Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 2 U 82/19

Tenor

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.02.2019 – 11 O 225/16 – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung sowie der Anschlussberufung wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Störungszustand zu beseitigen, der sich durch das Vorhandensein nachfolgend genannter Fernwärmeversorgungsanlagen in oder auf Grundstücken der Klägerin laut dem Straßenverzeichnis der im erstinstanzlichen Urteil abgedruckten Anlage W 1 ergibt:

-Fernwärmeleitungen (isolierte Rohrleitungen) unterschiedlicher Durchmesser und Druckstufen,

-Haubenkanäle, Tunnel, Rohre und Düker, in denen Fernwärmeleitungen verlegt sind,

-leere Haubenkanäle, Tunnel, Rohre und Düker, die für die spätere Verlegung von Fernwärmeleitungen vorgesehen sind,

-Ventile,

-Umwälzpumpen und Pumpstationen,

-Druckhaltesysteme,

-Wärmetauscher,

-Wärmespeicher, soweit diese als sog. Netzpuffer dem Fernwärmetransportsystem in S zuzuordnen sind,

-Datenleitungen,

-Fernwirktechnik (Stellmotoren sowie analoge und digitale Steuerungsanlagen),

-Messtechnik (Temperatur- und Druckmessgeräte, Wärmemengenzähler und Durchflussmengenzähler mit den dazugehörigen Datenaufzeichnungs- und Datenverarbeitungseinrichtungen),

-Leck-Ortungssysteme mit den dazugehörigen Messgeräten, Datenleitungen und Datenverarbeitungseinrichtungen,

-Korrosionsschutzsysteme.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Widerklage wird abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Klägerin ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer I.1 der Entscheidungsformel durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 50.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung aus Ziffer II können beide Parteien durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwerte:

Erster Rechtszug

        

bis zur Verbindung der Verfahren 11 O 225/16 und
11 O 245/16 am 10.02.2017 für jedes Verfahren:


jeweils 30.000.000,00 Euro

anschließender Gesamtstreitwert:

30.000.000,00 Euro

                

Zweiter Rechtszug:

