Urteil vom Landgericht Bonn - 1 O 471/18
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 69.792,18 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.11.2018 zu zahlen.
2.
Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreites einschließlich der durch die Streitverkündung verursachten Kosten werden der Beklagten auferlegt.
4.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um Ansprüche betreffend die Lieferung von Basaltlavamaterial für die Erneuerung der Fußgängerzone am Q in Z. Mit der Erneuerung der Fußgängerzone hatte die Verbandsgemeinde Z die Streithelferin beauftragt.
3In der ersten Vierteljahreshälfte 2016 erhielt die Klägerin eine Anfrage der Streithelferin im Hinblick auf die Lieferung von Basaltlavamaterial für den Q. Die Streithelferin stellte der Klägerin einen Auszug aus dem Leistungsverzeichnis für das Bauvorhaben Fußgängerzone Z, Los 1, zur Verfügung. Dort (vgl. Anlage K1 zur Klageschrift) heißt es unter anderem:
403.12 Blockstufe aus Basaltlava 17/33/15 bis 200 cm
5Blockstufen aus Basaltlava 17/33/60-200 geschnitten,
6(…)
7Oberflächenausführung: diamantgesägt, (…)
8Stufenbeläge aus Naturstein nach DIN EN 12058
9für Innen- und Außenbereich, Frost- und Tausalzsicher,
10Rutschhemmung mind. R 13, EN 1341
11Platten aus Naturstein für Außenbereiche
12laut Anlage Natur-
13steine
14Erzeugnis:
15K Basaltlava oder gleichwertiger Art
16……………………………………
17(Bemusterung vorab unbedingt erforderlich)
18keine Fehlfarben, störende Maserungen oder Einschlüsse
19liefern nach Freigabe des Detailplans (…).
2003.15 Basaltlavablock Typ A 17 x 45 x 135 cm
21Natursteinblock aus Basaltlava 17/45/135 Typ A
22geschnitten, (…)
23Oberflächenausführung: diamantgesägt, (…)
24Basaltlavablock aus Naturstein nach DIN EN 12058
25für Innen- und Außenbereich, Frost- und Tausalzsicher,
26Rutschhemmung mind. R 13, EN 1341 Platten aus
27Naturstein für Außenbereiche
28laut Anlage Natur-
29steine
30Erzeugnis:
31K Basaltlava oder gleichwertiger Art
32……………………………………
33(Bemusterung vorab unbedingt erforderlich)
34keine Fehlfarben, störende Maserungen oder Einschlüsse (…).
35Das Leistungsverzeichnis leitete die Klägerin an die Beklagte weiter, mit der Bitte, ihr im Hinblick auf das für das Bauvorhaben in Z benötigte Basaltlavamaterial ein Angebot zu unterbreiten. Mit Schreiben vom 05.03.2016 unterbreitete die Beklagte der Klägerin daraufhin das Angebot Nr.##### (Anlage K2 zur Klageschrift), das 17 Positionen zu einem Gesamtbetrag von brutto 137.387,52 € auswies. Ferner heißt es in dem Angebot:
36Die angebotenen Gesteine sind Unikate natürlicher Herkunft. Ihr charakteristisches Erscheinungsbild ist individuell ! Schwankungen in Farbe, Struktur, Textur sowie Fehlstellen, Adern, Poren und Einschlüsse liegen in deren Natur und stellen keinen Mangel dar. Hierzu zählen auch korrosive Farbveränderungen. Von uns vorgelegte Muster sind unverbindlich und zeigen ein mögliches Erscheinungsbild.
37Dieses Angebot leitete die Klägerin an die Streithelferin weiter. Daraufhin fand am 25.05.2016 in den Geschäftsräumen der Streithelferin ein Besprechungstermin statt, an dem der Zeuge F als Mitarbeiter der Klägerin, der Geschäftsführer der Beklagten sowie der Zeuge X als Geschäftsführer der Streithelferin teilnahmen. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte zu diesem Termin eine Basaltlava-Musterplatte mitgebracht (vgl. Lichtbilder S.3 und S.4 des Schriftsatzes der Streithelferin = Bl.## – ## d.A.), die die Streithelferin anschließend an die Verbandsgemeinde Z weitergab.
38Unter dem 27.05.2016 übersandte die Beklagte der Klägerin die Auftragsbestätigung Nr.##### (Anlage K3 zur Klageschrift), die die Positionen 4 und 7 bis 17 aus dem Angebot vom 05.03.2016, reduzierte Einheitspreise sowie zugunsten der Klägerin einen Gesamtrabatt von 3% enthielt. Der Gesamtbetrag des Auftrages wurde mit brutto 67.858,41 € ausgewiesen. Dieses Angebot leitete die Klägerin in unveränderter Form aber ohne den auf sie entfallenden Gesamtrabatt an die Streithelferin weiter.
