Beschluss vom Oberlandesgericht Braunschweig (3. Zivilsenat) - 3 W 22/19

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 3. Juni 2019 wird der Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 20. Mai 2019 – 5 O 5932/18 – in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 21. Oktober 2019 aufgehoben, soweit der Rechtsstreit im Hinblick auf Feststellungsziele ausgesetzt worden ist, die nicht Gegenstand des Teil-Musterentscheids vom 12. August 2019 – 3 Kap 1/16 – sind; insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Braunschweig zurückverwiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstands wird festgesetzt auf die Wertstufe bis 3.000,00 €.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beklagte wendet sich gegen die vom Landgericht gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG beschlossene Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf das vor dem Senat anhängige Kapitalanleger-Musterverfahren – 3 Kap 1/16 –.

2

Der Kläger macht mit seiner am 19. Dezember 2018 eingereichten Klage bezüglich 48 Vorzugsaktien der Beklagten gemäß § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. den Transaktionsschaden geltend. Er habe im April 2015 die Vorzugsaktien zu einem Kurs von 249,01 € (mithin für insgesamt 11.952,48 €) gekauft, deren Inhaber er noch sei. Aufgrund des Bekanntwerden des „Abgas-Skandals“ – von dem die Beklagte seit dem Jahr 2007 gewusst habe – sei der Aktienkurs im September 2015 massiv gefallen, letztlich auf 97,18 € am 6. November 2015. Hätte der Kläger von den manipulierten Abgaswerten gewusst, hätte er die Aktien nicht erworben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 19. Dezember 2018 (Bl. 1–7 d.A.) Bezug genommen.

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Das Landgericht hat mit der Zustellungsverf2;gung vom 15. Februar 2019 auf die Möglichkeit der Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG im Hinblick auf den Vorlagebeschluss vom 5. August 2016 – 5 OH 62/16 – (Oberlandesgericht Braunschweig – 3 Kap 1/16 –) hingewiesen.

4

Die Beklagte ist einer Aussetzung entgegengetreten. Aus der Anlage K 1 ergebe sich, dass der Kläger und seine Ehefrau Inhaber – und damit Gesamtgläubiger – des Aktiendepots seien; der Kläger könne nicht Leistung an sich allein verlangen, die Klage sei deshalb gegenwärtig unbegründet und abzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 5. März 2019 (B. 14 f. d.A.) Bezug genommen.

5

Daraufhin hat der Kläger vorgetragen, seine Ehefrau sei über die Aktiengeschäfte stets informiert und damit einverstanden gewesen; sie habe ihn konkludent bevollmächtigt, in ihrem Namen zu handeln; dazu reichte der Kläger die Vollmachtsurkunde seiner Ehefrau vom 6. Mai 2019 (Anlage K 2) ein. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 8. Mai 2019 (Bl. 17 f.) Bezug genommen.

6

Das Landgericht hat den Rechtsstreit mit angefochtenem Beschluss vom 20. Mai 2019 (Bl. 19–21 d.A.) &#8211; auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird – gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt. Das Musterverfahren sei vorgreiflich; der Rechtsstreit sei insbesondere nicht bereits jetzt entscheidungsreif: Bei der Klage von Gesamtgläubigern liege keine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 ZPO vor, so dass nicht alle Gesamtgläubiger zusammen klagen müssten; jeder der Gläubiger sei in vollem Umfang forderungsberechtigt und könne gemäß § 428 BGB Leistung an sich verlangen.

7

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 22. Mai 2019 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Juni 2019 – eingegangen beim Oberlandesgericht Braunschweig am 4. Juni 2019 – sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27. Juni 2019 wie folgt begründet: Die Klage sei unschlüssig, da der Kläger und seine Ehefrau gemeinsame Inhaber des Wertpapierdepots seien. Zwar könnten sich die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zur Gläubigermehrheit (§§ 420 ff. BGB) auf den Depotvertrag als Verwahrungsvertrag beziehen; dieser sei aber vom Eigentum an den Aktien zu unterscheiden. Eine Gesamtgläubigerschaft bei Inhaberpapieren gebe es nicht. Da der Depotinhaber nicht automatisch Eigentümer der eingelieferten Aktien sei, sei zudem noch Vortrag dazu erforderlich, in wessen Eigentum die 48 Vorzugsaktien ständen. Ständen sie im Gemeinschaftseigentum des Klägers und seiner Ehefrau, ständen etwaige Ersatzansprüche nur beiden gemeinschaftlich zu und könnten nur gemeinschaftlich geltend gemacht werden. Soweit der Kläger ausweislich der nachgereichten Vollmacht (Anlage K 2) nunmehr in gewillkürter Prozessstandschaft für seine Ehefrau klage, handele es sich um eine nicht zurückwirkende Klageänderung; eine laufende Verjährung werde erst mit Offenlegung der Prozessstandschaft unterbrochen, die Offenlegung wirke nicht auf die Klageerhebung zurück. Danach seien gemeinschaftliche Ansprüche ebenso verjährt wie alleinige Ansprüche der Ehefrau des Klägers, denn beide hätten spätestens am 22. September 2015 aus den Medien Kenntnis von den vermeintlich anspruchsbegründenden Umständen erlangt. Vor diesem Hintergrund sei der Rechtsstreit nicht auszusetzen und die Klage vom Landgericht abzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 27. Juni 2019 (Bl. 35–41 d.A.) Bezug genommen.