30.000.000,00 Euro

Gründe

 
A
Die klagende Stadt S verlangt von dem beklagten Energieversorger die Feststellung des Eigentums am Fernwärmetransportsystem, hilfsweise dessen Übertragung. Widerklagend verlangt die Beklagte den Abschluss einer Vereinbarung über die Gestattung von Wegerechten.
I.
Wegen des Sachverhaltes wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen. Zusammenfassend und ergänzend:
1.
Die Klägerin ist Eigentümerin sämtlicher Wegegrundstücke in S. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann sie, Leitungen zur Nutzung der Abwärme aus Stromerzeugungsanlagen für die Fernwärme zu nutzen. Größere Gebiete wurden ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts durch das Kommunalunternehmen T AG erschlossen.
2.
Im April 1994 schloss die Klägerin mit der T („Gesellschaft“) einen entgeltlichen „Konzessionsvertrag“ (Anlage K 10), der folgende für das Streitverhältnis wesentlichen Bestimmungen enthielt:
„§ 1 Übertragung der Versorgung
(1) Die Stadt überträgt der Gesellschaft die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Fernwärme im Stadtgebiet. Die Stadt wird keinem Dritten ein gleichartiges Recht zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser einräumen.
(2) Bestehende Rechte Dritter bleiben unberührt.
§ 2 Benutzung des öffentlichen Verkehrsraums und anderer Grundstücke der Stadt
(1) Die Stadt räumt der Gesellschaft das – für die öffentliche Versorgung von Letztverbrauchern mit Elektrizität, Gas und Wasser ausschließliche – Recht ein, die im Stadtgebiet gelegenen öffentlichen Straßen, Wege, Plätze, Brücken und anderen öffentlichen Verkehrsraum, über den ihr das Verfügungsrecht zusteht, ober- und unterirdisch für den Bau und den Betrieb von Versorgungsleitungen (§ 8 Abs. 2) zu benutzen. Will ein Dritter Durchgangsleitungen, straßenkreuzende oder ähnliche Leitungen in den öffentlichen Verkehrsraum einlegen, so kann die Stadt dies mit Zustimmung der Gesellschaft gestatten.
(2) ...
10 
§ 3 Anschluß- und Versorgungspflicht
11 
(1) Die Gesellschaft verpflichtet sich, im Rahmen des § 6 EnWG jedermann im Stadtgebiet zu den allgemeinen Bedingungen und allgemeinen Tarifpreisen an die Versorgungsnetze für Elektrizität und Gas anzuschließen und zu versorgen. Entsprechendes gilt auch für die Versorgung mit Wasser und Fernwärme, soweit die hierfür erforderlichen Förder-, Erzeugungs-, Bezugs- und Verteilungsanlagen vorhanden sind...
12 
§ 8 Regel für die Tragung der Kostenlast
13 
(1) Die Gesellschaft trägt die Kosten der Herstellung, Veränderung, Wiederherstellung und Unterhaltung ihrer Versorgungsleitungen, soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist.
14 
(2) Versorgungsleitungen sind alle der Fortleitung von Elektrizität, Gas, Wasser und Fernwärme dienenden Drahtleitungen, Kabel, Rohre und dergleichen sowie die damit in Zusammenhang stehenden Fernmelde- und Signalleitungen. Zu den Versorgungsleitungen gehören auch die zugehörigen Anlagen wie z.B. Masten, Ständer, Schächte und Verteilerkästen. Baurechtlich genehmigungsbedürftige Bauten gehören nicht dazu.
15 
§ 17 Laufzeit
16 
Dieser Vertrag tritt am 01.01.1995 in Kraft und läuft bis 31.12.2013. Er ersetzt den Vertrag zwischen der Stadt und der Gesellschaft vom 19.09.1962 in der Fassung vom 13.09.1983.“
3.
17 
Der gesamte operative Geschäftsbetrieb der T wurde zum 1. Januar 1997 ausgegliedert und auf die neu entstandene N. AG übertragen. Den Übergang des Konzessionsvertrages hielten die Klägerin und die N in einer Nachtragsvereinbarung vom 19.03.1999 fest (Anlage K 10). An der N war die Klägerin mit 42,5 % beteiligt. Mit Wirkung zum 15. Juli 2002 verkaufte die Klägerin diese Anteile an die Beklagte. Am 01. Januar 2003 ist die N in den Konzern der Beklagten eingegliedert worden.
4.
18 
Während der Vertragsdauer hat die Beklagte das Fernwärmenetz weiter ausgebaut, wobei sie von den Anschlussnehmern einen pauschalierten Anschlusskostenbeitrag verlangt hat. Das Fernwärmenetz versorgt auf einer Gesamtlänge von 218 km etwa 18 % des Stadtgebietes mit rund 1.100 Mio. kwH Fernwärme für rund 25.000 Haushalte, ca. 1.300 Unternehmen und 300 öffentliche Gebäude. Die Fernwärmeleitungen befinden sich zum größten Teil in oder auf Wegegrundstücken der Klägerin. Entsprechende beschränkt-persönliche Dienstbarkeiten zugunsten der Beklagten bestehen nicht. Einige Leitungsabschnitte befinden sich auch auf klägerischen Grünanlagen, Schulhöfen, Parkplätzen usw. Anschlussleitungen der Gebäude liegen auf Grundstücken Dritter. Weitere Anlagen wie Umwälzpumpen, Leitzentrale, Wasseraufbereitungen und dergleichen befinden sich auf Grundstücken der Beklagten. Eingespeist wird die Fernwärme im Wesentlichen durch drei Heizkraftwerke, die von der Beklagten betrieben werden.
5.
19 
Im Jahr 2011 gab die Klägerin im Bundesanzeiger und im Europäischen Amtsblatt das Ende des Konzessionsvertrags zum 31.12.2013 bekannt. Verschiedene Unternehmen, unter anderem eine Tochter der Beklagten, bekundeten ihr Interesse am Abschluss eines Konzessionsvertrages für die Fernwärmeversorgung und / oder an der Gründung eines Kooperationsunternehmens mit der Klägerin (Anlage W 4). Im Juli 2012 richtete die Klägerin einen ersten Verfahrensbrief an diese Unternehmen, in dem sie die Absicht äußerte, die Entscheidung für die Vergabe in einem transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren zu treffen, wobei das Ergebnis des Wettbewerbsverfahrens auch eine Rekommunalisierung sein könne (Anlage K 12). Die Klägerin gibt als Ziel an, die Erzeugung von Fernwärme aus Kohle und Erdöl zu verringern und die dezentrale Einspeisung von Wärme anderer Wärmeerzeuger zu ermöglichen. Zwischenzeitlich hat die Klägerin das Verfahren mit der Begründung ausgesetzt, die Beklagte stelle nicht die Informationen zur Verfügung, die die Bieter zur Abgabe von Angeboten benötigten. Im Januar 2016 beschloss der Gemeinderat der Klägerin, die notwendigen Schritte zur Übernahme des Eigentums sowie den Betrieb des Fernwärmenetzes zu unternehmen (Anlagen K 14 und W 5). Seit dem 01.01.2014 setzt die Beklagte die Fernwärmeversorgung zu den bisher geltenden Bedingungen fort.
II.
20 
Mit seinem u.a. in RdE 2019, 254 veröffentlichten Urteil hat das Landgericht die auf Übereignung des in ihrem Gebiet befindlichen Fernwärmetransportsystems und daran anknüpfende Folgeansprüche sowie hilfsweise auf dessen Beseitigung gerichtete Klage abgewiesen.
21 
Ein Anspruch auf Übereignung ergebe sich nicht aus den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung. Eine Regelung über Pflichten des Konzessionsnehmers nach dem Ende der Vertragslaufzeit sei nicht notwendig, um den dem Konzessionsvertrag zugrundeliegenden Regelungsplan zu verwirklichen. Die richterliche Vertragsergänzung dürfe nicht zur Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die ursprünglichen Vertragsparteien in Kenntnis des Umstandes, dass die Klägerin zum Auslaufen des Vertrages nicht mehr über das Fernwärmenetz verfügen könne, eine Endschaftsregelung getroffen hätten, die eine Übertragung des Netzes auf die Klägerin vorsehe. Eine Übertragung des Fernwärmenetzes nach Auslaufen des Vertrages hätte nicht im Interesse der T gelegen, da dies eine Trennung von Erzeugungs- und Verteilungsanlagen zur Folge gehabt hätte.
22 
Der Übereignungsanspruch ergebe sich auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 552 Absatz 1 und § 997 Absatz 2 BGB. Es fehle an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe bewusst davon abgesehen, eine Überlassungspflicht für Fernwärmenetze zu regeln. Ein Anspruch auf Übereignung folge auch nicht aus § 1004 BGB, der seinem Wortlaut nach lediglich einen Beseitigungsanspruch beinhalte.
23 
Die hilfsweise verfolgte Beseitigung des Fernwärmeversorgungssystems könne die Klägerin ebenfalls nicht verlangen, da sie nach § 1004 Absatz 2 BGB die Leitungen in ihren Grundstücken zu dulden habe, weil der Beklagten aus § 19 Absatz 2 Nr. 1, Nr. 4 und § 33 Absatz 1 und 3 GWB ein Anspruch auf Einräumung von Leitungsverlegungsrechten zustehe.
24 
Auf die Widerklage der Beklagten hin hat das Landgericht die Verpflichtung der Klägerin festgestellt, der Beklagten ein Angebot zum Abschluss eines erneuten Gestattungsvertrages zu machen. Die Beklagte könne jedoch keine Laufzeit von zwanzig Jahren verlangen, da die Laufzeit ebenso wie die Konzessionsabgabe zwischen den Vertragsparteien auszuhandeln sei. In der Weigerung der Klägerin, der Beklagten erneut Wegenutzungsrechte für den Betrieb des Fernwärmenetzes zu gewähren, liege eine unbillige Behinderung der Beklagten. Durch die Verweigerung der Wegenutzungsrechte werde der Beklagten deren Betätigung im Bereich des Fernwärmetransports unmöglich gemacht, weil sie für ihre Fernwärmeleitungen auf die Nutzung der öffentlichen Straßen und Wege angewiesen sei. Die Beklagte habe ihre Stellung durch kartellrechtskonformes Verhalten erworben. Nachdem sich der Gesetzgeber bewusst dagegen entschieden habe, eine dem § 46 Absatz 2 EnWG entsprechende Regelung auch für das Fernwärmenetz einzuführen, sei es nicht zulässig, über eine entsprechende Anwendung dieser Norm eine periodische Ausschreibungspflicht zu statuieren. Ferner würde die von der Klägerin begehrte Übereignung des Fernwärmenetzes zu einer Trennung von Fernwärmetransportsystem und Fernwärmeerzeugung führen, die nicht sachgerecht sei.
III.
25 
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich erhobenen Ansprüche weiter und begehrt zusätzlich – vorrangig – die Feststellung, Eigentümerin des Fernwärmenetzes zu sein. Die Einstufung der Versorgungsnetze als Scheinbestandteile der Wegegrundstücke sei praktisch sinnvoll, aber dogmatisch fragwürdig. Mit Auslaufen des Nutzungsrechts entfalle die Eigenschaft als Scheinbestandteil.
26 
Sollte die Klägerin nicht schon als Eigentümerin anzusehen seien, stehe ihr aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Übereignungsanspruch zu. Da die Planungen und Investitionen bei Fernwärmenetzen auf einen längeren Zeitraum als zwanzig Jahre ausgerichtet gewesen seien, sei eine Regelung erforderlich gewesen, was nach dem Auslaufen des Vertrages geschehen solle. Im Jahr 1994 sei man davon ausgegangen, dass es keiner Endschaftsregelung bedürfe, weil die Klägerin ohnehin über den weiteren Fortgang habe entscheiden können. An einer Endschaftsregelung hätte auch die Rechtsvorgängerin der Beklagten Interesse gehabt, um zu vermeiden, die Versorgungseinrichtungen beseitigen zu müssen.
27 
Das Landgericht habe im Ergebnis einen Anspruch der Beklagten auf eine ewige Monopolstellung aus dem Kartellrecht abgeleitet. Die Klägerin strebe eine Entflechtung des Wärmetransports von der Wärmeerzeugung an, was im Rahmen ihrer Gestaltungshoheit liege. Die Beklagte werde schon deshalb nicht diskriminiert, weil die Klägerin auch keinem anderen Unternehmen ein Wegenutzungsrecht für ein Fernwärmeversorgungsnetz eingeräumt habe. Bei der Beurteilung, welche wettbewerblichen Folgen die Einräumung eines Wegenutzungsrechts für ein Fernwärmenetz hat, bestehe kein Unterschied zwischen einem einfachen und einem ausschließlichen Wegenutzungsrecht, da der Betrieb paralleler Leitungen technisch schwierig und wirtschaftlich nicht rentabel sei. Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, dass der Klägerin ein Beseitigungsanspruch zustehe und sie sich im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung bewege.
IV.
28 
Die Klägerin beantragt,
29 
das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.02.2019 (Az.: 11 O 225/19) abzuändern und für Recht zu erkennen:
30 
I. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.01.2014 Eigentümerin des bis zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Beklagten befindlichen Fernwärmetransportsystems in S ist. Dieses Fernwärmetransportsystem besteht aus
31 
1. sämtlichen in den Wegegrundstücken und sonstigen Grundstücken der Klägerin befindlichen Fernwärmeversorgungsanlagen, das heißt
32 
- Fernwärmeleitungen (isolierte Rohrleitungen) unterschiedlicher Durchmesser und Druckstufen,
- Haubenkanälen, Tunneln, Rohren und Dükern, in denen Fernwärmeleitungen verlegt sind,
- leeren Haubenkanälen, Tunneln, Rohren und Dükern, die für die spätere Verlegung von Fernwärmeleitungen vorgesehen sind,
- Ventilen,
- Umwälzpumpen und Pumpstationen,
- Druckhaltesystemen,
- Wärmetauschern,
- Wärmespeichern, soweit diese als sog. Netzpuffer dem Fernwärmetransportsystem in S zuzuordnen sind,
- Datenleitungen,
- Fernwirktechnik (Stellmotoren sowie analoge und digitale Steuerungsanlagen),
- Messtechnik (Temperatur- und Druckmessgeräten, Wärme-mengenzählern und Durchflussmengenzählern mit den da-zugehörigen Datenaufzeichnungs- und Datenverarbeitungs-einrichtungen),
- Leck-Ortungssystemen mit den dazugehörigen Messgeräten, Datenleitungen und Datenverarbeitungseinrichtungen,
- Korrosionsschutzsystemen
33 
2. Fernwärmeversorgungsanlagen der unter 1. aufgeführten Art auf Grundstücken Dritter und
34 
3. Fernwärmeversorgungsanlagen der unter 1. aufgeführten Art auf und in Grundstücken der Beklagten sowie den dort befindlichen
35 
- Wasseraufbereitungsanlagen,
- Wärmespeichern, soweit diese als sog. Netzpuffer dem Wärmetransportsystem in S zugeordnet sind, und
- der Netzleitzentrale für das Fernwärmetransportsystem in S,
36 
aber ohne Wärmeerzeugungsanlagen (Kohle-, Abfall-, Öl- und Gas-Kessel sowie Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nebst Zubehör) und Wärmespeicher, die den Wärmeerzeugungsanlagen zuzuordnen sind,
