Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (7. Senat) - L 7 R 28/10

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 5. November 2009 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, 6.567,60 EUR an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte und der Beigeladene tragen jeweils die Hälfte der Kosten des gesamten Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung des pfändbaren Teils der Rente ihres Ehemannes für einen abgelaufenen Zeitraum.

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Der Ehemann der Klägerin, der Versicherte K. K., beantragte am 1. März 2005 bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente und gab als Überweisungskonto das Konto seiner Ehefrau an. Mit Bescheid vom 22. März 2005 gewährte die Beklagte dem Versicherten die beantragte Altersrente mit Rentenbeginn am 1. Juni 2005. Die Rente wurde jeweils zum Monatsende ausgezahlt.

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Auf den am 16. November 2005 gestellten Antrag des Finanzamtes Lübeck eröffnete das Amtsgericht Lübeck am 17. März 2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherten (Gz.: 53a IN 375/05). Der Beigeladene wurde zum Insolvenzverwalter ernannt.

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Mit Schreiben vom 7. Juli 2006 forderte der beigeladene Insolvenzverwalter die Beklagte auf, den pfändbaren Teil der Rente an ihn in seiner Funktion als Insolvenzverwalter zu zahlen. Nachdem die Beklagte den Versicherten darüber in Kenntnis gesetzt hatte, teilte dieser der Beklagten am 30. August 2006 telefonisch mit, den pfändbaren Betrag seiner Rente an die Klägerin abgetreten zu haben. Die Klägerin legte der Beklagten mit Schreiben vom 8. September 2006 eine Abtretungserklärung mit Datum vom 30. Juni 2005 vor, die folgenden Wortlaut hat:

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„Frau I. K., wohnhaft …, ist berechtigt, sich aus den eingehenden Zahlungen aus meiner Rente in Anlehnung an § 850c ZPO in Höhe des jeweils pfändbaren Betrages bis zum Abtragung der Zinsschuld in Höhe von 35.000,00 EUR zu befriedigen.“

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Die Erklärung trägt die Unterschrift allein des Versicherten. Die Klägerin erklärte gegenüber der Beklagten, dass sie die Abtretungserklärung konkludent angenommen habe. Dazu legte sie ergänzend eine von ihr unterschriebene schriftliche Erklärung vom 10. Januar 2007 vor, in der sie bestätigte, dass sie die Abtretung der Rente des Versicherten bereits am 30. Juni 2005 angenommen habe, was durch den Besitz der Urkunde ausgewiesen und auch dokumentiert sei. In einer weiteren schriftlichen Erklärung bestätigte der Versicherte die Richtigkeit dieser Erklärung seiner Ehefrau. Sie habe die Abtretung angenommen.

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Die Beklagte zahlte den pfändbaren Teil der Rente ab Oktober 2006 an den beigeladenen Insolvenzverwalter und führte zur Begründung gegenüber der Klägerin sinngemäß aus, dass die Abtretungserklärung vom 30. Juni 2005 nur die Unterschrift des Zedenten trage und dass der Abtretungsvertrag erst mit der Vorlage dieser Abtretungserklärung durch die Klägerin am 8. September 2006 wirksam zustande gekommen sei.

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Mit der am 26. Oktober 2007 beim Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung des pfändbaren Teils der Rente ihres Ehemanns für den Zeitraum von Oktober 2006 bis März 2008 gefordert und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, dass die von der Beklagten geleisteten Zahlungen an den Beigeladenen für den genannten Zeitraum keine schuldbefreiende Wirkung gehabt hätten. Die erfolgte Abtretung sei wirksam, soweit sie sich auf die Bezüge für die Zeit vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Kalendermonats beziehe. Die Abtretung sei vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam vorgenommen worden. Einer ausdrücklichen Annahme der Abtretung habe es gemäß § 151 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht bedurft, da diese nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten gewesen sei und ihr Ehemann diese von ihr auch nicht erwartet habe. Die Abtretung der Rente sei formfrei möglich gewesen und habe deshalb auch formfrei angenommen werden können. Eine Offenlegung der Abtretung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei nicht erforderlich gewesen, da die Rente des Versicherten bereits auf ihr Konto gezahlt worden sei. Sie habe sich im Juni 2005 von Herrn Rechtsanwalt H. aus Lübeck bezüglich der Abtretung des pfändbaren Teils der Rente ihres Ehemannes beraten und die Abtretungserklärung von diesem vorformulieren lassen. Dieser habe mitgeteilt, dass es einer Offenlegung gegenüber der Beklagten nicht bedürfe, wenn die Rente ohnehin auf ihr privates Konto gezahlt werde. Die Annahme der Beklagten, dass die Abtretung insolvenzrechtlich anfechtbar sei, sei unzutreffend und im Übrigen irrelevant, da der Beigeladene eine Anfechtungserklärung nicht abgegeben habe. Als Beigeladener des vorliegenden Verfahrens könne der Insolvenzverwalter die Anfechtung nicht wirksam erklären. Das Anfechtungsrecht stehe dem Insolvenzverwalter nur als Partei kraft Amtes zu und nicht als Streithelfer in einer zivilrechtlichen Streitigkeit.