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Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. Juli 2019 klargestellt, dass nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der depotführenden Bank sowohl er als auch seine Ehefrau jeweils allein über das Depot verfügen könnten. Im Falle eines Gemeinschaftsdepots von Ehegatten könne auch ein Depotinhaber allein Ansprüche geltend machen. Er stelle den Klageantrag dazu so um, dass der Kläger nun auf Leistung an sich und seine Ehefrau klage. Im Übrigen sei eine Schlüssigkeitsprüfung nicht Voraussetzung der Aussetzung gemäß § 8 KapMuG. Wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Schriftsatz (Bl. 44–47 d.A.) Bezug genommen.

9

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 21. Oktober 2019 teilweise abgeholfen und den Rechtsstreit nur ausgesetzt, soweit der Kläger Zahlung von 5.976,24 € an sich und seine Ehefrau Zug um Zug gegen Herausgabe der Hälfte der 48 Vorzugsaktien beantrage. Im Übrigen hat es die Beschwerde dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Soweit der Kläger Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht geltend mache, sei der Rechtsstreit auszusetzen; soweit er die Zahlung weiterer 5.976,24 € als Schadensersatzanspruch seiner Ehefrau begehre, sei ein etwaiger Anspruch verjährt, so dass die Aussetzung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG unzulässig sei. Das Gericht gehe davon aus, dass der Kläger und seine Ehefrau Miteigentümer der 48 Vorzugsaktien seien, zumal der Kläger vorgetragen habe, mit (zunächst konkludenter dann ausdrücklicher schriftlicher) Vollmacht seiner Ehefrau gehandelt zu haben, er sich als „Mitinhaber der Aktien“ bezeichnet habe sowie den Zahlungsantrag auf beide Eheleute umgestellt habe. Soweit der Kläger die Zahlung weiterer 5.976,24 € als Schadensersatz seiner Ehefrau begehre, sei der Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele des Musterverfahrens entscheidungsreif, da ein etwaiger Schadensersatzanspruch seiner Ehefrau spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2018 verjährt sei, er die gewillkürte Prozessstandschaft aber erst mit Schriftsatz vom 8. Mai 2019 offengelegt habe.

10

Der Kläger hat daraufhin die Klage im Umfang des nicht ausgesetzten Teils („Anteil der Ehefrau in Höhe von 5.976,24 €“) mit Schriftsatz vom 4. November 2019 zurückgenommen.

11

Die Beklagte hat die Beschwerde mit Schriftsatz vom16. Dezember 2019 „ganz überwiegend“ aufrechterhalten; die für den „Anteil der Ehefrau“ erklärte Klagerücknahme &#228;ndere nichts daran, dass die verbleibende Klageforderung nur von den Eheleuten gemeinschaftlich verfolgt werden könne, §; 747 BGB. Selbst wenn man in der Klagerücknahme eine konkludente Aufhebung der Gemeinschaft verbunden mit einer wechselseitigen Abtretung des hälftigen Klageanspruchs der Eheleute sehen wollte, wäre der auf den Kläger entfallende Anteil verjährt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den genannten Schriftsatz (Bl. 71 f. d.A.) Bezug genommen.

II.

12

Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil begründet.

13

1. Die sofortige Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 KapMuG i.V.m. §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden.

14

2. Die sofortige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

15

Die Voraussetzungen einer Aussetzung des Rechtsstreits – soweit er noch anhängig ist – gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG liegen vor, denn die Entscheidung des Rechtsstreits hängt im Sinne dieser Vorschrift von Feststellungszielen ab, die Gegenstand des Kapitalanleger-Musterverfahrens – 3 Kap 1/16 – sind. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Feststellungsziele zur örtlichen Zuständigkeit nach § 32b ZPO, zu denen der Senat bereits einen Teilmusterentscheid erlassen hat. Insoweit ist der Rechtsstreit teilweise auszusetzen und bleibt die Beschwerde erfolglos (a). Eine Bestätigung der vom Landgericht vorgenommenen vollständigen Aussetzung kommt in diesem Beschwerdeverfahren allerdings nicht in Betracht, denn ob das Landgericht über die Teilaussetzung hinaus tätig wird, ist eine von ihm in analoger Anwendung des § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO noch zu treffende Ermessensentscheidung (b). Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass der Rechtsstreit von weiteren Feststellungszielen abhängt und – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht aufgrund Verjährung unabhängig von diesen Feststellungszielen schon jetzt entscheidungsreif ist (c).

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a) Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von den Feststellungszielen ab, die die Frage der Zuständigkeit betreffen und die im Teil-Musterentscheid vom 12. August 2019 – 3 Kap 1/16 – (NJW-RR 2019, S. 1400) – noch nicht rechtskräftig – beschieden worden sind.

