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| Die streitgegenständlichen Hauptversammlungsbeschlüsse sind nicht anfechtbar oder nichtig. Dies beurteilt sich nach §§ 241 ff AktG, die nach Art. 9 Abs. 1 lit c ii SE-VO auch für die klageweise Geltendmachung von Beschlussmängeln bei der SE anwendbar sind. Soweit nachfolgend nicht anders ausgeführt, gilt diese Verweisung auch in Bezug auf die übrigen genannten Vorschriften des AktG. |
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| A. Anfechtungsgründe Komplex I - Vorstandsvergütung (Entlastungsbeschlüsse) |
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| Nur ein eindeutiger und schwerwiegender Gesetzes- oder Satzungsverstoß durch ein Organmitglied führt zur Anfechtbarkeit eines Entlastungsbeschlusses (BGHZ 153, 47, 51; 160, 385, 388; BGH Beschluss vom 09.11.2009 – II ZR 154/08). Dies bedeutet auf der einen Seite, dass für das Organmitglied selbst mit einiger Sicherheit ein erheblicher Rechtsverstoß erkennbar gewesen sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 09.11.2009 – II ZR 154/08). Andererseits ist zu beachten, dass gegebenenfalls die Rechtswidrigkeit des Entlastungsbeschlusses (§ 243 Abs. 1 AktG) nicht aus der Pflichtwidrigkeit des Verwaltungshandelns sondern daraus folgt, dass die der Hauptversammlung gesetzten Grenzen für das Entlastungsermessen überschritten werden, wenn gleichwohl und damit ermessensfehlerhaft Entlastung erteilt wird. Das setzt voraus, dass auch die Hauptversammlung aufgrund der ihr vorliegenden Informationen einen solchen Verstoß eindeutig erkannt hat oder hätte erkennen müssen (OLG Köln NZG 2009, 1110; LG Mannheim, Urteil vom 09.04.2009 - 24 O 78/08, von der Beklagten als Anl. Z 76 vorgelegt, dort S. 39 f; Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rn. 50; Reger in Bürger/Körbers, AktG, § 120 Rn. 5; Zöllner in KK-AktG, 1. Aufl., § 120 Rn. 47; Volhard/Weber NZG 2003, 351, 356; i.Erg. wohl auch OLG Frankfurt AG 2007, 329; OLGReport 2008, 769) oder dass andernfalls eine wesentliche Informationspflichtverletzung vorliegt (vgl. BGH NZG 2009, 1270, 1272, Tz. 18). Eine Beschlussanfechtung kann deshalb nicht auf Verstöße gestützt werden, die erst im Anfechtungsprozess aufgeklärt und bewiesen werden (OLG Köln a.a.O.; Hoffmann a.a.O.) oder bei unklarer Rechtslage einer rechtlichen Klärung zugeführt werden sollen. |
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| In zeitlicher Hinsicht ist die Entlastung auf das vergangene Geschäftsjahr bezogen (§ 120 Abs. 1 AktG), über das sich auch die Rechnungslegung zur jeweiligen Hauptversammlung verhält (vgl. § 120 Abs. 3 AktG). Das schließt es im Grundsatz aus, das Verwaltungshandeln in vorausgegangenen Geschäftsjahren mit zur Beurteilung heranzuziehen, insbesondere wenn hierzu bereits die vorausgegangenen Hauptversammlungen Entlastung erteilt haben (LG Frankfurt AG 2005, 51, 52; LG Stuttgart, Urteil vom 26.03.2010 - 31 O 152/09 KfH) und dies nicht angefochten ist (vgl. weiter Mülbert in GroßKomm-AktG, 4. Aufl., § 120 Rn. 94 ff; Kubis in MünchKomm-AktG, § 120 Rn. 18; Spindler in K.Schmidt/Lutter, AktG, § 120 Rn. 34). Dies gilt unabhängig davon, inwieweit einzelne entlastungsrelevante Umstände der jeweiligen Hauptversammlung schon bekannt waren (Hoffmann in Spindler/Stilz, AktG, § 120 Rn. 7 m.w.N.). |
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| I. Entlastung Aufsichtsrat (TOP 4) |
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| Nach diesen Maßstäben ist die Entlastung des Aufsichtsrats nicht anfechtbar, weil mit den fristgerecht vorgebrachten Anfechtungsgründen kein aus der maßgeblichen Sicht der Hauptversammlung eindeutiger und schwerwiegender Rechtsverstoß des Aufsichtsrats in diesem Sinne in dem Geschäftsjahr 2007/2008, auf das sich die beschlossene Entlastung bezieht, dargetan ist. |
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| 1. Angemessene Festsetzung der Vorstandsbezüge nach § 87 AktG. |
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| Ein aus Sicht der Hauptversammlung und des Aufsichtsrats eindeutiger und schwerwiegender Verstoß gegen das Gebot, nur angemessene Vorstandsbezüge festzusetzen, ergibt sich aus dem Klägervortrag für das maßgebliche Geschäftsjahr 2007/2008 nicht. |
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| a) Das Gebot der Angemessenheit bezieht sich auf den Zeitpunkt der Festsetzung der Bezüge (Spindler in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 72; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 87 Rn. 3). Dementsprechend hat die Klägerin zu 1 in ihrer Klageschrift als Anfechtungsgrund vorgebracht, der Aufsichtsrat habe sich bei der Regelung der Vergütung pflichtwidrig verhalten. Für die Frage, ob im Hinblick darauf die Entlastungsentscheidung rechtswidrig ist, kommt es also darauf an, ob es im Geschäftsjahr 2007/2008 Handlungen oder Unterlassungen des Aufsichtsrats in Bezug auf die Vergütungsregelungen gegeben hat, die der Hauptversammlung bekannt oder zumindest erkennbar waren. |
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| b) In Bezug auf die Vergütungsregelung mit dem Vorstandsvorsitzenden Herrn Dr. W. ist dies auch unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags zu den Regelungen im September 2007 nicht der Fall. |
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| aa) Die Bezüge werden regelmäßig im Anstellungsvertrag zwischen der Gesellschaft und dem Vorstand durch Vereinbarung festgesetzt. Auf Seiten der Gesellschaft ist für seinen Abschluss der Aufsichtsrat zuständig (§§ 84 Abs. 1 Satz 1, 5, 87 Abs. 1 AktG) oder bei entsprechender Übertragung ein dafür zuständiger (Präsidial-)Ausschuss (§ 107 Abs. 3 AktG in der bis 04.08.2009 geltenden Fassung; zur Zulässigkeit etwa Spindler a.a.O. § 84 Rn. 60). Die Entscheidung über den Abschluss des Anstellungsvertrags und damit auch die Festlegung der Vergütung bedarf der ausdrücklichen Beschlussfassung (§ 108 AktG) des Aufsichtsrats oder des Ausschusses (Spindler a.a.O. § 84 Rn. 63; Habersack ebenda, § 107 Rn. 153). Zur Beschlussfassung muss also im Regelfall der bereits ausgehandelte Vertrag als Beschlussvorlage vorliegen, den dann der Aufsichtsrat oder Ausschuss billigen muss (vgl. BGH NJW 2003, 2908, 2910). Oder der Beschluss geht dem Vertragsschluss voraus, welcher dann die inhaltlichen Vorgaben des Beschlusses einhalten muss und somit lediglich dessen Umsetzung dient; ein inhaltlicher Spielraum für abweichende Vereinbarungen durch den mit dem förmlichen Abschluss Beauftragten, etwa einem Aufsichtsratsmitglied, besteht dabei nicht (vgl. etwa Mertens/Cahn, KK-AktG, 3. Aufl., § 84 Rn. 50, 52; Spindler a.a.O. § 84 Rn. 61). |
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| Anknüpfungspunkt für die in Bezug auf die Entlastung entscheidende Frage, ob der Aufsichtsrat bei der Festlegung der Vergütung rechtswidrig gehandelt hat, ist deshalb in erster Linie die Beschlussfassung im zuständigen Gremium als die entscheidende Handlung der zuständigen Aufsichtsratsmitglieder. |
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| Nach dem unstreitigen Beklagtenvortrag sind die Entscheidungen zur Vergütungsregelung, die Grundlage für die Berechnung der Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 waren, im Aufsichtsrat bzw. seinem Präsidialausschuss inhaltlich nicht in diesem Geschäftsjahr gefallen. Wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, fiel zunächst die Entscheidung im Aufsichtsrat (noch der AG) über eine weitere Bestellung des Vorstandsvorsitzenden Dr. W. für eine fünfjährige Amtszeit (bis 30.09.2012) am 15.11.2006, ein entsprechender Anstellungsvertrag wurde am 19.12.2006 geschlossen. In ihm wurden zuletzt die Regelungen zu seiner Vergütung materiell geregelt, wie die Beklagte es bezeichnet. Anlässlich der von der außerordentlichen Hauptversammlung am 24.06.2007 beschlossenen Umwandlung der Beklagten in die SE mit Ausgliederung des operativen Geschäftsbetriebs auf die Tochtergesellschaft ist nach weiterem, ebenfalls unbestritten gebliebenem Vortrag der Beklagten keine inhaltliche Änderung des Anstellungsverhältnisses erfolgt. Der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats beschloss danach am 24.07.2007, dass die Vergütung künftig auf die Beklagte und die (künftige) Tochtergesellschaft aufgeteilt werden sollte - Herr Dr. W. wurde unstreitig nach Wirksamwerden der Umstrukturierung Vorstandsvorsitzender beider Gesellschaften. Diese Beschlussfassung lag vor Beginn des Geschäftsjahr 2007/2008 und kann deshalb als solche nicht mehr Gegenstand der Betrachtung sein. |
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| Zur Umsetzung dieses Beschlusses wurden um den 05.09.2007 neue Anstellungsverträge zwischen jeweils der Beklagten und P. AG (neu) einerseits sowie Herrn Dr. W. andererseits geschlossen. Zu dem Zeitpunkt hatte das Geschäftsjahr 2007/2008 bereits begonnen. Dass diese Verträge auf der Beschlussfassung im vorangegangenen Geschäftsjahr basierten, ändert freilich nichts daran, dass die Handlungen zum Vertragsabschluss durch den Aufsichtsrat oder in seinem Auftrag Teil der Aufsichtsratstätigkeit waren, die Gegenstand der durch den Entlastungsbeschluss ausgesprochenen Billigung des Verwaltungshandelns im fraglichen Geschäftsjahr ist. |
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| bb) Ob sich der Aufsichtsrat bzw. der Präsidialausschuss bei der fraglichen Aufteilung der Vergütungsverpflichtung gegenüber Herrn Dr. W. auf die beiden Gesellschaften unter inhaltlicher Übernahme der seit 2006 geltenden Regelung und - für die beklagte SE - dem Abschluss des entsprechenden Anstellungsvertrags eindeutig pflichtwidrig verhalten hat, kann letztlich dahinstehen. |
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| Es ist jedenfalls nicht feststellbar, dass der Hauptversammlung bekannt oder erkennbar war, dass es überhaupt in dem entlastungsrelevanten Geschäftsjahr 2007/2008 zu Regelungen gekommen war. |
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| Eine Aufteilung der Vergütung wie geschehen oder auch eine sonstige Neuregelung des Anstellungsverhältnisses war aus rechtlicher Sicht nicht zwingend geboten. Die Klägerin zu 1 hat insoweit ohne Erfolg auf die Neubestellung als Vorstand abgestellt. Der Anstellungsvertrag vom 19.12.2006 hätte ohne die Neuregelungen unverändert bis zum 30.09.2012 gelten können. Die Umwandlung einer AG in eine SE wahrt die Identität der Gesellschaft und lässt deshalb Anstellungsverträge mit Vorstandsmitgliedern wie andere Schuldverhältnisse auch im Grundsatz unberührt (Art. 37 Abs. 2 SE-VO; vgl. dazu Schröder in Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft, Teil B Rn. 47 und Art. 37 Rn. 105); lediglich die Bestellung zum Vorstand der AG setzt sich nicht fort (Art. 39 Abs. 1 SE-VO; vgl. etwa Schröder a.a.O.; Reichert/Brandes in MünchKomm-AktG, 2. Aufl., Art. 39 SE-VO Rn. 28). Wurde der Anstellungsvertrag dagegen mit der Ausgliederung des operativen Geschäftsbetriebs auf die neue Tochtergesellschaft übertragen (so auch der Vortrag der Klägerin zu 1 in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 01.03.2010), so hätte er auch insoweit fortgelten und nunmehr die Anstellung in Bezug auf die Bestellung der Vorstände der Beklagten als SE regeln können (zur Konzernanstellung Reichert/Brandes a.a.O. Rn. 40). Es gab also wohl in beiden Fällen keine zwingende Notwendigkeit, auf neue Verträge mit geänderten Inhalten insbesondere von Herrn Dr. W. mit der Beklagten als SE oder mit der neuen AG hinzuwirken. Jedenfalls gab es für die Hauptversammlung keinen Anlass, dies alleine wegen der Neubestellung anzunehmen. |
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| Dass tatsächlich um den 05.09.2007 und damit im Geschäftsjahr 2007/2008 zwei Verträge mit der Beklagten und der Tochtergesellschaft auf Basis einer Beschlussfassung des Präsidialausschusses vom 24.07.2007 geschlossen wurden, war aber der Hauptversammlung ersichtlich nicht bekannt. Das folgt schon daraus, dass auch die Klägerin zu 1, die auf der Hauptversammlung vertreten war, erklärtermaßen Daten zu den Vertragsschlüssen nicht kannte. Eine Informationspflichtverletzung der Beklagten in dieser Hinsicht haben die Klägerinnen nicht behauptet. |
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| Bereits deshalb fehlt es an einer aus Sicht der Hauptversammlung erkennbaren und damit für sie eindeutigen Pflichtverletzung des Aufsichtsrats im Geschäftsjahr 2007/2008 hinsichtlich der Vergütungsregelung für Herrn Dr. W.. |
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| c) Bezüglich der Vergütungsregelungen für die vier Vorstandsmitglieder, die von der Beklagten ganz zur Tochtergesellschaft gewechselt sind, hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, dass es insoweit keine Vergütungsregelung im Geschäftsjahr 2007/2008 gegeben hat. Aus der Anm. 38 des Konzernanhangs im Geschäftsbericht 2007/2008 geht hervor, dass die bestehenden Anstellungsverträge am 13.11.2007 auf diese Tochtergesellschaft übergegangen sind (Anl. I K 2). |
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| d) Wie bezüglich der Vergütung des weiteren Vorstandsmitglieds Herrn H., der ebenfalls nach der Umwandlung bei beiden Gesellschaften zum Vorstand bestellt war, anlässlich dieser Umwandlung verfahren worden ist, ist nicht vorgetragen. Es kommt darauf aber auch nicht an, weil es auch insoweit ohnehin an der Kenntnis der Hauptversammlung fehlt. |
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| 2. Sittenwidrigkeit der Vorstandsbezüge nach § 138 BGB. |
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| Ein rechtswidriges Handeln des Aufsichtsrats im Geschäftsjahr 2007/2008 lässt sich letztlich aus denselben Gründen auch nicht damit begründen, die Vorstandsvergütungen seien gem. § 138 BGB sittenwidrig. |
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| a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin zu 1 diesen Anfechtungsgrund mit ihrer am letzten Tag der Anfechtungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG) eingereichten Klageschrift fristgerecht vorgebracht hat. In der Klageschrift hat die Klägerin zu 1 bei ihren Ausführungen zum Anfechtungsgrund der Unangemessenheit nach § 87 AktG lediglich angeführt, es gebe keine gesetzliche Obergrenze für die Vergütung, wohl aber die Grenze der Sittenwidrigkeit. Sie hat angefügt, zumindest die „Vorstandsvergütung“ von Herrn Dr. W. „dürfte bereits sittenwidrig sein“, um dann fortzufahren, dass jedenfalls § 87 AktG tangiert sei. Ob damit und in Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen in der Klageschrift zur Vorstandsvergütung und ihrer Regelung ein eigenständiger Anfechtungsgrund mit seinem tatsächlichen Kern geltend gemacht war, kann letztlich dahingestellt bleiben. |
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| b) Nach § 138 BGB können Rechtsgeschäfte sittenwidrig und infolgedessen nichtig sein. Deshalb stellt sich nicht die Frage, ob „die Vergütung“ sittenwidrig ist, sondern ob das Rechtsgeschäft über die Vergütung nichtig ist. Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGHZ 107, 92, 96). Dies ist nach den Umständen zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zu beurteilen (BGH a.a.O.; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl. § 138 Rn. 9 m.w.N.). Damit kommt es auch für diesen rechtlichen Gesichtspunkt auf die Regelung der Vergütung im Geschäftsjahr 2007/2008 an. Insoweit kann auf die Ausführungen oben unter 1.) Bezug genommen werden, die hier entsprechend gelten. |
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| 3. Hauptversammlungszuständigkeit/Teilgewinnabführungsvertrag, § 292 AktG |
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| Der Beschluss über die Entlastung des Aufsichtsrats ist wegen einer fehlenden Zustimmung der Hauptversammlung zu den Vergütungsregelungen weder nichtig (§ 241 Nr. 3 AktG) noch anfechtbar (§ 243 AktG). |
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| a) Nichtig ist nach § 241 Nr. 3 AktG ein Hauptversammlungsbeschluss, der mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt gläubigerschützende oder im öffentlichen Interesse bestehende Vorschriften verletzt. Die Klägerin zu 1 verkennt mit ihrer Argumentation, die Vergütungsvereinbarung ohne Zustimmung der Hauptversammlung umgehe § 292 AktG und greife damit in die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft ein, dass die streitgegenständlichen Beschlüsse nicht die Vergütung des Vorstands, sondern die Entlastung der Organe zum Inhalt haben. Die Entlastung von Organen ist mit dem Wesen der Aktiengesellschaft zweifellos deshalb zu vereinbaren, weil sie in § 120 AktG vorgesehen ist. Weil eine Entlastung bei der Aktiengesellschaft keine unmittelbaren Rechtswirkungen hat und insbesondere keinen Verzicht auf Ersatzansprüche enthält (§ 120 Abs. 2 Satz 2 AktG), ist auch eine rechtswidrige Entlastung ohne Bedeutung für den Gläubigerschutz oder das öffentliche Interesse. Sie kann allenfalls zur Anfechtbarkeit führen. |