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Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 6.567,60 € nebst Zinsen an sie zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Aus ihrer Sicht sei eine wirksame Abtretung durch die nachgeschobene Erklärung vom 30. Juni 2005 nicht nachgewiesen. Dafür spreche bereits die Chronologie, da die Abtretung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens offenbart worden sei, obwohl die Rente bereits seit dem 1. Juni 2005 gezahlt worden sei. Jedenfalls stelle die Abtretung eine anfechtbare Handlung dar, weshalb nach § 143 Abs. 1 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO) ein Rückgewähranspruch zugunsten der Insolvenzmasse bestanden habe. Da die vermeintliche Zinsschuld von der Klägerin nicht dargetan worden sei und ausdrücklich bestritten werde, liege es nahe, dass es sich um eine nach § 134 InsO anfechtbare unentgeltliche Leistung handele. Die Klägerin sei unstreitig eine nahestehende Person im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weshalb vermutet werde, dass sie die Zahlungsunfähigkeit ihres Ehemannes gekannt habe (§ 130 Abs. 3 InsO). Die Geltendmachung des pfändbaren Teils der Rente durch die Klägerin verstoße zumindest gegen Treu und Glauben. Sie handele arglistig, wenn sie etwas verlange, was sie augenblicklich wieder zurückgeben müsse.

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Der Beigeladene hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Es beständen Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtswegs zum Sozialgericht. Der Rechtsstreit sei nicht durch das Sozialgesetzbuch bzw. den Rentenbescheid der Beklagten, sondern durch eine angebliche Abtretung und damit ein Rechtsgeschäft bürgerlichen Rechts geprägt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Anfechtungsrecht sei ein Anfechtungsrechtsstreit als zivilrechtliche Streitigkeit stets vor den ordentlichen Gerichten zu entscheiden. Die Anfechtung des Insolvenzverwalters könne nur auf prozessualem Wege durch Klage, Widerklage, Einrede oder Replik geltend gemacht werden. Dass dieses prozessuale Gestaltungsrecht auch im Rahmen der Stellungnahme des notwendig Beigeladenen statthaft sei, sei bislang noch nicht ausdrücklich gerichtlich entschieden. Nach jüngster Rechtsprechung zeichne sich jedoch eine Tendenz dahingehend ab, dass auch diese prozessuale Verfahrensweise zulässig sei. In diese Richtung deute die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesverwaltungsgerichts zur Geltendmachung der insolvenzrechtlichen Anfechtung durch behördlichen Duldungsbescheid sowie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zur Insolvenzanfechtung auch durch mündliche Erklärung innerhalb eines Verfahrens zur Feststellung der Wirksamkeit eines Sozialplanes. Infolge dieser Prozessrechtsfortbildung müsse die insolvenzrechtliche Anfechtung auch durch den notwendig Beigeladenen zu einer sozialgerichtlichen Leistungsklage statthaft sein. Wenn das Gericht nicht dieser Auffassung sein sollte, werde um einen gerichtlichen Hinweis gebeten. Gegebenenfalls werde er die Verweisung an das zuständige Zivilgericht beantragen. Sofern das Gericht den insolvenzrechtlichen Gesichtspunkt der Anfechtungslage im vorliegenden Rechtsstreit mit behandele, bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung der insolvenzrechtlichen Anfechtungsklage vor dem Sozialgericht. Daran habe er ein ökonomisches Interesse, da die Anfechtungstatbestände bislang zu einem wesentlichen Teil noch nicht rechtshängig seien und die Insolvenzmasse noch nicht hinreichend angewachsen sei, um Anfechtungsprozesse zu finanzieren. Im Übrigen hat sich der Beigeladene dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen und ergänzend geltend gemacht, dass er die Anfechtung bereits wiederholt vorprozessual ausgesprochen habe. Eine nur mündlich angenommene Abtretung sei nicht insolvenzfest. Die erforderliche Schriftform der Abtretung sei erst nach Insolvenzeröffnung begründet worden. Außerdem lägen mehrere Anfechtungssachverhalte vor. Die Abtretung habe innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin den Benachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners gekannt. Der Klägerin sei klar gewesen, dass diese Abtretung die Befriedigungsaussichten der Gläubiger ihres Ehemannes schmälern würde. Auch habe die Klägerin, die immerhin Volljuristin sei, gewusst, dass dem Versicherten die Zahlungsunfähigkeit drohe.

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Das Sozialgericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte des Landgerichts Lübeck zum Aktenzeichen 2 O 244/08 beigezogen.

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Mit Urteil vom 5. November 2009 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Rentenansprüche nicht wirksam auf die Klägerin übertragen worden seien. Für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe es am Abschluss eines wirksamen Abtretungsvertrages gefehlt. Der Vertrag habe bis dahin nicht das Schriftformerfordernis des § 56 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfüllt. Zwar sei ein konkludenter Zugangsverzicht nach § 151 Satz 1 BGB auch bei Rechtsgeschäften, die der Schriftform unterlägen, möglich, sofern nicht gerade der mit dem Schriftformerfordernis verfolgte Zweck einen Zugang der Annahmeerklärung verlange. Der hier verfolgte Zweck verlange jedoch den Zugang der Annahmeerklärung. § 53 Abs. 4, 5 und 6 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) schützten die Interessen des Sozialleistungsträgers, der sich aufgrund des bestehenden Prioritätsgrundsatzes den Forderungen verschiedener Gläubiger ausgesetzt sehen könne. Die Beurteilung des Rangverhältnisses der Abtretung zu anderen Formen des Rechtsübergangs orientiere sich am Prioritätsprinzip. Mehrere Abtretungen desselben Anspruchs seien in der zeitlichen Reihenfolge der jeweiligen Abtretungsvereinbarung zu berücksichtigen. Daher müsse eindeutig feststellbar sein, wann die jeweilige Abtretungsvereinbarung geschlossen bzw. der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt worden sei.