39Am 19.04.2017 gab die Verbandsgemeinde Z die Musterplatte frei. Mit E-Mail vom 20.04.2017 (Anlage K4 zur Klageschrift) teilte die Streithelferin dem Geschäftsführer der Beklagten mit:
40(…) hiermit möchten wir die Materialien für das Bv. Z Q wie in ihrem Angebot und der Qualität der Musterplatte die uns vorliegt bei ihnen bestellen.
41Im Anhang sind sämtliche Pläne und eine Aufstellung der Blöcke und Stufen.
42Zwischen den Parteien war klar, dass die Lieferung des Basaltlavamaterials von der Beklagten an die Klägerin als Käuferin erfolgen sollte und von der Klägerin ihrerseits als Verkäuferin an die Streithelferin.
43In der Folge gab die Beklagte die Produktion des von ihr zu liefernden Basaltmaterials in Auftrag. Am 20.06.2017 fand auf Veranlassung der Beklagten vor Ort in der Fußgängerzone Z ein Besprechungstermin statt, an dem der Zeuge F, der Geschäftsführer der Beklagten, der Zeuge Y als Geschäftsführer der Streithelferin, der Zeuge P als Vertreter der Verbandsgemeinde Z sowie der für die Neugestaltung der Fußgängerzone von der Verbandsgemeinde beauftragte freie Landschaftsarchitekt und Zeuge D teilnahmen. Dort stellte der Geschäftsführer der Beklagten neue Muster vor, die an die vorhandenen Treppenstufen in der B-Straße in Z angelegt wurden. Es wurde festgestellt, dass die Muster im Hinblick auf Oberfläche und Farbe von dem ursprünglichen Muster abwichen. Die Teilnehmer der Besprechung wiesen darauf hin, dass die Rutschsicherheit und die Farbe des vorgelegten Materials noch nachgebessert werden müssten.
44Am 11.07.2017 oder 12.07.2017 kam es zu einer erneuten Baustellenbesprechung, an der Vertreter der Verbandsgemeinde Z sowie die Zeugen Y und D teilnahmen. Zu diesem Termin legte die Beklagte zwei Steine vor (vgl. Lichtbilder S.6 und S.7 des Schriftsatzes der Streithelferin vom 10.05.2019 = Bl.## – ## d.A.). Über die Besprechung fertigte der Zeuge D ein Protokoll vom 12.07.2017 (Anlage K5 zur Klageschrift), in dem es unter „3. Bemusterung Basaltlava“ heißt:
45Die Bemusterung und Freigabe der Basaltlavablöcke am Q erfolgte am 19.04.2017. Bei der Vorbereitung kam dem Lieferanten „A“ Bedenken bezüglich der Einschlüsse und Risse in den Steinblöcken. Deshalb wurde am 20.6. ein neuer homogener Musterstein vorgelegt. Dessen deutlich hellere Oberfläche wird durch ein Diamantschliff gemäß Pos. 3.25 an den sichtbaren Flächen noch abgedunkelt. Die erforderliche Rutschsicherheit (…) muss nachgewiesen werden. Die vorgelegte Musterplatte mit verschiedenen Schleifgraden kann nur den Farbton wiedergeben. Die Oberflächen waren eher poliert als geschliffen, da sich Unebenheiten zeigten. Farbvorgabe bleibt weiterhin der Treppenbelag in der B-Straße.
46Diesen Vermerk übermittelte der Zeuge D der Streithelferin, die diesen per E-Mail an die Beklagte weiterleitete (vgl. Anlage K6 zur Klageschrift).
47Mit Schreiben vom 14.11.2017 (Anlage K8 zur Klageschrift) forderte die Klägerin die Beklagte zur Lieferung des ersten Zuges der Basaltlavastufen bis zum 20.11.2017, der weiteren Lieferungen dann im Wochenrhythmus, sowie zur Vorlage des Prüfzeugnisses mit der pedrografischen Bezeichnung des Materials auf. Daraufhin legte die Beklagte am 17.11.2017 ein neues Muster vor, das durch die Streithelferin und die Vertreter der Verbandsgemeinde Z begutachtet wurde (vgl. Lichtbild vom 23.11.2017, S.9 des Schriftsatzes der Streithelferin vom 10.05.2019 = Bl.## d.A.).
48Unter dem 20.12.2017 schrieb die Verbandsgemeinde Z durch den Zeugen W an die Streithelferin (Anlage K9 zur Klageschrift):
49(…) das bei der Firma A in L am 17.11.2017 und am 23.11.2017 in Z gemeinsam bemusterte Material entspricht weder den im Leistungsverzeichnis formulierten Eigenschaften, noch der am 25.05.2016 bemusterten und freigegebenen Musterplatte und wird daher abgelehnt.
50Es kommt nicht zum Einbau. (…)
51Wir fordern Sie auf, das Basaltlavamaterial wie im Leistungsverzeichnis beschrieben, in Art, Güte und Bearbeitung gemäß Stückliste auf Basis der freigegebenen Musterplatte vom 25.05.2016 anzuliefern und mit dem Einbau auf der Baustelle ab dem 12.01.2018 zu beginnen.