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| b) Die Entlastungsbeschlüsse sind auch nicht wegen einer pflichtwidrig nicht eingeholten Zustimmung der Hauptversammlung anfechtbar. |
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| aa) Teilgewinnabführungsverträge bedürfen als Unternehmensverträge der Zustimmung der Hauptversammlung, §§ 292, 293 AktG. Diese Regelungen gelten auch für die SE. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies aus der generellen Verweisung in Art. 9 Abs. 1 lit c ii SE-VO oder der Spezialverweisung in Art. 52 Satz 2 SE-VO folgt oder aber daraus, dass nach dem deutschen IPR an das Konzernrecht des Sitzstaates der abhängigen Gesellschaft – dies wäre die hier zu betrachtende Beklagte mit Sitz in S. – anzuknüpfen ist (vgl. Casper/Euler in Spindler/Stilz, AktG, Art. 9 SE-VO Rn. 12). |
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| Nach der Ausnahmeregelung in § 292 Abs. 2 AktG ist aber u.a. ein Vertrag mit einem Vorstandsmitglieder über eine Gewinnbeteiligung kein Teilgewinnabführungsvertrag. Daraus folgt, dass solche Vereinbarungen keine Unternehmensverträge sind (§ 292 Abs. 1 AktG) und folglich nicht der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 293 Abs. 1 AktG bedürfen. Aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergeben sich keine Einschränkungen, die den Anwendungsbereich von der vereinbarten oder konkret sich nach den vereinbarten Modalitäten ergebenden Höhe der Gewinnbeteiligung abhängig machen. Im Gegenteil ist die Norm vor dem Hintergrund zu sehen, dass mit ihr die abweichende Konzeption des früheren Rechts abgelöst wurde, das für die Reichweite einer Hauptversammlungszuständigkeit auf einen quantitativen Maßstab abgestellt hatte; die damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten sollten mit der jetzigen Regelung vermieden werden, weshalb es sich verbietet, nach der Bedeutung der Gewinnabführung zu differenzieren (Koppensteiner in KK-AktG, 3. Aufl., § 292 Rn. 56). Gegen eine unter diesem Gesichtspunkt einschränkende Auslegung spricht ferner, dass es mit dieser Bestimmung bei der eindeutigen Kompetenz des Aufsichtsrats für die Vergütung des Vorstands (§ 87 AktG) insgesamt bleibt. |
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| Ebenso wenig stellt die Bestimmung auf den Beweggrund für die Gewährung der Gewinnbeteiligung ab. Es spielt deshalb auch keine Rolle, dass die Gewinnbeteiligung bei ihrer erstmaligen Vereinbarung unstreitig zugesagt wurde, weil der frühere Vorstandsvorsitzende Herr Dr. W. sich im Jahr 1994 zur Übernahme einer persönlichen Haftung bereit erklärte. Das Eingehen persönlicher Risiken in einer kritischen Lage der Gesellschaft kann im Übrigen durchaus ein Grund dafür sein, dass ein spätere höhere Vergütung als angemessen betrachtet wird (Mertens/Cahn, KK-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 15); wird diese höhere Vergütung gewinnabhängig gewährt, bleibt sie dennoch im Rechtssinne Vergütung im Sinne des § 87 AktG und sie unterliegt auch der Ausnahmeregelung des § 292 Abs. 2 AktG. Es spielt angesichts dessen auch keine Rolle, dass Herr Dr. W. auf der Hauptversammlung vom 30.01.2009 angegeben hat, er habe damals nicht als Manager, sondern als Unternehmer gehandelt. Diese persönliche Bewertung der Motivation für die Gewinnbeteiligung ist für die rechtliche Einordnung als Vergütungsbestandteil und Anwendungsfall der Ausnahmeregelung ohne Relevanz. Dasselbe gilt für rechtlich bedeutungslose Zusagen von Familiengesellschaftern. Erst recht kann offen bleiben, ob diese Vorgänge des Jahres 1994 und ihre Bewertung für die Qualifizierung der Vereinbarung noch Bedeutung haben könnten, die im Geschäftsjahr 2007/2008 Gültigkeit hatte. |
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| bb) Entscheidend kommt es im Übrigen auf diese Fragen nicht an. Soweit ersichtlich sind jedenfalls bislang in Literatur und Rechtsprechung keinerlei Überlegungen zu einer Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 292 Abs. 2 AktG angestellt worden, wie sie die Klägerin zu 1 nunmehr mit ihrer Klage vertritt. An den von ihr angegebenen Kommentarstellen ist auch nicht ausgeführt, dass die Ausnahmeregelung nur auf „übliche“ Vereinbarungen anwendbar sei (im Gegenteil, siehe Koppensteiner a.a.O.) - allenfalls ist zu lesen, dass Vereinbarungen über eine Gewinnbeteiligung in der Praxis üblich seien (z.B. Altmeppen in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 292 Rn. 78; vgl. auch Koppensteiner a.a.O. Rn. 57). Deshalb hat sich der Aufsichtsrat nicht über eine zweifelsfreie Rechtslage hinweggesetzt, wenn er nicht von einer rechtlichen Einordnung als Teilgewinnabführungsvertrag ausgegangen ist. |
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| Erst recht ist es unter diesem Gesichtspunkt unbedenklich und ermessensfehlerfrei, wenn die Hauptversammlung die Entlastung beschlossen hat, für die ein eindeutiger und schwerwiegender Rechtsverstoß nicht erkennbar gewesen sein kann. Die Klägerin zu 1 behauptet nicht, dass auf der Hauptversammlung diese ohnehin zweifelhafte rechtliche Einordnung von Vergütungsvereinbarungen oder auch nur eine Zustimmungspflicht der Hauptversammlung in irgendeiner Weise angesprochen oder gar verlangt worden wäre. |
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| Die Entlastungsbeschlüsse sind nicht deshalb anfechtbar, weil die Entsprechenserklärung nach § 161 Satz 1 AktG Abweichungen der Praxis der Beklagten zur Vorstandsvergütung von wesentlichen Empfehlungen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance - Kodex (nachfolgend: DCGK) nicht offenlegt (zur Anfechtbarkeit unter dieser Voraussetzung BGHZ 180, 9 ff - Kirch/Deutsche Bank; BGH NZG 2009, 1270, 1272). Dabei ist auf die Empfehlungen in der Fassung des Kodex vom 14.06.2007 abzustellen, der für das Geschäftsjahr 2007/2008, auf das sich die Entlastung bezieht, maßgeblich ist und von der im Übrigen auch die Fassung vom 06.06.2008, veröffentlicht im elektronischen Bundesanzeiger am 08.08.2008, in den von der Klägerin zu 1 angeführten Punkten inhaltlich nicht abweicht. |
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| a) Die Anfechtung kann nicht darauf gestützt werden, dass eine Abweichung von Ziff. 4.2.3. Abs. 2 Satz 2 DCGK in der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG nicht offen gelegt worden sei. Darin liegt gegebenenfalls kein Gesetzesverstoß. Satz 2 lautet: „Die variablen Vergütungsteile sollten einmalige sowie jährlich wiederkehrende, an den geschäftlichen Erfolg gebundene Komponenten und auch Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung und Risikocharakter enthalten.“ Verwendet der Kodex einen Begriff wie „sollte“ oder „kann“, so handelt es sich nur um „Anregungen, von denen ohne Offenlegung abgewichen werden kann.“ (Präambel zum Kodex; vgl. auch BT-Drucksache 14/8769 S. 21 re. Spalte; Sester in Spindler/Stilz, AktG, § 161 Rn. 33 m.w.N. in Fn. 93). Dementsprechend bezieht sich § 161 Satz 1 AktG nur auf Empfehlungen im Kodex, die dort durch die Verwendung des Begriffs „soll“ gekennzeichnet sind, nicht aber auf die Anregungen, von denen auch ohne Einschränkung in der Entsprechenserklärung abgewichen werden kann (BT-Drucksache 14/8769 S. 21 re. Spalte; Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, Kommentar, 3. Aufl., Rn. 45, 1506). |
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| b) Ebenso wenig spricht Ziff. 4.2.3. Abs. 2 Satz 3 DCGK mit dem Gebot der Angemessenheit sämtlicher Vergütungsbestandteile sowie der Gesamtvergütung eine Empfehlung aus mit der Folge, dass Abweichungen in der Entsprechenserklärung offenzulegen sind. In diesem Satz wird der Begriff „soll“ nicht verwandt. Er enthält auch keine Anregung im oben dargestellten Sinne, weil die Vergütung nicht lediglich angemessen sein „sollte“ oder „kann“. Weil dieser Satz des Kodex mit keinem dieser Begriffe gekennzeichnet ist, sondern das Wort „müssen“ verwendet, weist er auf eine Bestimmung hin, die als geltendes Gesetzesrecht vom Unternehmen zu beachten ist (vgl. die Präambel zum DCGK, a.a.O.), hier also § 87 AktG. Davon darf die Gesellschaft schon von Gesetzes wegen nicht abweichen und sie darf folglich keine Einschränkung erklären. In der Entsprechenserklärung ist deshalb auch keine Äußerung dazu angebracht (§ 161 Satz 1 AktG). |
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| c) Mit der Entsprechenserklärung wurde auch nicht versäumt, eine Abweichung von der in Ziff. 4.3.2 Abs. 3 Satz 4 DCGK ausgesprochenen Empfehlung offen zu legen. Diese Empfehlung, eine Beschränkungsmöglichkeit für außerordentliche, nicht vorhersehbare Entwicklungen vorzusehen, bezieht sich nur auf die langfristigen Komponenten mit Anreiz- und Risikocharakter (Kort in GroßKomm-AktG, 4. Aufl. § 87 Rn. 97), wie sie die Beklagte unstreitig nicht mit ihren Vorständen vereinbart hatte. Der Wortlaut des Satzes 4 alleine ist unergiebig, weil er keinen ausdrücklichen Bezug enthält. Dieser folgt aus der eindeutigen Stellung am Ende des Absatzes 3, der in seinen Sätzen 1 bis 3 nur diese langfristigen Komponenten näher beschreibt und für sie weitere Anforderungen aufstellt. Dies ist auf die Entstehungsgeschichte zurückzuführen: Die Empfehlung wurde im Zuge der öffentlichen und fachlichen Diskussion um die Begrenzung von Aktienoptionen eingefügt (ausführlich zur Entstehungsgeschichte Ringleb a.a.O. Rn. 755 ff). Ob eine Erstreckung der Empfehlung auch auf die kurzfristigen, jährlich wiederkehrenden, an den Geschäftserfolg gebundenen Vergütungskomponenten sachgerecht wäre, ist nicht zu entscheiden, weil die Empfehlung in ihrer für die Entscheidung maßgeblichen, im Bundesanzeiger veröffentlichten Fassung so nicht lautet und sich deshalb auch die Entsprechungserklärung der Beklagten dazu nicht verhalten musste. |
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| 5. Fehlende Anpassung oder Verhinderung der Auszahlung |
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| a) Nicht fristgerecht (§ 246 Abs. 1 AktG) als Anfechtungsgrund vorgebracht hat die Klägerin zu 1, dass die Aufsichtsräte sich im Entlastungszeitraum pflichtwidrig verhalten hätten, weil sie die nach den Vorstandsverträgen zu berechnende Vergütung im Hinblick auf die besonderen Gewinne aus den Optionsgeschäften oder im Hinblick auf die Lage der Gesellschaft nicht herabgesetzt oder die Auszahlung verhindert hätten. Zum tatsächlichen Kern eines Anfechtungsgrunds, der innerhalb der Anfechtungsfrist vorzutragen ist, gehört bei der Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses jedenfalls auch die Darlegung, inwiefern unter tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten dem Aufsichtsrat bei einer Handlung oder Unterlassung eine Pflicht- oder Gesetzeswidrigkeit vorgeworfen wird. In der Klageschrift wird insoweit ausdrücklich ausgeführt, dass der Aufsichtsrat in Bezug auf die Regelung der Vergütung bzw. ihre Festsetzung ohne Obergrenze und wegen der mit der Regelung gesetzten Fehlanreize rechtswidrig gehandelt habe. Die davon zu unterscheidende Frage, ob der Aufsichtsrat pflichtwidrig den Ansatz der sich nach den Regelungen errechnenden Vergütungen im Jahresabschluss gebilligt und nicht für eine Herabsetzung gesorgt oder gar die Auszahlung nicht verhindert habe, ist dort nicht als Anfechtungsgrund angeführt. Alleine der Umstand, dass sich die Vergütung der Höhe nach, wie sie in der Klageschrift angesprochen ist, aus der Ableitung im Jahresabschluss ergibt, ersetzt nicht die Darlegung einer Handlung des Aufsichtsrats, auf die ein Anfechtungsgrund gestützt werden soll. Es ist Sache des Anfechtungsklägers, durch die Bezeichnung und Vortrag der Anfechtungsgründe klarzustellen, in welchem Umfang er welchen Hauptversammlungsbeschluss anfechten will, und damit den Streitgegenstand zu bestimmen (vgl. zur Bedeutung des geltend gemachten Anfechtungsgrunds für den Streitgegenstand BGH, Beschluss vom 07.12.2009 - II ZR 63/08, Tz. 3 m.w.N.). Das setzt voraus, dass er wenigstens darlegt, aus welchen Umständen sich die Rechtswidrigkeit des Beschlusses ergeben soll, im Falle eines Entlastungsbeschlusses also, inwiefern das fragliche Organ in dem für die Entlastung bedeutsamen Zeitraum ein der Entlastung entgegenstehendes pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen zur Last fällt und dies für die Hauptversammlung eindeutig war. |
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| b) Unabhängig von der Verfristung trägt der Vortrag der Klägerin nicht die Feststellung, dass der Aufsichtsrats eindeutig pflichtwidrig gehandelt habe, indem er die Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 nicht angepasst oder ihre Auszahlung verhindert habe. |
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| aa) Die Voraussetzungen für eine Anpassung nach § 87 Abs. 2 AktG a.F. haben nicht vorgelegen. Sie ist nur bei einer Verschlechterung der Verhältnisse der Gesellschaft möglich, die ein so wesentliches Ausmaß annimmt, dass das Unterbleiben der Anpassung unbillig wäre. Daran fehlt es von vornherein z.B. dann, wenn noch Gewinne ausgeschüttet werden (Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, § 87 Rn. 31). Für das Geschäftsjahr 2007/2008 kann ein solcher Zustand angesichts der ausgewiesenen Ergebnisse, ungeachtet der von der Klägerin zu 1 vorgetragenen Risiken aus den Optionsgeschäften, nicht festgestellt werden. Ob sich dies im weiteren Verlauf bis zum Zeitpunkt der Hauptversammlung anders darstellt, ist zweifelhaft, kann aber dahingestellt bleiben. Jedenfalls erlaubt § 87 Abs. 2 AktG nur eine Anpassung der laufenden Vergütung, nicht aber eine Rückwirkung auf bereits verdiente Bezüge, auch wenn sie noch nicht ausgezahlt sind (allg.M., siehe Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, § 87 Rn. 33; Spindler in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 96; Mertens/Cahn, KK-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 102, je m.w.N.). Die Vorstandsvergütungen für das am 31.07.2008 abgelaufene Geschäftsjahr konnten deshalb nicht nachträglich wegen einer etwaigen Verschlechterung der Verhältnisse im Jahr 2009 nach dieser Vorschrift herabgesetzt werden. |
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| bb) Nicht eindeutig ist die Rechtslage im Hinblick auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein variabler Vergütungsanteil dann wegen einer Änderung der Geschäftsgrundlage oder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung herabgesetzt werden kann oder muss, wenn sich die für die Vergütung in Bezug genommene Ergebnisgröße deshalb erheblich erhöht, weil bei der Regelung der Vergütung noch hinsichtlich ihrer Herkunft oder ihres Umfangs unerwartete Ergebnisanteile zu verbuchen sind. Dies wurde in der Literatur insbesondere für Gewinne aus der Realisierung stiller Reserven, die das operative Ergebnis weit übertreffen, vertreten (z.B. Peltzer in Festschrift Lutter S. 583 ff), was aber auch auf Widerspruch oder Zweifel gestoßen ist (z.B. Thüsing ZGR 2003, 457, 502 unter Hinweis auf die andere h.M.), zumal auch vertreten wird, dass eine spätere Herabsetzung nur unter den engen Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 AktG möglich sei (vgl. etwa Spindler in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 72). Erst recht ist demnach nicht gesichert, inwiefern dieser Gedanke, sollte er überhaupt durchgreifen, auf andere Fallgestaltungen, die eine Art „windfall profits“ aufweisen, übertragbar wäre, und ob eine solche Fallgestaltung hier vorliegt. Solche Zweifel wären insbesondere nicht durch die nicht unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin zu 1 ausgeräumt, bei den Ergebnisbeiträgen aus den fraglichen Optionsgeschäften der Beklagten handele es sich ausschließlich um Buchgewinne ohne jeden Mittelzufluss. Das ist nach dem Vortrag der Beklagten und auch den Angaben im Geschäftsbericht und geprüften Jahresabschluss 2007/2008 deshalb so nicht richtig, weil diese Ergebnisbeiträge zum überwiegenden Teil nicht aus bloßen Wertsteigerungen der verbuchten Aktien oder Optionen zum Abschlussstichtag resultieren, sondern aus tatsächlich erhaltenen Ausgleichszahlungen, die der Beklagten aufgrund der cash-gesettelten, also auf Barausgleich gerichteten Call-Optionen zustanden. |