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Gegen das ihr am 22. Januar 2010 zugestellte Urteil (ergänzt durch Beschluss vom 29. Januar 2010, zugestellt an die Klägerin am 4. Februar 2010) wendet sich die Klägerin mit der am 22. Februar 2010 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Bei der Abtretung handele es sich nach herrschender Meinung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der der Schriftform bedürfe. Die fehlende schriftliche Annahme einer Abtretungserklärung stehe der Wirksamkeit der Abtretung jedoch nicht entgegen, wenn der Vertragspartner entsprechend § 151 Abs. 1 BGB stillschweigend auf die Annahmeerklärung verzichtet habe oder eine solche Erklärung nicht zu erwarten sei. Der Versicherte (Ehemann der Klägerin) habe am 30. Juni 2005 den pfändbaren Teil seiner Rente an sie abgetreten. Die Abtretungserklärung sei am gleichen Tage von ihr angenommen worden. Eine schriftliche Annahmeerklärung sei nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten gewesen, weil die Beklagte den pfändbaren Teil der Rente bereits auf ihr Konto gezahlt habe. Insbesondere habe sie – die Klägerin - die Abtretung zum damaligen Zeitpunkt nicht anzeigen müssen. Der Versicherte habe ihr gegenüber auf eine schriftliche Annahmeerklärung verzichtet, weil er darauf keinen Wert gelegt habe. Rein praktisch habe sich durch die Abtretung des pfändbaren Teils der Rente nichts geändert. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe sie die Abtretungserklärung des Versicherten nicht erst mit Schreiben vom 8. September 2006 angenommen. Mit diesem Schreiben sei die Abtretung lediglich offengelegt worden, um die Wirkung des § 114 InsO zu entfalten. Die Frage einer etwaigen Anfechtbarkeit der Abtretungserklärung durch den Insolvenzverwalter erlange keine Relevanz. Grund hierfür sei die Tatsache, dass eine wirksame Anfechtung bislang nicht erklärt worden sei und etwaige Anfechtungsansprüche mittlerweile verjährt seien. Da der Beigeladene die Abtretung in seiner Funktion als Insolvenzverwalter nicht angefochten habe, sei davon auszugehen, dass eine Anfechtungsmöglichkeit nicht bestanden bzw. der Beigeladene gegen die Abtretung keine Bedenken gehabt habe. Eine etwaige Gläubigerbenachteiligung werde durch eine Insolvenzanfechtung vermieden. Hingegen führe eine etwaige Gläubigerbenachteiligung nicht zur Unwirksamkeit der Rechtshandlung.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 5. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die pfändbaren Beträge aus der Rente des Versicherten K. K. für die Monate Oktober 2006 bis März 2008 in Höhe von 6.567,60 EUR zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Eine wirksame Abtretung sei am 30. Juni 2005 nicht zu Stande gekommen, da eine Annahmeerklärung nicht erfolgt sei. Der Nachweis einer wirksamen Annahme der Abtretung könne nur durch eine schriftliche Annahmeerklärung geführt werden. Auch zum Schutz des Leistungsträgers sei eine schriftliche Annahmeerklärung für das Zustandekommen des Abtretungsvertrages erforderlich.

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Der Beigeladene beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen

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und bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten sowie den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung. Wenn ein angehender Insolvenzschuldner künftige Einkünfte in wirksamer Weise dem Insolvenzbeschlag entziehen wolle, sei schon aus Gründen des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes die Ausdrücklichkeit der Abtretung unverzichtbar. Die Auffassung der Klägerin, nach der der Rentenversicherungsträger im Hinblick auf die Formwirksamkeit der Abtretung nicht schutzbedürftig sei, sei unzutreffend. Der Rentenversicherungsträger habe bereits an die Insolvenzmasse ausgezahlt und wäre gezwungen, ein zweites Mal zu zahlen, wenn die Klägerin obsiegen würde. Gerade weil bei Forderungen mangels Dinglichkeit die Rechtsscheinvermutung nach § 1006 BGB nicht zum Zuge kommen könne, sei die Formwirksamkeit der Abtretung unverzichtbar. Vermögenswerte, die mangels Besitzes keine Eigentumsvermutung begründen könnten, könnte nicht konkludent verschoben werden.

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Die den Versicherten betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte des Landgerichts Lübeck zum Aktenzeichen 2 O 244/08 haben dem Senat ebenso wie die Prozessakte vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Klägerin ist fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässig.

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Die Zulässigkeit des Rechtswegs hat der Senat gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG nicht zu prüfen. Wegen der vom Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Bedenken weist der Senat jedoch darauf hin, dass sich die Eigenschaft des Rentenanspruchs als ein dem öffentlichen Recht zugehöriger Anspruch durch die Abtretung nicht ändert (vgl. BSG 27.11.1991 – 4 RA 80/90, BSGE 70, 37 = SozR 3-1200 § 53 Nr. 2, Rz 21, m.w.N.) und dass das Sozialgericht den Rechtsstreit deshalb zu Recht nicht an das Zivilgericht verwiesen hat.

