Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-21 U 43/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.2.2014 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – 7 O 356/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen die Zwangsvollstreckung durch die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht zuvor die Kläger Sicherheit in derselben Höhe der jeweils zu vollstreckenden Beträge geleistet haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
A)
2Die Kläger machen gegenüber der Beklagten Ansprüche aus der von ihnen erstrebten Rückabwicklung eines mit der Beklagten geschlossenen Grundstückskaufvertrages geltend, wobei sie nicht nur die an die Beklagte erbrachten Kaufpreisleistungen zurückfordern, sondern darüber hinaus auch von ihnen an das bauausführende Unternehmen erbrachte Zahlungen und schließlich weiteren Schadensersatz verlangen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Beklagte ist Inhaberin eines Architekturbüros, das den Erwerb von Einfamilienhäusern inklusive Grundstück zum Komplettpreis anbietet. Die Kläger interessierten sich für ein von der Beklagten per Zeitungsanzeige beworbenes Bauprojekt. Angeboten wurden von der Beklagten in B…-F…, S…. Straße 135 gelegene "kleine Einfamilien-Gruppenhäuser inklusive Grundstück" (Anlage K 4 – Anlagenband). Am 18.08.2008 unterzeichneten die Kläger in den Büroräumlichkeiten der Beklagten eine Reservierungsvereinbarung (Anlage K 5 – Anlagenband), die betitelt wurde "Weg zum Eigenheim innerhalb von 4 Wochen in 4 Schritten“, und in der ein Grundstück inklusive der Bauerrichtung des Eigenheims für komplett 158.000 € angeboten wurde. Zu diesem Zeitpunkt war eine Realteilung des Grundbesitzes S.... Straße 135 noch nicht erfolgt. Der Grundbesitz war jedoch in sechs Miteigentumsanteile, verbunden mit Sondereigentum an sechs Einfamilien-Gruppenhäusern geteilt worden. Die Beklagte übernahm zudem die Finanzierungvermittlung. In der Reservierungsvereinbarung verpflichteten sich die Kläger zur Zahlung einer Anzahlung an die Beklagte in Höhe von 2900 €.
3Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.9.2008 (beurkundet durch den Notar Dr. H... – Anlage K 6 – Anlagenband) veräußerte die Beklagte den Klägern einen 1/6-Miteigen-tumsanteil an dem Grundbesitz S.... Straße 135, verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumlichkeiten des im Aufteilungsplan mit Nr. 6 bezeichneten Einfamilien-Gruppenhauses sowie dem Sondernutzungsrecht an der im Aufteilungsplan markierten Grundstücksfläche Nr. 6 und der Stellplatzfläche St. 6. Die Beklagte, die nicht Eigentümerin des Grundstücks war, handelte dabei aufgrund einer Ermächtigung des Eigentümers des Grundstücks im eigenen Namen. Der Kaufpreis belief sich auf 84.790 € und beinhaltete zugleich die von der Beklagten erbrachten Architekten- und Ingenieurleistungen. In den Vorbemerkungen zum Kaufvertrag hieß es, dass die Sondereigentumseinheiten völlig getrennt voneinander errichtet werden können; gemäß § 5 des Kaufvertrages waren die Kläger verpflichtet, auf dem Kaufgrundstück die Wohnungseinheit Nr. 6 des Aufteilungsplanes nach Maßgabe der vorliegenden Pläne und der Baubeschreibung zu erstellen.
4Ebenfalls am 22.9.2008 (Anlage K 8 – Anlagenband) und zwar unmittelbar an die Beurkundung des Kaufvertrages anschließend und im Beisein der Beklagten beurkundete der Notar Dr. H... die von den Klägern erklärte Annahme eines von der Beklagten vorgelegten – notariellen - Angebotes auf Abschluss eines Dienstleistungs- und Werkvertrages vom 21.08.2008 des Generalunternehmers H. R... Baumanagement zur Errichtung des Einfamilien-Gruppenhauses zu einem Festpreis von 85.760 € (Anlage K 7 – Anlagenband).
5Zur Finanzierung der Rechtsgeschäfte nahmen die Kläger drei Darlehen in Höhe von insgesamt 183.000 € auf, wobei zwei Darlehen in Höhe von zusammen 128.000 € durch die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch gesichert wurden. Unter dem 7.1.2009 erteilte die Stadt B... die Baugenehmigung für den "Neubau eines Mehrfamilienhauses" mit sechs Wohneinheiten und sechs Stellplätzen.
6Die Kläger zahlten den vereinbarten Kaufpreis an die Beklagte. Die Firma H. R... Baumanagement begann mit den Bauarbeiten. Zwischen April und Juli 2009 forderte sie Abschlagszahlungen in Höhe von 34.304 € an. Für die Vertragsdurchführung wurden die im April 2009 als Eigentümer im Grundbuch zu jeder 1/2 eingetragenen Kläger mit Notarkosten, Eintragungsgebühren, Steuern, Bereitstellungszinsen und Versicherungsbeträgen in Höhe von 30.987,67 € belastet.
7Mit Schreiben vom 8.08.2009 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass die Firma H. R... Baumanagement ihre werkvertraglichen Pflichten oftmals nicht ordnungsgemäß erfülle und ein sehr schleppender Baufortschritt zu verzeichnen sei. Am 23.09.2009 wurde über das Vermögen der Firma H. R... Baumanagement das Insolvenzverfahren zunächst vorläufig, am 17.02.2010 endgültig eröffnet. Im September 2009 hatte die Firma H. R... Baumanagement die Bauarbeiten bereits eingestellt.