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| cc) Erst recht war es aus Sicht des Aufsichtsrats oder erst recht der Hauptversammlung vom 30.01.2009 nicht eindeutig erkennbar, dass der Aufsichtsrat die Auszahlung der Vergütungen - falls sie überhaupt vor der Hauptversammlung ausgezahlt worden sind, was dahingestellt bleiben kann - wegen einer unwirksamen Vergütungsvereinbarung hätte verhindern müssen. Wie ausgeführt, konnte von einer Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nicht zweifelsfrei ausgegangen werden. Dasselbe gilt für eine Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung wegen des von der Klägerin zu 1 behaupteten Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 AktG. Zum einen ist in der Literatur umstritten, ob ein solcher Verstoß überhaupt Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Anstellungsvertrags oder der Vergütungsvereinbarung hat, ob also die aktienrechtliche Regelung ein gesetzliches Verbot enthält oder ob und unter welchen Voraussetzungen sich der Vorstand pflichtgemäß nur auf angemessene Regelungen einlassen darf und ob es ihm anderenfalls unter Schadensersatzgesichtspunkten oder nach den Regeln über den Missbrauch der Vertretungsmacht verwehrt ist, sich auf die Vereinbarung zu berufen. Derartige Ansätze werden in den letzten Jahren zwar zunehmend diskutiert (siehe hierzu und zum Meinungsstand etwa Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, § 87 Rn. 28 f; Spindler in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 80), aber neuerdings auch wieder eher restriktiv gesehen (Cahn/Mertens in KK-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 5). Es fehlt jedenfalls an einem gesicherten Meinungsstand, der dem Aufsichtsrat und der Hauptversammlung eine eindeutige Erkenntnis des rechtlich Gebotenen nahegelegt hätte. Zum anderen war ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 AktG zum Zeitpunkt der fraglichen Vergütungsvereinbarungen oder der dazu ergangenen Aufsichtsratsentscheidungen ebenfalls nicht eindeutig gegeben (s.o.). |
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| 6. Fehlende Rückforderung |
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| Verfristet nach § 246 Abs. 1 AktG ist auch der weitere von der Klägerin zu 1 erst in ihrer Replik vorgebrachte, als eigenständiger Anfechtungsgrund zu wertende Vorwurf, der Aufsichtsrat habe es versäumt, überhöhte Vergütungen des Geschäftsjahr 2007/2008 oder vorausgegangener Geschäftsjahre zurückzufordern. |
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| Im Übrigen hätte es aus den bereits oben zu 5. b) genannten Gründen, die hierher übertragbar sind, an der Eindeutigkeit eines solchen Rückforderungsanspruchs gefehlt. Ob seine Voraussetzungen im Übrigen, insbesondere auch für die Vorjahre, schlüssig dargelegt sind, kann dahingestellt bleiben. |
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| II. Entlastung Vorstand (TOP 3) |
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| Die Hauptversammlung musste die Entlastung des Vorstands nicht deswegen verweigern, weil er sich im Hinblick auf die Regelung seiner Vergütung pflichtwidrig verhalten hat. An dem auch hier wieder erforderlichen eindeutigen und schwerwiegenden Verstoß fehlt es schon deshalb, weil es ungeklärt ist, ob den Vorstand, der im Grundsatz in Bezug auf die Vereinbarung seiner Vergütung für sich selbst auftritt und deshalb der Gesellschaft als Dritter gegenübersteht, insoweit überhaupt die Pflicht trifft, auf die Einhaltung des § 87 Abs. 1 AktG zu achten oder hinzuwirken. Das wird zwar mit bedenkenswerter Argumentation in der neueren Literatur zunehmend vertreten (vgl. nur Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, § 87 Rn. 29 f m.w.N.), aber in anderen neuesten Kommentierungen nach wie vor anders gesehen (Mertens/Cahn, KK-AktG, 3. Aufl., § 87 Rn. 5; Seibt in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 87 Rn. 9; siehe bereits oben I. 5. b). |
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| Unabhängig davon greifen die unter I. dargestellten Erwägungen zur Frage der eindeutigen und schwerwiegenden Pflichtverletzung des Aufsichtsrats in Zusammenhang mit der Regelung, Auszahlung oder Rückforderung von Vergütungen entsprechend. |
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| Soweit die Klägerin zu 1 in der Replik vorbringt, der Vorstand habe gegen seine Pflicht verstoßen, Schadensersatzansprüche gegen die verantwortlichen Aufsichtsratsmitglieder durchzusetzen, kann die Klage schon deshalb keinen Erfolg haben, weil dieser Anfechtungsgrund nicht innerhalb der Anfechtungsfrist vorgebracht worden ist. Ob damit im Übrigen ein Anfechtungsgrund schlüssig vorgebracht wäre, kann dahingestellt bleiben. |
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| B. Informationspflichtverletzung |
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| Die streitgegenständlichen Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand (TOP 3) und Aufsichtsrat (TOP 4), über die Wahlen der Anteilseignervertreter zum Aufsichtsrat (TOP 5) und über die Vergütung des ersten Aufsichtsrats (TOP 6) sind nicht gem. § 243 Abs. 1, 4 AktG a.F. wegen der Verletzung von Auskunftspflichten anfechtbar. |
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| Von vornherein offen bleiben kann, ob der unter TOP 2 gefasste Gewinnverwendungsbeschluss anfechtbar wäre und ob die von der Klägerin als nicht ausreichend beantwortet vorgetragenen Fragen für die Beschlussfassung insoweit relevant waren, weil dieser Beschluss nicht Streitgegenstand ist. |
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| Ein Beschluss über die Entlastung des Vorstands oder des Aufsichtsrats ist anfechtbar, wenn die von einem Aktionär in der Hauptversammlung verlangte und zu einem Tagesordnungspunkt erforderliche Auskunft nicht erteilt worden ist und wenn der Vorstand zur Verweigerung der Auskunft nicht berechtigt gewesen ist (OLG Stuttgart NZG 2004, 966 m.w.N.). Die für sonstige Rechtsverletzungen geltende Einschränkung, dass die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses nur bei eindeutigen und schwerwiegenden Verstößen in Frage kommt, gilt bei der Verletzung von Informationspflichten so nicht (OLG Stuttgart a.a.O.). Auch ein innerhalb der Ermessensgrenzen liegender Entlastungsbeschluss ist gemäß § 243 Abs. 1, 4 AktG anfechtbar, wenn einem Aktionär die zur Ermessensausübung erforderlichen Auskünfte unberechtigt verweigert werden, was freilich voraussetzt, dass das Auskunftsbegehren auf Vorgänge von einigem Gewicht gerichtet ist, die für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Verwaltung von Bedeutung sind (BGHZ 160, 385). |
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| Ob die Klägerin zu 2 ihr Auskunfts- und Anfechtungsrecht wegen unzulässiger Tonaufnahmen auf der Hauptversammlung verwirkt hat, kann offen bleiben. |
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| Ohne Erfolg bringt die Beklagte vor, die Klägerin zu 2 könne die Anfechtung wegen Informationspflichtverletzung nur auf die von ihrem Vertreter auf der Hauptversammlung als nicht beantwortet zu Protokoll gegebenen Fragen stützen, nicht aber auf die Fragen anderer Aktionäre, die sie sich nicht pauschal zu eigen machen und dann im Gerichtsverfahren nachschieben könne. |
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| Für die Geltendmachung eines Anfechtungsgrundes bedarf es generell nicht der individuellen persönlichen Betroffenheit auf Grund des verfolgten Gesetzes- oder Satzungsverstoßes (Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 41 m.w.N.). Auch im Falle von Informationspflichtverletzungen steht deshalb unter den Voraussetzungen des § 245 AktG das Anfechtungsrecht jedem Aktionär zu, auch wenn er nicht derjenige ist, der die Auskunft begehrt hat (BGH NJW 1992, 2760, 2763, Anl. II Z 8) – nicht anders wie das Auskunftsverfahren, wenn er Widerspruch gegen einen betroffenen Hauptversammlungsbeschluss eingelegt hat (§ 132 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 AktG). Es ist deshalb im Grundsatz unerheblich, ob er sich auf der Hauptversammlung die Fragen anderer Aktionäre zu eigen gemacht hat, sei es konkret oder pauschal, ausdrücklich oder konkludent. |
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| Ebenso wenig ist es erforderlich, dass er, der Fragesteller oder sonst ein anwesender Aktionär unbeantwortete Fragen als Katalog oder in sonstiger Form zu Protokoll gegeben hat. § 131 Abs. 5 AktG sieht lediglich zur Erleichterung der Beweisführung vor, dass ein Aktionär, dessen Fragen unbeantwortet worden sind, die Aufnahme von Frage und Grund für die Nichtbeantwortung in die notarielle Niederschrift verlangen kann; materiell-rechtliche Bedeutung hat dies nicht (allg.M., vgl. nur Siems in Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rn. 86 m.w.N.). |
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| Das schließt es nicht aus, dass im Einzelfall einem Auskunftsbegehren oder der Erhebung der Anfechtungsklage wie anderen subjektiven Rechten auch allgemeine Einwendungen wie die rechtsmissbräuchliche Ausübung, die Verwirkung, der Verzicht oder die Treuwidrigkeit wegen widersprüchlichen Verhaltens oder wegen einer Obliegenheitsverletzung entgegengehalten werden können (zu solchen Schranken des Auskunftsrechts etwa Decher in GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 274 ff, 393 ff). So ist es eine Obliegenheitsverletzung, wenn ein formaler Verstoß vorliegt, der aber vom Aktionär bei gehöriger Mitwirkung leicht hätte vermieden werden können, etwa wenn er den Anschein erweckt, er sei mit der unzureichenden Antwort zufrieden oder er verzichte auf eine weitere Antwort (Decher a.a.O. Rn. 394). Die Grenze zum Rechtsmissbrauch kann dabei überschritten werden, wenn es ein fragender Aktionär auf solche Fehlvorstellungen bei der Verwaltung anlegt. Auch sonst ist der Aktionär gehalten, dem Vorstand die Antwort nicht zu erschweren. So muss die Antwort zwar dem Gebot der gewissen und getreuen Rechenschaft entsprechend und vollständig, aber doch zunächst nur in dem Detaillierungsgehalt gegeben werden, in dem die Frage gestellt wird. Pauschale Fragen können im Grundsatz pauschal beantwortet werden. Der Aktionär muss bei einem Informationsbedürfnis zu weiteren Details dieses artikulieren und nachfragen. Erst dann ist der Vorstand zu Detailantworten verpflichtet (OLG Stuttgart NZG 2004, 966; Siems a.a.O. Rn. 69). |
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| Derartige Umstände liegen nach dem Sachvortrag auch der Beklagten und den von ihr vorgelegten Protokollen nicht vor. Sie sind auch nicht mit der Fallgestaltung vergleichbar, die der von der Beklagten angeführten Entscheidung des LG Mainz (AG 1988, 169, 171) zugrunde lag. Nach dem dortigen Ergebnis der Beweisaufnahme war man auf der Hauptversammlung nicht in der Lage gewesen, die Vielzahl von Aktionärsfragen zu notieren und den Überblick darüber zu behalten, inwieweit diese schon beantwortet waren. Es wurde deshalb nach teilweiser Beantwortung von Fragen dazu aufgefordert, die noch offenen Fragen zu Protokoll zu geben. Weil ein Aktionär Fragen zu schnell diktierte, wurde er gebeten, sein Diktat in ein Tonaufnahmegerät zu sprechen, was geschah. Erst nach Schluss der Hauptversammlung verlangte er im gerichtlichen Verfahren Auskünfte, die er in der Versammlung nicht mehr zu Protokoll gegeben oder diktiert hatte. Dies wurde als Verzicht, richtiger wohl als widersprüchliches Verhalten gewertet. Somit hatte in dem Fall die Protokollierung oder das Diktat den Sinn, den Vorstand in Kenntnis darüber zu setzen, welche Fragen er als aus Aktionärssicht beantwortet annehmen durfte und welche aus deren Sicht noch zu beantworten waren. |
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| Der Fall hier liegt in mehrfacher Hinsicht anders. |
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| Nach dem beiderseitigen Sachvortrag und insbesondere sowohl dem notariellen als auch dem stenographischen Protokoll war dem Vorstand angesichts des professionellen Hauptversammlungsmanagements samt Einsatz des Back-Office klar, welche Fragen gestellt waren und insbesondere in welchem Umfang er die hier im Rechtsstreit problematisierten Fragen zu den Vorgängen im Oktober 2008 sowie zu den Kurssicherungsgeschäften der Beklagten beantworten wollte oder nicht beantworten wollte. Der Versammlungsleiter gab zwar, nachdem Aktionäre erklärt hatten, ihre Fragen seien nicht ausreichend beantwortet, Gelegenheit, die gestellten und nach ihrer Meinung nicht beantworteten Fragen zur Niederschrift des Notars zu erklären (notarielle Niederschrift S. 12 oben, Anl. II B 2), wobei es entgegen der von der Klägerin zu 2 vertretenen Ansicht nicht darauf ankommt, ob er nur Gelegenheit gab oder ob er wie im Fall des LG Mainz dazu aufforderte, was auf dasselbe hinausläuft. Entgegen der Darstellung der Beklagten hatte dies aber nicht den Sinn, Klarheit darüber zu verschaffen, zu welchen Punkten die Aktionäre noch Informationsbedarf hatten. Das ist schon in rechtlicher Hinsicht nicht haltbar, weil die Protokollierung nach § 131 Abs. 5 AktG diesen Zweck nicht hat (s.o.). Auch der Verlauf der Hauptversammlung belegt das nicht. Diesen Sinn hätte die Protokollierung allenfalls gegeben, wenn die übergebenen Listen anschließend vom Vorstand hätten durchgesehen werden sollen, um zu prüfen, ob aus seiner Sicht noch Antworten darauf ausstanden. Das behauptet die Beklagte nicht und ist nach den vorgelegten Protokollen auch ausgeschlossen. Denn die Protokollierung der Fragen war erklärtermaßen für einen Zeitpunkt nach Schluss der Generaldebatte vorgesehen (Wortprotokoll S. 252, Anl. II B 3) und dann auch erst durchgeführt worden (a.a.O. sowie Notarielles Protokoll, S. 12, Anl. II B 2), so dass eine Beantwortung noch offener Fragen gar nicht mehr erfolgt wäre. Nach Debattenschluss war dafür keine Zeit mehr, weil unmittelbar nach der Pause zur Übergabe der Fragelisten zum Protokoll und zum Aufnehmen dazu abgegebener Erklärungen in die Abstimmungen und Wahlen eingetreten wurde. Da § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG eine Informationserteilung in der Hauptversammlung vorsieht, hätten etwa noch offene Antworten auch nicht ohne weiteres schriftlich nach der Hauptversammlung nachgereicht werden können (vgl. etwa Siems a.a.O. § 131 Rn. 65); soweit es um Relevanz für die Beschlussfassung geht, kommt eine nachträgliche Auskunft ohnehin nicht in Frage (Siems a.a.O. Rn. 66). Dementsprechend hatte der Vorstand auch nicht mehr vor, eventuell zu Protokoll zu gebende Fragen noch zu beantworten. Das hat der Vorstandsvorsitzende im Rahmen der Diskussion um die Protokollierung ausdrücklich erklärt (Wortprotokoll, S. 242 unten, Anl. II B 3). |
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| Im Übrigen würde auch eine andere Sichtweise nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen, denn selbst wenn es der Sinn gewesen wäre, dem Vorstand ein noch verbleibendes Informationsbedürfnis vor Augen zu führen, wäre dies für die von der Klägerin zu 2 im Rechtsstreit vorgebrachten Fragen der Fall gewesen, denn sie wurden bis auf eine Ausnahme unstreitig entweder vom Vertreter der Klägerin zu 2 oder von anderen Aktionärsvertretern als unbeantwortet zu Protokoll gegeben (Anl. 2 zum notariellen Protokoll, Anl. II B 2). Da im Falle der unberechtigten Auskunftsverweigerung jeder anfechtungsbefugte Aktionär die Klage auf diesen Anfechtungsgrund stützen kann (s.o.), kann sich die Beklagte nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen darauf berufen, dass sich ein künftiger Anfechtungskläger nur auf die Nichtbeantwortung von ihm selbst zu Protokoll gegebener Fragen berufen werde. |
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| Die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten Informationspflichtverletzungen der beklagten Gesellschaft liegt beim Anfechtungskläger (BGH BGHZ 180, 9, Tz. 37). |
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| Generell besteht ein Anspruch auf Auskunft gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG i.V.m. Art. 53 Se-VO nur insoweit, als diese zur sachgemäßen Beurteilung des betreffenden Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist, d.h. von einem objektiv urteilenden Aktionär als wesentliches Beurteilungselement benötigt wird; dieses begrenzt das Informationsrecht gemäß § 131 AktG in qualitativer und quantitativer Hinsicht sowie hinsichtlich seines Detaillierungsgrades (BGHZ 180, 9, Tz. 39 m.w.N.). Ist die Auskunft in diesem Sinne erforderlich, ist sie auch nach § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG relevant für die Beschlussfassung, d.h. wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte (vgl. BGHZ 160, 385; Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 234). Dies bezieht sich im Rahmen der Anfechtungsklage selbstverständlich auf den jeweils streitgegenständlichen Hauptversammlungsbeschluss. Auf die zwischen den Parteien diskutierte Frage einer allgemeinen Rechenschaftspflicht gegenüber den Aktionären kommt es deshalb nicht entscheidend an. Inwieweit eine Antwort auf die von der Klägerin zu 2 angeführten Fragen für die Beschlussfassung relevant war, wird nachfolgend bei der Behandlung der einzelnen Fragen, soweit entscheidungserheblich, ausgeführt. |
