Urteil vom Landgericht Essen - 35 KLs-302 Js 107/11-9/14
Tenor
Die Angeklagten sind jeweils der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in Tateinheit mit gewerbsmäßigen unerlaubten Eingriffs in verwandte Schutzrechte in 152 Fällen sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem Fall schuldig.
Daneben ist die Angeklagte C schuldig des unerlaubten Erwerbs von mit Betäubungsmitteln in 27 Fällen.
Der Angeklagte N ist weiter des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 27 Fällen und des Diebstahls in 10 Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch verblieb, schuldig.
Es werden verurteilt:
- der Angeklagte N zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 (drei) Jahren und 3 (drei) Monaten und
- die Angeklagte C einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 (zwei) Jahren.
Die Unterbringung der Angeklagten C in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Bei beiden Angeklagten gelten jeweils 3 (drei) Monate der Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verzögerung des Verfahrens als vollstreckt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften
bzgl N: §§ 106 Abs. 1, 108 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 5 und 7, 108a Abs. 1 UrhG, 1, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BtMG, 242, 243 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nrn. 1-3, 22, 23, 25 Abs. 2, 52, 53, 73c StGB
bzgl. C: §§ 106 Abs. 1, 108 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 5 und 7, 108a Abs. 1 UrhG, 1, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BtMG, 21, 25 Abs. 2, 52, 53, 64, 73c StGB, 17 Abs. 2 BZRG
1
Gründe:
2(hinsichtlich des Angeklagten N abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
3I. Vorspann
4Das Urteil hat verschiedene Tatkomplexe zum Inhalt, die erstens Straftaten gegen das Urheberrechtsgesetz, zweitens Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz und drittens besonders schwere Fälle des Diebstahls betreffen.
5Es ist hinsichtlich des Angeklagten N rechtskräftig. Nur ihn betrifft der dritte Tatkomplex „Einbruchsdiebstähle“. Aufgrund seiner geständigen Einlassung war er insoweit wegen 10 Fällen des Diebstahls (zweimal davon versucht) zu verurteilen, die er im Zeitraum vom 24.12.2011 bis zum 10.05.2012 begangen hat. Er handelte dabei in mehreren Fällen gemeinsam mit dem ursprünglich Mitangeklagten X.
6Da sich die weiteren Vorwürfe aus der Anklageschrift allein gegen die übrigen Angeklagten N und C richteten, hat die Kammer das Verfahren gegen den ebenfalls geständigen X abgetrennt. Er wurde von der Kammer unter dem Aktenzeichen … am 20.01.2016 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
7Die nachfolgend festgestellten Taten zu den Komplexen „Urheberrechtsverstöße“ und „Betäubungsmittelverstöße“ hat die Kammer auf Grundlage der geständigen Einlassungen der beiden Angeklagten feststellen können. Ihre Angaben wurden ergänzt und bestätigt durch das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere durch die Angaben des Zeugen F, der hauptverantwortlicher Ermittlungsführer der Polizei gewesen ist, und des Zeugen S, einem privaten Ermittler, der für die Firma Q GmbH aus I beruflich damit befasst ist, gewerbsmäßige Urheberrechtsverstöße aufzudecken.
8Es konnte danach festgestellt werden, dass die Angeklagte C für den Angeklagten N jedenfalls in der Zeit vom 01.07.2009 bis zum 31.05.2012 jeweils wöchentlich mindestens 2.000 CDs und DVDs als „Raubkopien“ von aktuellen Kinofilmen und Chartmusik „brannte“, die von einer Gruppierung um die gesondert verfolgten Brüder F1 und F2 auf einem Flohmarkt an der F3 Universität verkauft wurden und an deren Erlös der N beteiligt wurde. Anders als der Angeklagte N war C am Verkaufsgeschehen nicht beteiligt.
9Der Angeklagte N entlohnte die heroinabhängige C hierfür zunächst mit Bargeld und kaufte später - dies ist Gegenstand des 2. Tatkomplexes - in mindestens 27 Fällen für sie jeweils 2,5 Gramm Heroin, welches er ihr als Gegenleistung für ihre Arbeitskraft zum Konsum überließ.
10In einem weiteren Fall entschlossen sich die beiden Angeklagten darüber hinaus gemeinsam, 30 Gramm Heroin zu erwerben, um es anschließend gewinnbringend weiterzuverkaufen.
11Soweit dem Angeklagten N mit der Anklageschrift zudem in 12 Fällen Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe der Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuerjahreserklärungen für die Veranlagungszeiträume 2009 - 2012 und der Angeklagten C Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgeworfen worden war, ist das Verfahren gemäß § 154 StPO eingestellt worden. In gleicher Weise erfolgte eine Verfahrenseinstellung soweit den Angeklagten vor dem 01.07.2009 liegende Urheberrechtsverstöße und nach dem 31.05.2012 liegenden Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last gelegt wurden. Hinsichtlich des Angeklagten N erfolgte zudem eine Beschränkung der Verfolgung gemäß § 154a StPO bezüglich der Diebstahlsfälle 1 (Fallakte 1) und 9 (Fallakte 8) auf eine Versuchsstrafbarkeit sowie auf den Vorwurf des Diebstahls, soweit durch die Tat 6 (Fallakte 5) auch eine Strafbarkeit wegen tateinheitlich verwirklichter Steuerhehlerei in Betracht kam.
12Das Urteil beruht nicht auf einer Verständigung gem. § 257c StPO.
13II. Feststellungen zu den Personen
141. Zur Person des Angeklagten N
15Der Angeklagte wurde am … in E geboren und wuchs dort auch auf. Nach der Erlangung der Mittleren Reife absolvierte er zunächst eine dreijährige Ausbildung zum Matrosen. Im Anschluss daran erlernte er den Ausbildungsberuf des Binnenschiffers. Danach arbeitete er für etwa 15 Jahre als Steuermann und Schiffsführer auf verschiedenen Binnenschiffen auf dem Rhein und auf der Donau. Zu einem dem Angeklagten nicht mehr genau erinnerbaren Zeitpunkt, etwa im Jahre 2007, erkrankte er an Hepatitis und musste sich zudem wegen erheblicher Beschwerden an seinen Knien mehreren Operationen unterziehen. Er verlor in Folge der sich anschließenden Krankschreibungen und langwierigen Krankenhausaufenthalte seine Anstellung als Binnenschiffer.
16Im maßgeblichen Tatzeitraum der Jahre 2009 bis 2012 ging der Angeklagte keiner regulären Beschäftigung nach, er bezog nach eigenen Angaben auch keine Sozialleistungen und war nicht krankenversichert.
17Ausweislich seines Bundeszentralregisterauszuges vom 07.01.2016 ist er bislang folgendermaßen bestraft worden:
181.) Am 14.05.1998 verurteilte ihn das Amtsgericht C1 wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 25 DM.
192.) Mit Urteil vom 04.12.1998 verurteilte ihn das Amtsgericht L wegen Betruges in 14 Fällen jeweils tateinheitlich mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 80 DM.
203.) Am 18.11.1999 verurteilte ihn das Amtsgericht L wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 57 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 10.05.2004 erlassen.
214.) Mit Beschluss vom 08.05.2000 bildete das Amtsgericht C1 aus den Urteilen des Amtsgerichts C1 vom 14.05.1998 und des Amtsgerichts L vom 04.12.1998 nachträglich eine Gesamtstrafe von 260 Tagessätzen zu je 60 DM.
225.) Am 29.07.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht L wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 30 €. Zudem wurde ein Fahrverbot von 1 Monat verhängt.
236.) Am 26.02.2008 wurde der Angeklagte N erneut, diesmal durch das Amtsgericht C2 wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 € verurteilt. Wiederum wurde 1 Monat Fahrverbot verhängt.
247.) Wegen falscher Versicherung an Eides Statt verurteilte ihn sodann das Amtsgericht C1 am 19.02.2010 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 €.
258.) Das Amtsgericht E1 verurteilte ihn am 11.02.2011 wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10 €. Zudem wurde ein Fahrverbot von 1 Monat verhängt.
26Sämtliche Geldstrafen sind durch vollständige Zahlung erledigt.
279.) Zuletzt verurteilte ihn das Amtsgericht C2 am 12.04.2011 wegen Betruges in 9 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 12.04.2011 rechtskräftig.
28Das Amtsgericht hat dazu die folgenden Feststellungen zur Sache getroffen:
29„In der Sache hat das Gericht auf der Grundlage der glaubhaften geständigen Einlassung des Angeklagten folgenden Sachverhalt festgestellt:
30Der Angeklagte bot vom 11.03.2010 bis zum 16.03.2010 unter dem Benutzernamen "A" verschiedene Waren, insbesondere aber O Spielkonsolen, im Onlinewarenportal F4 zum Verkauf an. Dabei täuschte der Angeklagte beim jeweiligen Vertragsschluss zumindest mit bedingtem Vorsatz über seine Erfüllungsbereitschaft und Erfüllungsfähigkeit.
31Im Einzelnen zahlten in neun Fällen Kunden den Kaufpreis, ohne vom Angeklagten die entsprechende Gegenleistung zu bekommen. Folgende Zahlungen erfolgten zu Gunsten des Angeklagten:
32Am 11.03.2010 388,90€.
33Am 12.03.2010 111 ;90€.
34Am 15.03.2010 113,45€.·
35Am 15.03.2010 108,90€.
36Am 16.03.2010 241,89€.
37Am 16.03.2010 112,90€.
38Am 16.03.2010 74,37€.
39Am 16.03.2010 · 127,92€.
40Am 17.03.2010 122,90€.
41Durch die Taten ist ein Gesamtschaden von 1393,13€ entstanden.“
42Zur rechtlichen Würdigung und Strafzumessung hat es ausgeführt:
43„Der Angeklagte hat sich somit wegen Betruges in neun Fällen gem. §§ 263,53 StGB schuldig gemacht.
44Bei der Strafzumessung ist zum Nachteil des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, auch schon in einschlägiger Weise, obwohl die entsprechenden Verurteilungen mindestens elf Jahre zurückliegen.
45Zu seinen Gunsten war zu berücksichtigen, dass der jeweilige Schaden nicht besonders hoch war und insbesondere dass der Angeklagte geständig war und bereits damit begonnen hat den Schaden wiedergutzumachen.
46Unter Berücksichtigung dieser Umstände, insbesondere auch des Umstandes, dass der Angeklagte innerhalb weniger Tagen neun Taten begangen erschien die Verhängung von jeweils Einsatzfreiheitsstrafen von drei Monaten tat- und schuldangemessen, wobei unter nochmaliger Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte aus diesen Einsatzfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zu bilden und zu verhängen war.
47Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe konnte gern. § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Zwar ist der Angeklagte vorbestraft, u.a. in einschlägiger Weise. Man kann jedoch festhalten, dass die Wirkung der 2004 erlassenen einzige Freiheitsstrafe, die gegen den Angeklagten verhängt worden ist, immerhin ca. sechs Jahre angehalten hat, also dürfte erneut die Androhung einer Freiheitsstrafe von immerhin einem Jahr ausreichen, um den Angeklagten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.“
48Aufgrund eines gröblichen und beharrlichen Verstoßes gegen Weisungen aus dem Bewährungsbeschluss - nämlich der weisungswidrig nicht erfolgten Schadenswiedergutmachung und Nichterfüllung der Meldeauflage - wurde die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung durch das Amtsgericht C2 am 14.02.2012 widerrufen.
49Der Angeklagte wurde in hiesiger Sache festgenommen am 08.08.2012 aufgrund des Haftbefehls des AG F5 vom 03.08.2012 (…). Er verbüßte seit diesem Tag bis zum 07.08.2013 die Freiheitsstrafe vom einem Jahr aus dem oben zitierten Urteil des Amtsgerichts C2 vom 12.04.2011. Nach Vollverbüßung der Strafhaft befand er sich noch weitere 6 Tage in Untersuchungshaft aufgrund des vorgenannten Haftbefehls bis zu dessen Außervollzugsetzung durch Beschluss des AG F5 vom 13.08.2013 (…).
50Die Kammer hat den Haftbefehl in der Form des Außervollzugsetzungsbeschlusses mit Beschluss vom 24.07.2015 aufgehoben.
51Der Angeklagte, der aus einer früheren Beziehung eine Tochter im Alter von elf Jahren hat, heiratete im Jahre 2013 im Vollzug seine jetzige Ehefrau. Diese hat zwei volljährige, berufstätige Kinder. Sie selbst ist im Management der Firma U tätig und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 4.000,00 Euro.
52Nach seiner Haftentlassung am 13.08.2013 fand der Angeklagte zunächst für ein Jahr eine Anstellung auf einem Flusskreuzfahrtschiff. Seit dem Februar 2015 ist er bei der E2 beschäftigt und dort mit der Bearbeitung von Beschwerden von Geschäftskunden im Mobilfunkbereich befasst. Er erhält aus dieser Tätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1.750,00 Euro.
53Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von etwa 38.000,00 Euro bei privaten Gläubigern. Darüber hinaus sind gegen ihn Steuerbescheide bestandskräftig geworden, aus denen sich Forderungen der Finanzverwaltung in Höhe von mehr als 500.000,00 Euro ergeben. Diese Forderungen beruhen im Wesentlichen auf der steuerlichen Behandlung der Einnahmen aus der angeklagten Veräußerung der hergestellten Datenträger.
54Der Angeklagte N war zu keiner Zeit drogen- oder alkoholabhängig.
552. Zur Person der Angeklagten C
56Die Angeklagte wurde am … in E3 in problematischen familiären Verhältnissen geboren. Ihre Mutter war Alkoholikerin und konsumierte Betäubungsmittel unterschiedlicher Art. Die Angeklagte hat zwei Halbschwestern, die ein und zwei Jahre jünger sind und aus einer weiteren Beziehung der Mutter stammen. Aus der zweiten Ehe ihres leiblichen Vaters gibt es noch einen jüngeren Halbbruder in Kroatien. Ihre Mutter verstarb im Jahr 2007. Zu ihrem leiblichen Vater besteht kein Kontakt.
57Als die Angeklagte vier oder fünf Jahre alt war, wurde sie erstmals in einem Heim in E3 untergebracht, nachdem ihre Mutter wegen der Beteiligung an einem Raub mit Todesfolge inhaftiert wurde und ihr Vater, ein Kroate, ebenfalls in Haft gekommen war. Er wurde später abgeschoben.
58Nach einem zwischenzeitlichen Aufenthalt bei einer Pflegefamilie in N1 wurde die Angeklagte erneut in einem Heim in E3 aufgenommen. Sie besuchte die Grundschule von der ersten bis zur vierten Klasse, ohne Probleme mit den schulischen Leistungen zu haben. Sie lief aber bereits in diesem Alter mehrfach aus dem Heim fort und übernachtete auf der Straße. Im Anschluss daran besuchte sie in E3 die Hauptschule, wo sie jedoch als „Störenfried“ der Schule verwiesen wurde.
59Im Alter von zwölf Jahren kam sie in ein Heim für schwer erziehbare Kinder in I1 und besuchte eine der Einrichtung angeschlossene „Heimschule“, die sie ohne Abschluss verließ. Sie begann mit selbstverletzendem Verhalten und fügte sich mit Rasierklingen wiederholt erhebliche Verletzungen an den Armen und Händen zu. In dieser Zeit wurde sie mehrfach in einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik in W für jeweils 2 bis 4 Wochen stationär behandelt. Sie begann damit, über einen Zeitraum von etwa einem Jahr an Klebstoff zu schnüffeln. Ebenfalls im Alter von zwölf Jahren konsumierte sie erstmals Cannabis und Heroin, letzteres zunächst rauchend, später gelegentlich auch intravenös. Ab dem 14. Lebensjahr „kiffte“ sie durchgängig bis zum Alter von 17 Jahren. In dieser Phase verzichtete sie auf den Heroinkonsum, nahm stattdessen regelmäßig „Partydrogen“ wie Ecstasy und Speed zu sich, probierte einige Male den Konsum vom LSD aus und nahm Benzodiazepine ein. Sie nahm zum ersten Mal in einer Klinik in M an einer stationären Entgiftungsmaßnahme teil, die sie - wie zahlreiche folgende Entgiftungsversuche auch - vorzeitig und ohne durchschlagenden Erfolg abbrach. Nur zwei Tage nach dem Abbruch der Entgiftung wurde sie mit Heroin rückfällig, „zunächst langsam, dann aber heftig“.
