Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 8 K 2835/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der am 00.00.0000 geborene ledige Kläger ist Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik. Seine Eltern waren nicht verheiratet. Im Alter von ein oder zwei Jahren heiratete seine Mutter einen deutschen Staatsangehörigen und zog zu diesem nach Deutschland. Sie besitzt inzwischen ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Kläger wuchs zunächst in der Obhut seiner Tante in der Dominikanischen Republik auf. Kontakt zu seiner Mutter bestand zu dieser Zeit kaum, diese war dort etwa alle zwei bis drei Jahre zu Besuch. Zu seinem Vater bestand ebenfalls kaum Kontakt. Dieser siedelte kurz nach der Geburt des Klägers nach Puerto Rico über, um dort einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ab etwa dem Alter von fünf Jahren wuchs der Kläger bei seinen Großeltern väterlicherseits auf, die vergleichsweise wohlhabend waren und auf einem größeren Anwesen lebten.
3Am 00. Mai 2006 reiste der Kläger im Alter von 14 Jahren mit einem Visum zum Familiennachzug zu seiner Mutter in das Bundesgebiet ein. Der damals zuständige Rhein-Sieg-Kreis erteilte ihm am 26. Mai 2006 eine bis zum 3. Mai 2009 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG. Nach Umzug des Klägers nach Köln im Jahr 2008 wurde ihm auf einen konkludenten Verlängerungsantrag aus April 2009 am 15. Februar 2011 eine bis zum 17. November 2011 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 34 Abs. 2 AufenthG erteilt. Auf einen rechtzeitig gestellten - konkludenten - Verlängerungsantrag erteilte ihm die Stadt Köln am 8. Januar 2013 letztmalig eine bis 7. Januar 2014 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 34 Abs. 2 AufenthG. Einen weiteren Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis stellte der Kläger, der am 1. August 2013 festgenommen wurde und sich danach in Haft befand, zunächst nicht. Erst im August 2020 beantragte er bei der Ausländerbehörde des Rhein-Sieg-Kreises die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Seit dem 18. August 2020 erhält er von der Beklagten fortlaufend Duldungen mit dem Zusatz „Wohnsitznahme: B. “.
4Der Kläger, der in der Dominikanischen Republik nicht zur Schule gegangen war, ging in Deutschland nach dem Besuch einer Vorbereitungsklasse zunächst auf die Hauptschule, danach war er für drei Monate in einem Berufskolleg eingeschrieben. Beide Schulen verließ er ohne Abschluss. Wegen diverser Konflikte mit seinem Stiefvater zog der Kläger von zu Hause aus. Er war in verschiedenen Heimen untergebracht, wo es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Mitbewohnern kam. Nach Aufenthalten bei Freunden, seiner Tante und in Wohnungsloseneinrichtungen in L. , T. und M. war er lange Zeit ohne festen Wohnsitz. In den Wohnungsloseneinrichtungen fiel er immer wieder durch Fehlverhalten auf und wurde von dort verwiesen. Im Sommer 2013 wohnte er bei einem Bekannten in einem Zimmer zur Untermiete. Zeitweilig übte der Kläger Gelegenheitstätigkeiten aus. So arbeitete er über eine Leiharbeitsfirma im Schichtdienst in einer Brötchenfabrik, als ungelernte Hilfskraft in einem Lager, beim Gerüstbau, bei einem Umzugsunternehmen oder in einer Kfz-Werkstatt. Im Übrigen bestritt er seinen Lebensunterhalt mit staatlichen Transferleistungen. Der Kläger spricht Spanisch und Deutsch.
5Der Kläger ist Vater zweier Töchter, der am 00.00.0000 geborenen N. L1. und der am 00.00.0000 geborenen N1. M1. L1. S. , die beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Der Kläger hat für beide die Vaterschaft anerkannt. Die ältere Tochter wächst bei der Mutter des Klägers in T. in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII auf. Die jüngere Tochter lebt in einer Pflegefamilie in C. Die Pflegemutter wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C. vom 13. Februar 2017 zum Vormund bestellt. Nach deren Geburt sah der Kläger seine Töchter zuerst zirka zweimal pro Woche, später nur noch sporadisch. Zur Mutter seiner Töchter besteht von Seiten des Klägers kein Kontakt mehr. Das Verhältnis zu dieser war aufgrund der Tätlichkeiten des Klägers gegen diese problembehaftet.
6Der Kläger ist im Bundesgebiet wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Bundeszentralregisterauszug vom 19. Oktober 2021 enthält acht Eintragungen:
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1. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts L. vom 23. Februar 2011 - 648 Ds 320/10 - 191 Js 794/10 - wurde der Kläger des unbefugten Gebrauchs von Kraftfahrzeugen, Hausfriedensbruchs in vier Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz sowie der Urkundenfälschung, des unerlaubten Entfernens vom Unfallorts und Diebstahls für schuldig befunden (Datum der letzten Tat: 14. September 2010). Die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde zunächst auf ein Jahr festgesetzt, später bis zum 2. März 2012 verlängert.
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2. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - L. vom 28. Januar 2013 - 648 Ls 196/12 191 Js 1292/11- wurde der Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen, Nötigung und Verstoßes gegen das Waffengesetz unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts L. vom 23. Februar 2011 zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt (Datum der letzten Tat: 8. April 2012). Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt. Außerdem wurde eine Intensivbewährungshilfe angeordnet. Wegen des Abbruchs des Kontakts mit dem Bewährungshelfer, dem Ausschluss aus dem angeordneten Anti-Aggressionstraining und der Verlagerung des Wohnsitzes ohne Mitteilung erließ das Amtsgericht L. am 23. Juli 2013 einen Sicherungshaftbefehl gegen den Kläger. Einen Antrag auf Widerruf der Bewährung nahm die Staatsanwaltschaft L. wegen Verbüßung der Einheitsjugendstrafe durch die Sicherungshaft am 4. November 2015 zurück.
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3. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts L. - 5. Große Jugendkammer -vom 25. April 2014 - 161 Js 814/13 115 KLs 27/13 - wurde der Kläger wegen besonders schweren Raubes in sechs Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und elf Monaten verurteilt.
Der Verurteilung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Nach den strafgerichtlichen Feststellungen freundete der Kläger sich im Jahr 2011 mit dem Mitangeklagten an und kam mit diesem überein, gemeinsam Raubtaten zu begehen, um auf diese Weise an Geldmittel für den täglichen Bedarf und für Betäubungsmittel sowie an Sachgegenstände zum eigenen Gebrauch, u.a. hochwertige Mobiltelefone, zu kommen. Hierzu forderten der Kläger und der Mitangeklagte im Zeitraum vom 26. Juni 2013 bis 13. Juli 2013 jeweils bewaffnet mit einem Teleskopschlagstock (Fall 1) bzw. mit einem Klappmesser (Fälle 3 bis 7) unter Vorhalten dieser Waffen die Opfer auf, ihnen Wertgegenstände zu übergeben, oder sie durchsuchten die Opfer auf Wertgegenstände und nahmen ihnen diese dann weg.
14Im Fall 1 (26. Juni 2013) zwang der Kläger unter Vorhalten eines Teleskopschlagstocks zwei Tatopfer sich auf ein Sofa zu setzen, durchsuchte sie und nahm ihnen Wertgegenstände weg. Einem weiteren Tatopfer entwendeten der Kläger und der Mitangeklagte nach Gewaltanwendung durch den Mitangeklagten diverse Wertgegenstände und brachten es zu Fall. Danach versetzten sie ihm Schläge und befahlen ihm in Bauchlage liegen zu bleiben und mit dem Gesicht in Richtung Boden zu schauen. Das Tatopfer trug durch die körperlichen Übergriffe ein Hämatom am Auge und ein großes schmerzhaftes Hämatom am Rücken davon, es hatte drei bis vier Wochen Kopfschmerzen.
15Im Fall 3 (5. Juli 2013, 23:40 Uhr) hielt der Kläger dem Tatopfer ein Messer drohend an den Hals, sodass es zwar nicht zu einer blutenden Verletzung kam, das Opfer jedoch deutlichen Druck verspürte und äußerte, der Kläger solle „halblang machen“, sonst sei es „gleich drin“. Unter weiterem Vorhalten des Messers an den Hals zog der Kläger dem Tatopfer Wertgestände aus den Taschen. Das Tatopfer litt eine Zeit lang unter Schlaflosigkeit und verschaffte sich zu seinem Schutz einen Pfefferspray.
16Im Fall 4 (5. Juli 2013) entgegnete der Kläger auf den Vorschlag des Mitangeklagten, eine Gruppe Jugendlicher „abzuziehen“, „ Ich kenne die zwar, aber mach!“. Bei der anschließenden Tatbegehung mit einem ausgeklappten Messer durch den Mitangeklagten ging der Kläger zwischen den Tatopfern hin und her und passte auf, dass sich niemand entfernte oder zur Wehr setzte.
17Im Fall 5 (5. Juli 2013, 03:20 Uhr) nahm der Kläger das Tatopfer, das der Mitangeklagte in ein Gespräch verwickelt hatte, von hinten in einen Würgegriff. Dazu legte er seinen linken Arm um den Hals des Opfers und drückte stark zu, sodass das Tatopfer erheblichen Druck auf seinen Kehlkopf verspürte und Schwierigkeiten hatte zu atmen. Zugleich hielt er mit der rechten Hand ein aufgeklapptes Messer an die rechte Körperseite, was das Opfer durch seine Kleidung spüren konnte. Nach Durchsuchung des Tatopfers nahm der Mitangeklagte diesem mehrere Wertgegenstände und eine Insulinspritze weg.
18Im Fall 6 (10. Juli 2013, 03.15 Uhr) beschlossen der Kläger und der Mitangeklagte zusammen mit zwei weiteren Personen geeignete Opfer „abzuziehen“. Nach dem Einkreisen einer Gruppe von vier Personen packten der Kläger und der Mitangeklagte jeweils ein Tatopfer und hielten ihnen ein Messer vor. Sie drohten u.a. damit, ihnen „die Kehle aufzuschneiden“. Sie befahlen den Opfern, sich nebeneinander hinzuknien, zu Boden zu schauen und ihre Wertsachen herauszugeben.
19Im Fall 7 (13. Juli 2013) trafen der Kläger und der Mitangeklagten auf eine Gruppe junger Männer. Der Kläger forderte ein Tatopfer auf, mit ihm mitzukommen. Als das Opfer dies ablehnte, packte der Kläger es am Jackenkragen und sagte „wenn du nicht mitkommst, dann stech‘ ich dich ab“. Er hielt dem Opfer ein Messer an den Hals, was dieses durch den Stoff des Kragens spürte. In Todesangst leistete das Opfer den Befehlen des Klägers Folge und ließ sich von ihm durchsuchen und verschiedene Wertgegenstände wegnehmen.
20Der Kläger wurde von der Sachverständigen Dr. K. begutachtet. Diese stellte zum Drogenkonsum fest, dass die jahrelange Drogenanamnese bei dem durchschnittlich intelligenten Kläger nicht zu einer kognitiven Beeinträchtigung geführt habe. Der Rauschmittelkonsum stelle sich als schädlicher Gebrauch ohne Entwicklung einer schweren Drogenabhängigkeit dar. Eine Suchtentwicklung sei nicht erkennbar. Gegen die Annahme einer Abhängigkeitsentwicklung spreche auch, dass es noch nicht zum Gebrauch von „Downern“ zur Neutralisation der Aufputschmittel gekommen sei. Des Weiteren diagnostizierte die Sachverständige bei dem Kläger sehr ausgeprägte Reifedefizite. Merkmale einer antisozialen Persönlichkeitsprägung, -akzentuierung oder -störung seien nicht gegeben. Der Kläger kenne die Regeln, aber dieses Wissen werde in Verführungssituationen oder unter Drogen hintan gestellt. In den Straftaten schlage sich zwar eine antisoziale Verhaltensdisposition nieder, hierbei handele es sich jedoch noch um eine lebensphasisch gebundene und auch von gruppendynamischen Faktoren geprägte Delinquenz.
21Im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigte das Landgericht L. zugunsten des Klägers neben seinem Geständnis, dass die Opfer - mit Ausnahme von Fall 1 - keine physischen Folgen davongetragen und keine längerfristigen psychischen Beeinträchtigungen erlitten haben. Zugunsten des Klägers wurde neben seiner schwierigen Sozialisation sowie Integration auch das junge Alter von 21 Jahren sowie das Vorliegen einer ausgeprägten Entwicklungsverzögerung berücksichtigt, die die Taten noch als eine lebensphasisch gebundene, auch von gruppendynamischen Einflüssen geprägte Delinquenz und nicht etwa als Zeichen einer bereits verfestigten dissozialen Entwicklung erscheinen ließen. Der Kläger sei erstmals nach Erwachsenenstrafrecht zu bestrafen und werde zudem erstmalig Strafhaft verbüßen. Zudem berücksichtigte das Landgericht, dass ihm der Widerruf der laufenden Bewährung drohe und er mit ausländerrechtlichen Konsequenzen zu rechnen habe. Zu Lasten des Klägers wurde berücksichtigt, dass er die Taten unter laufender Intensivbewährung begangen hatte und dass sie Teil einer Tatserie von sechs ähnlichen Taten innerhalb eines Tatzeitraums von knapp drei Wochen waren. Lediglich hinsichtlich des Falls 4 ging das Landgericht von einem minder schweren Fall nach § 250 Abs. 3 StGB aus. Bezüglich der übrigen Fälle lehnte es einen minderschweren Fall ab. Zugunsten des Klägers ging das Landgericht zwar von einer Enthemmung durch den Konsum von Marihuana und Amphetamin aus. Eine Verminderung der Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB stellte es jedoch nicht fest.
22Die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt nach § 64 StGB wurde nicht angeordnet, da nach den Ausführungen der Sachverständigen beim Kläger kein Hang im Sinne dieser Vorschrift vorlag.
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4. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts B. vom 11. Januar 2018 ‑ 804 Js 108/17 - 451 Ds 333/17 - wurde der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln - 28,6 g Haschisch – (Datum der Tat: 10. August 2016) zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt.
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5. Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 26. Januar 2018 - 804 Js 2501/17 451 Cs 51/18 - wurde der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln - 0,25 g Amphetamine – (Datum der Tat: 21. Juli 2017) zu einer Gelstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt.
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6. Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 2. August 2018 - 103 Js 674/18 451 Cs 486/18 - wurde der Kläger wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln - 7,51 g Haschisch – (Datum der Tat: 16. April 2018) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt.
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7. Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 26. August 2020 - 107 Js 37/20 442 Ds 205/20 - wurde der Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung - Datum der Tat: 22. Oktober 2019 - zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit endet am 19. Oktober 2022. Der Kläger hatte nach einer körperlichen Auseinander-setzung auf dem Freistundenhof der Haftanstalt dem am Boden liegenden Geschädigten gegen den Kopfgetreten, wodurch dieser erlitt eine Wunde an der linken Schläfe und dem Nasenbein erlitt.
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8. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts B. vom 26. August 2020 - 2 Js 1272/15 64 KLs 17/16 - wurde der Kläger wegen Beihilfe zur Nötigung (Datum der Tat: 9. November 2015) zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt. Der Kläger hatte zusammen mit einem Mitangeklagten die Zelle eines Mitgefangenen während der Bedrohung durch einen Dritten versperrt.
Nach der Festnahme am 1. August 2013 saß der Kläger für ein Jahr in Sicherungs-, dann in Untersuchungs- und seit dem 23. Januar 2015 in Strafhaft, zuerst in der Justizvollzugsanstalt (im Folgenden: JVA) L. und ab dem 10. März 2015 in der JVA B. . In der JVA L. nahm er vom 11. September 2013 bis 19. März 2014 an der schulischen Maßnahme „BFM-Metalltechnik“ teil. In der JVA B. besuchte er ab Juli 2015 eine schulische Vollzeitmaßnahme mit dem Schwerpunkt „Deutsch als Fremdsprache.“ Von Juli bis September 2016 und von Juni bis Dezember 2017 nahm der Kläger an der Motivationsgruppe „Sucht“ teil. In der Zeit vom 16. September 2015 bis 1. Februar 2017 nahm er an 57 Gruppensitzungen des Behandlungsprogramms für inhaftierte Gewaltstraftäter (BiG) teil. In der Haft erhielt er regelmäßig Besuch von seiner Mutter und seinem Stiefvater, die über eine Dauerbesuchserlaubnis verfügten. Ab dem Jahr 2016 besuchte ihn auch seine ältere Tochter N. .