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| Herr Dr. We. stellte auf der Hauptversammlung folgende Fragen, die sich auf die Vorgänge im Oktober 2008 um die Kursentwicklung der V.-Stammaktie und um die Hintergründe und Auswirkungen der Pressemitteilungen der Beklagten in dem Zusammenhang bezogen (WP 237; die nachfolgende Unterteilung hier und bei einigen weiteren Fragen in sog. „Unterfragen“ erfolgte nicht bei der Fragestellung, sondern folgt der Systematisierung in der Klageerwiderung der Beklagten, die die Parteien in späteren Schriftsätzen beibehalten haben): |
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| An welchem Tag im Oktober hatten Sie erstmals Kenntnis vom Short-Squeeze überhaupt? |
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| Haben Sie erkannt, dass Ihre Mitteilung vom 26. Oktober geeignet war, Beruhigung in die Märkte zu bringen oder vielmehr Beunruhigung in die Märkte zu bringen? |
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| Für wie naiv - ich frage das jetzt ganz drastisch - halten Sie uns und für wie naiv halten Sie in diesem Zusammenhang die BaFin? |
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| Aber ich will Sie noch einmal ganz konkret fragen: Was haben Sie wann in diesem Zusammenhang der BaFin gemeldet? |
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| Zur selben Thematik stellte der Aktionär L. außerdem wiederholt folgende Fragen (WP 131, 216): |
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| Wieso erfolgte die Mitteilung vom 26. Oktober 2008 gerade zu einem Zeitpunkt, als der Kurs sich fast halbiert hatte und nicht schon wenige Wochen zuvor als bereits ein erster Short-Squeeze stattgefunden hatte? |
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| Was waren die konkreten neuen Informationen, die zu Ihrer Mitteilung führten? Nennen Sie bitte auch die Quelle und den Tag der Kenntnisnahme. |
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| Die Beklagte antwortete hierauf jeweils wie folgt (WP 208, 246): |
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| Im Oktober 2008 wurde für uns offenkundig, dass im Markt deutlich mehr Short-Positionen im Hinblick auf V.-Stammaktien bestehen mussten, als von uns erwartet. Angesichts dessen gelangten wir am 26. Oktober 2008 zu der Überzeugung, dass die unverzügliche Offenlegung des Anteilsbesitzes von P. in Höhe von 42,6 Prozent der V.-Stammaktien sowie der zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf V.-Stammaktien bestehenden Cash-gesettlelten Aktienoptionen in Höhe von 31,5 Prozent der V.-Stammaktien notwendig war, um den offenkundig in großer Zahl vorhandenen Leerverkäufern Gelegenheit zu geben, ihre Positionen in V.-Stammaktien in Ruhe und ohne größeres Risiko aufzulösen. |
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| Ferner auf die Frage von Herrn L. (WP 208): |
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| Wir hielten es für sachgerecht, in diesem Zeitpunkt auch die Absichten im Hinblick auf den weiteren Beteiligungsaufbau bei V. und den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit V. festzulegen und zu kommunizieren. Daraufhin entschieden wir, eine Erhöhung der V.-Beteiligung im Jahr 2009 auf 75 Prozent der Stammaktien als Grundvoraussetzung für einen Beherrschungsvertrag anzustreben und diese Absicht gleichzeitig mit der Offenlegung der gehaltenen V.-Stammaktien und der auf V.-Stammaktien bezogenen Cash-gesettleten Optionen zu kommunizieren. |
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| Und auf die Fragen von Herrn Dr. We. auch (WP 244): |
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| Natürlich haben wir auch nach unserer Bekanntgabe am 26. Oktober 2008 die Märkte sorgfältig beobachtet. Wie aber bereits dargelegt, war die Kursentwicklung der V.-Stammaktie für uns völlig überraschend. Wir haben bereits am 27. Oktober 2008 von uns aus mit der BaFin Kontakt aufgenommen. |
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| Die Klägerin zu 2 meint, die Fragen seien weitgehend unbeantwortet geblieben. Die Beklagte habe nur mit Allgemeinplätzen geantwortet oder ihre Pressemitteilung wiederholt. Das Datum der Erkenntnis zum Short Squeeze werde nicht mitgeteilt; dabei habe bereits am 15. und 16.10.2008 für die Beklagte erkennbar eine Angebotsknappheit bestanden. Weshalb gleichwohl die dadurch veranlasste Meldung erst 10 Tage später und nach Marktberuhigung herausgegeben worden sei, habe die Beklagte nicht beantwortet. Dasselbe gelte für die Frage, auf welchen Informationen dies beruht habe. Die Auskunft zum Datum der BaFin-Information ergebe nicht, was der Behörde mitgeteilt worden sei. Antworten seien insbesondere zur sachgemäßen Entscheidung über die Gewinnverwendung und die Entlastung des Vorstands erforderlich gewesen. Es bestehe der Verdacht, dass die Meldung der Beklagten einen Short Squeeze provoziert habe und der Markt dadurch manipuliert worden sei, die BaFin habe ihre Ermittlungen wieder aufgenommen, Schadensersatzansprüche seien angekündigt. Von Interesse sei die Antwort auch wegen des Verdachts, für die Kursexplosion gesorgt zu haben, um bei einem weiteren Kursverfall und der dann absehbaren Ausübung der Put-Optionen nicht zahlungsunfähig zu werden. |
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| Ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG bestehe nicht. Die Beklagte habe einen Nachteil für die Gesellschaft nicht vorgetragen. Vielmehr könne das Zurückhalten von Informationen oder Zurückhalten von kursbeeinflussenden Insiderinformationen gegen gesetzliche Publizitätspflichten verstoßen. Außerdem seien die Derivattransaktionen abgeschlossen, so dass kein Schaden mehr drohe. Für die Vermeidung zivil- und strafrechtlicher Konsequenzen bestehe keine Privilegierung. |
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| Die Beklagte erwidert, sämtliche Unterfragen seien mit den Auskünften und auch schon den Angaben in der Rede des Vorstandsvorsitzenden (WP 31), soweit erforderlich, beantwortet worden. Daraus werde auch deutlich, dass der Vorstand die Pressemitteilung vom 26.10.2008 nicht früher veröffentlicht habe, weil er an dem Tag aufgrund seiner Kursbeobachtung zur Überzeugung der Offenlegung der Beteiligung und der Höhe gehaltener Optionen gelangt sei. Ebenso werde deutlich, dass er nicht mit einem starken Kursanstieg nach der Pressemitteilung vom 26.10.2008 gerechnet habe. Zeitpunkt und Inhalt der Mitteilung an die BaFin seien angegeben, im Übrigen auch irrelevant für die Entlastungsentscheidung. |
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| Die Klägerin könne daraus die von ihr für diese Frage ins Feld geführten Rückschlüsse auf das Risikomanagement der Beklagten und auf die Haltlosigkeit des Verdachts von Kursmanipulationen nachvollziehen. Eine weitergehende Beantwortung sei für die Vorstandsentlastung, die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern und die Vergütung des ersten Aufsichtsrats nicht erforderlich, die Frage nach konkreten Daten und Quellen (Unterfragen 1.2 und 1.6) richte sich nicht auf wesentliche Ergänzungen. Die Hauptversammlung besitze keine umfassende Kontrollbefugnis über die Organe. |
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| b) Das Auskunftsrecht ist nicht durch unzureichende Beantwortung der Fragen verletzt. Die Fragen sind in einem für die Information der Aktionäre als Grundlage für die Beschlussfassung erforderlichen Umfang beantwortet worden. Aus den Antworten des Vorstands lässt sich entnehmen, dass der Vorstand, der sich nach seinen Angaben auf der Hauptversammlung einer ständigen Kursbeobachtung unterzogen hat (WP 152), die Kursanstiege vom 15. und 16.10.2008 aktuell wahrgenommen haben will (zu Unterfrage 1.1.). Wie sich weiter aus der Auskunft ergibt, hat er aufgrund dieser Beobachtungen und dazu angestellter Überlegungen am 26.10.2008 den Entschluss zur Veröffentlichung der Höhe von Beteiligung und Optionen und der weiteren Absichten in Bezug auf die Beteiligung getroffen (zu Unterfrage 1.5. und 1.6). Dies korrespondiert im Übrigen mit der Antwort auf Frage 3, dass an diesem Tag auch der Beschluss gefasst wurde, die qualifizierte Mehrheit und einen Beherrschungsvertrag anzustreben, was ebenfalls mit dieser Meldung vom 26.10.2008 mitgeteilt wurde. Ob der Entschluss hätte früher getroffen werden können oder müssen, kann dahingestellt bleiben, weil dies nicht die Vollständigkeit der Auskunftserteilung betrifft. Mit den Angaben, dass der Vorstand „überrascht“ gewesen sei über die weitere Kursexplosion, während er, wie in der Pressemitteilung vom 26.10.2008 schon verbreitet, eine Auflösung von Leerpositionen „in Ruhe und ohne größeres Risiko“ erwartete, ist die Unterfrage 1.2. dahin beantwortet, dass der Vorstand eine Beruhigung der Märkte durch seine Meldung angenommen habe. Ob diese Annahme aus nachträglicher oder auch damaliger Sicht berechtigt oder überzeugend war, lässt sich hinterfragen, ist aber für die Anfechtungsklage ohne Bedeutung, weil dies nichts daran ändert, dass der Vorstand die Frage beantwortet hat. Schließlich hat der Vorstand auch die Auskunft gegeben, dass er die BaFin am 27.10.2008 über die beabsichtigten Maßnahmen informiert hat (zu Unterfrage 1.4). Der verständige Aktionär bezieht dies zweifelsfrei auf die in der folgenden Pressemitteilung vom 29.10.2008 angekündigten Maßnahmen, nämlich die Auflösung der Kurssicherungsgeschäfte im Umfang von bis zu 5 %. Die Unterfrage 1.3 war ersichtlich eine rhetorische Frage, die keine eigenständige Beantwortung verlangt hat. |
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| a) Herr Dr. We. stellte die Frage (WP 249): |
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| Gibt es einen V.-Tiefstkurs, ab dem P. technisch insolvent wäre, und wo liegt er? Ich bin sicher, dass es irgendwelche Korridore gibt, die hier von Bedeutung sein können, zumindest in einer theoretischen Ebene. |
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| Der Vorstand antwortete darauf (WP 251): |
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| Wir haben im Endeffekt zugrunde gelegt, als wir diese Struktur aufgebaut haben, dass wir einen Strike festgelegt haben, der die finanzielle Kraft von P. nicht überfordert, wenn es einigermaßen vernünftig weiterläuft. Selbst in der Krise - Sie haben ja gesehen, dass es uns im Moment nicht so stark beeinflusst wie andere Automobilhersteller - ist es so, dass diese Strikes so gewählt wurden, dass P. sie zahlen kann. Das ist unabhängig vom jeweiligen V.-Kurs. |
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| Das ist die Struktur dieser Cash-gesettelten Optionen. Deswegen haben wir sie auch abgeschlossen, um einfach eine saubere Kalkulationsbasis zu finden. |
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| Die Klägerin zu 2 trägt vor, die Frage sei unvollständig beantwortet worden. Zur Frage nach den V.-Tiefstkursen oder einem Kurskorridor, der zur technischen Insolvenz von P. führen könne, habe die Beklagte keine konkreten Zahlen genannt, sondern auf die Strikes (Ausübungspreise) verwiesen. Die Nennung eines Strikes oder Strike-Korridors sei erforderlich für die Einschätzung des vom Vorstand eingegangenen Risikos und damit für die Beurteilung seiner vorgeschlagenen Entlastung. Die Frage richte sich nicht auf hypothetische Szenarien, weil die Beklagte Put-Optionen nur mit realistischen Strikes habe veräußern können, bei denen eine Unterschreitung durch den Kurs nie hypothetisch sei. |
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| Es bestehe auch kein Auskunftsverweigerungsrecht, weil Lieferanten- und Kundenbeziehungen nur zur P. AG bestünden, nicht zur Beklagten, nach deren Insolvenzrisiko gefragt worden sei. Nach diesem sei nur abstrakt gefragt worden, nicht nach spezifischen Vertragskonditionen der Derivatgeschäfte; es handele sich deshalb nicht um Geschäftsgeheimnisse. |
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| Die Beklagte erwidert, die Frage sei damit beantwortet, dass die Strikes unabhängig vom V.-Kurs bezahlt werden könnten. Darüber hinaus habe eine Antwort zu einem theoretischen Tiefkurs nicht beantwortet werden müssen, weil dies nicht zur Beurteilung der Tagesordnungspunkte erforderlich gewesen wäre. Sie verweist ferner auf weitere Auskünfte zu anderen Fragen, wie WP 225 und 244 wiedergegeben (siehe Schriftsatz vom 20. Mai 2009, S. 58 f = Bl. II 211 f). Weitere Details der Kurssicherungsgeschäfte hätten als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht offenbart werden müssen. Außerdem sei die Diskussion theoretischer Insolvenzszenarien auf der Hauptversammlung wegen der Störung von Kunden-, Lieferanten- und Bankenbeziehungen geschäftsschädigend, was ebenfalls eine Auskunftsverweigerung rechtfertige. |
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| b) Die Frage danach, ob es V.-Tiefstkurse gebe, die zur „technischen Insolvenz“ der Beklagten, zumindest auf einer theoretischen Ebene, führen könnten – gemeint ist infolge der begebenen Put-Optionen - , ist zunächst damit beantwortet, dass die Strikes so gewählt wurden, dass die Beklagte sie unabhängig vom Kurs der V.-Aktie bezahlen könne. Bei dieser Antwort – die bedeutet, dass es solche Kurse nicht gebe - erübrigte sich auch nach der Art der Fragestellung, darauf einzugehen, wo gegebenenfalls solche Kurse liegen. Zutreffend ist, dass die direkte Antwort auf die Frage (wie WP 251) nicht bedeutet, dass auch bei einem theoretischen Kurs von 0 die Beklagte die Optionen bezahlen könne - die Antwort beschränkt die Aussage auf den Fall, dass es „einigermaßen vernünftig weiterläuft“. Dies war also - so war jedenfalls der Antwort zu entnehmen - Grundlage des Kalküls des Vorstands bei der Wahl der Ausübungspreise. Dem konnten die Aktionäre weiter entnehmen, Szenarien für den Fall, dass es - bezogen auf die Kursentwicklung der V.-Aktie - in einem Ausmaß nicht „vernünftig weiterlaufe“, dass ein Insolvenzrisiko entstehe, seien nicht entwickelt worden. Angesichts dessen musste der Vorstand in der Hauptversammlung auch keine vor diesem Hintergrund dann tatsächlich hypothetischen Szenarien für eine wie auch immer „theoretische Ebene“ entwickeln und darstellen. Es ist auch nicht die Aufgabe des Vorstands, bei den von ihm getätigten Geschäften jegliches Risiko zu vermeiden, sondern die Risiken auf hinreichender Informationsgrundlage zu bewerten und danach zu entscheiden, ob sie in Kauf genommen werden können. Wie der Vorstand die Risiken bewertet hat, hat er mit seinen in der Klageerwiderung in Bezug genommenen Ausführungen zum Risikomanagement auf S. 172 ff des Geschäftsberichts und hier insbesondere auf S. 177 des Geschäftsberichts unter Angabe eines Value-at-Risk (ca. EUR 1,8 Mrd) und Darstellung der dabei zugrunde gelegten Parameter wie Haltedauer und Konvidenzniveau mitgeteilt. In dem Kontext kann die in WP 244 wiedergegebene Antwort auf die Frage eines anderen Aktionärs (ab welchen Tiefstpreisen für die V.-Aktie P. in Schwierigkeiten komme) gesehen werden, angesichts der Werte für Eigenkapital und Equity-Buchwert beantworte sich diese Frage von selbst. |
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| Angesichts dessen waren weitere Überlegungen oder Äußerungen zu einer „technischen“ Insolvenz auf theoretischer Ebene (so die Klägerin) oder im hypothetischen Fall (so die Beklagte) auch nicht zur sachgerechten Beurteilung der Beschlussgegenstände erforderlich. |
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| Abgesehen davon hätten es solche Angaben ermöglicht, Rückschlüsse auf die mit anderen Fragen verlangte, aber verweigerte Informationen zu Details der Optionsgeschäfte, insbesondere den Strikes, zu ziehen. Insoweit beruft sich die Beklagte deshalb zu Recht auch auf ein Auskunftsverweigerungsrecht (dazu unten bei Frage 4 unter b). Ob darüber hinaus die Diskussion von Insolvenzszenarien geschäftsschädigend gewesen wäre und auch deshalb ein Auskunftsverweigerungsrecht bestand, kann dahingestellt bleiben. |
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| a) Der Aktionärsvertreter B. stellte folgende Frage (WP S. 179); vgl. auch schon S. 61): |
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| Haben sich Vorstand und Aufsichtsrat bereits vor dem Einstieg bei V. konsequent mit der Möglichkeit einer Beteiligung mit einfacher bzw. qualifizierter Mehrheit beschäftigt und mit Absicherungsgeschäften diese Handlungsoption eröffnet? Wenn ja, wann wurden entsprechende Planungen vom Vorstand begonnen, wann wurden entsprechende Beschlüsse vom Vorstand bzw. vom Aufsichtsrat gefasst? |
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| Zuvor hatte der Vorstand auf die ähnliche gestellte Frage (WP S. 61) bereits geantwortet (WP S. 138): |