37 
wobei die Anschlussflansche an den Heizkondensatoren und Wärmetauschern, die der Übertragung der Wärme von den Erzeugungsanlagen auf das Fernwärmenetz dienen, die Eigentumsgrenzen bilden.
38 
II. Hilfsweise zum Antrag unter Ziff. I. beantragt die Klägerin:
39 
Die Beklagte wird verurteilt,
40 
der Klägerin das gesamte im Gebiet der Klägerin befindliche Fernwärmetransportsystem, wie es unter Ziff. I. 1. bis 3 beschrieben ist, zu übereignen, mit der Maßgabe, dass der unmittelbare Besitz auf die Klägerin zu übertragen ist.
41 
III. Darüber hinaus beantragt die Klägerin:
42 
Die Beklagte wird verurteilt,
43 
1. beschränkt persönliche Dienstbarkeiten, die der Sicherung von Nutzungsrechten an Grundstücken Dritter für das Fernwärmetransportsystem im Gebiet der Klägerin dienen, sowie
44 
schuldrechtliche Nutzungsrechte an Grundstücken und Bauwerken Dritter, die der Sicherung von Nutzungsrechten an Grundstücken Dritter für das Fernwärmetransportsystem im Gebiet der Klägerin dienen,
45 
auf die Klägerin zu übertragen, das heißt die für die Übertragung erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen und Willenserklärungen abzugeben;
46 
2. soweit eine Übertragung von Nutzungsrechten an Grundstücken Dritter im Sinne der Ziff. 1 nicht möglich ist, der Klägerin die Nutzungsrechte zur Ausübung zu überlassen;
47 
3. Mitwirkungshandlungen vorzunehmen und Willenserklärungen abzugeben, die erforderlich sind, damit die Klägerin anstelle der Beklagten Vertragspartei von Anschlussverträgen und Anschlussnutzungsverträgen werden kann, soweit diese Verträge Anschlüsse an das Fernwärmetransportsystem im Gebiet der Klägerin betreffen;
48 
4. der Klägerin alle für den Betrieb des Fernwärmetransportsystems in S erforderlichen Unterlagen und Informationen herauszugeben, das heißt
49 
- Netzpläne (soweit vorhanden in digitaler Form)
- Bestandsdokumentationen (technisch und geographisch – soweit vorhanden in digitaler Form)
- funktionelle Dokumentationen (Netzverluste, Dokumentation der Hydraulik und Druckverteilung im Netz, Störungsberichte und -protokolle)
- Prüfungsunterlagen und Zustandsdokumentationen
- Wartungsdokumentationen
- Abnahmeprotokolle
- behördliche Gestattungen
- zu den Anlagen gehörende Unterlagen der Hersteller (technische Beschreibungen, Bedienungs- und Wartungsanleitungen).
50 
IV. Die Verurteilung zur Übereignung des Fernwärmetransportsystems nach Ziff. II. sowie die Verurteilung zur Übertragung von Rechten, zur Vornahme von Mitwirkungshandlungen, zur Überlassung von Rechten zur Ausübung und zur Herausgabe von Informationen nach Ziff. III. erfolgt mit der Maßgabe, dass die Klägerin als Gegenleistung Zug um Zug den objektivierten Ertragswert des zu übereignenden Fernwärmetransportsystems in S an die Beklagte zu zahlen hat.
51 
V. Hilfsweise zu den Anträgen nach Ziff. II., III. und IV.
52 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das gesamte im Gebiet der Klägerin befindliche Fernwärmetransportsystem, bestehend aus den unter Ziff. I. 1. bis 3. aufgeführten Anlagen, zu übereignen, die unter Ziff. III. 1. aufgeführten Rechte auf die Klägerin zu übertragen bzw. der Klägerin gemäß Ziff. III. 2. zur Ausübung zu überlassen, die unter Ziff. III. 3 aufgeführten Willenserklärungen abzugeben und Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, sowie die unter Ziff. III. 4 aufgeführten Unterlagen und Informationen herauszugeben, Zug-um-Zug gegen Zahlung des objektivierten Ertragswertes des zu übertragenden Fernwärmetransportsystems.VI. Es wird festgestellt, dass die Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung der Gegenleistung, die von der Klägerin Zug-um-Zug für die Übereignung des Fernwärmetransportsystems in S an die Beklagte zu zahlen ist, auch als Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung der von der Beklagten nach der Netzübernahme zu zahlenden Netznutzungsentgelte heranzuziehen sind. Das gilt für
53 
1. die bei der Netzentgeltberechnung anzusetzende Abschreibungsbasis (kalkulatorischer Restwert der Anlagegüter),
54 
2. die anzusetzenden Nutzungsdauern der Anlagegüter (Abschreibungszeitraum),
55 
3. die anzuwendende Abschreibungsmethode,
56 
4. anzusetzende kostenmindernde Erlöse (aufzulösende Anschlusskosten, Baukostenzuschüsse und sonstige Ertragszuschüsse),
57 
5. die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung,
58 
6. die kalkulatorische Gewerbesteuer und
59 
7. den anzusetzenden Fremdkapitalzins.
60 
VII. Hilfsweise zu Ziff. I. bis VI:
61 
Die Beklagte wird verurteilt, den Störungszustand zu beseitigen, der sich durch das Vorhandensein der im Berufungsantrag Ziff. I.1 genannten Fernwärmeversorgungsanlagen in oder auf Grundstücken der Klägerin laut dem Straßenverzeichnis der abgedruckten Anlage W 1 ergibt.
62 
VIII. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
63 
IX. Hilfsweise zu I. bis VIII.:
64 
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nicht im Sinne der Anträge der Klägerin zu I. bis VIII. entscheidet, und die Auffassung des Landgerichts teilt, wonach die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten einen „Gestattungsvertrag" für das bestehende Fernwärmenetz in S anzubieten, beantragt die Klägerin, festzustellen, dass
65 
die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung als Eigentümerin von Straßen- und Wegegrundstücken in der Gemarkung S nicht im Sinne des § 19 Absatz 1 i.V.m. Absatz 2 Nr. 1 GWB missbraucht und deshalb auch kein Unterlassungsanspruch der Beklagten nach § 33 Absatz 1, 3 GWB besteht, falls die Klägerin die Einräumung von Nutzungsrechten an ihren Straßen- und Wegegrundstücken für das bestehende Fernwärmenetz der Beklagten in S davon abhängig macht, dass die Beklagte das Angebot für den Abschluss eines Konzessionsvertrages annimmt (sämtliche Regelungen), das die Klägerin der Beklagten mit dem Schriftsatz vom 15.11.2019 unterbreitet hat.
V.
66 
Die Beklagte beantragt
67 
1. die umfassende Zurückweisung der Berufung hinsichtlich aller Haupt- und Hilfsanträge.
68 
2. Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Beklagte
69 
a) unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart zu Ziff. 2 und 3 die Worte „höchstens“ bezogen auf die Laufzeit der begehrten Gestattungsrechte und „mindestens“ bezogen auf die Zahlung des Gestattungsentgelts ersatzlos zu streichen.
70 
b) unter Abänderung des Urteils zu Ziff. 3 festzustellen, dass die Widerbeklagte verpflichtet ist, der Widerklägerin auf ihren Antrag entsprechend dem Tenor des Urteils des Landgerichts Stuttgart zu Ziff. 2 unter Berücksichtigung der Änderung des Tenors gemäß obigem Antrag nach Ziff. 2 a ein Angebot auch für solche Leitungen in der Gemarkung der Klägerin außerhalb der in Anlage W 1 bezeichneten Straßen und Plätze zu machen, die dem zukünftigen Ausbau des Fernwärmenetzbetriebes nach Rechtskraft des Urteils dienen.
71 
c) Hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anschlussberufung das Urteil des LG Stuttgart zur Kostenentscheidung gemäß Ziff. 4 des Tenors dahingehend zu ändern, dass die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 % der Kosten trägt.
72 
Die Beklagte widerspricht der Klageänderung und trägt vor:
73 
Die Klägerin sei nicht Eigentümerin des Fernwärmenetzes. Bei den Leitungsnetzen handele es sich um Scheinbestandteile, da der Netzbetreiber jederzeit befugt sei, Leitungen auszutauschen. Zudem wäre die Behandlung von Leitungen als wesentliche Bestandteile der Wegegrundstücke nicht vereinbar mit der Übereignungspflicht des Altkonzessionärs für Gas- und Stromleitungsrechte gemäß § 46 Absatz 2 Satz 2 EnWG.
74 
Die Klägerin habe auch keinen Übereignungsanspruch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Es handele sich um einen Aspekt, der sich bei Abschluss eines jeden Konzessions- oder Gestattungsvertrag stelle und der den Vertragsparteien bekannt gewesen sei. In zahlreichen Verträgen zwischen Kommunen und ihren Tochtergesellschaften im Energiesektor habe es bereits zum damaligen Zeitpunkt derartige Endschaftsregelungen gegeben. Das Rechtsinstitut der ergänzenden Vertragsauslegung habe auch nicht die Funktion, unvorteilhaft verhandelte Verträge nachträglich zu korrigieren. Zudem habe der Gesetzgeber eine Übereignungspflicht in Bezug auf Fernwärmenetze ausdrücklich abgelehnt.
75 
Das Begehren der Klägerin würde zudem die Trennung von Fernwärmeerzeugung und Fernwärmetransportsystem bedeuten. Ein Durchleitungswettbewerb sei aus physikalischen und technischen Gründen nur eingeschränkt möglich, da die Energie nur in räumlicher Nähe – maximal in einem Abstand von ca. 25 km – erzeugt werden könne. Zudem habe die Beklagte gegen die Klägerin aus den im Urteil genannten Gründen einen kartellrechtlichen Anspruch auf Abschluss eines Gestattungsvertrages. Es stelle einen Marktmissbrauch dar, wenn die Kommune den bisherigen Netzbetreiber aus dem Markt drängen wolle. Der Verstoß gegen das Behinderungsverbot liege darin, dass die Klägerin ohne ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren die Beendigung der Versorgungstätigkeit der Beklagten verfolge und stattdessen, allein kommunalpolitisch begründet und motiviert, die Fernwärmeversorgung in eigener Regie übernehmen wolle. Aus dem Gemeinderatsbeschluss ergebe sich nicht, dass die Klägerin das Fernwärmenetz nur als Übergangslösung erwerben wolle, um auf dieser Basis dann später zu entscheiden, wer aus ihrer Sicht längerfristig als Netzbetreiber fungieren dürfe.
76 
Keinesfalls könne sich ein Übereignungsanspruch auf Wärmeaufbereitungsanlagen erstrecken, da diese am Standort M auch für die Erzeugung eingesetzt würden. Auch die Netzleitzentrale diene nicht nur dem Betrieb des Fernwärmetransportsystems. Entsprechendes gelte für Umwälzpumpe, Pumpstation, Druckhaltesysteme und Wärmetauscher, die untrennbare Bestandteile des Heizkraftwerks in Münster seien.
77 
Zur Anschlussberufung trägt die Beklagte vor, sie strebe einen Ausbau der Fernwärmeversorgung in S an. Ihr Antrag könne nicht näher auf bestimmte Wege konkretisiert werden, da sich der Ausbau nach den Gegebenheiten auf dem Markt richte. Zur Laufzeit des angestrebten Vertrages trägt die Beklagte vor, dass sich die Klägerin an den Gepflogenheiten des Marktes zu orientieren habe, der zu 90 % eine Vertragslaufzeit von zwanzig und mehr Jahren in vergleichbaren Verträgen vereinbare. Auch hinsichtlich der Gestattungsentgelte habe sich die Klägerin an der eigenen Praxis sowie an den Marktgegebenheiten zu orientieren.
VI.
78 
Zur Anschlussberufung beantragt die Klägerin,
79 
diese zurückzuweisen.
80 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
B
81 
Die zulässige Berufung der Klägerin zur eigenen Klage hat nur Erfolg hinsichtlich des höchst hilfsweise geltend gemachten Beseitigungsanspruchs.
I.
82 
Hauptantrag Ziff. I (Feststellung des Eigentums der Klägerin)
1.
83 
Die Klageänderung ist zulässig. Erstmals in der Berufungsinstanz begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie seit dem 1. Januar 2014 Eigentümerin des bis zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Beklagten befindlichen Fernwärmetransportsystems in S sei.
a)
84 
Nach § 533 ZPO ist die Klageänderung nur zulässig, wenn (1.) der Gegner einwilligt oder das Gericht diese für sachdienlich hält und (2.) sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
85 
Die verweigerte Einwilligung der Beklagten ist unschädlich, da die Klageänderung jedenfalls sachdienlich ist. Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist im Allgemeinen zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 – III ZR 93/83, juris Rn. 25).
86 
Vorliegend deckt sich der Streitstoff mit demjenigen, der Gegenstand des zur Überprüfung gestellten Urteils war. Die Klageänderung stützt sich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung zugrunde zu legen hat. Bereits erstinstanzlich hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Übereignung der Fernwärmeversorgungsanlagen zu verurteilen. Für die Prüfung dieses Anspruchs ist es erheblich, ob die Klägerin bereits Eigentümerin der Anlagen ist, da in diesem Fall der Antrag auf Übereignung an die Klägerin auf eine unmögliche Leistung gerichtet wäre. Das Landgericht hat sich mit dieser Frage auch bei der Prüfung einer entsprechenden Anwendung des § 997 Absatz 2 BGB auseinandergesetzt.
b)
87 
Der Feststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin stattdessen eine Herausgabeklage erheben könnte. Zwar ist die Feststellungsklage regelmäßig nicht statthaft, wenn die Möglichkeit einer allgemeinen Leistungsklage besteht (BGH, Beschluss vom 04. April 1952 - III ZA 20/52, juris Rn. 3). Die Rechtskraft eines Urteils beschränkt sich gemäß § 322 Absatz 1 ZPO allerdings auf die Rechtsfolge, die den Entscheidungssatz bildet, den das Gericht aus dem Sachverhalt durch dessen Subsumtion unter das objektive Recht erschlossen hat (BGH, Urteil vom 24. Juni 1993 – III ZR 43/92, juris Rn. 16). Auf Feststellung der zugrundeliegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen erstreckt sich die Rechtskraftwirkung nicht (BGH, Beschluss vom 22. September 2016 – V ZR 4/16, juris Rn. 14). Nach diesen Grundsätzen nimmt an einer auf § 985 BGB gestützten Herausgabeklage die Feststellung des Eigentums als Vorfrage nicht an der Rechtskraftwirkung teil (BGH, Urteil vom 13. November 1998 – V ZR 29/98, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 09. Februar 2018 – V ZR 299/14, juris Rn. 20). Eine darauf gerichtete Feststellungsklage ist zweckmäßig (Palandt/Herrler, 79. Aufl. 2020, § 985 BGB Rn. 17).