52In der Folgezeit kam es zu weiterer Korrespondenz zwischen den Parteien einschließlich der Streithelferin. Unter dem 22.12.2017 drohte die Streithelferin gegenüber der Klägerin den Rücktritt vom Vertrag und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an (Anlage K13 zur Klageschrift). Mit Schreiben vom gleichen Tage (Anlage K14 zur Klageschrift) informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass die Stadt Z und die Streithelferin auf der Lieferung der Stufen gemäß Muster vom 25.05.2016 bestünden. Ferner heißt es dort:
53Die Firma X & Y erwartet bis zum 03.01.2017 eine Antwort ob der Auftrag in geforderter Qualität und Quantität erfüllt werden kann. Des Weiteren verlangt die Stadt den Einbau der Stufen ab dem 12.01.2018.
54Falls dies nicht möglich ist, melden wir vorsorglich einen Deckungskauf an.
55Die anfallenden Stillstandskosten, so wie die Kosten des evtl. Deckungskaufs werden wir in vollem Umfang an Sie weitergeben.
56Hierauf bestellten sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten und forderten die Klägerin unverzüglich, spätestens bis zum 08.01.2018 dazu auf, das vereinbarte Material mit dem noch zu konkretisierten Schliff abzurufen (Anlage K15 zur Klageerwiderung). Demgegenüber forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte am 09.01.2018 letztmalig dazu auf, bis zum 12.01.2018 verbindlich zu erklären, dass sie zur Lieferung des Materials gemäß der Auftragsbestätigung vom 27.05.2016 unter Einhaltung der Qualität der am 25.05.2016 übergebenen Musterplatte in der Lage sei, und dieses bis spätestens zum 27.01.2018 zu liefern. Bei fruchtlosem Ablauf werde man Schadensersatzansprüche geltend machen (vgl. Anlage K16 zur Klageschrift).
57Mit weiterem Schreiben vom 16.01.2018 (Anlage K19 zur Klageschrift) kündigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber der Beklagten an, nunmehr einen Deckungskauf vornehmen zu müssen, um die ordnungsgemäße Belieferung der Streithelferin zu gewährleisten. Mehrkosten würden als Schadensersatz gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Außerdem teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten unter dem 26.01.2018 mit, dass die Streithelferin das beklagtenseits angebotene Material nicht abnehmen werde und die Klägerin aus diesem Grunde ebenfalls die Abnahme dieses Materials ablehne. Man werde wie bereits angekündigt einen Deckungskauf vornehmen und die Mehrkosten, die sich daraus eventuell ergeben, als Schadensersatz gegenüber der Beklagten geltend machen (vgl. Anlage K24 zur Klageschrift).
58Um die Belieferung der Streithelferin sicherzustellen, nahm die Klägerin dann einen Deckungskauf vor. Hierzu holte sie ein Angebot der E GmbH & Co. KG mit Sitz in T vom 26.01.2018 über eine Endsumme von brutto 179.635,38 € ein (Anlage K25 zur Klageschrift). Die Klägerin nahm dieses Angebot durch Streckenbestellung vom 07.02.2018 (Anlage K26 ebenda) an. Die Belieferung der Streithelferin mit dem Material der E GmbH & Co. KG ist inzwischen abgeschlossen. Die E GmbH & Co. KG rechnete ihre Lieferungen mit Rechnungsschreiben an die Klägerin wie folgt ab:
59a) Rechnung vom 20.04.2018 (Anlage K27 zur Klageschrift) über netto 19.867,82 €,
60b) Rechnung vom 28.03.2018 (Anlage K29 ebenda) über netto 29.285,74 €,
61c) Rechnung vom 15.05.2018 (Anlage K31 ebenda) über netto 25.964,66 €,
62d) Rechnung vom 13.06.2018 (Anlage K33 ebenda) über netto 44.830,82 €,
63e) Rechnung vom 26.06.2018 (Anlage K35 ebenda) über netto 18.042,05 €.
64Den sich aus diesen Rechnungsbeträgen abzüglich der von der Streithelferin auf die entsprechenden Lieferrechnungen der Klägerin vom 10.05., 15.05., 14.06. und 05.07.2018 (Anlagen K28, K30, K32, K34 und K36 zur Klageschrift) geleisteten Zahlungen ergebenden Mehrbetrag gegenüber der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 27.05.2016 macht die Klägerin mit der Klage geltend (vgl. S.17 – S.20 der Klageschrift; S.2 bis S.11 der Replik vom 20.05.2019 = Bl.### - ### d.A.).