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| Die Organe der Gesellschaft haben alle nach Satzung und Geschäftsordnung erforderlichen Beschlüsse gefasst. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu Einzelheiten nicht äußern. |
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| Nach der wiederholten Fragestellung lautete die Antwort wie folgt (WP S. 231): |
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| Selbstverständlich haben sich Vorstand und Aufsichtsrat vor dem Einstieg mit allen möglichen Optionen eines Beteiligungserwerbs bei V. auseinandergesetzt. Die Kurssicherungsgeschäfte sollten die Voraussetzung dafür schaffen, dass P. eventuelle Beteiligungsaufstockungen bei V. zu wirtschaftlich abgesicherten Konditionen durchführen konnte. Wir wollten verhindern, dass sich in der Zukunft unternehmerisch als sinnvoll betrachtete Beteiligungserhöhungen wegen etwaiger zwischenzeitlich eingetretener Kurssteigerungen der V.-Aktie nicht realisieren lassen würden. |
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| Die Beklagte sieht auch die folgenden Antworten in diesem Zusammenhang: |
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| Die Organe der Gesellschaft haben alle nach Satzung und Geschäftsordnung erforderlichen Beschlüsse gefasst. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu Einzelheiten nicht äußern. (WP 138) |
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| Alle erforderlichen Organbeschlüsse zur Kurssicherungsstrategie sind zeitgerecht und ordnungsgemäß gefasst worden. (WP 224) |
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| Wir haben, wie auch schon erwähnt, die Absicherungsgeschäfte in 2005/2006 begonnen (WP 227). |
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| Im Geschäftsjahr 2007/08 hat sich der Vorstand fortlaufend mit dem V.-Engagement befasst. Am 3. März 2008 haben wir entschieden, die Mehrheit am stimmberechtigten Kapital von V. zu erwerben. Am 26. Oktober 2008 entschied der Vorstand, eine Erhöhung der Beteiligung im Jahr 2009 auf 75 % als Grundvoraussetzung für einen Beherrschungsvertrag anzustreben (WP S. 205). |
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| Die Klägerin zu 2 meint, die Frage, deutlich gestellt nach Inhalt und Zeitpunkt der Entscheidungen der beiden Organe, sei nicht beantwortet, die gegebenen Auskünfte seien unzureichend. Sie seien von Bedeutung, um die Vorwürfe zu prüfen, die Organe hätten sich bereits vor dem Einstieg bei V. auf eine Mehrheitsübernahme geeinigt und den Markt darüber mithilfe der Put-Call-Strukturen bewusst darüber im Unklaren gelassen oder sogar in die Irre geführt. Es drohten deshalb Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte. Es bleibe nach wie vor unklar, ob der Einstieg bei der Beklagten und der schrittweise Aufbau der Mehrheitsbeteiligung einem Gesamtplan folgten oder ob die Beklagte vielmehr als Getriebene ihrer Kurssicherungsgeschäfte gehandelt habe, was die Vorgänge im Oktober 2008 nahelegten. Dies zu wissen, sei insbesondere für die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat von Bedeutung. Das betreffe auch in 2005 abgeschlossene Kurssicherungsgeschäfte, die, weil sie in der Folgezeit weitergerollt worden seien, einen wesentlichen Einfluss auf die Liquiditätsbelastung im Geschäftsjahr 2007/2008 und im laufenden Geschäftsjahr gehabt hätten. |
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| Ein Auskunftsverweigerungsrecht stehe der Beklagten nicht zu, da sie die Beteiligungsverhältnisse am 26.10.2008 offen gelegt habe und die nachträgliche Bekanntgabe ihrer Strategie das Gesellschaftsinteresse nicht beeinträchtige. |
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| Die Beklagte erwidert, ein Anspruch auf weitere Auskunftserteilung bestehe nicht, weil die Frage nicht das Geschäftsjahr 2007/2008 betreffe und für die Tagesordnung nicht relevant sei. Sie sei im Übrigen vollständig beantwortet worden. Die Beschäftigung der Organe mit einer Beteiligung zu den genannten Mehrheiten vor dem Einstieg sei bejaht worden. Der Zeitpunkt der Vorstandsbeschlüsse zur Erzielung einfacher und qualifizierter Mehrheit sei genannt worden. Mit den auf der Hauptversammlung gegebenen Informationen sei bejaht, dass die Beklagte nach einer zwischen Vorstand und Aufsichtsrat abgestimmten Strategie vorgegangen sei und sich dabei durch den Beginn der Kurssicherungsgeschäfte schon 2005/2006 die Möglichkeit weiterer Aufstockungen, also sämtliche Optionen eröffnet habe. Mit diesen Geschäften und den Organbeschlüssen dazu sei keine Entscheidung über Ob, Zeitpunkt und Höhe eines Beteiligungsaufbaus verbunden gewesen. Deshalb seien die Zeitpunkte dieser Beschlüsse auch ohne Bedeutung für den Vorwurf der Irreführung des Kapitalmarkts. Eine weitergehende Auskunft über Einzelheiten der Planung des Vorstands und Zeitpunkte der Organbeschlüsse sei nicht erforderlich. Die Klägerin zu 2 sei dazu auch ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen, inwieweit die gegebenen Antworten für den Durchschnittsaktionär nicht ausreichend gewesen sein sollen. Inhalt und Zeitpunkt der Aufsichtsratsbeschlüsse unterliege im Übrigen dem Beratungsgeheimnis und hätten deshalb nicht offenbar werden dürfen. Auch Einzelheiten zur Strategieplanung unterlägen dem Auskunftsverweigerungsrecht, denn die Beklagte habe zunächst weiterhin Optionen gehalten und sie sei auch nach deren Weiterveräußerung berechtigt, Einzelheiten geheim zu halten, um Nachteile abzuwenden. |
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| b) Ein Auskunftsanspruch auf weitergehende Beantwortung der Frage 3 besteht nicht. |
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| Die Beklagte hat, soweit dies für die Beurteilung der Tagesordnung nach dem Vorbringen der Klägerin zu 2 erforderlich war, die Antworten gegeben. Mit der Antwort einerseits, dass mit Kurssicherungsgeschäften bereits 2005/2006 begonnen wurde, um sämtliche Optionen offenzuhalten, und der Bekanntgabe andererseits der Daten der Vorstandsbeschlüsse (s.o. unter a) zum Ziel der einfachen und später der qualifizierten Mehrheit ist der gefragte zeitliche Ablauf hinreichend umrissen. Datum und Anlass des Vorstandsbeschlusses vom 26.10.2008 wurden auf der Hauptversammlung auch auf eine Frage von Herrn Dr. We. hin noch einmal mitgeteilt, verbunden mit der Information, der Aufsichtsrat habe am 20.10.2008 das Ziel einer Erreichung der dreiviertel Mehrheit gebilligt (WP S. 222). Mit diesen Antworten ist auch klargestellt, dass der Vorstand jeweils mit Billigung des Aufsichtsrats gehandelt hat und nicht etwa, wie die Klägerin zu 2 mutmaßt, im Unklaren gelassen worden ist. Inhaltlich bedeuten die Antworten, dass die Beklagte eine Gesamtstrategie verfolgt hat, die aber nicht zwingend von vornherein auf den Ausbau bestimmter Mehrheiten ausgerichtet war, sondern darauf, sich über die Optionsgeschäfte die Möglichkeiten dazu zu schaffen und offen zu halten, um zu gegebener Zeit die konkrete Absichten festlegen zu können. Damit ist insbesondere auch der Aspekt, ob sich die Organe vor dem Einstieg bei V. „konsequent“ mit der Mehrheitsbeteiligung „beschäftigt“ hätten, hinreichend abgedeckt, soweit dies überhaupt möglich ist. Dass die genauen Daten von Vorstands- oder Aufsichtsratssitzungen im Geschäftsjahr 2005/2006 für die Entscheidung über die Entlastung zum Geschäftsjahr 2007/2008 zum Zeitpunkt der Hauptversammlung vom 30.01.2009 von Bedeutung gewesen sein sollen, kann die Kammer nicht erkennen. Insgesamt sind die Antworten gegeben worden. Ob die Klägerin zu 2 oder andere Aktionäre mit diesen Antworten zufrieden sind oder ob sie ihnen Glauben schenken, ist unerheblich, denn das stellt nicht in Frage, dass die Antworten gegeben sind. Dass die Antworten unrichtig sind, behauptet die Klägerin zu 2 nicht. |
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| 4. Frage 4 – Existenz und Details von Put-Optionen |
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| a) Die Aktionärsvertreter Herr B. (WP 62, 180) und auch Herr Dr. We. (WP 171) fragte: |
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| Ist es wahr, dass P. Put-Optionen oder Put ähnliche Instrumente auf V. Stammaktien direkt oder indirekt begeben oder verkauft hat? … Wenn ja, nennen Sie bitte die Zeitpunkte, Erlöse, Anzahl und die jeweiligen Ausübungsschwellen. |
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| Herr H. gab zunächst zur Antwort (WP 139) |
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| Wir haben uns zu Einzelheiten unserer Optionsstrategie im Unternehmensinteresse bisher nicht geäußert und wollen dies, Herr B., auch weiterhin nicht tun. Bitte haben Sie dafür Verständnis. |
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| und er ergänzte auf die Nachfrage (WP 232): |
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| Die Kurssicherungsstrategie umfasst sowohl den Erwerb von Call-Optionen als auch den Verkauf von Put-Optionen, um die aus dem Kauf der Call-Optionen resultierenden Kosten zu reduzieren. Zu weiteren Einzelheiten - auch das haben wir schon gesagt - wollen wir uns im Unternehmensinteresse nicht äußern. |
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| Unstreitig ist damit die erste Frage (Unterfrage 4.1) beantwortet worden, während die Beklagte zur zweiten Frage nach den Details (Unterfrage 4.2) die Auskunft verweigert hat. |
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| Die Klägerin zu 2 sieht ein berechtigtes Interesse an der Antwort auf die Unterfrage 4.2. Nachdem die V.-Aktienkurse infolge der Finanzkrise im September und Oktober 2008 erheblich gefallen seien, spreche die überraschende Offenlegung der Mehrheitsbeteiligung durch die Beklagten am 26.10.2008 dafür, dass ihr aus den Put-Optionen erhebliche Verluste gedroht hätten, möglicherweise sogar existenzbedrohender Art. Die Meinung der Beklagten, nach realistischer Betrachtung sei ein Insolvenzrisiko gering gewesen, sei durch die Realität Ende März 2009 überholt. Auch im Hinblick auf den gegen die Beklagte erhobenen Vorwurf der Marktmanipulation (Anl. K 7) müsse geklärt werden, ob die Beklagte durch Put-Optionen und Delta 1 Hedging von Kontraktpartnern planmäßig den Markt verengt und den Kurs von EUR 50 auf über EUR 1.000 hochgetrieben habe. Die Antwort diene der Aufklärung der faktischen Kaufverpflichtung aus den Put-Optionen. Der Hinweis, dass sie zu komplex für die Aktionäre ausfallen könne, trage nicht. Die Antwort sei zur Beurteilung der Ergebnisverwendung und der Vorstandsentlastung erforderlich. Ein Auskunftsverweigerungsrecht stehe der Beklagten nicht zu, sie habe die Informationen bereits nach § 15 a WpHG veröffentlichen müssen; außerdem habe das Gesellschaftsinteresse an Aufdeckung von Pflichtverletzungen Vorrang. Es sei auch nicht substantiiert ausgeführt, worin der Nachteil für die Beklagte bestehen solle. |
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| Die Beklagte meint, die Antworten seien für die Entlastungsentscheidung nicht erforderlich gewesen. Die Vermutungen der Klägerin zu 2 zu den Hintergründen der Mitteilung vom 26.10.2008 und zur Marktmanipulation seien falsch. Die Mitteilung sei nur erfolgt, um Shortsellern Gelegenheit zu geben, ihre Positionen in Ruhe und ohne größeres Risiko zu schließen. Details der Put-Optionen müsse die Klägerin zu 2 deshalb nicht kennen, um zu wissen, dass ihre Befürchtungen unbegründet seien. Ein Insolvenzrisiko, das die Klägerin zu 2 danach beurteilen wolle, sei nach den Auskünften auf der Hauptversammlung bei realistischer Betrachtung nur sehr gering gewesen. Eine faktische Kaufverpflichtung habe es aufgrund der Put-Optionen nicht gegeben. Die Beklagte habe die Risiken der Optionsstruktur ausreichend dargestellt. Weitere Details wären so umfangreich und komplex, dass sie ein durchschnittlicher Aktionär während der Hauptversammlung gar nicht hätte verarbeiten können, sondern dass er sich auch bei Detailangaben auf die Einschätzung durch den Vorstand hätte verlassen müssen. Die Beklagte beruft sich außerdem auf ein Auskunftsverweigerungsrecht (s.o.). |
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| b) In Bezug auf die Unterfrage 4.1 ist die Auskunftspflicht unstreitig schon deshalb nicht verletzt, weil die Auskunft, dass Put-Optionen existieren, erteilt worden ist. |
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| Zu den mit Unterfrage 4.2. nachgefragten Details – Zeitpunkte, Erlöse, Anzahl, Ausübungsschwellen (Strikes) – hat die Beklagte die Auskunft jedenfalls zu Recht verweigert, § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG. Ob die Auskunft erforderlich zur Beurteilung der streitgegenständlichen Tagesordnungspunkte, insbesondere der Entlastungsbeschlüsse, gewesen wäre und dem schon der bloße Hinweis auf die Komplexität der Thematik entgegenstehen könnte, kann dahingestellt bleiben. |
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| aa) Nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG kann die Auskunft verweigert werden, wenn sie bei vernünftiger kaufmännischer Betrachtung geeignet ist, der Gesellschaft oder dem verbundenen unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Einen solchen Nachteil muss die Gesellschaft, die sich darauf beruft, behaupten. Sie muss ihn nicht substantiiert darlegen und gar beweisen, denn damit müsste sie unter Umständen gerade die Informationen preisgeben, die sie eigentlich berechtigt zurückhalten dürfte. Vielmehr trägt sie eine Plausibilisierungslast, wonach sie plausibel darstellen muss, dass die Auskunft konkrete derartige Nachteile mit sich bringen könnte (allgM, vgl. etwa Decher, GroßKomm-AktG § 131 Rn. 301 m.w.N.). |
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| Ob die Beklagte schon deshalb dieser Plausibilisierungslast enthoben sein kann, weil sie die erfragten Informationen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse ansieht, deren unbefugte Preisgabe nach § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG strafbar wäre, kann dahingestellt bleiben (zum Verhältnis zwischen § 131 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 5 sowie § 404 AktG siehe etwa Siems in Spindler/Stilz, AktG § 131 Rn. 49; Hefendehl, ebenda, § 404 Rn. 52; Spindler in K.Schmidt/Lutter, AktG § 131 Rn. 71). Letztlich hängt im Übrigen auch die Qualifizierung als Geschäftsgeheimnis davon ab, ob die Preisgabe der fraglichen Information Nachteile für das Unternehmen mit sich bringen kann. |
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| bb) Die Beklagte hat jedenfalls mögliche Nachteile nicht unerheblicher Art plausibel dargelegt. Sie hat ausgeführt, dass die Bekanntgabe von Details der Optionsgeschäfte Rückschlüsse auf den Einfluss von Kursbewegungen der V.-Aktie auf das Ergebnis und damit die geschäftliche oder wirtschaftliche Lage der Beklagten zuließen. Sie hat dazu aus Sicht der Kammer nachvollziehbar vorgetragen, dass dies von Marktteilnehmern gegen die Beklagte ausgenutzt werden könnte, und dazu zum einen abgestellt auf etwaige Einblicke in die interne Kalkulation und geschäftliche Strategie der Beklagten, die sich Konkurrenten zunutze machen könnten. Dass es hierbei um das operative Geschäft der Tochtergesellschaft P. AG geht, ist nicht entscheidend, weil § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG auch Nachteile für verbundene Unternehmen ausreichen lässt. Die Beklagte hat zum anderen - insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung - auf die Auswirkungen auf den Kapitalmarkt abgestellt und darauf hingewiesen, dass bei öffentlichem Bekanntwerden der fraglichen Details gezielt, etwa durch Hedge-Fonds, gegen die wirtschaftliche Position der Beklagten Kursbewegungen spekulativ in Gang gesetzt werden könnten. Damit hat die Beklagte aus Sicht der Kammer nachvollziehbar konkrete nicht unerhebliche Nachteile dargetan, die ein Auskunftsverweigerungsrecht tragen können. |
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| Dem steht im Rahmen der gebotenen Abwägung nicht der etwaige Vorteil für die Beklagte entgegen, dass die Informationen der Aufklärung pflichtwidrigen Verhaltens der Organe im Interesse der Beklagten dienen könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf die Auskunft in der Regel nicht unter Hinweis auf Nachteile für die Gesellschaft verweigert werden, wenn bestimmte Tatsachen den objektiven Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen der Verwaltung begründen und die Auskunft dazu geeignet sein kann, den Verdacht zu erhärten (BGHZ 86, 1). Die Kammer teilt zwar nicht die rechtliche Einschätzung der Beklagten in ihrem nachgereichten Schriftsatz, diese Rechtsprechung sei durch die Einführung des besonderen Verweigerungsgrunds in § 131 Abs. 3 Nr. 6 AktG überholt, der die dieser Entscheidung zugrunde liegende Fallgestaltung regele, und dementsprechend habe dieser Grundsatz außerhalb dieses Anwendungsbereichs auch seit Jahrzehnten keine Gefolgschaft mehr gefunden. Auch die aktuelle Kommentarliteratur folgt dem in der genannten BGH-Entscheidung aufgestellten Grundsatz, ohne ihn auf die in § 131 Abs. 3 Nr. 6 AktG geregelte Fallkonstellation zu beschränken. Die Rechtsprechung hat ihn auch in späteren Jahren für andere Fälle in Erwägung gezogen und diskutiert (vgl. etwa OLG Düsseldorf WM 1991, 2148). Der Bundesgerichtshof hat jüngst den Grundsatz behandelt, seine Voraussetzungen dabei noch einmal klargestellt und seine Anwendung nur deshalb verneint, weil die Voraussetzungen nicht gegeben waren (BGHZ 180, 9, 32, Tz. 43 - Deutsche Bank/Kirch). Selbst für § 131 Abs. 3 Nr. 6 AktG gilt weiterhin, dass auch dieses Auskunftsverweigerungsrecht bei objektiv begründetem Verdacht erheblicher Pflichtwidrigkeiten nicht greift (Kubis in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 123 a.E.; Spindler in K.Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 76 mit Fn. 382). |