34Unter dem 10. Januar 2017 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ausweisung an. Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 26. Januar 2017 dahin, dass er zwar eine Reihe von Straftaten begangen habe und zu Recht eine Haftstrafe verbüße. Er verfüge jedoch in der Bundesrepublik Deutschland über familiäre Bindungen. Zu seiner in T. lebenden Mutter, die ihn regelmäßig besuchen komme, bestehe intensiver Kontakt. Diese übe während der Zeit der Inhaftierung auch das „Sorgerecht“ für seine ältere Tochter aus. Die Kindesmutter könne wegen psychischer Probleme nicht für die Tochter sorgen. In der Dominikanischen Republik verfüge er nicht mehr über familiäre Kontakte. Durch eine Abschiebung werde er für lange Zeit von seiner Familie getrennt, wodurch seine Motivation, die Haftzeit durchzustehen, um danach ein straffreies Leben zu führen, schwer gestört werde.
35Nach einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme der JVA B. vom 8. Februar 2017 war das Vollzugsverhalten des Klägers nicht beanstandungsfrei. Er habe sich während der Inhaftierung oft auffällig und nicht regelkonform verhalten. Im August 2016 seien ein Mobiltelefon und Haschisch bei ihm gefunden worden. Es sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet und Strafanzeige gestellt worden. Im November 2016 sei wegen Nichtbefolgung von Anweisungen eines Bediensteten ein weiteres Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Der Kläger habe Interesse an einer Ausbildung zum Maurer bekundet. Ein Erstgespräch mit der JVA H. habe deswegen stattgefunden. Der Kläger erhalte regelmäßig Besuch von seiner Mutter und seinem Stiefvater. Bei diesen wachse seine ältere Tochter auf. Mit der Zeit solle das Verhältnis zwischen ihr und dem Kläger intensiviert werden. Die jüngere Tochter des Klägers wachse bei einer Pflegemutter auf. Der Kläger habe noch nicht alle Behandlungsmaßnahmen abgeschlossen. Er müsse in seiner Persönlichkeit noch nachreifen, sein Verhalten sei oft noch impulsiv und unüberlegt. Derzeit sei eine ungünstige Sozialprognose zu stellen.
36In einer weiteren Stellungnahme vom 21. März 2018 führte die JVA B. aus, dass der Kläger seit März 2017 vier weitere Male wegen Regelverstößen (u.a. unerlaubter Besitz von Handys und Drogen) aufgefallen und diszipliniert worden sei. Eine Ausbildung in der JVA H. werde wegen des Vollzugsverhaltens nicht mehr umgesetzt. Der familiäre Kontakt habe ausgebaut werden können, die ältere Tochter erscheine mit den Großeltern zu Besuch. Der Kläger nehme an dem Leben seiner Töchter mit den ihm aufgrund der Haft gegebenen Möglichkeiten teil. Er schreibe Geburtstags- und Grußkarten und kümmere sich zu Geburtstagen um kleinere Annehmlichkeiten. Er sei um seine Kinder bemüht, bei den Besuchen sei ein liebevoller Umgang zu beobachten. Seit Juli 2017 arbeite der Kläger in den Werkstätten. Er habe geäußert, eine Drogentherapie beginnen zu wollen. Dazu habe er sich eigenständig mit dem „Haus XYZ“ in Verbindung gesetzt und sich um einen Therapieplatz beworben. Bei Zustimmung des Ausländeramtes sei ihm ein Platz in Aussicht gestellt worden. Eine Drogentherapie sei als Möglichkeit einer positiven Verhaltensänderung angezeigt. Im Hinblick auf das gezeigte Vollzugsverhalten werde weiterhin von einer ungünstigen Legalprognose ausgegangen.
37In einer Stellungnahme der JVA B. vom 6. Juni 2018 zu einem - später abgelehnten - Antrag des Klägers auf heimatnahe Verlegung wird ausgeführt, dass sein Vollzugsverhalten von Gewalt, Handybesitz und Drogenkonsum geprägt sei. Zuletzt sei bei ihm erneut ein Handy gefunden worden. Der Kläger sei wegen der geplanten Sonderraumkontrolle ins Zugangshaus verlegt worden. Dabei habe er mutwillig die Fensterbank und eine Wand beschädigt. Als Begründung habe er angegeben, dass ihm die Wartezeit zu lange gedauert habe. Wegen der ständigen Sicherungsmaßnahmen habe er auch die geplante Ausbildung nicht aufnehmen können. Ein Unrechtsbewusstsein sei bei ihm nicht erkennbar. Der Kläger schiebe die Verantwortung ständig von sich und die Schuld auf andere. Nach dem Besuch eines Bekannten seien bei ihm zwei Handys, ein USB-Ladekabel, eine Sim-Karte und eine unbekannte Substanz gefunden worden.
38Mit Ordnungsverfügung vom 5. Juli 2018, zugestellt am 17. Juli 2018, wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (1.) und befristete die Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre beginnend mit der Ausreise (2.). Sie drohte dem Kläger die Abschiebung in die Dominikanische Republik unmittelbar nach Haftentlassung bzw. für den Fall, dass die Abschiebung nicht am Tag der Haftentlassung erfolge, binnen einer Woche nach Haftentlassung an (3.). Ferner beschränkte sie seinen Aufenthalt räumlich auf das Gebiet der Städteregion B. (4.).
39Zur Ausweisung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Es bestehe eine erhebliche Wiederholungsgefahr aufgrund der Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten. Auch die Tatsache, dass er in der JVA Regelverstöße und weitere Straftaten begangen habe und disziplinarisch in Erscheinung getreten sei, zeige, dass die Haft keine abschreckende Wirkung auf ihn habe. Außerdem habe er die bei ihm bestehende Suchtproblematik bisher nicht therapeutisch bewältigt. Er habe auch während der Haft Marihuana konsumiert.
40Die Abwägung zwischen dem nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 1a AufenthG besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse falle zulasten des Klägers aus. Die von dem Kläger ausgehende konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung wiege schwerer als sein Interesse am Verbleib im Bundesgebiet. Der Kläger erfülle mangels Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nicht die Voraussetzungen eines in § 55 AufenthG normierten Bleibeinteresses. Er übe nach der Aktenlage nicht die elterliche Sorge für seine Kinder aus. Beide hätten nie bei ihm gelebt, auch habe nie ein intensiver Kontakt bestanden. Zwar bemühe der Kläger sich, den Kontakt zu intensivieren, er könne dies aber auch mit den bestehenden Kontaktmöglichkeiten vom Heimatland aus. Zwar könne aufgrund des langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet sowie der nicht gänzlich abgebrochenen Beziehungen zu seinen Kindern ein gewisses Bleibeinteresse des Klägers unterstellt werden. Diesem stehe aber das überwiegende spezialpräventive Bedürfnis der Allgemeinheit gegenüber, dem Kläger den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu versagen. Die familiären Bindungen entfalteten nicht die nötige rechtliche Relevanz, um ausländerrechtliche Maßnahmen zurückzudrängen. Auch aus Art. 8 Abs. 1 EMRK lasse sich einer rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung nicht ableiten. Soweit in der Ausweisung überhaupt ein Eingriff in Art. 8 Abs. 1 EMRK liege, sei dieser jedenfalls nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.
41Die Befristung der Wirkungen auf Ausweisung auf fünf Jahre sei aus den vorgenannten Gründen erforderlich und angemessen. Eventuell eintretende Härten könnten durch eine Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 8 AufenthG abgemildert werden.
42Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis komme nach der Ausweisung nicht in Frage.
43Der Kläger hat am 13. August 2018 Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt (8 L 1180/18).
44Zur Begründung führt er aus, dass er zwischenzeitlich über ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Kindern und seiner Mutter verfüge. Nach der Haftentlassung sei er im Haushalt seiner Mutter eingezogen, wo auch seine ältere Tochter wohne. Mit dieser habe er auch nach seinem Umzug nach C. noch mehrmals wöchentlich Umgangskontakte. Auch mit seiner jüngeren Tochter habe er wieder regelmäßig Kontakt. Er rufe sie bis zu drei Mal wöchentlich an, um mit ihr zu sprechen. Er besuche sie auch, um mit ihr zu spielen, zu reden und Eis essen zu gehen. Auch zu Familienfesten - wie kürzlich zur Kommunion - besuche er sie. Außerdem rufe seine jüngere Tochter ihn regelmäßig an und schicke ihm SMS-Nachrichten. Soweit ihm vorgeworfen werde, in der JVA mit einem Mobiltelefon disziplinarisch aufgefallen zu sein, habe er dieses zum Kontakt mit seinen Angehörigen genutzt. Vom Drogenkonsum habe er sich distanziere. Dies zeige auch die Teilnahme an der Motivationsgruppe „Sucht“. Zudem habe er an der Behandlungsgruppe für inhaftierte Täter teilgenommen. Auch habe er sich nach Haftentlassung unmittelbar mit seiner Bewährungshelferin in Kontakt gesetzt. Ferner habe er zur Suchthilfe in T. Kontakt aufgenommen. In der Dominikanischen Republik habe er nach dem Tod seines Großvaters keine Verwandten mehr. Er wolle erwerbstätig sein, jedoch würden sich die Ausländerbehörden der Beklagten und des S1. -Kreises über ihre Zuständigkeit nicht einig. Zu den Umgangskontakten mit den Töchtern legte der Kläger eine Stellungnahme seiner Mutter vom 6. Oktober 2021 und eine Stellungnahme der Pflegemutter vom 6. Juli 2021 vor.
45Der Kläger beantragt,
46die Ordnungsverfügung vom 5. Juli 2018 in der Fassung, die sie in der mündlichen Verhandlung erlangt hat, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
47hilfsweise,
48die Beklagte zu verpflichten, über seinen Erlaubnisantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
49Die Beklagte beantragt,
50die Klage abzuweisen.
51Zur Begründung verweist sie auf die Ordnungsverfügung vom 5. Juli 2018.
52Auf einen Antrag des Klägers, den Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, teilte die JVA B. mit Stellungnahme vom 22. Mai 2020 mit, dass eine bedingte Entlassung nach § 57 Abs. 1 StGB nicht befürwortet werden könne. Eine positive Legalprognose könne für den Kläger nicht gestellt werden. Der Kläger sei trotz der suchttherapeutischen Anbindung an die Motivationsgruppe „Sucht“ durch Konsumrückfälle in Erscheinung getreten. In der Haft sei er wiederholt disziplinarisch aufgefallen. Dabei habe sich eine tiefe subkulturelle Eingebundenheit des Klägers gezeigt. Auffällig sei insbesondere, dass trotz erfolgter Sanktionen kein wahrnehmbarer Lerneffekt festzustellen sei. Während der gesamten Haftzeit sei eine hohe Frequenz vollzuglicher Auffälligkeiten festzustellen. Auf die Frage nach seinen Zukunftsaussichten nach Haftentlassung habe der Kläger sich kurzsichtig und oberflächlich geäußert. Er wolle vorerst bei der Mutter in T. einziehen, wo auch seine Töchter wohnten. Später wolle er sich um eine eigene Wohnung kümmern. Auch Arbeit habe er schon in Aussicht. Er müsse sich dort nur innerhalb von 14 Tagen melden. Zu seinem Alkohol- und Drogenkonsum habe er angegeben, dass er Alkohol und Amphetamine nur im Freundeskreis und oft am Wochenende konsumiert habe. Er habe aber immer seiner Arbeit nachgehen können und keine Einschränkungen im Alltag gehabt. Der Konsum von Cannabis sei regelmäßiger gewesen und habe auch allein stattgefunden. Cannabis habe ihn beruhigt und ihn von den „Erlebnissen in der Kindheit“ ablenken können. Er sei bereit, Therapieangebote anzunehmen, wenn „was vom Gericht kommt“ oder man ihm von der Anstalt aus „Angebote“ mache. Der Kläger lasse insoweit keine eigene Initiative erkennen. Insgesamt habe er anderthalb Jahre am BiG-Programm teilgenommen. Obwohl die Gruppe sehr lange stattgefunden habe, habe er die Inhalte nur sehr vage beschreiben können. Auf die Frage, was er durch die Straftaten und konkret durch das „Abziehen“ der Geschädigten habe erzielen wollen, habe er einerseits das Bezahlen des Drogenkonsums genannt, andererseits sein Verhalten insofern bagatellisiert, als die Straftaten auf die herrschende Gruppendynamik und andere, dominantere Gruppenmitglieder zurückzuführen gewesen seien. Die Anstaltspsychologin stellte fest, dass der Kläger sich trotz der langjährigen Inhaftierung den Taten gegenüber stark bagatellisierend und externalisierend äußere. Er weise erhebliche Defizite in der Opferempathie und den Strategien alternativer Handlungsmöglichkeiten in Belastungssituationen auf.
53Auf Hinweis der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts B. vom 2. Juni 2020, wegen der Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens und der persönlichen Anhörung sei es ausgeschlossen, dass eine Aussetzungsentscheidung vor Erreichen des Endstrafenzeitpunkts ergehe, nahm der Kläger den Antrag am 8. Juni 2020 zurück.
54Am 24. Juni 2020 wurde der Kläger aus der Strafhaft entlassen. Von der Erhebung von Haftkosten wurde abgesehen, weil der Kläger laut der JVA B. Schulden i.H.v. zirka 21.000 € hatte. Ihm wurde ein Barbetrag i.H.v. 2.977,09 € ausgezahlt.
55Mit Beschluss vom 25. August 2020 - 33g StVK 875/20 - lehnte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts B. eine Anordnung gemäß § 68f Abs. 2 StGB, dass die Führungsaufsicht entfalle, ab. Die Höchstdauer der kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht wurde von fünf auf drei Jahre verkürzt. Für die Dauer der Führungsaufsicht wurde der Kläger der Aufsicht einer Bewährungshelferin unterstellt und angewiesen, jeden Wechsel des Wohnsitzes und des Arbeitsplatzes binnen einer Woche anzuzeigen und mit der Bewährungshelferin zusammen zu arbeiten. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nicht zu erwarten sei, dass der Kläger ohne Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen werde. Die Kammer schließe sich der Einschätzung der JVA B. an. Der Kläger bedürfe der Unterstützung durch einen Bewährungshelfer. Denn während des Strafvollzugs sei es zu zahlreichen disziplinarischen Verstößen gekommen und auch die Drogenproblematik sei noch unbearbeitet. Der Kläger sei seit vielen Jahren suchtmittelabhängig, was bislang untherapiert sei. Auch überschreite die Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe deutlich die Schwelle des § 68f Abs. 1 Satz 1 StGB. Jedoch sei zu konstatieren, dass sich der Kläger eigenständig um die Erlangung einer bürgerlichen Lebensperspektive bemüht habe. Er habe eigenständig den Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle aufgenommen und bereits mehrere Gespräche durchgeführt, um Betreuung seiner Bewährungshelferin nachgesucht, Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit aufgenommen, für die Erneuerung seiner Personaldokumente Sorge getragen und sich einen Arbeitsplatz gesucht. Auch habe er sich um die Klärung seiner aufenthaltsrechtlichen Situation, insbesondere um den Wechsel seines erlaubten Wohnsitzes nach T. bemüht. Im Hinblick darauf seien die angeordneten Weisungen vorläufig ausreichend. Die Dauer der Führungsaufsicht könne auf drei Jahre verkürzt werden, weil der Kläger dokumentiert habe, dass er auch ohne die Unterstützung der Führungsaufsicht das Erforderliche veranlasse.