65Die Klägerin behauptet, die Parteien hätten sich bei dem Besprechungstermin am 25.05.2016 darauf verständigt, dass das von der Beklagten zu liefernde Material (vgl. Leistungsverzeichnis vom 22.02.2016, S.38ff., Anlage K1 zur Klageschrift) nach Qualität, Oberflächenbeschaffenheit und Aussehen der in diesem Termin vorgelegten Basaltlava-Musterplatte entsprechen musste. Demgegenüber habe das von der Beklagten bei dem Besprechungstermin am 20.06.2017 vorgelegte Basaltmaterial in Oberfläche und Farbe nicht der Qualität der Basaltlava-Musterplatte aus dem Termin vom 25.05.2016 entsprochen. Die Teilnehmer der Besprechung am 20.06.2017 hätten deshalb darauf hingewiesen, dass die Rutschsicherheit und die Farbe des von der Beklagten dort vorgelegten Materials noch nachgebessert werden müsste.
66Die Klägerin hat in der Klageschrift (dort S.20) die ihr durch den Deckungskauf einschließlich des ihr gegenüber der Beklagten zustehenden Rabattes von 3% entstandenen Mehrkosten mit insgesamt 74.678,01 € berechnet. In der Replik (dort S.10f.) hat die Klägerin diesen Betrag auf 69.792,18 € beziffert und angekündigt zu klären, ob der hierüber hinausgehende Betrag weiterverfolgt werde, sowie zur genauen Höhe des Nachlasses ergänzend Stellung zu nehmen.
67Die Klägerin behauptet, das Angebot der E GmbH & Co. KG sei für die kurzfristig auszuführende Lieferung von allen von ihr angefragten Anbietern das Günstigste gewesen.
68Die Streithelferin behauptet, die Beklagte habe keinen tauglichen Eignungsnachweis zur Materialqualität für den Pflasterbereich erbracht. Die von der Beklagten als Anlage B2 (Bl.## - ## d.A.) unstreitig erstmalig vorgelegte CE-Erklärung sei für die Materialqualität ohne Bedeutung und bestätige lediglich die EU-rechtliche „Erlaubnis“ zum Inverkehrbringen des Produktes. Das von der Beklagten unstreitig im Termin am 17.11.2017 auf Nachfrage vorgelegte Gutachten vom 31.07.2001 (Bl.## - ### d.A.) sei schon aufgrund des Alters und seiner Ausstellung auf ein anderes Unternehmen nicht verwert- oder belastbar. Auch der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20.08.2019 eingereichte Prüfbericht (Anlage B7 = Bl.### – ### d.A.) genüge nicht dem nach Ziffer 3.2.1 der ZTV-Pflaster-StB (Auszug als Anlage SV2 = Bl.163 und 165 d.A.) vor dem Einbau erforderlichen Nachweis.
69Die Klägerin beantragt,
70die Beklagte zu verurteilen, an sie 74.678,01 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9% über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.11.2018 zu zahlen.
71Die Beklagte beantragt,
72die Klage abzuweisen.
73Widerklagend beantragt die Beklagte,
741.
75die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag zu zahlen in Höhe von 72.101,80 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übergabe folgender Natursteinprodukte:
76- 31,77m Basaltlava Blockstufe, allseitig gesägt, 60-200/33/17 cm
77- 75 Stück Basaltlava Blockstufe, allseitig gesägt, 135/45/17 cm
78- 47 Stück Basaltlava Blockstufe, allseitig gesägt, 135/45/32 cm
79- 83 Stück Basaltlava Blockstufe, allseitig gesägt, 135/45/47 cm
80- 12,02 m Basaltlava Blockstufe, allseitig gesägt, 100-200/47/45 cm
81- 2 Stück Basaltlava Stelen, allseitig gesägt, 280/45/17 cm
82- 1 Stück Basaltlava Kurzstufe, allseitig gesägt, 100/45/17 cm
83- 2 Stück Basaltlava Tischblock, allseitig gesägt, 62/45/45 cm
84- 4 Stück Basaltlava Bodenplatten, 45/44, 5/5 cm
85- 1 Stück Sprudelstein aus Basaltlava als Großformatplatte im Sonderformat 200/200 cm
86- 7 Stück Sprudelstein aus Basaltlava als Großformatplatte im Format 150/150;
872.
88festzustellen, dass sich die Klägerin mit der Annahme der unter vorstehender Ziffer 1. im Einzelnen aufgeführten Produkte in Annahmeverzug befindet.
89Die Klägerin beantragt,
90die Widerklage abzuweisen.
91Die Beklagte behauptet, bei dem Besprechungstermin am 25.05.2016 sei es nur um die Gleichwertigkeit des Materials mit dem von der Klägerin ausgeschriebenen K Basaltlava gegangen. Das bei dem Termin vom 12.07.2017 in Gegenwart von Vertretern der Verbandsgemeinde Z bemusterte Material habe dem vom 25.05.2016 entsprochen. Deshalb sei dort vereinbart worden, dass dieses Material zur Ausführung gelangen sollte. Abweichend hiervon habe die Verbandsgemeinde Z erstmals im November 2017 bemängelt, das angebotene Material weise eine "zu betonartige Struktur" auf. Nunmehr sei ein Material verarbeitet worden (Lichtbilder Anlage B9 = Bl.### – ### d.A.), welches weder dem Vertragsverhältnis der Parteien noch dem Leistungsverzeichnis der Klägerin entspreche.
