Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 17 U 1172/19

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 27. September 2019 – 3 O 111/19 – wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 27. September 2019 – 3 O 111/19 – im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.324,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

- vom 11. April 2019 bis 13. August 2019 aus einem Betrag von 30.315,49 EUR, der sich ab 11. April 2019 bis 13.08.2019 Tag für Tag linear auf 28.966,86 EUR ermäßigt,

- vom 14. August 2019 bis 2. März 2021 in Höhe aus einem Betrag von 28.966,86 EUR, der sich ab 14. August 2019 bis 2. März 2021 Tag für Tag linear auf 23.324,39 EUR ermäßigt,

- seit 3. März 2021 aus 23.324,39 EUR

zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs V., Typ S 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ....

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 74 % und die Beklagte zu 26 %.

IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag über ein von dem sog. „Abgasskandal" betroffenes Fahrzeug.
Die Beklagte stellte unter der Bezeichnung „EA 189" einen Dieselmotor her, in dessen Motorsteuerung eine zuvor in Kooperation mit der R. GmbH entwickelte Software zur Abgassteuerung installiert wurde. Diese Software verfügt über zwei unterschiedliche Betriebsmodi, welche die Abgasrückführung steuern. In dem im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimierten „Modus 1", der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ) automatisch aktiviert wird, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Bei im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen ist der partikeloptimierte „Modus 0“ aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt.
Der o.g. Dieselmotor wurde auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten nicht nur in diversen Fahrzeugtypen der Beklagten, sondern auch in solchen der zum V.-Konzern gehörenden Unternehmen verbaut.
Mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2014 (Rechnung vgl. Anlage K 1) erwarb der Kläger ein neues Fahrzeug der Marke V., Typ S 2,0 l TDI zu einem Kaufpreis von 46.575,01 EUR. Das Fahrzeug, das die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... erhalten hatte, wurde dem Kläger am 23. Februar 2015 übergeben und wies zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 0 auf. In dem Fahrzeug ist auf Veranlassung des Vorstandes der Beklagten der o.g. Dieselmotor des Typs EA 189 mit 2,0 Litern Hubraum verbaut, dessen Motorsteuerung im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger die o.g. Software zur Abgassteuerung enthielt.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 verfügte das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) gegenüber der Beklagten Ziff. 2 „zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der [...] Typengenehmigung [...] des Typs EA 189 EU5“ die „unzulässigen Abschalteinrichtungen“ zu entfernen und drohte damit, andernfalls „die Typengenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen“. Zugleich wurde die Beklagte Ziff. 2 verpflichtet, den technischen Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden.
Mit Schreiben vom 3. November 2016 (Anlage B 1) bestätigte das KBA der Beklagten gegenüber ua für das erworbene Fahrzeug, dass die in Reaktion auf den Bescheid vom 15. Oktober 2015 von der Beklagten entwickelten technischen Maßnahmen (konkret: ein Softwareupdate) geeignet sind, die Vorschriftsmäßigkeit herzustellen.
Der Kläger ließ das von dem KBA für das hier in Streit stehende Fahrzeug freigegebene Softwareupdate vor Klageerhebung aufspielen.
Der Kläger schloss sich am 18. Dezember 2018 der gegen die Beklagte bei dem Oberlandesgericht Braunschweig geführten Musterfeststellungsklage – 4 MK 01/18 – an (LGU 3 + Anlage R 02) und nahm seine Anmeldung am 25. März 2019 wieder zurück (LGU 3 + Anlage R 03).
Mit seiner am 25. März 2019 bei dem Landgericht eingegangenen und der Beklagten am 10. April 2019 zugestellten Klage hat der Kläger erstinstanzlich zuletzt folgende Anträge gestellt:
10 
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei Schadenersatz zu bezahlen für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei das Fahrzeug V. S 2.0 TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer ...), dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr.
11 
Hilfsweise:
12 
Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei Schadenersatz zu leisten für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei in den Motor, Typ EA 189, des Fahrzeugs V. S 2.0 TDI: Fahrzeugidentifikationsnummer ... eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandssituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickstoffemissionswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt.
13 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Kosten der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei in Höhe von 2.791,74 EUR freizustellen.
14 
Hilfsanträge:
15 
1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei 46.575,01 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2018 zu bezahlen Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs V. S 2.0 TDI: FIN ....
16 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei Schadenersatz zu. bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei das Fahrzeug V. S 2.0 TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer), dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr.
17 
Hilfsweise:
18 
Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei Schadenersatz zu leisten für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei in den Motor, Typ EA 189, des Fahrzeugs V. S 2.0 TDI: Fahrzeugidentifikationsnummer ... eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandssituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (N0x) entstehen und Stickstoffemissionswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt.
19 
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Klageantrag Ziffer 1) genannten PKW im Annahmeverzug befindet.
20 
4. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Kosten der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei in Höhe von 1.789,76 EUR freizustellen.
21 
Zur Begründung hat der Kläger ua vorgetragen,
die Entwicklung und das Inverkehrbringen der streitgegenständlichen Software stelle eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung dar. Er – der Kläger – hätte das Fahrzeug bei Kenntnis von dem Einsatz der Software nicht erworben.
22 
Die Beklagte, die ua die Einrede der Verjährung erhoben und eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Klägers in Abrede gestellt hat, hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
24 
Das Landgericht hat festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadenersatz zu leisten für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte in den Motor des erworbenen Fahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandssituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickstoffemissionswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt (Hilfsantrag zu dem Antrag Ziff. 1), und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zwar sei der Hauptfeststellungsantrag Ziff. 1 mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Der insoweit gestellte Hilfsantrag sei indes zulässig und begründet. Die Beklagte habe den Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich geschädigt, indem sie die streitgegenständliche Software entwickelt und in Verkehr gebracht habe. Der klägerische Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten habe der Kläger indes nicht. Es sei nicht dargelegt, dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten konkret im Namen des Klägers gegenüber der Beklagten vorgerichtlich tätig geworden seien. Aus den eingereichten Anlagen ergebe sich dies nicht.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
26 
Hiergegen richten sich die Berufungen des Klägers und der Beklagten.