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Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist die zutreffende Klageart. Über die Höhe des aus der Rente des Versicherten zu zahlenden Betrags hat ihr gegenüber kein Verwaltungsakt der Beklagten zu ergehen (vgl. BSG 27.11.1991 – 4 RA 80/90, a.a.O.; BSG 15.6.2010 - B 2 U 26/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR, m.w.N.).

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Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung der pfändbaren Beträge aus der Rente des Versicherten K. K.. Die Beklagte hat die Ansprüche des Versicherten durch die Zahlung des pfändbaren Teils der Rente an den Beigeladenen insoweit nicht erfüllt.

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Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des pfändbaren Teils der Rente für den streitgegenständlichen Zeitraum folgt aus der Übertragung des Rentenanspruchs von dem Versicherten auf die Klägerin. Die Übertragung von Ansprüchen ist in § 53 SGB I geregelt. Nach Abs. 3 der Vorschrift können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Bei der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich um solche laufenden der Sicherung des Lebensunterhalts dienende Geldleistungen.

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Die Regelung des § 53 SGB I entspricht der zivilrechtlichen Abtretung nach §§ 398 ff BGB. Ziel des § 53 SGB I ist es, einerseits die Verkehrsfähigkeit von Sozialleistungen zu erhöhen, andererseits aber auch den notwendigen sozialen Schutz des Leistungsberechtigten zu wahren (vgl. BT-Drucks. 7/868). Ebenso wie die Abtretung nach § 398 BGB erfordert die Übertragung eines Anspruchs auf eine Geldleistung nach § 53 SGB I einen Vertrag zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger. Bei der Übertragung einer Forderung nach § 53 SGB I handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl. zuletzt BSG, 15.6.2010 – B 2 U 26/09 R, m.w.N.).

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Einer wirksamen Übertragung der Forderung steht nicht bereits die Verletzung des Schriftformerfordernisses entgegen. Die Frage, ob das Schriftformerfordernis des § 56 SGB X für die Übertragung nach § 53 SGB I gilt, wird in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet (für die Erforderlichkeit der Schriftform: BSG 18.7.2006 – B 1 KR 24/05 R; Jung in Wannnagat, SGB I, § 53 Rz 10; Mrozynski, SGB I, 3. Aufl. 2003, § 53 Rz 7; gegen ein Schriftformerfordernis: BSG 15.6.2010, a.a.O.; KomGRV, § 53 SGB I Rz 2.1; Häusler, in Hauck/Noftz § 53 Rz 7; unentschieden: Lilge, SGB I, 2. Aufl. 2009, § 53 Rz 10). Für die vorliegende Entscheidung kommt es darauf nicht an, weil eine schriftliche Erklärung des Versicherten vorliegt und das Schriftformerfordernis einem konkludenten Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 Satz 1 BGB nicht entgegensteht. Der Vertrag kann danach zu Stande kommen, ohne dass es einer (schriftlichen) Annahmeerklärung bedarf. Dies ist für das Zivilrecht anerkannt (vgl. BGH 27.4.2004 - XI ZR 49/03 = NJW-RR 2004, 1683) und der Senat geht mit der Rechtsprechung des BSG (BSG 18.7.2006, a.a.O., juris Rz 12; BSG, 29.6.1995 – 11 RAr 109/94, BSGE 76, 184 = SozR 3-1200 § 53 Nr. 8) davon aus, dass § 151 Satz 1 BGB auch bezogen auf die Übertragung nach § 53 SGB I entsprechend anwendbar ist. Anders als das Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, dass der Anwendung des § 151 BGB der Schutzzweck eines ggfs. anzunehmenden Schriftformerfordernisses nicht entgegensteht. Insbesondere kann die Unanwendbarkeit des § 151 Satz 1 BGB nach Auffassung des Senats nicht aus dem Ziel abgeleitet werden, den Sozialleistungsträger zu schützen, der bei mehrfacher Übertragung desselben Anspruchs die zeitliche Reihenfolge der Abtretungsvereinbarungen zu berücksichtigen hat. Insofern unterscheidet sich die Situation des Sozialleistungsträgers nicht von der des Gläubigers einer zivilrechtlichen Forderung, der im Falle mehrfacher Vorausabtretungen ebenfalls den Grundsatz der Priorität zu beachten hat (vgl. BGH 9.6.1960 - VII ZR 229/58, BGHZ 32, 367). Die Tatsache, dass § 53 SGB I jedenfalls nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob überhaupt ein Schriftformerfordernis besteht (vgl. BSG, 15.6.2010, a.a.O.), spricht aus Sicht des Senats dagegen, die Anforderungen durch einen Ausschluss des § 151 Satz 1 BGB über die im Zivilrecht geltenden hinaus zu erhöhen. Eine Grundlage für die Auffassung des Sozialgerichts, nach der das (angenommene) Schriftformerfordernis dem Schutz der Sozialleistungsträger zu dienen bestimmt sei, vermag der Senat auch der Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht zu entnehmen. Der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/868, S. 32) zum Gesetz vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I, 3015), mit dem § 53 SGB I eingeführt wurde, enthält keine Hinweise auf ein Schriftformerfordernis und damit erst recht nicht auf dessen Zweck. Eine im Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vorgesehene Formvorschrift, nach der eine Übertragung nur wirksam sein sollte, wenn sie auf einem amtlichen Vordruck erfolgt (§ 53 Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs, BT-Drucks. 11/1004, S. 4), wurde auf Empfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung gestrichen, „um Erschwernisse des Rechtsverkehrs zu vermeiden“. Die entsprechend heranzuziehenden Regelungen des bürgerlichen Rechts wurden als ausreichend angesehen, um den Schuldner vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen (BT-Drucks. 11/2460, S. 15, zu Art. 1 Nr. 3; vgl. dazu auch BSG 15.6.2010, a.a.O.).