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17

aa) Gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG setzt das Prozessgericht nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. An dieser Abhängigkeit fehlt es jedenfalls dann, wenn ein Rechtsstreit ohne weitere Beweiserhebungen und ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif ist (BGH, Beschluss vom 30. April 2019 – XI ZB 13/18 –, NJW 2019, S. 3444 [3445 Rn. 20]; Beschluss vom 24. März 2016 – III ZB 75/15 –, juris, Rn. 14; Beschlüsse vom 25. Februar 2016 – III ZB 74, 76, 77, 78 und 79/15 –, jeweils juris, Rn. 14; Beschluss vom 28. Januar 2016 – III ZB 88/15 –, NZG 2016, S. 355 [356 Rn. 14]; Beschluss vom 2. Dezember 2014 – XI ZB 17/13 –, NJW-RR 2015, S. 299 [300 Rn. 13]; OLG Braunschweig, Beschluss vom 18. Januar 2019 – 3 W 5/18 –, juris, Rn. 36 m.w.N.; Kruis, in: KK-KapMuG, 2. Auflage 2014, § 8, Rn. 32). Das Prozessgericht muss sich hierzu die Überzeugung gebildet haben, dass es auf im Musterverfahren statthaft geltend gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des Rechtsstreits konkret ankommen wird. Das gilt auch dann, wenn hierzu eine Beweisaufnahme durchzuführen ist. Der Rechtsstreit hängt im Sinne des § 8 Abs. 1 KapMuG erst dann von den Feststellungszielen des Musterverfahrens ab, wenn nur noch Tatsachen oder Rechtsfragen offen sind, die unabhängig vom Ausgang des Musterverfahrens nicht beantwortet werden können (BGH, Beschluss vom 30. April 2019 – XI ZB 13/18 –, WM 2019, S. 1553 [1555 Rn. 28]; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. Oktober 2019 – 1 U 204/18 –, WM 2019, S. 2359 [2360] = juris, Rn. 42).

18

bb) Entscheidungsreif ist ein Rechtsstreit unter anderem dann, wenn die Klage unzulässig ist und trotz Hinweises der Zulässigkeitsmangel nicht behoben worden ist; in einem solchen Fall ist die Klage grundsätzlich als unzulässig abzuweisen (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – XI ZB 17/13 –, NJW-RR 2015, S. 299 [Rn. 9]; OLG Braunschweig, Beschluss vom 18. Januar 2019 – 3 W 5/18 –, juris, Rn. 37; vgl. Althammer, in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 56, Rn. 11, 13; Hübsch, in: BeckOK ZPO, 35. Edition, Stand 1. Januar 2020, § 56, Rn. 8). Eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG kann dementsprechend grundsätzlich nur erfolgen, wenn die Zulässigkeit der Klage zuvor vollumfänglich geprüft und bejaht worden ist. Dabei sind im Ausgangsverfahren keine geringeren Anforderungen an das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen zu stellen als bei anderen Klagen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 18. Januar 2019 – 3 W 5/18 –, MDR 2019, S. 441 f. = juris, Rn. 42 ff.).

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>Eine Ausnahme kann hiervon nur dann gemacht werden, wenn ein Feststellungsziel des Musterverfahrens eine im Ausgangsverfahren zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzung betrifft. In diesem Fall kann die Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage von der Entscheidung über das eine Zulässigkeitsvoraussetzung betreffende Feststellungsziel im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG abhängen.

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cc) Die Prüfung, ob die Entscheidung des Ausgangsverfahrens von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt und gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG auszusetzen ist, obliegt dem sachlich und örtlich zuständigen Gericht. Das Gericht, bei dem die Klage erhoben ist, hat somit zunächst seine Zuständigkeit zu prüfen, bevor es darüber entscheidet, ob ein Feststellungsziel des Vorlagebeschlusses oder ein nachträglich im Wege der Erweiterung des Musterverfahrens zugelassenes Feststellungsziel vorgreiflich für das Klageverfahren ist. Es hat darüber hinaus, wie oben dargelegt, vorab zu prüfen, ob die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen. Denn wenn die Klage schon nicht zulässig ist, kann sie nicht von einem Feststellungsziel des Musterverfahrens abhängig sein.

21

dd) Ist – wie hier im Hinblick auf die ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 32b ZPO und damit unabhängig von einer Rüge – die örtliche Zuständigkeit der Ausgangsgerichte selbst Gegenstand eines Feststellungsziels, hat das angerufene Prozessgericht den Rechtsstreit grundsätzlich zunächst nur auf diese Feststellungsziele auszusetzen.

22

Der Senat schlie&#223;t sich insoweit grundsätzlich der von der Beklagten und mehreren Zivilsenaten des Oberlandesgerichts Stuttgart vertretenen Auffassung in dort anhängigen Anlegerklagen gegen die Beklagte an, dass vor einer Klärung der Zuständigkeitsfrage keine Aussetzung auf die das materielle Recht betreffenden Feststellungsziele des hiesigen Musterverfahrens möglich ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschlüsse vom 12. September 2019 – 2 W 47/18 –; vom 19. Oktober 2018 – 1 W 50/18 –; vom 14. November 2018 – 1 W 63/18 –; vom 19. November 2018 – 7 W 53/18 –; vom 28. November 2018 – 4 W 83/18 –; vom 29. November 2018 – 6 W 65/18 – [alle n.v.]). Dies führt – beim Vorliegen sämtlicher übrigen Prozessvoraussetzungen (siehe hierzu unten, Abschnitt ee) – grundsätzlich dazu, dass ein Rechtsstreit von dem angerufenen Gericht nur im Hinblick auf das die Zuständigkeitsfrage betreffende Feststellungsziel ausgesetzt werden darf. Denn solange über dieses Feststellungsziel noch nicht rechtkräftig entschieden ist, steht nicht fest, welches Gericht für die Prüfung der Abhängigkeit des Rechtsstreits von den übrigen Feststellungszielen zuständig ist, mit denen die anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzungen geklärt werden sollen.