27 
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens sowohl seinen Antrag Ziff. 1 auf Feststellung weiter, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadenersatz zu bezahlen für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte das erworbene Fahrzeug dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr, als auch seinen Antrag Ziff. 2 auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.791,74 EUR.
28 
Die Beklagte tritt der Berufung des Klägers entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
29 
Mit ihrer eigenen Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Antrag auf (vollständige) Abweisung der Klage weiter.
30 
Der Kläger tritt der Berufung der Beklagten entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
31 
Den von dem Kläger zum 2. März 2021 behaupteten Kilometerstand von 124.802 km hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2021 unstreitig gestellt.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
33 
Während die zulässige Berufung des Klägers unbegründet ist (1.), hat die zulässige Berufung der Beklagten teilweise Erfolg (2.).
34 
1. Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat den Hauptfeststellungsantrag Ziff. 1 (a)) ebenso zutreffend abgewiesen wie den Klageantrag Ziff. 2 auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (b)).
35 
a) Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger mit dem Hauptantrag Ziff. 1 die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte das erworbene Fahrzeug dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr.
36 
aa) Auch bei einer Feststellungsklage muss die Klage den Anforderungen des § 253 ZPO genügen. Insbesondere muss der Klageantrag im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt sein, denn der Umfang der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft müssen feststehen. Der Kläger muss deshalb in seinem Antrag das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, so genau bezeichnen, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft der begehrten Feststellung keinerlei Ungewissheit herrschen kann (vgl. nur BGH, Urteil vom 22. September 1981 – VI ZR 257/80 – juris Rn. 8; Urteil vom 10. Januar 1983 – VIII ZR 231/81 –, juris Rn. 39; Urteil vom 4. Oktober 2000 – VIII ZR 289/99 –, juris Rn. 35). Dazu genügt es, dass der Kläger die rechtsbegründenden Tatsachen näher angibt. Soweit es sich um Schadensersatzansprüche handelt, ist eine bestimmte Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1983 – VIII ZR 231/81 –, juris Rn. 39 mwN). Dies hat der Senat sowohl für eine isolierte Feststellungsklage (vgl. Urteil vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 63 ff.) als auch für einen ergänzend zu einer Leistungsklage bezüglich weiterer Schäden erhobenen Feststellungsantrag entschieden (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2020 – 17 U 742/19 –, juris Rn. 32 f.).
37 
Diesen allgemeinen Maßstäben genügt der Feststellungsantrag Ziff. 1 nicht. Der Antrag umfasst mit seiner Formulierung alle Maßnahmen der Beklagten, mit denen sie, „das Fahrzeug dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr“. Damit werden aber – ohne dass dies abgrenzbar wäre – neben der mit dem Bescheid des KBA vom 15. Oktober 2015 als unzulässig angesehenen Abschalteinrichtung sowohl Maßnahmen erfasst, die von den gesetzlichen Vorschriften gedeckt sind, als auch solche, die möglicherweise unzulässig sind, aber nicht zu einer Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger führen.
38 
(1) Der Antrag umfasst ausdrücklich alle Maßnahmen, die zu einem höheren Abgasausstoß im Straßenverkehr als auf dem Prüfstand führen. Solche Maßnahmen sind indes – jedenfalls teilweise – zulässig und können daher eine Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht begründen.
39 
Die hier anwendbaren Zulassungsvorschriften stellen für die Zulassungsfähigkeit auf die Einhaltung der Grenzwerte auf dem Prüfstand ab (NEFZ) und nicht auf den Straßenverkehr. Die in den Prospekten der Fahrzeughersteller enthaltenen und anhand der in Art. 3 Nr. 6 der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (nachfolgend: VO 692/08) genannten Prüfbedingungen ermittelten Stickoxidwerte (NOx) müssen nicht mit denen im realen Fahrbetrieb auf der Straße übereinstimmen. Die Hersteller dürfen bei der Auslegung der Prüfbedingungen und der Beschaffenheit des auf dem Rollenprüfstand zu testenden Fahrzeugs (erlaubte) Veränderungen in ihrem Sinne vornehmen, die auf der Straße unüblich sind (z.B. zulässige Gewichtsreduktion durch Ausbau der hinteren Sitzbänke, Verwendung lediglich eines Außenspiegels, Lotuslackierung etc.). Dass sie davon Gebrauch machen, ist naheliegend, weil der über Anhang III Ziffer 2 und Ziffer 3 VO 692/08 anwendbare und die Versuchsbedingungen beschreibende Anhang 4a der Regelung Nr. 83 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) - Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Fahrzeuge hinsichtlich der Emission von Schadstoffen aus dem Motor entsprechend den Kraftstofferfordernissen des Motors (nachfolgend: UN Nr. 83) lediglich vorsieht, dass das zu testende Fahrzeug in gutem technischem Zustand vorzuführen ist, eingefahren sein und vor der Prüfung mindestens 3.000 km zurückgelegt haben muss (Ziffer 3.2.1). Darüber hinausgehende Vorgaben zum Testfahrzeug werden nicht gemacht. Schließlich erlaubt Ziffer 6.2.3 sogar die Erhöhung des Reifendrucks um bis zu 50 % im Vergleich zum vom Hersteller empfohlenen Druck (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Dezember 2018 – 17 U 4/18 –, juris Rn. 14).