60Im Alter von etwa 18 Jahren holte sie an der Volkshochschule I2 den Hauptschulabschluss nach. Mit 19 Jahren befand sie sich für 4 - 5 Monate erstmals in einer Therapieeinrichtung - der Villa M1, einer von der Jugendhilfe getragenen Einrichtung für jugendliche Abhängigkeitserkrankte – zur Durchführung einer stationären Drogentherapie, die sie wegen eines Streites mit einer Mitpatientin verlassen musste. Bis heute war dies ihre einzige länger andauernde stationäre Drogentherapie. Nach ihrem gescheiterten Therapieversuch lebte sie gemeinsam mit einem Partner in P, die Beziehung dauerte etwa sieben Jahre. Die Angeklagte konsumierte in dieser Zeit ein- bis zweimal pro Woche Heroin und an den Wochenenden Ecstasy. Sie probierte zudem halluzinogene Pilze aus, ohne daran besonderen Gefallen zu finden. Kokain konsumierte sie „immer nur sporadisch, ein paar Mal im Jahr“. Ein weiterer Entgiftungsversuch wegen der fortdauernden und von der Angeklagten selbst als Qual erlebten Heroinabhängigkeit in einer Klinik in N2 scheiterte.
61Trotz des Drogenkonsums ging sie verschiedenen Erwerbstätigkeiten nach und arbeitete über mehrere Jahre zunächst in Teilzeit-, später in Vollzeitanstellung in einem Callcenter. Es war ihr auf diese Weise möglich, ihren fortwährenden Bedarf an Heroin und anderen Drogen ganz überwiegend aus legalen Einnahmequellen zu bestreiten.
62Im Jahre 2007 oder 2008 fand sie eine Anstellung in einer Werbeagentur, der Firma E4 GmbH & Co. KG in P, wo sie bis zu 2.500,00 Euro netto im Monat verdiente. Unter anderem wegen des Vorwurfs, dass sie drogenabhängig sei und deswegen ihre Arbeit nicht richtig erledigen würde, kündigte der Arbeitgeber ihre Anstellung Anfang April des Jahres 2009 fristlos.
63Sie begann daraufhin - begleitend zu ihrem Heroinkonsum - erneut mit dem Konsum von Benzodiazepinen und nahm C3, U1 und S1 ein. Sie ließ sich diese Arzneimittel von einem Arzt verschreiben und nahm sie sporadisch in schwankenden Mengen ein, teilweise verkaufte sie die Arzneimittel aber auch in der „Szene“ weiter, um so Geldmittel für ihren Heroinkonsum zu erlangen.
64Sie war in dem gesamten von der Anklage umfassten Zeitraum betäubungsmittelabhängig und konsumierte mehrfach in der Woche ganz überwiegend inhalativ bis zu maximal 3,5 g Heroin am Tag. Daneben nahm sie gelegentlich auch andere Drogen, zumeist Amphetamine zu sich. Kurz nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes verlor die Angeklagte wegen Mietschulden auch ihre Wohnung. Sie zog darauf hin, wie bei den Feststellungen zur Sache auszuführen sein wird, bei dem Angeklagten N ein.
65Die Angeklagte nahm mehrfach an Substitutionsprogrammen mit Methadon teil, ohne diese noch genau zeitlich einordnen zu können. Seit ihrer Kindheit waren die längsten Phasen, in denen sie keine Drogen einnahm, maximal drei bis vier Monate lang. Die Anzahl von Entgiftungsversuchen, die jeweils auf dem Willen der Angeklagten beruhten, die von ihr selbst als Problem erkannte Betäubungsmittelabhängigkeit zu überwinden, ist so groß, dass sie von ihr selbst nicht mehr benannt werden konnte. Ihr Ziel ist es, ein Leben ohne Drogen zu führen. Sie selbst erkennt, dass ihr „Problem mit Heroin“ so groß ist, dass sie mit dem Konsum nicht aufhören kann - bislang weder aus ihrem eigenen Antrieb noch mit der Hilfe von mehrfach freiwillig aufgesuchten Hilfsangeboten.
66Neben dem Konsum von Heroin, der quasi seit ihrer Jugend nahezu durchgängig bis heute anhält, ist die Angeklagte auch an den Konsum von erheblichen Mengen Alkohol gewöhnt. So trank sie im Frühjahr 2012 über einen Zeitraum von 2 bis 3 Monaten etwa eine halbe Flasche Korn pro Tag. Im Jahr 2014 steigerte sich ihr Verlangen nach Alkohol, sie trank dann bis zu 3 Flaschen Wodka oder K am Tag und nahm zusätzlich Benzodiazepine ein. Im Gegensatz zu ihrem Heroinkonsum vermag sie indessen ihren Alkoholkonsum und den Konsum anderer Suchtmittel durchaus zu steuern und weist keine diesbezügliche Abhängigkeit auf.
67Zuletzt erfolgten stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen der Angeklagten vom 03.01.2015 bis zum 10.03.2015 im T Krankenhaus in C4, wo sie mit einer Blutalkoholkonzentration von 4 ‰ auf die Intensivstation eingeliefert worden war. Am 19.03.2015 wurde sie dort erneut, diesmal mit einer Blutalkoholkonzentration von 3,38 ‰, aufgenommen und befand sich bis zum 30.03.2015 in Behandlung.
68Es folgten ein Aufenthalt im F6-Krankenhaus in H in der Zeit vom 21.04.2015 bis zum 12.05.2015, ein weiterer Aufenthalt im Juli 2015, sowie eine Aufnahme vom 21. Dezember bis zum 22.12.2015. Ab Sommer 2015 trank sie nur noch selten Alkohol.
69Vor Beginn der Hauptverhandlung am 14.01.2016 befand sie sich vom 29.12.2015 bis zum 15.01.2016 im N3-Krankenhaus in X1 zur Entgiftung. Die Entgiftung wurde vorzeitig abgebrochen, da es Probleme mit den Mitpatienten gab. Unmittelbar nach ihrer Entlassung dort wurde die Angeklagte mit Heroin rückfällig. Bislang konsumierte sie maximal etwa 3,5 Gramm Heroin pro Tag. Nach eigenen Angaben „setze sie immer wieder noch einen drauf, das passiere einfach so“. Sie leidet auch subjektiv - körperlich und seelisch - erheblich unter der festgestellten Abhängigkeit und hat gleichwohl selbst die Hoffnung noch nicht aufgegeben, ein Leben ohne Heroinkonsum führen zu können - auch um den Bestand der Beziehung zu ihrem aktuellen Partner nicht weiter zu gefährden.
70Die Angeklagte konsumierte auch an und zwischen den Hauptverhandlungstagen wiederholt Heroin. Sie rauchte in den letzten Jahren durchgängig entweder ca. 2,5 Gramm Heroin pro Tag oder spritzte sich mindestens einmal etwa 0,2 Gramm Heroin intravenös. Am Abend vor ihrem ersten Gespräch mit dem Sachverständigen T1 nahm sie drei Tabletten C3 (Wirkstoff: Bromazepam) mit Wodka zu sich. Während der Hauptverhandlung wurde sie erneut in ein Methadonprogramm in C5 aufgenommen. Die Angeklagte ist vom Grundsatz her wegen ihrer Heroinsucht therapiebereit, lehnt eine Unterbringung nach § 64 StGB aber ab, weil sie aus ihrer Sicht strafähnlichen Charakter hat und mit Zwang verbunden ist. Stattdessen hat sie den Wunsch geäußert, eine sogenannte Kombinationsbehandlung im Therapiezentrum P1 in H1 zu absolvieren. Hierbei werden die Patienten für maximal 22 Wochen stationär aufgenommen und anschließend ambulant behandelt, um die Befähigung zur sozialen und beruflichen Wiedereingliederung zu erreichen. Zur ambulanten Weiterbehandlung beabsichtigt die Angeklagte in ihre eigene Wohnung nach C5 zurückzukehren. Einen Aufnahmetermin für diese Klinik hat sie nicht. Stattdessen rechnet sie mit einer Wartezeit von 1 bis 1 ½ Jahren. Vor wenigen Jahren wurde sie bereits einmal von der dortigen Warteliste gestrichen, weil sie sich nicht an die Auflage, sich dort vorab regelmäßig zu melden, gehalten hat.
71Die Angeklagte ist ledig und kinderlos. Sie bezieht Sozialleistungen nach dem SGB II und befindet sich momentan in einer Beziehung, ihr Freund ist Veterinärmediziner und finanziert derzeit ihren Betäubungsmittelbedarf mit.
72Strafrechtlich ist sie bislang folgendermaßen in Erscheinung getreten:
731.) Das Amtsgericht P2 (Az. …) verurteilte sie am 13.07.2007 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Geldwäsche zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafe aus dem seit dem 10.08.2007 rechtskräftigen Urteil wurde mit Wirkung zum 08.06.2011 nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen.
742.) Mit Urteil des Amtsgerichts P2 vom 04.03.2010 (Az. …), rechtskräftig seit dem 05.04.2011 wurde sie wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt. Die Geldstrafe ist vollständig bezahlt.
75Die Angeklagte wurde in hiesiger Sache festgenommen am 08.08.2012 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts F5 vom 03.08.2012 (…). Sie befand sich seit diesem Tage bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls durch Beschluss des Amtsgerichts F5 am 21.08.2012 (…) in Untersuchungshaft.
76Die Kammer hat den Haftbefehl in der Form des Außervollzugsetzungsbeschlusses mit Beschluss vom 24.07.2015 aufgehoben.
77III. Feststellungen zur Sache
781. Tatkomplex: Urheberrechtsverstöße
79a) Vorgeschichte
80Der damals in C5 lebende Angeklagte N kam über seine Bekanntschaft zu dem Zeugen T2 in Kontakt mit den - gesondert verfolgten - Brüdern F1 und F2 aus F3. Der Zeuge T2 stellte seit einiger Zeit für die beiden Brüder sogenannte „Raubkopien“ von aktuellen Kinofilmen und Musik her, indem er diese als Dateien aus dem Internet herunterlud und auf beschreibbare Datenträger - CDs und DVDs - kopierte. Er erhielt von den F1/F2, die von dem Zeugen zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs etwa 500 gebrannte Datenträger pro Woche erwarben, jeweils 50 Cent pro Stück. Der Angeklagte N beteiligte sich nach einem entsprechenden Angebot des Zeugen zunächst an dessen CD-„Produktion“ und teilte mit ihm den Gewinn aus dem Verkauf an die F1/F2. Jedenfalls ab November 2008 stellte der N gemeinsam mit dem Zeugen auf diese Weise zwischen 500 und 600 Datenträger her und verkaufte sie an die F1/F2.
81Der Angeklagte lernte so das Geschäftsmodell - aus seiner Sicht „leicht verdientes Geld“ - und die F1/F2 kennen und erfuhr, dass diese die Datenträger auf einem Flohmarkt, der regelmäßig samstags im Bereich der F3 Universität stattfindet, veräußerten. Weil die F1/F2 im Laufe der Zeit mit der Qualität der von dem Zeugen T2 gelieferten Ware nicht mehr zufrieden waren, kam es zu einem Zerwürfnis zwischen ihnen und dem Zeugen. Die Brüder F1/F2 traten deswegen an den Angeklagten heran und fragten ihn, ob er die Produktion anstelle des Zeugen T3 ganz übernehmen könne.
82N, der sich auf diese Weise eine erhebliche und dauerhafte Einnahmequelle schaffen wollte, nahm das Angebot der F1/F2 Ende des Jahres 2008 an und produzierte - noch nicht verfahrensgegenständlich - von da an zunächst selbst mehrere 100 Datenträger pro Woche.
83Auch die damals in C5 allein lebende Angeklagte C kannte den Zeugen T2. Sie hatte ihn in einer C5 Kneipe kennengelernt, wo er sich als Discjockey betätigte. Es kam im Folgenden zu privaten Treffen der beiden, bei denen C dem Zeugen Amphetamine („Pep“) überlies, wofür sie als „Gegenleistung“ mehrfach von dem Computer des Zeugen Musik und Filme kopieren durfte, die er dort gespeichert hatte.
84Nachdem die Angeklagte C im April 2009 aufgrund einer fristlosen Kündigung, die auch im Zusammenhang mit ihren Arbeitsleistungen und dem Arbeitgeber aufgefallenen Betäubungsmittelkonsum stand, arbeitslos wurde, geriet sie in eine finanzielle Schieflage. Wegen erheblicher Mietschulden ließ ihr Vermieter ihre Wohnung faktisch räumen, indem er die Wohnungstüre ausbaute und die Wasserhähne entfernte.
85b) Konkrete Taten
86Über den Zeugen T2 kam sodann der Kontakt zwischen den beiden Angeklagten zustande. Der Angeklagte N konnte zu diesem Zeitpunkt Hilfe bei der Herstellung der Raubkopien gebrauchen, nachdem die Zahl der wöchentlich verkauften Datenträger mittlerweile erheblich gestiegen war. Aus diesem Grunde vereinbarten sie, dass C bei N wohnen könne, wenn sie für ihn gegen eine Bezahlung von 5 Euro je Stunde DVD und CD Rohlinge verpacken, „eintüten“ und andere Tätigkeiten im Haushalt übernehmen würde.
87Während die Angeklagte in ihrer „Einarbeitungszeit“ anfänglich nur für das Verpacken der von dem N gebrannten Kopien zuständig war, übernahm sie bald den gesamten Produktionsablauf.
88Beide Angeklagte erkannten, dass die Herstellung und der Verkauf der Raubkopien für sie lukrativ war und die von ihnen produzierten Mengen regelmäßig fast vollständig auf dem samstäglichen Flohmarkt abgesetzt werden konnten. Um sich aus der wiederholten Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen und daraus ihren Lebensunterhalt und ihre Heroinsucht zu bestreiten, produzierte die Angeklagte C in der Zeit vom 01.07.2009 bis zum 31.05.2012, mithin über einen Zeitraum von 152 Wochen, wöchentlich jeweils mindestens 2.000 CDs und DVDs.
89Es handelte sich dabei teils um Filme, die gerade unmittelbar zuvor im Kino angelaufen und im Einzelhandel noch gar nicht erhältlich waren, teils um solche Filme, die erst seit kurzer Zeit von den Berechtigten auf DVD vertrieben wurden. Zudem produzierte die Angeklagte CDs mit Musik, wobei sie teilweise vollständige „1:1“ Kopien von neu erschienenen Singles und Alben deutscher und internationaler Künstler und andernteils sog. Sampler herstellte. Es handelte sich dabei um Zusammenstellungen von Musiktiteln, wie etwa den Top 20, Top 50 oder TOP 100 der aktuell - im offiziellen Geschäftsverkehr - absatzstärksten Titel. Sobald im Tatzeitraum Filme, Alben und Singles erschienen, bei denen wegen der Bekanntheit der jeweils beteiligten Schauspieler und Musiker mit großer Nachfrage zu rechnen war, sorgte die Angeklagte - teils aus eigenem Antrieb, teils auf Geheiß des N - dafür, dass die entsprechenden Produkte auch auf den Flohmarktständen in ausreichender Anzahl angeboten werden konnten. Die beiden reagierten dabei in Einzelfällen auch kurzfristig auf besondere Absatzchancen, wie sie sich etwa anlässlich der Todesfälle von Michael Jackson im Juni 2009 oder von Whitney Houston im Februar des Jahres 2012 ergaben. So war es beispielsweise auch die Idee der Angeklagten C, in zeitlichem Zusammenhang mit dem Tod der beiden Künstler Extra-Tische nur mit deren veröffentlichten CD´s aufzustellen. Die CD´s fanden nach Angaben der Angeklagten „reißenden“ Absatz.