56Im Erstbericht der Bewährungshelferin vom 23. Oktober 2020 führt diese aus, dass der Kläger sich ordnungsgemäß beim Arbeitsamt gemeldet habe. Der Antrag auf Arbeitslosengeld I habe wegen fehlender Papiere nicht bearbeitet werden können. Der Kläger erhalte neben der Versorgung mit Lebensmitteln minimales Taschengeld von seiner Mutter. Zudem habe er nach eigenen Angaben Kontakt zum Caritas-Verband T. aufgenommen, wo er auf die Warteliste genommen worden sei. In den nächsten Wochen finde ein Beratungsgespräch statt. Der Kläger habe Kontakt zu seiner ältesten Tochter, nicht aber zu seiner jüngeren Tochter. Der Kontakt zu seiner älteren Tochter sei nach Angaben des Klägers gut. Der Kläger komme regelmäßig und zuverlässig den vereinbarten Rückspracheterminen nach. Er sei um einvernehmliche Zusammenarbeit bemüht und berichte offen über seine Situation.
57In einer weiteren Stellungnahme vom 24. Juni 2021 der Bewährungshelferin wird ausgeführt, dass der Kläger seit der Entlassung aus der JVA B. im Haushalt seiner Mutter in T. wohnhaft und dort gemeldet sei. Während der letzten Kontakte habe er geäußert nur noch sporadisch bei seiner Mutter zu leben. Er habe die Möglichkeit, ohne Mietzahlungen in einem Zimmer in C. zu wohnen. Er arbeite für den Vermieter im Rahmen einer Hausmeistertätigkeit. Er sei arbeitslos und verfüge über keine Arbeitserlaubnis. Er habe sich ordnungsgemäß beim Arbeitsamt gemeldet, wegen fehlender Papiere sei sein Antrag aber nicht beschieden worden. Auch seine Bemühungen um Unterstützung des Sozialamtes seien erfolglos geblieben. Der Kläger sei mittellos und werde durch kleine Taschengeldzuwendungen und Lebensmittel von seiner Mutter unterstützt. Er habe von Schuldverpflichtungen gegenüber der Staatsanwalt und einem Inkassobüro berichtet. Bei der Staatsanwaltschaft habe eine Stundung erwirkt werden können. Der Kläger komme durchgängig seiner Kontaktverpflichtung nach. Gegen den Kläger laufe ein neues Ermittlungsverfahren, eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft L. vom 24. März 2021 - 782 Js 566/21 - liege vor.
58Auf Anfrage der Kammer teilte die Bewährungshelferin mit Schreiben vom 19. Oktober 2021 mit, dass sich seit dem letzten Berichtszeitraum nichts verändert habe. Der Kläger sei nach wie vor unter der Anschrift seiner Mutter gemeldet, halte sich jedoch überwiegend in einem angemieteten Zimmer in C. auf. Er habe keine Arbeitserlaubnis. Er überlebe mit Aushilfstätigkeiten, kleinen Taschengeldzuwendungen und Lebensmitteln seiner Mutter. Der Kläger komme in der Regel den vereinbarten Rückspracheterminen nach. Einen Termin am 18. Oktober 2021 habe er abgesagt. Wegen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft L. lägen ihr keine neuen Erkenntnisse vor. Während des bisherigen Betreuungszeitraums habe es keine Hinweise auf Drogenkonsum gegeben. Überprüfende Maßnahmen seien insofern nicht auferlegt worden.
59Die Kammer hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 10. Oktober 2018 abgelehnt (Aktenzeichen: 8 L 1180/18).
60Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Die Beklagte hat das Einreise- und Aufenthaltsverbot von fünf auf vier Jahre reduziert.
61Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die beigezogenen Akten des Amtsgerichts und Landgerichts L. (648 Ls 196/12 191 Js 1292/11, 161 Js 814/13 115 KLs 27/13) sowie die beigezogenen Gefangenenpersonalakten (358/15/4).
62Entscheidungsgründe
63Die Klage hat keinen Erfolg.
64I. Soweit der Kläger die Aufhebung der mit Ordnungsverfügung vom 5. Juli 2018 verfügten Ausweisung begehrt, ist die Klage als Anfechtungsklage zulässig (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO), aber unbegründet.
65Die - gerichtlich voll überprüfbare - Ausweisung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
66Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts.
67Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2017 - 1 C 28.16 -, juris, Rn. 16.
68Zugrunde zu legen sind daher die Ausweisungsbestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. Juli 2021 (BGBl. I S. 2467).
691. Die Ausweisung ist formell rechtmäßig, insbesondere war die Beklagte im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung für deren Erlass örtlich zuständig.
70Die örtliche Zuständigkeit bestimmte sich im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung am 17. Juli 2018 nach § 12 Abs. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen vom 4. April 2017 (GV.NRW. S. 387 ff., im Folgenden: ZustAVO 2017) Danach ist die Ausländerbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk sich die ausländische Person gewöhnlich aufhält. Dies war hier die Beklagte, da der Kläger sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der JVA B. in Strafhaft befand und dort mangels fester sozialer Bindungen in L. , wo er sich zuletzt ohne festen Wohnsitz aufhielt, und mangels konkreter Rückkehrpläne dorthin seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
71Vgl. für einen gewöhnlichen Aufenthalt bei Inhaftierten: OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2020 - 12 A 512/17 -, juris, Rn. 10 ff.
72Dem steht auch nicht die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 ZustAVO 2017 entgegen. Demzufolge bleibt die Ausländerbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk sich die ausländische Person zuvor gewöhnlich aufgehalten hat, wenn sie sich aufgrund richterlicher Anordnung in Haft befindet. Diese Vorschrift ist jedoch nicht so zu verstehen, dass eine bereits entfallene örtliche Zuständigkeit - hier vor Inhaftierung in B. die örtliche Zuständigkeit der Stadt L. - wieder aufleben sollte. Sinn und Zweck des § 12 Abs. 3 Satz 1 ZustAVO 2017 ist es, einen ständigen Wechsel der Zuständigkeit bei inhaftierten Ausländern, die beispielsweise verlegt werden, zu vermeiden. Ist jedoch die Zuständigkeit vor Inkrafttreten der ZustAVO - wie hier mit Verlegung in die JAV B. am 10. März 2015 zur Verbüßung der Haftstrafe - bereits auf die Beklagte übergegangen, so kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden. Hinzu kommt, dass auch der Wortlaut „bleibt“ für diese Auslegung spricht. Eine Zuständigkeit kann nur bei einer Behörde „verbleiben“, wenn sie nicht bereits auf eine andere Behörde - hier die Beklagte - übergegangen ist. Letzteres war jedoch nach der Vorgängerreglung des § 4 Abs. 1 OBG NRW der Fall, wonach jedenfalls auch die Behörde des Haftortes als dem Ort, an dem die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet sind, zuständig war. Es verbleibt daher bei der Zuständigkeitsregelung des § 12 Abs. 1 ZustAVO 2017.
73Vgl. dazu allgemein bereits VG B. , Beschluss vom 25. März 2020 - 8 L 506/19 -, n.v.
74Die danach begründete örtliche Zuständigkeit der Beklagten ist auch nicht nachträglich durch den Wohnsitzwechsel des Klägers nach T. entfallen. Bei deiner gegen eine Ausweisungsverfügung erhobenen Anfechtungsklage bleibt die örtliche Zuständigkeit trotz etwaiger zwischenzeitlich geänderter Umstände bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erhalten. Dies gilt unabhängig von der sich nach materiellem Recht richtenden Frage der maßgeblichen Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit der Verfügung.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. April 2004 - 18 B 1521/03 -, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2008 - 18 B 831/08 -, S. 2 ff. des Beschlussabdrucks (n.V.); VG Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2012 - 27 K 2548/11 -, juris, Rn. 32 ff; VG B. , Urteil vom 15. Mai 2019 - 4 K 967/17 -, juris, Rn. 48 ff.
76Es liegt auch kein Fall des § 3 Abs. 3 VwVfG NRW vor. Denn die die Zuständigkeit begründenden Umstände haben sich nicht im Laufe des Verwaltungsverfahrens, sondern erst nach dessen Abschluss (vgl. § 9 VwVfG NRW) geändert.
77Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. April 2004 - 18 B 1521/03 -, juris, Rn. 5, und vom 31. März 1992 - 18 B 299/92 -, juris, Rn. 2 ff.
782. Die Ausweisung ist auch materiell rechtmäßig.
79Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
80Diese tatbestandlichen Voraussetzungen liegen hier vor.
81a) Die Vorschrift setzt zunächst voraus, dass der Aufenthalt des Ausländers eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt. Der Begriff der "öffentlichen Sicherheit und Ordnung" ist im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts zu verstehen. "Öffentliche Sicherheit" umfasst die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen des Einzelnen sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit wird in der Regel angenommen, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht.
82Vgl. Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 53 Rn. 19 f.
83Erforderlich ist somit die Prognose, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden an einem der o. g. Schutzgüter eintreten wird.
84Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 49.
85aa) Gemessen an diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) fest, dass die weitere Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.
86Der Kläger ist im Bundesgebiet wiederholt und erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten und wurde mehrfach strafrechtlich verurteilt. Der Bundeszentralregisterauszug vom 19. Oktober 2021 weist insgesamt acht Eintragungen aus: So wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 23. Februar 2011 des unbefugten Gebrauchs von Kraftfahrzeugen, Hausfriedensbruchs in vier Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz sowie der Urkundenfälschung, des unerlaubten Entfernens vom Unfallorts und Diebstahls für schuldig befunden. Mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 28. Januar 2013 wurde der Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen, Nötigung und Verstoßes gegen das Waffengesetz unter Einbeziehung des vorgenannten Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Mit Urteil des Landgerichts L. vom 25. April 2014 wurde der Kläger wegen besonders schweren Raubes in sechs Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und elf Monaten verurteilt. Danach verurteilte das Amtsgericht B. den Kläger am 11. Januar 2018 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 26. Januar 2018 wurde der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gelstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt. Mit weiterem Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 2. August 2018 wurde der Kläger wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 26. August 2020 wurde der Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Zuletzt wurde der Kläger am 26. August 2020 vom Landgericht B. wegen Beihilfe zur Nötigung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt.
87Die Beklagte hat die Verurteilung vom 25. April 2014 - zu Recht - zum Anlass genommen, den Kläger aus dem Bundesgebiet auszuweisen. Denn im Rahmen der erforderlichen Gefahrenprognose ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger erneut schwere Straftaten begehen wird.
88bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen.
89Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013 - 1 C 10.12 -, juris, Rn. 18.
90Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt.
91Vgl. BayVGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 - 10 B 11.2744 -, juris, Rn. 33, m.w.N.
92An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist.
93Vgl. BVerwG, Urteile vom 4. Oktober 2012 - 1 C 13.11 -, juris, Rn. 18, und vom 10. Juli 2012 - 1 C 19/11 - juris, Rn. 16.
94Auch der Rang des bedrohten Rechtsguts ist zu berücksichtigen. An die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit dürfen andererseits keine zu geringen Anforderungen gestellt werden.
95Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 - 1 C 19.11 - juris, Rn. 16, m.w.N.; BayVGH, Beschlüsse vom 4. April 2017 - 10 ZB 15.2062 -, juris, Rn. 14, und vom 22. November 2016 - 10 CS 16.2215 -, juris, Rn. 6.
96(1) Vorliegend sind die Anforderungen an die Annahme einer Wiederholungsgefahr deutlich herabzustufen, weil bei erneuter einschlägiger Straffälligkeit des Klägers mit den durch die Anlasstaten verletzten Rechtsgütern des Eigentums, der körperlichen Unversehrtheit sowie der Freiheit der Willensentschließung und -betätigung hochrangige Rechtsgüter Dritter betroffen sind.
97(2) Den so bestimmten Grad an Wahrscheinlichkeit sieht die Kammer hier wegen der Schwere der Anlasstaten (a), der Vielzahl und Häufigkeit der vom Kläger begangenen Straftaten, seines Verhaltens im Strafvollzug und nach Haftentlassung (b), seiner unbewältigten Betäubungsmittelproblematik (c) sowie den persönlichen und wirtschaftlichen Lebensumständen des Klägers nach Haftentlassung (d) als überschritten an.
98(a) Gegen den Kläger spricht im Rahmen der Gefahrenprognose bereits das typischerweise hohe Wiederholungsrisiko bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach sich gezogen haben (vgl. auch § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG), zumal die im vorliegenden Fall verhängte Strafe diese Grenze um beinahe das Doppelte übersteigt. Die vom Kläger verwirklichten Straftaten nach §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1 lit. a), 253, 255 StGB, bei denen es sich um Verbrechen handelt (§ 12 Abs. 1 StGB), sind zudem der Schwerkriminalität zuzurechnen und bringen das Vorhandensein erheblicher krimineller Energie zum Ausdruck. Die Verhinderung von Straftaten im Bereich der Schwerkriminalität stellt ein überragend wichtiges Interesse der Gesellschaft dar.
99Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Juli 2008 - 15 A 620/07.A -, juris, Rn. 32 und 35; BayVGH, Urteil vom 3. September 2012 - 10 BV 10.1237 -, juris, Rn. 62; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 3. März 2016 - 10 ZB 14.844 -, juris, Rn. 12 sowie VG Saarland, Urteil vom 14. September 2018 - 6 K 1313/17 -, juris, Rn. 33.
100In Bezug auf die Schwere der konkreten Straftat ist in die Gefahrenprognose einzubeziehen, dass es sich bei den mit Urteil vom 25. April 2014 abgeurteilten Taten nicht um einen einmaligen Verstoß gegen strafrechtliche Bestimmungen, sondern um eine fortlaufende Begehung von Straftaten in mehreren Fällen im Rahmen einer Serie von Raubdelikten handelte. Diese war - wenn sie auch nur zirka drei Wochen andauerte - auf Dauer angelegt, um auf diese Weise an Geldmittel für den täglichen Bedarf und für Betäubungsmittel sowie an Sachgegenstände zum eigenen Gebrauch zu kommen. Die Gefährlichkeit des Klägers, der zu einer fortlaufenden Begehung bereit war, ist insofern gegenüber einem nur zu einer einmaligen Tatbegehung bereiten Täter deutlich erhöht.
101Vgl. zu diesem Kriterium: OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. Juni 2021 - 8 ME 47/21 -, juris, Rn. 7.
102Bezüglich der Umstände der Begehung ist zwar einzustellen, dass beim Kläger eine ausgeprägte Entwicklungsverzögerung vorlag, die die Taten noch als lebensphasisch gebundene, auch von gruppendynamischen Einflüssen geprägte Delinquenz und nicht etwa als Zeichen einer bereits verfestigten dissozialen Entwicklung erscheinen ließ. Jedoch lassen die Taten auch auf eine erhebliche kriminelle Energie schließen. So hat der Kläger im Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten in arbeitsteiliger und damit effizienter Vorgehensweise die Tatopfer - die er zum Teil kannte und deren Angang daher die Überwindung einer besonders hohen Hemmschwelle erforderte - zuerst in Gespräche verwickelt, um dann unter Anwendung von Gewalt bzw. Nötigungsmitteln an die erstrebte Tatbeute zu gelangen. Hierbei zeigte sich ein planvolles Vorgehen insofern, als z.B. in Fall 6 die Tatopfer zuerst von dem Kläger und den Mittätern eingekreist wurden, um ihnen jegliche Rückzugsmöglichkeiten abzuschneiden. Auch in Fall 7 wollte der Kläger ein Tatopfer von der Gruppe weiter anwesender Personen isolieren. In Fall 1 war das Vorgehen des Klägers zudem durch ein besonders listiges Vorgehen - das Hereinlocken eines Tatopfers in die Wohnung - gekennzeichnet. Zwar ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er im Strafverfahren weitestgehend geständig war und dass die Strafkammer in Fall 4 der Anklage zu seinen Gunsten einen minderschweren Fall nach § 250 Abs. 3 StGB angenommen hat. Dies relativiert jedoch nicht die in den Delikten zu Tage getretene Gefährlichkeit seines Handelns. Diese manifestiert sich in Fall 1 darin, dass die Intensität der Nötigungsmittel - Tritte gegen das am Boden liegende Opfer und der Zwang auf dem Bauch am Boden liegen zu bleiben - hoch war und deutlich über das hinausging, was zur Erlangung der Gegenstände erforderlich war. In Fall 3 wurde das Messer vom Kläger nicht bloß vorgezeigt, sondern dem Opfer unmittelbar an den Hals gesetzt. Auch darin lag eine besonders intensive Drohung. Hinzu kommt in Fall 5 eine erhebliche Gewaltanwendung durch den Kläger gegenüber dem Tatopfer. Der Kläger nahm dieses von hinten in einen Würgegriff, wodurch das Tatopfer erheblichen Druck auf den Kehlkopf verspürte und Schwierigkeiten hatte zu atmen. Hinzu treten in den späteren Fällen die massiven Bedrohungen der Tatopfer mit dem „Abstechen“ bzw. dem „Aufschneiden der Kehle“ und damit das Inaussichtstellen einer lebensgefährdenden Behandlung. Die Taten wiesen damit erhebliche Droh- bzw. Gewaltkomponenten auf, die auf eine besondere Gewaltbereitschaft und ein Aggressionspotenzial des Klägers schließen lassen.