40 
(2) Darüber hinaus ist die erforderliche Abgrenzung von die Haftung der Beklagten begründenden von etwaigen anderen unzulässigen Maßnahmen zur Bestimmung der Grenzen der Rechtskraft nicht möglich. Denn es würden auch Maßnahmen erfasst, die zwar – unterstellt – möglicherweise unzulässig sind, aber für die die Beklagte dem Kläger nicht haftet, da die Voraussetzungen für eine nur in Betracht kommende deliktische Haftung nicht erfüllt wären. Dies wäre beispielsweise für fahrlässig verursachte technische Fehler in der Motorsteuerung oder möglicherweise – abhängig von den Umständen – das sog. Thermofenster denkbar.
41 
bb) Eine abweichende Auslegung in das nach den obigen Maßstäben bestimmt genug bezeichnete Begehren (beispielsweise dahingehend, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Installation derjenigen Software in der Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren, bei der es sich nach Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes gemäß Bescheid vom 15. Oktober 2015 um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt; vgl. hierzu Senat, Urteil vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 65 ff., rk nach Zurückweisung der NZB: BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – VIII ZR236/19 –, nv), ist nicht möglich. Zwar wäre die nähere Bezeichnung der beanstandeten Maßnahme dem Kläger auch als technischem Laien möglich und zumutbar, wie sich bereits aus dem Eventualantrag zu dem Feststellungsantrag Ziff. 1 ergibt, sie ist aber nicht gewollt. Dies folgt bereits daraus, dass das Landgericht diesem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag stattgegeben hat und der Kläger mit seiner Berufung (trotzdem) gegen die Abweisung des Hauptfeststellungsantrags Ziff. 1 vorgeht. Gegen den Willen der klagenden Partei kann das Gericht indes einen Antrag nicht auslegen, auch wenn dessen Wortlaut dies zulässt und es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspräche.
42 
b) Soweit der Kläger mit seiner Berufung seinen Klageantrag Ziff. 2 auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.791,74 EUR weiterverfolgt, hat er keinen Erfolg, da ihm ein solcher Anspruch nicht zusteht.
43 
Der Kläger hat in Bezug auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten im ersten Rechtszug vorgetragen, er hätte seine Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich mit der Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber der Beklagten beauftragt und seine Ansprüche seien außergerichtlich durch die Prozessbevollmächtigten auch geltend gemacht worden, die Beklagte habe jedoch jegliche Ansprüche zurückgewiesen (vgl. Klageschrift, dort S. 23 = I 47; Replik, dort S. 155 = I 579). In der Berufungsinstanz räumt er ein, dass seine Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich nicht gegenüber der Beklagten tätig geworden sind, meint indes, dass dies für die Entstehung der Gebühr für die außergerichtliche Tätigkeit nicht erforderlich sei (Berufungsbegründung, dort S. 7 = II 31). Mit diesem Einwand hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
44 
aa) Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, ist eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats. Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2019 – III ZR 205/17 –, juris Rn. 43).
45 
bb) Nach diesen allgemeinen Maßstäben sind die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ohne ein Tätigwerden gegenüber der Beklagten nicht ersatzfähig. Zwar behauptet der Kläger in der Berufungsinstanz (erstmals), ein gesonderter Klageauftrag habe im Zeitpunkt der außergerichtlichen Tätigkeit der klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht vorgelegen (Berufungsbegründung, dort S. 7 = II 31). Zu Gunsten des Klägers mag unterstellt werden, dass damit behauptet werden soll, der Auftrag habe sich auf die außergerichtliche Tätigkeit der klägerischen Prozessbevollmächtigten beschränkt. Indes genügt der pauschale Vortrag, seine Prozessbevollmächtigten hätten „den Sachverhalt, so wie er in der Klageschrift dargestellt ist, im Rahmen des außergerichtlichen Mandats ermittelt“ (Berufungsbegründung, dort S. 7 = II 31), nicht zur Darlegung einer gebührenauslösenden außergerichtlichen Tätigkeit der klägerischen Prozessbevollmächtigten (so bereits Senat, Beschluss vom 1. Dezember 2020 – 17 U 1310/19 –, nv in einem ebenfalls von den hiesigen klägerischen Prozessbevollmächtigten geführten Verfahren). Es ist nämlich nicht ersichtlich, welche Tatsachen die klägerischen Prozessbevollmächtigten, die senatsbekannt bereits vor März 2019 den Motor EA 189 betreffende Klagen gegen die Beklagte eingereicht hatten, (erstmals) außergerichtlich vor Erstellung der am 25. März 2019 eingereichten hiesigen Klageschrift ermittelt haben wollen.
46 
2. Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Sie hat Erfolg, soweit sie sich gegen die durch das Landgericht ausgesprochene Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht wendet. Indes hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 23.324,39 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs. Die von dem Kläger darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche stehen ihm nicht zu, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
47 
Entgegen der Ansicht des Klägers und des Landgerichts ist der zu dem Klageantrag Ziff. 1 gestellte Hilfsfeststellungsantrag unzulässig (a)). Die in Bezug auf diesen Feststellungsantrag gestellten Hilfsanträge sind teilweise unzulässig und – soweit sie zulässig sind – teilweise begründet (b).
48 
a) Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger mit dem ihm von dem Landgericht zuerkannten Antrag die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte in den Motor des erworbenen Fahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandssituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickstoffemissionswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt. Zwar ist der so formulierte Antrag nach den oben (unter Ziff. II.1.a) aa)) dargelegten Maßstäben hinreichend bestimmt iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Indes ist der Feststellungsantrag mangels Vorliegens des gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig.
49 
aa) Das Feststellungsinteresse als besondere Ausformung des Rechtsschutzinteresses ist das schutzwürdige Interesse des Klägers an baldiger Feststellung. Soweit dem Kläger ein einfacherer oder zumindest gleich effektiver Weg zur Erreichung seines Rechtsschutzziels zur Verfügung steht, entfällt das Feststellungsinteresse. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es dem Kläger möglich und zumutbar ist, eine sein Rechtsschutzziel erschöpfende Klage auf Leistung zu erheben. Denn durch diese könnte er im Sinn einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären. Die auf Feststellung des Anspruchs gerichtete Klage ist dann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzulässig (vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15 –, juris Rn. 14 mwN; Versäumnisurteil vom 2. März 2012 – V ZR 159/11 –, juris Rn. 14 mwN).