88 
Im Übrigen kann von der Beklagten als großem Energieversorgungsunternehmen, an dem zudem die öffentliche Hand maßgebend beteiligt ist, erwartet werden, dass sie sich an ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil, durch das das Eigentumsrecht der Klägerin festgestellt wird, halten würde (zu diesem Aspekt: BGH, Urteil vom 28. September 1999 – VI ZR 195/98, juris Rn. 19).
2.
89 
Die Feststellungsklage ist unbegründet. Das Eigentum an den im Antrag Ziff. I.1 näher aufgeführten Fernwärmeversorgungsanlagen auf und in den Grundstücken der Klägerin steht ihr nicht zu. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Fernwärmeleitungen, Kanäle, Rohre, Tunnel sowie technische Einrichtungen wie Pumpen, Druckhaltesysteme, Wärmetauscher, Messtechnik usw. Die Klägerin hat hieran kein Eigentum nach § 946 BGB erworben. Wird eine bewegliche Sache mit dem Grundstück der Gestalt verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich nach dieser Bestimmung das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache. Bei den Fernwärmeversorgungsanlagen handelt es sich jedoch nicht um wesentliche Bestandteile eines Grundstücks.
a)
90 
Gemäß § 94 Absatz 1 Satz 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Verlegt der Eigentümer Versorgungsleitungen auf seinem Grundstück, handelt es sich um wesentliche Bestandteile jenes Grundstücks (BGH, Urteil vom 02. Dezember 2005 – V ZR 35/05, juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 11. Juli 1962 – V ZR 175/60, juris Rn. 15).
b)
91 
Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören jedoch nicht die sog. Scheinbestandteile. Bei diesen handelt es sich um Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Absatz 1 Satz 1 BGB).
aa)
92 
Ob eine Sache nur zu einem vorübergehenden Zweck mit einem Grundstück verbunden wird, beurteilt sich in erster Linie nach dem Willen des Erbauers im Zeitpunkt des Einbaus. Verbindet ein Mieter, Pächter oder in ähnlicher Weise schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, so spricht regelmäßig eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarung nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1986 – V ZR 168/85, juris Rn. 19).
93 
Diese Vermutung wird nicht schon durch eine massive Bauart des Bauwerks oder eine lange Dauer des Vertrages entkräftet (BGH, Urteil vom 04. Juli 1984 – VIII ZR 270/83, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 10. Juli 1953 – V ZR 22/52, juris Rn. 44). Dagegen entfällt die Grundlage für eine derartige Vermutung, wenn im Vertrag bestimmt ist, dass die auf dem Grund und Boden errichtete Anlage nach Beendigung des Vertragsverhältnisses (gegen oder ohne Zahlung einer Entschädigung) in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen soll (BGH, Urteil vom 20. Mai 1988 – V ZR 269/86, juris Rn. 12; BGH, Urteil vom 22. Dezember 1995 – V ZR 334/94, juris Rn. 8). Fehlen ausdrückliche Vereinbarungen zwischen dem Erbauer und dem Grundstückseigentümer und ergeben sie sich auch nicht aus einer Auslegung des Vertrages, muss der sichere Schluss möglich sein, dass die Anlage nach dem Willen des Erbauers dem Eigentümer habe zufallen sollen (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1952 – V ZR 36/51, juris Rn. 22).
bb)
94 
Nach diesen Maßstäben sind die Fernwärmeversorgungsanlagen auf den Wegegrundstücken der Klägerin als Scheinbestandteile anzusehen.
95 
Hierfür spricht die tatsächliche Vermutung, die sich vorliegend aus der Begrenzung der Vertragslaufzeit des Wegenutzungsvertrages (auf neunzehn Jahre) ergibt. Der Umstand, dass eine massive Bauweise erforderlich ist, um diese Anlagen in den Straßen und Wegen zu verlegen, steht dieser Vermutung nicht entgegen.
96 
Auch sind die Vertragsparteien davon ausgegangen, dass die Versorgungsleitungen und die zugehörigen Anlagen im Eigentum der Beklagten stehen, vgl. die Verwendung des Possessivpronomens „ihrer“ – der Konzessionärin – Versorgungsleitungen in § 8 Absatz 1 des Konzessionsvertrages. Diese von den Vertragsparteien vorgenommene Einordnung der Eigentumslage entspricht auch der schon damals gefestigten Auffassung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1962 – V ZR 175/60, juris Rn. 12; RG, Urteil vom 08. Juli 1913 – VII 213/13, RGZ 83, 67).
97 
Schließlich sieht der Konzessionsvertrag auch keine Regelung vor, die einen Übergang des Eigentums an den Versorgungsanlagen auf den Eigentümer der Wegegrundstücke vor oder bei Vertragsbeendigung bestimmt. Anhaltspunkte, die den sicheren Schluss zulassen, dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger wollten, dass die Anlagen während oder nach Beendigung des Nutzungsvertrages der Klägerin zufallen, bestehen nicht.
c)
98 
Die Klägerin selbst stellt nicht in Frage, dass es sich bei Versorgungsnetzen um Scheinbestandteile handelt, meint aber, dass nach dem Auslaufen eines Wegenutzungsvertrages die Scheinbestandteilseigenschaft nur aufrechterhalten bleibe können, wenn beide Parteien (der Netzbetreiber als Erbauer sowie die Gemeinde als Eigentümerin der Wegegrundstücke) darin übereinstimmten, dass das getrennte Eigentum fortbesteht. Dem ist nicht zu folgen.
99 
Die Bestimmungen der §§ 94 ff. BGB stellen auf den Zeitpunkt der Verbindung der beweglichen Sache mit dem Grund und Boden ab. Sie besagen nicht, dass die Zuordnung der verbundenen beweglichen Sache nur so lange gilt, wie der ursprüngliche Zweck der Verbindung fortdauert. Der nachträglichen Änderung des Einfügungszweckes kommt eine verfügungsähnliche Bedeutung zu, die die entsprechende Anwendung von §§ 929 ff. BGB rechtfertigt (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1956 – V ZR 245/55, juris Rn. 24; BGH, Urteil vom 16. Mai 1956 – V ZR 146/54, BeckRS 1956, 31373376; BGH, Urteil vom 31. Oktober 1986 – V ZR 168/85, juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 02. Dezember 2005 – V ZR 35/05, juris Rn. 16). Nach diesen gefestigten Grundsätzen ist für den Wechsel der Zweckbestimmung eine Einigung der Beteiligten erforderlich, nicht umgekehrt für die Aufrechterhaltung der bei der Einfügung verfolgten Zweckbestimmung. Entsprechend gilt die Bestimmung, die eingebrachten Anlagen seien zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden, so lange weiter, bis die Beteiligten diese Zweckbestimmung geändert haben. Die dingliche Rechtslage ändert sich nicht schon dadurch, dass das Recht zur Benutzung des Grundstücks später wegfällt (BGH, Urteil vom 01. Februar 1994 – VI ZR 229/92, juris Rn. 12).
100 
Die Auffassung der Klägerin würde auch zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen, weil bei ihrer Zugrundelegung schon die Beendigung der Gestattung der Wegenutzung die wirtschaftliche und rechtliche Einheit des Versorgungsnetzes beenden würde, wenn die Leitungen über die Grundstücke mehrerer Eigentümer führen. In diesem Fall wäre die zu erwartende Vergütung des Netzbetreibers für den Verlust seines Eigentumsrechts gering, da sich diese nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung richtet (§ 951 Absatz 1 Satz 1 BGB). Der Wert der Segmente eines „zersplitterten“ Leitungsnetzes ist wesentlich geringer als der Wert eines einheitlichen Fernwärmetransportsystems.
II.
101 
Hilfsantrag Ziff. II (Übereignung des Fernwärmeversorgungssystems)
102 
Die Klägerin kann auch nicht die Übertragung des Eigentums an den Fernwärmeversorgungsanlagen verlangen.
1.
103 
Der Konzessionsvertrag enthält keine Regelung darüber, was nach dem Auslaufen des Vertrages mit den Fernwärmeversorgungsanlagen geschehen soll, die sich in oder auf den Grundstücken der Klägerin befinden (sog. Endschaftsregelung).
2.
104 
Ein Übereignungsanspruch ergibt sich nicht aus einer ergänzenden Auslegung des Konzessionsvertrages (§§ 133, 157 BGB).
a)
105 
Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass der Vertrag unter Zugrundelegung des Regelungskonzeptes der Parteien eine Lücke aufweist, die geschlossen werden muss, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen (BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 – VIII ZR 227/06, juris Rn. 35). Eine Regelungslücke liegt dann vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt (BGH, Urteil vom 17. April 2002 – VIII ZR 297/01, juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 397/03, juris Rn. 17). Es ist erforderlich, dass der Regelungsplan der Parteien vervollständigungsbedürftig ist, mithin ohne diese Vervollständigung eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 – IX ZR 166/92, juris Rn. 24).
aa)
106 
Es fehlt bereits an der Regelungslücke. Das Regelungsziel des Vertrages erschöpft sich – worauf das Landgericht zutreffend hinweist – in der Einräumung von Wegenutzungsrechten für den Aufbau und den Betrieb eines Fernwärmenetzes bis zum 31.12.2013.
107 
Zwar mag es zutreffen, dass Investitionen in ein Fernwärmenetz auf eine längere Sicht ausgerichtet waren als die rund zwanzigjährige Dauer des Vertrages und deshalb eine Endschaftsregelung im Konzessionsvertrag für beide Parteien sinnvoll gewesen wäre. Auch mögen die Vertragsparteien im Jahr 1994 nicht die Notwendigkeit einer Endschaftsregelung erkannt haben, da die Klägerin zur damaligen Zeit hinreichenden Einfluss auf den Konzessionär hatte. Zudem mag die Klägerin auch ein Interesse an dem Bestand des Fernwärmetransportsystems gehabt haben, schon weil dieses der Versorgung ihrer eigenen Liegenschaften und auch vieler privater Grundstücke dient.
bb)
108 
Dies alles rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, dass es bereits bei Abschluss des Konzessionsvertrags ein Regelungsziel der Parteien war, das Fernwärmeversorgungsnetz nach dessen Ablauf auf die Klägerin zu übertragen.
cc)
109 
Zwar zeigt der vorliegende Rechtsstreit, dass heute keine der Vertragsparteien über die Einstellung der Fernwärmeversorgung und über die Beseitigung intakter Fernwärmeversorgunganlagen nachdenkt. Dies führt jedoch nicht zu der Feststellung, dass die Übertragung des Fernwärmetransportsystems nach dem Ablauf des Konzessionsvertrages auch vom Regelungsziel der Vertragsparteien bei Vertragsschluss umfasst war. Vielmehr handelt es sich dabei um ein eigenständiges neues Regelungsziel, welches (auch) in einem gesondert abzuschließenden Kaufvertrag vereinbart werden konnte und keiner Regelung im Konzessionsvertrag bedurfte.
(1)
110 
Für die Klägerin hätte eine bei Abschluss des Konzessionsvertrags getroffene verpflichtende Regelung zur Übernahme des Netzes bedeutet, dass sie etwa zwanzig Jahre später ein Fernwärmetransportsystem hätte abkaufen müssen, obwohl der Betrieb eines Fernwärmenetzes nicht zu ihren Pflichtaufgaben gehört und obwohl dessen Übernahme möglicherweise gar nicht mehr ihren Interessen entsprochen hätte. Gründe hierfür sind in vielfacher Weise denkbar (z.B. fehlendes politisches Interesse, fehlende Haushaltsmittel oder unzureichende technische Voraussetzungen für die Übernahme des Betriebs). Sie unterliegen auch einem Wandel.
(2)
111 
Bei Abschluss des Konzessionsvertrags lag es auch ohne vertragliche Endschaftsregelung nicht fern, dass die Parteien nach dessen Beendigung eine Anschlussregelung finden würden. Das – nicht gegen den Willen der Beklagten durchsetzbare – Interesse der Klägerin an der Übernahme des Transportsystems konnte auch noch nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages mit dem Interesse der Beklagten, einen Ausbau der Anlagen zu vermeiden, in einen wirtschaftlichen Ausgleich gebracht werden. Genauso wenig lag es fern, vorbehaltlich zwischenzeitlich auftretender energiewirtschafts- oder kartellrechtlicher Beschränkungen den Neuabschluss eines Wegenutzungsvertrages in Betracht zu ziehen, was eine Regelung zur Übereignung des Netzes auf die Klägerin im Ursprungsvertrag gänzlich überflüssig gemacht hätte. Hätte die Beklagte schließlich – theoretisch denkbar – kein Interesse mehr an dem Betrieb eines Fernwärmenetzes gehabt, so hätte sie die Nutzung eingestellt und sich mit der Klägerin über die Fragen eines Rückbaus verständigen können.
112 
Dies zeigt, dass eine Regelung zur Übertragung des Netzes im Konzessionsvertrag zwar sinnvoll gewesen wäre, weil wesentliche Details einer späteren Übertragung bereits zu Beginn der Nutzung und der Investitionen hätten geklärt werden können. Sie erwies sich jedoch nicht als notwendig für das Erreichen des Vertragsziels, das (lediglich) in der Einräumung der Wegenutzungsrechte lag. Die Übertragung des Netzes stellt eine eigenständige Regelung dar, die nachfolgenden Verhandlungen überlassen bleiben konnte. Eine ergänzende Vertragsauslegung darf jedoch nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des Vertragsgegenstands über die rechtlichen Beziehungen hinaus führen, die die Parteien regeln wollten (BGH, Urteil vom 13. November 1996 – IV ZR 62/96, juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 17. Februar 1995 – V ZR 267/93, juris Rn. 15).
(3)
113 