|
| Der Bundesgerichtshof hat aber in der soeben genannten Entscheidung hervorgehoben, dass es objektiver Anhaltspunkte für einen solchen Verdacht bedarf, der subjektiv gehegte Verdacht eines Anfechtungsklägers dagegen keine erweiterte Auskunftspflicht begründet. So liegt es auch hier. Hinreichende Anhaltspunkte, die, zumal aus der objektiven Sicht zum maßgeblichen Zeitpunkt der beschlussfassenden Hauptversammlung, den Verdacht pflichtwidrigen Handelns begründen könnten, ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht. |
|
| Soweit sie auf Medienberichte über die im Laufe des Jahres 2009 wieder aufgenommenen Ermittlungen der BaFin und dann auch der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Marktmanipulation in Bezug auf die Kursbewegungen der V.-Aktie Ende Oktober 2008 abstellt (vgl. Anl. K 26), wäre dies allenfalls im Rahmen der auf diese Vorgänge bezogenen Fragen 1 und 3 (s.o.) zu erwägen, für die es aber auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nicht ankommt. Den Verdacht eines pflichtwidrigen Handelns in Bezug auf die Vereinbarung der Details von Put-Optionen begründet dies nicht. |
|
| Auch die weitere von der Klägerin vorgetragene Entwicklung der Beklagten im Jahr 2009 wie die angespannte Liquiditätslage im Frühjahr 2009, ein - von der Beklagten bestrittenes - Insolvenzrisiko, der Eintritt eines Staatsfonds aus Katar als weiterer Großaktionär, die Aufgabe des Plans, V. zu übernehmen, und stattdessen die Umstrukturierung durch Übernahme der P. AG durch V. und die beabsichtigte Fusion mit V. begründen nicht den objektiven Verdacht einer dafür ursächlichen Pflichtwidrigkeit in Zusammenhang mit dem Aufbau und der Gestaltung der Optionsgeschäfte. Es fehlt nicht nur daran, dass diese Umstände aus der Zeit nach der Hauptversammlung nicht geeignet sind, aus deren maßgeblicher Sicht den objektiven Verdacht solcher Pflichtwidrigkeiten zu begründen. Die Umstände ergeben auch sonst keinen hinreichenden Verdacht, dass gerade die Gestaltung der Optionsgeschäfte für die spätere Entwicklung in einer Weise verantwortlich war, dass sie als pflichtwidrig zu betrachten sein könnte. |
|
| Eine Pflichtverletzung liegt auch nicht schon ohne weiteres darin, wie von den Klägerinnen verschiedentlich angeführt oder angedeutet, dass mit diesen Geschäften der Unternehmensgegenstand überschritten wäre, der bereits nach § 2 Abs. 2 der früheren Satzung der Beklagten als Aktiengesellschaft (Bl. III 465 ff) und erst recht nach § 2 der neuen Satzung der Beklagten für ihre Funktion als Holdinggesellschaft in der Rechtsform der SE (Bl. III 478 ff) die Beteiligung an Unternehmen insbesondere aus dem Automobilsektor vorsieht. Das schließt unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands auch nicht unmittelbar vom Unternehmensgegenstand erfasste Hilfs- und Nebengeschäfte ein (Spindler in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 82 Rn. 35), es sei denn, sie seien dazu bestimmt, selbständig und unabhängig von der Vermarktung der Produkte oder der sonstigen satzungsmäßigen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zur Erhöhung von Umsatz und Gewinn beizutragen (vgl. BGH ZIP 2000, 1162, 1163). Dies ist nicht nach dem Umfang solcher Nebengeschäfte, sondern nach ihrer Funktion zu beurteilen (BGH a.a.O.). Nach der Darstellung der Beklagten im Geschäftsbericht 2007/2008 (etwa S. 177) und auch in ihrem Vortrag im Rechtsstreit waren die Optionsgeschäfte unter dem Gesichtspunkt der Kurssicherung Teil ihrer Bestrebung, eine Beteiligung an V. aufzubauen. Dass die Kurssicherungs- bzw. Optionsgeschäfte erheblichen Umfang angenommen und die daraus generierten Erträge insbesondere im Geschäftsjahr 2007/2008 diejenigen aus dem operativen Geschäft erheblich übertroffen haben, ändert an dieser Zweckbestimmung nichts. |
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| Auch die von der Klägerin zu 2 vorgelegten Presseberichte sind keine Umstände, die geeignet sind, einen objektiven Verdacht zu begründen. Diese versuchen letztlich auch nur, ihre Schlussfolgerungen aus der eingetretenen Entwicklung zu ziehen, wobei sie als Ursache für die schwierige Lage im Frühjahr 2009 nicht zuletzt die seit September 2008 eingetretene internationale Finanz- und Wirtschaftskrise mit Auswirkungen auf Kursbewegungen der V.-Aktien und auch auf die wirtschaftlichen und politischen oder gesetzlichen Spielräume von Banken bei der Kreditvergabe sehen. Es handelt sich deshalb nur um entsprechende subjektive Mutmaßungen der Klägerin zu 2. |
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| cc) Nachteile sind nicht deshalb ausgeschlossen, weil Details dieser Geschäfte, insbesondere auch der Basispreis, nach den Vorschriften über die „Director’s Dealings“ (§ 15 a Abs. 1 und 3 WpHG i.V.m. § 10 Nr. 5 und 6 WpAIV) der BaFin und der Emittentin (V.) hätten mitgeteilt und von letzterer veröffentlicht werden müssen (§ 15 a Abs. 4 WpHG i.V.m. § 12 Nr. 6 WpAIV), was in der Tat jedenfalls ausgeschlossen hätte, dass der Nachteil durch das Bekanntwerden der Details gerade infolge von Auskünften auf der Hauptversammlung entstanden wäre. Die Kurssicherungsgeschäfte waren aber nicht mitteilungspflichtig, weil der persönliche Anwendungsbereich der genannten Vorschriften nicht berührt ist. Die Erweiterung der Mitteilungspflicht auf juristische Personen nach § 15 a Abs. 3 Satz 2 und 3 WpHG dient der Umgehung der Mitteilungspflicht von Führungspersonen nach Abs. 1 der Bestimmung und ist deshalb nach Ansicht der BaFin im Wege der teleologischen und europarechtskonformen Auslegung auf Fälle zu beschränken, in denen die Führungsperson eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen kann. Zusätzlich und vor den in diesen Vorschriften geregelten Voraussetzungen ist deshalb in einer ersten Stufe zu prüfen, ob die Führungsperson bei der Gesellschaft, die Aktien des Emittenten oder darauf bezogene Derivate erwirbt, zu jeweils mindestens 50 % beteiligt ist, Stimmrechte hält oder Gewinne zugerechnet bekommt (BaFin, Emittentenleitfaden 2005, S. 72 f; Emittentenleitfaden 2009, S. 87). Dieser in der Literatur geteilten Ansicht (Sethe in Assmann/Schütze, WpHG, 5. Aufl., § 15 a Rn. 56; Heinrich in KK-WpHG, § 15 a Rn. 48) folgt auch die Kammer. Es genügt somit erst recht nicht die bloße Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung weit unter dieser Schwelle (vgl. Schwintek, Anlegerschutzverbesserungsgesetz, S. 54). Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 30.12.2009 (S. 28 = Bl. II 386) unwidersprochen vorgetragen, das die fraglichen Führungspersonen - die Vorstandsmitglieder Dr. W. und H. und die Aufsichtsratsmitglieder Dr. P. und Dr. Pi. - jeweils weniger als 50 % der Stimmrechte oder der Anteile halten. Der insoweit neue Sachvortrag der Klägerin zu 2 im Schriftsatz vom 01.03.2010 (S. 6 = Bl. III 502 mit Anl. K 35) zur Kontrolle der Beklagten über Absprachen (lt. Anl. K 35 ein Konsortialvertrag) ist nicht nachgelassen worden und kann deshalb nicht berücksichtigt werden (§ 296 a ZPO). Die mündliche Verhandlung deshalb wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO), ist schon im Hinblick auf §§ 132, 283 ZPO nicht veranlasst. Es ist auch deshalb nicht geboten, weil sich aus alleine aus dem Bestehen eines Konsortialvertrags unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt des Umgehungsschutzes noch nicht ergibt, dass der daran beteiligte Stammaktionär, der keine Mehrheit der Stammaktien hält, auf der Ebene der Konsorten wirtschaftliche Interessen anders verfolgen kann als er es über die Ausübung seines Stimmrechts in der Hauptversammlung könnte. Ob und welche Zurechnungsvorschriften des § 22 WpHG im Rahmen der zweiten Stufe der Prüfung der weiteren Voraussetzungen des § 15 a Abs. 3 Satz 3 WpHG herangezogen werden könnten (vgl. dazu Heinrich a.a.O. Rn. 49; Sethe a.a.O. Rn. 58), kann dahingestellt bleiben, weil es auf diese Stufe nicht mehr ankommt. |
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| Im Übrigen hat nach dem unbestrittenen Beklagtenvortrag auch die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde und Mitteilungsadressatin bei ihrer Überprüfung der Vorgänge keine fehlenden Meldungen nach § 15 a WpHG beanstandet. |
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| a) Der Aktionärsvertreter B. stellte wiederholt folgende Frage (WP 63, 181): |
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| Welche Risiken bestehen für P., wenn der Aktienkurs von V. unter den Ausübungspreis der Puts fallen sollte? Was ist das Risiko, was ist das Volumen?" |
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| Der Vorstand antwortete zunächst (WP 139 f): |
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| Durch die Kurssicherungsgeschäfte nehmen wir an der Kursentwicklung der V.-Aktie teil. Bedenken Sie, dass wir damit den Kurs für den Erwerb der V.-Aktien abgesichert und damit eindeutig für uns kalkulierbar gemacht haben. Für die Absicherung sind marktübliche Konditionen vereinbart worden. |
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| Nach Fragewiederholung lautete die Antwort (WP 225, vgl. auch WP 234): |
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| Ein fallender Börsenkurs der V.-Stammaktie kann dazu führen, dass in der Bilanz der P. SE im Hinblick auf den fortlaufend durchzuführenden so genannten Werthaltigkeitstest gegebenenfalls außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden müssen. Die Wertminderung würde ertragswirksam erfasst, soweit der erzielbare Betrag für die V.-Stammaktie den bis dahin bestehenden Buchwert unterschreitet. |
|
| Ein fallender Börsenkurs könnte zudem dazu führen, dass die P. SE dazu verpflichtet ist, unter den Kurssicherungsgeschäften Ausgleichszahlungen zu leisten. Wirtschaftlich relevant würde dies für uns allerdings erst dann, wenn der Börsenkurs den insgesamt als Strike zugrunde liegenden Kurs unterschreitet. Wir halten das Risiko, dass es dazu kommt, für sehr gering. |
|
| Bei einem steigenden Börsenkurs der V.-Stammaktie steigt die Marktbewertung der im Aktivvermögen der P. SE gehaltenen V. Stammaktien entsprechend. Sofern der Börsenkurs der V.-Stammaktie zu einem bestimmten Abrechnungsstichtag gestiegen ist, steht P. aus den betreffenden Kurssicherungsgeschäften ein Anspruch auf Zahlung dieses Barausgleiches in Höhe des Differenzbetrages zu. |
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| Die Klägerin zu 2 trägt vor, die Beklagte habe die Frage, welche Risiken sich in welcher Höhe aus der Verpflichtung zum Barausgleich beim Absinken des Kurses unter den Strike ergeben würden, offen gelassen und deshalb nicht oder nicht ordnungsgemäß beantwortet. Diese Details müsse die Klägerin aus den schon zu Frage 4 dargelegten Gründen erfahren. Sie müsse erfahren, ob die Spekulationsgeschäfte ein Insolvenzrisiko dargestellt hätten oder noch darstellten, und zur Abschätzung der finanziellen Risiken aus den Derivatgeschäften die Funktionsweise der Put-Optionen kennen. Von Bedeutung sei dies für die Tagesordnungspunkte Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats. Ein Auskunftsverweigerungsrecht bestehe nicht. Die Frage betreffe ausschließlich in der Vergangenheit getätigte Call-/und Put-Optionsgeschäfte, und hier nicht Details der Vereinbarungen, sondern die Risiken hieraus für die Gesellschaft. |
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| Die Beklagte erwidert, die Frage sei dahin beantwortet, dass auch bei Put-Optionen ausschließlich Barausgleichsverpflichtungen in Höhe der Differenz von Strike und Marktpreis bestünden, was neben entsprechenden außerplanmäßigen Abschreibungen das Risiko bei sinkendem Aktienkurs sei. Die Funktionsweise der Put-Optionen sei damit beschrieben. Das Volumen etwaiger Abschreibungen oder Ausgleichszahlungen lasse sich nicht beziffern, weil es von der Höhe des täglich schwankenden V.-Kurses abhänge. Außerdem bestehe auch zu diesem Detail der Kurssicherungsstrategie wie zu den Strikes ein Auskunftsverweigerungsrecht. |
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| b) Die Beklagte hat die Frage nach der Art der Risiken aus den Put-Optionen beantwortet, die bestehen, wenn der Aktienkurs unter den Ausübungspreis fällt. Danach entsteht entweder ein Abschreibungsbedarf, also insbesondere, wenn die Option nicht ausgeübt wird, oder es muss der vereinbarte Barausgleich geleistet werden. Wie die Beklagte richtig vorträgt, hat sie bereits auf der Hauptversammlung klargestellt, dass die Put-Optionen nur auf Barausgleich gerichtet sind (WP 95), also nicht physisch erfüllt werden müssen. |
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| Zutreffend wendet die Beklagte auch ein, dass die Frage nach Volumina nicht beantwortet werden kann, soweit es um konkrete Zahlen zur Höhe eines etwaigen Barausgleichs oder einer Abschreibung geht, weil dies kursabhängig ist. Soweit sich die Frage nach Szenarien bei möglichen Kursrückgängen richten sollte, hinge eine ohnehin nur hypothetische Antwort entscheidend davon ab, welche Strikes vereinbart waren. Insoweit greift aus den o.g. Gründen das Auskunftsverweigerungsrecht ein (§ 131 Abs. 3 Satz 1 AktG). |
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| a) Eine weitere Frage von Herrn B. lautete (WP 63): |
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| Wenn der V.-Kurs am 27. Oktober 2008 nicht so stark gestiegen wäre, sondern bereits unter EUR 200 oder EUR 100 gefallen wäre, welche Auswirkungen hätte dies für P. und welche Auswirkungen, Herr H., hätte dies für Ihren Jahresabschluss? Hätte P. bei diesen Szenarien die Finanzmittel, die Finanzierung gehabt, um alle aufgrund der Put-Optionen andienbaren Aktien zu übernehmen? Gerade das war ja das Gegenargument für Herrn Kaldemorgen von der DWS. |
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| Darauf wurde geantwortet (WP 140): |
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| Wir bewerten die Aktienoptionen in unserer Bilanz zum jeweiligen Marktwert. Insofern haben die Kursentwicklungen der V.-Aktie natürlich Einfluss auf den Jahresabschluss. Bei einem Kurs von 200 EUR ergibt sich keine wesentliche Auswirkung auf unser Ergebnis. |
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| Später wurde die Frage von Herrn Dr. We. (WP 171) und dann auch Herrn B. (WP 181) so wiederholt: |
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| Wenn der V.-Kurs am 27. Oktober 2008 nicht stark gestiegen wäre, sondern seitdem ständig unter EUR 200,00, EUR 150,00 bzw. EUR 100,00 gelegen hätte, welche Auswirkungen hätte dies für P. und die Bilanz haben können? Hätte P. bei diesen drei Szenarien jeweils die Mittel gehabt, um alle aufgrund Put-Optionen annehmbaren Aktien zu übernehmen, bzw. entsprechend Wertausgleich zu leisten? |
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| Der Vorstand antwortete darauf wie schon oben bei Frage 5 zu WP 225 (=228) zitiert. |
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| Die Beklagte sieht auch eine später gegebene Auskunft als Antwort auf die Frage 6 an (WP 251, siehe schon oben zu Frage 2): |
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| Wir haben im Endeffekt zugrunde gelegt, als wir diese Struktur aufgebaut haben, dass wir einen Strike festgelegt haben, der die finanzielle Kraft von P. nicht überfordert, wenn es einigermaßen vernünftig weiterläuft. Selbst in der Krise haben Sie ja gesehen, dass es uns im Moment nicht so stark beeinflusst wie das bei anderen Automobilherstellern der Fall ist. Diese Strikes wurden so gewählt, dass P. sie zahlen kann und das ist unabhängig vom jeweiligen V.-Kurs. |
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| Wir haben im Endeffekt die Finanzmittel so, dass wir zu den Strikekursen, die wir abgesichert haben, das auch finanzieren können. Dementsprechend haben wir hier auch zu den Strikes, zu den aktuellen Kursen ein großes Polster. Ich bin sehr, sehr zuversichtlich, wenn nicht sogar sicher, dass das Ganze vernünftig zu Ende geführt wird. |