50 
Allerdings ist ein Kläger grundsätzlich nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Denn es besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Dementsprechend kann ein Kläger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. März 1983 – VIII ZR 3/82 –, juris Rn. 27 mwN; Urteil vom 19. April 2016 – VI ZR 506/14 –, juris Rn. 6 mwN).
51 
Befürchtet ein Kläger den Eintritt eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden reinen Vermögensschadens, hängt die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ab (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92 –, juris Rn. 77 mwN; Urteil vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03 –, juris Rn. 27 mwN; Urteil vom 10. Juli 2014 – IX ZR 197/12 –, juris Rn. 11 mwN). In diesen Fällen ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann. Dagegen besteht ein Feststellungsinteresse für einen künftigen Anspruch auf Ersatz eines allgemeinen Vermögensschadens regelmäßig dann nicht, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Juli 2014, aaO mwN).
52 
bb) Nach diesen allgemeinen Maßstäben, denen sich der Senat anschließt, scheitert die Zulässigkeit des Feststellungsantrags am fehlenden Feststellungsinteresse. Da der von dem Kläger geltend gemachte Schaden aus §§ 826, 249 BGB in der Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit zu sehen ist, steht ihm ein bezifferbarer Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrages zu. Das heißt, er kann Ausgleich der für diesen Vertrag getätigten Aufwendungen gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten verlangen, was er mit seinem Hilfsantrag Ziff. 1 auch tut.
53 
Der Vortrag des Klägers zu angeblich zu erwartenden (weiteren) Schäden rechtfertigt nicht die Annahme des notwendigen Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO. Soweit der Senat dies in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit anders gesehen hat (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 72 ff.; Urteil vom 21. Januar 2020 – 17 U 2/19 –, juris Rn. 97 ff.), hält er hieran – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung erörtert (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2021, dort S. 3 = II 166) – nicht fest (siehe dazu bereits Senat, Urteil vom 15. Dezember 2020 – 17 U 742/19 –, juris Rn. 35 ff.; Urteil vom 16. Februar 2021 – 17 U 579/19 –, juris Rn. 41 ff.). Denn welche weiteren – ersatzfähigen – Schäden der insoweit darlegungsbelastete (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 –, juris Rn. 29 mwN) Kläger aus dem Fahrzeugerwerb befürchtet, dass solche Schäden im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Berufungsverhandlung wahrscheinlich sind oder im Zeitpunkt der Einreichung der Klage wahrscheinlich waren und ob auch insoweit die materiellen Haftungsvoraussetzungen des § 826 BGB (oder einer anderen Anspruchsgrundlage) erfüllt wären, lässt sich dem Klägervortrag (vgl. Klageschrift, dort S. 22 f. und S. 35 f. = I 45 f. und 71 ff.; Replik, dort S. 3 ff. und S. 50 ff. = I 275 ff. und I 369 ff.; Berufungsbegründung, dort S. 2 ff. = II 26 ff.) trotz Hinweises in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht entnehmen.
54 
(1) Einen Anspruch auf Ersatz von Inspektions- und Wartungskosten einschließlich Verbrauchsmaterialien (Schmierstoffe, Filter etc.) sowie Kleinreparaturen hat der Kläger nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 24).
55 
(2) Soweit der Kläger zur Begründung des Feststellungsinteresses auf Steuernachforderungen abstellt, sind solche Forderungen nicht wahrscheinlich. Dem (speziell für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche der Erwerber von Kraftfahrzeugen mit dem Motor EA 189, die auf die Überschreitung von angegebenen Abgasgrenzwerten gestützt werden, in den nordbadischen Landgerichtsbezirken zuständigen, mit Hunderten vergleichbarer Fälle betrauten) erkennenden Senat ist kein Fall bekannt geworden, in dem ein Erwerber eines mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs nachträglich mit einer höheren Kfz-Steuer belastet worden ist.
56 
(3) Da sich der Kläger ausweislich seiner bereits erstinstanzlich gestellten Hilfsanträge entschieden hat, von der Beklagten nicht den Ersatz eines etwaigen Minderschadens (sog. „kleiner Schadensersatz“) zu verlangen, sondern die Rückabwicklung des Kaufvertrages, kann das erforderliche Feststellungsinteresse nicht damit begründet werden, es sei insoweit noch keine abschließende Entscheidung gefallen.
57 
(4) Vor dem Hintergrund, dass der Kläger das von dem KBA freigegebene Softwareupdate bereits vor Klageerhebung hat durchführen lassen, kann das erforderliche Feststellungsinteresse nicht mit zu erwartenden Kosten im Zusammenhang mit einer befürchteten Stilllegung des Fahrzeugs durch die Zulassungsbehörde wegen der ursprünglich installierten unzulässigen Abgassteuerungssoftware begründet werden.
58 
Dasselbe gilt, soweit der Kläger behauptet, mit dem Aufspielen des Softwareupdates sei erneut eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert worden, weshalb (erneut) die Stilllegung des Fahrzeugs drohe. Ein solches Vorgehen der Zulassungsbehörden ist nicht wahrscheinlich, nachdem das KBA das für das hier in Streit stehende Fahrzeug entwickelte Softwareupdate nach Prüfung desselben nicht nur zur Installation freigegeben, sondern mit Schreiben vom 3. November 2016 (Anlage B 1) sogar ausdrücklich bescheinigt hat, dass die vorhandenen Abschalteinrichtungen zulässig sind.