92Die Beklagte behauptet ferner, die Beträge aus den Angeboten und Rechnungen der E GmbH & Co. KG seien übersetzt. Dies ergäbe sich beispielhaft aus dem von ihr, der Beklagten, eingeholten Angebot der Firma Natursteinwerk S vom 29.02.2016 (Anlage B6 = Bl.## – ## d.A.)
93Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien und der Streithelferin gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
94Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen sowie Einholung einer mündlichen gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen der Materialprüfungs- und Versuchsanstalt C GmbH, Herrn Dipl.-Min. G (vgl. Schreiben vom 12.12.2019 = Bl.### d.A.). Hinsichtlich des Inhaltes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2020 (Bl.### - ### d.A.) verwiesen.
95E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
96Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die gemäß § 33 ZPO prozessual statthafte Widerklage hat in der Sache keinen Erfolg.
971. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 69.792,18 € aus den §§ 281 Abs.1 Satz 1, 280 Abs.1, 251 BGB. Ein weitergehender Zahlungsanspruch der Klägerin hingegen besteht nicht.
98a) Die Beklagte hat die zwischen den Parteien vertraglich vereinbarte Leistung trotz der im Tatbestand zitierten Erfüllungsverlangen der Klägerin nebst Fristsetzung nicht wie geschuldet erbracht (§ 281 Abs.1 Satz 1 BGB).
99Das für die Erneuerung der Fußgängerzone zu liefernde Basaltlavamaterial war Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages (§ 433 Abs.1 BGB sowie § 651 BGB a.F.; vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2009 – VII ZR 151/08 = juris Rd.13ff.). Die Festlegung der von der Beklagten als Verkäuferin vertraglich geschuldeten Beschaffenheit dieses Materials ergibt sich aus dem als Anlage K1 zu den Akten gereichten Leistungsverzeichnis. Dieses beschreibt entgegen der Rechtsansicht der Beklagten die Beschaffenheit nicht lediglich als „K Basaltlava oder gleichwertiger Art“, sondern enthält den ausdrücklichen Zusatz, dass dieses Erzeugnis „keine Fehlfarben, störende Maserungen oder Einschlüsse“ aufweisen durfte und deshalb eine „Bemusterung vorab unbedingt erforderlich“ sein sollte. Eine derartige Bemusterung hat für die Festlegung der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs.1 Satz 1 BGB grundsätzlich sogar Vorrang vor dem Leistungsverzeichnis (OLG Bremen, Urteil vom 16.03.2012 – 2 U 94/09 = juris Rd.43ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17.Aufl. 2020, Rd.1225f. zu § 633 Abs.2 Satz 1 BGB). Ihr kommt gerade im vorliegenden Fall besondere Bedeutung zu, da ein Naturprodukt denknotwendig Farb-, Struktur- und Texturschwankungen unterliegt, die trotz der regionalen Beschreibung im Leistungsverzeichnis „K Basaltlava oder gleichwertiger Art“ erhebliche Variationsmöglichkeiten aufweisen können (vgl. Lethert/Krug in Beck´scher VOB- und Vergaberechtskommentar, VOB/C, 3.Aufl. 2014, DIN 18332 Naturwerksteinarbeiten, Rd.40f. und – zur Frage optischer Mängel – Rd.52f.). Deshalb kommt der Bemusterung hier eine besondere Bedeutung zu, weil sie letztendlich die geschuldete vertragliche Beschaffenheit des zu liefernden Basaltlavamaterials definiert (vgl. auch OLG Brandenburg, Urteil vom 05.07.2007 – 12 U 189/06 = juris Rd.34; OLG Celle, Urteil vom 27.02.2003 – 6 U 56/02 = juris Rd.6ff.; Lethert/Krug, aaO., Rd.41).
100Dass die Parteien auch von einem derartigen Vertragsverständnis ausgegangen sind (§§ 133, 157, 242 BGB), steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu vollen Überzeugung des Unterzeichners fest (§ 286 Abs.1 ZPO). Denn die zu diesem Beweisthema (vgl. Ziffer I.1. des Beweisbeschlusses vom 04.10.2019) vernommenen Zeugen F, X, D, Y und W haben übereinstimmend bekundet, dass die von dem Geschäftsführer der Beklagten am 25.06.2016 - und damit vor der Auftragsbestätigung der Beklagten an die Klägerin – überreichte Musterplatte in Aussehen und Struktur dem von der Verbandsgemeinde Z gewünschten und dort bereits verlegten Basaltlavamaterial entsprach. Da der Beklagten dieser Hintergrund der Auftragserteilung der Klägerin nicht nur positiv bekannt gewesen ist, sondern die Beklagte durch ihren Geschäftsführer auch selbst gegenüber der Verbandsgemeinde Z konkrete Angaben über die Art und Herkunft des zu liefernden Materials getätigt hat, war ihr die Bedeutung der Musterplatte als vertragliche Beschaffenheitsabrede deutlich bewusst. Die entsprechenden Aussagen und Anpassungsvorschläge der Beklagten zu den von ihr nach Auftragserteilung vorgelegten weiteren Materialproben ab dem Sommer 2017 dokumentieren zudem, dass der Beklagten ihre vertragliche Bindung an die Beschaffenheit der ursprünglichen Musterplatte klar vor Augen stand. Insoweit wird auf die anschaulichen und lebensnahen Beschreibungen der Folgetermine vor Ort durch die Zeugen F, X, P, D, Y und W Bezug genommen. Im Übrigen hat der Sachverständige Dipl.-Min. G die hier von dem Unterzeichner aufgezeigten Überlegungen bestätigt, wonach in Anbetracht der Besonderheiten von Natursteinmaterialien die Vorlage einer Musterplatte Stand der Praxis bei der Auftragserteilung ist.