8Mit Schreiben vom 17.02.010 (Anlage K 17– Anlagenband) wandten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger an die Beklagte und meldeten Schadensersatzansprüche an. Hierbei heißt es unter anderem auf Seite 2 des Schreibens:
9"Da die vollständige Vertragsabwicklung, nämlich Grundstückskaufvertrag und Bauwerkvertrag gescheitert ist und Sie bisher niemanden namhaft machen konnten, der gegen Zahlung des Ursprungspreises bereit war, das Gebäude vollständig zu errichten, steht das Scheitern des Vertrages fest.
10Wir fordern Sie aus diesem Grunde auf, zu veranlassen, dass im Rahmen Ihrer bestehenden Schadensersatzverpflichtung alle von Ihnen empfangenen Leistungen einschließlich des bisher auch gezahlten Werklohnes an die Erwerber zurückfließen. Selbstverständlich bieten wir Ihnen an, den jeweils erworbenen 1/6-Miteigentumsanteil Zug-um-Zug zurück zu übertragen."
11Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 27.12.2012 Klage eingereicht, die am selben Tag per Fax und am 2.1.2013 im Original bei Gericht eingegangen ist. Der Kostenvorschuss ist am 31.01.2013 eingezahlt und die Klage der Beklagten am 8.02.2013 zugestellt worden.
12Die Kläger haben behauptet, die von der Firma H. R... Baumanagement angeforderten Abschlagszahlungen in Höhe von 34.304 € und die geltend gemachten Kosten und Gebühren in Höhe von 30.987,67 € bezahlt zu haben. Außerdem habe sich – so ihre weitere Behauptung – kein anderer Bauunternehmer gefunden, der bereit gewesen sei, das Bauvorhaben zu dem ursprünglich zugesagten Festpreis fertig zu stellen.
13Sie haben beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, an sie 84.790 € zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Rückübertragung des von ihnen gekauften Miteigentumsanteils an dem Grundstück S.... Straße 135 in B... (Grundbuch B... Blatt des Amtsgerichts B..., 1/6 Miteigentumsanteile an der Grundbesitzung Gemarkung B..., Flur, Flurstück, Gebäude und Freifläche, S.... Straße 135, groß: 638 m²), verbunden mit dem Sondereigentum an allen Räumlichkeiten des im Aufteilungsplan mit Nr. 6 bezeichneten Einfamilien-Gruppenhauses sowie dem Sondernutzungsrecht an der im Aufteilungsplan grau unterlegten Grundstücksfläche Nr. 6 und der ebenfalls grau unterlegten Stellplatzfläche St. 6 an die Beklagte und Erteilung der Löschungsbewilligung zu der auf dem Grundbesitz in Abteilung III lfd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld über 128.000 € nebst 15 % Jahreszinsen und 5 % einmalige Nebenleistung seit dem Tage der Eintragung zu Gunsten der Volksbank M.. eG, M..,
15die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie 34.304 € zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Abtretung der Ansprüche, die ihnen gegen die H. R... Baumanagement zustehen,
16die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.987,67 € zu zahlen,
17und schließlich festzustellen, dass die Beklagte zur Zahlung sämtlicher, auch künftiger Aufwendungen verpflichtet ist, die die Kläger im Vertrauen auf den Bestand des Kauf- und Werkvertrages getätigt haben.
18Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt, was sie im Wesentlichen damit begründet hat, dass die Kläger ihr gegenüber keine wirksame Rücktrittserklärung abgegeben hätten; soweit eine solche in der Klageschrift zu erkennen sei, hat sie die Einrede der Verjährung bzw. der Unwirksamkeit des Rücktritts erhoben. Die Bezahlung der Abschlagsrechnungen und der Kosten und Gebühren durch die Kläger hat die Beklagte bestritten. Auch seien die Kläger ihr nach ihrer Ansicht zur Leistung von Wertersatz verpflichtet, da sie das bereits errichtete Bauwerk nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand erhalten hätten und dieses nunmehr verfallen und wertlos sei. Insofern hat sie die Aufrechnung in Höhe von 44.804 €, was der Wertminderung des Grundstücks entsprechen soll, erklärt.
19Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im erstinstanzlichen Verfahren wird auf die tatsächlichen Feststellungen in Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
20Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht die Beklagte gemäß den Anträgen zu Ziffer 1 und 2 verurteilt, hinsichtlich des weiteren Zahlungsantrages die Beklagte zur Zahlung von 4782,29 € verurteilt und im Übrigen, d.h. also hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsanspruches und hinsichtlich der Feststellungsklage die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen auf folgende Erwägungen abgestellt:
21Den Klägern stehe der geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gegen die Beklagte zu (§§ 323, 346 ff BGB), und zwar Zug-um-Zug gegen lastenfreie Rückübertragung des Grundstücks. Aufgrund des erklärten Rücktritts vom Werkvertrag mit der Firma H. R... Baumanagement seien auch die wechselseitig erbrachten Leistungen aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag zurückzugewähren. Der Kaufvertrag und der Werkvertrag mit der Firma H. R... Baumanagement bildeten eine rechtliche Einheit, bei der die Verträge nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängen, dass sie miteinander stehen und fallen.