Daran ändert nichts, dass sich die Beteiligten an der vom Gesetzgeber für Strom- und Gaskonzessionsverträge vorgegebenen Laufzeit von zwanzig Jahren orientiert haben, um so einen Wechsel des Netzbetreibers und Netzeigentümers zu ermöglichen. Dieser erstmals zweitinstanzlich gehaltene Vortrag ist von der Beklagten nicht bestritten worden und deshalb zuzulassen. Er ändert jedoch nichts an dem Befund, dass die Übertragung auf einen neuen Eigentümer nicht von vornherein in den Vertrag aufzunehmen war, der Übergang auf den neuen Netzbetreiber vielmehr auch nach Auslaufen des Konzessionsvertrages geregelt werden konnte.
(4)
114 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem vorgebrachten Aspekt, die Klägerin habe bei Abschluss des Konzessionsvertrages für eine Endschaftsregelung keinen Anlass gehabt, da es sich bei der T AG um eine städtische Gesellschaft gehandelt habe. Änderungsanträge aus dem Gemeinderat seien mit dem Argument zurückgewiesen worden, dass die Klägerin jederzeit mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln auf die T AG einwirken könne. Insofern ergibt sich aus dem schwindenden Einfluss der Klägerin durch die eingetretenen Rechtsnachfolgen keine nachträgliche Vertragslücke, da eine Endschaftsregelung zwar eine sinnvolle, für den Zweck des Vertrages jedoch keine notwendige Regelung war.
115 
Nach den Feststellungen des Landgerichts war die Übernahme des Fernwärmenetzes bzw. die Vergabe an ein drittes Unternehmen selbst im Zeitpunkt der Ausgliederung des operativen Geschäftsbetriebes der T auf die N im Jahr 1997 keine Handlungsoption der Klägerin. Insbesondere hat sie weder die Nachtragsvereinbarung vom 19.03.1999 noch den späteren Verkauf ihrer N-Anteile an die Beklagte zum Anlass genommen, eine Ergänzung des Konzessionsvertrags durch eine Endschaftsregelung zu verlangen.
116 
Das Landgericht hat sich aus diesen Gründen nicht davon überzeugen können, dass die Parteien bei Kenntnis aller Umstände bereits bei Abschluss des Konzessionsvertrags eine Endschaftsregelung getroffen hätten, die eine Übertragung des Netzes auf die Klägerin vorsieht. An diese Feststellungen ist das Berufungsgericht gebunden, da Umstände, die Zweifel an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit begründen könnten, weder in der Berufungsbegründung vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind. Auch zweitinstanzlich bleibt unklar, ob die Klägerin ursprünglich überhaupt ein Interesse daran hatte, ein Fernwärmetransportsystem, dessen Betrieb nicht zu ihren Pflichtaufgaben gehört, gegen Zahlung des objektivierten Ertragswertes zu übernehmen.
b)
117 
Selbst bei Annahme einer nachträglichen Lücke fehlen gleichwohl tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien von den gesetzlich vorgesehenen Folgen für die Abwicklung eines beendeten Konzessionsvertrages abweichen wollten.
aa)
118 
Auch wichtige Punkte bedürfen keiner Regelung, wenn sie weder zur Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen noch zur Klarstellung geboten sind. Soll ein bestimmter Punkt von der Vereinbarung nicht berührt werden, soll er also unverändert fortbestehen und hat auch dieser Fortbestand einen Sinn, dann kann aus dem Schweigen des Vertrages nicht auf das Vorliegen einer Regelungslücke geschlossen werden (BGH, Urteil vom 17. April 2002 – VIII ZR 297/01, juris Rn. 21; BGH, Urteil vom 14. Februar 2014 – V ZR 102/13, juris Rn. 10). Das Vorliegen einer Regelungslücke wird demgemäß bereits verneint, wenn das Rechtsgeschäft zwar lückenhaft ist, die Vertragsparteien aber bei Vertragsabschluss keine vom Gesetz abweichende Regelung treffen und die nähere Ausgestaltung den Gesetzesvorschriften überlassen. Kann die festgestellte Regelungslücke durch die Heranziehung des dispositiven Rechts geschlossen werden, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung in der Regel aus (OLG Koblenz, Urteil vom 03. April 2007 – 3 U 960/06 Lw, juris Rn. 26). Etwas anderes gilt nur dann, wenn feststeht, dass die Parteien die gesetzliche Regelung nicht wollten (BGH, Urteil vom 14. März 1990 – VIII ZR 18/89, juris Rn. 40).
bb)
119 
Im vorliegenden Fall besteht die gesetzliche Regelung darin, dass die Klägerin nach dem Ende des Wegenutzungsrechts darauf bestehen kann, dass die Beklagte den Betrieb des Fernwärmenetzes einstellt und die Anlagen entfernt (§ 1004 Absatz 1 BGB, vgl. hierzu unter Ziff. VI). Anhaltspunkte, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass die Vertragsparteien schon bei Abschluss des Konzessionsvertrags die Anwendung dieser gesetzlichen Regelung eindeutig nicht wollten, sind nicht vorgetragen und ersichtlich. Eine etwaige vertragliche Regelungslücke wäre daher durch das dispositive Gesetzesrecht, nicht durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.
cc)
120 
Alternativ zur gesetzlichen Regelung hätten sich die Vertragsparteien schon bei Abschluss des Konzessionsvertrags auf den Abschluss eines Anschlussvertrags, eine Übertragung des Netzes auf die Klägerin oder eine Übertragung auf einen Dritten zu bestimmten Bedingungen einigen können. Dafür, dass die Parteien sich schon bei Abschluss des Konzessionsvertrags vorab auf eine bestimmte Handlungsalternative einigen wollten und dies in ihren Regelungsplan aufgenommen haben, gibt es keinen Anhaltspunkt.
c)
121 
Dies führt zu dem weiteren Aspekt, dass eine ergänzende Vertragsauslegung auch deshalb ausgeschlossen ist, weil unklar ist, wie die Vertragsparteien eine etwaige Regelungslücke geschlossen hätten, wenn sie sie erkannt hätten. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus, wenn zur Ausfüllung einer vertraglichen Regelungslücke verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen und kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die Parteien getroffen hätten (BGH, Urteil vom 03. November 1999 – VIII ZR 269/98, juris Rn. 47).
aa)
122 
Bei einer erforderlichen Ergänzung des Vertragsinhalts ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH, Urteil vom 19. Juni 1980 – III ZR 182/78, juris Rn. 36; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 – III ZR 79/07, juris Rn. 15). Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich als zwingend selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages tatsächlich Vereinbarten stehen würde (BGH, Urteil vom 10. Juli 1963 – VIII ZR 204/61, juris Rn. 27). Durch sie kann keiner Partei etwas verschafft werden, was sie hat erreichen wollen, aber nicht durchgesetzt oder vergessen hat (Backmann in: jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 157 BGB Rn. 39).
bb)
123 
Zwingend selbstverständliche Folgen lassen sich dem Zusammenhang des Vertrages nicht entnehmen.
124 
Wie bereits ausgeführt, gab es aus objektiver Sicht verschiedene Möglichkeiten, das Vertragsverhältnis der Parteien abzuwickeln, ohne das sich feststellen lässt, welche Variante die Parteien im Falle einer erkannten Vertragslücke gewählt hätten.
125 
Es ist aber auch nicht ersichtlich, weshalb sich die Parteien im Falle einer Übertragung des Fernwärmenetzes als Gegenleistung auf den objektivierten Ertragswert hätten einigen sollen und nicht etwa auf eine andere Bewertungsmethode, die für die Beklagte möglicherweise günstiger wäre und die sie – je nach den Umständen – im Verhandlungswege durchsetzen könnte. So steht die Beklagte auf dem Standpunkt, das Sachzeitwertverfahren bilde eine angemessene Gegenleistung ab.
3.
126 
Ein Übertragungsanspruch folgt auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung von § 552 Absatz 1 BGB, § 997 Absatz 2 BGB. Die Klägerin entnimmt diesen Regelungen den allgemeinen Rechtsgedanken, dass Sachen unterschiedlicher Eigentümer, die miteinander verbunden wurden, nicht wieder getrennt werden, wenn die Trennung zu einem Verlust von Werten führen würde. Statt der Trennung der Sachen, solle der Eigentümer der „Hauptsache“ Eigentümer der verbundenen Sachen werden. Der bisherige Eigentümer der „Nebensache“ erhalte eine angemessene Entschädigung für den Verlust seines Eigentums.
a)
127 
Zur Vermeidung wertzerstörender Wegnahmen miteinander verbundener Sachen trifft das Gesetz in §§ 946 ff. BGB bereits Anordnungen. Für das – hier fragliche – Recht belegener Sachen sieht § 946 BGB vor, dass sich das Eigentum an einem Grundstück auch auf bewegliche Sachen erstreckt, die dergestalt mit dem Grundstück verbunden sind, dass sie dessen wesentlicher Bestandteil werden. Derjenige, der aufgrund dessen einen Rechtsverlust erleidet, wird nach § 951 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. § 949 Satz 1, §§ 812 ff. BGB entschädigt. Diese Regelung zeigt, dass der Eigentümer verbundener Sachen, die lediglich als Scheinbestandteile zu behandeln sind – wie hier die Fernwärmeversorgungsanlagen – frei über diese verfügen kann. Insbesondere kann er mit dem Eigentümer der Hauptsache über einen Kaufvertrag verhandeln, ohne an gesetzliche Regelungen zur Bestimmung des Kaufpreises gebunden zu sein.
b)
128 
Aus den §§ 552, 997 BGB kann die Klägerin für sich nichts anderes herleiten (a.A. OLG Frankfurt, Urteil vom 11. Februar 1997 – 11 U (Kart) 38/96, NJWE-WettbR 1997, 135 [137]).
aa)
129 
Mit überzeugenden Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, hat das Landgericht ausgeführt, dass es an der für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke schon deshalb fehlt, weil sich der Gesetzgeber bewusst dazu entschlossen hat, Fernwärmenetze vom Anwendungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes und damit auch von der Bestimmung des § 46 Absatz 2 Satz 2 EnWG auszunehmen, die vorsieht, dass der Wegenutzungsberechtigte nach Ablauf des Gestattungsvertrages das Netz auf den neuen Betreiber des Elektrizitäts- oder Gasnetzes gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung zu übertragen hat.
bb)
130 
Aus einer entsprechenden Anwendung der mietrechtlichen Bestimmungen in § 552 Absatz 1 BGB kann die Klägerin nichts für sich gewinnen. Es handelt sich um eine Sonderbestimmung, die auf die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen beschränkt ist.
(1)
131 
Der Mieter muss bei Rückgabe der Mietsache alle eingebrachten Gegenstände entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen (BGH, Urteil vom 11. April 2019 – IX ZR 79/18, juris Rn. 38). § 539 Absatz 2 BGB gewährt ihm ferner das Recht, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat. Einrichtungen in diesem Sinne sind bewegliche Sachen, die mit der Mietsache fest verbunden sind, aber wieder abgetrennt werden können und nach ihrer wirtschaftlichen Bestimmung dazu bestimmt sind, der Mietsache zu dienen (Bieber in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 539 BGB Rn. 15). § 552 Absatz 1 BGB sieht vor, dass der Vermieter die Ausübung des Wegnahmerechts durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden kann, wenn nicht der Wohnraummieter (oder über den Verweis in § 578 Absatz 2 BGB auch der Geschäftsraummieter) ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat.
(2)
132 
Der Gesetzgeber erklärt § 552 BGB schon nicht auf Mietverträge über Grundstücke (§ 578 Absatz 1 BGB) für anwendbar. Die Situation einer reinen Grundstücksmiete wäre mit der vorliegenden Konstellation aber noch am ehesten vergleichbar. Einer über den (engen) Anwendungsbereich der Norm hinausgehenden Anwendung der ihr zugrundeliegenden Rechtsgedanken zur Begründung der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche steht ihr überwiegend mieterschützender Charakter entgegen.
133 
Zum einen gewährt die Vorschrift dem Mieter ein Aneignungsrecht hinsichtlich solcher Einrichtungen, die als wesentlicher Bestandteil der Hauptsache in das Eigentum des Vermieters übergegangen sind (BGH, Urteil vom 08. Juli 1981 – VIII ZR 326/80, juris Rn. 24). Zum anderen soll das Wegnahmerecht zusammen mit der Abwendungsbefugnis des § 552 Absatz 1 BGB vermeiden, dass der Vermieter entschädigungslos Einrichtungen übernimmt, mit denen der Mieter die Mietsache versehen hatte und die dieser nicht entfernen möchte (Bruns in: Beck’scher Onlinekommentar zum Mietrecht, 18. Ed. 01.12.2019, § 539 BGB Rn. 35).
134 
Zwar beschränkt die Vorschrift auch den Anspruch des Mieters auf Herausgabe seines Eigentums aus § 985 BGB, wenn der Vermieter die Wegnahme durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwendet. Die Abwendungsbefugnis des Vermieters besteht aber schon nicht mehr bei einem berechtigten Interesse des Mieters. Steht die Einrichtung im Eigentum des Mieters, ist er auch nicht gehindert, sie rechtzeitig auszubauen. Im Anschluss ist die Abwendungsbefugnis des Vermieters ausgeschlossen (Schur in: jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 552 BGB Rn. 5). Den Mieter trifft im Grundsatz vor der Wegnahme auch keine Anzeigepflicht gegenüber dem Vermieter (Zehelein in Beck’scher Onlinekommentar zum BGB, 53. Ed. 01.02.2020, § 552 BGB Rn. 5).
135 
Insgesamt zeigt sich aus dem Regelungsgefüge, dass es sich um eine überwiegend im Interesse der Mieter bestehende Regelung handelt, womit es an der Vergleichbarkeit zur hier gegebenen Interessenlage fehlt.
cc)
136 
Auch mit § 997 Absatz 2 BGB liegt keine vergleichbare Interessenlage vor.
137 
§ 997 Absatz 1 Satz 1 BGB sieht vor, dass der Besitzer, der die im Eigentum eines anderen stehenden Sache mit einer anderen Sache als wesentlichen Bestandteil verbunden hat, diese abtrennen und sich aneignen kann. § 997 Absatz 2 BGB bestimmt, dass dieses Recht zur Abtrennung in bestimmten Fällen ausgeschlossen ist, u.a. wenn die Abtrennung für den Besitzer keinen Nutzen hat oder ihm mindestens der Wert ersetzt wird, den der Bestandteil nach der Abtrennung für ihn haben würde.
138 