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| Als unbeantwortet gab Herr B. zu Protokoll (Anl. 2, S. 5 des notariellen Protokolls, Anl. II B 2): |
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| Wenn der Aktienkurs der V.-Aktien unter 200,00 EUR fällt, welche Auswirkungen ergeben sich auf den Jahresabschluss? |
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| Die Klägerin meint, nicht beantwortet seien die Fragen nach den Auswirkungen von Kursen unter EUR 150 oder EUR 100, nach verfügbaren Mitteln zur Bedienung der Optionen und es fehle die Bezifferung der dem Strike zugrunde liegenden Kurse und der finanziellen Auswirkungen. Die Auswirkungen auf die Bilanz würden nur theoretisch beschrieben, von welchem Niveau die V.-Stammaktien fallen müssten, werde offen gelassen. Die Antwort von Herrn H., die Strikes seien so gewählt, dass P. sie unabhängig von dem jeweiligen V.-Kurs zahlen könne, betreffe nicht diese Frage der Klägerin nach den Auswirkungen eines ständig unter den fraglichen Werten liegenden Kurses. Dies zu erfahren, auch für die Zeit nach dem Bilanzstichtag, sei in Bezug auf die Gewinnverwendung von Bedeutung, weil die erheblichen Gewinne im Geschäftsjahr 2007/2008 nur aus Buchgewinnen bestünden, während erhebliche Risiken durch potentielle Abschreibungen oder Barausgleichsverpflichtungen blieben. Ferner sei die Auskunft erheblich für die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Auch hier gehe es nur um die Put-Geschäfte der Vergangenheit, so dass kein Auskunftsverweigerungsrecht bestehe. |
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| Die Beklagte meint, die Fragen seien in Bezug auf einen Kurs von EUR 200, wie ausschließlich als unbeantwortet zu Protokoll gegeben, vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet. Sie habe klar gemacht, dass sie über ausreichende Mittel verfüge, um ihren Verpflichtungen aus den Put-Optionsgeschäften nachzukommen. Die Beantwortung sei aber für die Gewinnverwendung irrelevant, weil sie potentielle Ereignisse nach Abschluss des Geschäftsjahrs 2007/2008 betreffe. Sie sei auch für die übrigen Tagesordnungspunkte nicht relevant. |
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| b) Ob die Antwort zu einem Kurs von 200 EUR ausreichend auf die Frage eingeht, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat der Vorstand zuletzt (WP 251) die Antwort gegeben, dass P. die Strikes unabhängig vom jeweiligen V.-Kurs zahlen könne. Das schließt Kursniveaus unter EUR 200, EUR 150 oder EUR 100 ein. Mit dieser Antwort und den anderen von den Parteien zitierten Auskünften hat der Vorstand seine Einschätzung der Bedienbarkeit der Put-Optionen mitgeteilt. Diese Gesamtschau kann durchaus auch die auf WP 251 protokollierte Auskunft einbeziehen. Dass sie keine direkte Antwort auf die Frage 6 war, ist unerheblich, weil sie auf die von Herrn Dr. We. gestellte, oben als Nr. 2 behandelte Frage zielte, die denselben Themenkreis um die Konstruktion und Risiken der Put-Optionen betraf, so dass sowohl die Fragesteller wie alle übrigen Aktionäre die Antworten in ihrem Kontext werten konnten und mussten. Die Antwort ist damit erteilt. |
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| Die übrigen Streitpunkte einschließlich der Frage, ob es nur noch auf die als unbeantwortet zu Protokoll gegebene Frage ankommt, können dahingestellt bleiben. |
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| 7. Frage 7 – Banken, Absicherungsgeschäfte |
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| Herr B. stellte ferner die folgenden Fragen (WP 65, 182), teilweise wiederholt von Herrn Dr. We. (WP 173): |
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| Mit welchen Banken hat P. Absicherungsgeschäfte im Hinblick auf V.-Aktien geschlossen? |
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| Sind Leihgebühren Teil der wirtschaftlichen Regelungen? |
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| Bestehen Risiken aufgrund mangelnder finanzieller Stabilität der Gegenpartei? |
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| Nennen Sie uns einfach die fünf größten. |
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| Darauf wurde geantwortet: |
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| Wir haben keinen Anlass zu der Annahme, dass unsere Ansprüche aus den Kurssicherungsgeschäften nicht vertragsgemäß erfüllt werden. (WP 234) |
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| Auch - hier haben Sie bitte Verständnis - dass wir uns zu Einzelheiten unserer Kurssicherungsgeschäfte, wie bereits mehrfach erläutert, nicht äußern wollen. Wir haben keinerlei Geschäftsbetätigungen. Diese Risiken sehen wir nicht. (WP 141) |
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| Wir haben schon gesagt, dass wir unsere Vertragspartner im Unternehmensinteresse nicht offen legen wollen." (WP 226) |
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| Die Beklagte will zur Unterfrage 7.2. auch folgende Auskünfte berücksichtigt wissen (WP S. 198 f): |
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| Wir haben cash gesettelte Optionen abgeschlossen, die auf Barausgleich ausgerichtet sind und mit denen P. an den Veränderungen des V.-Kurses teilnimmt. |
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| Vielleicht lassen Sie mich das noch einmal deutlich machen, weil die Frage wiederholt hochgekommen ist, an den Währungssicherungsgeschäften, wie wir es dort machen. Ähnlich haben wir es auch mit den cash gesettelten Optionen auf V. gemacht. Wir planen unsere Unternehmensstruktur langfristig durch und wollen die Umsätze, die wir haben, zu einem gewissen Prozentsatz in den jeweiligen Währungen absichern. Dafür nehmen wir einen Budgetkurs, den wir reinrechnen, und mit diesem Budgetkurs haben wir die Möglichkeit, langfristig sicher das Unternehmen mit Gewinnen zu führen. Sehen wir jetzt die Möglichkeit, unsere Währungsgeschäfte besser als diesen Budgetkurs, den wir in unseren Büchern haben, abzusichern, dann machen wir hier Termingeschäfte oder, wenn es über ein Jahr hinausgeht, im Wesentlichen Optionsgeschäfte. Mit dieser Struktur sichern wir uns die Differenz zwischen Budgetkurs, der schon zu Gewinnen führt, dann zu einem zusätzlichen Gewinnpolster für P.. Das heißt, wir schaffen und verbessern unsere Kalkulationsbasis. Da steckt kein großes Geheimnis dahinter, wie das immer wieder herumgespielt wird. Das ist vielmehr im Endeffekt eine klare, saubere betriebswirtschaftliche Analyse. Das Gleiche haben wir auch gemacht. All diese Dinge sind zu finanzieren. Und das Risiko, das wir über ein Jahr hinaus haben, besteht in der Optionsprämie, die dann verloren ist, wenn der Kurs anders kommt. Aber wann haben wir die Optionsprämie verloren? Wenn der Kurs für unsere Richtung besser läuft. Wir haben dann die Möglichkeit, zu besseren Kursen das abzuschließen und damit die Verluste, die wir aus der Prämie haben, eigentlich über bessere Kurse, die wir absichern, auszugleichen und den Gewinn sogar noch weiter zu erhöhen. Wir haben dafür gewisse Strukturen entwickelt — mit Compoundstrukturen. Das heißt, wir gehen nicht in die volle Optionsprämie, sondern gehen erst einmal vorsichtig herein und machen eine Option auf eine Option, und mit diesem Betrag können wir auch variieren und spielen und das Risiko für uns weiter reduzieren. |
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| Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe ein berechtigtes Interesse an den erfragten Auskünften. Die Frage nach den beteiligten Banken sei im Hinblick auf Zweifel an deren Solvenz angesichts der Finanzkrise erforderlich, um sich ein eigenes Bild von den Risiken machen zu können und im Hinblick auf die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat erkennen zu können, ob unvertretbare Risiken eingegangen wurden. Denn gegebenenfalls würden der Beklagten selbst bei ordnungsgemäßer Abwicklung der Geschäfte erhebliche Verluste drohen. Diese Auskunft dürfte die Beklagte nicht verweigern, bei Sicherungsgeschäften könne die Nennung des Vertragspartners nur von Nachteil sein, wenn dieser nicht die erforderliche Solvenz aufweise, was nach Darstellung der Beklagten gerade nicht der Fall sei. Die Frage nach den Leihgebühren sei für das Verständnis von der Funktionsweise der Derivatgeschäfte erforderlich. Leihgebühren könnten auch bei cash-gesettelten Optionsgeschäften Teil der wirtschaftlichen Regelung sein. Der Antwort auf die Unterfrage 7.3. sei die Beklagte ausgewichen. |
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| Die Beklagte verweist darauf, dass Herr B. lediglich die Unterfrage 7.1. als unbeantwortet zu Protokoll gegeben habe (Anl. 2, S. 5, zum notarielles Protokoll, Anl. II B 2), weshalb die übrigen Fragen nachgeschoben und nicht beantwortet werden müssten. Die Unterfragen 7.2 und 7.3 seien beantwortet. Aus der Auskunft, dass ausschließlich Geschäfte über cash-gesettelte Optionen geschlossen worden seien, folge, dass keine Leihgebühren vereinbart seien, die es nur bei Leerverkäufen gebe. Die Frage nach Risiken sei verneint. Auskünfte zu den Unterfragen 7.1. und 7.4. nach den als Gegenparteien beteiligten Banken seien für die Entlastungsentscheidung aus Sicht des durchschnittlichen Aktionärs, auch im Hinblick auf die dargelegte Risikoeinschätzung des Vorstands, nicht relevant. Sie dürften auch verweigert werden, weil die Preisgabe der Namen von Banken, die Wert auf Vertraulichkeit ihrer Finanztransaktionen legten, die Kontrahierungsfähigkeit der Beklagten in der Zukunft gefährden würde. |
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| b) Auch insoweit ist eine Auskunftspflicht nicht verletzt. |
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| Die Unterfrage 7.2 ist beantwortet. Die Beklagte hat, wie schon bei den anderen Fragen ausgeführt und im Übrigen auch unstreitig, auf der Hauptversammlung mehrfach dargestellt, dass sie ausschließlich Optionsgeschäfte abgeschlossen hat, die auf Barausgleich gerichtet sind. Daraus folgt, dass bei diesen Geschäften Optionsprämien zu zahlen sind oder eingenommen werden. Leihgebühren fallen nicht hier, sondern bei Leerverkäufen an. Die Beklagte verweist zu Recht darauf, dass in der Funktionsbeschreibung zu den Optionsgeschäften (u.a. WP 198 f) Leihgebühren nicht vorgekommen sind. Eben sowenig sind Leerverkäufe vorgekommen. Es ist aber auch nicht ersichtlich, inwiefern die Auskunft für welchen Tagesordnungspunkt erforderlich sein soll. Es mag sein, wie die Klägerin ausführt, dass Banken ihre zur Absicherung der Optionsgeschäfte im Eigenbedarf gehaltenen Aktien an Dritte verleihen, die damit Leerverkäufe tätigen. Dass dies zu einer Reduzierung der von der Beklagten – in dem Fall für die Call-Optionen – zu zahlenden Optionsprämie führen muss, ist ebenso wenig zwingend wie der Umstand, dass der Vorstand die Frage gerade auf diese Konstellation beziehen musste, dass also nach Leihgebühren nicht im Verhältnis zwischen der Beklagten und ihren Banken, sondern im Verhältnis zwischen den Banken und Dritten gefragt war. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Beklagte vorträgt, keine Kenntnis über die Absicherungsgeschäfte ihrer Banken zu haben. Dann lag es fern, die Frage gerade hierauf zu beziehen. |
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| Ebenso ist die Unterfrage 7.3 beantwortet mit dem Satz „diese Risiken sehen wir nicht“, der auch „nein“ hätte lauten können. Wenn der Vorstand keine Risiken der nachgefragten Art gesehen hat, konnte er sie auch nicht näher beschreiben. |
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| Zu den Unterfragen 7.1 und 7.4 hat die Beklagte zu Recht die Auskunft verweigert. Sie hat hier ausreichend einen Nachteil dahingehend plausibilisiert, dass die Namhaftmachung der Banken gegen das Diskretionsinteresse verstoßen würde, das in diesem Zusammenhang üblich ist und erwartet wird. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Verstoß die Kontrahierungsfähigkeit beschädigen könnte (vgl. dazu auch MünchKomm-Kubis, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 101; BGHZ 190, 9, 32, Tz. 42), zumal wenn er darauf hinauslaufen würde, dass die Solvenz von Geschäftspartnern auf fremden Hauptversammlungen diskutiert wird. Im Übrigen ist das Informationsbedürfnis der Aktionäre im Hinblick auf etwaige Solvenzrisiken der Geschäftspartner dadurch erfüllt, dass der Vorstand angegeben hat, solche Risiken bestünden aus seiner Sicht nicht. Damit erschließt sich dem Aktionär, dass der Vorstand derartige Risiken in der Person der Geschäftspartner geprüft und nicht angenommen hat. Darüber hinaus war eine eigenständige Prüfung durch die Aktionäre nicht erforderlich. Ob sie auf der Hauptversammlung überhaupt möglich gewesen wäre oder ob sich die Aktionäre auch insoweit ohnehin auf eine Detaileinschätzung durch den Vorstand hätten verlassen müssen, kann dahingestellt bleiben. |
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| a) Herr B. stellte auf der Hauptversammlung die Frage (WP 64): |
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| Welche Auswirkungen auf die Bilanz entstehen, wenn der Wert der Call-Optionen durch fallende Kurse der V.-Stammaktie sinkt bzw. die Call-Optionen im Laufe des Geschäftsjahres zu Preisen ausgeübt werden, die unterhalb des letzten Bilanzansatz lagen und dafür entsprechende Aktien erworben werden? |
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| Sie wurde zunächst beantwortet (WP 141): |
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| Es ist zutreffend und leider nicht zu vermeiden, dass wir auf unsere Gewinne Steuern zahlen müssen. Die Call-Optionen dienen der Absicherung des Erwerbs von V.-Aktien. Wir beobachten die entsprechende Marktentwicklung. Ein Absinken der Marktkurse hat aber eine negative Auswirkung auf unsere Gewinn- und Verlustrechnung. Der Wert der Call-Optionen sinkt entsprechend. Im Extremfall wäre die Call-Option wertlos. |
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| Auf wiederholte Frage von Herrn B. (WP 183) wurde geantwortet (WP 228, nicht 125 wie von der Beklagten vorgetragen): |
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| Ein fallender Börsenkurs der V.-Stammaktie kann dazu führen, dass in der Bilanz der P. SE im Hinblick auf die fortlaufend durchzuführenden so genannten Werthaltigkeitstests gegebenenfalls außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden müssen. Die Wertminderung würde ertragswirksam erfasst, soweit der erzielbare Betrag für die V.-Stammaktie den bis dahin bestehenden Buchwert unterschreitet. Ein fallender Börsenkurs könnte zudem dazu führen, dass die P. SE dazu verpflichtet ist, unter den Kurssicherungsgeschäften Ausgleichszahlungen zu leisten. |
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| Als nicht beantwortet gab Herr B. zu Protokoll (Anl. 2, S. 6 des notariellen Protokolls, Anl. II B 2): |
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| Welche Auswirkungen entstehen, wenn der Wert der Call-Optionen infolge eines fallenden V.-Stammaktienkurses sinkt? |
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| Die Klägerin zu 2 vermisst auch hier eine inhaltliche Antwort, weil nach den Auswirkungen auf die Bilanz und nicht auf die Gewinn- und Verlustrechnung gefragt worden sei. Ein negatives Ergebnis in der Gewinn- und Verlustrechnung sage nichts darüber aus, ob zusätzliche Abschreibungen in der Bilanz vorgenommen werden müssten. Es sei auch nicht dargestellt worden, ob Abschreibungen auf die V.-Stammaktien oder auf die Call-Optionen vorgenommen werden müssten. Die bilanziellen Auswirkungen der Call-Optionen seien nicht genannt, was für Rückschlüsse auf deren finanzielle Risiken erforderlich sei. Da die Derivatgeschäfte einen erheblichen Beitrag zu den Buchgewinnen beigesteuert hätten, sei die Kenntnis der bilanziellen Auswirkungen fallender Kurse in den nächsten drei Jahren für die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat von Bedeutung. |
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| Die Beklagte ist der Ansicht, die Frage sei mit der Darstellung des Abschreibungsbedarfs bei fallenden Kursen beantwortet. In welcher Bilanzposition die Abschreibung gegebenenfalls erfolge, spiele aus Sicht des durchschnittlichen Aktionärs keine Rolle. |
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| b) Die Frage ist beantwortet. Die Beklagte hat einen ergebniswirksamen Abschreibungsbedarf bei fallenden V.-Kursen sowohl in der Gewinn- und Verlustrechnung als auch in der Bilanz mitgeteilt. Dies trifft auch zu, denn die ergebniswirksame Wertberichtigung bzw. Abschreibung ist sowohl in der Bilanz beim entsprechenden Aktivposten als auch in der GuV vorzunehmen. Die Klägerin zu 2 bringt zu Unrecht vor, es sei offen geblieben, ob diese Abschreibung auf V.-Stammaktien oder auf Optionen vorgenommen werden müssten. Gefragt war zunächst nach bilanziellen Auswirkungen bei Wertänderungen der Call-Optionen, hierauf bezog sich ersichtlich auch die Antwort. Die Antwort trifft aber im Ergebnis auch für die andere Konstellation zu – Optionsausübung und Aktienerwerb bei Werten unterhalb des letzten Bilanzansatzes. Technische Einzelheiten der Verbuchung bei diesem Vorgang sind nicht beschlussrelevant. |