22Im Verhältnis zur Firma H. R... Baumanagement habe ein Rücktrittsgrund vorgelegen, weil der Werkunternehmer das Werk nicht fertig gestellt habe und angesichts dessen Insolvenz mit einer Fertigstellung auch nicht mehr zu rechnen gewesen sei. Die Kläger hätten vorgetragen, dass kein anderer Bauunternehmer habe gefunden werden können, der bereit gewesen wäre, das Bauvorhaben zu dem vereinbarten Festpreis fertig zu stellen. Vielmehr sei mit Mehrkosten in Höhe von 50.000 bis 100.000 € zu rechnen gewesen, was die Kläger aufgrund ihrer finanziellen Mitteln nicht zu leisten im Stande gewesen seien. Da es sich um ein einheitliches Geschäft gehandelt habe, schlage dieser Rücktrittsgrund auf das Kaufvertragsverhältnis durch. Auf eine eigene Pflichtverletzung der Beklagten oder die Setzung einer Nachfrist gegenüber der Beklagten komme es nicht an. Es liege auch eine wirksame Rücktrittserklärung vor, die der Beklagten gegenüber habe vorgenommen werden müssen. Eine solche Rücktrittserklärung dürfte bereits im Schreiben vom 17.02.2010 liegen. Die Kläger hätten in diesem Schreiben ihren Willen zum Ausdruck gebracht, den Vertrag beenden und den erfolgten Leistungsaustausch rückgängig machen zu wollen. Letztlich könne dies dahinstehen, da jedenfalls mit der Klageerhebung die Kläger ihr Rückgewährverlangen deutlich zum Ausdruck gebracht hätten. Dem könne die Beklagte nicht die Einrede des § 218 BGB entgegenhalten. Der Rücktritt sei nicht deshalb unwirksam, weil der Leistungs- oder Nacherfüllungsanspruch bei Klageerhebung oder -zustellung verjährt gewesen sei. Der zum Rücktritt berechtigende Grund habe im Werkvertragsbereich gelegen. Die Verjährungsfrist betrage bei Bauwerken nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB fünf Jahre und sei damit nach Insolvenz im Jahr 2009 und bei Zustellung im Jahr 2013 noch nicht abgelaufen gewesen.
23Die Kläger hätten ferner gemäß § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Erstattung der der Firma H. R... Baumanagement gezahlten Abschlagbeträge Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen die Firma H. R... Baumanagement. Die Zahlung der Abschlagbeträge in Höhe von insgesamt 34.304 € hätten die Kläger substantiiert durch Vorlage von Überweisungsträgern dargelegt. Die Richtigkeit der Überweisungsträger habe die Beklagte nicht bestritten. Diese den Zahlungen zu Grunde liegenden Leistungen stellten Verwendungen im Sinne des § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB dar; es habe sich um sachändernde Verwendungen gehandelt, die jedoch vertraglich vorgesehen gewesen seien und gerade der Umsetzung der Maßnahmen gedient hätten, die die Beklagte für das Grundstück vorgesehen gehabt habe. Demgegenüber stehe der Beklagten kein Anspruch auf Leistung von Wertersatz gegen die Kläger gemäß § 346 Abs. 2 BGB zu.
24Schließlich hätten die Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der übrigen im Vertrauen auf den Bestand der Verträge getätigten Aufwendungen gemäß §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 4782,29 €. Bei wirksamen, aber nachteiligen Verträgen könnten Ansprüche aus einem Verschulden bei Vertragsschluss bestehen, wenn der Vertrag durch eine pflichtwidrige Einwirkung auf die Willensbildung des Geschädigten – wie etwa die Erteilung von unvollständigen oder unrichtigen Informationen – zu Stande gekommen sei. Die Beklagte habe eine eigene Nebenpflicht verletzt, indem sie bei den Klägern den Eindruck erweckt habe, es würden einzelne Gebäudeteile veräußert, die separat bebaut werden könnten. Die Beklagte habe die Kläger jedenfalls fahrlässig im Rahmen der Vertragsverhandlungen getäuscht. Sie habe in ihrer Reservierungsvereinbarung den Begriff „Haus" verwendet und im Kaufvertrag ausdrücklich erklärt, dass das Einfamilienhaus „völlig getrennt" errichtet werden könne. Es sei jedoch bekannt gewesen, dass es sich um eine Art Miteigentums-Immobilie handelte und somit eine getrennte Errichtung baurechtlich nicht möglich gewesen sei. Diese Umstände hätten maßgebliche Faktoren für die Kaufentscheidung dargestellt. Die Kläger seien so zu stellen, als hätten sie die Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages nicht getroffen. Die Zahlungen der Aufwendungen durch Kontoauszüge seien substantiiert dargelegt worden und deren Richtigkeit von der Beklagten nicht bestritten worden. Dies gelte jedoch nicht, soweit die Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Bereitstellungszinsen für die Bankdarlehen in Höhe von 26.205,38 € geltend gemacht hätten.
25Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese weiterhin die Klageabweisung in vollem Umfang begehrt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Beklagte im Wesentlichen vor:
26Das Landgericht habe verkannt, dass die Voraussetzungen gemäß §§ 323, 346ff BGB nicht gegeben seien. Es fehle bereits an einer wirksamen Rücktrittserklärung (GA 179). Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne das Schreiben vom 17.2.2010 nicht als "Rücktrittschreiben" gewertet werden (GA 179). Das in diesem Schreiben enthaltene Angebot auf Übertragung des erworbenen Miteigentumsanteils an sie - die Beklagte - habe sich nicht zwingend auf einen Rücktritt bezogen. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich nicht um den Brief eines Laien handele, sondern der Brief von rechtskundigen Anwälten geschrieben worden sei, die wissen müssten, was sie geschrieben hätten. Da diese in dem Schreiben ausdrücklich Schadensersatzansprüche geltend gemacht hätten, könne das Schreiben nicht als Rücktritt gewertet werden.
