGB Rn. 6). § 612 a BGB ist auch anwendbar, wenn Arbeitnehmer deshalb benachteiligt werden, weil der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht in zulässiger Weise ausübt; die bloße Nichteinigung über eine Vergünstigung genügt dafür aber nicht (BAG 18.09.2007 EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 30). Es reicht nicht aus, dass der Arbeitnehmer nicht fahrlässig vom Bestehen des geltend gemachten Rechts ausgehen durfte. Wenn allerdings für den Arbeitgeber erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer gutgläubig von einem vermeintlichen Recht ausgeht, entspricht es seiner Fürsorgepflicht, den Arbeitnehmer vor einer belastenden Maßnahme anzuhören. War dagegen das Verhalten des Arbeitnehmers rechtmäßig, besteht das Maßregelungsverbot unabhängig davon, ob sich der Arbeitgeber dessen bewusst war (ErfK/Preis § 612 a BGB Rz.5).

84

Ob die Rechtsausübung zulässig ist, beurteilt sich nach der Rechtsordnung als ganzer (KR/ Pfeiffer § 612 a BGB Rz 6). Zu den eigenen Rechten des Arbeitnehmers gehört trotz des kollektiven Charakters auch die Streikteilnahme (BAG 11.08.1992 EzA Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 105). Als unzulässige Rechtsausübung kommt jede Verletzung arbeitsvertraglicher Haupt- und Nebenpflichten des Arbeitnehmers in Betracht, etwa der Treue- oder Schweigepflicht oder der Dienstleistungspflicht durch die unverholene Drohung mit "Krankfeiern" (KR/ Pfeiffer § 612 a BGB Rz. 6). Daran anknüpfende Sanktionen des Arbeitgebers (Beanstandung, Abmahnung, Kündigung usw.) unterfallen nicht dem Schutz des § 612 a BGB. Die Form der Ausübung ist unerheblich, ob schriftlich, mündlich oder durch tatsächliche Handlungen, ob gerichtlich oder außergerichtlich, individuell oder kollektiv über Interessenvertretungen (Betriebsrat oder Gewerkschaften); auch die Einschaltung eines Rechtsanwalts kommt in Betracht (KR/ Pfeiffer § 612 a BGB Rz.5).

85

Der Begriff der Maßnahme ist weit zu verstehen (ErfK/ Preis § 612 a BGB Rz. 8). Darunter fallen auch betriebsinterne Diskriminierungen, z. B. die Beschäftigung mit sinnlosen Arbeiten oder das Verlangen persönlicher An- und Abmeldung trotz vorhandener Stempeluhr nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage (LAG Schleswig-Holstein 25.07.1989 LAGE § 612 a BGB Nr. 4) oder die Nichtgewährung einer übertariflichen Gratifikation wegen der Geltendmachung tariflicher Rechte (LAG Nd. 21.01.1998 LAGE § 611 BGB Gratifikation Nr. 51).

86

Ob eine Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, ist durch einen Vergleich der Situation des Arbeitnehmers vor und nach der Maßnahme oder Vereinbarung zu beurteilen. Ein Nachteil ist stets gegeben, wenn sich die bisherige Rechtsposition des Arbeitnehmers verschlechtert, seine Rechte also verkürzt werden (BAG 21.09.2011, NZA 2012, 317); insoweit kommt auch der Ausspruch einer Kündigung in Betracht (BAG 23.04.2009 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 9). Eine Benachteiligung kann auch in der Vorenthaltung von Vorteilen zu sehen sein (BAG 31.05.2005 a. a. O.; 14.03.2007 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 12), z. B. bei der Gewährung einer Prämie an nichtstreikende Arbeitnehmer. Sachliche Gründe der (Un-) Gleichbehandlung begründen keine Benachteiligung (BAG 17.03.2010 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 22). Ob die Benachteiligung der zulässigen Rechtsausübung nachfolgt oder vorangeht, ist unerheblich (ErfK/Preis § 612 a BGB Rz. 10; offen gelassen v. BAG 31.05.2005 a. a. O.).