Die Bestimmung schließt eine Lücke, die sich daraus ergibt, dass der Besitzer nicht stets alle Verwendungen ersetzt erhält (Fritzsche in Beck’scher Onlinekommentar zum BGB, 52. Ed. 01.08.2019, § 997 BGB Rn. 1). Vorausgesetzt wird, dass der Besitzer die Trennung durchzuführen beabsichtigt. Der Vorschrift kann jedoch nicht entnommen werden – was die Klägerin aus ihr abzuleiten versucht –, dass ein Übereignungsanspruch begründet werden soll, um eine wertzerstörende Trennung verbundener Sachen zu vermeiden. Vielmehr geht die Bestimmung davon aus, dass der Eigentümer der Hauptsache durch deren Verbindung mit einer als wesentlicher Bestandteil anzusehenden Sache auch Eigentümer der verbundenen Sache geworden ist und sich daraus sein Herausgabeanspruch ableitet. Hieran fehlt es vorliegend, weil die Beklagte als Eigentümerin der als Scheinbestandteile anzusehenden Fernwärmeversorgungsanlagen in deren wirtschaftlichen Verwertung frei ist.
4.
139 
Schließlich folgt auch kein Eigentumsübertragungsanspruch aus § 1004 Absatz 1 BGB.
a)
140 
Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer nach dieser Bestimmung von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Schon dem Wortlaut nach ist dieser Anspruch nicht auf die Übereignung der störenden Sache gerichtet. Vielmehr bleibt es grundsätzlich dem Störer überlassen, diejenige Maßnahme auszuwählen, die er zur Beseitigung der Beeinträchtigung für richtig hält (BGH, Urteil vom 11. November 1983 – V ZR 231/82, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1982 – V ZR 55/82, juris Rn. 17). Dies hat seinen Grund in der Überlegung, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seines Eigentums erfordert (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1976 – V ZR 36/75, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2003 – V ZR 98/03, juris Rn. 14). Daher kann der Störer zwar – wenn dies auch im Interesse des Eigentümers liegt – diesem die bislang störenden Gegenstände übereignen. Einen Anspruch auf diese Art und Weise der Beseitigung gewährt § 1004 Absatz 1 BGB jedoch nicht.
b)
141 
Da die Beklagte vorliegend die durch die verlegten Fernwärmeversorgunganlagen geschaffene Störung des Eigentums der Klägerin an den Wegegrundstücken auf verschiedene Weise beseitigen kann, konzentriert sich der Beseitigungsanspruch auch nicht auf eine bestimmte Beseitigungsart.
aa)
142 
Zur Gewährleistung eines möglichst bestimmten Vollstreckungstitels kann allerdings auf eine bestimmte Art und Weise der Beseitigung geklagt werden, wenn nur eine bestimmte Maßnahme die Beseitigung der Störung gewährleistet (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1976 – V ZR 36/75, juris Rn. 12) oder von den Beteiligten nur eine bestimmte Maßnahme in Betracht gezogen wird (BGH, Urteil vom 18. Februar 1959 – V ZR 11/57, juris Rn. 14). Dies soll nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann möglich sein, wenn andere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können. In dieser Lage fehle es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Störers, zwischen verschiedenen Abhilfemaßnahmen wählen zu können. Das Beharren auf einer solchen nur formalen Position ohne materiellen Gehalt lasse die Rechtsordnung nicht zu (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2003 – V ZR 98/03, juris Rn. 15). Im Einzelfall wird jedoch fraglich sein, ob weitere Maßnahmen „vernünftigerweise ernsthaft in Betracht gezogen werden können“, was vornehmlich im Beurteilungsspielraum des Störers liegt (aus diesem Grund kritisch zu dieser Fallgruppe: Sponheimer in: Beck’scher Online-Großkommentar, Stand 01.02.2020, § 1004 BGB Rn. 291.1).
bb)
143 
Vorliegend bestehen verschiedene Handlungsvarianten der Beklagten: Sie kann – wenngleich dies mit einem enormen wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist – die Anlagen beseitigen. Hierzu besteht nicht nur die Pflicht, sondern auch ein Recht, da sie als Eigentümerin der Scheinbestandteile mit diesen nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann (§ 903 Satz 1 BGB). Weiter kann sie das Eigentum an den „störenden“ Scheinbestandteilen auf die Klägerin übertragen, wobei es innerhalb ihrer Dispositionsfreiheit auch liegt, zu welchen wirtschaftlichen Bedingungen sie hierzu bereit ist. Schließlich käme es auch in Betracht, lediglich Nutzungsrechte an dem Fernwärmeversorgungsnetz gegen Entgelt zu übertragen.
c)
144 
Ein Übereignungsanspruch aus § 1004 Absatz 1 BGB ergibt sich schließlich auch nicht aus der Überlegung der Klägerin, das Gesetz eröffne dem Eigentümer der Hauptsache, mit der eine andere Sache verbunden ist, immer die Möglichkeit, entweder die Trennung zu verlangen oder Eigentümer der verbundenen Sache zu werden. Diese Beziehung zwischen dem Beseitigungsanspruch und der Möglichkeit, auf das Eigentum zuzugreifen, sei nur bei Leitungsnetzen durchbrochen, weil diese als Scheinbestandteile angesehen würden.
145 
Die Auffassung der Klägerin würde dazu führen, dass Scheinbestandteile entgegen den gesetzlichen Wertungen so behandelt werden würden, als handele es sich um wesentliche Bestandteile. Führt das Leitungsnetz über die Grundstücke verschiedener Eigentümer, käme es zudem zu einer Aufspaltung der Eigentumsverhältnisse. Diese Folge liefe der von der Klägerin hervorgehobenen Bestrebung des Gesetzgebers zuwider, eine Wertzerstörung zu vermeiden.
III.
146 
Anträge Ziff. III und IV (Übertragung von Rechten u.a.)
147 
Mit dem Antrag Ziff. III begehrt die Klägerin u.a. die Übertragung von Rechten (beschränkt persönliche Dienstbarkeiten sowie schuldrechtliche Nutzungsrechte an Grundstücken Dritter), die Mitwirkung an der Übernahme von Anschlussverträgen der Kunden sowie die Herausgabe von Unterlagen und Informationen, die für den Betrieb des Netzes erforderlich sind.
148 
In Ermangelung eines Herausgabe- bzw. Übereignungsanspruchs bezüglich des Fernwärmetransportsystems scheiden auch die damit zusammenhängenden Folgeansprüche von vornherein aus.
149 
Ebenfalls nicht zum Tragen kommt der im Antrag Ziff. IV. angesprochene Zug-um-Zug-Vorbehalt.
IV.
150 
Antrag V (Feststellungsantrag)
151 
Über den hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte zu demjenigen verpflichtet ist, was die Klägerin mit ihren Leistungsanträgen begehrt, ist nicht zu entscheiden. Der Hilfsantrag wurde unter der innerprozessual zulässigen Bedingung gestellt, dass der Senat die Leistungsanträge für unzulässig hält. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
V.
152 
Antrag Ziff. VI (Feststellung der Berechnungsgrundlagen für die Gegenleistung)
153 
Der Antrag zur Feststellung der Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung der Gegenleistung, die von der Klägerin Zug-um-Zug für die Übereignung des Fernwärmetransportsystems zu erbringen ist, ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf dahingehende Feststellungen, da ein entsprechender Übereignungsanspruch nicht besteht.
VI.
154 
Antrag Ziff. VII (Beseitigung der Fernwärmeversorgungsanlagen)
155 
Dieser Antrag der Klägerin ist begründet. Sie hat aus § 1004 Absatz 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigungen, die sich aus der Verlegung des Fernwärmetransportsystems auf und in ihren Grundstücken ergeben.
1.
156 
Endet die Gestattung einer Wegenutzung, hat der vormals Berechtigte die Nutzung einzustellen und die eingebrachten Anlagen nach § 1004 Absatz 1 BGB zu beseitigen (BGH, Beschluss vom 03. Juni 2014 – EnVR 10/13, juris Rn. 29; BGH, Urteil vom 24. Januar 2003 – V ZR 175/02, juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1975 – V ZR 38/74, juris Rn. 13).
157 
Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Die Klägerin weist darauf hin, dass Teile des Netzes bereits vor vielen Jahrzehnten gebaut wurden und wegen zwischenzeitlicher Alterung bzw. wegen Schadstoffbelastungen auszutauschen sind. Weitere Anlagenteile verschlechtern sich allmählich im Laufe der kommenden Jahrzehnte, in denen der titulierte Beseitigungsanspruch durchsetzbar bleibt (§ 197 Absatz 1 Nr. 3, § 201 Satz 1 BGB). Die Klägerin verfolgt ein berechtigtes Interesse, die durch die Entfernung solcher Anlagenteile entstehenden Kosten abzuwenden und hierfür die Beklagte zur Verantwortung zu ziehen, in deren wirtschaftlichem Interesse der Betrieb des Fernwärmeversorgungsnetzes lag und die sich auch in § 8 Absatz 1 des Konzessionsvertrages zur Tragung der Kosten für jedwede Veränderung der Versorgungsleitungen verpflichtet hat.
158 
Aber auch hinsichtlich der (noch) verwendungsfähigen Teile – worum sich die Parteien im Kern streiten – bestünde dem Grunde nach ein Beseitigungsanspruch der Klägerin, selbst wenn die Klägerin ihn (derzeit) nicht durchsetzen würde, weil ihr Interesse im Weiterbetrieb liegt. Würde sie dennoch – im Einklang mit dem Vertrag und unter Ausschöpfung ihrer Eigentumsrechte – auf der Einstellung der Wegenutzung bestehen, müsste die Beklagte die Fernwärmeversorgung einstellen, weshalb auch die Interessen der bisherigen Kunden an einer Weiterbelieferung nicht dazu führen, dass die Klägerin den Fortbestand der Leitungen gem. § 1004 Absatz 2 BGB zu dulden hätte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Januar 2003 – V ZR 175/02, juris Rn. 18).
2.
159 
Eine Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB ergibt sich nicht aus §§ 19, 33 GWB, da die Klägerin aus den nachfolgend unter C. II zur Widerklage dargestellten Gründen keinem Kontrahierungszwang unterliegt, aufgrund dessen sie zum Abschluss eines neuen Wegenutzungsvertrags mit der Beklagten verpflichtet wäre.
3.
160 
Der Einwand der Beklagten, eine Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs verstoße gegen das Schikaneverbot, geht fehl. Die Ausübung eines Rechts ist nach § 226 BGB unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Jedes objektiv erkennbare Interesse an der Rechtsausübung, dem die Berechtigung nicht abgesprochen werden kann, schließt den Schikaneeinwand aus (BayVerfGH, Entscheidung vom 02. Februar 2004 – Vf. 40-VI-03, juris Rn. 23). Zum Verlangen, Rohrleitungen zu beseitigen, hat bereits das Reichsgericht entschieden, dass in der unbeschränkten Erlangung des Eigentumsrechts ein objektiv berechtigtes Interesse liegt (RG, Urteil vom 19. Mai 1903 – VII 72/03, RGZ 54, 433). Im Übrigen ist das wirtschaftliche Interesse der Beklagten, ihre Kunden weiterzubeliefern, nicht geeignet, mithilfe des gegen die Folgen der Vertragsbeendigung erhobenen Schikaneeinwandes weiterreichende Nutzungsrechte zu erhalten, als sie vertraglich zugesichert wurden.
C
161 
Die Berufung der Klägerin zur Widerklage führt zu deren Abweisung und zur Aufhebung des Feststellungsausspruchs unter Ziffer 3 des Urteilstenors, dass die Klägerin verpflichtet sei, zugunsten der Beklagten innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils ein Angebot auf Vereinbarung von Gestattungsrechten für die gegenwärtig in der Stadt S betriebenen Fernwärmeleitungen, im Einzelnen aufgeführt in Anlage W 1 zur Widerklage, für die Dauer von höchstens zwanzig Jahren zu machen, im Gegenzug zur Zahlung eines angemessenen Gestattungsentgelts, mindestens jedoch in Höhe von 1,5 % netto ohne MwSt. des Umsatzes aus der Abgabe von Fernwärme durch die Beklagte an Letztverbraucher in der Gemarkung der Klägerin ausschließlich der Fernwärmelieferungen an die Klägerin.
I.
162 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Widerklageantrag allerdings zulässig. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass über den Inhalt des abzuschließenden Vertrages ein zweiter Rechtsstreit entbrennen könnte.
163 
Zwar steht die Möglichkeit einer Leistungsklage der Feststellungsklage regelmäßig entgegen (BGH, Beschluss vom 04. April 1952 - III ZA 20/52, juris Rn. 3). Ein Leistungsantrag im Sinne von § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO, gerichtet auf die Abgabe eines Vertragsangebots, setzt allerdings voraus, dass die Abgabe eines konkreten Angebots verlangt wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1981 – KZR 19/80, juris Rn. 9 – Sportschuhe). Ein Wegenutzungsvertrag für den Betrieb eines Fernwärmeversorgungssystems kann jedoch – wie die zwischen den Parteien im Verlauf des Verfahrens gewechselten Vertragsentwürfe zeigen – über die wesentlichen Regelungspunkte (Wegenutzungsrecht, Entgelt und Vertragslaufzeit) hinausgehen und detaillierte Regelungen enthalten. Diesbezüglich bleibt der Klägerin auch in den Grenzen des § 19 GWB ein Gestaltungsspielraum. Da sich bei Wahrung dieses Gestaltungsspielraums gerichtlich nicht feststellen lässt, dass die Klägerin zur Abgabe eines bestimmten Vertragsangebots mit bestimmten Bedingungen verpflichtet ist, ist das erforderliche rechtliche Interesse für eine Feststellungsklage anzuerkennen, durch die der wesentliche Rahmen des abzugebenden Angebots, hinsichtlich dessen kein Gestaltungsspielraum besteht, festgelegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1985 – KZR 35/83 – Technics, juris Rn. 12).
164 
Dieser Erwägung steht auch nicht der Einwand der Klägerin entgegen, dass wegen der unterschiedlichen Auffassungen der Parteien ein zweiter Rechtsstreit drohe. Zwar trifft es zu, dass ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur gegeben ist, wenn dem Rechtsinhaber eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das Urteil auf die Feststellungsklage geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 22. Juni 1977 – VIII ZR 5/76, juris Rn. 11). Insofern ist zwar denkbar, dass im Anschluss zwischen den Parteien ein Rechtsstreit darüber geführt wird, ob das (zu erstellende) Vertragsangebot der Klägerin die Grenzen des § 19 GWB einhält. Dies ändert jedoch nichts an der Geeignetheit der Feststellungsklage zur Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Klägerin der Beklagten dem Grunde nach verpflichtet ist, ein Vertragsangebot über die Einräumung von Wegerechten zu unterbreiten.