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Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Nach Auffassung des Senats sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Dabei folgt der Senat der Rechtsprechung des BGH (BGH 12.10.1999 - XI ZR 24/99, NJW 2000, 276; vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 151 Rz 4, m.w.N.), nach der es für die Annahme eines lediglich vorteilhaften Angebots in der Regel genügt, dass dieses zugeht und nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung des Begünstigten abgelehnt wird. Die Klägerin war durch die Abtretung der künftigen Rentenansprüche begünstigt und es gibt keine Hinweise dafür, dass sie das Angebot des Versicherten abgelehnt hat. Für die Annahme des Angebots spricht, dass sie im Besitz der Abtretungserklärung des Versicherten war, die sie der Beklagten vorgelegt hat. Ferner hat sie seit Beginn der Rentenzahlung die pfändbaren Beträge auf ihrem Konto vereinnahmt. Der Senat sieht auch keinen Anlass, an der Angabe der Klägerin zu zweifeln, nach der sie das Angebot unverzüglich am Tag der Abgabe des Angebots durch den Versicherten (30. Juni 2005) angenommen hat. Dafür spricht die im Verwaltungsverfahren abgegebene Bestätigung des Versicherten vom 10. Januar 2007 (Bl. 103 Verwaltungsakte). Ferner hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich vor der Abtretung im Juni 2005 durch Rechtsanwalt Dr. H., Lübeck, hat beraten lassen und dass dieser die Abtretungserklärung vorformuliert habe. Auch dieser Ablauf spricht dafür, dass die Klägerin mit der Abtretung einverstanden war und das Angebot des Versicherten unverzüglich angenommen hat.

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Der Wirksamkeit der Abtretung steht nicht entgegen, dass erst künftig entstehende Ansprüche abgetreten worden sind. Die Wirksamkeit der Abtretung künftiger Ansprüche erfordert allerdings, dass diese hinreichend bestimmt sind (vgl. BSG, 12.5.1982 - 7 RAr 20/81, BSGE 53, 260 = SozR 1200 § 54 Nr. 6; BSG 19. März 1992 - 7 RAr 26/91, BSGE 70, 186 = SozR 3-1200 § 53 Nr. 4). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Aus der geschlossenen Vereinbarung geht eindeutig hervor, dass die Rente des Versicherten Gegenstand der Abtretung sein soll und dass die Klägerin das Recht haben soll, sich aus dieser Rente in Höhe des jeweils pfändbaren Betrags bis zur Abtragung einer „Zinsschuld“ in Höhe von 35.000 Euro zu befriedigen. Zwar können Rentenzahlungen auch z.B. aus der Unfallversicherung (Verletztenrente) oder nach dem Bundesversorgungsgesetz zustehen (Grundrente, Ausgleichsrente, u. a.). Aus der Formulierung „meine Rente“ wird aber noch hinreichend deutlich, dass die Rente des Versicherten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemeint war, die er zum Zeitpunkt des Zustandekommens der Abtretungsvereinbarung bereits bei der Beklagten beantragt hatte.

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Danach ist davon auszugehen, dass die Vereinbarung über die Abtretung der künftigen Rentenforderung des Versicherten am 30. Juni 2005 und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im März 2006 zu Stande gekommen ist. Die Verfügung des Versicherten war daher nicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO unwirksam.

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Dass es sich bei Abtretungsvereinbarung um ein nichtiges Scheingeschäft i.S.d. § 117 BGB gehandelt haben könnte, ist von den Beteiligten nicht geltend gemacht worden und dafür bestehen aus Sicht des Senats auch keine Anhaltspunkte. Vielmehr sprechen die gesamten Umstände dafür, dass der Versicherte und die Klägerin die künftigen Rentenansprüche des Versicherten tatsächlich auf die Klägerin übertragen wollten. So ist die Rentenzahlung auf das Konto der Klägerin erfolgt. Zwar vertritt der Beigeladene die Auffassung, dass die Versicherte und die Klägerin mit der Absicht gehandelt haben, die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen und dass das Rechtsgeschäft deshalb nach §§ 129 ff InsO anfechtbar sei. Der Klägerin sei zum Zeitpunkt der Abtretung die drohende Zahlungsunfähigkeit des Versicherten bewusst gewesen. Ob dies zutrifft kann dahingestellt bleiben. Auch wenn die Richtigkeit dieser Vermutung des Beigeladenen unterstellt würde, spräche dies nicht für das Vorliegen eines Scheingeschäfts. Ein Scheingeschäft liegt nur vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber tatsächlich nicht eintreten lassen wollen (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 117 Rz 3 m.w.N.). Wenn es den Vertragspartnern der Übertragung tatsächlich um eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger durch die Übertragung der Forderung noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegangen sein sollte, so hätten sie keinen Anlass gehabt, die Rechtswirkungen der Übertragung nicht eintreten zu lassen. Vielmehr hätte es den Vertragsparteien zur Erzielung des genannten Erfolgs gerade auf die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts ankommen müssen. In einem solchen Fall liegt ein Scheingeschäft nicht vor (vgl. BGH, 25.10.1961 - V ZR 103/60, BGHZ 36, 84; BGH 18.11.1976 - VII ZR 150/75, BGHZ 67, 334).