59 
(5) Mit seinen pauschalen, weder auf sein Fahrzeug noch auf Fahrzeuge des erworbenen Typs S bezogenen Ausführungen zu angeblich negativen Auswirkungen des Softwareupdates trägt der Kläger nicht substantiiert vor, dass ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist.
60 
(6) Die grundsätzlich vorrangige Leistungsklage tritt vorliegend nicht deshalb ausnahmsweise hinter der Feststellungsklage zurück, weil die Beklagte die Erwartung rechtfertigte, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 256 Rn. 8 mwN). Denn zwischen den Parteien war von Anfang an nicht nur die Haftung der Beklagten dem Grunde nach streitig. Vielmehr sind sie sich – nach wie vor – uneinig darüber, ob und – falls ja – in welcher Höhe der Kläger im Rahmen der Rückabwicklung nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung eine Nutzungsentschädigung zu leisten habe. Damit führte ein dem klägerischen Feststellungsantrag rechtskräftig stattgebendes Urteil zu keiner endgültigen Klärung des Streitstoffs zwischen den Parteien.
61 
(7) Mangels Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann das erforderliche Feststellungsinteresse auch nicht mit Rücksicht auf eine drohende Verjährung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – VII ZR 187/08 –, juris Rn. 13 mwN) begründet werden.
62 
b) Die in Bezug auf diesen Feststellungsantrag gestellten Hilfsanträge, über die nach Eintreten der zulässig gesetzten innerprozessualen Bedingung (Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der beiden Hauptfeststellungsanträge Ziff. 1, vgl. Protokoll der mündlichen Berufungshandlung, dort S. 2 = II 166) zu entscheiden ist, sind teilweise unzulässig und – soweit sie zulässig sind – teilweise begründet.
63 
Dem Landgericht ist nämlich darin Recht zu geben, dass der Kläger gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 analog BGB dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch in Bezug auf die Schäden hat, die aus der Installation der die Betriebsmodi konfigurierenden Software in die Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren (aa)). Ferner ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt sind (bb)). Allerdings stehen dem Kläger die geltend gemachten Hilfsansprüche nur teilweise zu.
64 
Als Rechtsfolge des § 826 BGB kann der Kläger von der Beklagten die Schäden ersetzt verlangen, die aus der Installation der die Betriebsmodi konfigurierenden Software in die Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren. Der Inhalt der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Da der Schaden des Klägers in der Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit zu sehen ist, ist er im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, als hätte er den Kaufvertrag über das hier in Streit stehende Fahrzeug nicht geschlossen. Damit steht ihm ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrages zu, das heißt, er kann Ausgleich der für diesen Vertrag getätigten Aufwendungen gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 402/02 –, juris Rn. 41; Urteil vom 28. Oktober 2014 – VI ZR 15/14 –, juris Rn. 28).
65 
Nach diesen allgemeinen Grundsätzen hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des an die Verkäuferin gezahlten Kaufpreises abzüglich einer unter Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km zu errechnenden Nutzungsentschädigung, so dass ihm in der Hauptsache ein Zahlungsanspruch in Höhe von 23.324,39 EUR (cc)) zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen zusteht (dd)). Einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs (ee)) hat der Kläger hingegen ebenso wenig wie einen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren Schäden zu ersetzen (ff)). Auch der für den Fall der Unzulässigkeit des letztgenannten Feststellungsantrags gestellte eingeschränkte Hilfsantrag hat keinen Erfolg (gg)). Einen Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten (Hilfsantrag Ziff. 4) hat er – wie bereits oben dargelegt – nicht.
66 
aa) Der Kläger hat gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 analog BGB einen Schadensersatzanspruch in Bezug auf die Schäden, die aus der Installation der die Betriebsmodi konfigurierenden Software in die Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren (so bereits Senat, Urteile vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 83 ff. und vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 29 ff.; zuletzt: Urteile vom 10. November 2020 – 17 U 635/19 –, juris Rn. 36 ff., vom 15. Dezember 2020 – 17 U 815/19 –, juris Rn. 40 ff. und vom 16. Februar 2021 – 17 U 579/19 –, juris Rn. 55; so auch BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 12 ff.; Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 –, juris Rn. 11 ff.). Einwendungen gegen die Haftung dem Grunde nach entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erhebt die Beklagte in diesem Fall nicht mehr (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2021, S. 2 = II 166).
67 
bb) Die klägerischen Ansprüche sind nicht verjährt.
68 
Bei den geltend gemachten deliktischen Schadensersatzansprüchen beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB drei Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
69 
Ob der Kläger – wie von der Beklagten erstinstanzlich behauptet (Schriftsatz vom 5. August 2019, dort S. 2 ff. = I 597 ff. und Schriftsatz vom 6. September 2019, dort S. 5 ff. = I 669 ff.) – bereits im Jahr 2015 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hatte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn die Verjährungsfrist am Schluss des Jahres 2015 zu laufen begonnen hätte, ist der Ablauf der Verjährungsfrist jedenfalls zunächst gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 a BGB durch die Anmeldung des Klägers zum Klageregister der Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig – 4 MK 1/18 – am 18. Dezember 2018 ((1)) und sodann in unverjährter Zeit – am 25. März 2019 – gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Klageerhebung ((2)) gehemmt worden. Der Kläger verhält sich nicht rechtsmissbräuchlich, weil er sich auf die verjährungshemmende Wirkung seiner Anmeldung zum Klageregister der o.g. Musterfeststellungsklage beruft ((3)).
70 
(1) Die Verjährung wurde durch die Anmeldung des Klägers zum Klageregister der Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig – 4 MK 1/18 – gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 a BGB gehemmt. Die Verjährungshemmung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 a BGB endete (erst) am 25. September 2019.
71 
(a) Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 a BGB wird die Verjährung durch die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, gehemmt, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage.