103(b) Für die Annahme einer Wiederholungsgefahr sprechen auch die Vielzahl und Häufigkeit der vom Kläger begangenen Straftaten und sein Verhalten im Strafvollzug sowie nach Haftentlassung.
104Der Kläger ist während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland in vielfältiger Weise straffällig geworden und hat dabei über einen langen Zeitraum hinweg Strafgesetze verletzt. Am 23. Februar 2011 ist der Kläger wegen unbefugten Gebrauchs von Kraftfahrzeugen, Hausfriedensbruchs in vier Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz sowie der Urkundenfälschung, des unerlaubten Entfernens vom Unfallorts und Diebstahls im Zeitraum vom 22. April 2010 bis 14. September 2010 verurteilt worden, wobei die Verhängung der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Weitere Straftaten ‑ vorsätzliche Körperverletzung in drei Fällen, Nötigung und Verstoß gegen das Waffengesetz - beging der Kläger in der Zeit vom 24. Mai 2011 bis 8. April 2012 und damit nur kurze Zeit nach der vorgenannten Verurteilung und noch während der Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe zur Bewährung. Es folgte deswegen die Verurteilung vom 28. Januar 2013 zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Hinzu treten die die bereits erwähnten schweren Raubtaten bzw. räuberischen Erpressungen aus dem Zeitraum von Juni bis Juli 2013, in denen eine massive Steigerung des deliktischen Verhaltens zum Ausdruck kommt. Während der Haftzeit ist der Kläger zudem wegen drei Betäubungsmitteldelikten aus den Jahren 2016 bis 2018 und wegen eines Körperverletzungsdelikts im Jahr 2019, nunmehr in Form der gefährlichen Körperverletzung, verurteilt worden. Hinzu tritt die ebenfalls in der Haft begangene Beihilfe zur Nötigung aus dem Jahr 2015. Der Kläger hat sich damit in vielfacher Weise rechtsbrüchig gezeigt. In Anbetracht der zahlreichen Straftaten gegen unterschiedlichste Rechtsgüter ist davon auszugehen, dass er die Rechtsordnung im Gesamten nicht achtet und nicht willens oder in der Lage ist, sich an Rechtsvorschriften zu halten.
105Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger die im Urteil vom 25. April 2014 abgeurteilten Anlasstaten unter laufender Intensivbewährung begangen hat. Der Kläger hat sich weder die vorangegangene Verurteilung vom 23. November 2011 noch die vorangegangene Verurteilung vom 28. Januar 2013 zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung zur Warnung dienen lassen, um künftig ein straffreies Leben zu führen. Stattdessen hat er bereits im Juni und Juli 2013 und damit nur fünf Monate nach dem letzten Urteilsspruch und während der laufenden Intensivbewährungszeit weitere schwere Straftaten begangen. Er ist damit Bewährungsversager mit zudem erheblicher Rückfallgeschwindigkeit.
106Auch von der erstmaligen Strafvollstreckung hat der Kläger sich gänzlich unbeeindruckt gezeigt und stattdessen im Gefängnis weitere Straftaten begangen. Er wurde während der Haftzeit - wie dargelegt - dreimal wegen Betäubungsmitteldelikten (Taten: 2016, 2017, 2018), einmal wegen gefährlicher Körperverletzung (Tat: 2019) sowie einmal wegen Beihilfe zur Nötigung (Tat: 2015) zu vier weiteren Geldstrafen und einer Freiheitsstrafe, diese wiederum ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Selbst die strengen Bedingungen des Strafvollzugs haben den Kläger demnach nicht ansatzweise dazu veranlassen können, ein straffreies Leben zu führen. Hinzu kommt, dass er seine Rolle bei den Anlasstaten in einem Gespräch mit der Anstaltspsychologin der JVA B. im Mai 2020 noch stark heruntergespielt und verharmlost hat. So bekundete er, dass die Straftaten auf die herrschende Gruppendynamik und auf andere, dominantere Gruppenmitglieder zurückzuführen gewesen seien. Er wisse jetzt, dass die Taten „Scheiße“ gewesen seien, es aber halt so gewesen sei. Die Anstaltspsychologin stellte in der Stellungnahme der JVA B. vom 22. Mai 2020 insoweit - für die Kammer nachvollziehbar - fest, dass der Kläger die Straftaten nach wie vor stark bagatellisiere und seine Schuld externalisiere. Er weise erhebliche Defizite in der Opferempathie und den Strategien alternativer Handlungsmöglichkeiten in Belastungssituationen auf. Von einer Aufarbeitung der Taten und einer Hinwendung zu einer straffreien Lebensführung ist beim Kläger daher nichts zu erkennen.
107Dass der Kläger seine Interessen über die der Allgemeinheit stellt und sich nicht an Regeln halten kann oder will, wird auch anhand seines sonstigen disziplinarisch relevanten Verhaltens während der Haftzeit deutlich. In der Stellungnahme der JVA B. vom 6. Juni 2018 wird festgehalten, dass das Vollzugsverhalten des Klägers durchgängig von Gewalt, Drogenkonsum und Handybesitz geprägt gewesen sei.
108Hinsichtlich der in den Straftaten zum Ausdruck kommenden Gewaltkomponente ist zwar zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen ist, dass er in der Zeit vom 16. September 2015 bis zum 1. Februar 2017 an 57 Gruppensitzungen bzw. 61 Arbeitseinheiten à 90 Minuten des Behandlungsprogramms für inhaftierte Gewaltstraftäter (BiG) teilgenommen hat. Weitergehende Antigewaltmaßnahmen oder ein Soziales Training, wie es in der Teilnahmebescheinigung zum BiG-Programm angeraten wurde, hat der Kläger dagegen nicht absolviert. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Teilnahme an dem BiG-Programm den Kläger in die Lage versetzt hat, alternative Verhaltensweisen bzw. Reaktionsmuster in Konfliktsituationen zu etablieren und nachhaltig Abstand von der Anwendung von Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung zu nehmen. So war es dem Kläger in einem Gespräch mit der Anstaltspsychologin nicht möglich, die Inhalte des Programms mehr als nur sehr vage zu beschreiben. Gegen deren Verinnerlichung spricht für die Kammer zudem maßgeblich das in der Haft fortgesetzt gezeigte gewalttätige Verhalten des Klägers. Beispielhaft hierfür ist etwa ein Vorfall vom 4. Juni 2018, bei dem der Kläger anlässlich einer Sonderhaftraumkontrolle in das Zugangshaus verlegt wurde. Dort beschädigte er mutwillig die Fensterbank und eine Wand und gab zur Begründung an, dass ihm die Wartezeit zu lange gedauert habe. Bei einem weiteren Vorfall vom 22. Juli 2019 beschädigte der Kläger erneut Anstaltseigentum. Nach einem Gespräch mit einem Bediensteten in der Schreinerei schlug der Kläger beim Herausgehen gegen eine Drahtglasscheibe, sodass diese zu Bruch ging. Hierzu kommt der Vorfall vom 22. Oktober 2019, der zu der Verurteilung vom 26. August 2020 wegen gefährlicher Körperverletzung geführt hat. Bei diesem kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung des Klägers mit einem Mitgefangenen. Nachdem der Mitgefangene durch Bediensteten der JVA zu Boden gebracht werden konnte, entriss sich der Kläger den ihn festhaltenden Bediensteten und trat dem am Boden liegenden Mitgefangenen gegen den Kopf, wodurch dieser eine Wunde an der linken Schläfe und dem Nasenbein erlitt. Der Kläger hat sich hier noch nicht einmal durch das Eingreifen der Bediensteten der JVA von weiteren Tätlichkeiten gegen den sich bereits am Boden befindlichen und damit wehrlosen Mitgefangenen abbringen lassen. Auch die der Verurteilung vom 26. August 2020 zugrunde liegende Beihilfe zur Nötigung, bei der der Kläger einen Mitgefangenen bei der Bedrohung eines anderen Gefangenen durch seine körperliche Präsenz unterstützt hat, belegt die generelle Bereitschaft des Klägers zum Einsatz von körperlicher oder psychischer Gewalt.
109In der Haftzeit fiel der Kläger zudem durch mehrfache positive Drogenscreenings auf. So wurde er bereits in der JVA L. im Januar 2014 und im Februar 2015 positiv auf Cannabinoide getestet. Zudem wurde gegen ihn im Januar 2015 ein Disziplinarverfahren wegen einer manipulierten Urinprobe eingeleitet. Auch nach seiner Verlegung in die JVA B. im März 2015 fielen Drogenscreenings mehrfach positiv aus. So war eine weitere Urinprobe im Juli 2015 positiv auf Cannabinoide und Amphetamine. Hinzu treten weitere positive Testbefunde aus August 2015 und Juli 2019. Im Juli 2017 wurden bei dem Kläger zudem 0,25 g Amphetamine aufgefunden. Der Kläger ist damit auch während der Haft in das alte Verhaltensmuster des schädlichen Drogenkonsums zurückgefallen und hat sich hiervon auch nicht durch die strengen Vollzugsbedingungen abhalten lassen.
110Darüber hinaus wurden in der Haftzeit gegen den Kläger diverse Disziplinarverfahren wegen des Besitzes verbotener Gegenstände geführt. So wurde ein erstes Disziplinarverfahren in der JVA L. wegen des Besitzes eines Handys im April 2015 eingeleitet. Ein weiteres Disziplinarverfahren in der JVA B. wegen Handybesitzes wurde im August 2016 eingeleitet. Im Februar 2017 wurden bei einer Haftraumkontrolle bei dem Kläger mehrere Pfeifen, Tinte zum Tätowieren, eine selbstgebaute Tätowiermaschine und eine Dose mit einer unbekannten Substanz aufgefunden. Im Dezember 2017 war der Kläger wiederum im Besitz eines Mobiltelefons. Weitere Mobiltelefone wurden im April 2018, Mai 2018, Juni 2018 und September 2019 bei dem Kläger aufgefunden. Hierzu traten Disziplinarverfahren wegen des Nichtbefolgens von Anweisungen Bediensteter. Aufgrund dieser zahlreichen disziplinarischen Verfehlungen wurden gegen den Kläger bis zum Februar 2020 - und damit bis vier Monate vor seiner Entlassung - strikte Sicherungsmaßnahmen verhängt, wegen derer auch eine avisierte Ausbildung in der JVA H. nicht realisiert werden konnte. Der Kläger musste zudem wegen diverser Auseinandersetzungen in der JVA B. mehrmals den Haftbereich wechseln. Nach den Angaben der JVA war der Kläger zudem tief in die dortige Subkultur verstrickt. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass das Haftverhalten des Klägers, dem es nicht einmal unter den besonderen Bedingungen des Strafvollzugs gelungen ist, sich beanstandungsfrei zu führen, obwohl Wohlverhalten im Strafvollzug eigentlich als selbstverständlich erwartet werden kann,
111vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2007 - 17 B 1842/06 -, juris, Rn. 40,
112insgesamt von mangelnder Regelakzeptanz und ständigen Regelüberschreitungen bei fortgesetzter Straffälligkeit gekennzeichnet ist. Ein Lerneffekt oder eine Verhaltensänderung ist angesichts der zahlreichen (disziplinarischen) Verfehlungen nicht ansatzweise zu erkennen. Auch der Einwand des Klägers, dass er die Mobiltelefone zum Kontakt mit seinen Angehörigen genutzt habe, greift nicht durch. So hatte der Kläger, wie sich aus den beigezogenen Gefangenenpersonalakten ergibt, regelmäßig Telefonkontakt über die ihm dazu in der JVA zur Verfügung gestellten Festnetztelefone. Dem Kläger steht es zudem gerade nicht frei, sich darüber hinaus - ungeregelt und nicht überwacht - Telefonkontakte mittels Handys zu verschaffen. Die Bagatellisierungs- und Externalisierungstendenzen des Klägers werden auch insofern deutlich.
113Das in der Haft gezeigte regelmissachtende Verhalten des Klägers deckt sich auch mit der Einschätzung des Landgerichts L. im Urteil vom 25. April 2014, das im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Klägers berücksichtigt hat, dass er um Regeln weiß, dieses Wissen in Verführungssituationen oder unter Drogeneinfluss jedoch hintan stellt. Für die Kammer treten die vom Landgericht L. festgestellte Neigung des Klägers zum Regelbruch und dessen antisoziale Verhaltensdisposition gerade auch in den Regelverstößen während des Strafvollzugs deutlich hervor.
114Selbst behördliche Hinweise im Zusammenhang mit seiner Straffälligkeit hat der Kläger sich in keiner Weise als Warnung oder gar als Anlass zu einer straffreien Lebensführung dienen lassen. Sowohl die Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung am 10. Januar 2017 als auch die Ausweisung vom 5. Juli 2018 selbst haben keinerlei Eindruck auf den Kläger gemacht, wie sein fortgesetzt delinquentes und regelwidriges Verhalten in der Strafhaft zeigt. Die am 22. Oktober 2019 begangene gefährliche Körperverletzung ereignete sich sogar während des vorliegenden Verfahrens, sodass ihn nicht einmal ein laufendes Klageverfahren, bei dem es für den Kläger um den Verlust seines Aufenthaltsrechts in Deutschland und die Abschiebung in seinen Herkunftsstaat geht, dazu hat bewegen können, sich rechtstreu zu verhalten.
115Gegen die Annahme einer erheblichen Wiederholungsgefahr durch den Kläger kann auch nicht eingewandt werden, dass sich die der Verurteilung vom 25. April 2014 zugrunde liegenden Anlasstaten bereits vor etwas mehr als acht Jahren ereignet haben. Der Kläger befand sich seit seiner Festnahme im August 2013 bis zum 24. Juni 2020 und damit fast sieben Jahre in Haft. Er wurde im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor weniger als eineinhalb Jahren in die Freiheit entlassen. Bis zum Jahr 2023 steht er noch unter der auf drei Jahre verkürzten Führungsaufsicht. Dem bloßen Zeitablauf seit Begehung der Anlasstaten kann daher gerade auch mit Blick auf die während der Haftzeit begangenen weiteren Straftaten, zuletzt im Oktober 2019, nur eine eingeschränkte Bedeutung beigemessen werden.
116Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - 18 A 2462/13 -, juris, Rn. 14.
117Überdies liegt der bei einer Ausweisungsentscheidung zu treffenden Gefahrenprognose ohnehin ein weiterer Zeithorizont zugrunde als der bei strafgerichtlichen Entscheidungen zur Strafaussetzung zur Bewährung oder zur Führungsaufsicht. Das Ausweisungsrecht dient nicht der Resozialisierung des betroffenen Ausländers, sondern dem Schutz der Allgemeinheit im Aufnahmemitgliedstaat. Dementsprechend geht es im ausländerrechtlichen Ausweisungsverfahren um die Frage, ob das Risiko des Misslingens der Resozialisierung von der deutschen Gesellschaft oder von der Gesellschaft im Heimatstaat des Ausländers getragen werden muss. Die der Ausweisungsentscheidung zugrundeliegende Gefahrenprognose bezieht sich folglich nicht nur auf die Dauer der Bewährungszeit oder Zeiten der Führungsaufsicht. Vielmehr geht es um die Beurteilung, ob es dem Ausländer gelingen wird, über diese Zeit hinaus ein straffreies Leben zu führen.
118Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013 - 1 C 10.12 -, juris, Rn. 19; OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2019 - 18 A 1127/16 -, juris, Rn. 21.
119Für den Kläger kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die erstmalige Verbüßung einer Freiheitsstrafe geeignet war, als erste Einwirkung auf einen jungen Menschen seine Reifung fördern und die Gefahr eines neuen Straffälligwerdens zu mindern. Für eine derartige Annahme müssen Anhaltspunkte dafür ersichtlich sein, dass ihn die Verbüßung der Freiheitsstrafe auch tatsächlich nachhaltig beeindruckt, er sich mit seiner kriminellen Vergangenheit auseinandergesetzt hat und es zu einem nachhaltigen Einstellungswandel gekommen ist, dass also ein positiver Einfluss der Strafhaft auf die Persönlichkeitsentwicklung festzustellen ist. Insbesondere bei eingeschliffenen Verhaltensmustern kann verlangt werden, dass der Ausländer sich außerhalb des Justizvollzugs über einen längeren Zeitraum bewährt und durch gesetzeskonformes Verhalten gezeigt hat, dass er auch ohne den Druck des Strafvollzugs in Krisensituationen in der Lage ist, nicht erneut straffällig zu werden
120Vgl. BayVGH, Urteil vom 12. April 2021 - 10 B 19.1716 -, juris, Rn. 66.
121Zwar hat das Landgericht L. im Urteil vom 25. April 2014, im Rahmen der Strafzumessung im Anschluss an die Stellungnahme der Sachverständigen Dr. K. bei den Anlasstaten zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass bei ihm eine ausgeprägte Entwicklungsverzögerung vorlag und es sich um lebensphasisch gebundene und auch von gruppendynamischen Faktoren geprägte Delinquenz handelte. Angesichts des vom Kläger gezeigten Vollzugsverhaltens kann jedoch nicht ansatzweise festgestellt werden, dass er dieses Entwicklungsdefizit in der Haft hat ausgleichen und einen Prozess der Persönlichkeitsnachreifung erfolgreich hat abschließen können. Es ist auch nicht im Geringsten zu erkennen, dass ihn die Verbüßung der Freiheitsstrafe nachhaltig beeindruckt hat und bei ihm einen Wandel hin zu einem gesetzeskonformen Verhalten bewirkt hat. Das Verhalten des Klägers in der Haft war nach den vorstehenden Ausführungen vielmehr von ständigen Regelübertretungen sowie fortgesetzter Delinquenz gekennzeichnet.
122Schließlich ist mit Sorge festzuhalten, dass seit der Haftentlassung des Klägers im Juni 2020 inzwischen schon wieder zwei neue strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen sexueller Belästigung und Körperverletzung gegen ihn laufen.
123(c) Die Befürchtung, dass der Kläger künftig weitere erhebliche Straftaten begehen wird, wird des Weiteren durch den Umstand begründet, dass seine Betäubungsmittelproblematik nicht hinreichend überwunden bzw. aufgearbeitet ist.
124Wenngleich nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. K. im Strafverfahren vor dem Langgericht L. bei dem Kläger nicht von einer Drogenabhängigkeit auszugehen ist, ist jedenfalls eine fortbestehende Bereitschaft bzw. Neigung zum Konsum illegaler Betäubungsmittel festzustellen. Es kann daher nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung des Klägers in Bezug auf den Konsum von Betäubungsmitteln geschlossen werden, zu deren Beschaffung die Anlasstaten aus der Verurteilung vom 25. April 2014 zwar nicht handlungsleitend waren, aber zumindest auch dienten.
125So begann der Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts L. mit 18 Jahren u.a. mit dem Konsum von Drogen wie Ecstasy, Kokain, Marihuana und Amphetamin. Er konsumierte nahezu jeden Tag etwa ein Gramm Marihuana und Amphetamine. Ecstasy und Kokain konsumierte er bei Gelegenheit.
126Auch in der Zeit seiner Inhaftierung setzte der Kläger den Rauschmittelkonsum fort. Sowohl in der JVA L. als auch in der JVA B. fielen Drogenscreenings für den Kläger positiv aus, zuletzt im September 2019. Auch wenn es durchaus Phasen der Drogenabstinenz gegeben haben mag, wofür die negativen Drogenscreenings aus November und Dezember 2018, Mai 2019 und Januar 2020 sprechen, hat der Kläger, wie die mehrfachen positiven Testergebnisse während der Haft zeigen, weiterhin unterschiedliche Drogen, u.a. auch Amphetamine als sog. „harte“ Droge, konsumiert und damit dokumentiert, dass er auch im Vollzug nicht willens oder in der Lage war, sich drogenfrei zu führen. Von einer Betäubungsmittelabstinenz während der Haftzeit kann daher nicht die Rede sein. Auch die Teilnahme an der „Motivationsgruppe Sucht“ von Juli bis Dezember 2016 und von Juni bis Dezember 2017 hat nicht zu einer Abkehr des Klägers vom Drogenkonsum geführt, wie sein positives Drogenscreening aus September 2019 zeigt. Seine Absichtsbekundungen zur Aufnahme einer Drogentherapie hat der Kläger ebenfalls nicht in die Tat umgesetzt. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung hat er drei Gespräche mit der Suchtberatung der Caritas in T. geführt, sei jedoch, weil er nicht mehr konsumiere, dort weggeschickt worden. Weitergehende Bemühungen zur Bewältigung seiner Drogenproblematik, ggf. durch das Aufsuchen anderer Beratungsangebote, hat der Kläger nicht unternommen. In diesem Kontext ist zudem zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er auch vor der Haftentlassung im Juni 2020 ein im Wesentlichen als passiv einzustufendes Verhalten bei der Bewältigung seiner Drogenproblematik gezeigt hat. Der Kläger bekundete gegenüber der Anstaltspsychologin im Jahr 2020 lediglich, dass er bereit sei, Angebote anzunehmen, wenn „was vom Gericht kommt“ oder man ihm von der JVA B. „Angebote“ mache. Der Kläger hat damit jede Eigeninitiative bei der Bewältigung der Drogenproblematik vermissen lassen.
127Auch seine Angaben gegenüber seiner Bewährungshelferin, seit der Haftentlassung abstinent zu leben, können in Anbetracht des über Jahre andauernden schädlichen Drogenkonsums als nicht ausreichend angesehen werden, um mit dem notwendigen Grad an Sicherheit von einer dauerhaften Abkehr davon auszugehen. Es handelt sich bei diesen Äußerungen allenfalls um Absichtserklärungen, denen eine nur begrenzte Aussagekraft beigemessen werden kann. Die Angaben der Bewährungshelferin, dass es beim Kläger während des Betreuungszeitraums keine Hinweise auf Drogenkonsum gegeben habe, reicht ebenfalls nicht aus, um eine nachhaltige Aufarbeitung der Drogenproblematik annehmen zu können. Die Bewährungshelferin hat selbst angegeben, dass über die Führungsaufsicht keine überprüfenden Maßnahmen auferlegt worden seien. Die im Wesentlichen unbearbeitete Drogenproblematik besteht damit für die Kammer weiterhin und stellt jedenfalls einen zusätzlichen Risikofaktor für die Begehung weiterer schwerer Straftaten durch den Kläger dar. Zwar dienten die Anlasstaten laut der Sachverständigen Dr. K. nicht handlungsleitend der Finanzierung des Betäubungsmittelkonsums, sondern richteten sich allgemein auf die Beschaffung finanzieller Mittel. Jedoch erfolgte die Verabredung des Klägers mit dem Mittäter zur Begehung von Raubdelikten nach den Feststellungen des Landgerichts zur Beschaffung von Geldmitteln jedenfalls auch für den Kauf von Betäubungsmitteln.
128(d) Auch die wirtschaftlichen und persönlichen Lebensumstände des Klägers nach der Haftentlassung lassen nicht erwarten, dass er zukünftig in der Lage sein wird, ein straffreies Leben zu führen.
129Nach der Haftentlassung ist er zunächst in den Haushalt seiner Mutter zurückgekehrt. Nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist er zwei bis drei Monate später nach C. -Gladbach gezogen, wo ihm gegen Leistung von Hausmeistertätigkeiten ohne Mietzahlungen ein Zimmer zur Verfügung steht. Es ist dem Kläger bislang nicht gelungen, wirtschaftlich Fuß zu fassen. Der Kläger hat - entgegen seinen Absichtserklärungen gegenüber der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts B. - bis heute keine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Zwar ist ihm nach seinen Angaben eine Stellen als Gebäudereiniger bei der Firma X. Bauservice zugesagt worden. Angetreten hat der Kläger diese in Ermangelung einer Beschäftigungserlaubnis aber bislang nicht. Einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis hat der Kläger bei der Beklagten als für ihn zuständiger Ausländerbehörde (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZustAVO 2019) erst im September 2021 gestellt, obwohl ihm der S1. -Sieg-Kreis bereits mit Schreiben vom 12. Januar 2021 empfohlen hatte, einen entsprechenden Antrag bei der Ausländerbehörde der Beklagten zu stellen. Auch aus den von der Beklagten ausgestellten Duldungsbescheinigungen mit dem Zusatz „Erwerbstätigkeit nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde gestattet“ hätte der Kläger ersehen können, dass er dort einen entsprechenden Antrag hätte stellen müssen. Der Kläger hat sich jedoch zunächst darauf beschränkt, die Aufhebung der - wie später noch auszuführen sein wird rechtmäßigen - Wohnsitzauflage zu beantragen. Im Folgenden hat es sich darauf zurückgezogen, auf den vermeintlichen Zuständigkeitskonflikt zwischen der Ausländerbehörde der Beklagten und des S1. -Kreises zu verweisen und damit die Verantwortung für seine prekäre finanzielle Lage bei anderen zu suchen. Es ist nicht ersichtlich, wieso der Kläger nicht unmittelbar nach Haftentlassung ihm mögliche und zumutbare Bemühungen um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Gebiet der Beklagten und um die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis durch diese unternommen hat. Auch Bemühungen, vom für ihn zuständigen Sozialamt der Stadt B. unterstützt zu werden, sind offenbar unterblieben. Dementsprechend ist der Kläger nach den Schilderungen seiner Bewährungshelferin derzeit völlig mittellos und lebt allein von kleinen Taschengeldzuwendungen und Lebensmittelunterstützungen durch seine Mutter. Zudem bestehen Schuldverpflichtungen des Klägers gegenüber der Staatsanwaltschaft und einem Inkassobüro. Nach Angaben der JVA B. waren für den Kläger dort am 2. August 2019 Schulden i.H.v. 21.000 € angegeben, sodass von der Erhebung von Haftkosten abgesehen wurde. Zwar konnte bei der Staatsanwaltschaft inzwischen eine Stundung erwirkt werden. Jedoch ist nicht ersichtlich wie der Kläger den anderen Schuldverpflichtungen - auf legale Weise - nachkommen will. Die in den Berichten der Bewährungshelferin erwähnte Arbeit für den Vermieter seines Zimmers in C. stellt sich offenbar als reine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung des Zimmers dar. Für eine darüber hinausgehende Entlohnung des Klägers ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wie der Kläger unter diesen Umständen seine auch nach eigener Einschätzung „hoffnungslose“ finanzielle Situation verbessern soll, ist nicht ansatzweise erkennbar. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Der Kläger befindet sich somit seit der Haftentlassung in einer empfindlichen finanziellen Drucksituation, die sich auch nicht mit dem ihm bei Haftentlassung ausgezahlten Barbetrag i.H.v. 2.977,09 € beheben lässt. Angesichts der bisherigen kriminellen Biographie des Klägers ist daher ernsthaft zu befürchten, dass er diesem finanziellen Druck nicht standhalten können und erneut, ggf. auch schwere Straftaten, gegen das Eigentum begehen wird.
130Angesichts dessen gebieten auch die im Übrigen positiven Ausführungen der Bewährungshelferin des Klägers keine andere Bewertung. Die dem Kläger von ihr bescheinigte Zuverlässigkeit hinsichtlich der Einhaltung vereinbarter Termine sowie das von ihm gezeigte Bemühen um eine einvernehmliche Lösung von Problemen unter Nutzung der angebotenen Unterstützung vermögen die durch die prekäre wirtschaftliche Lage des Klägers verschärfte Wiederholungsgefahr nicht abzumildern.
131bb) Unabhängig davon rechtfertigen auch generalpräventive Erwägungen die Ausweisung des Klägers.
132Eine Ausweisung kann auch nach dem seit 1. Januar 2016 geltenden Ausweisungsrecht regelmäßig auf generalpräventive Gründe gestützt werden, da vom weiteren Aufenthalt eines Ausländers, der Straftaten begangen hat, auch dann eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen kann, wenn von ihm selbst keine (Wiederholungs-)Gefahr mehr ausgeht, im Fall des Unterbleibens einer ausländerrechtlichen Reaktion auf sein Fehlverhalten andere Ausländer aber nicht wirksam davon abgehalten werden, vergleichbare Delikte zu begehen. Diese Auslegung des Wortlauts wird binnensystematisch insbesondere durch die - hier nicht anwendbare - Regelung des § 53 Abs. 3 AufenthG bestätigt, der ausdrücklich für bestimmte ausländerrechtlich privilegierte Personengruppen verlangt, dass das "persönliche Verhalten des Betroffenen" eine schwerwiegende Gefahr darstellt, sowie die Gesetzgebungsgeschichte (BT-Drs. 18/4097 S. 49).
133Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 1 C 21.18 - ,juris Rn. 17; BayVGH, Urteile vom 12. April 2021 - 10 B 19.1716 -, juris, Rn. 7 sowie vom 12. Oktober 2020 - 10 B 20.1795 -, juris, Rn. 33.
134Zur Annahme eines generalpräventiven Ausweisungsinteresses im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG bedarf es - anders als unter Geltung von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG a.F. - nicht der Verurteilung wegen besonders schwerwiegender Delikte für die öffentliche Sicherheit und Ordnung wie Drogendelikte, Delikte im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder im Zusammenhang mit Terrorismus. Erforderlich ist lediglich, dass die Ausweisung an Straftaten oder Verhaltensweisen anknüpft, bei denen sie nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet erscheint, andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten.
135Vgl. BayVGH, Urteile vom 12. April 2021 - 10 B 19.1716 -, juris, Rn. 76 sowie vom 12. Oktober 2020 - 10 B 20.1795 -, juris, Rn. 33.
136Art und Schwere der jeweiligen Anlasstat sind aber im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.
137Vgl. BayVGH, Urteile vom 12. April 2021 - 10 B 19.1716 -, juris, Rn. 76; sowie vom 12. Oktober 2020 - 10 B 20.1795 -, juris, Rn. 33; Bauer, in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 53 AufenthG Rn. 63; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 1 C 21.18 - ,juris Rn. 17.
138Auch muss das Ausweisungsinteresse noch aktuell sein. Es gelten insoweit die zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entwickelten Grundsätze, d.h. für die generalpräventive Ausweisung bildet die einfache Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 StGB, deren Dauer sich nach der verwirklichten Tat richtet und die mit Beendigung der Tat zu laufen beginnt, eine untere Grenze, während sich die obere Grenze regelmäßig an der absoluten Verjährungsfrist des § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB orientiert, die regelmäßig das Doppelte der einfachen Verjährungsfrist beträgt. Innerhalb dieses Zeitrahmens ist der Fortbestand des Ausweisungsinteresses anhand generalpräventiver Erwägungen zu ermitteln. Bei abgeurteilten Straftaten bilden die Tilgungsfristen des § 46 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz - BZRG) zudem eine absolute Obergrenze, weil nach deren Ablauf die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten werden dürfen (§ 51 BZRG).
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 1 C 21.18 -, juris Rn. 19; BayVGH, Urteil vom 12. Oktober 2020 - 10 B 20.1795 -, juris, Rn. 36.
140Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe besteht im Falle des Klägers - auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - ein generalpräventives, aktuelles Ausweisungsinteresse. Die Ausweisung stellt eine geeignete Maßnahme dar, um andere Ausländer von solchen Delikten abzuhalten. Gerade bei den abgeurteilten schweren Raubdelikten, die sich als eine Kombination aus Straftaten zu Lasten des Eigentums, der körperlichen Unversehrtheit und der Freiheit der Willensentschließung und -betätigung darstellen und die hier in kurzem zeitlichem Abstand (Juni und Juli 2013) sowie serienweise begangen wurden, besteht nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Bedürfnis, eine generalpräventive Wirkung gegenüber weiteren Ausländern zu entfalten. Insofern besteht ein dringendes Bedürfnis, die Straftat des Klägers über eine strafrechtliche Sanktion hinaus mit einer Ausweisung zu begegnen, um andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Der Aufenthalt des Klägers gefährdet auch im Hinblick auf generalpräventive Erwägungen die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Art und Weise. Eine Ausweisung aufgrund von Delikten, die - wie hier - wesentliche Grundinteressen der Gesellschaft berühren, setzt ein deutliches Signal, dass diese Delikte nicht nur strafrechtliche, sondern auch ausländerrechtliche Konsequenzen haben.
141Vgl. VG München, Urteil vom 11. November 2020 - M 25 K 19.4856 -, juris, Rn. 35 sowie VG Bremen, Urteil vom 22. März 2021 - 4 K 1316/19 -, juris, Rn. 25 ff; vgl. allgemein zum Delikt des Raubes Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage, § 53 AufenthG Rn. 65; vgl. auch bereits BayVGH, Urteil vom 23. Oktober 1978 - 214 X 78 -, juris.
142Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich der Kläger bei der Tatbegehung in einer so besonderen, gleichsam nicht wiederholbaren Lage befunden hätte, dass eine generalpräventive Ausweisung eine abschreckende Wirkung von vornherein nicht entfalten könnte.
143Vgl. hierzu: BayVGH, Urteil vom 12. Oktober 2020 - 10 B 20.1795 -, juris, Rn. 35.
144Zwar hat die Sachverständige Dr. K. im Strafverfahren vor dem Landgericht L. ausgeführt, dass es bei den Straftaten des Klägers noch um eine lebensphasisch gebundene und auch von gruppendynamischen Faktoren geprägte Delinquenz gehandelt habe. Gleichzeitig hat sie jedoch auch festgestellt, dass sich in den Straftaten eine antisoziale Verhaltensdisposition niederschlage. Es ist weder erkennbar, dass es sich nicht um eine wiederholbare Lage handelt, noch, dass die Ausweisung von vornherein keine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer zur Verhinderung - vergleichbar gruppendynamisch geprägter - Straftaten entfalten könnte.
145Zudem ist das an die von dem Kläger im Jahr 2013 begangenen Straftaten anknüpfende generalpräventive Ausweisungsinteresse noch aktuell. Der Straftatbestand des § 250 Abs. 2 StGB unterliegt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB i.V.m. § 38 Abs. 1 und 2 StGB einer einfachen Verjährungsfrist von zwanzig Jahren. Bereits dieser Zeitraum ist in dem maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht einmal zur Hälfte verstrichen. Ein Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 i.V.m. §§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, 47 Abs. 1, 36 Satz 1 BZRG greift im Falle des erst im Juni 2020 aus der Strafhaft entlassenen Klägers daher nicht.
146b) § 53 Abs. 1 AufenthG erfordert in einem weiteren Schritt eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse einerseits und dem Bleibeinteresse des Ausländers andererseits. Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei dieser unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Interessenabwägung insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. In den §§ 54 und 55 AufenthG werden bestimmte Ausweisungs- und Bleibeinteressen im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG konkretisiert und - als besonders schwerwiegend (Abs. 1) oder schwerwiegend (Abs. 2) - gewichtet. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind neben den explizit in den §§ 54, 55 AufenthG aufgeführten Interessen aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar (vgl. BT-Drs. 18/4097 S. 49). Die Katalogisierung schließt demnach die Berücksichtigung weiterer Umstände im Rahmen der nach § 53 Abs. 2 AufenthG zu treffenden Abwägungsentscheidung nicht aus.
147Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 -, juris, Rn. 24.
148Neben den in § 53 Abs. 2 AufenthG - nicht abschließend - genannten Kriterien sind bei der Abwägung auch die Kriterien zugrunde zu legen, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung heranzieht, die sog. "Boultif/Üner-Kriterien" (BT-Drs. 18/4097, S. 50). Hierzu gehören:
149- 150
die Anzahl, Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten,
- 151
das Alter des Ausländers bei Begehung der Straftaten und bei Einreise,
- 152
der Charakter (rechtmäßig oder geduldet) und die Dauer des Aufenthalts in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll,
- 153
die seit Begehung der Straftaten verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers in dieser Zeit, insbesondere im Strafvollzug,
- 154
die Staatsangehörigkeit aller betroffenen Personen,
- 155
die familiäre Situation des Ausländers (z.B. Dauer der Ehe, tatsächliches bzw. intaktes Familienleben),
- 156
die Kenntnis des Ehepartners von der Straftat bei Eingehen der familiären Beziehung,
- 157
ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und ggf. deren Alter,
- 158
das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen ein Familienangehöriger voraussichtlich im Staat ausgesetzt wäre, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll,
- 159
die Belange und das Wohl der Kinder,
- 160
die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland sowie
- 161
die Dauer des Aufenthaltsverbots.
Vgl. EGMR, Urteile vom 2. August 2001 - Nr. 54273/00 - (Boultif); vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99 - (Üner), juris, Rn. 57 f.; vom 25. März 2010 - 40601/05 - (Mutlag), juris, Rn. 54; und vom 13. Oktober 2011 - Nr. 41548/06 - (Trabelsi), juris, Rn. 55; vom 22. Januar 2013 - Nr. 66837/11 - (E.), juris, Rn. 29.
163Ausgehend von diesen Maßstäben überwiegt das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers sein persönliches Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.
164aa) Das Ausweisungsinteresse wiegt aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers vom 25. April 2014 gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 1a lit. d) AufenthG besonders schwer.
165Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse i.S.v. § 53 Abs. 1 AufenthG u.a. besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen mit der Verurteilung vom 25. April 2014 wegen besonders schweren Raubes in sechs Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und elf Monaten nicht nur vor, sondern die erforderliche Höhe der Freiheitstrafe wird erheblich - nämlich fast um das Dreifache - überschritten.
166Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1a lit. d) AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse i.S.v. § 53 Abs. 1 AufenthG ferner u.a. besonders schwer, wenn der Ausländer rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden. Auch diese Voraussetzungen sind mit der Verurteilung vom 25. April 2014 erfüllt, da das Strafgesetzbuch bei einem besonders schweren Raub als (auch) gegen das Eigentum gerichteter Straftat,
167vgl. nur BGH, Urteil vom 22. März 1968 - 4 StR 53/68 -, juris, Rn. 6,
168eine im Mindestmaß (§ 38 Abs. 2 StGB) erhöhte Freiheitsstrafe, nämlich von mindestens fünf Jahren (§ 250 Abs. 2 StGB), vorsieht.
169Besondere atypische Umstände, aufgrund derer dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse hier ausnahmsweise weniger Gewicht beizumessen wären, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die vom Kläger begangenen Straftaten entsprechen nach der Höhe der verhängten Strafe und nach der Art und Begehungsweise dem Deliktstypus, der den im Normcharakter angelegten, die Annahme eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses rechtfertigenden Rechtsgüterschutz abbildet (vgl. BT-Drs. 19/10047, S. 35). Soweit die in Rede stehenden Straftaten unter dem Einfluss von Drogen begangen worden sein mögen, vermag auch dies keine Atypik zu begründen, sondern verstärkt das gesetzlich typisierte Ausweisungsinteresse im Gegenteil noch.
170Verstärkt wird das Ausweisungsinteresse zudem durch die Verurteilung des Klägers vom 26. August 2020 zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung. Diese begründet schon für sich genommen ein weiteres schwerwiegendes Ausweisungsinteresse (vgl. § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Dass die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, ändert nichts an deren Berücksichtigungsfähigkeit, wie ein Vergleich mit dem engeren Wortlaut des § 54 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zeigt. Das Gewicht dieser Verurteilung ist ebenfalls nicht durch atypische Umstände gemildert. Der Kläger übte erhebliche körperliche Gewalt gegen einen am Boden liegenden Mitgefangenen aus, indem er diesem gegen den Kopf trat, wodurch dieser eine Wunde an der linken Schläfe und dem Nasenbein erlitt.
171Hinzu tritt nochmals verstärkend das generalpräventive Ausweisungsinteresse, dem hier aufgrund der Art und Schwere der Anlasstaten ein hohes Gewicht zukommt.
172bb) Auf der anderen Seite liegt in der Person des Klägers auch ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse vor.
173Dieses folgt zwar nicht aus § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, wohl aber aus § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG.
174(1) Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse besonders schwer, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.
175Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht, weil er im maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ausweisungsverfügung,
176vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Februar 2018 - OVG 3 B 11.16 -, juris, Rn. 36, VG L. , Urteil vom 2. Juli 2019 - 12 K 1082/19 -, juris, Rn. 122.
177nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war. Die ihm letztmalig von der Stadt L. erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 8. Januar 2013 war bis zum 7. Januar 2014 gültig und damit im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ausweisungsverfügung am 17. Juli 2018 bereits lange erloschen. Ein Anspruch oder gar nur Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis reicht dagegen für die Annahme eines besonders schwerwiegenden Bleibeinteresses i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht aus. Durch die Verwendung des Wortes „besitzt“ wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Aufenthaltserlaubnis tatsächlich vorhanden, also dem jeweiligen Ausländer erteilt worden sein muss. Das entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat in Bezug auf § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung klargestellt, dass nur der Inhaber einer Niederlassungserlaubnis geschützt werden soll (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 53). Das lässt sich auf § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG übertragen, da beide Vorschriften den Begriff „besitzt“ verwenden.
178Vgl. BayVGH, Beschluss vom 3. April 2019 - 10 C 18.2425 -, juris, Rn. 10; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 7 A 10866/18 -, juris, Rn. 29; VG L. , Urteil vom 2. Juli 2019 - 12 K 1082/19 -, juris, Rn. 122; Fleuß, in BeckOK Ausländerrecht, 30. Edition, Stand: 1. Juli 2021, § 55 AufenthG Rn. 21. iErg auch HessVGH, Beschluss vom 20. März 2018 - 7 A 1041/17 -, juris, Rn. 75.
179(2) Der Kläger kann sich jedoch auf ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG berufen.
180Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG wiegt das Bleibeinteresse i.S.v. § 53 Abs. 1 AufenthG besonders schwer, wenn der Ausländer mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt.
181Vorliegend geht die Kammer zugunsten des nicht sorgeberechtigten Klägers davon aus, dass er sein Umgangsrecht mit seinen beiden minderjährigen ledigen deutschen Töchtern ausübt.
182Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde und das Gericht, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende oder aufenthaltsversagende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles.
183Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Januar 2009 - 2 BvR 1064/08 -, juris, Rn. 14 m.w.N.
184Für die Beantwortung der Frage, ob eine im Licht von Art. 6 Abs. 1 und 2 GG aufenthaltsrechtlich schützenswerte familiäre Gemeinschaft vorliegt, kommt es nicht allein auf die formal-rechtlichen familiären Bindungen, also das abstrakte Bestehen eines Sorge- oder Umgangsrechts als solches an. Entscheidend sind vielmehr die tatsächliche Ausübung des Sorge- bzw. Umgangsrechts und die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern im Einzelfall. Dies erfordert eine Bewertung der familiären Beziehungen zwischen dem Elternteil und seinem Kind, bei der sich allerdings jede schematische Einordnung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder Beistandsgemeinschaft oder aber bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen verbietet. Auch ist zu berücksichtigen, dass durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I, S. 2942) das Kindeswohl in den Mittelpunkt gestellt und die Beziehung eines jeden Elternteils zu seinem Kind als grundsätzlich schutz- und förderungswürdig anerkannt worden ist. Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen (vgl. § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB). Das Kind hat gemäß § 1684 Abs. 1 BGB Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, während jeder Elternteil seinerseits zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt ist (vgl. § 1626 Abs. 3 BGB). Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist deshalb maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist.
185Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - 2 BvR 1001/04 -, juris, Rn. 16 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - 18 B 1592/05 -, juris, Rn. 4 ff.
186Im Fall eines regelmäßigen Umgangs des ausländischen Elternteils, der dem auch sonst Üblichen entspricht, wird in der Regel von einer familiären Gemeinschaft auszugehen sein. Auch Unterhaltsleistungen sind in diesem Zusammenhang ein Zeichen für die Wahrnehmung elterlicher Verantwortung.
187Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - 2 BvR 1001/04 -, juris, Rn. 28.
188Ausgehend hiervon ist vom Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinen beiden Töchtern auszugehen, weil der Kläger regelmäßig Umgangskontakte mit diesen pflegt. Hierbei ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass der Kläger sich bereits in der Haft bemüht hat, (wieder) Kontakt mit seinen beiden Töchtern aufzubauen. Auch ist er zumindest von seiner älteren Tochter N. während der Haft in Begleitung seiner Mutter bzw. des Stiefvaters besucht worden. Bei den nach den Angaben der JVA harmonischen Treffen mit der älteren Tochter konnte ein liebevoller Umgang des Klägers mit dieser beobachtet werden. Auch nach der Haftentlassung haben weiterhin Umgangskontakte stattgefunden. Der Kläger ist nach der Haftentlassung am 24. Juni 2020 zunächst in den Haushalt seiner Mutter in T. gezogen, in dem auch seine ältere Tochter N. in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII lebt, und hat dort die ersten zwei bis drei Monate gewohnt. Das gemeinsame Zusammenleben indiziert grundsätzlich auch das Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft. Der Kläger hat überzeugend vorgetragen, dass er auch nach seinem Umzug nach C. weiterhin mehrmals in der Woche Umgang mit seiner älteren Tochter pflegt. Hierzu hat er eine schriftliche Stellungnahme seiner Mutter vom 6. Oktober 2021 vorgelegt, wonach er mehrmals wöchentlich Besuchskontakte mit seiner Tochter N. in der Wohnung seiner Mutter hat. Die weitergehende Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er seine ältere Tochter fast jeden Tag sehe, erweist sich für die Kammer dagegen als zweifelhaft. So ist in der Stellungnahme seiner Mutter lediglich von mehrmals wöchentlich, nicht aber täglich stattfindenden Besuchskontakten die Rede. Gegen die Einlassung des Klägers spricht auch, dass er in C. und damit gerade nicht mehr in unmittelbarer räumlich Nähe zur Wohnung seiner Mutter in T. wohnt. Die Behauptung des Klägers, für die Wegstrecke zwischen C. und T. benötige man mit der S-Bahn nur eine halbe Stunde entspricht nicht den Tatsachen (tatsächlich zirka eine Stunde). Auch bleibt unklar, wie der erwerbslose Kläger die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel aufbringen will. Ferner hat der Kläger nachvollziehbar dargetan, dass er aktuell auch mit seiner jüngeren Tochter N1. in gewissem Umfang Umgangskontakte pflegt. Er hat geltend gemacht, mit ihr mehrmals wöchentlich zu telefonieren und sie zu besuchen, um mit ihr zu spielen, Eis essen zu gehen oder Ausflüge zu unternehmen (z.B. in das Phantasialand). Diese Angaben werden durch die schriftliche Stellungnahme der Pflegemutter vom 6. Juli 2021 bestätigt, wonach der Kläger öfter mit N1. telefoniere und sie sich zwischendurch auch träfen. Z.B habe man sich an ihrem Geburtstag und an ihrer Kommunion getroffen. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger glaubhaft von regelmäßigen Umgangskontakten mit N1. berichtet, die in C. nur fünf bis zehn Minuten entfernt von ihm wohne. Er sehe sie in Absprache mit der Pflegemutter zwei bis drei Mal die Woche.