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| a) Eine weitere von Herrn B. gestellte (WP 63) und von Herrn Dr. We. wiederholte (WP 172) Frage lautete: |
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| Welcher Dollarkurs bzw. welcher Kurs der V.-Stammaktien wäre nach aktueller Einschätzung des Vorstandes geeignet, existenzgefährdende Risiken für P. zu begründen? |
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| Sie wurde zunächst beantwortet (WP 140): |
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| Gehen Sie davon aus, dass wir entweder entsprechende Absicherungen haben oder Marktentwicklungen täglich sehr sorgfältig betrachten und, wenn erforderlich, auch entsprechende Entscheidungen treffen, dass eine existenzgefährdende Situation niemals eintritt. Unsere Sicherungssysteme haben sich in den letzten Jahren hervorragend bewährt und wir verfeinern sie kontinuierlich. |
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| Die Geschäfte in Dollar sind durch Währungssicherung abgesichert. Der aktuelle V.-Kurs ist weit davon entfernt, sich für P. nachteilig auszuwirken. Unsere Erwerbe von V.-Stammaktien erfolgten zu Kursen, die deutlich unter den Jahresendkursen zum 31.07.2008 lagen. |
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| Da wir unser US-Geschäft bis 2013 abgesichert haben, stellt sich diese Frage nicht. |
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| Die Klägerin zu 2 trägt vor, die Frage sei nicht beantwortet, weil Dollar- und V.-Aktienkurse nicht beziffert worden seien. Um sich ein Bild von der wirtschaftlichen Situation der Beklagten machen zu können, müsse die Klägerin zu 2 die Schwellenwerte der Basiswerte der Währungssicherungs- und Optionsgeschäfte wissen. Es bestehe der erhebliche Verdacht, dass die Beklagte wegen der eingegangenen Termingeschäfte in Insolvenzgefahr geraten sei. Die Frage sei auch nicht mit Frage 2 identisch. Existenzgefährdende Risiken könnten bereits eintreten, wenn die Beklagte bei einem bestimmten V.-Kurs erhebliche Mittel zur Bedienung der Put-Optionen einsetzen müsse, ohne dass es zu Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit komme. |
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| Die Beklagte meint, die Klägerin habe sich mit den Antworten nicht auseinandergesetzt, aus denen sich, wie bereits bei der – in Bezug auf den Kurs der V.-Aktie identischen - Frage 2, ergebe, dass die Frage rein theoretischer Natur sei. Es sei ausgeführt, dass es derartige Kurse nicht gebe. |
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| b) Die Frage nach der aktuellen Einschätzung ist beantwortet. Die aktuelle Einschätzung des Vorstands, also seine Einschätzung zum Zeitpunkt der Hauptversammlung, ging nach der Antwort dahin, dass existenzgefährdende Risiken nicht bestehen. Ob diese Einschätzung richtig war, ist kein Problem der ordnungsgemäßen Beantwortung der Frage. |
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| a) Der Aktionärsvertreter Herr L. fragte wiederholt (WP 131, 215): |
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| Welche Laufzeiten haben diese Call- und Put-Optionen bzw. Derivate? Inwieweit sind Verlängerungsrechte eingeräumt? |
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| Die Beklagte antwortete zunächst (WP 207): |
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| Wir haben das jetzt schon mehrmals gesagt. Wir wollen uns im Unternehmensinteresse zu Einzelheiten der Absicherungsstrategie nicht weiter äußern. |
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| Und auf die Wiederholung (WP 246): |
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| Es handelt sich, wie bereits mehrfach erläutert, um Optionen, die ausschließlich auf Barausgleich ausgerichtet sind. Mit diesen nehmen wir an den Veränderungen des V.-Aktien-Kurses wirtschaftlich teil. Nähere Einzelheiten wollen wir dazu nicht offen legen. |
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| Die Klägerin zu 2 meint, auch diese Information sei zur Kenntnis der Funktionsweise und damit der Risiken der Derivatkonstruktionen erforderlich und mithin relevant für den Gewinnverwendungsbeschluss. Ein Geheimhaltungsinteresse bestehe nicht, Nachteile aus der Auskunftserteilung seien nicht konkret dargetan, die Beklagte sei im Übrigen nach § 15 a Abs. 3 Satz 2 WpHG ohnehin zur Offenlegung verpflichtet. |
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| Die Beklagte ist der Ansicht, unter Berücksichtigung der gegebenen Darstellungen der Risiken der Kurssicherungsgeschäfte seien weitere Informationen über die Laufzeiten nicht erforderlich, im Übrigen wie die sonstigen Details der Geschäfte geheimhaltungsbedürftig. |
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| b) Die Beklagte hat auch Auskünfte zu diesen Details aus den zu oben zur Frage 4 genannten Gründen zu Recht nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG verweigert. |
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| a) Eine weitere Frage von Herrn L. lautete (WP 133, 217): |
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| Wie hoch wären insgesamt die Kosten und Verluste, wenn P. zum heutigen Tage alle Währungsgeschäfte bezogen auf den Dollar glatt stellen würde? Falls in der Kürze der Zeit keine exakte Antwort möglich sein sollte, reicht mir notfalls ein auf EUR 50 Millionen gerundeter Betrag. |
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| Er bekam zur Antwort (WP 209): |
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| Wir schließen Währungssicherungsgeschäfte zur Absicherung unseres operativen Geschäfts. Die Frage einer Glattstellung stellt sich demzufolge nicht. Ich hatte es Ihnen auch schon erläutert. Wir fahren im Endeffekt unsere Strategie gegenüber dem Budgetkurs und wollen nicht im Endeffekt den Markt schlagen. Uns ist es wichtig, dass wir ein zusätzliches Polster gegenüber unserer Budgetplanung haben, und dort liegen wir sehr gut im Geschäft. |
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| Eine weitere Antwort zu Währungssicherungsgeschäften wurde wie folgt gegeben (WP 223): |
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| Bei den Währungsgeschäften handelt es sich um Devisen-Termingeschäfte und Optionen. Da diese Geschäfte mit Grundgeschäften — das heißt, Verkäufen von Fahrzeugen — hinterlegt sind, resultieren hieraus keine Risiken. Ein Absatzrückgang kann entweder durch Verlängerung dieser Geschäfte oder durch Verfall der Verlängerung der Optionen aufgefangen werden |
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| Die Klägerin zu 2 ist der Ansicht, die Frage sei damit nicht beantwortet, die Beklagte habe sich darauf beschränkt, den untechnischen Begriff „glattstellen“ zu erläutern, ohne auf die Risiken aus den Währungsgeschäften einzugehen. Ausweichend sei die Antwort, dass sich die Frage des Glattstellens nicht stelle. Dabei handele es sich nur um eine Einschätzung der Beklagten zur Entwicklung der Währungsgeschäfte und nicht um eine Beantwortung der konkreten Frage, die auf den Tag der Hauptversammlung bezogen gewesen sei. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse zu erfahren, welchen Gewinn oder Verlust die Währungsgeschäfte zu einem Zeitpunkt x bei einer unterstellten Wertentwicklung der jeweiligen Barwerte hätten. Dies gehe nur durch eine fiktive Auflösung der Transaktionen zum aktuellen Marktwert. Dies sei erforderlich zur Bewertung der möglichen Währungsrisiken im Hinblick auf die Gewinnverwendung. Es gehe dabei nicht um die Bewertung eines nur hypothetischen Falls, sondern um die Aufdeckung verdeckter Risiken. |
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| Die Beklagte trägt vor, es werde aus den Antworten deutlich, dass es nie zu einer Glattstellung kommen werde. Es handele sich um eine Frage nach einem hypothetischen Fall, die nicht beantwortet werden müsse. Außerdem werde aus der Antwort deutlich, dass es die vermuteten Risiken nicht gebe, weil die Währungsgeschäfte mit Grundgeschäften, also Fahrzeugverkäufen, hinterlegt seien, so dass daraus kein Risiko resultiere. Sie hätten vielmehr gerade den Zweck, wirtschaftliche Risiken aus einem fallenden Dollarkurs zu minimieren. Die Klägerin zu 2 lege auch nicht dar, auf welchen Tagesordnungspunkt sich die Frage beziehe. Das sei auch nicht möglich, denn der durchschnittliche Aktionär benötige für die Beurteilung der Tagesordnungspunkte keine Kenntnis über den durchschnittlichen Marktwert der Dollarkurssicherungsgeschäfte zum Zeitpunkt der Hauptversammlung, er könne mit fiktiven Marktwertbetrachtungen nichts anfangen. Außerdem bestehe auch hier ein Auskunftsverweigerungsrecht, weil die geforderten Detailangaben Rückschlüsse auf die Konditionen der Sicherungsgeschäfte zuließen, bei denen es sich um Geschäftsgeheimnisse handele. |
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| b) Die Auskunftspflicht ist nicht verletzt. Die Frage ist insoweit beantwortet, als die Beklagte den Zweck dieser Währungssicherungsgeschäfte – Sicherung der Verkaufsgeschäfte im Dollarraum – erläutert und dazu klargestellt hat, dass sich die Frage einer Glattstellung im Hinblick darauf nicht stelle. Zu berücksichtigen ist auch, dass in der Antwort auf eine vorgehende Erläuterung verwiesen wurde („ Ich hatte es Ihnen auch schon erläutert“ ), was sich auf die Darstellung der Währungssicherungsgeschäfte bezog, wie sie auf S. 198 f des Wortprotokolls wiedergegeben ist (siehe oben bei Frage Nr. 7 zur Unterfrage 7.2). Vor dem Hintergrund führt die Beklagte zu Recht aus, dass es sich um eine rein hypothetische Fragestellung handelte, die die Beklagte nicht beantworten musste (vgl. OLG Hamburg NZG 2005, 86, 87). Auch sonst ist der Klägervortrag, diese Information sei zur Aufdeckung von verdeckten Risiken geeignet, nicht nachvollziehbar. Im Übrigen kommt es auf die von der Klägerin zu 2 hervorgehobene Relevanz für die Gewinnverwendungsentscheidung nicht an, weil diese nicht Streitgegenstand ist. |
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| a) Herr Dr. We. stellte die Fragen (WP 167): |
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| Sagen Sie uns bitte auch, was mit P. passiert, wenn Sie mangels Bankenfinanzierung die Position nicht weiterrollen können. |
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| Wie hoch waren die tatsächlichen Kosten und Barabflüsse für den Aufbau und das Weiterrollen der V.-Hedge-Positionen? Wie hoch sind die Kosten eines Weiterrollens pro Monat? Und um wie viel wird das nach einer Refinanzierung teurer? |
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| Der Vorstand der Beklagten antwortete hierauf (WP 221): |
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| Wie bereits mehrfach erläutert, wollen wir uns zu weiteren Einzelheiten unserer Kurssicherungsstrategie nicht weiter äußern. |
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| Die Beklagte meint, in diesem Kontext sei auch die an anderer Stelle gegebene Auskunft zu sehen (WP 234): |
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| Sofern der Börsenkurs der V.-Stammaktien zu einem bestimmten Abrechnungsstichtag im Vergleich zum Börsenkurs an dem jeweils vorhergehenden Abrechnungsstichtag gestiegen ist, steht P. aus den betreffenden Kurssicherungsgeschäften ein Anspruch auf Zahlung eines Barausgleichs in Höhe dieses Differenzbetrags zu. Ein fallender Börsenkurs würde dazu führen, dass die P. SE dazu verpflichtet ist, unter den Kurssicherungsgeschäften Ausgleichszahlungen zu leisten." |
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| Die Klägerin zu 2 vertritt die Auffassung, die nicht erteilten Auskünfte seien erforderlich gewesen. Angesichts des fälligen Bankenkredits der Beklagten über EUR 10 Mrd., dessen Refinanzierung im März 2009 noch nicht gesichert gewesen sei und der Verdüsterung der wirtschaftlichen Situation von V. würden die Risiken der Beklagten immer deutlicher. Der aus dem letzten Abschluss interpolierbare Erwerbspreis für die V.-Aktien liege angesichts des künstlich hoch gehaltenen Preises immer noch deutlich über dem wahren Wert. So stünde einem Wert des Aktienpaketes von rund EUR 9 Mrd. ein Erwerbspreis von rund EUR 18 Mrd. entgegen. Wenn hierzu signifikante Kosten von vermutlich mehreren Millionen EUR pro Monat kämen, wonach gefragt worden sei, stehe das manifeste Risiko im Raum, dass Banken die Anschlussfinanzierung nicht mehr gewährten. Angesichts der Verschlechterung der Lage von V. könnten weitere Liquiditätszuschüsse von dort nicht erwartet werden. Deshalb sei die Frage nach den Kosten des Weiterrollens von essentieller Bedeutung für jeden Aktionär, der sich verständig mit den Tagesordnungspunkten Entlastung und Gewinnverwendung auseinandersetzen wolle. Die Auskünfte seien für die Beurteilung der Tagesordnungspunkte 3 bis 6 erforderlich. |
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| So sei die Unterfrage 12.1 nicht lediglich auf einen hypothetischen Verlauf gerichtet gewesen, sondern eine Gefährdung der Weiterfinanzierung habe tatsächlich gedroht, letztlich hätten die Banken bei Verlängerung des EUR 10 Mrd.-Kredits die Betriebsmittelkredite gestrichen und V. habe einen Notkredit über EUR 700 Mio. geben müssen. |
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| Unterfrage 12.2 bis 12.4 nach den Kosten eines Weiterrollens bei Fälligkeit sei mit der von der Beklagten dargestellten Auskunft zur allgemeinen Funktionsweise der Optionsgeschäfte nicht beantwortet. |
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| Ein Auskunftsverweigerungsrecht bestehe nicht. Die Fragen richteten sich nicht auf bestimmte Konditionen der Geschäfte, sondern auf entstehende Kosten. Es bestünden außerdem angesichts der dargestellten Zusammenhänge objektive Zweifel, ob die Geschäftsführung durch den Vorstand und die Kontrolle durch den Aufsichtsrat mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar seien. Der Vorteil der Aufdeckung von Pflichtverletzungen überwiege etwaige gewisse Nachteile. |
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| Die Beklagte ist der Meinung, die Auskunft sei zur sachgerechten Beurteilung der Tagesordnungspunkte nicht erforderlich gewesen. Unterfrage 12.1 richte sich auf einen rein hypothetischen Geschehensablauf nach der Hauptversammlung und sei deshalb irrelevant und nicht auskunftspflichtig. Das von der Klägerin zu 2 angeführte Szenario habe sich auch nicht bestätigt, nachdem die Anschlussfinanzierung gelungen sei. |
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| Die Fragen zum Bankenkredit und den Kosten zielten letztlich darauf ab, ob der Beklagten die Insolvenz drohe, was der Vorstand auf der Hauptversammlung nach seiner Einschätzung verneint habe (unter Hinweis auf WP S. 140). Die Beklagte habe die Funktionsweise der Optionsgeschäfte, die möglichen Ausgleichszahlungen an Abrechnungsstichtagen und die Verpflichtungen zur Zahlung von Optionsprämien erläutert (unter Hinweis auf WP S. 198, siehe dazu oben bei Nr. 7 a). Angaben zu den tatsächlich angefallenen Kosten (Unterfrage 12.2.) beträfen daher Details, die ein durchschnittlicher Aktionär nicht auf der Hauptversammlung verwenden könne und auf die es zur Beurteilung auch nicht ankomme. Künftige Aufwendungen, wie mit Unterfrage 12.3 nachgefragt, ließen sich gar nicht beziffern (§ 275 BGB), weil sie von der Höhe der Ausgleichszahlungen zu einem künftigen Abrechnungsstichtag abhingen. Die darauf aufbauende Unterfrage 12.4 sei deshalb ebenfalls nicht zu beantworten gewesen. Zudem seien die Kosten ein Faktor, der in die Risikoeinschätzung des Vorstands eingeflossen seien, welcher erklärt habe, dass kein Insolvenzrisiko bestehe. |
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| Zudem bestehe ein Auskunftsverweigerungsrecht zu den Konditionen der Kurssicherungsgeschäfte; eine Auskunft zu den Kosten ließe auch darauf Rückschlüsse zu. |
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| b) Eine Antwort auf die Frage ist nicht erteilt worden, sondern vom Vorstand ausdrücklich verweigert worden. Die weitere Antwort (WP 234) auf eine Frage des Aktionärs Dr. Wa. beantwortet die Frage von Herrn Dr. We. nicht. |
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| Die Beklagte war aber auch hier nach den Erwägungen oben bei Frage 4 berechtigt, die Auskunft zu verweigern, § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG. |
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