72 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Ausweislich der öffentlich auf der Webseite des Bundesamtes für Justiz einsehbaren und damit gerichtsbekannten Informationen zum Verfahrensstand (https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/Klageregister/Klagen/201802/KlagRE_2_2018_node.html) lagen der Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig – 4 MK 1/18 – dieselben Feststellungsziele wie der vorliegenden Klage zugrunde, nämlich eine sittenwidrige Schädigung der Beklagten durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeuges, das mit dem Motor EA 189 und einer vom Kraftfahrtbundesamt durch Bescheid vom 15. Oktober 2015 beanstandeten, unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Zum anderen hat sich der Kläger der Musterfeststellungsklage am 18. Dezember 2018 angeschlossen. Damit wurde der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt.
73 
(b) Die Hemmung der Verjährung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB sechs Monate nach der durch den Kläger am 25. März 2019 erfolgten Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister und damit mit Ablauf des 25. September 2019.
74 
(2) Vor Ablauf der Verjährungshemmung wurde die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die am 25. März 2019 erfolgte Klageeinreichung erneut gehemmt, nachdem der Beklagten die Klageschrift am 10. April 2019 – und damit „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO – zugestellt wurde.
75 
(3) Auch wenn der Kläger seine Anmeldung zum Klageregister der o.g. Musterfeststellungsklage am 25. März 2019 zurückgenommen hat, stellt es sich nicht gemäß § 242 BGB als rechtsmissbräuchlich dar, dass er sich auf die verjährungshemmende Wirkung der am 18. Dezember 2018 erfolgten Anmeldung zum Klageregister beruft (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Januar 2021 – 13 U 232/20 –, juris Rn. 78 ff. in einem vergleichbaren Fall).
76 
(a) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 18 und XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 43, jeweils mwN). Eine solche Beschränkung eines Rechts kann sich unter anderem im Falle einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ergeben (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1983 – II ZR 87/83, BGHZ 88, 320, 328, vom 12. März 1984 – II ZR 198/82, BGHZ 90, 287, 292, vom 16. März 1987 – II ZR 127/86, BGHZ 101, 84, 91, vom 18. Mai 1988 – IVa ZR 59/87, WM 1988, 1199, 1201, vom 10. November 1998 – XI ZR 370/97, BGHZ 140, 49, 51 f. und vom 10. Oktober 2000 – XI ZR 344/99, BGHZ 145, 286, 291). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind. Diese Bewertung stellt grundsätzlich eine Einzelfallentscheidung dar und ist Sache des Tatrichters (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, juris Rn. 28).
77 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Verjährung eine formale Regelung enthalten, die im Interesse der Rechtssicherheit aufgestellt worden ist. Ihre Auslegung muss sich daher grundsätzlich eng an den Wortlaut des Gesetzes anlehnen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 – VI ZR 306/92 –, juris Rn. 18 mwN). Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchstatbestandes bleibt deshalb nur ein sehr enger Anwendungsspielraum, so dass es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beispielsweise grundsätzlich legitim ist und im Regelfall auch keinen Rechtsmissbrauch begründet, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (BGH, Urteil vom 25. Mai 2016 – IV ZR 211/15 –, juris; BGH, Urteile vom 28. Oktober 2015 – IV ZR 405/14 – und – IV ZR 526/14 –, jeweils juris).
78 
(b) Nach diesen allgemeinen Grundsätzen ist das Berufen des Klägers auf die verjährungshemmende Wirkung der am 18. Dezember 2018 erfolgten Anmeldung zum Klageregister nicht gemäß § 242 BGB als rechtsmissbräuchlich zu bewerten, auch wenn er seine Anmeldung zum Klageregister der o.g. Musterfeststellungsklage am 25. März 2019 zurückgenommen hat.
79 
Ziel des Gesetzes zur Einführung der Musterfeststellungsklage war es, den betroffenen Verbrauchern einen einfachen Weg der kollektiven Rechtsverfolgung zu eröffnen, in dem sie ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei mit verjährungshemmender Wirkung und ohne Anwaltszwang zu einem Klageregister anmelden können (BT-Drucks. 19/2507, S. 24). Dabei hat der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeit der Abmeldung vom Klageregister einer Musterfeststellungsklage und der Geltendmachung der Ansprüche der Klagepartei im Wege der Individualklage bis zu dem in § 608 Abs. 3 ZPO geregelten Zeitpunkt geschaffen und für diesen Fall eine nachlaufende Verjährungshemmung von sechsmonatiger Dauer vorgesehen (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Damit ist dem Verbraucher ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet worden, seine Entscheidung, in welcher Weise Rechtsschutz gesucht wird, zu ändern und grundsätzlich gleichwohl für einen gewissen Zeitraum von der durch die Anmeldung zum Klageregister bewirkten Verjährungshemmung nachlaufend zu profitieren.
80 
Liegt der Zweck des Gesetzes aber (auch) in der Schaffung einer einfachen Möglichkeit zur Verjährungshemmung, so stellt es sich grundsätzlich nicht als rechtsmissbräuchlich dar, wenn eine Anmeldung eines Geschädigten zum Klageregister ausschließlich zu diesem Zweck erfolgt ist (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Januar 2021 – 13 U 232/20 –, juris Rn. 91 mwN), auch wenn der Geschädigte von Anfang an nicht vorgehabt haben sollte, an dem Musterfeststellungsverfahren vollständig teilzunehmen.
81 
Unabhängig davon liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger von Anfang an nicht beabsichtigt hat, das Musterfeststellungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig durchzuführen. Zwischen der Anmeldung des Klägers im Dezember 2018 und der Rücknahme im März 2019 lagen über drei Monate. Aus diesem Umstand allein kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Kläger von vornherein die Absicht hatte, an dem Musterfeststellungsverfahren nicht vollständig teilzunehmen. Auch der weitere Umstand, dass die sich auf die Vertretung von Klägern mit einem EA-189-Fahrzeug spezialisierte hiesige Rechtsanwaltskanzlei des Klägers viele An- und Abmeldungen gebündelt vorgenommen haben mag, rechtfertigt nicht die Annahme, schon bei der Anmeldung zum Klageregister der Musterfeststellungsklage habe der Kläger beabsichtigt, an dem Musterfeststellungsverfahren nicht vollständig teilzunehmen und die Anmeldung ausschließlich zur Verjährungshemmung zu „missbrauchen“.