87

Die Prüfung der Kausalität zwischen Benachteiligung und Rechtsauübung erfolgt analog § 613 a Abs. 4 S. 1 BGB (BAG 02.04.1987 EzA § 612 a BGB Nr. 1; KR/ Pfeiffer § 612 a BGB Rn. 7). Danach muss die Rechtsausübung z. B. für die Kündigung nicht nur in irgendeiner Weise auch ursächlich und nicht nur deren äußerer Anlass, sondern der für die Kündigung tragende Beweggrund, d. h. das wesentliche tragende Motiv gewesen sein (BAG 21.09.2011 NZA 2012, 317; 14.03.2007 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 12). Ist weitergehend die Kündigung ausschließlich durch die zulässige Rechtsausübung bestimmt gewesen, ist es unerheblich, ob sie auch auf einen anderen Sachverhalt hätte gestützt werden können, weil sich dieser nicht kausal ausgewirkt hat und deshalb kein bestimmendes Motiv für die Kündigung war (BAG 25.11.1993 EzA § 14 KSchG Nr. 3; 16.09.2004 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 5; ErfK/ Preis § 612 a BGB Rz. 11).

88

Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom beklagten Arbeitgeber benachteiligt wurde. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben (BAG 22.05.2003 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 2; 23.04.2009 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 9; 21.09.2011 NZA 2012, 317).

89

Ist eine zulässige Rechtsausübung des Arbeitnehmers das tragende Motiv des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer nach dem Ende eines befristeten Arbeitsvertrages kein unbefristetes Folgearbeitsverhältnis zu begründen, handelt es sich um eine verbotene Maßregelung i. S. v. § 612 a BGB. Der Arbeitgeber übt nicht lediglich in zulässiger Weise seine Vertragsfreiheit aus. Sein Beweggrund dafür, dem Arbeitnehmer wegen der zulässigen Ausübung von Rechten den Vorteil eines unbefristeten Arbeitsvertrages vorzuenthalten, wird von der Rechtsordnung missbilligt. Das gilt gleichermaßen für vorangehende sachgrundlose Befristungen wie für Befristungen mit Sachgrund (BAG 21.09.2011 NZA 2012, 317).

90

Nach Maßgabe dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung des tatsächlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug hat das Arbeitsgericht das Vorliegen dieser Voraussetzungen wie folgt verneint:

91

"Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm trägt der Arbeitnehmer. Dieser Darlegungslast hat der Kläger nicht entsprechen können.

92

Zunächst fehlt es schon an einer näheren Darlegung dessen, was genau der Schriftverkehr der Parteien enthält. Es lässt sich also durch die Kammer schon nicht feststellen, ob der Kläger etwa mit seiner E-Mail vom 26.07.2016 in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat und ihm demgemäß sein Wille, davon nicht abrücken zu wollen, nicht zu einem Nachteil gereichen durfte.

93

Darüber hinaus lässt sich aber - unterstellt, der Kläger habe in zulässiger Weise Rechte im Sinne von § 612 a BGB ausgeübt - nicht erkennen, dass dies kausal für den Ausspruch der Kündigung gewesen ist. Die E-Mail des Klägers, an deren Inhalt der Kläger nach seiner Behauptung nicht festhalten sollte, um weiterhin Aufträge zu erhalten, stammt vom 26.07.2016. Das Gespräch, in dem diese Forderung erhoben worden sein soll, soll "daraufhin" erfolgt sein, also noch im Juli 2016. Mithin wären zwischen der maßgeblichen "Rechtsausübung" und der "Maßregelung" - der Kündigung - gute zwei Monate vergangen. Schon dieser Zeitablauf spricht dagegen, die Kündigung als Reaktion auf das Schreiben des Klägers vom 26.07.2016 bzw. sein Festhalten daran zu sehen (vgl. zum zeitlichen Zusammenhang nur Fandel/Kock in: Herberger/Martinek/Rüssmann u. a. juris PK-BGB 8. Auflage 2017 612 a BGB Rz. 38). Auch der vom Kläger selbst vorgetragene Umstand, dass er nochmals angerufen worden sei, weil man weiter mit ihm zusammenarbeiten wollte, lässt nicht auf eine Kausalität zwischen einer Rechtsanwendung Ende Juli und der Kündigung Ende September schließen. Warum sollte der Beklagte, der durch seine Mitarbeiter immer noch das Gespräch mit dem Kläger suchen ließ, plötzlich weiteren Gesprächen die Kündigung vorziehen?"