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Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der Rentenansprüche auf die Klägerin nach §§ 134, 138 BGB nichtig sein könnte, sind nicht ersichtlich. Der Beigeladene macht allein das Vorliegen von Anfechtungsgründen nach §§ 129 ff. InsO geltend. Über die Anfechtungstatbestände hinausgehende besondere Umstände, die für eine Sittenwidrigkeit sprechen könnten, sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Anfechtungsnormen sind jedoch keine Verbotsgesetze i.S.d. § 134 BGB und ein bloß anfechtbares Rechtsgeschäft ist nicht ohne weiteres sittenwidrig. Da die Anfechtungsvorschriften als Sonderregeln den §§ 134, 138 Abs. 1 BGB vorgehen, tritt - wenn nichts anderes als eine dem Schuldner bekannte Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorliegt - die Anfechtbarkeit als ausschließlich vom Gesetzgeber gewollte Rechtsfolge und nicht daneben Nichtigkeit ein (BGH 19.4.2007 - IX ZR 59/06, NJW 2007, 2325; BGH, 26. Januar 1973 - V ZR 53/71, NJW 1973, 513; Hirte in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl. 2010, § 129 Rz 29 f., m.w.N.)

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Soweit die Beklagte und der Beigeladene geltend machen, dass die Übertragung der Forderung vom Versicherten auf die Klägerin noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Ziel vorgenommen worden sei, die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen, sind die Regelungen zur Insolvenzanfechtung (§§ 129 InsO) maßgebend. Mit der Insolvenzanfechtung soll der Bestand des zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehenden Schuldnervermögens dadurch wiederhergestellt werden, dass Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden, die insbesondere in der Zeit der Krise vor der Verfahrenseröffnung zum Nachteil der Gläubiger vorgenommen worden sind. Anfechtbar ist danach u.a. ein vom Schuldner mit einer nahe stehenden Person, wie z. B. dem Ehegatten, geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsvertrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

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Auf die Frage, ob die Übertragung danach anfechtbar war, kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits jedoch nicht an, weil der Anfechtungsanspruch - soweit er bestanden haben sollte - verjährt ist. Zwar hat der Beigeladene bereits im Verwaltungsverfahren und auch im vorliegenden Verfahren erklärt, dass er die Abtretung (Übertragung) anfechte. Diese Erklärung hat jedoch keine Wirkung entfaltet. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Insolvenzanfechtung mit der Anfechtung nach bürgerlichem Recht (§§ 119 ff. BGB) nach Zweck, Voraussetzung und Wirkung nichts gemein hat (Hirte, a.a.O. § 129 Rz 6, m.w.N.). Nach der neueren Rechtsprechung des BGH muss die Insolvenzanfechtung nicht ausdrücklich erklärt werden. Vielmehr genügt jede erkennbare Willensäußerung des Insolvenzverwalters, dass er eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz nicht hinnehme, sondern zur Masseanreicherung wenigstens wertmäßig auf Kosten des Anfechtungsgegners wieder auszugleichen suche (BGH 21.2.2008 - IX ZR 209/06, NJW-RR 2008, 1272; BGH 20.3.1997 - IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 unter Aufgabe von BGH 14.12.1983 - VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189; Hirte, a.a.O. § 129 Rz 6; Huber in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl. 2010 § 51 Rz 22). Die Erklärung der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter hat - anders als die Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB - auch keine Gestaltungswirkung. Der Anfechtungsanspruch entsteht aufgrund der gesetzlichen Tatbestände als Inhalt eines gesetzlichen Schuldverhältnisses und nicht als Folge einer einseitigen Anfechtungserklärung (BGH 9.7.1987 - IX ZR 167/86, BGHZ 101, 286, juris Rz 30, m.w.N.; Huber, a.a.O., § 51 Rz 22; Hirte, a.a.O. § 129 Rz 4, m.w.N.).

43

Die zeitliche Begrenzung des Anfechtungsanspruchs ist in der InsO - anders als nach der vor 1999 geltende Konkursordnung - nicht mehr als Ausschlussfrist, sondern in der Form der Verjährung geregelt. Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich gem. nach § 146 Abs. 1 InsO in der hier maßgebenden seit dem 15. Dezember 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9.12.2004 (BGBl. I, 3214) nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und beträgt damit gem. § 195 BGB drei Jahre.