101Eine von dieser Bemusterung als Definition der vertraglichen Beschaffenheit abweichende Absprache der Parteien (vgl. KG, Urteil vom 14.09.2007 – 21 U 242/04 – juris Rd.13ff. = NJW-RR 2008, 300f.), wonach es bei dem Besprechungstermin vom Mai 2016 lediglich um die Frage der Gleichwertigkeit des Materials mit dem ausgeschriebenen K Basaltlava gegangen sei, hat die Beklagte nicht zu beweisen vermocht. Denn alle zu dieser Frage (Ziffer I.1. des o.g. Beweisbeschlusses) vernommenen Zeugen haben das Gegenteil bekundet. Der ursprünglich mit Ziffer IV.1. des Beweisbeschlusses vom 04.10.2019 angeordneten Fortsetzung der Beweisaufnahme durch eine weitere sachverständige Begutachtung bedurfte es deshalb nicht. Auf die entsprechenden Überlegungen des Unterzeichners wurde in der letzten mündlichen Verhandlung hingewiesen (S.24 des Sitzungsprotokolls).
102Weder die von der Beklagten in den Terminen vom Juni und Juli 2017 noch die im November 2017 angebotenen Materialien entsprachen in Oberfläche und Farbe der Qualität der Basaltlava-Musterplatte vom 25.05.2016. Sie entsprachen damit nicht der beklagtenseits gemäß den §§ 433 Abs.1 Satz 1, 434 Abs.1 Satz 1 BGB geschuldeten vertraglichen Beschaffenheit.
103Die zu diesem Beweisthema (Ziffern I.2. sowie II.1. und II.2.) vernommenen Zeugen F, X, P, D, Y und W haben anhand der von der Streithelferin zu den Akten gereichten – und insoweit unstreitigen - Lichtbilder detailliert, sorgfältig und in allen Punkten überzeugen geschildert, dass die Farbe, die Oberflächenstruktur und die Anzahl und Größe der Einschlüsse der angebotenen Materialien in augenscheinlich auffallender Weise abweichend von den entsprechenden Eigenschaften der Musterplatte waren. Den Vortrag der Beklagten, dass man sich im Juli 2017 über die Verwendung des dort bemusterten Materials einig geworden sei und die Verbandsgemeinde Z hiervon abweichend nunmehr im November 2017 andere Gestaltungswünsche geäußert habe („zu betonartig“), wurde von allen Zeugen widerlegt.
104Auch in Anbetracht dieses klaren Ergebnisses der Beweisaufnahme bedurfte es der ursprünglich mit Ziffer IV.2. des Beweisbeschlusses vom 04.10.2019 angeordneten Fortsetzung der Beweisaufnahme nicht, worauf gleichsam in der letzten mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde (S.24 des Sitzungsprotokolls).
105Der im Tatbestand zitierte Vorbehalt in dem Angebot der Beklagten vom 05.03.2016, einschließlich der dort formulierten Unverbindlichkeit vorgelegter Muster, führt zu keiner für die Beklagte günstigeren Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Denn mit der Bestätigung des ihr erteilten Auftrages auf der eingangs beschriebenen Grundlage des Leistungsverzeichnisses in Verbindung mit der Bemusterung hat die Beklagte mit der gebotenen Eindeutigkeit zum Ausdruck gebracht (arg. §§ 133, 157, 242 BGB), für die Übereinstimmung des von ihr zu liefernden Basaltlavamaterials in Oberfläche und Farbe mit der Qualität der Basaltlava-Musterplatte vom 25.05.2016 einzustehen (vgl. nur BGH NJW 2018, 146 Rd.18f.; BGH NJW 2017, 2817, 2828 Rd.13). Der Zusatz in dem Angebotstext tritt daher ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um allgemeine Geschäftsbedingungen und wirksam einbezogene Klauseln handelt (§§ 310 Abs.1, 305 Abs.2 BGB), hinter die gesonderte Beschaffenheitsabrede der Parteien zurück (arg. § 305b BGB; vgl. MüKo/Lorenz, BGB, 8.Aufl. 2019, § 476 Rd.9ff.). Dies gilt auch im kaufmännischen Verkehr der Parteien (vgl. OLG München, Urteil vom 29.01.2015 – 23 U 2889/14 = BeckRS 2015, 3555).