27Außerdem fehle es für einen wirksamen Rücktritt an den sonstigen Voraussetzungen des § 323 BGB. Es sei nicht ersichtlich, dass vor dem 17.2.2010 in einer den Voraussetzungen des § 323 BGB gemäßen Weise Fristen gesetzt worden seien. Diese Fristsetzung ihr gegenüber sei auch nicht deshalb unbillig gewesen, weil die Bauunternehmung insolvent gegangen wäre. Ihr habe Gelegenheit gegeben werden müssen, ein alternatives Unternehmen zu benennen, bevor der Rücktritt erklärt worden sei (GA 180).
28Zwar sei der Rücktritt als Gestaltungsrecht unverjährbar. Dennoch könne ein Rücktritt wegen nicht erbrachter Leistung auf Basis des § 218 BGB dann unwirksam sein, wenn der Anspruch auf die Leistung selbst verjährt sei. Zu Unrecht habe das Landgericht auf § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB abgestellt. Diese Vorschrift regele jedoch die Mängelansprüche. Tatsächlich sei entscheidend der Erfüllungsanspruch, der der Regelverjährung des § 195 BGB unterliege. Dieser Erfüllungsanspruch sei zum Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift im Jahr 2013 bereits abgelaufen. Die 3-Jahres-Frist habe spätestens mit Ablauf des Jahres 2009 zu laufen begonnen und mit Ablauf des Jahres 2012 geendet. Die Rücktrittserklärung sei mit Zustellung der Klage im Jahre 2013 zu einem Zeitpunkt zugestellt worden, als die Erfüllung nicht mehr habe verlangt werden können. Da der Anspruch auf die eigentliche Leistung verjährt gewesen sei, sei auch der Rücktritt nicht mehr rechtzeitig erklärt worden (GA 180).
29Fehlerhaft habe das Landgericht auch entsprechend dem Antrag zu 2) die geltend gemachten 34.304 € zugesprochen. Auch hier gelte, dass mangels Rücktritt der Anspruch bereits dem Grunde nach nicht gegeben sei. Unabhängig hiervon sei zu berücksichtigen, dass das Objekt zwischenzeitlich aufgrund der Witterungseinflüsse nichts mehr wert sei. Es seien keine Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden, die einen Verfall des ursprünglich ordnungsgemäß errichteten Bauwerks hätten verhindern können. Es existiere nur noch eine Bauruine, die abgerissen werden müsse. Auch diese bereits in der Klageerwiderung angeführten Umstände habe das Landgericht nicht berücksichtigt (GA 181). Sie habe sich trotz der in dem Schreiben vom 17.2.2010 abgegebenen Erklärung, wolle man sie als Rücktrittserklärung werten, nicht um das Objekt kümmern können. Die Kläger seien verpflichtet gewesen, jedenfalls bis Mai 2012 Bausicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um einen Verfall des Baus zu verhindern. Bereits zum frühestmöglichen Wirkungszeitpunkt eines Rücktritts am 29.5.2012 sei das Objekt eine Bauruine gewesen, was sich aus der gutachterlichen Stellungnahme des Ingenieurbüros (Anlage B 1 zur Klageerwiderung) ergebe. Für diese Bauruine seien die Kläger verantwortlich, so dass sie nicht den Betrag in Höhe von 34.304 € verlangen könnten.
30Mangels wirksamen Rücktritts könnten die Kläger auch die weiter geltend gemachten Beträge, die das Landgericht mit 4782,29 € zugesprochen habe, nicht verlangen (GA 181).
31Die Kläger bitten um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung gegen die Berufungsangriffe und führen in diesem Zusammenhang aus:
32Zutreffend habe das Landgericht in dem Schreiben vom 17.2.2010 eine wirksame Rücktrittserklärung gesehen. Dass der Beklagten das in diesem Schreiben zum Ausdruck gekommene Rückabwicklungsverlangen deutlich geworden sei, zeige das Schreiben der Beklagten vom 2.2.2011 an die Zeugen M.. (GA 191). Entgegen der Auffassung der Beklagten fehle es auch nicht an einer Fristsetzung gegenüber der Beklagten. Das Landgericht habe zutreffend ausgeführt, dass der Rücktrittsgrund aufgrund der Einheitlichkeit der Vertragsverhältnisse auf den Kaufvertrag durchschlage und es deshalb auf eine gesonderte Nachfristsetzung gegenüber der Beklagten gar nicht ankomme (GA 192). Unabhängig hiervon sei eine gesonderte Nachfristsetzung auch entbehrlich gewesen. Zwischen ihnen und der Beklagten habe es auch nach der Insolvenz des Werkunternehmers und vor der Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten Kontakte gegeben. Es habe zwei Treffen auf der Baustelle mit dem Büro der Beklagten gegeben, um die Wohneinheiten fertig stellen zu lassen. Diese Treffen seien jedoch erfolglos verlaufen. Weitere Vermittlungen von Bauunternehmen habe es seitens der Beklagten nicht gegeben. Ihnen und den übrigen Erwerbern sei es auch nicht zumutbar gewesen, auf weitere Angebote der Beklagten einzugehen und ihr noch weitere Chancen zur Nacherfüllung unter Fristsetzung zu geben, zumal das Vertrauen gegenüber der Beklagten endgültig zerstört gewesen sei (GA 192). Die Beklagte habe darüber hinaus mehrfach die Erfüllung des mit dem Kaufvertrag verbundenen Werkvertrages endgültig und ernsthaft, zuletzt mit Schreiben vom 2.2.2011, abgelehnt (GA 193).
33Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei entschieden, dass Verwendungsersatz durch die Beklagte unabhängig von der Tatsache zu leisten sei, ob sie bereichert sei oder nicht. Zudem sei ein etwaiger Wertersatz der Beklagten ebenfalls zu Recht verneint worden.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der in diesem Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
35B)
36Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht zum einen die Beklagte zur Rückabwicklung des mit den Klägern geschlossenen Kaufvertrages und damit zur Rückzahlung des an die Beklagte gezahlten Kaufpreises in Höhe von 84.790 € Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung des Grundstücks, zum anderen zum Ausgleich der an die Bauunternehmung H. R... Baumanagement gezahlten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 34.304 € Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die Firma H. R... Baumanagement bestehenden Ansprüche und schließlich zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4782,920 € verurteilt. Die hiergegen und auf Klageabweisung gerichtete Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet (§ 513 Satz 1 ZPO), da die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel keinen Rechtsfehler im Sinne des § 546 ZPO zu ihren Ungunsten aufgezeigt hat, darüber hinaus die vom Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung zu Grunde zu legenden Tatsachen eine vom Landgericht abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu Gunsten der Beklagten nicht rechtfertigt.
37I)Die Kläger können nach von ihnen erklärtem Rücktritt gemäß §§ 323, 346ff BGB von dem mit der Beklagten geschlossenen Grundstückskaufvertrag die Rückzahlung des an die Beklagte gezahlten Kaufpreises in Höhe von 84.790 € verlangen, dies jedoch nur – wie vom Landgericht im Urteilstenor so ausgesprochen – Zug um Zug gegen lastenfreie Rückauflassung der an die Kläger übereigneten Immobilie. Die von der Beklagten mit der Berufung hiergegen vorgebrachten rechtlichen Einwände vermögen nicht zu überzeugen und geben keinen Anlass zu einer von der des Landgerichts abweichenden Bewertung der Sach- und Rechtslage.
381.
39Der Auffassung des Landgerichts von einem berechtigten Rücktritt der Kläger mit der Folge der Rückabwicklung des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages liegt die rechtliche Wertung zu Grunde, dass es sich bei dem von dem Notar Dr. H... beurkundeten Kaufvertrag vom 22.9.2008 und dem Werkvertrag mit der Firma H. R... Baumanagement um eine rechtliche Einheit handelt, mit der Folge, dass der aus dem Rechtsverhältnis mit der Firma H. R... Baumanagement berechtigte Rücktritt auch das Vertragsverhältnis zu der Beklagten betrifft und damit auch den Grundstückskauf zum Wegfall bringen konnte. Die landgerichtliche Prämisse von der rechtlichen Einheit von Grundstückskaufvertrag und Bauerrichtungsvertrag ist zutreffend und wird im Grunde von der Berufung auch nicht in Zweifel gezogen. Maßgeblich ist insoweit, ob die beiden an sich selbstständigen Vereinbarungen durch den erklärten Willen der Beteiligten derart zu einem einheitlichen Geschäft miteinander verbunden wurden, dass die Gültigkeit des einen Rechtsgeschäfts von der des anderen abhängen sollte. Hierfür ist entscheidend darauf abzustellen, ob nach den Vorstellungen der vertragschließenden Parteien die Vereinbarungen nicht für sich alleine gelten, sondern gemeinsam miteinander „stehen und fallen" sollen, somit kraft ihrer rechtlichen und nicht nur wirtschaftlichen Verbindung Teile eines Gesamtgeschäfts bilden sollten (grundlegend BGH, Urteil vom 30.4.1976, V ZR 143/74, NJW 1976, 1931f, zitiert nach juris Rdnr. 12; Urteil vom 22.7.2010, VII ZR 246/08, BauR 2010, 1754ff zitiert nach juris Rdnr. 10). Die zwischen den Teilen des einheitlichen Geschäfts bestehende Abhängigkeit muss dabei urkundlichen Ausdruck finden, wobei es genügt, dass das Gewollte sich andeutungsweise im Beurkundeten wiederfindet (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.1999, V ZR 251/98, NJW 2000, 951, zitiert nach juris Rdnr. 5).