90Die Angeklagte C arbeitete dabei zunächst in der Wohnung des N in der I3-Straße … in C5. Für die Kopier- und Brennarbeiten stellte ihr der N verschiedene Laptops zur Verfügung, auf denen sich bereits heruntergeladene Musik- und Filmdateien befanden. Sie besorgte mit diesen Geräten zudem eigenhändig aus illegalen Tauschbörsen kostenfrei Nachschub von aktuellem Musik- und Filmmaterial. Es handelte sich dabei im Wesentlichen um Filme, die unmittelbar zuvor im Kino angelaufen und zum Zeitpunkt des Verkaufes auf dem Flohmarkt noch gar nicht auf DVD erschienen waren sowie aktuell veröffentlichte Musiktitel aus den deutschen Charts.
91Die Angeklagte C benutzte zudem zwei von dem Angeklagten N beschaffte sogenannte Brennautomaten, wobei es sich um Maschinen handelte mit deren Verwendung mittels einer „Kopiervorlage“ in einem Arbeitsgang binnen weniger Minuten in 15 weiteren Laufwerken zeitgleich Kopien der Vorlage erstellt werden können. Die so hergestellten Raubkopien verpackte die C in flexible Plastikhüllen, die von dem N bereits mit selbst ausgedruckten Covern versehen worden waren, deren Vorlagen er, ebenfalls in Kenntnis entgegenstehender Urheber- und Verwertungsrechte, aus dem Internet heruntergeladen hatte.
92Im Tatzeitraum sorgte der N für den Nachschub an CD- und DVD- Rohlingen, überlies aber im Übrigen der C den technischen Ablauf des Herstellens. Die entsprechenden Materialkosten wurden ihm von seinen Auftraggebern, den Brüdern F1/F2, erstattet. N und C tauschten sich über die auf dem Trödelmarkt bestehende Nachfrage und den Inhalt der wöchentlichen Produktion aus. Da nur der N Kontakt zu den F1/F2 hatte und auf dem Trödelmarkt zugegen war, gab er in der Regel der C konkrete Vorgaben, welche Titel sie in welcher Anzahl für das jeweils folgende Wochenende produzieren sollte.
93Der Vereinbarung zwischen beiden entsprechend musste die C spätestens freitags die Wochenproduktion fertiggestellt haben. Zumeist brannte sie zu Anfang der jeweiligen Woche kaum Ware, putschte sich dann aber spätestens gegen Mittwoch mit Amphetaminen auf, um dann bis Freitag beinahe durchgehend Datenträger zu brennen. Sie war sich bewusst, dass der N auf ihre Mitarbeit angewiesen war und versuchte mehrfach, ihn davon zu überzeugen, dass er sie besser bezahlen solle. Der N versuchte ihr regelmäßig glaubhaft zu machen, dass er „knapp bei Kasse“ sei und es ihm nicht möglich sei, ihr mehr Geld zu zahlen. Es kam deswegen zwischen beiden mehrfach zum Streit, auch weil die C angesichts der Anzahl der von ihr hergestellten Raubkopien erhebliche Zweifel daran hatte, dass der N nicht tatsächlich erheblich mehr Geld von den Brüdern F1/F2 erhalten würde.
94Jeweils freitags veräußerte der Angeklagte N ca. 10 Päckchen mit jeweils ca. 10 CDs und DVDs an von ihm - in Abgrenzung zum Flohmarktgeschäft - als „Privatkunden“ bezeichnete Erwerber. Er fuhr hierzu vereinbarte Treffpunkte, unter anderem unterschiedliche Tankstellen und Parkplätze in F3 und P, ab. Die Kunden zahlten für die zusammengestellten Päckchen mit aktuellen Filmen und Musikalben jeweils ca. 10,00 bis 25,00 Euro.
95Den Rest der von der Angeklagten C in den Vortagen produzierten Datenträger brachte der Angeklagte jeweils am Samstagmorgen auf den Flohmarkt an der F3 Universität. Die gesondert verfolgten F1/F2 organisierten dort - im gesamten von der Anklage umfassten Zeitraum - zwei Verkaufsstände, die sie ohne Anmeldung angrenzend an das offizielle Flohmarktgeschehen in einem am Rand des Geländes befindlichen Sackgassenbereich betrieben. Dort wurden im Abstand von etwa zehn Metern zwei Verkaufstische aufgebaut. Auf dem einen Tisch wurden dabei DVDs mit Kinofilmen, auf dem anderen Tisch Musik-CDs und -DVDs angeboten.
96Auch N handelte wie C, um sich eine dauerhafte und erhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Er erhoffte sich zudem, über den Kontakt zu der Familie F7 Verbindungen ins kriminelle Milieu zu erschließen und später eventuell an größeren Geschäften im Zusammenhang mit der Einfuhr von Betäubungsmitteln und unverzollten Tabakwaren beteiligt zu werden.
97Die Brüder F1/F2 rekrutierten für die Verkaufsabwicklung wechselnde Mitglieder aus ihrem Familien- und Freundeskreis. So wurde in der Regel an den Tischen der Verkauf von ca. 3 bis 4 Personen abgewickelt. Weitere ca. 3 bis 4 Personen waren jeweils dafür zuständig, dass Umfeld des Verkaufsstandes von strategisch günstigen Punkten aus - möglichst unauffällig und scheinbar unbeteiligt - zu beobachten und im Falle des Herannahens von Polizei oder Ordnungsamtsmitarbeitern Alarm zu schlagen, um so den Verkäufern eine rechtzeitige Flucht von dem Gelände zu ermöglichen.
98Die Datenträger wurden in der Regel zum Preis von 5,00 Euro je CD angeboten, wobei Kunden, die mehrere Datenträger erwarben, ein Mengenrabatt gewährt wurde, durch den sich der Stückpreis auf 2,00 bis 3,00 Euro reduzierte. Der durchschnittlich an beiden Tischen erzielte Verkaufspreis belief sich auf etwa 3,33 Euro je Datenträger. Den Kunden war - ebenso wie allen anderen am Absatz Beteiligten - aufgrund der günstigen Preise und der Aufmachung der CDs und DVDs in billigen Klarsichthüllen mit den offensichtlich „handgemacht“ wirkenden Covern klar, dass es sich um Fälschungen handelte.
99An einer - im Einzelnen nicht mehr genau feststellbaren - Vielzahl von Samstagen war der Angeklagte nicht nur für die Belieferung zuständig, sondern auch im Umfeld der Verkaufsstände zugegen. Er hielt sich dabei bewusst im Hintergrund auf und hatte vor allem die Aufgabe, die Verkaufstische mit Nachschub zu beliefern, den er, je nach Verkaufserfolg der einzelnen Titel, aus einem in der Nähe geparkten PKW herbeiholte. Seine Anwesenheit auf dem Flohmarkt nutzte er darüber hinaus auch für eigene Verkaufsgeschäfte am Stand der F1/F2. So setzte er beispielsweise unversteuerte Zigaretten ab und generierte sich hierdurch weitere, nicht unerhebliche zusätzliche Einnahmen, was insoweit aber nicht Gegenstand der Anklage ist.
100Am Ende des jeweiligen Verkaufstages zählte einer der Brüder F1/F2 die Tageseinnahmen aus und bezahlte die Verkäufer und Wachposten, die jeweils zwischen 70,00 und 100,00 Euro für ihren Einsatz erhielten. Der Angeklagte N erhielt im Anschluss daran von den F1/F2 einen Betrag zwischen 500,00 und 600,00 Euro, mithin monatlich zwischen 2.000,00 und 2.500,00 Euro. Seine so erzielten Einnahmen versteuerte der Angeklagte nicht.
101Nachdem spätestens im Mai 2012 bei den F1/F2 und dem Angeklagten der Verdacht aufkam, dass es gegen sie gerichtete polizeiliche Ermittlungen gebe, wurde der Angeklagte N angewiesen, die fertiggestellte Wochenproduktion freitags nach H, zur Adresse S2-Straße … in H - der Wohnung der Lebensgefährtin des F2 - zu liefern und sich am Samstag vom Gelände des Flohmarktes fernzuhalten.
102Die Angeklagte C wurde von dem N im Anfangszeitraum mit einem Stundenlohn von 5 Euro bezahlt. Sie erhielt auf diese Weise zunächst ca. 200 Euro pro Woche, die ihr der N von seinem Gewinnanteil bezahlte und womit sie zunächst selbst ihren Bedarf an Heroin mitfinanzierte. Wie sie im Übrigen ihren Drogenkonsum finanziert hat, konnte nicht aufgeklärt werden. Daneben gewährte der Angeklagte N ihr zusätzlich Kost und Logis.
103Als der Vermieter des N kurz davor stand, einen Räumungstitel zu vollstrecken, verlagerte letztgenannter die Produktion der Datenträger zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2012 aus seiner Wohnung in einen unterirdischen Lagerraum, den er gemeinsam mit dem gesondert verfolgten X in der I4-Straße in H gemietet hatte. Um zu verhindern, dass die C zu viel „draußen rumspaziere“ oder selbst das dort eingelagerte Diebesgut u.a. aus den - unten noch darzustellenden - Diebstählen verwerten könnte, schlossen der Angeklagte oder der X das Lager zumeist von außen ab. Die C störte sich überwiegend nicht daran, sondern setzte - in dem Lager eingeschlossen - die Produktion fort.
104Zu einem späteren Zeitpunkt nahm der Zeuge T3 die Angeklagte C in seiner Wohnung in C5 auf, wo sie ein Zimmer zur Verfügung hatte und dort ihre Produktion unverändert fortsetzen konnte. Der N suchte sie dort regelmäßig auf, brachte ihr das benötigte Rohmaterial mit und holte die fertiggestellten Datenträger ab.
105Den beiden Angeklagten war von Anfang an bewusst, dass sowohl das unentgeltliche Herunterladen als auch das Vervielfältigen der Filme, Lieder und Cover auf beschreibaren Datenträgern zum Zwecke des Weiterverkaufes nicht erlaubt war und sie damit Urheberrechte verletzen und sich strafbar machen würden. Sie wussten, dass durch die Bedienung des Schwarzmarktes der Film- und Musikindustrie durch den entsprechenden Umsatzverlust ein nicht unerheblicher Schaden entsteht.
106Die Fähigkeit der Angeklagte C, das Unrecht ihrer Taten zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln, war trotz ihres Heroinkonsums und der zugrunde liegenden Abhängigkeitserkrankung sowie ihrer Persönlichkeitsstörung bei der Begehung ihrer Taten zu keinem Zeitpunkt vollständig aufgehoben. Trotz der vorgenannten Umstände war sie bei der Durchführung der erforderlichen Brennarbeiten in ihrem Leistungsbild keinen nennenswerten Einschränkungen unterworfen. Sie setzte Woche für Woche die entsprechenden Vorgaben des N pflichtbewusst um, ohne dass es zu Störungen im Produktionsablauf kam. Sie beging die Taten ausschließlich, um die von ihr wöchentlich benötigten Heroinmengen zu finanzieren. Vor diesem Hintergrund konnte die Kammer nicht mit völliger Sicherheit ausschließen, dass die C - jedenfalls im Einzelfall - auch getrieben durch die Angst vor Entzugserscheinungen sowie dem damit einhergehenden Suchtdruck handelte und damit in ihrer Fähigkeit, dem erkannten Unrecht entsprechend zu handeln, erheblich eingeschränkt gewesen ist.
1072. Tatkomplex Betäubungsmittelverstöße
108a) Spätestens im November 2011 trafen die beiden Angeklagten die Vereinbarung, dass N für C nunmehr Heroin erwerben und ihr als Teil der Entlohnung für die von ihr ausgeführten „Brennarbeiten“ überlassen solle.
109In Umsetzung dieser Vereinbarung kaufte der Angeklagte N zwischen dem 24.11.2011 und dem 31.05.2012 mindestens 27 Mal bei einem Verkäufer mit dem Namen „Q1“ in C5 wöchentlich Heroin, dass in 3 „Bubbles“ mit einem Gewicht von jeweils ca. 2,5 Gramm abgewogen war zu einem Kaufpreis von 60,00 Euro je „Bubble“ an. Er übergab zeitnah nach dem Erwerb dieses Heroin der Angeklagten C, die es jeweils konsumierte, indem sie es rauchte. Das von dem Angeklagten N erworbene Heroin hatte stets einen Wirkstoffanteil von jedenfalls 10 % Heroinhydrochlorid, mithin 0,75 Gramm.
110b) In einem weiteren Fall kamen die beiden Angeklagten zwischen dem 01.05. und dem 08.05.2012 zu dem gemeinsamen Entschluss, sich durch den gewinnbringenden Weiterverkauf von Heroin eine weitere Einnahmequelle neben den Erlösen aus den CD-Geschäften zu erschließen. Der Plan der Angeklagten sah vor, in einem ersten Schritt zunächst 30 Gramm Heroin zu kaufen, dieses auf 60 Gramm zu „strecken“ und dann in möglichst kleinen Einheiten an Endabnehmer gewinnbringend zu verkaufen. Der Gewinn wollten sie hälftig zwischen sich teilen. Da sich der N mit Heroin nicht auskannte, sollten die weiteren Arbeitsschritte von der C vorgenommen werden, der zunächst eine Portionierung in Einheiten von 0,2 Gramm für 10,00 Euro oder 2 bis 2,5 Gramm für 60,00 bis 65,00 Euro vorschwebte. Anschließend sollte in einer noch unbestimmten Anzahl von Fällen weiteres Heroin gekauft und gleichfalls gewinnbringend weiterverkauft werden.
111Der Angeklagte N bestellte deswegen am 08.05.2012 gegen 20:30 Uhr von einer Person namens „I5“ 30 Gramm Heroin zu einem Preis von 25,00 Euro je Gramm. Der Kontakt zu dem I5 war dem N über die F1/F2 vermittelt worden. Nachdem N das Heroin mit einem Wirkstoffanteil von jedenfalls 10 % Heroinhydrochlorid, mithin 3g Wirkstoffgehalt, zeitnah auf nicht genau festgestelltem Wege erhalten hatte, überließ er es der Angeklagten C, damit sie es vereinbarungsgemäß strecken, portionieren und anschließend an Endabnehmer gewinnbringend weiter veräußern konnte.
112Sie konnte jedoch der Verlockung des in ihrem Besitz befindlichen Heroins nicht widerstehen und konsumierte es in den folgenden Wochen vollständig selbst. Auf entsprechende Nachfragen des Angeklagten N nach ihrem Absatzerfolg vertröstete sie ihn zunächst. Als sie ihn nicht länger hinhalten konnte, räumte sie ein, dass sie die gesamte Menge von 30 Gramm selbst verbraucht hatte. N war erbost, weil er das Heroin bezahlt hatte und C ihm den Verlust nicht erstatten konnte. Es kam deswegen zu einem Streit zwischen beiden, der dazu führte, dass der Angeklagte N die Angeklagte C „vor die Tür setzte“; nach einer zeitnahen Aussprache nahm er sie jedoch wieder in seiner Wohnung auf, weil er sie für die CD-Produktion benötigte.
113Der Angeklagte N sah angesichts der Unzuverlässigkeit von C von weiteren Heroingeschäften mit ihr ab.
114Auch bei der Begehung der zuvor dargestellten Taten war die Schuldfähigkeit der Angeklagten C allenfalls im Sinne des § 21 StGB gemindert. Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund des Suchtdruckes ihre Fähigkeit, dem erkannten Unrecht entsprechend zu handeln, aufgehoben gewesen sein könnte, lagen nicht vor.
1153.) Tatkomplex Einbruchsdiebstähle des Angeklagten N
116a) Vorgeschichte und Rahmengeschehen
117Der Angeklagte und der gesondert verfolgte X lernten sich einige Zeit vor den verfahrensgegenständlichen Taten im Umfeld des oben bereits erwähnten Flohmarktes an der Universität in F3 kennen. Sie wurden später Nachbarn in F8 und kamen in engeren Kontakt zueinander. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt Ende des Jahres 2011 fassten der Angeklagte und der X den gemeinsamen Tatentschluss, sich durch die fortgesetzte Begehung von Einbruchsdiebstählen eine wiederkehrende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Gewicht zu verschaffen. Sie planten dabei ein arbeitsteiliges Vorgehen an den jeweiligen Tatorten. Der X war insbesondere für das gewaltsame Öffnen der jeweiligen Türen der Geschäftsräume zuständig. Gemeinsam sollten sodann die Räumlichkeiten nach Bargeld und stehlenswerten Sachen durchsucht und diese abtransportiert werden. Die Tatbeute und die aus deren Verkauf zu erzielenden Erlöse sollten zu gleichen Teilen unter beiden aufgeteilt werden.