94

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollinhaltlich an, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und nimmt darauf gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.

95

Mit dem Arbeitsgericht ist schließlich auch davon auszugehen, dass dem Kläger weder Annahmeverzugsentgeltansprüche zustehen noch Entgeltansprüche für die Zeit, in der er noch für den Beklagten tätig gewesen ist.

96

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

97

"Ansprüche auf Annahmeverzugsentgelt nach § 615, 293 ff. BGB kommen - abgesehen von der Einordnung des Rechtsverhältnisses - schon deshalb nicht in Betracht, weil nicht ersichtlich ist, dass der Kläger seine Arbeit wenigstens auch nur schriftlich angeboten hätte. Anders als im gekündigten Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist ist im bestehenden Arbeitsverhältnis ein wenigstens schriftliches Arbeitsangebot, auch wenn der Arbeitgeber die Leistung abgelehnt haben sollte, erforderlich. Tatsachen dazu sind nicht vorgetragen.

98

Soweit der Kläger darüber hinaus Ansprüche geltend gemacht hat im Wege der Klageerweiterung auch für den Monat Juli 2016 - also die Zeit, während derer noch Tätigkeiten für den Beklagten erbracht wurden - fehlt es an nachvollziehbarer Darstellung der Höhe der Ansprüche. Der Kläger ermittelt einen Anspruch, der weder mit der von ihm gestellten Rechnung noch etwa mit der Leistungsübersicht des Beklagten, mit dem der die Rechnung wohl teilanerkennt, überein. Davon abgesehen wäre für die Kammer auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die in Rechnung gestellten Beträge dem Kläger zustehen, nachdem es insoweit an jeglicher Erläuterung und Bezugnahme auf vereinbarte Entgeltvorschriften fehlt."

99

Auch diesen Ausführungen schließt sich die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich an und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest, mit der Maßgabe, dass es sich begrifflich um ein wörtliches, nicht um ein schriftliches Angebot handeln muss.

100

Auch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht insgesamt vielmehr lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass er mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer vollinhaltlich folgt, nicht einverstanden ist. Soweit der Kläger (Seite 3 der Berufungsbegründungsschrift vom 20.09.2017 (Bl. 173 d. A.) geltend macht, die Klage habe nicht vollständig abgewiesen werden dürfen, weil der Beklagte auf die anerkannte Vergütung für die Fahrt nach England nicht gezahlt habe, ist mit dem Arbeitsgericht darauf hinzuweisen, dass es an einer nachvollziehbaren Darstellung der Höhe der Ansprüche fehlt. Das Vorbringen des Klägers lässt insoweit ihre Schlüssigkeit vermissen.