II.
165 
Die Widerklage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Einräumung von Leitungsverlegungsrechten nach § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1, Nr. 4 und § 33 Absatz 1 GWB.
1.
166 
Nach § 19 Absatz 1 GWB ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen verboten. Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen (§ 19 Absatz 2 Nr. 1 GWB). Die Anwendung dieser Bestimmung wird im vorliegenden Fall nicht durch § 111 EnWG ausgeschlossen, da sich der Anwendungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes nur auf Elektrizität und Gas bezieht (§ 1 Absatz 1 EnWG).
167 
§ 33 Absatz 1 GWB bestimmt, dass der Verletzer gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Hieraus kann sich im Einzelfall ein Kontrahierungszwang ergeben (BGH, Urteil vom 20. November 1975 – KZR 1/75, juris Rn. 35 – Rossignol; BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 – KZR 41/14, juris Rn. 26 – Jaguar-Vertragswerkstatt).
2.
168 
Nicht als Klagegrund geltend gemacht ist eine Übernahme des vorhandenen Netzes durch die Klägerin. Ohne die Einwilligung der Beklagten in die Nutzung ihres Eigentums darf die Klägerin die bereits verlegten Fernwärmetransportanlagen auch nicht verwenden.
3.
169 
Nach dem Vortrag der Beklagten, wie er auch im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben ist, soll der Verstoß gegen das Behinderungsverbot darin liegen, dass die Klägerin ohne ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren die Beendigung der Versorgungstätigkeit der Beklagten verfolge und stattdessen die Fernwärmeversorgung in eigener Regie übernehmen wolle. Ihre ursprüngliche Absicht zur Durchführung eines Auswahlverfahrens habe sie aufgegeben. Aus dem Protokoll der maßgeblichen Gemeinderatssitzung ergebe sich, dass die Klägerin das Ziel einer Kommunalisierung des Fernwärmenetzbetriebes verfolge und deshalb das Netz in eigener Regie übernehmen wolle.
a)
170 
Eine unbillige Behinderung eines anderen Unternehmens (§ 19 Absatz 2 Nr. 1 GWB) lässt sich auf diesen Vortrag nicht stützen.
aa)
171 
Das Landgericht hat seinem Urteil zugrunde gelegt, dass die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin in der Vergabe von Wegenutzungsrechten liege. Zwar handeln die Kommunen bei Abschluss eines entsprechenden Gestattungsvertrages als Unternehmer (BGH, Beschluss vom 15. April 1986 – KVR 6/85, juris Rn. 14 – Wegenutzungsrecht; BGH, Beschluss vom 11. März 1997 – KZR 2/96, juris Rn. 17 – Erdgasdurchgangsleitung) und haben dabei eine marktbeherrschende Stellung bezüglich des Angebots von Wegenutzungsrechten auf dem örtlich auf das Gemeindegebiet beschränkten Markt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – KZR 65/12, juris Rn. 15 – Stromnetz Heiligenhafen; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013, KZR 66/12, juris Rn. 20 – Stromnetz Berkenthin). Die Beklagte behauptet jedoch schon nicht, dass die Klägerin auch nach Beendigung des streitgegenständlichen Konzessionsvertrages Wegenutzungsrechte vergeben werde. Sie stützt ihren Antrag vielmehr auf die Behauptung, die Klägerin beabsichtige den Betrieb des Fernwärmenetzes in Eigenregie. Damit ist zwar eine unternehmerische Tätigkeit behauptet, die allerdings im Betrieb des Fernwärmetransportsystems liegt, nicht jedoch in der entgeltlichen Gewährung von Wegenutzungsrechten.
172 
Es gibt auch keine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinden, Nutzungsrechte an öffentlichen Verkehrswegen für die Verlegung und den Betrieb von Fernwärmeleitungen zur Verfügung zu stellen. Hierin liegt ein maßgeblicher Unterschied zur Verlegung von Leitungen, die der Versorgung von Verbrauchern mit Elektrizität und Gas dienen. § 46 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Absatz 1 EnWG verpflichtet – bezogen auf diesen Bereich – die Gemeinden zum Abschluss entsprechender Wegenutzungsverträge, woraus deren unternehmerische Tätigkeit als Anbieter gewerblicher Leistungen im Sinne von § 18 GWB folgt. Im Hinblick darauf, ob sie überhaupt Dritten Wegenutzungsrechte für Fernwärmeversorgungsanlagen (oder andere denkbare Zwecke) einräumen möchte, ist die Gemeinde hingegen in ihrer Entscheidung frei. Schließt sie mit Dritten keine entsprechenden entgeltlichen Verträge, bietet sie keine gewerblichen Leistungen in Gestalt der Vergabe von Wegenutzungsrechten an und ist daher insoweit auch nicht unternehmerisch tätig.
bb)
173 
Im Übrigen ist der Vortrag der Beklagten auch nicht geeignet, einen Kontrahierungszwang zu begründen. Ein Kontrahierungszwang ergibt sich als Rechtsfolge aus § 33 Absatz 1 GWB nur, wenn es sich bei diesem um den einzigen sachgerechten Weg zur Beseitigung der unbilligen Behinderung handelt und der Abschluss eines solchen Vertrages selbst nicht gegen gesetzliche Verbote verstößt (Bornkamm/Tolkmitt in Langen/Bunte, Kartellrecht, 13. Aufl. 2018, § 33 GWB Rn. 11/12). Die Beklagte weist aber selbst darauf hin, dass die Wegenutzungsrechte auch durch ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren vergeben werden könnten (so auch Bundeskartellamt, Sektorenuntersuchung Fernwärme 2012, Rn. 256 – Anlage K 3). Geht es um die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin durch die Einräumung von Wegenutzungsrechten, kann sich der Anspruch der Beklagten allenfalls auf eine Gleichbehandlung mit anderen Unternehmern richten, bei Durchführung eines Vergabeverfahrens mithin auf die Teilnahme an ebendiesem und auf ein diskriminierungsfreies und transparentes Verfahren (vgl. hierzu OLG Stuttgart, Urteil vom 06. Juni 2019 – 2 U 218/18, juris Rn. 59 ff.).
cc)
174 
Ungeachtet dessen liegt in der Verweigerung eines Anschlussvertrages über die Wegenutzung auch keine unbillige Behinderung der Beklagten.
175 
Ob eine Behinderung unbillig ist oder einer unterschiedlichen Behandlung die sachliche Rechtfertigung fehlt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen zu beurteilen, die sich an der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Funktion des Gesetzes zu orientieren hat (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 – KZR 32/01 – Schülertransporte, juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 27. April 1999 – KZR 35/97 – Feuerwehrgeräte, juris Rn. 12). Diese Interessenabwägung fällt zugunsten der Klägerin aus.
(1)
176 
Dabei ist auf Seiten der Beklagten ihr Interesse an der Fortsetzung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit unter Ausnutzung der ihrerseits bereits getätigten Investitionen in das Fernwärmenetz zu berücksichtigen. Weiter ist zu beachten, dass die Übernahme des Netzes durch die Klägerin zwingend mit einer Entkopplung von Wärmeerzeugung und Wärmetransport verbunden wäre, was für die Beklagte aus unternehmerischer Sicht eine unerwünschte Folge wäre. Dem steht jedoch auf Seiten der Klägerin das Interesse entgegen, selbst die Verteilung der Fernwärme im Gemeindegebiet zu übernehmen und daher der Beklagten und anderen interessierten Unternehmen (zunächst) keine Wegenutzungsrechte mehr zum Betrieb von Fernwärmeversorgungseinrichtungen einzuräumen.
(2)
177 
Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, ob der geschützte Unternehmer die Belastungen, gegen die er sich wehrt, freiwillig übernommen hat (Nothdurft in: Langen/Bunte, a.a.O., § 19 GWB Rn. 314). Er muss sich an den Konditionen eines unter Wettbewerbsbedingungen ausgehandelten Vertrages festhalten lassen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 – KZR 2/15, juris Rn. 36 – Kabelkanalanlagen).
178 
Dieser Gesichtspunkt spricht entscheidend gegen die Beklagte. Vorliegend hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Wegenutzungsrechte mit der Maßgabe erhalten, dass diese nach rund zwanzig Jahren – ohne Kündigung – enden. Die Beendigung des Vertrages als solche ist mithin die Folge einer freien Willensentschließung der Vertragsparteien, die sich die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der T zurechnen lassen muss. Die damit verbundenen – aus der Sicht der Beklagten unerwünschten – Folgen sind zwingende Begleiterscheinungen, die als solche im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vorhersehbar waren. Die Beklagte musste sich daher bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit darauf einrichten, dass die Wegenutzungsrechte nach der vereinbarten Zeit enden, insbesondere konnte sie diese Umstände kalkulatorisch und technisch berücksichtigen.
(3)
179 
Es kommt hinzu, dass unter der gebotenen besonderen Berücksichtigung der Freiheit des Wettbewerbs die Beendigung des Vertrages sachlich gerechtfertigt ist. Das Begehren der Beklagten ist unter dem Gesichtspunkt der Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Offenheit des Marktzugangs sicherzustellen, kaum förderlich. Ließe sich kartellrechtlich ein Kontrahierungszwang der Klägerin begründen, so bedeutete dies, dass die Beklagte auf ewig einen Anspruch auf Einräumung der Wegenutzungsrechte für den Betrieb des Fernwärmetransportsystems haben würde, wodurch sie wiederum eine marktbeherrschende Stellung bei der Versorgung der an das Fernwärmenetz angeschlossenen Abnehmer erhalten würde. Mit der Anschlussberufung begehrt die Beklagte sogar ein Wegenutzungsrecht über den bisherigen Umfang hinaus. Demgegenüber gibt die Klägerin an, ein Vergabeverfahren durchführen zu wollen mit dem Ziel eines Wettbewerbs um die Durchleitung von Fernwärme. Dies entspricht dem Zweck des Gesetzes, Märkte offen zu halten. Ferner verfolgt die Klägerin damit ein öffentliches Interesse und setzt ihr Recht zur Gestaltung der Fernwärmeversorgung um, welches ihr nicht nur kraft Artikel 28 Absatz 2 GG und Artikel 71 Absatz 1 LV zusteht, sondern auch als Eigentümerin der hierfür erforderlichen Wegegrundstücke. Die Gemeinde muss auch als Eigentümerin der Wegegrundstücke grundsätzlich keine Nutzung hinnehmen, die sie nicht will, sofern nicht ausdrücklich eine entsprechende rechtliche Verpflichtung – wie z.B. in Gestalt des § 46 Absatz 1 EnWG für den Bereich der Strom- und Gasversorgung – besteht.
b)
180 
Es liegt auch keine missbräuchliche Verweigerung eines Netzzugangs nach § 19 Absatz 2 Nr. 4 GWB vor. Demnach liegt ein Missbrauch vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren und es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden (§ 19 Absatz 2 Nr. 4 GWB).
181 
Durch die Vorschrift soll dem Phänomen Rechnung getragen werden, dass auf bestimmten Märkten Wettbewerb nur möglich ist, wenn bestehende Netze und Infrastruktureinrichtungen von mehreren Wettbewerbern in Anspruch genommen werden können (Bechtold/Bosch, 9. Aufl. 2018, § 19 GWB Rn. 67). Die Wegegrundstücke, die die Beklagte nutzen möchte, sind jedoch keine Infrastruktureinrichtungen. Als solche sind zwar Straßen anzusehen, aber nur für die zum Gemeingebrauch gewidmeten Zwecke oder für eine erlaubnispflichtige Sondernutzung (§§ 13, 16 StrG). Für die sonstige Nutzung (§ 21 StrG), zu der auch die Verlegung und Nutzung von Versorgungsleitungen gehört, besteht noch keine Infrastruktur.
182 
Als ein solches Netz wäre zwar das Fernwärmetransportsystem anzusehen. Die Klägerin wäre als (künftige) Betreiberin des Fernwärmetransportsystems auch Normadressatin, denn es reicht zumindest aus, dass die beherrschende Stellung auf dem Markt für die Mitbenutzung der Infrastruktureinrichtung besteht (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 – KVR 27/04, juris Rn. 35 – Arealnetz). Die Beklagte will jedoch nicht den Zugang zum Fernwärmetransportsystem erstreiten. Das Klageziel besteht vielmehr darin, selbst das Recht zum Betrieb eines solchen Systems zu erhalten. Davon, dass sie gegen einen anderen Betreiber einen Anspruch auf Durchleitung von Heizwärme an ihre Kunden hätte, geht die Beklagte unbestritten aus (Bl. II-177, III-303).
III.
183 
In Ermangelung eines Anspruchs auf die Einräumung eines Gestattungsvertrages ist die zulässige Anschlussberufung der Beklagten, die sich auf den Umfang, die Dauer sowie die Gegenleistung bezieht, unbegründet.
IV.
184 
Nicht zur Entscheidung steht der Hilfsantrag Ziff. IX der Klägerin, da die innerprozessuale Bedingung – Annahme der Verpflichtung für ein Angebot eines Gestattungsvertrages – nicht eingetreten ist.
D
I.
185 
Der für die Berechnung der Gerichtskosten maßgebliche Gesamtstreitwert der verbundenen Verfahren ist gemäß § 39 Absatz 2 GKG auf 30.000.000,00 Euro festzusetzen. Auch wenn die Werte von in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachten Ansprüchen, die in einem Prozess verhandelt werden und nicht denselben Gegenstand betreffen, zusammengerechnet werden (§ 45 Absatz 1 Satz 1 GKG), bleibt es bei diesem Höchstwert (BGH, Beschluss vom 06. April 2010 – II ZR 130/08).
II.
186 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1 ZPO entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen bezüglich der einzelnen Klageanträge.
1.
187 
Der Senat hat diese zur Ermittlung der Kostenquote fiktiv wie folgt bewertet:
188 
Erster Rechtszug:
        