189cc) Im Rahmen der nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorzunehmenden Interessenabwägung hat nach Würdigung aller Umstände des Falls und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das besonders schwerwiegende Bleibeinteresse des Klägers letztlich hinter das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse zurückzutreten. Die aus spezialpräventiven Gründen für das Überwiegen des Ausweisungsinteresses sprechenden Gesichtspunkte sind gemeinsam mit den generalpräventiven Gründen so gewichtig, dass die von der Beklagten vorgenommene Entscheidung nicht zu beanstanden ist.
190Die Ausweisung erweist sich sowohl zum Zweck der Abwehr der vom Kläger ausgehenden erheblichen Gefahr der Begehung (weiterer) schwerer Straftaten und damit aus spezialpräventiven Gründen als auch zum Zwecke der Abschreckung anderer Ausländer von der Begehung vergleichbarer Straftaten und damit aus generalpräventiven Gründen mit Blick auf das durch Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Familien- und Privatleben als geeignet, mangels milderer Mittel erforderlich und insbesondere auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
191(1) Die Ausweisung stellt sich nicht mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig dar.
192Für dem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet spricht zwar zunächst die im Grundsatz schützenswerte familiäre Bindung zu seinen beiden minderjährigen deutschen Töchtern. Allerdings wird das Gewicht dieses Bleibeinteresses ganz erheblich dadurch gemindert, dass nicht festzustellen ist, dass zwischen dem Kläger und seinen Töchter eine gewachsene und von tiefer emotionaler Verbundenheit geprägte Vater-Kind-Beziehung besteht.
193Der Kläger hat schon nach der Geburt seiner Töchter zu keinem Zeitpunkt mit diesen in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt. So bestand nach den Feststellungen des Landgerichts L. im Urteil vom 25. April 2014 nach der Geburt zunächst lediglich zwei Mal wöchentlich und später ein nur noch sporadischer Kontakt des Klägers zu beiden Töchtern. Das Verhältnis zur Kindesmutter sei wegen seiner Tätlichkeiten gegen sie problembehaftet gewesen. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, dass er bis zu seiner Inhaftierung mit seinen Töchtern und deren Mutter in L. Q. zusammengelebt habe, steht in nicht auflösbarem Widerspruch zu den Feststellungen des Landgerichts L. , die auf den eigenen - nunmehr ausgewechselten - Angaben des Klägers beruhten. Danach hielt der Kläger sich vor seiner Festnahme im August 2013 ohne festen Wohnsitz unter ständig wechselnden Anschriften in L. auf. Bei seiner Festnahme wurde er auch nicht in einer Wohnung in L. Q. , sondern in einer Wohnung in L. Kalk angetroffen. Nach den Angaben eines Zeugen im Strafverfahren hatte dieser dem Kläger im Sommer 2013 ein Zimmer in seiner Wohnung untervermietet. Zuvor hatte der Kläger mehrere Monate im Haus S2.--------straße , einer Wohnunterkunft für straffällig gewordene Wohnungslose, gewohnt. Die Kammer wertet die Einlassung des Klägers zum Zusammenleben mit seinen Töchtern bis zu seiner Inhaftierung daher als Schutzbehauptung.
194Wegen der langjährigen Inhaftierung des Klägers von August 2013 bis Juni 2020 ist zudem davon auszugehen, dass die Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet für seine Töchter von deutlich geringerer Bedeutung ist als in einem Fall, in dem Vater und Tochter ununterbrochen eine enge familiäre Lebensgemeinschaft geführt haben. Zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung im August 2013 war seine Tochter N. drei Jahre und seine Tochter N1. ein Jahr alt und damit in einem Alter, in dem Kinder noch in besonderem Maße auf Nähe der Eltern angewiesen sind. In den folgenden fast sieben Jahren war der Kläger inhaftiert und damit in der prägenden Bindungs- und Beziehungsaufbauphase der Kinder haftbedingt abwesend.
195Während der Haft konnte der Kläger am Aufwachsen und der Erziehung ung seiner Kinder allenfalls begrenzt Anteil nehmen. Denn die Strafvollstreckung in der JVA B. fand durchgängig ohne vollzugsöffnende Maßnahmen im geschlossenen Vollzug i.S.d. § 12 StVollzG NRW statt,
196vgl. hierzu allgemein den Vollstreckungsplan des Landes Nordrhein-Westfalen, abrufbar unter: http://www.vollstreckungsplan.nrw.de/zweck.jsp?layout=oRL, zuletzt abgerufen am 8. Oktober 2021,
197in dem die Kontaktmöglichkeiten mit Angehörigen naturgemäß noch einmal deutlich beschränkt gegenüber im offenen Vollzug befindlichen Gefangenen sind. Die ältere Tochter hat den Kläger erstmals im Jahr 2016, d.h. im Alter von sechs Jahren, in der Haft besucht. Zu seiner jüngeren Tochter hatte der Kläger während der Haftzeit keinen persönlichen, sondern lediglich Fernkontakt. Er schrieb ihr Grußkarten zu festlichen Anlässen. Auch wenn der Kläger sich im Rahmen seiner Möglichkeiten bemühte, beiden Töchtern kleine Geschenke, z.B. zu den Geburtstagen, zukommen zu lassen, war das Leben der Töchter durch die Inhaftierung des Klägers davon geprägt, dass sie ihren Vater im Alltag längere Zeit nicht um sich hatten. Seine jüngere Tochter N1. kannte ihn zu der Zeit persönlich gar nicht, die Kontakte zu seiner älteren Tochter N. waren auf Besuchstreffen und Fernkommunikation reduziert. Hierbei ist für die in der Haft geknüpften Kontakte zu seiner älteren Tochter zudem zu berücksichtigen, dass diese - wenn sie auch nach den schriftlichen Stellungnahmen der Vollzugsbeamten von einer besonderen Freude aufseiten des Klägers und seiner älteren Tochter getragen waren und harmonisch verliefen - sowohl dem Umfang als auch der Dauer nach deutlich beschränkt waren. Nach den Angaben der JVA B. erhalten Strafgefangene in den vorgegebenen Zeiten jeweils 2 x 90 Minuten Regelbesuch im Monat. Gefangene mit minderjährigen Kindern - wie der Kläger - können einen zusätzlichen Familien-Besuch im Monat beantragen. Bei Kinderbesuch verlängert sich die Besuchszeit zudem auf 120 Minuten je Besuch.
198Vgl. Angaben zu Besuchszeiten der JVA, gültig seit 1. August 2015, abrufbar unter https://www.jva-B. .nrw.de/infos/besuchszeiten/index.php sowie die allgemeinen Angaben zum Besuch mit Kindern, abrufbar unter https://www.jva-B. .nrw.de/infos/besuch_kinder/index.php, beide zuletzt abgerufen am 1. Oktober 2021.
199Dies deckt sich mit den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach ihn seine Tochter N. zirka dreimal pro Monat in Haft besucht habe. Schon der auf drei Besuche im Monat beschränkte Kontakt kann sowohl der Häufigkeit als auch dem Umfang nach als nicht besonders intensiv eingestuft werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Besuche erst im Jahr 2016 begannen und nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung auch nicht durchgängig drei Mal pro Monat stattfanden. So gab der Kläger selbst an, dass seine Mutter zum Ende der Haft wegen ihrer Arbeit nicht mehr so häufig habe kommen können.
200Auch seit der Haftentlassung im Juni 2020 ist nicht erkennbar, dass zwischen dem Kläger und seinen Töchtern eine intensivere Vater-Kind-Beziehung entstanden ist. Zwar hat der Kläger zunächst mit seiner Tochter N. zusammen im Haushalt seiner Mutter in T. gewohnt. Nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung ist er jedoch bereits zwei bis drei Monate später nach C. gezogen. Er hält sich seitdem nur noch zu mehrmals wöchentlich stattfindenden Besuchskontakten bei N. auf. Mit seiner jüngeren Tochter N1. hat er nie in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt. Deren Pflegemutter und Vormundin hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme erklärt, dass N1. den Kläger letztlich erst im Jahr 2020 nach seiner Haftentlassung kennengelernt habe.
201Nach alledem ist festzustellen, dass der Kläger am Leben seiner Töchter lediglich punktuell bzw. phasenweise Anteil genommen hat und zu keinem Zeitpunkt eine zentrale Bezugs- bzw. Vertrauensperson für die Kinder geworden ist. In dieser Einschätzung sieht sich die Kammer auch durch Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung bestätigt. So räumt dieser auf Nachfrage ein, dass, wenn seine Töchter krank seien, sich seine Mutter um N. und die Pflegemutter um N1. kümmerten. Der Kläger war mit keiner seiner beiden Töchter bisher einmal beim Arzt. In der Schule war er nach eigenen Angaben lediglich mit seiner älteren, nicht aber mit der jüngeren Tochter. Auch mit Problemen wenden sich seine Töchter nicht in erster Linie an ihn, sondern im Wesentlichen an seine Mutter bzw. die Pflegemutter. Der Kläger wird zwar nach eigenen Angaben von seiner Mutter bzw. der Pflegemutter im Krankheitsfall informiert und erfährt manchmal auch von seinen Töchtern von deren Problemen. Er ist jedoch nicht ihre Hauptkontakt- bzw. Bezugsperson, sondern erfährt - wenn überhaupt - immer erst nachrangig von schwierigen Situationen im Alltag seiner Kinder. Der Kläger trifft auch keine relevanten Entscheidungen für die Erziehung und das Wohlergehen seiner Töchter. Unter diesen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass eine Trennung des Klägers von seinen Töchtern infolge der Ausweisung unter Kindeswohlgesichtspunkten nicht verantwortet werden kann. Dies gilt umso mehr als die Töchter mit neun und elf Jahren inzwischen in einem Alter sind, in dem ihnen der Grund für die (weitere) Trennung verständlich gemacht werden kann.
202Hinzu kommt, dass die Ausweisung nicht zum vollständigen Abbruch der - ohnehin gelockerten - Beziehung des Klägers zu seinen Töchtern führt. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass die Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen zwischen dem Kläger und seinen Töchtern durch die räumliche Entfernung deutlich erschwert wird. Jedoch kann die Beziehung zwischen ihm und seinen Töchtern auch über Besuche im Ausland, über das Schreiben von Briefen - wie es der Kläger bereits in der Haft praktiziert hat - und über moderne Fernkommunikationsmittel (wie z.B. Telefonie, Messengerdienste oder Skype) selbst bei Berücksichtigung der Zeitverschiebung von sechs Stunden zwischen Deutschland und der Dominikanischen Republik aufrechterhalten werden. Den Töchtern des Klägers ist aus der Haftzeit des Klägers ein Fernkontakt mit dem Kläger bereits bekannt. Sie sind mit elf und neun Jahren auch in einem Alter, in dem sie in der Lage sind, diese Kommunikationsmittel zu nutzen. Zudem besteht für beide Töchter die Möglichkeit, sich hierbei durch die Mutter des Klägers bzw. die Pflegemutter der jüngeren Tochter unterstützen zu lassen.
203Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Trennung nicht dauerhaft ist, weil die Beklagte das mit der Ausweisung angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot befristet hat. Sie hat die Befristung in der mündlichen Verhandlung zudem wegen der intensivierten Umgangskontakte des Klägers mit seinen Töchtern auf nunmehr vier Jahre reduziert. Nach Ablauf dieser Frist hat der Kläger grundsätzlich die Möglichkeit, unter Beachtung der Einreise- und Aufenthaltsvorschriften wieder in die Bundesrepublik einzureisen, um die familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Töchtern wieder aufzunehmen. Insbesondere besteht für ihn die Möglichkeit, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Töchter eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zu erhalten.
204Was die familiären Beziehungen zu seiner Mutter angeht, ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh in erster Linie auf den Schutz der Familie als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen Kindern und ihren Eltern gerichtet ist und die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen hinsichtlich der Beziehungen zwischen erwachsenen Familienangehörigen - wie sie insoweit in Rede stehen - nicht von vergleichbarer Intensität sind. Nur wenn die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, etwa weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen des Bundesgebiets nicht zumutbar ist, kann die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange zurückdrängen.
205Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 2926/13 -, juris, Rn. 22 ff., und vom 17. Mai 2011 - 2 BvR 1367/10 -, juris, Rn. 16.
206Vorliegend ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger oder seine Mutter auf die Lebenshilfe oder den Beistand des jeweils anderen in besonderem Maße angewiesen wäre.
207(2) Eine tiefgreifende Verwurzelung des Klägers im Bundesgebiet einhergehend mit einer gleichzeitigen Entwurzelung vom Heimatland, die die Aufenthaltsbeendigung im Lichte von Art. 8 EMRK und dem damit geschützten Recht auf Privatleben als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnte, ist ebenfalls nicht festzustellen.
208Hierbei spricht zu Gunsten des Klägers, dass er als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und einen erheblichen Teil seines Lebens, nämlich 16 von 30 Lebensjahren, hier verbracht hat. Dabei war sein Aufenthalt in der Zeit von 2006 bis 2014 rechtmäßig. Für ein Bleibeinteresse des Klägers spricht außerdem, dass er einen gewissen Teil seiner Sozialisation im Bundesgebiet erfahren hat. So besuchte der Kläger in Deutschland nach dem Besuch einer Vorbereitungsklasse zunächst die Hauptschule, danach war er für drei Monate in einem Berufskolleg eingeschrieben. In der Zeit bis zu seiner Inhaftierung hat er auch zumindest teilweise Erwerbstätigkeiten ausgeübt. Er arbeitete über eine Leiharbeitsfirma im Schichtdienst in einer Brötchenfabrik, als ungelernte Hilfskraft in einem Lager, beim Gerüstbau, bei einem Umzugsunternehmen oder einer Kfz-Werkstatt.
209Zu Lasten des Klägers ist jedoch zu berücksichtigen, dass er bei Einreise bereits 14 Jahre alt war und damit seine prägenden Kindheitsjahre in seinem Heimatland verbracht hat. Auch hat es der Kläger versäumt, seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik dauerhaft zu legalisieren. In der Zeit von 2015 bis 2021 war dieser nicht mehr rechtmäßig, sondern der Kläger wurde nur noch - während der Inhaftierung faktisch - geduldet.
210Auch im Übrigen ist trotz des langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet eine feste und nachhaltige Integration des Klägers in die hiesigen Lebensverhältnisse nicht festzustellen.
211So ist dem Kläger eine wirtschaftliche und soziale Eingliederung in die Verhältnisse im Bundesgebiet nicht gelungen. Der Kläger verließ sowohl die Hauptschule als auch das Besuchskolleg ohne Abschluss. Eine Berufsausbildung hat der Kläger auch in der Haft nicht aufgenommen. Deren Aufnahme hätte ein beanstandungsfreies Haftverhalten erfordert, welches bei dem Kläger nach den obigen Ausführungen gerade nicht vorlag. Der Kläger hat es sich damit durch sein fortgesetzt regelmissachtendes und delinquentes Haftverhalten selbst zuzuschreiben, dass er eine Ausbildung in der Haft nicht absolvieren konnte. Mit seiner Einlassung im Schreiben vom 11. Februar 2019, dass er eine Ausbildung nicht habe absolvieren können, weil er immer „zu den relevanten Zeiten“ Sicherungsmaßnahmen gehabt habe, verkennt der Kläger, dass er wegen seines durchgehend regelmissachtenden Verhaltens bis in den Februar 2020 und damit nicht nur zu den „relevanten Zeiten“ mit Sicherungsmaßnahmen belegt werden musste. Er bagatellisiert auch insofern seine ständigen Regelübertretungen und versucht, die Verantwortung für seine gescheiterte wirtschaftliche Integration von sich zu weisen.