23

§ 8 Abs. 1 KapMuG sieht zwar nicht ausdrücklich eine teilweise Aussetzung des Rechtsstreits vor. Es ist aber für den Fall der subjektiven oder objektiven Klagehäufung weithin anerkannt, dass eine Teilaussetzung möglich ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 20. Februar 2017 – 13 W 68/16 (Kart) –, AG 2017, S. 436 [438] = juris, Rn. 37; Kruis, in: KK-KapMuG, 2. Auflage 2014, § 8, Rn. 49; Reuschle: in Wieczorek/ütze, ZPO, Bd. 13, 4. Auflage 2017, § 8 KapMuG, Rn. 31 ff.; Fullenkamp, in: Vorwerk/, KapMuG, 2. Auflage 2020, § 8, Rn. 23). Kruis (a.a.O., Rn. 50) hält es darüber hinaus für notwendig, dass die Wirkungen der Aussetzung auf bestimmte Aspekte des Musterverfahrens beschränkt werden können. Der Senat folgt dieser Auffassung, die sich für die vorliegende Konstellation bereits aus der Notwendigkeit rechtfertigt, dass die Prüfung der Abhängigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG dem zuständigen Gericht vorbehalten bleiben muss. Eine andere Sichtweise führte dazu, dass ein gegebenenfalls unzuständiges Gericht in diese Prüfung einsteigen müsste, wozu nicht nur die Schlüssigkeitsprüfung gehört, sondern das Prozessgericht unter Umständen auch eine Beweisaufnahme durchzuführen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 30. April 2019 – XI ZB 13/18 –, WM 2019, S. 1553 [1555 Rn. 28]). Stellte das Oberlandesgericht dann im Musterverfahren rechtskräftig fest, dass das Prozessgericht nicht zuständig ist, könnte sich dessen bis dahin entfaltete Tätigkeit als Makulatur erweisen.

24

Danach sind die bislang vom Landgericht Braunschweig noch nicht ausgesetzten Verfahren grundsätzlich lediglich teilweise – nämlich ausschließlich im Hinblick auf die die Zuständigkeitsfrage betreffenden Feststellungsziele des hiesigen Musterverfahrens – auszusetzen. In diesem Umfang bleibt es auch hier bei der Aussetzung des Verfahrens; die Beschwerde hat insoweit keinen Erfolg.

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ee) Ob der vorstehend dargelegte Grundsatz einer teilweisen Aussetzung auch dann anzuwenden ist, wenn die Zulässigkeit der Klage aus einem anderen Grund als dem der örtlichen Zuständigkeit in Frage steht, oder ob in dieser Konstellation das Ausgangsgericht die sonstigen Prozessvoraussetzungen vollumfänglich prüfen und die Klage beim Fehlen einer dieser Voraussetzungen als unzulässig abweisen muss, braucht im hier vorliegenden Fall zwar nicht entschieden zu werden. Im Hinblick auf die weiteren beim Landgericht anhängigen, noch nicht ausgesetzten Verfahren weist der Senat hierzu aber auf folgendes hin:

26

Ist – wie hier – die örtliche Zuständigkeit der Ausgangsgerichte selbst Gegenstand eines Feststellungsziels, hat das angerufene Prozessgericht zunächst die sonstigen Prozessvoraussetzungen zu prüfen, bevor es das Verfahren auf die die örtliche Zuständigkeit betreffenden Feststellungsziele aussetzt. Liegen in einem solchen Fall nicht sämtliche sonstigen Prozessvoraussetzungen vor, wird die Klage als unzulässig abzuweisen sein.

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Nach ganz &#252;berwiegender Auffassung gibt es keinen zwingenden Vorrang der Zuständigkeitsprüfung vor der Prüfung der sonstigen Prozessvoraussetzungen. Es wird vielmehr allgemein für zulässig oder geboten gehalten, ein abweisendes Prozessurteil auf den am leichtesten oder schnellsten feststellbaren Verfahrensmangel zu stützen (OLG Koblenz, Urteil vom 20. Mai 1976 – 9 U 836/75 –, NJW 1977, S. 55 [57] = juris, Rn. 33; Hess. LAG, Beschluss vom 26. Oktober 2015 – 8 Ta 301/15 –, juris, Rn. 31; Becker-Eberhard, in: MüKo ZPO, 5. Auflage 216, vor § 253, Rn. 6 f.; Assmann, in: Wieczorek/ütze, ZPO, Bd. 4, 4. Auflage 2013, vor § 253, Rn. 171; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, vor § 253, Rn. 11; Hartmann, in: Baumbach///​Hartmann, ZPO, 78. Auflage 2020, Grundzüge § 253, Rn. 22; Prütting, in: Prütting/, ZPO, 11. Auflage 2019, Einleitung, Rn. 13; Seiler, in: Thomas/, ZPO, 40. Auflage 2019, vor § 253, Rn. 14). Dieser Auffassung schließ;t sich der Senat auch für den Fall an, dass die Frage der örtlichen Zuständigkeit Gegenstand eines Feststellungsziels des Kapitalanleger-Musterverfahrens ist und eine Aussetzung des Ausgangsverfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG im Hinblick auf das zuständigkeitsbezogene Feststellungsziel möglich wäre. Die umgehende Prüfung der persönlichen und sachlichen Prozessvoraussetzungen durch das angerufene Prozessgericht gewährleistet die Durchsetzung des verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes (dazu BGH, Beschluss vom 30. April 2019 – XI ZB 13/18 –, WM 2019, S. 1553 [1555 f. Rn. 26 ff.]). Sie widerspricht auch nicht der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Gerichtsstandsregelungen der ZPO (§§ 12 ff.) dienen zwar auch der Umsetzung dieses Gebots (vgl. Jachmann-Michel, in: Maunz/ürig, GG, 88. EL August 2019, Art. 101, Rn. 46; Morgenthaler, in: BeckOK GG, 42. Edition, Stand 1. Dezember 2019, Art. 101, Rn. 15; Schultzky, in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 1, Rn. 2). Wie § 17a Abs. 5 GVG und § 513 Abs. 2 ZPO zeigen, gibt der Gesetzgeber aber der Verfahrenseffizienz Vorrang gegen52;ber der unzutreffend angenommenen Zuständigkeit (ebenso die Verfahrensordnungen der Arbeits- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, vgl. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 513 Abs. 2 ZPO, § 83 Satz 2 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 3 GVG).