Klage – LG Stuttgart 11 O 225/16 :
        
Klageanträge Ziff. 1 bis 5 –
Übertragung des Netzes mit Nebenansprüchen –
zusammen
30.000.000,00 Euro
        
Hilfsantrag Ziff. 8 – Beseitigung der Anlagen
30.000.000,00 Euro
                        
        
Widerklage – LG Stuttgart 11 O 245/16:
        
Neuabschluss Konzessionsvertrag
hinsichtlich des bestehenden Netzes
24.680.000,00 Euro
        
Erweiterung des Netzes
6.170.000,00 Euro
        
SUMME:
60.850.000,00 Euro
                
Zweiter Rechtszug
        
        
Berufung der Klägerin :
        
Anträge I, III, IV und VI –
Eigentum hinsichtlich der Fernwärmeversorgungsanlagen mit
Nebenansprüchen - zusammen
30.000.000,00 Euro
        
Hilfsantrag II – Übertragung der Anlagen
(§ 45 Absatz 1 Satz 3 GKG)
30.000.000,00 Euro
        
Hilfsantrag VII – Beseitigung der Anlagen
30.000.000,00 Euro
        
Antrag VIII – Aufhebung der auf die Widerklage
hin erfolgten Verurteilung
6.170.000,00 Euro
                        
        
Anschlussberufung der Beklagten:
        
Antrag 2a – Dauer des Vertrages
und Höhe des Entgelts
18.510.000,00 Euro
        
Antrag 2 b – Erweiterung des bestehenden
Fernwärmenetzes
5.320.000,00 Euro
        
SUMME:
120.000.000,00 Euro
189 
Bei der fiktiven Bewertung der Widerklage hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte als erzielbares Jahresentgelt einen Wert von 1,234 Mio. Euro angegeben hat, womit ihr Interesse bei einer 20jährigen Wegenutzung mit 24.680.000,00 Euro zu bewerten ist (§ 9 Satz 2 ZPO). Das Interesse an der Erweiterung des Netzes schätzt der Senat 25 % dieses Betrages (6.170.000,00 Euro).
2.
190 
Ausgehend von diesen fiktiven Wertansätzen hat die Klägerin obsiegt:
191 
- erstinstanzlich mit Gegenständen im (fiktiven) Wert von 60.850.000 Euro (Klage-Hilfsantrag Ziff. 8; Widerklage) im Verhältnis zu einem (fiktiven) Gesamtwert von 90.850.000 Euro
192 
- sowie zweitinstanzlich mit Gegenständen im (fiktiven) Wert von 60.000.000 Euro (Berufungsanträge VII [Hilfsantrag] und VIII; Anschlussberufungsanträge 2a und 2b) im Verhältnis zu einem (fiktiven) Gesamtwert von 120.000.000 Euro.
193 
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin daher zu 1/3, die Beklagte zu 2/3. Die Kosten der zweiten Instanz sind gegeneinander aufzuheben.
III.
194 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.
IV.
195 
Das von der Beklagten beantragte Recht auf Erklärungen zu den Erörterungen der Rechtslage in der mündlichen Verhandlung war nicht zu gewähren, da nicht ersichtlich geworden ist, dass durch Hinweise des Senats neue Angriffs- und Verteidigungsmittel erforderlich geworden sind. Dies ergibt sich auch nicht aus dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz der Beklagten vom 06. März 2020.
V.
196 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die vorliegende Entscheidung wendet die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den Einzelfall an.
1.
197 
Zugunsten der Klägerin ist die Revision auch nicht gemäß § 543 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
198 
Die vorliegende Entscheidung weicht zwar von dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (NJWE-WettbR 1997, 135) ab, mit dem die entsprechende Anwendung von § 547a Absatz 2 BGB a.F. und § 997 Absatz 2 BGB befürwortet wurde. Dieses Urteil hat aufgrund von Gesetzesänderungen jedoch seine Relevanz für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits verloren. Zum einen galt § 547a Absatz 2 BGB a.F. für alle Arten von Mietverhältnissen (vgl. § 580 BGB a.F.), wohingegen § 552 BGB n.F. nur auf Gewerberaum- und Wohnraummietverträge, aber schon nicht mehr auf Mietverträge über Grundstücke anwendbar ist und damit den Charakter einer Sonderregelung erhält. Zum anderen hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit § 13 Absatz 2 Satz 2 EnWG 1998, dem Vorläufer des § 46 EnWG, die Pflicht des Versorgers statuiert, gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung die Verteilungsanlagen für Elektrizität und Gas an den neuen Energieversorgungsunternehmen zu übereignen (vgl. Danner/Theobald, Energierecht, 103. EL Oktober 2019, § 46 EnWG Rn. 5, 18). Nachdem der Gesetzgeber die Fernwärmeversorgung bewusst nicht in den Anwendungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes einbezogen hat, liegt zu dieser Frage – wie bereits vom Landgericht zutreffend ausgeführt – schon deshalb keine planwidrige Lücke vor.
2.
199 
Im Hinblick auf die Abweisung der Widerklage liegen die Voraussetzungen einer Revisionszulassung ebenfalls nicht vor.
a)
200 
Die Widerklage scheitert bereits an dem anerkannten Grundsatz, dass sich ein Kontrahierungszwang als Rechtsfolge eines kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs nur ergeben kann, wenn es sich um den einzigen sachgerechten Weg zur Beseitigung der unbilligen Behinderung handelt.
b)
201 
Schon deshalb ist nicht mehr entscheidend, dass auch die von der Beklagten vorgetragenen Gründe für eine Revisionszulassung für sich genommen weder eine grundsätzliche Bedeutung noch ein Erfordernis einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erkennen lassen.
202 
Insbesondere weicht die vorliegende Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinen Urteilen vom 17. Dezember 2013 – KZR 65/12 und KZR 66/12 – ab, mit denen er ausgesprochen hat, dass die Gemeinden marktbeherrschende Anbieter von Wegenutzungsrechten für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes sind. Wie ausgeführt, sind die Kommunen hinsichtlich der Strom- und Gasnetze gemäß § 46 Absatz 1 EnWG gesetzlich verpflichtet, Wegenutzungsrechte anzubieten. Die gesetzliche Ausgangslage unterscheidet sich grundlegend. Eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung gibt es nicht für Fernwärmetransportsysteme.
203 
Keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung haben auch die weiteren von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen, die alle im Kern darauf abzielen, die Kommune zur Einräumung von Wegenutzungsrechten zu verpflichten, weil das bestehende Fernwärmenetz zur Aufrechterhaltung der Versorgung weiterbetrieben werden müsse und keine Werte vernichtet werden dürften. Diese Fragen kommen im konkreten Einzelfall auch deshalb nicht zum Tragen, weil die Beklagte nur ein zeitlich beschränktes vertragliches Nutzungsrecht erworben hat.

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