40Das Landgericht hat die maßgeblichen Umstände, die für einen solchen bei den Parteien des Grundstückskaufvertrages und des Bauwerkvertrages bestehenden Verknüpfungswillen und gegen eine Selbstständigkeit des Grundstückkaufvertrages sprechen, überzeugend herausgearbeitet. Es hat insoweit angeführt, dass gemäß § 5 des Kaufvertrages die Kläger verpflichtet gewesen sind, auf dem Kaufgrundstück die Wohnungseinheit Nr. 6 des Aufteilungsplanes nach Maßgabe der vorliegenden Pläne und der Baubeschreibung zu erstellen. Darüber hinaus lässt sich der Reservierungsbestätigung entnehmen, dass ein Gesamtpaket an Leistungen zu einem Festpreis angeboten wurde. Die Vorbemerkungen zum Kaufvertrag weisen zudem aus, dass die Anteile nur an Erwerber veräußert werden würden, die sich dazu verpflichteten, das Vorhaben gemäß den vorliegenden Plänen und der Baubeschreibung umzusetzen. Dies steht in engem Kontext mit dem Umstand, dass aufgrund der erteilten Baugenehmigung es zwingend erforderlich war, dass sämtliche Grundstücksteile wie geplant bebaut werden würden. Der auf die Erstellung des verkauften Sondereigentums zugeschnittene Werkvertrag war vor diesem Hintergrund Bestandteil eines einheitlichen Rechtsgeschäftes. Dies wird belegt durch den Text des Angebotes der Firma H. R... Baumanagement, das in bestimmten Passagen mit dem Text des Kaufvertrages übereinstimmt und das sich nicht persönlich an die Kläger richtet, sondern an die "Bauherren der Wohnungseinheiten Nr. 1-6". In dem in einem Parallelverfahren gegen dieselbe Beklagte am 29.11.2012 ergangenen Urteil (I-12 U 187/11 – vorgelegt von den Klägern als Anlage K 33) hat der 12. Zivilsenat auf Seite 11 zur weiteren Begründung der Qualifizierung von Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag als rechtlich einheitliches Geschäft noch folgende weitere Begründung gegeben:
41"Inhaltlich standen die zu erbringenden Werkleistungen aufgrund der Planung der Beklagten bereits fest. Die Beklagte „lieferte" den Erwerbern mit der Planung und dem Grundstück auch ein Unternehmen mit, das die Baubeschreibung kannte und sich dazu verpflichtet hatte, sie zu einem garantierten Preis umzusetzen. Diesen Preis wiederum hatte die Beklagte bereits dem Festpreis zu Grunde gelegt, mit dem sie jetzt Verkaufsangebote beworben hatte und auch der Kaution, die sie im Rahmen der Reservierungsvereinbarung von den Erwerber verlangte. Aus Sicht der Klägerin und ihres Ehemannes gehörte die Auswahl des Unternehmens damit zum Leistungsumfang der Beklagten. Die Beklagte hatte einen Text für die Reservierungsvereinbarung gewählt, der aus Sicht der Interessenten nur so zu verstehen war, dass sie ein Gesamtpaket an Leistungen zu einem Festpreis anbot; die Beklagte sollte den Eheleuten D. eine Wohneinheit zu einem Festpreis verschaffen und sich um die notwendige Finanzierung kommen. Die Tatsache, dass die Eheleute D. das Angebot der Firma P. GmbH & Co. KG im Büro der Beklagten angenommen haben, ohne diese Firma auch nur zu kennen, zeigt deutlich, dass sie davon ausgingen, die Auswahl des Bauunternehmens obliege der Beklagten. Diese Sicht war aufgrund der Formulierung der Reservierungsvereinbarung, aber auch vor dem Hintergrund berechtigt, dass die Beklagte (…) aufgrund ihrer einschlägigen Erfahrung über eine größere Marktkenntnis verfügte als die Klägerin und ihr Ehemann und deshalb die Möglichkeit hatte, bessere Konditionen mit den Bauunternehmen auszuhandeln als der einzelne Bauherr. Zudem waren die Eheleute D. aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte ihnen eine auf den von ihr in der Reservierungsvereinbarung benannten Festpreis zugeschnittene Finanzierung vermittelt hatte, auch darauf angewiesen, einen Bauunternehmer zu finden, der diesen Preis nicht überschreiten würde."
42Diese, auch vom Senat als zutreffend erachteten rechtlichen Erwägungen lassen sich in ihren tragenden Gründen auf den vorliegenden Fall übertragen. Anzuführen ist als weiteres Moment, das die Annahme einer rechtlichen Einheit von Grundstücksgeschäft und Werkvertrag stützt, dass am 22.9.2008 in unmittelbarem Anschluss an die vor dem Notar Dr. H... vorgenommene Beurkundung des Grundstückskaufvertrages (Urkundenrollennr. 464/2008) vor demselben Notar die Annahmeerklärung der Kläger in Bezug auf das ebenfalls vor demselben Notar am 21.8.2008 beurkundete Angebot (an alle Bauherren des Objektes) beurkundet wurde (Urkundenrollennr. 465/2008).
432.Die Kläger sind wirksam von dem Bauwerksvertrag mit der Firma H. R... Baumanagement zurückgetreten, was auch auf den Grundstückskaufvertrag durchschlägt. Ein Rücktrittsgrund war im Verhältnis zu der Firma H. R... Baumanagement gegeben, nachdem diese das Werk nicht fertig gestellt und diese Firma den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt hatte. Dies berechtigte die Kläger zum sofortigen Rücktritt vom Werkvertrag (§§ 634 Nr. 3, 636, 323, 326 Abs. 5 BGB). Es hat sich auch kein anderer Bauunternehmer bereit erklärt, zu den gegenüber der Firma H. R... Baumanagement nach dem geschlossenen Bauvertrag geschuldeten Betrag das Bauvorhaben zu vollenden.
44Dieses im Hinblick auf den Werkvertrag zweifelsfrei bestehende Rücktrittsrecht wirkt auch auf das durch den Grundstückskaufvertrag mit der Beklagten begründete Vertragsverhältnis durch (vgl. BGH, Urteil vom 30.4.1976, a.a.O., TZ 14; Kaiser/Staudin-ger, Neubearbeitung 2012, Rz. 10 zu § 351; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, Rz. 1 zu § 351).
453.Liegt – wie hier – ein einheitliches Rechtsgeschäft vor, kann das Rücktrittsrecht hinsichtlich der verbundenen Rechtsgeschäfte grundsätzlich nur einheitlich ausgeübt werden, wobei zur Auflösung des einheitlichen Rechtsgeschäft genügt, dass dessen Voraussetzungen durch das Verhalten nur eines der Beteiligten geschaffen worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 30.4.1976, a.a.O., TZ 14 ). Insoweit ist es auch für die Rechtswirkungen des Rücktritts gegenüber dem Grundstückskaufvertrag mit der Beklagten ausreichend, dass aus dem werkvertraglichen Verhältnis mit der H. R... Baumanagement ein Rücktrittsgrund vorlag.
464.