28

Dies gilt allenfalls dann nicht, wenn das Gericht willkürlich seine Zuständigkeit annimmt (Rimmelspacher, in: MüKo ZPO, 5. Auflage 2016, § 513, Rn. 19). Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Eine willkürliche Entscheidung liegt erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird, so dass die Entscheidung auf schweren Rechtsanwendungsfehlern beruht (BGH, Urteil vom 17. März 2015 – VI ZR 11/14 –, juris, Rn. 20; Rimmelspacher, in: MüKo ZPO, a.a.O.). Hiervon kann keine Rede sein, wenn das vom Kläger bei Klageerhebung gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO für zuständig gehaltene Gericht sowohl dessen persönlichen als auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen prüft und die Klage bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen als unzulässig abweist, obwohl die örtliche Zuständigkeit Gegenstand eines Feststellungsziels in einem denselben Lebenssachverhalt betreffenden Musterverfahren ist.

29

Die in diesem Zusammenhang für die gegenteilige Auffassung zum Teil angeführten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 7. Oktober 1981 – 4 AZR 173/81 –, BAGE 36, 274) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 5. Februar 2001 – 6 B 8/01 –, NJW 2001, S. 1513) stehen dem nicht entgegen, da sie den Vorrang der Prüfung der Rechtswegeröffnung betreffen, bei der es sich um einen in § 17a Abs. 2, 3 GVG, § 48 Abs. 1 ArbGG geregelten Sonderfall handelt.</p>

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30

Auch der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. April 2019 – XI ZB 13/18 – (WM 2019, S. 1553 [1555 f. Rn. 26–29]) verlangt keine andere Beurteilung. Der Bundesgerichtshof hat ersichtlich nur solche Fallkonstellationen vor Augen gehabt, in denen es für die Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nur auf materiell-rechtliche Feststellungsziele des Musterverfahrens ankommt. Dass der Bundesgerichtshof damit auch die vorliegende atypische Konstellation erfassen wollte, ist nicht ersichtlich. Die Entscheidung ist von dem Gedanken getragen, dem verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Geltung zu verschaffen. Damit wäre nicht in Einklang zu bringen, wenn eine unzulässige Klage allein deshalb nicht abgewiesen werden könnte, weil die Frage der örtlichen Zuständigkeit Gegenstand eines Feststellungsziels ist und das Ausgangsverfahren hierauf auszusetzen wäre. Die hierdurch eintretende „Verfahrensblockade“ ist, wie oben dargelegt, durch die Garantie des gesetzlichen Richters nicht gefordert. Sie könnte dazu führen, dass Personen zu Beigeladenen des Musterverfahrens würden, deren Existenz und ordnungsgemäße Vertretung ungeklärt ist. Solche Zweifel möglichst frühzeitig auszuräumen, ist letztlich im Interesse nicht nur der Beklagten, sondern auch der Klägerseite.

31

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch der Senat sich bislang nicht gegenteilig geäußert hat. Weder im Senatsbeschluss vom 18. Januar 2019 – 3 W 5/18 – (MDR 2019, S. 441 = juris, Rn. 40) noch im Erweiterungsbeschluss vom 20. Juni 2019 – 3 Kap 1/16 – hat sich der Senat zu der hier streitigen Rechtsfrage positionieren wollen. Eine Aussage des Senats dahingehend, dass er eine Prüfung der Prozessvoraussetzungen durch ein möglicherweise unzuständiges Gericht ablehnt, lässt sich aus den genannten Entscheidungen nicht ableiten (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 27. März 2019 – 20 Kap 3/17 –, WM 2019, S. 1079 [1085] = juris, Rn. 100).