106Etwaige Lieferschwierigkeiten der Beklagten, die möglicherweise auch auf die Dauer der Freigabe der Musterplatte durch die Verbandsgemeinde Z zurückgeführt werden könnten, berühren das hier vermutete Vertretenmüssen der Beklagten (§ 280 Abs.1 Satz 2 BGB) nicht. Denn die Beklagte hat mit dem eingangs dargestellten Vertragsschluss einschließlich der Beschaffenheitsabrede das sogenannte Beschaffungsrisiko übernommen (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 80.Aufl. 2021, § 281 Rd.16 und § 276 Rd.30ff. m.w.N.).
107b) Der Klägerin steht deshalb gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zu, der den Ersatz der Kosten für die anderweitige Beschaffung eines den vertraglichen Absprachen der Parteien entsprechenden Basaltlavamaterials durch einen Deckungskauf erfasst (§§ 281 Abs.1, 280 Abs.1, 251 BGB; BGH NJW 2013, 2959, 2960 – Lieferung von Biodiesel; Dornis in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck.online Großkommentar, BGB, Stand 01.03.2020, § 286 Rd.26ff. m.w.N. zum Streitstand). Nichts anderes würde unter dem Aspekt einer (schuldhaften) Verletzung einer Nacherfüllungspflicht der Beklagten als Verkäuferin im Sinne der §§ 437 Ziffer 3., 439f. BGB gelten (vgl. BGH NJW 2014, 2183, 2184 Rd.23f. – Lieferung mangelhafter Profilleisten; MüKo/Westermann, BGB, 8.Aufl. 2019, § 437 Rd.35).
108Die tatsächlichen Voraussetzungen für die hier zugesprochenen Mehrkosten aus einem Deckungskauf haben die Klägerin und ihre Streithelferin in Höhe von 69.792,18 € schlüssig dargetan.
109Hierzu hat die Klägerin zunächst auf den Seiten 17 bis 20 der Klageschrift die entsprechenden Berechnungsgrundlagen vorgetragen und dazu die im Tatbestand aufgelisteten Vertragsunterlagen zwischen ihr, der E GmbH & Co. KG sowie der Streithelferin eingereicht. Auf den Einwand der Beklagten auf den Seiten 12 und 13 der Klageerwiderung, die Klägerin müsse die Kosten des Deckungskaufs für die Schadensberechnung zu den beklagtenseits geschuldeten Mengen und Positionen in Beziehung setzen, hat die Klägerin auf den Seiten 2 bis 11 der Replik vom 20.05.2019 diese Gegenüberstellung detailliert vorgenommen. Dieser einleuchtenden Darstellung ist die Beklagte in der Sache nicht weiter entgegen getreten. Mit den von dem Unterzeichner als pauschales Bestreiten des Klägervortrages gelesenen Ausführungen der Beklagten auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 20.08.2019 genügt die Beklagte angesichts ihrer Ortskenntnis und ihrer Sachkunde als Fachfirma nicht der ihr gemäß § 138 Abs.1 und Abs.2 ZPO obliegenden Erwiderungslast.
110Gleiches gilt auch für den Einwand der Beklagten, das nunmehr verarbeitete Material entspreche weder dem Vertragsverhältnis der Parteien noch dem Leistungsverzeichnis der Klägerin. Denn den dazu eingereichten Lichtbildern lässt sich die Richtigkeit dieses Vortrages nicht entnehmen, auch Beweisantritte fehlen. Nachdem die Streithelferin der Klägerin diesem Vortrag mit Schriftsatz vom 10.09.2019 (dort S.2f.) entgegen getreten ist, kann dieser Beklagtenvortrag folglich nicht als unstreitig zugrunde gelegt werden. Nicht zuletzt sprechen die von allen vernommenen Zeugen übereinstimmend bekundeten Vorgaben der Verbandsgemeinde Z zu der notwendigen Übereinstimmung des auf dem Q zu verlegenden Materials mit dem Aussehen und der Oberflächenbeschaffenheit der ersten Musterplatte gegen die Richtigkeit des Beklagtenvortrages.
111Soweit die Beklagte vorbringt, die Angeboten und Rechnungen der E GmbH & Co. KG seien übersetzt, ist dieser Einwand schon rechtlich nicht erheblich.