118b) Konkrete Taten:
119In Umsetzung des oben beschriebenen Tatplanes kam es im Einzelnen zu den folgenden Taten:
120aa) Tat 1 (Fallakte 1)
121Der Angeklagte und der gesondert verfolgte X begaben sich am 31.12.2011 gegen 21:30 Uhr gezielt zu dem Gebäude I6-Straße … in E. Sie hatten von einem Dritten mit dem Namen N4 zuvor den Tipp erhalten, dass in dem dortigen Bürogebäude auch der Geschädigte D ein Büro angemietet habe und dort eine Vielzahl von Mobiltelefonen des Typs B lagere. In dem Gebäude hebelten sie mit zu diesem Zwecke mitgeführtem Einbruchswerkzeug, wie Brecheisen, Hammer und Akkuschrauber, die Etagenzugangstür in der 4. Etage auf, um zu dem Büro des Geschädigten zu gelangen. Sodann hebelten sie auch die Zugangstüre zu dessen Büroräumen auf. Bei der Durchsuchung des Büros stellten sie fest, dass die ihnen zugespielten Informationen falsch waren und sich dort entgegen ihrer Erwartung nichts Stehlenswertes befand. Sie verließen das Büro deswegen ohne Beute.
122bb) Tat 2 (Fallakte 2)
123Nachdem sie das Büro des Geschädigten D verlassen hatten, erkannten der Angeklagte und der gesondert verfolgte X, dass sich auf demselben Flur auch das „Fotostudio E5“ des Geschädigten G befand. Sie fassten nunmehr den Entschluss, auch diese Geschäftsräume aufzubrechen, um dort nach stehlenswerten Gegenständen zu suchen. Sie hebelten dazu die Türe zu dem Fotostudio auf und entwendeten sodann aus den Räumlichkeiten des Geschädigten G ein Fernglas, ein Zielfernrohr, eine Digitalkamera der Marke O1, zwei Studioleuchten, drei Objektive sowie eine Sporttasche zu einem Gesamtwert von ca. 8.300,00 €, um diese Gegenstände gewinnbringend weiter zu veräußern. Sie verbrachten die Gegenstände zunächst in ein Lager und boten sie verschiedenen Dritten an. Ihre Absatzbemühungen hatten jedoch keinen Erfolg.
124cc) Tat 3 (keiner Fallakte zuordenbar)
125An einem nicht näher feststellbaren Tag im März oder April 2012 drangen der Angeklagte und der gesondert verfolgte X in einen vermieteten Lagerraum auf dem Gelände der Firma T4 in der N5-Straße … in F3 ein, indem sie diesen aufbrachen. Aus diesem entwendeten sie 5 - 10 Flaschen Spirituosen, T-Shirts, Schlüsselanhänger und Werbeartikel im Gesamtwert von jedenfalls mehr als 50,00 €. Die Tatbeute wurde sodann in einem Lager in der I4-Straße eingelagert, um sie in der Folgezeit gewinnbringend weiter zu veräußern.
126dd) Tat 4 (Fallakte 3)
127ln der Nacht des 09.05.2012 begaben sich der Angeklagte und der gesondert verfolgte X dem gemeinsamen Tatplan entsprechend erneut auf das Gelände der Firma T4 in der N5-Straße … in F3.
128Dort drehten sie die Schrauben aus dem Gitterdach zu dem Lagerraum des Geschädigten B1 heraus und drangen auf diese Weise in den Lagerraum des Geschädigten ein. Von dort entwendeten sie 160 USB-Sticks in einem Gesamtwert von ca. 640,00 €.
129Anschließend begaben sie sich nach dem zuvor gefassten gemeinsamen Tatplan entsprechend zum Lagerraum der Fa. S3 GmbH, drangen dort auf gleiche Weise wie zuvor in die Lagerräume ein und entwendeten dort 608 Packungen Zigaretten zu einem Gesamtwert von ca. 1.500,00 €.
130Sie verließen das Gelände der Fa. T4, um die entwendeten Gegenstände entweder für sich zu behalten oder diese gewinnbringend weiter zu veräußern.
131ee) Tat 5 (Fallakte 4)
132In der Nacht des 10.05.2012 begab sich der Angeklagte mit dem X erneut auf das Gelände der Firma T4 in der N5-Straße … in F3. Sie kletterten dort auf das Dach eines von der Firma D1 angemieteten Lagerraumes, hebelten das dortige Drahtgittergeflecht auf und drangen in den Lagerraum ein. Sie entwendeten sodann Tabakwaren im Wert von ca. 550,00 Euro zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufes.
133ff) Tat 6 (Fallakte 5)
134Am Heiligabend 2011 begaben sich der Angeklagte N und die -insoweit nicht angeklagte - C gemeinsam mit dem gesondert verfolgten X in dessen Auto zur Adresse X2-Feld … in E6. Der X hatte aus unbekannter Quelle Kenntnis davon erhalten, dass in einer dort befindlichen Garage, die dem Marktleiter des oben erwähnten Flohmarktes gehören sollte, eine erhebliche Anzahl von illegal importierten Zigaretten befand. Während die Angeklagte C an dem Fahrzeug wartete, öffneten der Angeklagte N und der X das verschlossene Garagentor gewaltsam. Sie holten dann ihr Fahrzeug herbei, setzen es rückwärts in die Garage und beluden es mit Zigarettenstangen. Sie verbrachten diese anschließend in ein angemietetes Lager in der I4-Straße. Dort ließen sie die Angeklagte C zurück und fuhren erneut zurück nach E6, wo sie die restlichen Zigarettenstangen, die zuvor nicht mehr in das Fahrzeug gepasst hatten einpackten, um auch sie zum Zwecke des späteren Weiterverkaufs in ihr Lager zu verbringen. Sie erlangten bei den beiden Fuhren insgesamt etwa 1.600 Stangen unverzollte Zigaretten mit einem Schwarzmarktwert von über 20.000,00 Euro. Der Angeklagte N sorgte in den folgenden Monaten dafür, dass diese Zigaretten „unter der Hand“ neben den CDs und DVDs auf dem Flohmarkt zum Verkauf angeboten wurden. Die Einnahmen aus diesem Geschäft teilte er sich, nach Abzug eines Anteils für die Brüder F1/F2, mit dem X.
135gg) Tat 7 (Fallakte 6)
136Der gesondert verfolgte X und der Angeklagte hatten von einem ihnen bekannten Elektriker mit dem Vornamen „N4“ Information darüber erhalten, dass die Märkte der Firma L1 grundsätzlich nicht mit Alarmanalagen gesichert wurden und dass am Freitag den 03.02.2012 eine neue Filiale in dem T5-Weg … in E eröffnet werden sollte. Nach mehrfachen Treffen zur Planung der Tat begaben sie sich mit einem geliehenen PKW nebst Anhänger und dem „N4“ in der Samstagnacht vom 04.02. auf den 05.02.2012 dem vorgefassten gemeinsamen Tatplan entsprechend zu dem Geschäftslokal der Fa. L1 GmbH im T5-Weg … in E, um dort einzubrechen und werthaltige Ware und die Einnahmen der beiden Eröffnungstage zu stehlen.
137Vor Ort hebelten sie die Tür zu den Büroräumen auf und rissen den dort vorhandenen Tresor aus dem Boden. Diesen Tresor verbrachten sie mit Hilfe eines vor Ort vorhandenen Hubwagens zu ihrem PKW, den der N zuvor an das Lagertor gefahren hatte und verluden ihn mitsamt dem darin enthaltenen Bargeld in Höhe von etwa 6.800,00 € auf den PKW. Sodann verbrachten sie den Tresor samt Inhalt nach F3 in ein angemietetes Lager in der I4-Straße. Dort öffnete der X mit einer Schleifmaschine den Tresor, bevor die Tatbeteiligten die Beute untereinander aufteilten.
138hh) Tat 8 (Fallakte 7)
139Am 01.03.2012 gegen 05:40 drangen der Angeklagte N, der „Elektriker N4“ und der X in die Räumlichkeiten der Firma T6 in der F9-Straße … in F3 ein, indem letzterer die auf der Gebäuderückseite vorhandene Zugangstüre aufhebelte und die dahinter liegende Kunststofftür eintrat. Sie durchsuchten dann die Räumlichkeiten und fanden einen verschlossenen Tresor vor, den sie mitsamt dem darin gelagerten Bargeld von etwa 3.000,00 Euro mitnahmen, um dieses für sich zu behalten.
140ii) Tat 9 (Fallakte 8)
141In der Zeit zwischen dem 07.04.2012 und dem 10.04.2012 begab sich der Angeklagte gemeinsam mit dem X zu einer Filiale der Firma G1 in der S4-Straße … in F3, um dort einzubrechen und etwaige Tatbeute hälftig zu teilen. Während der Angeklagte entsprechend dem zuvor mit dem X besprochenen Tatplan vor dem Gebäude am Auto wartete und „Schmiere“ stand, brach der X eine an der Gebäuderückseite befindliche Plexiglasscheibe heraus und schnitt ein dahinter vorhandenes Drahtgeflecht auf. Sodann drang er durch das so geöffnete Fenster in die Filiale ein, um nach stehlenswerter Beute Ausschau zu halten und ggfs. den Angeklagten zur Hilfe beim Abtransport herbeizurufen. Nachdem er in den Räumlichkeiten die Alarmanlage auslöste, verließ er das Geschäft ohne Beute und floh gemeinsam mit dem Angeklagten im Auto vom Tatort, weil beide ihre Entdeckung fürchteten.
142jj) Tat 10 (Fallakte 9)
143In der Nacht vom 10.03.2012 auf den 11.03.2012 begaben sich der Angeklagte N sowie der X und ein weiterer unbekannter Mittäter auf das Gelände der Firma C6 GmbH & Co. KG auf dem C7-Ring … in P. Der Angeklagte N hatte sich für die Fahrt dorthin das Fahrzeug seiner Lebensgefährtin ausgeliehen. Er selbst stahl - insoweit nicht angeklagt - auf einem anliegenden Parkplatz die Kennzeichen von einem dort parkenden PKW und befestigte sie an dem eigenen Fahrzeug, um auf der Rückfahrt eine Identifizierung zu verhindern. Währenddessen hebelte der gesondert verfolgte X eine Zugangstür zu dem Firmengebäude auf. Gemeinsam durchsuchten die drei Anwesenden das Gebäude nach stehlenswertem Gut. Sie transportierten schließlich aus der Werkshalle einen Fotoapparat, einen Laptop, ein Navigationssystem und einen verschlossenen Tresor mit Bargeld im Gesamtwert von rund 26.000,00 Euro ab, um sie für sich zu behalten.
1444. Verfahrensgang und Nachtatverhalten
145Anlass für die Ermittlungen gab zunächst eine Strafanzeige der Firma Q GmbH mit Sitz in I Anfang Juni 2011, die unter anderem den Zweck verfolgt, gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzungen an Musiktiteln aufzudecken und zu verhindern. Von dieser Firma wurde unter anderem der Zeuge S dazu eingesetzt, auf Flohmärkten - in F3 und dem gesamten Bundesgebiet - Testkäufe durchzuführen und dabei Beobachtungen zu Art und Umfang der angebotenen Waren und zu den Verkäufern zu sammeln. Der Zeuge sammelte, gemeinsam mit einigen Mitarbeitern, im hier interessierenden Zusammenhang ab dem Jahr 2010 intensiv Informationen, die er in ausführlichen Berichten schriftlich zusammenfasste und der F3 Polizei zukommen ließ. Diese hatte erhebliche Schwierigkeiten, selbst Feststellungen zu dem Verkaufsgeschehen zu treffen, weil die auf dem Flohmarkt eingesetzten Wachposten die Verkäufer vor dem Eintreffen uniformierter Kräfte regelmäßig rechtzeitig warnten. Auch in ziviler Kleidung auftretende Kräfte wurden in der Regel als Polizeiangehörige erkannt, was dazu führte, dass alle Beteiligten fluchtartig das Gelände verließen, ohne dass Feststellungen getroffen werden konnten.
146Insbesondere aufgrund der Angaben des Zeugen S, dem es untern anderem durch Beobachtung von bei dem Antransport verwendeten Fahrzeugen und Kennzeichen gelungen war, Verdächtige, darunter auch den Angeklagten N, namentlich zu ermitteln, erwirkte die ermittelnde Staatsanwaltschaft am 21.09.2011 Beschlüsse zur Überwachung der Telekommunikation des Angeklagten und mehrere gesondert Verfolgter. Nachdem sich daraus die Erkenntnisse zu den festgestellten Urheberrechtsverletzungen und Betäubungsmittelstraftaten verdichteten, erwirkte sie am 03.08.2012 Durchsuchungs- und Haftbefehle gegen die beiden Angeklagten und weitere Betroffene, die am 08.08.2012 vollstreckt wurden. Im Rahmen der Durchsuchung wurden sodann unter anderem im Lager des N in der I4-Straße ausgemusterte Brennautomaten, große Mengen an Datenträgern und Covern und schließlich Banderolen für die professionelle Verpackung von Geldscheinen sichergestellt.
147Beide Angeklagte ließen sich bereits in ihrer ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung geständig ein. Der Angeklagte N erklärte zudem, „reinen Tisch“ machen zu wollen und räumte die festgestellten Einbruchsdiebstähle ein, zu denen sich der ursprünglich mitverfolgte X ebenfalls teilweise geständig einließ und bezüglich derer bis dahin nur vage polizeiliche Erkenntnisse aus den Telefonüberwachungsmaßnahmen vorlagen. N machte daneben auch Angaben zu weiteren Straftaten gesondert verfolgter Personen, die nicht im Zusammenhang mit den hiesigen Taten stehen. Jedenfalls in einem Fall führten seine Angaben zur Verhängung einer erheblichen Freiheitsstrafe.
148Nach der Festnahme der beiden Angeklagten wurden die Verkaufsstände auf dem Trödelmarkt-Gelände nicht mehr betrieben, der Zeuge S stellte fest, dass in den folgenden Monaten der zuvor beobachtete Verkauf von Raubkopien nicht mehr stattfand.
149Der Untersuchungshaftbefehl gegen die Angeklagte C wurde bereits am 21.08.2012 gegen Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt. Sie ging in der nachfolgenden Zeit keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern lebte von staatlichen Transferleistungen und Unterstützung ihres Freundes, wodurch weitere Straftaten zur Finanzierung ihrer fortbestehenden Heroinabhängigkeit nicht bekannt wurden. Den Kontakt zum Angeklagten N brach sie völlig ab.
150Gegen den Angeklagten N wurde die Untersuchungshaft zunächst lediglich als Überhaft notiert, da er nach dem rechtskräftigen Widerruf der Strafaussetzung aus dem Urteil des Amtsgerichts C2 vom 12.04.2011 bis zum 07.08.2013 dioe dortige Freiheitsstrafe von einem Jahr voll verbüßte. Aus der Haft heraus erklärte er sich dazu bereit, den Ermittlungsbehörden Angaben auch zu verfahrensfremden Straftaten Dritter zu machen. Im Rahmen mehrere Ausantwortungen machte er ausführliche Angaben zu - vermeintlichen - Betäubungsmittelgeschäften der F1/F2 und gab Hinweise zu weiteren Straftaten von Personen, die ihm im Umfeld des Trödelmarktgeschehens bekannt geworden waren.
151Nachdem die Beschuldigtenvernehmungen im April 2013 abgeschlossen waren, verging bis zur Abschlussverfügung und Abfassung der Anklageschrift am 12.09.2014 wegen vorranginger Befassung des zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft mit anderen Umfangsverfahren mehr als ein Jahr. Die Anklageschrift ging sodann am 19.09.2014 bei der erkennenden Kammer ein und wurde mit Verfügung vom 24.09.2014 an die Angeklagten zugestellt.