32

b) Wie oben (Abschnitt a.dd) ausgeführt, sind wegen der abzuwartenden Klärung der Feststellungsziele zur örtlichen Zuständigkeit die betroffenen Ausgangsverfahren grundsätzlich auch nur insoweit auszusetzen. Mittlerweile ist allerdings ein Teil-Musterentscheid zur Auslegung des § 32b ZPO ergangen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. August 2019 – 3 Kap 1/16 –, NJW-RR 2019, S. 1400), nach dessen Feststellungen das Landgericht Braunschweig unzweifelhaft für alle gegen die Beklagte gerichteten Anlegerklagen wegen Informationspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem „Abgas-Skandal“ zuständig ist. Dieser Teil-Musterentscheid ist zwar aufgrund der beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsbeschwerde – II ZB 19/19 – noch nicht rechtskräftig. Die Entscheidung über die streitigen Zuständigkeitsfragen im Rahmen eines Teil-Musterentscheids entspricht aber einem Zwischenurteil in den Ausgangsverfahren. Das Landgericht kann daher in analoger Anwendung des § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Rahmen der ihm obliegenden Ermessensentscheidung das Verfahren fortsetzen, insbesondere also prüfen, ob das Ausgangsverfahren von den übrigen Feststellungszielen des Musterverfahrens abhängt im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG und es gegebenenfalls insgesamt aussetzen.

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Diese Lösung wird auch denjenigen Bedenken gegen die Zul&#228;ssigkeit einer Teilaussetzung gerecht, die darauf fußen, dass eine rechtskräftige Entscheidung über die zuständigkeitsbezogenen Feststellungsziele möglicherweise erst mit Rechtskraft des Schluss-Musterentscheids erfolgen könnte – etwa weil der Bundesgerichtshof der Auffassung sein könnte, dass ein Teil-Musterentscheid grundsätzlich unzulässig ist (so das Landgericht Braunschweig in zahlreichen dem Senat vorliegenden Beschwerdeverfahren wegen vollständiger Aussetzungen). In einem solchen Fall bliebe in den Ausgangsverfahren die Frage, ob auch die weiteren Feststellungsziele entscheidungsrelevant sind, nicht notwendigerweise in der Schwebe. Das Landgericht kann die jeweiligen Ausgangsverfahren – wie im Falle eines die Zulässigkeit bejahenden Zwischenurteils – noch w&#228;hrend des laufenden Rechtsmittelverfahrens fortsetzen; es kann den jeweiligen Rechtsstreit ganz aussetzen oder durch ein Endurteil in der Hauptsache abschließen – je nachdem, ob er von den weiteren Feststellungszielen des Musterverfahrens abhängt im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG oder nicht.

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Die Fortsetzung des Verfahrens mit der Prüfung der Abhängigkeit auch im Hinblick auf die weiteren Feststellungsziele und gegebenenfalls einer vollständigen Aussetzung wird jedenfalls in den Fällen in Betracht zu ziehen sein, in denen diese Frage – wie hier – nur von Rechtsfragen abhängt oder zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht.

35

Das Landgericht wird demnach jetzt zu entscheiden haben, ob es den hiesigen Rechtsstreit vor einer rechtskräftigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs über den Teil-Musterentscheid fortführen will, was hier bedeuten dürfte, ihn vollständig auszusetzen (siehe dazu unten, Abschnitt c).

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36

Die bislang noch nicht ausgesetzten Verfahren wird das Landgericht beim Vorliegen der sonstigen Prozessvoraussetzungen jedenfalls teilweise auszusetzen haben, nämlich im Hinblick auf die die Zuständigkeitsfrage betreffenden Feststellungsziele des hiesigen Musterverfahrens. Es steht in seinem oben dargelegten Ermessen, über diese Teilaussetzung hinauszugehen und das jeweilige Verfahren nach vollständiger Prüfung der Vorgreiflichkeit der materiell-rechtlichen Feststellungsziele des Musterverfahrens vollständig auszusetzen (oder – bei Entscheidungsreife – durch Urteil zu beenden).

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c) Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits dürfte – neben den Feststellungszielen zur Frage der Zust28;ndigkeit – auch von weiteren Feststellungszielen abhängen, die nicht Gegenstand des Teil-Musterentscheids vom 12. August 2019 211; 3 Kap 1/16 – (NJW-RR 2019, S. 1400) sind; insbesondere dürfte der Rechtsstreit – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht aufgrund Verjährung unabhängig von diesen Feststellungszielen schon jetzt entscheidungsreif sein. Dazu gilt nach Auffassung des Senats das Folgende:

38

Der Kläger und seine Ehefrau haben die 48 Vorzugsaktien gemeinsam erworben (aa); etwaige daraus resultierende Schadensersatzansprüche stehen dem Kläger und seiner Ehefrau gemeinschaftlich zu und ein Teilhaber kann prozessstandschaftlich Zahlung an alle Teilhaber verlangen (bb); eine Hemmung der Verjährung insgesamt tritt erst in dem Augenblick ein, in dem die Prozessstandschaft prozessual offengelegt wird (cc); die Frage der Verjährung kann aber nicht unabhängig von den im Vorlagebeschluss vom 5. August 2016 – 5 OH 62/16 – enthaltenen Feststellungszielen beurteilt werden (dd).

39

aa) Der zuletzt vom Kläger gehaltene Vortrag – beim Aktienerwerb mit Vollmacht seiner Ehefrau gehandelt zu haben und „Mitinhaber der Aktien“ zu sein – sowie die Umstellung des Antrags auf Leistung an beide Eheleute kann nur so verstanden werden, dass der Kläger und seine Ehefrau die Aktien gemeinsam erworben haben. Allein dies ist entscheidend dafür, in welcher Person ein etwaiger Schadensersatzanspruch entstanden ist.