82 
Sonstige Umstände, die die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers begründen könnten, zeigt die Beklagte nicht auf; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
83 
cc) Der Kläger hat gegen die Beklagte – wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. nur zuletzt Urteile vom 10. November 2020 – 17 U 635/19 –, juris Rn. 76 ff., vom 15. Dezember 2020 – 17 U 815/19 –, juris Rn. 78 ff. und vom 16. Februar 2021 – 17 U 579/19 –, juris Rn. 56) – einen Anspruch auf Erstattung des an die Verkäuferin gezahlten Kaufpreises (hier 46.575,01 EUR) abzüglich einer unter Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km ((2)) zu errechnenden Nutzungsentschädigung ((1)), so dass ihm in der Hauptsache ein Zahlungsanspruch in Höhe von 23.324,39 EUR ((3)) zusteht.
84 
(1) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass sich der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungsvorteile – während der gesamten Dauer des Besitzes – anrechnen lassen muss (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 64 ff.; Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 11). Mit der Vorteilsanrechnung werden weder die Präventionswirkung des Deliktsrechts verfehlt oder das Gebot unionsrechtskonformer Rechtsanwendung verletzt noch die Beklagte unangemessen entlastet oder gesetzliche Wertungen missachtet (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 11 mwN).
85 
(2) Für die Berechnung des Vorteils ist grundsätzlich der objektive Wert der gezogenen Nutzungen maßgeblich (BGH, Urteil vom 31. März 2006 – V ZR 51/05 –, juris Rn. 10). Bei der Eigennutzung beweglicher Sachen wird der Wert von Gebrauchsvorteilen grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Werts der Sache bzw. des vereinbarten Kaufpreises (vgl. BGH, aaO, Rn. 12 mwN). Bei der hier vorzunehmenden Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw ist die für jeden gefahrenen Kilometer zu zahlende Nutzungsentschädigung daher in der Weise zu ermitteln, dass der vereinbarte (Brutto-)Kaufpreis durch die voraussichtliche Restlaufleistung des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer geteilt wird, wobei grundsätzlich von einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km auszugehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 – VIII ZR 196/14 –, juris Rn. 3; Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 99 ff.; Urteil vom 21. Januar 2020 – 17 U 2/19 –, juris Rn. 74 ff.; zuletzt: Urteil vom 10. November 2020 – 17 U 635/19 –, juris Rn. 78 f; Urteil vom 15. Dezember 2020 – 17 U 815/19 –, juris Rn. 81 ff.; Urteil vom 16. Februar 2021 – 17 U 579/19 –, juris Rn. 58; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 15).
86 
Durchgreifende Gründe, von diesem Grundsatz abzuweichen, zeigt der Kläger nicht auf. Auf die Frage, ob einzelne Fahrzeuge desselben oder eines anderen von der Beklagten oder einem anderen Hersteller gebauten Fahrzeugtyps tatsächlich eine höhere Gesamtlaufleistung erreicht haben, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da die gewöhnliche – dh durchschnittliche – Nutzungsdauer die relevante Rechnungsgrundlage zur Bemessung gezogener Gebrauchsvorteile ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 80 und 83). Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Fahrleistung, die ein Fahrzeug in seiner Lebensdauer zurücklegen kann, von verschiedenen Faktoren – wie der Lebensdauer des Motors und anderer Bauteile sowie dem Nutzungsverhalten des Fahrers – abhängig ist. Diese durchschnittliche Nutzungsdauer kann der Senat ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens schätzen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Hersteller in einem internen Bauteil-Lastenheft eine höhere Gesamtlaufleistung des Motors EA 189 vorgesehen haben mag, da diese durchaus möglich ist.
87 
(3) Vor diesem Hintergrund beläuft sich die anzurechnende Nutzungsentschädigung zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Berufungsverhandlung auf 23.250,62 EUR (= 46.575,01 EUR [= Kaufpreis] x 124.802 von dem Kläger gefahrene km : 250.000 km [= zu erwartende Rest-Gesamtlaufleistung im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger]), so dass dem Kläger ein Zahlungsanspruch in Höhe von 23.324,39 EUR (= 46.575,01 EUR abzüglich 23.250,62 EUR) zusteht.
88 
dd) Dem Kläger stehen Rechtshängigkeitszinsen vom 11. April 2019 (Tag nach Rechtshängigkeit) bis 13. August 2019 (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) aus dem Betrag zu, der der Differenz aus dem Kaufpreis und dem am 11. April 2019 im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnenden Nutzungsersatzanspruch entspricht, und sich täglich linear verringert, sowie weitere Rechtshängigkeitszinsen aus den entsprechenden Beträgen für die Zeit vom 14. August 2019 bis 2. März 2021 (Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz) sowie weitere Zinsen in gleicher Höhe aus 23.324,39 EUR seit 3. März 2021.
89 
(1) Die für die Zeit vor Rechtshängigkeit geltend gemachten Verzugszinsen stehen dem Kläger nicht zu. Die Beklagte befand sich vorgerichtlich nicht in Schuldnerverzug (§ 286 BGB).
90 
Durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde die Beklagte vorgerichtlich nicht durch eine Mahnung in Verzug gesetzt, nachdem der Kläger in der Berufungsinstanz eingeräumt hat, dass seine Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich nicht gegenüber der Beklagten tätig geworden sind. Dass er die Beklagte selbst vorgerichtlich durch eine Mahnung in Verzug gesetzt hätte, trägt der Kläger nicht vor.