101

Insoweit genügt eine Partei ihrer Darlegungslast grundsätzlich, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und förderlich sind, die daraus abgeleitete Rechtsfolge zu tragen (BGH NJW 2012, 1647). Bei schlüssiger Klagebegründung ist die Angabe näherer Einzelheiten, die Zeit, Ort und Umstände bestimmte Ereignisse betreffen, nur dann nötig, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind, wenn der Vortrag in Folge der Einlassung des Gegners unklar wird oder wenn die Angabe weiterer Umstände erforderlich ist, um dem Gegner die Nachprüfung der behaupteten Tatsachen und den Antritt von Gegenbeweisen zu ermöglichen (BGH Versicherungsrecht 1999, 1279). In welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen substantiieren muss, hängt vom Einzelfall ab. Dabei beurteilt sich die Schlüssigkeit einer Klage nach dem Vorbringen des Klägers im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Eine Partei ist daher nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Hat eine Partei die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch unzureichend vorgetragen, kann sie diese jederzeit in den Prozess einführen. Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich einerseits nach der Intensität des Sachvortrags der beweisbelasteten Partei und findet andererseits eine Grenze in der Zumutbarkeit der den Prozessgegner treffenden Offenbarungspflicht (vgl. Prütting/Gehrlein, Hrsg. ZPO, 9. Aufl., 2017, Geisler, § 253 Rdnr. 47 ff. m.w.N.).

102

Insoweit hat der Kläger lediglich einen Anspruch ermittelt, der weder mit der von ihm gestellten Rechnung noch etwa mit der Leistungsübersicht des Beklagten übereinstimmt. Davon abgesehen ist nicht nachvollziehbar, inwieweit die in Rechnung gestellten Beträge dem Kläger zustehen sollen, nachdem es an jeglicher Erläuterung und Bezugnahme auf die vereinbarten Entgeltvorschriften fehlt. Demgegenüber enthält das Berufungsvorbringen des Klägers keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen.

103

Nichts anderes gilt für die rechtliche Einordnung des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses. Im Hinblick auf die zuvor ausführlich dargestellten Einzelkriterien wird pauschal und ohne nähere Substantiierung zu einzelnen Merkmalen im Ansatz Sachvortrag geleistet. Warum diese - nicht näher substantiierten - Umstände aber nicht zugleich und ohne notwendige Einordnung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages realisiert worden sein können, bleibt offen. Hinreichende Anhaltspunkte für eine vom schriftlich abgeschlossenen Vertrag abweichende praktische Durchführung des Rechtsverhältnisses bestehen nicht. Dass der Kläger sich z. B. zu bestimmten Uhrzeiten in W. aufgehalten haben will, ist insoweit ambivalent. Für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses würde dies jedoch nur dann sprechen, wenn der Beklagte entsprechendes Verhalten des Klägers verlangt hätte, obwohl der Kläger dazu vertraglich gar nicht verpflichtet gewesen wäre. Dazu verhält sich das Vorbringen des Klägers aber nicht, auch nicht im Rahmen der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 174 ff d. A.), jedenfalls nicht mit der erforderlichen Substantiierung. Gleiches gilt für die weiteren dort genannten Einzelkriterien, zu dem der Kläger lediglich im Allgemeinen, nicht aber hinreichend substantiiert vorträgt.

104

Soweit der Kläger sodann (Seite 11 ff der Berufungsbegründungsschrift = Bl. 181 ff d. A.) die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu den Zahlungsansprüchen beanstandet, ist lediglich darauf hinzuweisen, dass das Arbeitsgericht vom Fehlen eines wörtlichen (nicht: schriftlichen) Angebot ausgegangen ist. Insoweit lässt sich aber auch der Berufungsbegründungsschrift (Seite 12 ff = Bl. 182 ff d. A.) kein hinreichend substantiiertes Vorbringen bezogen auf das Vorliegen eines entsprechenden wörtlichen Angebots des Klägers entnehmen. Gemäß § 295 S. 1 BGB genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Selbst wenn nach dem unsubstantiierten Sachvortrag des Klägers in beiden Rechtszügen die Voraussetzungen des § 295 S. 1 BGB im Hinblick auf das ausnahmsweise Ausweichen eines wörtlichen Angebots gegeben wären, so hätte es doch, wie vom Arbeitsgericht zutreffend angenommen, des substantiierten Behauptens des Vorliegen eines wörtlichen Angebots des Klägers bedurft. Daran fehlt es jedoch.

105

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

106

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

107

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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