40

Nicht relevant ist daher die Frage, ob sich die Aktien heute in einem sogenannten Oder-Depot befinden, über das nach dem vom Kläger auszugsweise vorgetragenen Depot-Vertrag (Bl. 45 d.A.) jeder (Mit-)Inhaber alleinverfügungsberechtigt ist.

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Im Hinblick auf § 741 BGB ist im Falle gemeinsamen Erwerbs in der Regel Mitberechtigung nach Bruchteilen anzunehmen, wobei den Teilhabern im Zweifel gleiche Anteile zustehen, § 742 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1997 – XI ZR 321/95 – NJW 1997, S. 1434 [1435 Ziff. 2] m.w.N.; vgl. Schmidt, in: MüKo BGB, 7. Auflage 2017, § 741, Rn. 41).

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bb) Steht mehreren Teilhabern ein Recht in Bruchteilsgemeinschaft zu, erstreckt sich die anteilige Berechtigung auch auf die der Gemeinschaft erwachsenden Forderungen; auch ein etwaiger Schadensersatzanspruch steht den Teilhabern daher gemeinschaftlich zu (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1992 – VI ZR 17/91 –, juris, Rn. 14 ff.; Heinemeyer, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2019, § 432, Rn. 5 m.w.N., jeweils zu Miteigentum).

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Für das Außenverhältnis ist § 432 BGB maßgeblich; jeder Teilhaber kann nur Zahlung an alle Teilhaber gemeinsam verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2017 – XII ZB 137/16 –, NJW 2017, S. 2544 [Rn. 21] m.w.N.; Grünberg, in: Palandt, 79. Auflage 2020, § 432, Rn. 3). Macht ein Teilhaber das Klagerecht aus § 432 BGB geltend, liegt ein Fall der Prozessstandschaft vor. Kläger ist allein derjenige Teilhaber, der den Anspruch geltend macht. Er ist aber auf Grund des Klagrechts nicht auch befugt, Leistung an sich allein zu verlangen, sondern nur, auf Leistung an alle zu klagen (Schmidt, in: MüKo BGB, 7. Auflage 2017, § 741, Rn. 49; Sprau, in: Palandt, 79. Auflage 2020, § 747, Rn. 6). Dies gilt auch bei einer im natürlichen Sinne teilbaren Leistung; die gemeinsame Empfangszuständigkeit aufgrund Bruchteilsgemeinschaft – und gegebenenfalls auch die durch die Leistung angestrebten Restitution – begründet die rechtliche Unteilbarkeit der Leistung (BGH, Urteil vom 14. November 2014 – V ZR 90/13 –, NJW 2015, S. 1238 [1239 Rn. 13]; Grünberg, in: Palandt, 79. Auflage 2020, § 432, Rn. 3 m.w.N.).

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Vor diesem Hintergrund war der Kläger grundsätzlich berechtigt, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft einen etwaigen Schadensersatzanspruch der Gemeinschaft – zur Zahlung an alle Teilhaber der Gemeinschaft, namentlich den Kläger und seine Ehefrau – allein einzuklagen.

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cc) Die Klage des Klägers allein war aber vor Offenlegung der Prozessstandschaft auf Basis der konkludent erteilten und schriftlich bestätigten Vollmacht seiner Ehefrau nicht geeignet, eine etwaige Verjährung gemä3; § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB insgesamt zu hemmen. Im Falle der gewillkürten Prozessstandschaft tritt die Verjährungshemmung erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offengelegt wird oder offensichtlich ist (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 – III ZR 102/12 –, BeckRS 2014, 33 [Rn. 36 m.w.N.]; Urteil vom 5. Mai 2011 – III ZR 305/09 –, NVwZ 2011, S. 1150 [1152 Rn. 35]; Urteil vom 7. Juni 2001 &#8211; I ZR 49/99 –, NJW-RR 2002, S. 20 [22]; Urteil vom 16. September 1999 – VII ZR 385/98 –, WM 2000, S. 77 [78]; Urteil vom 3. Juli 1980 – IVa ZR 38/80 –, BGHZ 78, 1 [6]; Urteil vom 30. Mai 1972 – I ZR 75/71 –, NJW 1972, S. 1580 [zu § 209 Abs. 1 BGB a.F.]; Grothe, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2018, § 204, Rn. 17). Die Prozessstandschaft muss vor Ablauf der Verjährungsfrist offengelegt werden; die Offenlegung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Klagerhebung zurück (OLG Hamburg, Urteil vom 25. Oktober 2018 – 6 U 243/16 –, NJW 2019, S. 1005 [1006 Rn. 27] m.w.N. zum Meinungsstand). Die Klage eines Mitgläubigers auf Leistung an sich allein hemmt die Verjährung nur im Falle einer gesetzlichen Prozessführungsbefugnis gemäß § 744 Abs. 2 BGB insgesamt (BGH, Urteil vom 21. März 1985 – VII ZR 148/83 –, BGHZ 94, 117–124, juris, Rn. 14; Gehrlein, in: BeckOK BGB, 52. Edition, Stand 1. November 2019, § 432, Rn. 7); das ist bei der hier vorliegenden gewillkürten Prozessstandschaft nicht der Fall.