47Die Rücktrittserklärung muss jedoch gegenüber beiden Vertragspartnern des einheitlichen Rechtsgeschäft erklärt werden (vgl. Kaiser/Staudinger, a.a.O. Rz. 9 zu § 351; Gaier in MüKo, BGB, 6. Auflage 2012, Rz 1 zu § 351). Sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber der Firma H. R... Baumanagement haben die Kläger wirksam eine Rücktrittserklärung abgegeben.
48a)
49Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass eine solche Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten bereits im Schreiben vom 17.2.2010 (Anlage K 17) liegt. Die von der Berufung hiergegen erhobenen Einwände vermögen nicht zu überzeugen.
50aa)Ob eine rechtsgeschäftliche Erklärung den Sinngehalt einer Rücktrittserklärung nach § 349 BGB beinhaltet, ist nach allgemeinen Kriterien aufgrund einer entsprechenden Auslegung zu entscheiden. Hierbei gilt, dass der Rücktritt nicht ausdrücklich erklärt werden muss, insbesondere es für eine wirksame Rücktrittserklärung nicht erforderlich ist, dass der Rücktrittsberechtigte die Wörter "Rücktritt" oder „ich trete zurück" verwendet. Notwendig aber auch ausreichend für die Annahme einer Rücktrittserklärung ist, wenn dieser Erklärung des Rücktrittsberechtigten gemäß §§ 133,157 BGB entnommen werden kann, er wolle die beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Vertrag beenden und bereits ausgetauschten Leistungen wieder rückgängig machen (vgl. BGH, Urteil vom 6.7.1988, VIII 256/87, NJW 1988, 2877; Kaiser/Staudinger, a.a.O., Rz. 25 zu § 349.)
51bb)Dem Wortlaut des Schreibens vom 17.2.2010 lässt sich mit hinreichender Klarheit ein entsprechender Wille zur Rückgängigmachung der aufgrund des Grundstückskaufvertrages ausgetauschten Leistungen entnehmen. Wenn die Kläger in dem Schreiben die Beklagte auffordern, "zu veranlassen, dass im Rahmen Ihrer bestehenden Schadensersatzverpflichtung alle von Ihnen empfangenen Leistungen einschließlich des bisher auch bezahlten Werklohns an die Erwerber zurückfließen“ und dabei die Rückübertragung des Grundstücks angeboten haben, liegt hierin, trotz des verwandten Begriffes der „Schadensersatzpflicht“ unzweifelhaft das Begehren der Kläger, den Vertrag rückabwickeln zu wollen, d.h. die wechselseitig in Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erbrachten Leistungen wieder zurück zu führen. Dieses Ansinnen auf Rückzahlung aller empfangenen Leistungen und das Angebot auf Rückgabe des lastenfreien Miteigentumsanteils haben die Kläger an die Beklagte gerichtet, weil – so ihre entsprechende Formulierung im Schreiben vom 17.02.2010 – der Vertrag gescheitert ist. In hinreichend deutlicher Weise kommt in dieser Erklärung der Kläger zum Ausdruck, dass diese die Grundlage für die auf vertraglicher Ebene ausgetauschten Leistungen nunmehr als entfallen ansehen, die beiderseitigen Leistungspflichten also nicht mehr bestehen sollen und das, was die Vertragspartner jeweils erbracht haben, rückgängig gemacht werden soll.
52Einer solchen Auslegung des Inhalts des Schreibens vom 17.02.2010 als Rücktrittserklärung im Sinne des § 349 BGB steht nicht entgegen, dass die Kläger in dem anwaltlichen Schreiben ihr Verlangen in eine schadensrechtliche Formulierung eingebettet haben. Verbindet der Gläubiger sein Verlangen nach Rückabwicklung der erbrachten Leistungen mit einem Schadensersatzbegehren, so ist dies unter der Geltung des BGB in der nach der Reform seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung im Zweifel nicht als bloßes Schadensersatzverlangen zu bewerten. Im Gegensatz zu dem vorangegangenen Rechtszustand, in dem eine strikte Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung in §§ 325, 326, 463, 635 BGB a.F. bestand, ist durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts in § 325 BGB sowie in § 437 Nr. 2, 3 BGB die Möglichkeit eröffnet, trotz Rücktritts vom Vertrag Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen (vgl. Staudinger/Kaiser, a.a.O., Rz. 29 zu § 349.) Im Grunde haben die Kläger mit der – wenngleich etwas unglücklich gewählten – Formulierung die nach dem neuen Recht statthafte Kombination von Rücktritt und Schadensersatz gewählt. In dem so genannten Differenzschadensersatz liegt die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen nach Rücktrittsvorschriften (vgl. Staudinger/Kaiser, a.a.O.). Dem von der Berufung noch hervorgehobenen Umstand, dass das Schreiben vom 17.02.2010 von den Rechtsanwälten der Kläger stammt und diese als Juristen wissen müssten, was sie erklärten, ist keine entscheidende Bedeutung im Rahmen der Auslegung beizumessen. Ausschlaggebend ist allein, dass der Inhalt des Schreibens keine ernsthaften Zweifel an der Vorstellung der Kläger vom Scheitern der gesamten von der Beklagten gewählten Konstruktion und an deren Verlangen nach Rückgewähr der an die Beklagte erbrachten Zahlungen auf den Kaufpreis lassen.
53b)
54Gegenüber der H. R... Baumanagement haben die Kläger durch das anwaltliche Schreiben vom 29.5.2012 an den Insolvenzverwalter die Rücktrittserklärung abgegeben.
555.