44

Die Verjährung kann durch Klage, Widerklage, Einrede und andere in § 204 Abs. 1 BGB genannte Rechtshandlungen gehemmt werden. Hier liegt keine der genannten Rechtshandlungen vor und insbesondere hat der Beigeladene die Anfechtung nicht gerichtlich geltend gemacht. Die Anfechtungsklage eines Insolvenzverwalters ist grundsätzlich eine Leistungsklage mit dem Verlangen auf Rückgewähr. Unter den Voraussetzungen des § 256 ZPO kommt auch eine Feststellungsklage in Betracht. Eine Klage, die die Abtretung des Rentenanspruchs des Versicherten zum Gegenstand hat, hat der Beigeladene nicht erhoben. Dies hat er in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt.

45

Der vorliegende Rechtsstreit bewirkt keine Hemmung der Verjährung bezogen auf die Insolvenzanfechtung. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind nicht Ansprüche des Beigeladenen gegen die Klägerin, sondern allein Ansprüche, die die Klägerin gegenüber dem beklagten Rentenversicherungsträger geltend macht. Daran hat sich auch durch die im erstinstanzlichen Verfahren und bereits im Verwaltungsverfahren abgegebene Erklärung des Beigeladenen, nach der er die Übertragung anfechte, nichts geändert. Die Erklärung der Insolvenzanfechtung hat wie dargelegt keine Gestaltungswirkung und allein das im erstinstanzlichen Verfahren zum Ausdruck gebrachte Begehren des Beigeladenen, die Erklärung dennoch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen, kann nicht die Erhebung der Anfechtungsklage gegen die Klägerin ersetzen, denn dort geht es um einen anderen Anspruch. Der Beigeladene hat gegenüber dem Sozialgericht erklärt, die nach seiner Auffassung bestehenden Anfechtungstatbestände nicht rechtshängig gemacht zu haben, da die Insolvenzmasse noch nicht hinreichend angewachsen sei, um Anfechtungsprozesse zu finanzieren. Er habe deshalb „ein ökonomisches Interesse daran“, dass die anfechtungsrechtliche Frage der Rentenabtretung zwischen dem Versicherten und der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Verfahrens entschieden werde (Schriftsatz vom 14.5.2008, Bl. 36 der Gerichtsakte). Die Geltendmachung dieses Begehren durch den Beigeladenen entfaltet nicht die die Verjährung unterbrechende Wirkung einer Anfechtungsklage. Der Beigeladene hat im vorliegenden Verfahren nicht die Möglichkeit, Ansprüche gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Insofern entspricht seine Rolle derjenigen eines Insolvenzverwalters als Streithelfer im Zivilprozess, der dem Rechtsstreit ebenfalls zur Unterstützung einer Partei beitritt, damit aber nicht in die Lage versetzt wird, seinen eigenen untrennbar mit seinem Amt als Insolvenzverwalter verbundenen Anfechtungsanspruch zu verfolgen, in dem er die Rückgewähr eines bestimmten Gegenstands zur Konkursmasse beantragt. In der zivilrechtlichen Rechtsprechung (BGH 1.12.1988 - IX ZR 112/88, BGHZ 106, 127) und Literatur (Hirte, a.a.O. § 146 Rz 17; Huber, a.a.O. § 51 Rz 24) ist geklärt, dass eine Anfechtung, die der Insolvenzverwalter als Streithelfer des Beklagten im Prozess des Zessionars des Gemeinschuldners gegen die Schuldnerin des abgetretenen Anspruchs erklärt, von vornherein ungeeignet ist, den schuldrechtlichen Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO durchzusetzen und dass die Anfechtungserklärung des Insolvenzverwalters in der Rolle des Streithelfers deshalb auch keine die Verjährung unterbrechende Wirkung haben kann. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und geht dem entsprechend davon aus, dass die Erklärung der Anfechtung durch den Beigeladenen im vorliegenden Verfahren, das allein Ansprüche der Klägerin (Zessionarin) gegenüber dem Beklagten Rentenversicherungsträger (Schuldnerin des abgetretenen Anspruchs) zum Gegenstand hat, den Ablauf der Verjährungsfrist nicht hemmt. Auch aus der vom Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren zitierten Rechtsprechung zur Fristwahrung durch einen behördlichen Duldungsbescheid (vgl. u.a. BVerwG 28.6.1990 - 8 B 64/90, NJW 1991, 242; BFH 7.2.2002 - VII B 14/01, BFH/NV 2002, 757) kann dieser im vorliegenden Verfahren keine Rechte für sich herleiten. Ein Duldungsbescheid ist hier nicht ergangen und einen Bezug zu der Frage, ob der Beigeladene im vorliegenden Verfahren durch die Erklärung der Anfechtung die Hemmung der Verjährung erreichen kann, vermag der Senat nicht zu erkennen.

46

Die Verjährung ist gem. § 146 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB drei Jahre nach Schluss des Jahres, in dem der Anfechtungsanspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen und damit mit Ablauf des Jahres 2009 eingetreten. Die Klägerin hat sich auf die Verjährung berufen.