152Am 24.06.2015 hat die Kammer im Hinblick auf die Fragen der Schuldfähigkeit sowie der Erforderlichkeit und Erfolgsaussichten einer Unterbringung der Angeklagten C die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens angeordnet. Die Angeklagte C reagierte jedoch nicht auf die Versuche des Sachverständigen, mit ihr in Kontakt zu treten. Explorationsgespräche mit ihr konnte dieser deshalb erst zwischen den Hauptverhandlungsterminen führen.
153Mit Beschluss vom 10.11.2015 wurde sodann die Anklage zugelassen und den Hauptverhandlungsbeginn in Abstimmung mit den Verteidigern der Angeklagten auf den 14.01.2016 anberaumt.
154IV. Beweiswürdigung
1551.) Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
156a) Angeklagter N
157Die Feststellungen zum Lebenslauf und zu den Vorstrafen des Angeklagten N hat die Kammer getroffen aufgrund seiner Angaben sowie durch Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs vom 07.01.2016, des Urteils des Amtsgerichts C2 vom 12.04.2011 und des Beschlusses des Amtsgerichts C2 vom 14.02.2012 betreffend den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung aus dem vorgenannten Urteil.
158b) Angeklagte C
159Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten C beruhen im Wesentlichen auf den Angaben des Sachverständigen T1, der in der Hauptverhandlung ausführlich über den Verlauf seiner Exploration der Angeklagten in zwei Gesprächen vom 22.01. und 01.02.2016 berichtete. Seine Angaben wurden von der Angeklagten in vollem Umfang und glaubhafter Weise bestätigt sowie teilweise ergänzt. Die Kammer konnte sich aus eigener Anschauung zusätzlich ein Bild von dem Gesundheitszustand der Angeklagten machen, die insbesondere an den ersten beiden Tagen der Hauptverhandlung nur mit Anstrengung folgen konnte und mehrfach zu den Verhandlungen erst mit Verspätung erschien. Unter anderem am 04.02.2016 gab sie auf entsprechende Nachfrage unumwunden zu, am Morgen der Verhandlung ihre übliche Dosis Heroin konsumiert zu haben, was nach Einschätzung des Sachverständigen und dem Eindruck der Kammer zu einer Förderung ihrer Verhandlungsfähigkeit führte.
160Die Feststellungen zu ihren Vorstrafen hat die Kammer aufgrund ihrer Angaben sowie durch Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs vom 07.01.2016 getroffen.
1612.) Feststellungen zur Sache
162Beide Angeklagte haben die ihnen vorgeworfenen Straftaten eingeräumt und umfangreiche Angaben zur Sache gemacht, die durch das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme, wie es sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt, bestätigt und ergänzt worden sind. Im Einzelnen:
163a) Tatkomplex UrhG
164Die getroffenen Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den glaubhaften geständigen Einlassungen der Angeklagten, die sowohl das objektive wie auch das subjektive Geschehen eingeräumt haben.
165Wenngleich beide Angeklagte - aufgrund des erheblichen Zeitablaufes nachvollziehbarerweise - gewisse Schwierigkeiten im Hinblick auf die genaue zeitliche Einordnung der festgestellten Taten hatten, so konnten beide dennoch wichtige Kernpunkte des Rahmen- und Tatgeschehens an konkreten Ereignissen glaubhaft festmachen. So bekundete der Angeklagte N zum nicht vom Anklagevorwurf umfassten Vorgeschehen glaubhaft, dass er jedenfalls nach Kinostart des James-Bond-Films „Ein Quantum Trost“ im Spätherbst 2008 damit begonnen hat, gemeinsam mit dem T2 „Musik und Filme zu brennen“ und an die F1/F2 zu verkaufen. Mit seinen Angaben deckten sich die Angaben der Angeklagten C, die ebenfalls glaubhaft erläuterte, wie sie durch ihre Bekanntschaft zu dem Zeugen T2 in Kontakt mit dem N und dessen CD-Herstellung gekommen ist.
166Dem stehen auch die Angaben des Zeugen T2 nicht entgegen, der zunächst bekundete, er habe die beiden Angeklagten „noch nie gesehen“. Auch wenn er im weiteren Verlauf seiner Vernehmung relativierte, er würde beide wohl doch „vom Sehen her“ kennen, mit ihnen ansonsten aber - ebenso wie mit der Thematik „Raubkopien“ - nichts zu tun gehabt haben, war seine Aussage weit davon entfernt, schlüssig oder glaubhaft zu sein. Dem erheblich verunsichert wirkenden Zeugen gelang es nicht, zumindest ansatzweise nachvollziehbar darzulegen, wie eng seine Bekanntschaft zu den Angeklagten tatsächlich war und weshalb ihm ihre Vornamen bekannt waren, obwohl er zunächst aussagte, sie überhaupt nicht zu kennen. Bei beiden Angeklagten war indessen kein Grund dafür ersichtlich, dass ihre Angaben zur Bekanntschaft mit dem Zeugen T2 unzutreffend gewesen sein könnten.
167Auch die Angeklagte C hatte einige Schwierigkeiten in der zeitlichen Orientierung, sie konnte den Beginn ihrer Tätigkeit für den Angeklagten N jedoch hinreichend sicher anhand der nicht einvernehmlichen Kündigung durch ihren früheren Arbeitgeber, der Firma E4 GmbH & Co. KG, bestimmen. Diese erfolgte, wie die Angeklagte erinnern konnte, Anfang April des Jahres 2009. Ihre Angaben wurden insoweit durch die Einlassung des N ergänzt und bestätigt, der bekundete, die C in diesem Zeitpunkt bei sich aufgenommen und mit der CD-Produktion beschäftigt zu haben, nachdem sie ihre eigene Wohnung verloren hatte.
168Besonders prägnant in Erinnerung geblieben ist der Angeklagten C der Tod des Michael Jackson (am 25.06.2009), der zu besonders großer Nachfrage und hohen Absätzen seiner Werke führte. Die Angeklagte bekundete glaubhaft, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits einige Zeit für den N gearbeitet hatte, was von diesem auch bestätigt wurde. Die Angaben der Angeklagten zum zeitlichen Ablauf und zum Umfang ihres Geschäftes, insbesondere der Mengen der hergestellten und verkauften Datenträger deckten sich und waren insgesamt frei von Widersprüchen. Beide gaben eine wöchentliche Produktion von mindestens 2.400 Stück an. Die C bestätigte die Angaben des N, soweit dieser sich zum „Privatverkauf“, unabhängig von dem Trödelmarktgeschehen, an einige Kunden an den Freitagen einließ.
169Die Feststellungen hinsichtlich des Verkaufsgeschehens auf dem samstäglichen Flohmarkt beruhen im Wesentlichen auf den Angaben des N. Die Angeklagte C hat hierzu keine unmittelbaren Wahrnehmungen gemacht. Sie bestätigte jedoch, dass ihr aus den Erzählungen des N bekannt war, dass die von ihr produzierten Datenträger dort von der Gruppierung um die F1/F2 gewinnbringend veräußert wurden.
170Die Einlassungen der Angeklagten wurden bestätigt durch die Angaben der vernommenen Zeugen F und S. Der Zeuge F ist bei der ermittelnden Polizeidienststelle seit Eingang der Strafanzeige mit dem Fall befasst gewesen und hat alle wesentlichen Ermittlungsschritte mitbegleitet. Er war bereits im Jahr 2007 mit ähnlich gelagerten Taten anderer Schwarzhändler mit Raubkopien auf dem F3 Trödelmarkt befasst. Er bekundete, wie - über die Erkenntnisse, die durch den Zeugen S und dessen Mitarbeiterstab gewonnen wurden, hinaus - auch aus Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, die sich gegen Mitglieder der Familie F7 im Zusammenhang mit anderen Straftaten richteten, Hinweise auf die hiesigen Taten auf dem Flohmarkt und auch auf die Beteiligung des Angeklagten N ergaben, zu dem ein regelmäßiger telefonischer Kontakt herrschte. Er begleitete die Ermittlungen bis zur Vollstreckung der Haft- und Durchsuchungsbefehle, und wertete die bei den Angeklagten sichergestellten Rechner aus, auf denen sich abgespeichert tausende von Musikstücken und hunderte von Filmen befanden, deren Verbreitung von den Angeklagten eingeräumt wurde.
171Seine Wahrnehmungen auf dem Trödelmarkt sowie von dem Inhalt der zwischen dem N und den F1/F2 und der C überwachten Telefongespräche bestätigten die Einlassungen der Angeklagten, dass der N im Wesentlichen für die Produktion zuständig war, während von den F1/F2 die „Personaleinteilung“ auf dem Flohmarkt und die Verwaltung der Finanzen übernommen wurde. Belastbare Angaben zur Verteilung der Erlöse aus dem Trödelmarktgeschäft konnte er dagegen nicht machen.
172Der Zeuge F und der Zeuge S bestätigten, dass jedenfalls seit Beginn des Jahres 2009 auf dem Trödelmarkt samstags CDs und DVDs vertrieben wurden, die ersichtlich von gleicher Art und Aufmachung waren und aus derselben Produktionsquelle stammten. Beide bestätigten, dass unmittelbar im Anschluss an die Vollstreckung der Haftbefehle am 08.08.2012 die zuvor ausführlich beobachtete Gruppe nicht mehr auf dem Trödelmarkt in Erscheinung getreten ist. Auch bestätigten die Angaben dieser beiden Zeugen zur Anzahl der wöchentlich umgesetzten Menge von gebrannten Datenträgern die von den Angeklagten bekundeten Zahlen.
173Insbesondere der Zeuge S konnte hierzu umfangreiche und glaubhafte Angaben machen. Er ist beruflich für die Firma Q GmbH im ganzen Bundesgebiet zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen größeren Ausmaßes im Einsatz. Ab 2010 beobachtete er dabei immer wieder samstags auf dem Flohmarkt die beiden Verkaufsstände. Er bekundete, dass „immer jeweils 2.000 bis 3.000 CDs auf den Tischen verfügbar“ waren und dass sich diese eines großen Kundenzulaufes erfreuten.
174Die festgestellte (Mindest-) Anzahl von 2.000 Datenträgern pro Woche beruht danach maßgeblich ebenfalls auf den Angaben der beiden Angeklagten. Die Angeklagte C konnte hierzu glaubhaft konkrete Angaben machen, soweit sie nämlich bekundete, dass sie sich sicher sei, jede Woche „4 Kartons“ bearbeitet zu haben, in denen sich jeweils 6 Spindeln mit je 100 DVD Rohlingen befanden sowie zusätzlich ein weiteres Paket mit 200 CDs hergestellt zu haben. Die Angeklagte bestätigte damit in der Hauptverhandlung ihre Angaben, die sie mit gleichem Inhalt bereits am Tage ihrer Festnahme aus ihrer - damals noch frischen - Erinnerung gemacht hat. Auch der Angeklagte N hat eingeräumt, dass diese Zahlen über den gesamten Tatzeitraum betrachtet einen zutreffenden Durchschnittswert darstellen.
175Die Kammer hat sodann zugunsten der beiden Angeklagten einen Abschlag von 400 Stück pro Woche gemacht. Sie hat damit zum einen dem Umstand berücksichtigt, dass auf dem Flohmarkt nicht wöchentlich die gesamte Produktion verkauft wurde, sondern es nach glaubhafter Einschätzung der beiden Angeklagten auch Rückläufer, nämlich ca. 100 Stück je Woche gab. Weil die konkrete Anzahl der hergestellten und verkauften Datenträger letztlich nicht feststellbar gewesen ist und im Laufe des Jahres auch Schwankungen bei Absatz vorgelegen haben dürften, hat die Kammer die Höhe des vorzunehmenden Sicherheitsabschlages erheblich höher angesetzt, als es die Angaben der Angeklagten geboten. Damit ist auch der fernliegenden Möglichkeit Rechnung getragen, dass einzelne der reproduzierten Musikdateien frei von Urheberrechten geworden sein könnten.
176Übereinstimmend bekundeten die beiden Angeklagten, dass sie hauptsächlich „frisch veröffentlichte“ Filme und Lieder für den Verkauf brannten und das nach solchen Titeln regelmäßig eine besonders hohe Nachfrage bestand. Plausibel nannten beide jeweils unmittelbar zuvor im Kino angelaufene Filme und Singles und Alben deutscher und internationaler Künstler als Beispiele hierfür, die bereits wenige Tage nach ihrem Erscheinen auch von den Angeklagten für die Kundschaft auf dem Schwarzmarkt angeboten wurden. Auch hinsichtlich des Produktionsablaufes und der jeweils wöchentlichen Herstellungsintervalle entsprachen sich die Angaben der Angeklagten frei von Widersprüchen, zugleich aber auch ohne den Eindruck zu erwecken, als seien sie zwischen ihnen zuvor abgesprochen gewesen.
177Die Feststellungen zum „Privatverkauf“ durch den Angeklagten N an den Freitagen beruhen ebenfalls auf seinem Geständnis sowie den dies bestätigenden Angaben der Angeklagten C.
178Nicht nachweisbar war dagegen der sich aus der Anklageschrift ergebende Vorwurf, dass der Angeklagte N gleichberechtigter Partner der F1/F2 gewesen ist und der Gewinn aus dem Verkauf der CDs gedrittelt wurde. Die Angeklagte C konnte hierzu mangels eigener Wahrnehmungen keine Angaben machen. Der N selbst war ersichtlich bemüht, seinen eigenen Beitrag als möglichst geringfügig und den beiden F1/F2 als untergeordnet darzustellen. Seine Einlassung, dass er „nur“ die - deutlich geringere - Entlohnung von etwa 500,00 Euro, vielleicht später auch 600,00 Euro, wöchentlich erhalten habe, war in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen nicht zu widerlegen. Alle gehörten Zeugen waren hierzu, soweit sie sich - wie die Brüder F1 und F2 - nicht bereits auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO beriefen, unergiebig. Auch aus den Angaben der Angeklagten C und des ursprünglich Mitangeklagten X ergaben sich für die Kammer keine belastbaren Anhaltspunkte zur Profitbeteiligung und der allgemeinen finanziellen Situation des Angeklagten N. Die Kammer hegt danach zwar Zweifel an der von dem N behaupteten Höhe seiner Beteiligung aus den Verkaufserlösen, sie ist gleichwohl davon überzeugt, dass er in keinem Falle weniger daran verdient hat, als er bekundete.
179Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er auf dem Flohmarkt dafür zuständig gewesen ist, in regelmäßigen Zeitabständen das eingenommene Geld von den Verkaufstischen abzuholen und zu verwahren. Insbesondere die Wahrnehmungen des Zeugen S, der den Angeklagten auch bei der Abholung von Geld beobachtet hat, stellte keine tragfähige Grundlage für anderslautende Feststellungen dar. Denn auch der Zeuge konnte nicht ausschließen, dass der N - wie er sich einließ - im Rahmen der Nachschubbeschaffung in Einzelfällen Geldscheine für die Verkäufer wechselte.
180Die unter anderem auf diesen Wahrnehmungen beruhende These, der N sei „Kopf der Libanesenbande“ gewesen und habe aus dem Hintergrund das Verkaufsgeschehen bestimmend kontrolliert, die von den Zeugen F und S früh ihren weiteren Ermittlungen zugrunde gelegt wurde, hat sich nicht hinreichend sicher als zutreffend feststellen lassen. Die Angeklagte C konnte mangels Kenntnis von den Verhältnissen zwischen N und den F1/F2 hierzu - wie auch zu dem übrigen Geschehen auf dem Trödelmarkt selbst, keine Angaben machen. Sie bekundete in glaubhafter Weise, dass sie den F1/F2 wohl nur einmal flüchtig vorgestellt worden sei, als sie diese durch Zufall in der Innenstadt traf, dass sie ansonsten aber zu diesen keinen Kontakt gehabt hat und auch an dem Verkauf der Datenträger nicht aktiv beteiligt gewesen ist.