91 
(2) Ein Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins steht dem Kläger gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem auf den ersten Tag der Rechtshängigkeit des Hilfsantrages folgenden Tag (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 – VIII ZR 296/88 –, juris Rn. 25) – und somit ab 11. April 2019 – zu.
92 
(3) Indes sind die Rechtshängigkeitszinsen nicht nur aus dem zuzusprechenden Erstattungsbetrag von 23.324,39 EUR zu zahlen. In Ermangelung anderweitigen Vortrags ist nämlich davon auszugehen, dass der Kläger seine Gesamtfahrleistung mit dem erworbenen Fahrzeug grundsätzlich gleichmäßig erbracht hat. Gegenteiliges machen die Parteien nicht geltend. Die auf den Kaufpreiserstattungsanspruch anzurechnenden Nutzungsvorteile wurden mithin zum Teil erst zwischen dem Eintritt der Rechtshängigkeit und dem Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung erlangt. Demnach lag der nach § 291 BGB zu verzinsende Betrag bei Eintritt der Rechtshängigkeit höher als der zuzusprechende Erstattungsbetrag und hat sich dann sukzessive auf diesen letztlich zuzuerkennenden Betrag ermäßigt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 –, juris Rn. 38; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2020 – 17 U 815/19 –, juris Rn. 98).
93 
Im Rahmen der Verzinsung sind Wertschwankungen oder – wie hier – -reduzierungen regelmäßig taggenau zu berücksichtigen. Da der bei Eintritt der Rechtshängigkeit zu verzinsende Betrag der Differenz aus dem Kaufpreis und dem zu diesem Zeitpunkt im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnenden Nutzungsersatzanspruch entspricht, ergibt sich die folgende Berechnungsmethode (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 2020 – 17 U 815/19 –, juris Rn. 98 mwN), um den Zinsschaden im Rahmen des § 287 ZPO zu bemessen:
94 
Der Kläger ist an den 1.632 Tagen zwischen Übergabe des Fahrzeugs am 23. Februar 2015 und dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 13. August 2019 insgesamt 94.515 km – und damit täglich durchschnittlich rund 57,91 km – gefahren. Ausgehend hiervon schätzt der Senat die Fahrleistung des Klägers bis zum 10. April 2019 auf 87.276 km (= 94.515 km - 125 Tage x 57,91 km). Unter Zugrundelegung der o.g. Berechnungsformel errechnet sich hiernach eine damals geschuldete Nutzungsentschädigung von 16.259,52 EUR (Kaufpreis 46.575,01 EUR x 87.276 km : Gesamtlaufleistung von 250.000 km), so dass sich nach Abzug vom Kaufpreis ein Betrag von 30.315,49 EUR ergibt. Dieser ermäßigte sich durch die weitere Nutzung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (13. August 2019) unter Zugrundelegung der o.g. Berechnungsformel und eines damaligen Kilometerstandes von 94.515 linear auf 28.966,86 EUR (46.575,01 EUR Kaufpreis – 17.608,15 EUR Nutzungsentschädigung) und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz (2. März 2021) linear auf 23.324,39 EUR.
95 
ee) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des hier in Streit stehenden Fahrzeuges in Verzug befindet (Hilfsantrag Ziff. 3). Denn die Beklagte befindet sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz nach §§ 293 ff. BGB nicht mit der Annahme des Fahrzeuges in Verzug.
96 
Der Kläger hat die von ihm zu erbringende Gegenleistung – nämlich die Übergabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs – zunächst nicht gemäß § 294 BGB so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten. Soweit nach § 295 Satz 1 BGB ein wörtliches Angebot ausreicht, um den Annahmeverzug herbeizuführen, wenn der Gläubiger bestimmt und eindeutig erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor.
97 
Zwar ist in einem auf Zug-um-Zug-Leistung gerichteten Antrag grundsätzlich ein ausreichendes wörtliches Angebot zu sehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. November 1996 – V ZR 292/95 –, juris Rn. 10). Indes hat der Kläger den Hilfsantrag Ziff. 3 lediglich für den Fall gestellt, dass der Senat den Hauptfeststellungsantrag Ziff. 1 für unzulässig erachtet. Ein unter einer Bedingung gestelltes Angebot begründet keinen Annahmeverzug.
98 
Unabhängig davon knüpft der Kläger die von ihm zu erbringenden Gegenleistungen an unberechtigte Bedingungen, was der Annahme von Annahmeverzug entgegensteht. Denn er ist nach wie vor der unzutreffenden Ansicht, keine Nutzungsentschädigung zu schulden. Das an die Erfüllung dieser überhöhten Forderungen geknüpfte Rückgabeangebot des Klägers war mithin zur Begründung von Annahmeverzug auf Seiten der Beklagten nicht geeignet (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 275/04 –, juris Rn. 30).
99 
ff) Einen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren, von dem Hilfsklageantrag Ziff. 1 nicht umfassten Schäden zu ersetzen (Hilfsantrag Ziff. 2), hat der Kläger nicht. Denn der Feststellungsantrag ist unzulässig. Der Antrag ist in der gestellten Form zu unbestimmt, § 253 Abs. 2 ZPO, und angesichts des entgegenstehenden Willens des Klägers nicht in einem Sinne auszulegen, der den Anforderungen an die Bestimmtheit genügen könnte. Auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. II.1.a)) wird Bezug genommen.
100 
gg) Der für den Fall, dass der Senat den Hilfsfeststellungsantrag Ziff. 2 für unzulässig erachtet, hilfsweise gestellte Antrag, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz zu leisten für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte in den Motor des erworbenen Fahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandssituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickstoffemissionswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt, ist ebenfalls unzulässig. Zwar ist der so formulierte Antrag hinreichend bestimmt iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, indes fehlt es dem Kläger am erforderlichen Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. II.2.a)) wird Bezug genommen.
III.
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
102 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
103 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Das Urteil orientiert sich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

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