112Denn der hier vorgenommene Deckungskauf stellt in der Sache nichts anderes als eine sogenannte Ersatzvornahme dar, nämlich die Durchführung der geschuldeten Leistungen durch den Gläubiger selbst oder einen Dritten (vgl. § 637 Abs.1 BGB – Selbstvornahme). Dazu ist im Werkvertragsrecht anerkannt, dass das Prognoserisiko, mithin die Verteuerung einer Selbst- oder Ersatzvornahme gegenüber den Vertragspreisen des nichtleistenden Unternehmens, zu Lasten des Unternehmers geht, solange sich der Besteller im Rahmen dessen hält, was ein verständiger und wirtschaftlich denkender Bauherr aufgrund sachkundiger Beratung für erforderlich halten durfte (OLG Celle, Urteil vom 12.05.2016 – 16 U 131/15 = BeckRS 2016, 135513 Rd.26ff., rechtskräftig durch BGH, Beschluss vom 26.09.2018 – VI ZR 156/16 -; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2015 – 21 U 71/14 = BeckRS 2016, 4059 Rd.140f.; Palandt/Sprau, BGB, 80.Aufl. 2021, § 637 Rd.6 m.w.N.). Erst wenn die Kosten der Selbst- oder Ersatzvornahme diese Grenze überschreiten, greift der Einwand eines Verstoßes des Bestellers gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs.2 BGB; Palandt/Sprau, aaO., § 637 Rd.6). Nichts anderes gilt im Rahmen des Schadensersatzes aus einem Kaufvertrag in Bezug auf ein Deckungsgeschäft (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2017, 1493, 1494 Rd.22; OLG Brandenburg, Urteil vom 27.04.2016 – 4 U 153/14 = BeckRS 2016, 9264).
113Allein die Bezugnahme auf ein im Zeitpunkt des Deckungskaufes mehr als 2 Jahre alten Angebotes verlagert deshalb das von der Beklagten zu tragende Prognose- oder Beschaffungsrisiko nicht auf die Klägerin. Dabei musste auch der Umstand Berücksichtigung finden, dass die Klägerin in Anbetracht der ihr von der Streithelferin und dieser von der Verbandsgemeinde Z gesetzten Leistungsfristen spätestens im Dezember 2017 zeitnah handeln musste und durfte. Die Pflicht zur Schadensminderung (§ 254 Abs.2 BGB) kann in einer derartigen Situation sogar zu einem Deckungskauf verpflichten (vgl. BGH NJW-RR 1993, 626, 627 unter II.1.a)). Die Beklagte war ausweislich der im Tatbestand ausführlich wiedergegebenen Korrespondenz der Parteien und Schreiben der Klägerin vom 22.12.2017, 09.01.2018, 16.01.2018 und 26.01.2018 hierüber informiert. Auch der Deckungskauf wurde dort angekündigt.
114Vor diesem Hintergrund genügt die Beklagte mit ihrem Einwand auch nicht der ihr im Zivilprozess obliegenden Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß der Klägerin gegen eine Schadensminderungspflicht (OLG Düsseldorf, aaO., Rd.141; OLG Brandenburg, aaO., Rd.113; Palandt/Sprau, aaO., § 637 Rd.7 sowie Palandt/Grüneberg, ebenda, § 254 Rd.72). Denn mit den Materialien und Kosten der von der Klägerin bei der E GmbH & Co. KG aufgegebenen Lieferungen setzt sich die Beklagte inhaltlich konkret nicht auseinander.
115c) Über den zugesprochenen Betrag von 69.792,18 € hinausgehende Schäden hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.
116Die ursprünglich in der Klageschrift vorgetragenen Mehrkosten sind ausweislich der Replik überholt. Insoweit wird auf die Darstellung der Berechnungen der Klägerin im Tatbestand Bezug genommen. Die dort angekündigte weitere Stellungnahme der Klägerin liegt nicht vor.
117d) Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs.2, 286 Abs.1 BGB.
118Die verzugsbegründende Mahnung wurde unter dem 06.10.2018 ausgesprochen (Anlage K37 zur Klageschrift).
1192. Die Widerklage ist nicht begründet.
120Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von 72.101,80 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe der in dem Widerklageantrag zu 1. im Einzelnen aufgelisteten Natursteinprodukte aus den §§ 433 Abs.2, 650 Satz 1 BGB. Denn die Klägerin ist infolge der von ihr zu Recht erhobenen Einrede des nichterfüllten Vertrages aus § 320 Abs.1 Satz 1 BGB dazu berechtigt, die Abnahme der Natursteinprodukte und Zahlung des Kaufpreises zu verweigern (vgl. BGH NJW 2020, 2104, 2110 Rd.53; BGH, Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR 211/15 = NJW 2017, 1100, 1101 Rd.17; Faust in Hau/Poseck, BeckOK-BGB, 55.Edit., 01.08.2020, § 433 Rd.40f.; Höpfner in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.Großkommentar, BGB, Stand 01.10.2020, § 437 Rd.12; MüKo/Westermann, BGB, 8.Aufl. 2019, § 437 Rd.18). Insoweit wird auf die Ausführungen oben unter 1.a) Bezug genommen.
121Der gemäß den §§ 256 Abs.1, 756 Abs.1, 765 Ziffer 1. ZPO zulässige Feststellungsantrag ist deshalb gleichsam nicht begründet.
122Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs.1, 92 Abs.2 Ziffer 1., 101 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
123Streitwert: 146.779,81 € (§ 45 Abs.1 Satz 1 GKG).
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