181b) Tatkomplex BtMG
182Die Feststellungen der Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz hat die Kammer auf Grundlage der geständigen Einlassungen der beiden Angeklagten getroffen, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass bestand und die zudem durch die Angaben des Zeugen F ergänzt und bestätigt wurden. Beide Angeklagte haben - übereinstimmend und von dem Anklagevorwurf zu ihrem Nachteil abweichend - eingeräumt, dass in dem insoweit maßgeblichen Zeitraum von November 2011 bis Mai 2012 wöchentlich von dem N sogar mehrfach für die C Heroin gekauft und von dieser konsumiert wurde. Sie gaben beide an, dass der N hierfür regelmäßig nach C5 fuhr, manchmal auch begleitet von der C, und dort stets bei demselben Verkäufer, „einem Russen in C5“, nach vorheriger telefonischer Bestellung und Vereinbarung eines Treffpunktes das Heroin für die C erwarb und es ihr anschließend im Rahmen der bestehenden Vergütungsvereinbarung zum Konsum überließ. Auch hinsichtlich der für den Konsum durch die C erworbenen Heroinmengen deckten sich seine Angaben im Kern mit deren eigenen Angaben. Beide bekundeten übereinstimmend, dass sicher jedenfalls die festgestellten Mengen, teils allein durch den N, teils auch in Anwesenheit der C, erworben und als Entlohnung für den Einsatz ihrer Arbeitskraft dieser zum Konsum überlassen wurden.
183Zum Fall des Handeltreibens in nicht geringer Menge gab der N an, dass ihm „die C zu teuer“ gewesen sei und er deswegen ihrem Vorschlag, sich eine weitere Einnahmequelle zu verschaffen, zugestimmt und für die Beschaffung des Heroins zum geplanten gewinnbringenden Weiterverkauf gesorgt habe. Frei von Widersprüchen waren auch die übereinstimmenden Bekundungen der beiden Angeklagten, dass diese Menge von 30g Heroin von dem N von einem Verkäufer, der ihnen nur mit dem Namen „I5“ bekannt gewesen sei, erworben wurde. Der N gab hierzu ergänzend an, dass der Kontakt zu diesem Verkäufer über die F1/F2 „vermittelt“ wurde. In glaubhafter Art und Weise bestätigte die C, dass sie - wie mit dem N abgesprochen - zunächst tatsächlich beabsichtigt hatte, dass Heroin zu portionieren und gewinnbringend weiterzuverkaufen. In erfrischend offener und gleichsam glaubhafter Weise gab sie danach an, dass sie diese Idee verwarf, als sie die Verfügungsgewalt über die Heroinmenge hatte und es dann vollständig selbst konsumierte.
184Die Feststellungen zum (Mindest-)Wirkstoffgehalt des Heroins ergeben sich sowohl bei den 27 Einheiten von 7,5 Gramm als auch bei der zunächst zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworbenen Menge von 30 Gramm zur Überzeugung der Kammer insbesondere aus den Angaben der Angeklagten C zu ihrem subjektiven Eindruck von der Qualität des von ihr konsumierten Heroins fest. Als langjährige Heroinkonsumentin verfügt sie über einen ausreichenden Erfahrungsschatz und Vergleichswerte; sie bekundete, dass es sich jeweils um Heroin von durchschnittlicher Qualität gehandelt habe.
185Auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Kammer aus anderen Verfahren, insbesondere im Hinblick auf die vereinbarten Ankaufspreise und unter zusätzlicher Vornahme eines Sicherheitsabschlages, war danach von einem Wirkstoffgehalt von mindestens 10 % Heroinhydrochlorid auszugehen. Es ergaben sich aus den Angaben der Angeklagten C keine Anhaltspunkte dafür, im Einzelfall einen noch niedrigeren Wirkstoffgehalt anzunehmen.
186c) Tatkomplex Einbruchsdiebstähle des Angeklagten N
187Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der geständigen Einlassung des Angeklagten, die in den Kernpunkten und hinsichtlich des objektiven Tatgeschehens weitgehend glaubhaft war. So hat er umfangreiche Angaben zu den einzelnen Tatzeitpunkten und Tatorten gemacht. Er bestätigte die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Einzelfälle ebenso wie das arbeitsteilige Vorgehen mit dem X auf Grundlage des jeweils zuvor gefassten gemeinsamen Tatentschlusses und die spätere Aufteilung der Beute zu gleichen Teilen.
188Seine Angaben wurden durch das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt. Insbesondere durch die Angaben des gesondert verfolgten X zu den Taten 1. - 4. und 7. wurde die Einlassung des Angeklagten widerspruchsfrei ergänzt. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass die Angaben des X, soweit dieser seine strafbare Beteiligung selbst eingestand, der Wahrheit entsprachen. Bezüglich der Tat 6. beruhen die Feststellungen zudem auf den Angaben der - diesbezüglich nicht angeklagten - C, die glaubhaft geschildert hat, mit den beiden zu der Garage gefahren zu sein. Sie schilderte eindrücklich, wie wenig Platz sie in dem Fahrzeug zur Verfügung hatte, weil so viele Zigarettenstangen - ohne Steuerbanderolen - als Beute zu verstauen gewesen sind.
189Soweit der Angeklagte angegeben hat, dass der gesondert verfolgte X Ideengeber für sämtliche Taten gewesen sei, ist die Kammer ihm - insbesondere auch aufgrund des Eindruckes, die sie von dem X hatte - nicht gefolgt. Die Angaben des Angeklagten waren nach Auffassung der Kammer in diesem Punkt, wie auch bei den Taten der anderen Handlungskomplexe, ersichtlich von dem Bemühen geprägt, seine - nicht grundsätzlich in Abrede gestellten - Tatbeiträge als jeweils möglichst klein darzustellen.
190d) Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit der Angeklagten C bei den Tatbegehungen beruhen auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen T1, denen sich die Kammer nach kritischer Würdigung angeschlossen hat.
191Sie ist aufgrund der vom Sachverständigen glaubhaft wiedergegebenen Angaben der Angeklagten bei ihrer Exploration durch den Sachverständigen sowie der überzeugend dargestellten Bewertung dieser Angaben und den in der Hauptverhandlung getätigten Angaben der Angeklagten zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte zwar unter einer schweren Heroinabhängigkeit, multiplem Suchtmittelmissbrauch und einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidet.
192Sicher steht jedoch fest, dass diese Faktoren nicht zur einer Aufhebung ihrer Steuerungs- und/oder Einsichtsfähigkeit bei der Tatbegehung geführt haben.
193Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Angeklagte bei Tatbegehung akut intoxikiert war und dadurch ihre Schuldfähigkeit aufgehoben wäre. Trotz ihrer Heroinabhängigkeit war sie durchweg in der Lage, die Produktion der Datenträger ohne nennenswerte Schwierigkeiten zu betreiben und auch eigene Ideen zur Steigerung des Umsatzes zu entwickeln. Wie sie selbst bekundet hat, produzierte sie nur dann, wenn sie das erforderliche Geld oder Heroin erhielt. Um ihre Forderungen durchzusetzen, drohte sie konkret damit, die Produktion ausfallen zu lassen. Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tatbegehung haben sich auch aus der Einlassung der Angeklagten nicht ergeben. Lediglich zugunsten der Angeklagten unterstellt die Kammer, dass im Einzelfall nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass sie aufgrund der Angst vor Entzugserscheinungen in ihrer Fähigkeit nach dem erkannten Unrecht der Taten zu handeln, in einem die Schuldfähigkeit mindernden Maße eingeschränkt war.
194e) Die Feststellungen zum Verfahrensgang beruhen auf den glaubhaften Angaben des polizeilichen Ermittlungsführers KHK F sowie des für die Firma Q GmbH - privat - ermittelnden Zeugen S, die durch den mit Zustimmung sämtlicher Verfahrensbeteiligten gehaltenen Bericht des Vorsitzenden ergänzt wurden.
195V. Rechtliche Würdigung
196Die Angeklagten haben sich in 152 tatmehrheitlichen Fällen wegen der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in Tateinheit mit gewerbsmäßigen unerlaubten Eingriffs in verwandte Schutzrechte gemäß §§ 106 Abs. 1, 108 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 5 und 7, 108a Abs. 1 UrhG und in einem Fall gemäß 29a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BtMG wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht.
197Hinsichtlich der 152 Verstöße gegen das Urhebergesetz hat die Kammer sämtliche Einzelakte, die von den Angeklagten im Laufe einer Woche begangen wurden, aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs und der von Anfang an bestehenden Absicht des Verkaufes der Produktion am jeweiligen Wochenende, zu jeweils einer Bewertungseinheit zusammengefasst. Die wöchentlichen Taten stehen dagegen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, da sie jeweils auf neuen Willensentschlüssen und neuen Abreden zwischen den Angeklagten beruhten.
198Darüber hinaus haben sich die Angeklagte C wegen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 27 Fällen und der Angeklagte N wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 27 Fällen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht.
199Der Angeklagte N hat sich durch das festgestellte Geschehen zudem wegen Diebstahls in 10 Fällen, wobei es in zwei Fällen Fall (Taten 1 und 9) bei einem Versuch verblieb, gemäß § 242 StGB strafbar gemacht. Er handelte dabei teilweise gemeinschaftlich mit dem gesondert verfolgten X, § 25 Abs. 2 StGB.
200VI. Strafzumessung
2011. Angeklagter N
202a) Wegen der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in Tateinheit mit gewerbsmäßigen unerlaubten Eingriffs in verwandte Schutzrechte ist Ausgangspunkt der Strafzumessung der Strafrahmen des § 108a Abs. 1 UrhG, der einen Qualifikationstatbestand gegenüber den §§ 106 Abs. 1 und 108 Abs. 1 UrhG darstellt und der einen Strafrahmen von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vorsieht.
203Hinsichtlich des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist die Kammer zunächst vom dem gesetzlichen Strafrahmen ausgegangen, der Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bis zu 15 Jahren vorsieht. Da die nicht geringe Menge sich vorliegend noch im unteren Bereich bewegte und letztlich die Betäubungsmittel von der Angeklagten C - wenn auch entgegen dem ursprünglichen Tatplan - selbst verbraucht wurden, statt in die Hände Dritter zu gelangen, hat die Kammer einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG angenommen und dessen Strafrahmen von drei Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe der weiteren Strafzumessung zugrunde gelegt.
204Wegen der 27 Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ergibt sich aus § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Die Kammer hat sodann geprüft, ob es sich um besonders schwere Fälle im Sinne des § 29 Abs. 3 BtMG gehandelt hat. Sie hat dies im Ergebnis verneint und ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass er im Hinblick auf die Überlassung des Heroins an die Angeklagte C nicht gewerbsmäßig handelte, weil er sich hierdurch keine unmittelbare Einnahmequelle verschaffte. Die Versorgung mit dem Betäubungsmittel beruhte vielmehr auf der zwischen den Angeklagten bestehenden Abrede zur Entlohnung der Angeklagten C; der Angeklagte N hätte ihr alternativ für ihre Dienste eine entsprechende Bezahlung in Bargeld geschuldet.
205Ausgangspunkt der Strafzumessung hinsichtlich der 10 Taten des Diebstahls ist § 242 Abs. 1 StGB, der einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von fünf Jahren eröffnet. Die Kammer hat sodann bezüglich aller Taten einen besonders schweren Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 StGB wegen der Verwirklichung der Regelbeispiele nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 und 3 StGB, bei Taten 7, 8 und 10 auch nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB bejaht.
206Es lagen in keinem Einzelfall derart entlastende Gesichtspunkte vor, die die Taten nach Unrecht oder Schuld deutlich vom Normalfall des Regelbeispiels nach unten abgehoben haben und ausnahmsweise die Regelwirkung hätten entkräften können.
207Die Kammer hat daher hinsichtlich der Diebstähle gemäß § 243 Abs. 1 S. 1 StGB einen Strafrahmen von 3 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe zugrunde gelegt.
208Hinsichtlich der versuchten Taten 1 und 9 hat sie den Strafrahmen des § 243 Abs. 1. S. 1 sodann gemäß §§ 49 Abs. 1, 23 Abs. 2 StGB gemildert und danach einen Strafrahmen von 1 Monat bis zu 7,5 Jahren Freiheitsstrafe zugrunde gelegt.
209Der Angeklagte hat im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden umfangreiche Hinweise zu Straftaten Dritter gegeben. Soweit die aufgedeckten Taten im Sinne der § 46b Abs. 1 S. 1 StGB oder § 31 S. 1 BtMG „mit seiner Tat im Zusammenhang“ standen, hat die Kammer die Angaben des Angeklagten als deutlich positives Nachtatverhalten zugunsten des Angeklagten gewürdigt, aber im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung keine Strafrahmenverschiebung im Sinne der vorgenannten Vorschriften vorgenommen.
210b) Ausgehend von den vorgenannten Strafrahmen hat die Kammer sich bei der konkreten Strafzumessung in allen Fällen von folgenden Erwägungen leiten lassen:
211Zugunsten des Angeklagten N hat die Kammer zunächst berücksichtigt, dass er sich bereits im polizeilichen Ermittlungsverfahren umfassend geständig und kooperativ gezeigt hat. So hat er insbesondere vorbehaltlos die Beteiligung an den Diebstählen eingeräumt, für die es den Ermittlungsbehörden bis dahin an erfolgversprechenden Aufklärungsansätzen fehlte und die - ganz überwiegend - ihm nicht oder nur mit erheblichem Aufwand und zeitlicher Verzögerung hätten nachgewiesen werden können. Der Angeklagte hat mit dieser Form der „Lebensbeichte“ nicht zuletzt zum Ausdruck gebracht, dass er bereit ist, die strafrechtliche Verantwortung für alle seine Taten zu übernehmen. Die Kammer hat in der Hauptverhandlung den Eindruck gewonnen, dass dem Angeklagten tatsächlich daran gelegen war, „reinen Tisch“ zu machen und damit auch die Grundlage für ein zukünftig rechtstreues Leben zu schaffen. Durch die Wiederholung seines in weiten Teilen glaubhaften und von Reue getragenen Geständnisses in der Hauptverhandlung hat er erheblich dazu beigetragen, deren Dauer abzukürzen.
212Die Kammer geht davon aus, dass die Hemmschwelle bei der Fortsetzung des einmal aufgenommenen Geschäftsmodells von Tat zu Tat abnahm.
213Die Kammer hat von einer Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1 S. 1 StGB bzw. § 31 S. 1 BtMG abgesehen. Der Aufklärungshilfe des Angeklagten N konnte im Rahmen der konkreten Strafzumessung ausreichend milderndes Gewicht beigemessen werden.
214Die Kammer hat weiter zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er sich wegen bestandskräftiger gewordener Steuerbescheide, die auf der steuerlichen Bewertung des Datenträgerverkaufes beruhen, Forderungen in Höhe mehr als 500.000,00 Euro ausgesetzt sieht.
215Schließlich waren auch die erhebliche Verfahrensdauer und damit einhergehend der Zeitraum, der zwischen der Begehung der Taten und der Aburteilung lag, strafmildernd zu berücksichtigen.
216Zu seinen Lasten war dagegen zu berücksichtigen, dass er strafrechtlich bereits mehrfach - auch wegen Vermögensdelikten - in Erscheinung getreten ist. Zahlreiche Geldstrafen waren nicht geeignet, um den Angeklagten von weiteren Straftaten abzuhalten. Noch während der verfahrensgegenständlichen Taten wurde der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hinsichtlich der danach begangenen Taten ist er als Bewährungsversager zu betrachten, der deutlich gemacht hat, dass die der Strafaussetzung zugrunde liegende Erwartung nicht berechtigt war.
217Hinsichtlich der Diebstahlstaten war auch die Höhe der Tatbeute zu berücksichtigen, die der Angeklagte aus den einzelnen Taten erlangte. Die überwiegende Zahl der Taten war zudem sorgfältig geplant und vorbereitet und spiegelt ein erhebliches Maß an krimineller Energie wieder. Dies gilt in herausragendem Umfang für die Taten 7 und 10, die nicht nur wegen des Beutewertes, sondern auch wegen des jeweils umfassend ausgearbeiteten, arbeitsteilig ausgeführten und professionellen Tatplans die gravierendsten der Taten darstellten.