47

Die Beklagte kann im vorliegenden Verfahren auch aus § 146 Abs. 2 InsO nichts für sich herleiten. § 146 Abs. 2 InsO regelt, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern kann, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht. Die Vorschrift hat den Zweck zu verhindern, dass Gegenstände und Rechte, die noch in der Masse sind, aufgrund eines anfechtbaren Rechtserwerbs deshalb der Masse entzogen werden, weil die Frist des § 146 Abs. 1 InsO versäumt ist (zu der Vorgängerregelung des § 41 Abs. 2 KO vgl. BGH 25.10.1972 - VIII ZR 54/71, BGHZ 59, 353). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vorschrift weit auszulegen (BGH 2.4.2009 - IX ZR 236/07, NJW-RR 2009, 1563, juris Rz 35; BGH 17.7.2008 - IX ZR 148/07, NJW-RR 2008,1731, juris R z 28). Auf die Parteirolle des Insolvenzverwalters im Prozess kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, ob er einen nicht mehr in der Masse befindlichen Gegenstand wieder in diese zurückführen will (Fall des § 146 Abs. 1 InsO) oder ob er einen zur Masse gehörenden Gegenstand für diese erhalten will (Fall des § 146 Abs. 2 InsO). Danach ist die Einrede des § 146 Abs. 2 InsO zugelassen, wenn der Insolvenzverwalter gegen die Masse gerichtete Ansprüche abwehrt. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens fordert nicht von dem Beigeladenen, sondern von der Beklagten als Schuldnerin des abgetretenen Anspruchs Erfüllung. Der Beigeladene macht im vorliegenden Verfahren keine Ansprüche gegen die Klägerin geltend und es macht auch keiner der Beteiligten Ansprüche gegen den Beigeladenen geltend, die einen zur Masse gehörenden Gegenstand betreffen. Auf die Frage, ob der Beigeladene des vorliegenden Verfahrens in Zukunft möglicherweise von der Beklagten des vorliegenden Verfahrens auf Rückzahlung der bereits geleisteten Beträge in Anspruch genommen wird, kann es dabei für die hier allein streitigen Ansprüche der Klägerin nicht ankommen. Auch in einem Zivilprozess, in dem der Zessionar des Gemeinschuldners gegen die Schuldnerin des abgetretenen Anspruchs vorgeht, ist ein Insolvenzverwalter, der als Nebenintervenient dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beitritt, nicht berechtigt, verteidigungsweise die Einrede des § 146 Abs. 2 InsO geltend zu machen (BGH 1.12.1988 - IX ZR 112/88, BGHZ 106, 127; OLG Hamm 5.11.1985 - 27 U 115/84, ZIP 1986, 725 mit Zust. Anm. von Henckel, EWiR 1986, 495; Hirte, a.a.O. § 146 Rz 17; Dauernheim in Wimmer, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2006, § 146 Rz 20). Vielmehr muss er - vor Ablauf der Verjährung - den Zessionar auf Rückübertragung der Forderung in Anspruch nehmen. Dem entsprechend kann der Beigeladene Ansprüchen, die die Klägerin gegenüber der Beklagten erhebt, nicht mit Erfolg die Einrede des § 146 Abs. 2 InsO entgegenhalten.

48

Der Senat verkennt nicht, dass der Beigeladene möglicherweise keinen Anlass gesehen hat, gegenüber der Klägerin des vorliegenden Verfahrens eine Anfechtungsklage zu erheben, nachdem die Beklagte dessen geltend gemachte Ansprüche auf den pfändbaren Teil der Rente durch Zahlung befriedigt hat, anstatt bis zur Klärung der Anspruchsberechtigung von der Möglichkeit der Hinterlegung nach § 372 Satz 2 BGB Gebrauch zu machen. Ob der Beigeladene bis zum Ablauf der Verjährung gleichwohl die Möglichkeit gehabt hätte, gegen die Klägerin etwa im Wege der Feststellungsklage vorzugehen, kann dahinstehen. Für die hier allein streitigen Ansprüche der Klägerin gegenüber dem beklagten Rentenversicherungsträger kann es darauf nach Auffassung des Senats nicht ankommen (ebenso in einer vergleichbaren Fallgestaltung: OLG Hamm 5.11.1985 - 27 U 115/84, ZIP 1986, 725 mit Zust. Anm. von Henckel, EWiR 1986, 495). Dass die Beklagte die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters zur Anfechtung der Übertragung durch die erfolgten Zahlungen an diesen möglicherweise beeinträchtigt hat, kann im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Klägerin entgegengehalten werden.

49

Die Zahlung der Beklagten an den Beigeladenen erfolgte nach allem im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gem. § 407 Abs. 1 BGB mit schuldbefreiende Wirkung, weil die Beklagte durch die Vorlage der Abtretungserklärung am 11. September 2006 Kenntnis von der Abtretung hatte. Zur Auszahlung an die Klägerin war die Beklagte nach § 53 Abs. 4 SGB I nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet der dem Monat folgt, in dem sie von der Übertragung Kenntnis erlangt hat. Dies war der 30. August 2006, betroffen waren daher die pfändbaren Beträge ab der Rentenzahlung für Oktober 2006. Die Klägerin hat den Anspruch zutreffend auf den pfändbaren Teil der Rentenzahlungen für die Zeit bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats beschränkt, da die Übertragung nach § 114 Abs. 1 InsO für nachfolgende Zahlungszeiträume nicht mehr wirksam war. Über die Höhe des danach an die Klägerin zu zahlenden pfändbaren Teils der Rente des Versicherten K. K. besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

51

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen und dabei berücksichtigt, dass soweit ersichtlich keine veröffentlichten sozialgerichtlichen Entscheidungen vorliegen, die die Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach § 146 InsO zum Gegenstand haben.


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