212Zudem handelte es sich bei den vor der Inhaftierung ausgeübten Erwerbstätigkeiten lediglich um Gelegenheitstätigkeiten, denen weder ihrem Umfang noch der Art der Tätigkeit nach eine besondere Integrationskraft zugemessen werden kann. Zeiten einer längeren durchgehenden Erwerbstätigkeit liegen in der wechselhaften Erwerbsbiographie des Klägers nicht vor. Ferner bezog der Kläger vor seinem Haftantritt auch ergänzende Sozialleistungen bzw. war wegen fehlender Mitwirkung sogar von deren Bezug ausgeschlossen. Dem Kläger war es damit schon vor Haftantritt nicht gelungen, sich eine wirtschaftliche Existenzgrundlage in Deutschland zu schaffen. Nach Entlassung aus der Haft ist es dem Kläger ebenfalls nicht gelungen, in eine geordnete Lebensführung zurückzufinden und wirtschaftlich Fuß zu fassen. Eine Erwerbstätigkeit hat der Kläger seitdem nicht aufgenommen. Er ist vielmehr auf Zuwendungen seiner Mutter angewiesen und überlebt mit deren Lebensmittelzuwendungen sowie einem kleinen Taschengeld.
213Auch eine Integration in die hiesige Rechtsordnung ist dem Kläger nicht ansatzweise gelungen. Das Leben des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland war maßgeblich durch seine erhebliche Delinquenz geprägt. Diese war durch die Begehung von schwerwiegenden Raubdelikten mit erheblich überschießender Gewalt- bzw. Nötigungskomponente geprägt. Hinzu treten in der Haft mehrfache Verurteilungen wegen Betäubungsmitteldelikten sowie eine weitere erhebliche Gewaltstraftat. Hierin zeigt sich - wie ausgeführt - ein im Wesentlichen unbewältigtes Aggressions- und Konfliktpotential. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass der Kläger, der über die Notwendigkeit der Einhaltung von Regeln und Normen im Allgemeinen weiß, willens und in der Lage ist, sich regelkonform zu verhalten.
214Letztlich ist dem Kläger auch eine Reintegration in sein Heimatland zumutbar. Auch wenn der Kläger knapp über die Hälfte seines Lebens im Bundesgebiet verbracht und einen Teil seiner Sozialisation hier erfahren hat, ist davon auszugehen, dass der Kläger, welcher neben Deutsch auch Spanisch spricht, mit diesen Sprachkenntnissen noch hinreichend in der Lage sein wird, sich in die dortigen Lebensverhältnisse (wieder) einzuleben. Zudem hat der Kläger bis zum 14. Lebensjahr selbst in der Dominikanischen Republik gelebt und damit einen nennenswerten Teil der besonders prägenden Kindheitszeit dort, wenn auch nach eigenen Angaben ohne Schulbesuch auf dem Anwesen seiner Großeltern väterlicherseits, verbracht. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Ausreise des Klägers in sein Heimatland einen tiefgreifenden Einschnitt in sein Leben darstellt und er gerade in der Übergangsphase durchaus mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert sein wird. Der im gerichtlichen Verfahren von Seiten des Klägers erhobene Einwand, dass er in der Dominikanischen Republik nach dem Versterben seines Großvaters keine Verwandtschaft und damit kein familiäres Netz mehr habe, greift dagegen schon deshalb nicht durch, weil noch die Großeltern des Klägers mütterlicherseits und dessen Halbbruder in seinem Heimatland leben. Die Großeltern mütterlicherseits haben den Kläger auch im Rahmen einer Reise im Jahr 2014 in der Haft besucht. Zudem handelt es sich bei dem 30 Jahre alten Kläger um einen körperlich gesunden, erwerbsfähigen jungen Mann, der auch auf eine gewisse Berufserfahrung im Bundesgebiet zurückgreifen kann. Schon ausgehend hiervon ist die Annahme gerechtfertigt, dass es ihm gelingen wird, sich in der Dominikanischen Republik eine neue Existenzgrundlage aufzubauen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger notfalls auch auf die persönliche oder finanzielle Hilfe seiner im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen zurückgreifen können wird, da diese ihn auch in der Vergangenheit zu sich geholt haben, ihn während der Haftzeit regelmäßig besucht und ihn in Person seiner Mutter auch nach Haftentlassung durch die Zuwendung z.B. von Taschengeld unterstützt haben.
215Schließlich ist berücksichtigen, dass die Beklagte die Wirkungen der Ausweisung in nicht zu beanstandender Weise auf vier Jahre befristet hat, sodass eine Rückkehr des Klägers in das Bundesgebiet gerade auch mit Blick auf ein mögliches Aufenthaltsrecht zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft nach Ablauf dieser Frist nicht wegen § 11 Abs. 1 AufenthG ausgeschlossen ist und damit auch unter diesem Gesichtspunkt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.
216(3) Im Rahmen der abschließenden Abwägung der gegenläufigen Interessen hat nach Würdigung aller vorstehenden Umstände sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das nach der gesetzlichen Typisierung grundsätzlich besonders schwerwiegende, aber seinem Gewicht nach deutlich geminderte, Bleibeinteresse des Klägers hinter dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse zurückzutreten. Wie bereits im Rahmen der Gefahrenprognose dargelegt, geht von dem Kläger eine erhebliche Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten aus. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter a) Bezug genommen. Dieses - seinem Gewicht nach nicht geminderte - Interesse rechtfertigt es im Ergebnis, das - deutlich geminderte - Ausweisungsinteresse des Klägers an einem Verbleib im Bundesgebiet hinter den öffentlichen Belangen der Gefahrenabwehr zurücktreten zu lassen.
217II. Soweit der Kläger die Aufhebung bzw. - hilfsweise - die Änderung, d.h. eine Verkürzung der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots der Ausweisung begehrt, ist die nunmehr als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) statthafte Klage,
218vgl. ebenso Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 11, Rn. 133.
219zulässig, aber unbegründet.
220Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der Fassung des zum 29. August 2019 in Kraft getretenen Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15. August 2019 (BGBl, S. 1294) ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Im Fall der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen (§ 11 Abs. 2 Satz AufenthG). Die Frist beginnt mit der Ausreise (§ 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden (§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 AufenthG soll die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.
221Nach diesen Vorschriften tritt das mit einer Ausweisung einhergehende Einreise- und Aufenthaltsverbot - anders als nach bisheriger Rechtslage - nicht mehr kraft Gesetzes ein, sondern ist als Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. BT-Drs. 19/10047, S. 31).
2221. Die Beklagte hat gemeinsam mit der Ausweisung ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen. Zwar hat sie in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung - entsprechend der alten Rechtslage - lediglich eine Befristung des seinerzeit kraft Gesetzes eintretenden Einreise- und Aufenthaltsverbots ausgesprochen. Diese Entscheidung ist bei verständiger Auslegung unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts (§§ 133, 157 BGB) in der Sache aber als konkludente Verfügung (auch) eines Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen. Denn die Befristung als integraler Bestandteil des Verbots setzt notwendig auch das Bestehen eines solchen Verbots voraus bzw., falls ein Verbot nicht entstanden sein sollte, den Willen zum Erlass eines solchen.
223Vgl. ebenso: BVerwG, Urteile vom 21. August 2018 - 1 C 21.17 -, juris, Rn. 25, und 27. Juli 2017 - 1 C 28.16 -, juris, Rn. 42.
2242. Die konkludent getroffene Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nebst dessen Befristung ist formell rechtmäßig. Die Beklagte war im maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung aus denselben Gründen wie hinsichtlich der Ausweisung auch für die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig. An dieser einmal begründeten Zuständigkeit ändert sich durch den Wohnsitzwechsel des Klägers nichts.
2253. Die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots und dessen Befristung auf vier Jahre ist auch materiell rechtmäßig.
226Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Einreise- und Aufenthaltsverbots ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts.
227Vgl. zu § 11 Abs. 2 AufenthG a.F.: BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2017 - 1 C 28.16 -, juris, Rn. 16; zu § 11 Abs. 1 AufenthG n.F.: Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 11, Rn. 134.
228Die von der Beklagten im Ermessenswege getroffene Entscheidung, die Wirkungen der Ausweisung auf vier Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise zu befristen, ist rechtlich nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO).
229Für die Bemessung der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann auch nach der Neufassung des § 11 AufenthG auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zurückgegriffen werden, da sich am behördlichen Prüfungsprogramm insoweit nichts geändert hat.
230Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es - in einem ersten Schritt - der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Bei einer aus generalpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung kommt es, soweit sie zulässig ist, darauf an, wie lange von ihr eine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer ausgeht. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde aber - in einem zweiten Schritt - an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG), sowie unions- und konventionsrechtlich an den Vorgaben aus Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK gemessen und ggf. relativieren werden. Über dieses normative Korrektiv lassen sich die einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen begrenzen. Dabei sind nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls einer umfassenden Abwägung der betroffenen Belange.
231Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 27.16 -, juris, Rn. 23.
232Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, die die Beklagte in der mündlichen Verhandlung von ursprünglich fünf auf vier Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise reduziert hat, ermessensfehlerfrei erfolgt. Zunächst hat die Beklagte die rechtlichen Grenzen des § 11 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 AufenthG eingehalten. Da der Kläger aufgrund von strafrechtlichen Verurteilungen ausgewiesen worden ist, gilt im Ausgangspunkt die zeitliche Höchstgrenze von in der Regel zehn Jahren, die hier gewahrt ist. Die Beklagte hat bei der Bemessung der Frist auch zutreffend berücksichtigt, dass die Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen verfügt worden ist. Hierbei hat sie unter Abänderung der ursprünglich erlassenen Ordnungsverfügung darauf abgestellt, dass aufgrund der Schwere und Häufigkeit der Straftaten nach wie vor ein öffentliches Interesse daran besteht, den Kläger unter Sicherheitsgesichtspunkten vom Bundesgebiet fernzuhalten. Wegen der intensivierten Umgangskontakte des Klägers mit seinen Töchtern nach Haftentlassung hat sie die Frist sodann von fünf auf vier Jahre reduziert. Diese konkrete Bemessung erweist sich aufgrund der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr zur Erreichung des spezialpräventiven Ausweisungszwecks als geeignet, erforderlich und auch angemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte innerhalb des ihr bei einer Ausweisung wegen strafrechtlicher Verurteilungen eröffneten Zeitrahmens von in der Regel bis zu zehn Jahren noch im unteren Bereich geblieben ist. Die Beklagte hat die familiären Belange des Klägers bei der Bemessung auf vier Jahre auch angemessen berücksichtigt. Insofern ist weder etwas dafür vorgetragen noch sonst dafür ersichtlich, was für eine - noch kürzere - Befristung sprechen könnte. Dass die Beklagte nicht berücksichtigt hat, dass die Ausweisung zusätzlich auch aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt ist, macht ihre Ermessensentscheidung nicht ermessenfehlerhaft. Denn die auf spezialpräventive Gesichtspunkte gestützten Ermessenerwägungen vermögen die Befristungsentscheidung auch allein zu tragen.
233III. Hinsichtlich der in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung vom 5. Juli 2018 enthaltenen Abschiebungsandrohung ist die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ebenso unbegründet.
234Die Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2351. Die Abschiebungsandrohung ist formell rechtmäßig, die Beklagte war aus denselben Gründen wie hinsichtlich der Ausweisung örtlich für deren Erlass zuständig. Hieran hat sich auch durch den Umzug des Klägers nichts geändert, bei der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt die Zuständigkeit - wie bei der Ausweisung - bestehen.
2362. Die Abschiebungsandrohung ist auch materiell rechtmäßig. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach §§ 50 Abs. 1, 59 Abs. 1 AufenthG liegen im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung,
237vgl. etwa: BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2017 - 1 C 28.16 -, juris, Rn. 16,
238vor.
239Die Abschiebungsandrohung beruht auf §§ 50 Abs. 1, 59 Abs. 1 AufenthG. Der Kläger ist nicht mehr im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels. Die ihm letztmalig von der Stadt L. bis zum 7. Januar 2014 verlängerte Aufenthaltserlaubnis nach § 34 Abs. 2 AufenthG ist mit Ablauf ihrer Geltungsdauer erloschen. Einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis hat der Kläger nicht gestellt. Der Kläger war damit bereits vor und unabhängig vom Erlass der Ausweisungsverfügung ausreisepflichtig. Die Vollziehbarkeit der Ausreisefrist ist für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht erforderlich.
240Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Februar 2009 - 18 A 2620/08 -, juris, Rn. 30 ff.
241Die - nach dem Regelzusammenhang in der Ordnungsverfügung hilfsweise für den Fall, dass die Abschiebung nicht aus der Haft heraus erfolgt - gewährte Frist zur freiwilligen Ausreise von einer Woche nach Entlassung ist knapp bemessen, aber noch als ausreichend und angemessen zur Regelung der persönlichen Angelegenheiten des Klägers anzusehen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger unmittelbar nach der Haftentlassung nicht allzu viele Angelegenheiten (wie beispielsweise die Auflösung eines Hausstandes, Kündigungen etc.) zu regeln gehabt hätte. Gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht dem Erlass der Abschiebungsandrohung das Vorliegen von etwaigen Abschiebungsverboten ebenso wenig entgegen wie das Vorliegen von Duldungsgründen nach § 60a Abs. 2 AufenthG.
242IV. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu, noch kann er die Neubescheidung seines Antrags beanspruchen, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO.
243Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger überhaupt und ggf. wann einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Ein ausdrücklicher Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei der Beklagten kann den Verwaltungsvorgängen nicht entnommen werden. Für die Annahme eines Erteilungsantrags spricht jedoch, dass die Beklagte in ihrer Ordnungsverfügung vom 5. Juli 2018 in den Entscheidungsgründen einen solchen Antrag beschieden hat.
244Der Beklagten fehlt zwar aufgrund des Wegzugs des Klägers nach T. bzw. C. nicht die Passivlegitimation zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist die Beklagte wegen der räumlichen Beschränkung auf das Gebiet der T1. B. gemäß § 61 Abs. 1c Nr. 1 AufenthG bzw. der Wohnsitzauflage für B. nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZustAVO vom 10. September 2019 für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis örtlich zuständig.
245Dem Kläger kann jedoch aufgrund der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Auch § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG greift nicht ein, da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen. Es ist insbesondere nicht festzustellen, dass ein rechtliches Ausreisehindernis im Sinne des in erster Linie in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK besteht. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Überdies steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG entgegen, dass ‑ wie dargelegt - ein Ausweisungsinteresse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG besteht. Für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung wegen atypischer Umstände oder für ein Absehen im Ermessenswege (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG) bestehen angesichts der vorstehenden Ausführungen zur Ausweisung keine Anhaltspunkte.
246V. Die Anordnung der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts des Klägers auf das Gebiet der T1. ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2471. Die Anordnung ist formell rechtmäßig. Die Beklagte war für deren Erlass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung nach § 12 Abs. 1 ZustAVO 2017 örtlich zuständig. Bei der gegen die räumliche Beschränkung gerichteten Anfechtungsklage ändert sich - ebenso wie bei der Ausweisung - an der Zuständigkeit der Beklagten durch den Wohnsitzwechsel des Klägers nichts.
2482. Die Anordnung der räumlichen Beschränkung ist auch materiell rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 61 Abs. 1c Nr. 1 AufenthG. Danach kann eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist (Nr. 1).
249Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Der Kläger, der wegen Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist und damit § 61 Abs. 1c Satz 1 Nr. 1 AufenthG unterfällt, ist nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Die Ausreisepflicht des Klägers resultiert aus dem Ablauf der Geltungsdauer der letzten, bis zum 7. Januar 2014 gültigen Aufenthaltserlaubnis. Selbst wenn man in seiner Einlassung im Rahmen der Anhörung im Januar 2017 einen konkludenten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sehen wollte, war der Aufenthaltstitel zu diesem Zeitpunkt bereits seit drei Jahren abgelaufen, so dass die hier allein in Frage kommende Fortbestandsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG nicht mehr eintreten konnte.
250Die Beklagte hat auch ihr nach § 61 Abs. 1c Satz 1 AufenthG eröffnetes Ermessen erkannt und sachgerecht ausgeübt. Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Beklagte durfte dabei - wie unter I. ausgeführt - auch von dem Bestehen einer Wiederholungsgefahr für die Begehung weiterer Straftaten ausgehen.
251Vgl. allgemein hierzu bei § 61 Abs. 1c AufenthG: OVG Bremen, Beschluss vom 6. Mai 2020 - 2 B 158/19 -, juris, Rn. 12
252Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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