218Der Angeklagte und die gesondert verfolgten Brüder F1/F2 setzten den Verkauf der gebrannten Datenträger unbeeindruckt auch dann noch fort, als er und seine Mittäter bereits konkreten Verdacht geschöpft hatten, dass von der Polizei eine Überwachung der geführten Telekommunikation betrieben wurde, was ebenfalls für eine gesteigerte kriminelle Energie spricht.
219Die Kammer hat zudem strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte die Betäubungsmittelabhängigkeit der Angeklagten C zu seinem Vorteil ausgenutzt hat, indem er diese gegen Überlassung Heroin und geringfügigem „Taschengeld“ für seine Zwecke die Herstellung der Datenträger verrichten ließ.
220Keine strafschärfende Wirkung hat die Kammer dem Umstand beigemessen, dass mit den einzelnen Taten neben der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke tateinheitlich auch unerlaubte Eingriffe in die verwandten Schutzrechte nach § 108 Abs. 1 UrhG verwirklicht wurden und dort mehrere Tatbestandsvarianten verwirklicht worden sind. .
221Unter erneuter Berücksichtigung aller bereits genannten Strafzumessungserwägungen bei den einzelnen Taten hat die Kammer bei dem Angeklagten N hinsichtlich der insgesamt 152 Taten nach §§ 106 Abs. 1, 108 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 5 und 7, 108a Abs. 1 UrhG
222für die 78 Taten aus den Jahren 2009 und 2010
223- jeweils Freiheitsstrafen in Höhe von 8 Monaten
224und für die 74 Taten aus den Jahre 2011 und 2012
225jeweils Freiheitsstrafen von 9 Monaten erkannt.
226für tat- und schuldangemessen erachtet.
227Wegen der Tat nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG hat die Kammer auf
228eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr
229erkannt, wegen der 27 Verstöße gegen § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG hält sie
230jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu je 40,00 Euro angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten
231für noch tat- und schuldangemessen.
232Wegen der 10 Fälle des Diebstahls hat die Kammer folgende Einzelstrafen festgesetzt:
233 Tat 1: 7 Monate
234 Tat 2: 1 Jahr
235 Tat 3: 6 Monate
236 Tat 4: 8 Monate
237 Tat 5: 8 Monate
238 Tat 6: 1 Jahr 1 Monat
239 Tat 7: 1 Jahr 8 Monate
240 Tat 8: 10 Monate
241 Tat 9: 7 Monate
242 Tat 10: 1 Jahr 10 Monate
243c) Aus den genannten Einzelstrafen war gemäß §§ 53, 54 StGB durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von einem Jahr und zehn Monaten eine Gesamtstrafe zu bilden. Bei der Gesamtstrafenbildung hat die Kammer unter nochmaliger Abwägung der vorgenannten Strafzumessungsgründe die Person des Angeklagten und die einzelnen Strafen zusammenfassend gewürdigt (§ 54 Abs. 1 S. 3 StGB). Hierbei hat sie sich zunächst von den bereits bei der Verhängung von Einzelstrafen erörterten Erwägungen leiten lassen. Zudem hat sie einerseits strafmildernd berücksichtigt, dass zwischen den Taten ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang besteht. Andererseits hat die Kammer zuungunsten des Angeklagten die aus der Tatplanung und -umsetzung sprechende kriminelle Energie gewertet und die Höhe des angerichteten Gesamtschadens nicht außer Acht gelassen.
244Die Kammer hat weiter berücksichtigt, dass ein Teil der hier abzuurteilenden Taten, nämlich diejenigen, die der Angeklagte vor dem 12.04.2011 begangen hat, unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgericht C2 vom 12.04.2011, rechtskräftig seit dem gleichen Tage, im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung einbeziehungsfähig gewesen wären, wenn er nicht die Strafe aus dem genannten Urteil bereits vollständig verbüßt gehabt hätte. Die Kammer hat diesem Umstand bei der Bildung der Gesamtstrafe Rechnung getragen und zugunsten des Angeklagten einen Härteausgleich vorgenommen.
245In Ansehung aller Umstände hat die Kammer aus den Einzelstrafen unter Verwendung der Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten als Einsatzstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von
246drei Jahren und drei Monaten
247gebildet, die einerseits ausreichend, andererseits aber auch erforderlich ist, um dem begangenen Unrecht gerecht zu werden, dies dem Angeklagten vor Augen zu führen und auf ihn einzuwirken.
2482. Angeklagte C
249a) Auch bei der Angeklagten C ist wegen der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in Tateinheit mit gewerbsmäßigen unerlaubten Eingriffs in verwandte Schutzrechte Ausgangspunkt der Strafzumessung der Strafrahmen des § 108a Abs. 1 UrhG gewesen, der einen Qualifikationstatbestand gegenüber den §§ 106 Abs. 1 und 108 Abs. 1 UrhG darstellt und einen Strafrahmen von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vorsieht.
250Die Kammer hat sodann von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, diesen Strafrahmen nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu mildern, weil bei der Angeklagten jedenfalls nicht sicher auszuschließen war, dass sie im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat. Aufgrund ihrer starken Heroinabhängigkeit und der damit beispielsweise verbundenen Angst vor Entzugserscheinungen konnte die Kammer nicht feststellen, dass in allen Einzelfällen die Fähigkeit der Angeklagten, entsprechend ihrer vorhandenen Unrechtseinsicht zu handeln, in vollem Umfang gegeben war. Danach hat die Kammer einen geminderten Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe den weiteren Strafzumessungserwägungen zugrundegelegt.
251Hinsichtlich des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist die Kammer zunächst vom dem gesetzlichen Strafrahmen ausgegangen, der Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bis zu 15 Jahren vorsieht. Da die nicht geringe Menge sich noch im unteren Bereich bewegte und letztlich die Betäubungsmittel von der Angeklagten C entgegen dem ursprünglichen Tatplan selbst verbraucht wurden, statt in die Hände Dritter zu gelangen, hat die Kammer einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG geprüft und bejaht sowie zunächst den Strafrahmen von drei Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe der weiteren Strafzumessung zugrunde gelegt. Wegen der nicht auszuschließenden erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Angeklagten hat die Kammer sodann eine zusätzliche Verschiebung des Strafrahmens nach §§ 21,49 Abs. 1 StGB vorgenommen und ist von einem Strafrahmen von einem Monat bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe ausgegangen.
252Wegen der 27 Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ergibt sich aus § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Die Kammer hat sodann geprüft, ob es sich um besonders schwere Fälle im Sinne des § 29 Abs. 3 BtMG gehandelt hat. Sie hat dies im Ergebnis verneint und ist zugunsten der Angeklagten davon ausgegangen, dass sie nicht gewerbsmäßig handelte, weil sie sich keine unmittelbare Einnahmequelle verschaffte. Ihre Versorgung mit den Betäubungsmitteln durch den Angeklagten N beruhte vielmehr auf der zwischen den Angeklagten bestehenden Abrede zu ihrer Entlohnung; der Angeklagte N hätte ihr alternativ für ihre Dienste eine entsprechende Bezahlung in Bargeld geschuldet. Wegen der nicht auszuschließenden erheblichen Einschränkung ihrer Schuldfähigkeit hat die Kammer auch hier eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21,49 Abs. 1 StGB vorgenommen und den weiteren Strafzumessungserwägungen einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe zugrunde gelegt.
253Im Rahmen des nach § 29 Abs. 5 BtMG auszuübenden Ermessens hat die Kammer wegen der Tatsache, dass es sich bei ihr um eine Dauerkonsumentin handelt, nicht von einer Bestrafung wegen der vorgenannten 27 Taten abgesehen und hierbei auch bedacht, dass die Angeklagte bereits - einschlägig - vorbestraft ist. Auch unter Berücksichtigung der nachfolgend im Einzelnen aufgeführten, für die Angeklagte sprechenden Tatsachen, liegen keine derart besonderen Umstände vor, die ein Absehen von Strafe rechtfertigen könnten.
254Die Voraussetzungen für eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 46b Abs. 1 S. 1 StGB oder § 31 S. 1 BtMG lagen schon nicht vor. Die Angeklagte konnte über ihren eigenen Tatbeitrag hinaus im Wesentlichen nur Angaben zum Mitangeklagten N machen, der seinerseits aber schon voll geständig war. Dem positiven Nachtatverhalten der Angeklagten konnte aber ohnehin im Rahmen der konkreten Strafzumessung ausreichend Rechnung getragen werden.
255b) Ausgehend von den vorgenannten Strafrahmen hat sich die Kammer bei der konkreten Strafzumessung in allen Fällen neben den schon bei der Strafrahmenwahl erwähnten allgemeinen Zumessungsgesichtspunkten von folgenden konkreten Erwägungen leiten lassen:
256Zugunsten der Angeklagten war erheblich ihre geständige Einlassung zu berücksichtigen, die sie bereits im Rahmen ihrer ersten polizeilichen Vernehmung abgegeben hat und die sie in der Hauptverhandlung wiederholt hat. Die Angaben der Angeklagten waren nach dem Eindruck der Kammer uneingeschränkt glaubhaft. Sie räumte dabei die ihr zur Last gelegten Taten vorbehaltlos ein und versuchte an keiner Stelle, ihre Tatbeteiligung in irgendeiner Form zu beschönigen oder zu rechtfertigen. Zu ihren Gunsten hat die Kammer daneben erheblich berücksichtigt, dass sie selbst keinen nennenswerten wirtschaftlichen Profit erzielte, sondern im Wesentlichen mit der Motivation handelte, ihren Heroinkonsum zu finanzieren und ihren Lebensunterhalt - auf bescheidenstem Niveau - zu gewährleisten. Die Kammer hat zudem berücksichtigt, dass für die Angeklagte die ohnehin von Tat zu Tat sinkende Hemmschwelle zur Begehung der Urheberrechtsverletzungen noch niedriger lag, als es bei dem Angeklagten N der Fall gewesen ist. Denn ihre Tätigkeit beschränkte sich insoweit auf die Arbeit in der geschützten Umgebung einer Wohnung, ohne dass sie zur Begehung der Taten weiteren Kontakt zur Außenwelt aufnehmen musste. Die Kammer hat ferner bedacht, dass die Angeklagte als Erstverbüßerin besonders haftempfindlich und durch die angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zusätzlich beschwert ist.
257Schließlich waren auch die erhebliche Verfahrensdauer und damit einhergehend der lange Zeitraum, der zwischen der Begehung der Taten und deren Aburteilung lag, deutlich strafmildernd zu berücksichtigen.
258Keine strafschärfende Wirkung hat die Kammer auch bei der Angeklagten C dem Umstand beigemessen, dass mit den einzelnen Taten neben der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke tateinheitlich auch unerlaubte Eingriffe in die verwandten Schutzrechte nach § 108 Abs. 1 UrhG verwirklicht wurden und dort mehrere Tatbestandsvarianten verwirklicht worden sind.
259Strafschärfend hat die Kammer gewertet, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt der jeweiligen Tatbegehung vorbestraft war. Die bis zum 08.06.2011 begangenen Taten hat sie zudem unter laufender Bewährung stehend begangen. Aber auch die weitere Verurteilung am 04.03.2010 durch das Amtsgericht P2 zu einer Geldstrafe hat sie nicht von der Begehung der danach folgenden Taten abhalten können.
260Zu ihren Lasten waren hinsichtlich der Urheberrechtsverstöße jeweils die hohe Anzahl der wöchentlich hergestellten Datenträger zu berücksichtigen.
261Unter Berücksichtigung der bereits genannten Strafzumessungserwägungen hat die Kammer bei der Angeklagten C folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
262Hinsichtlich der insgesamt 152 Taten nach §§ 106 Abs. 1, 108 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 5 und 7, 108a Abs. 1 UrhG hat die Kammer für die 78 Taten aus den Jahren 2009 und 2010
263- jeweils Freiheitsstrafe von 6 Monaten
264und wegen der 74 Taten aus den Jahre 2011 und 2012
265jeweils auf Freiheitsstrafe von 7 Monaten erkannt.
266Wegen der Tat nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG hat die Kammer auf
267Freiheitsstrafe von 7 Monaten
268erkannt, wegen der 27 Verstöße gegen § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG hält sie
269jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 Euro unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten
270für noch tat- und schuldangemessen.
271c) Aus den genannten Einzelstrafen war durch die Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von sieben Monaten nach §§ 53, 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Die Kammer hat bei der Bildung dieser Gesamtstrafe unter nochmaliger Abwägung der vorgenannten Strafzumessungsgründe die Person der Angeklagten und die einzelnen Strafen zusammenfassend gewürdigt (§ 54 Abs. 1 S. 3 StGB). Sie hat sich hierbei von den bereits bei der Verhängung von Einzelstrafen angesprochenen Umständen leiten lassen. Zudem hat die Kammer auch bei der Angeklagten C strafmildernd berücksichtigt, dass zwischen den Taten ein enger sachlicher und situativer Zusammenhang bestand und bei der Angeklagten aufgrund des für sie weitgehend reibungslosen Verlaufes die Hemmschwelle für die weiteren Taten schnell gesunken ist. Andererseits hat die Kammer zuungunsten der Angeklagten die Länge des Tatzeitraumes und die damit verbundene Gesamtzahl der hergestellten und in den Verkehr gebrachten Datenträger nicht außer Acht gelassen.
272Die Kammer hat auch bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht unberücksichtigt gelassen, dass die Angeklagte durch die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt - insbesondere nach ihrer persönlichen Wahrnehmung - zusätzlich belastet ist.
273In Ansehung aller Umstände hat die Kammer aus den Einzelstrafen unter Verwendung der Freiheitsstrafe von sieben Monaten als Einsatzstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von
274zwei Jahren
275gebildet, die einerseits ausreichend, andererseits aber auch erforderlich ist, um dem begangenen Unrecht gerecht zu werden, dies der Angeklagten vor Augen zu führen und auf sie einzuwirken.
276Die Kammer hat keinen Anlass gesehen einen Härteausgleich vorzunehmen, weil eine (gebrochene) Gesamtstrafenbildung mit den beiden Vorverurteilungen nicht mehr möglich war. Denn die Einbeziehung der beiden Vorverurteilungen in die hiesige Verurteilung hätte gesamtwürdigend betrachtet angesichts der jeweiligen Zäsurwirkungen zu einem insgesamt höheren Strafübel für die Angeklagte geführt.
277d) Keine Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung
278Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte nicht gemäß § 56 Abs. 1, Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. § 56 Abs. 1 StGB setzt die Erwartung voraus, dass die Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig, also nicht nur während der Dauer der Bewährungszeit, auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen werde. Eine „bloße Hoffnung“ ist hierfür nicht ausreichend. Vielmehr muss die Gesamtwürdigung der zu Grunde liegenden Tatsachen für die Prognose ausreichen, dass die Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens größer als diejenige der Begehung neuer Straftaten ist. Die Anwendung dieser Grundsätze rechtfertigt keine Strafaussetzung zur Bewährung. Denn es ist nicht zu erwarten, dass die Angeklagte ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten begehen wird. Zwar hat die Angeklagte ein vollumfängliches Geständnis abgelegt und sich auch nach den hier abgeurteilten Taten keiner weiteren Strafverfolgung ausgesetzt gesehen. Gleichwohl hat sie sich nach eigener Einlassung auch während der Dauer des Hauptverfahrens wiederholt Heroin beschafft, konsumiert und damit fortgesetzt gegen strafbewehrte Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen. Bereits dies stellt neues strafbares Verhalten dar, auch wenn die finanziellen Mittel zum Erwerb der suchtbedingt von ihr benötigten Betäubungsmittel derzeit aus einer legalen Quelle stammen. Die Hoffnung, dass ihr derzeitiger Lebensgefährte unverändert für die überwiegende Finanzierung ihres Heroinkonsums aufkommen wird, vermag die erforderliche positive Sozialprognose nicht zu begründen. Die Angeklagte selbst berichtete davon, dass es in ihrer Beziehung insbesondere zuletzt zu Spannungen gekommen ist; eine Trennung von ihrem - keine Betäubungsmittel konsumierenden - Partner erscheint vor diesem Hintergrund nicht fernliegend. Die Angeklagte übt zudem derzeit keine Berufstätigkeit aus und hat damit keine sinnvolle Beschäftigung oder geregelten Tagesablauf, was verbunden mit der daraus resultierenden Langeweile - wie sie selbst bekundete - in der Vergangenheit Mitauslöser für den Heroinkonsum gewesen ist. Letztlich haben auch solche Beschäftigungsverhältnisse in der Vergangenheit bei ihr nicht den Verzicht auf Drogenkonsum bewirkt. Hinzu kommt, dass die Angeklagte einen Großteil der zur Aburteilung gekommenen Straftaten unter laufender Bewährung stehend begangen hat, mithin als Bewährungsversagerin anzusehen ist. Auch die nachfolgende Verurteilung durch das Amtsgericht P2 zu einer Geldstrafe hat sie völlig unbeeindruckt gelassen.