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Aus § 432 Abs. 2 BGB ergibt sich, dass die Frage der Verjährung und deren Hemmung f&#252;r jeden Teilhaber einzeln zu beurteilen ist (Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, 15. Auflage 2017, § 199, Rn. 16; Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 199, Rn. 54; Kreße, in: BeckOGK BGB, Stand 1. Dezember 2019, § 432, Rn. 37; Gehrlein, in: BeckOK BGB, 52. Edition, Stand 1. November 2019, § 432, Rn. 7; Gebauer, in: Soergel, BGB, § 432, Rn. 12). Danach ist die Klage eines Mitgl8;ubigers auf Leistung an alle Mitgläubiger geeignet, die Verjährung diesbezüglich zu hemmen, während der Anspruch eines anderen – nicht rechtzeitig klagenden – Mitgläubigers auf Leistung an alle Mitgläubiger verjährt. Zudem ist auch die Klage eines Mitgläubigers auf Leistung an sich allein geeignet, die Verjährung hinsichtlich des Anspruchs desselben Mitgläubigers auf Leistung an alle Mitgläubiger zu hemmen (BGH, Urteil vom 20. August 2015 – III ZR 57/14 –, NJW-RR 2016, S. 115 [118 Rn. 32] m.w.N.). Denn wenn ein Mitgläubiger Leistung an sich statt an alle Mitgläubiger beantragt, ist darin im Sinne einer qualitativen Beschränkung der Antrag auf Leistung an alle Mitgläubiger enthalten, auf den – sofern der Anspruch besteht – die Verurteilung ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO zu lauten hat (BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – XI ZR 584/16 –, BeckRS 2018, 14424, Rn. 16 m.w.N.; Beschluss vom 19. April 2005 – VI ZB 47/03 –, NJW-RR 2005, S. 955).

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dd)Die Frage der Verjährung kann aber nicht unabhängig von den im Vorlagebeschluss vom 5. August 2016 – 5 OH 62/16 – enthaltenen Feststellungszielen beurteilt werden. Dieser enthält unter anderem die folgenden Feststellungsziele:

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XXVII. Verjährung
1. Die Verjährungsfristen der §§ 37b, c Abs. 4 WpHG in der bis zum 09.07.2015 geltenden Fassung finden bei vorsätzlicher Pflichtverletzung keine Anwendung.
2. §§ 37b, c Abs. 4 WpHG in der bis zum 09.07.2015 geltenden Fassung finden keine Anwendung auf Ansprüche, die am 10.07.2015 bestanden, aber noch nicht verjährt waren.
3. Ansprüche auf Schadensersatz wegen der unterlassenen Veröffentlichung der Insiderinformationen verjähren gemäß § 37b WpHG frühestens zum 31.12.2018.

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Sollte die Verjährungsfrist des § 37b Abs. 4 WpHG a.F. [in der bis zum 9. Juli 2015 geltenden Fassung] auch im Falle einer vorsätzlichen Pflichtverletzung anwendbar sein, wären etwaige Ansprüche des Klägers und seiner Ehefrau aufgrund des Aktienerwerbs im April 2015 jedenfalls im April 2018 kenntnisunabhängig verjährt, da nach dem Vortrag des Klägers eine anspruchsbegründende Unterlassung im Sinne des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. vor dem Aktienerwerb stattgefunden hat. Die Klageerhebung am 19. Dezember 2018 wäre dann unter keinen Umständen geeignet gewesen, die Verjährung zu hemmen.

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Sollten sowohl im Hinblick auf den Beginn als auch auf die Dauer der Verjährungsfrist – statt des § 37b Abs. 4 WpHG a.F. – die allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 BGB anzuwenden sein, wären entsprechende Ansprüche erst mit Ablauf des 31. Dezember 2018 verjährt; aufgrund der Berichterstattung über den „Abgas-Skandal“ vom letzten Septemberdrittel 2018 bis zum 31. Dezember 2018 hatten etwaige Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen oder hätten diese ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Klageerhebung am 19. Dezember 2018 wäre dann geeignet, die Verjährung zu hemmen.

III.

51

Der Streitwert bemisst sich – in Anlehnung an den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2016 – III ZB 88/15 – (juris, Rn. 19; in NZG 2016, S. 355 nicht mit abgedruckt) – bei Beschwerden gegen Aussetzungsbeschlüsse nach § 8 Abs. 1 KapMuG gemäß § 3 ZPO auf 1/5 der Klagesumme der von der Aussetzung betroffenen Kläger. Dies sind – bei zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung eingeklagten 11.952,48 € – 2.390,47 €.

52

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Beklagte hat sich gegen die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 KapMuG gewandt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Ausgangsrechtsstreits, welche die in der Sache unterliegende Partei unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens nach §§ 91 ff. ZPO zu tragen hat (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 – III ZB 88/15 –, juris, Rn. 19; Beschluss vom 5. November 2015 – III ZB 69/14 –, BGHZ 207, 306 [Rn. 25, zit. n. juris]; Beschluss vom 2. Dezember 2014 – XI ZB 17/13 –, NJW-RR 2015, S. 299 [300 Rn. 20] m.w.N.).

53

Im Hinblick auf die unter Ziffer II.2 lit. a und b dieses Beschlusses behandelte teilweise Aussetzung des Rechtsstreits und ihre Folgen war zur Fortbildung des Rechts gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

 


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