279Die Kammer hat bei der Entscheidung den durchaus vorhandenen Willen der Angeklagten zum freiwilligen Antritt einer - weiteren - Therapie zur Überwindung ihrer Betäubungsmittelabhängigkeit gesehen und geht vor dem Hintergrund der angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch davon aus, dass die Behandlung der Angeklagten grundsätzlich noch eine hinreichende Erfolgsaussicht verspricht. Aufgrund des bisherigen Lebenslaufes der Angeklagten, ihrer Persönlichkeitsstörung und ihrer zahlreichen gescheiterten Versuche, sich in eigener Verantwortung von den Drogen zu lösen, vermag der vorhandene gute Wille der Angeklagten aber keine belastbare Grundlage für eine positive Legalprognose zu begründen. Der Erfolg der angeordneten Unterbringung ist derzeit nicht derart gewiss, als dass eine günstige Sozialprognose hierauf gestützt werden kann.
280Jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ist die Angeklagte darüber hinaus keinesfalls gefestigt genug, dass allein die drohende Aussicht der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nach Bewährungswiderruf auf sie ausreichend abschreckend und motivierend wirken könnte, um den existenten Behandlungswillen auf freiwilliger Basis erfolgreich in die Tat umsetzen zu können und die Erwartung einer straffreien Führung zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer schließlich auch geprüft, im Ergebnis aber abgelehnt, ob es ausreichend sein könnte, der Angeklagten den Antritt und die Durchführung einer Drogentherapie – evtl. im von ihr angedachten Sinne in H1 - als Bewährungsauflage zu erteilen. Es ist aber ungewiss, ob und wann die Angeklagte mit welchem Erfolg die von ihr gewünschte Therapie oder eine andere Therapiemaßnahme absolvieren wird.
281Aufgrund der langjährigen Abhängigkeit, ihrer Persönlichkeitsstruktur und der Vielzahl abgebrochener Entgiftungen - zuletzt trotz der unmittelbar bevorstehenden Hauptverhandlung - sieht die Kammer darin trotz der aufgezeigten positiven Ansätze keine vertretbare Alternative.
282Es kommt daher nicht mehr tragend darauf an, dass es neben den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB auch an den nach § 56 Abs. 2 StGB erforderlichen besonderen Umständen nach gebotener Gesamtwürdigung der Taten und der Persönlichkeit der Angeklagten fehlt, welche die Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung rechtfertigen könnten.
283Denn im Rahmen der Gesamtwürdigung vermögen - unter Berücksichtigung aller oben genannter Milderungsgründe, namentlich insbesondere ihres Geständnisses, des Zeitablaufes und auch unter Berücksichtigung der nachfolgend noch begründeten Verfahrensverzögerung - diese zu ihren Gunsten streitenden Umstände weder einzeln noch in ihrem Gesamtgewicht besondere Umstände im Sinne der Vorschrift zu begründen.
284e) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
285Daneben hat die Kammer die Unterbringung der Angeklagten C in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB angeordnet.
286Die Kammer hat auf Grundlage der Angaben der Angeklagten - und zusätzlich sachverständig beraten durch den psychiatrischen Sachverständigen T1 - einen Hang der Angeklagten zum Rauschmittelkonsum im Übermaß festgestellt.
287Die Angeklagte leidet, wie der Sachverständige T1 unter Auswertung der biografischen Daten der Angeklagten und ihrer Suchtanamnese überzeugend dargestellt hat, seit vielen Jahren an einer schwerwiegenden Opioidabhängigkeit (Diagnose nach ICD-10: F.11.2), dem Hang zu einem schädlichen Gebrauch von verschiedenen Substanzen (nach ICD-10: F19.1) und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit den wesentlichen Kernsymptomen einer Borderline-Störung im Sinne von F.60.31 der ICD-10. Aufgrund der bereits frühkindlich erfahrenen Vernachlässigung zeigten sich bei der Angeklagten Bindungsstörungen, die sich zu einer emotionalen Instabilität im Erwachsenenalter entwickelten, welche mitursächlich für die festgestellte Abhängigkeitserkrankung ist. Sie hat mehrere Suizidversuche hinter sich, zu deren genauen Hintergründen keine Feststellungen getroffen werden konnten.
288Das Abhängigkeitssyndrom lag zum Zeitpunkt der Tatbegehungen vor und besteht nach den Ausführungen des Sachverständigen und der glaubhaften Einlassung der Angeklagten auch weiterhin. Zwischen den Taten und der Suchterkrankung der Angeklagten besteht unzweifelhaft ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang. Für die Ausprägung und den Fortbestand ihrer Sucht spricht, dass sie auch nach erfolgter Entgiftung noch während der Hauptverhandlung einen Rückfall erlebt und wieder Heroin konsumiert hat.
289Gestützt darauf gründet sich die Prognose, dass die Angeklagte unbehandelt weiterhin Straftaten von erheblichem Gewicht begehen wird. Ihr Leben war in den letzten Jahren davon bestimmt, sich Drogen zu verschaffen und diese zu konsumieren. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Angeklagte trotz ihres Alters von immerhin 35 Jahren erst zwei Eintragungen in ihrem Bundeszentralregisterauszug aufweist. Gleichwohl geht die Kammer davon aus, dass es ohne Behandlung der Angeklagten durch sie in naher Zukunft zu weiteren rechtswidrigen Taten kommen wird.
290Diese von ihr zu erwartenden Straftaten sind auch erheblich im Sinne des § 64 S. 2 StGB. Zwar kann regelmäßig der Erwerb kleiner Rauschgiftmengen zum Eigenkonsum allein eine Unterbringung gemäß § 64 StGB noch nicht rechtfertigen (BGH, Urteil vom 07.12.1993 - 1 StR 572/93), jedoch beschränkt sich das bisherige und zukünftig zu erwartende strafbare Verhalten der Angeklagten nicht lediglich auf derartigen Eigenkonsum. Es sind vielmehr auch gewichtige Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zu erwarten. So muss namentlich davon ausgegangen werden, dass sie jedenfalls auch vor dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht zurückschreckt, um sich den eigenen Betäubungsmittelkonsum finanzieren zu können und sie damit grundsätzlich auch bereit ist, den Tatbestand eines Verbrechens zu verwirklichen. Diese Annahme hat im hiesigen Verfahren Bestätigung zunächst in der festgestellten Anlasstat gefunden, auch wenn es sich dabei noch um einen minder schweren Fall des unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge handelte. Auch dem Urteil des Amtsgerichts P2 vom 13.07.2007 lag neben dem Vorwurf der Geldwäsche ein Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zugrunde. Allein der Umstand, dass der derzeitige Lebensgefährte der Anklagten ihren Bedarf an Betäubungsmitteln finanziert, begründet eine nur aktuell eingeschränkte Gefahr der Beschaffungskriminalität für die Allgemeinheit. Die Kammer sieht darin jedoch keine belastbare Grundlage für die Annahme, dass es nicht dennoch in naher Zukunft zu erheblichen Taten der Beschaffungskriminalität durch die Angeklagte kommen wird. So kann es in der Beziehung der Angeklagten - auch vor dem Hintergrund ihrer Suchterkrankung - jederzeit zu einer Trennung kommen. Die Angeklagte selbst bekundete, dass es im Zusammenhang mit früheren, vergeblichen Klinikaufenthalten erhebliche Spannungen und temporäre Trennungen von ihrem Freund gegeben habe. Zu berücksichtigten war zudem, dass durch die hier festgestellten Taten der Betäubungsmittelbedarf der Angeklagten über Jahre sichergestellt war, ohne dass sie Anlass zu weiteren Straftaten hatte. Wie sie - ohne finanzielle Unterstützung ihres Partners - ihre Heroinsucht finanzieren könnte, lies sie selbst unbeantwortet.
291Eine Behandlung in einer Entziehungsanstalt hat auch die erforderliche Aussicht auf Erfolg. Die Kammer verkennt nicht, dass die Angeklagte mit einigem Nachdruck die Auffassung vertreten hat, dass eine Unterbringung nach § 64 S. 1 StGB in einer Entziehungsanstalt für sie nicht das geeignete Mittel der Wahl sei und sie insbesondere erhebliche Vorbehalte gegenüber einer stationären Behandlung äußerte. Dennoch sieht die Kammer grundsätzlich eine hinreichend konkrete Aussicht, die Angeklagte durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder sie zumindest über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. Gerade in dem engmaschig kontrollierten „Setting“ des Maßregelvollzuges sieht die Kammer eine gut geeignete Hilfestellung für die Angeklagte, um ihren - grundsätzlich vorhandenen - Therapiewillen auch umsetzen zu können.
292Denn der Lebenslauf der Angeklagten zeigt, dass sie bislang nicht in der Lage gewesen ist, freiwillige Behandlungsangebote mit nachhaltigem Erfolg anzunehmen. Sie hat in der Hauptverhandlung jedoch glaubhaft angegeben, grundsätzlich ein drogenfreies Leben führen zu wollen und, wenn auch nicht unmittelbar, sondern irgendwann eine Therapiemaßnahme anzustreben. Nach den Angaben des Sachverständigen ist dieser Behandlungswille auch authentisch und von entsprechender Selbstreflektion getragen. C verfügt nach dem Eindruck, den die Kammer in der Hauptverhandlung von ihr gewonnen hat und der durch die Angaben des Sachverständigen T1 bestätigt wurde, über mehr als ausreichende intellektuelle Ressourcen, um ihr Verhalten grundlegend ändern zu können. Zwar hat die Angeklagte schon eine lange „Drogenkarriere“ hinter sich; sie ist aber mit 35 Jahren auch noch so jung, dass die Hoffnung besteht, dass durch therapeutische Intervention ihre suchtbedingten Verhaltensstrukturen aufgebrochen und somit auch ihr Hang zur Begehung weiterer Straftaten überwunden werden kann. Die Kammer geht deswegen davon aus, dass die Angeklagte sich auf die anlässlich der Unterbringung durchzuführenden Therapiemaßnahmen einlassen können wird und - anders als durch den bloßen Vollzug einer Freiheitsstrafe - gute Chancen hat, ihrem Leben nunmehr eine entscheidende Wendung zu geben.
293Nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen ist angesichts des jahrzehntelangen Drogenkonsums der Angeklagten und ihrer Persönlichkeitsproblematik mit einer Therapiedauer von etwa zwei Jahren zu rechnen. Unter Berücksichtigung der von ihr zu erwartenden Straftaten ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt dennoch verhältnismäßig. Bezüglich deren Erforderlichkeit vermag der Umstand, dass die Angeklagte neben ihrer Suchtmittelabhängigkeit auch wesentliche Kernsymptome einer Borderline-Persönlichkeitsstörung im Sinne von F60.31 der ICD 10 zeigt, keine abweichende Beurteilung zu begründen. Wie der Sachverständige T1 überzeugend ausgeführt hat, stellt diese Kombination von Erkrankungen bei weiblichen Betäubungsmittelkonsumenten vielmehr eher den Normalfall als eine Ausnahme dar und steht einer erfolgversprechenden Behandlung keineswegs entgegen. Im Rahmen der therapeutischen Behandlung in einer Entziehungsanstalt wird das gesamte Krankheitsbild der Angeklagten in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden können.
294VII. Absehen von Verfall des Wertersatzes
295Die Kammer hat vor dem Hintergrund der Vermögenslosigkeit beider Angeklagter und der Tatsache, dass bei ihnen der Wert des Erlangten nicht mehr vorhanden ist, gemäß § 73d Abs. 4 in Verbindung mit § 73c Abs. 1 S. 2 StGB von der Anordnung der Verfalls des Wertersatzes abgesehen. Sie hat hierbei erneut die Steuerschulden des Angeklagten N berücksichtigt und geht davon aus, dass eine entsprechende Anordnung für die erfolgreiche Resozialisierung der Angeklagten nicht zuträglich wäre.
296VIII. Verfahrensverzögerung
297Das Strafverfahren wurde teilweise nicht mit der nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Beschleunigung geführt.
298Bei ausreichender Personalkapazität hätten die Ermittlungen schneller abgeschlossen, früher Anklage erhoben und zügiger über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden werden können.
299Nach Strafanzeige vom 01.07.2011 und zunächst verdeckt geführten Ermittlungen wurden am 03.08.2012 Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse gegen die Angeklagten erlassen, die am 08.08.2012 vollstreckt und ihnen damit bekannt wurden. Nach Abschluss der Beschuldigtenvernehmungen im April 2013 verging bis zur Abschlussverfügung und Abfassung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft F10 am 12.09.2014 mehr als ein Jahr, ohne dass es weitere wesentliche Ermittlungsmaßnahmen gab, die diesen Zeitablauf als erforderlich erscheinen ließen.
300Nach Eingang der Anklageschrift bei dem Landgericht Essen am 19.09.2014 wurde am 24.09.2014 die Zustellung derselben an die Angeklagten verfügt. Mit Beschluss vom 24.06.2015 wurde sodann die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit, dem Zustand und der Behandlungsaussichten der Angeklagten C angeordnet, bevor am 24.07.2015 die - bis dahin lediglich außer Vollzug gesetzten - Haftbefehle aus dem August 2012 aufgehoben wurden. Mit Beschluss vom 10.11.2015 hat die Kammer sodann die Anklage zugelassen und den Hauptverhandlungsbeginn auf den 14.01.2016 anberaumt.
301Bei ausreichender Personalkapazität und ein dem Verfahren angemessenen Einsatz von Personal hätte die Verfahrensverzögerung vermieden werden können. Während einer nicht unerheblichen, den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz zuzurechnenden Zeit waren die Angeklagten dem psychischen Druck des gegen sie geführten Strafverfahrens ausgesetzt. Für die Angeklagten war dies insoweit belastend, als sie über einen entsprechenden Zeitraum mit der Möglichkeit einer Verurteilung und einer Inhaftierung, die Angeklagte C zudem mit einer Unterbringung, rechnen mussten. Während der Außervollzugsetzung der Haftbefehle hatten die Angeklagten ferner regelmäßig der Pflicht zur Meldung den Polizeidienststellen ihres jeweiligen Wohnsitzes nachzukommen, wodurch sie in ihrer Lebensführung nicht unerheblichen Einschränkungen unterlagen.
302Beiden Angeklagten war in Folge der Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK und der hieraus resultierenden überlangen Verfahrensdauer eine Wiedergutmachung dergestalt zu gewähren, dass von den Gesamtfreiheitsstrafen jeweils drei Monate als vollstreckt gelten.
303IX. Kostenentscheidung
304Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 465,466 StPO.
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Referenzen
- § 29 Abs. 5 BtMG 1x (nicht zugeordnet)
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- § 29 Abs. 3 BtMG 2x (nicht zugeordnet)
- UrhG § 108 Unerlaubte Eingriffe in verwandte Schutzrechte 4x
- StGB § 56 Strafaussetzung 5x
- StGB § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls 4x
- StGB § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen 1x
- UrhG § 108a Gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung 2x
- StGB § 242 Diebstahl 2x
- 1 StR 572/93 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 53 Tatmehrheit 3x
- StGB § 263 Betrug 1x
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- StGB § 54 Bildung der Gesamtstrafe 4x
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- § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG 5x (nicht zugeordnet)
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- StPO § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten 1x
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