56Da die in dem anwaltlichen Schreiben vom 17.02.2010 enthaltenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen zweifelsfrei als Rücktrittserklärung zu qualifizieren sind, bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob die alternative Erwägung des Landgerichts, wonach die Kläger ihr Rückgewährverlangen jedenfalls mit der Klageerhebung deutlich zum Ausdruck gebracht haben, tragfähig ist. Insbesondere kann es in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die mit der Klagezustellung im Jahre 2013 erfolgte Rücktrittserklärung mit Blick auf die von der Beklagten erhobene Einrede des § 218 BGB unwirksam gewesen ist.
57II)
58Nach § 347 Abs. 2 S. 1 BGB sind im Rahmen der Rückabwicklung die vom Rücktrittsschuldner erbrachten notwendigen Verwendungen durch den Rücktrittsgegner zu ersetzen, wenn der Schuldner den zurückzugewährenden Gegenstand zurückgibt. Das Landgericht hat die vom Klägern erbrachten Zahlungen an die Firma H. R... Baumanagement als notwendige Verwendungen im Sinne dieser Vorschrift eingeordnet und in rechtlicher Konsequenz einen in Höhe der erbrachten Zahlungen von insgesamt 34.304 EUR bestehenden Anspruch auf Erstattung (dieser Verwendungen) bejaht. Hiervon abzuweichen bietet das Berufungsvorbringen der Beklagten keinen Anlass.
591.
60Soweit erstinstanzlich die Beklagte bestritten hatte, dass die Kläger in der von ihnen vorgetragenen Höhe Abschlagszahlungen an die Firma H. R... Baumanagement geleistet haben, werden die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts in der Berufung nicht tauglich angegriffen.
612.
62Dass es sich bei diesen Abschlagszahlungen grundsätzlich um notwendige Verwendungen handelt, hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die rechtlichen Erwägungen des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf im bereits erwähnten Urteil vom 29.11.2012, auf Az. I-12 U 187/11, dort Seite 13/14 bejaht. Dort heißt es:
63„ (…)Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die der Sache zugute kommen sollen, ohne sie grundlegend zu verändern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes fallen darunter nur diejenigen Maßnahmen, die darauf abzielen, den Bestand der Sache als solcher zu erhalten oder wiederherzustellen, oder die für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Sache erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.6.2002, V ZR 79/01, NJW 2002, 3478 – zitiert nach juris Rn. 11). Das kann, handelt es sich um ein Grundstück, zwar unter Umständen auch im Wege der Bebauung geschehen. Wird aber ein bisher unbebautes Grundstück bebaut, wird es durch den Bau nicht in seinem Bestand verbessert, sondern verändert, indem es fortan für einen Zweck benutzt wird, dem es bisher nicht gedient hat (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.1964, V ZR 105/61, WM 1964, 456 – zitiert nach juris Rn. 11). Im vorliegenden Fall sind die geltend gemachten Verwendungen zwar im Zusammenhang mit der Bebauung eines Grundstücks entstanden. Dadurch ist ein Zustand aber nicht im Sinne dieser Rechtsprechung geändert worden. Vielmehr hatte die Beklagte die Art der Bewirtschaftung durch die Teilung des Grundstücks unter Vorlage ihrer Planungen bereits zuvor festgelegt. Die Kläger haben durch die Zahlungen an den Bauunternehmer gerade die Ausführung der Maßnahmen unterstützt, die die Beklagte für das Grundstück geplant hatte. Durch die Bebauung ist der Grundstücksteil daher nicht einer ganz anderen Zweckbestimmung unterworfen worden als bisher (vgl. BGH Urteil vom 26.02.1964, V ZR 105/61, WM 1964,456 – zitiert nach juris Rn. 12). Die Verwendungen dienten vielmehr der Umsetzung der von der Beklagten vorgesehenen Zweckbestimmung. Eine Wertsteigerung, fortdauernder Nutzen oder Erfolg der Maßnahme ist für einen Ersatzanspruch nicht erforderlich (Palandt/Bassenge, aaO, § 994 Rn. 5). (…)“
64Diesen rechtlichen Erwägungen, die ohne weiteres auf den zu entscheidenden Streitfall übertragen werden können, schließt sich der Senat im vollen Umfang an und macht sich diese zu eigen. Sie sind zutreffend und sind im Übrigen auch nicht Gegenstand von Berufungsangriffen der Beklagten.
653.
66Im Kontext mit dem vom Landgericht den Klägern zuerkannten Verwendungsersatzanspruch beanstandet die Beklagte (lediglich), dass ihr Vorbringen, die Kläger hätten sich bis zum Zeitpunkt des Rücktritts gegenüber der Bauunternehmung mit Schreiben vom 29.5.2012 nicht um das Objekt gekümmert, obwohl sie verpflichtet gewesen seien, jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt Bausicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um einen Verfall des Baus verhindern, nicht hinreichend gewürdigt worden sei. Dieser Berufungseinwand bleibt ohne Erfolg.
67Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung hierzu ausgeführt, ein Anspruch auf Leistung von Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 BGB stehe der Beklagten nicht zu und könne dementsprechend dem Verwendungsersatzanspruch der Kläger nicht entgegengehalten werden. Die Verschlechterung der Sache beruhe gerade auf dem Umstand, dass den Klägern nach Einstellung der Arbeiten durch den Bauunternehmer eine Fertigstellung nicht mehr möglich gewesen sei. Dies sei der Grund für die Rücktrittserklärung gewesen. Beruhe die Verschlechterung der Sache auf dem Umstand, der zum Rücktritt berechtige, hat der Rückgewährschuldner keinen Wertersatz zu leisten.
68Das Landgericht steht insoweit im Einklang mit den rechtlichen Erwägungen, die der 12. Zivilsenat im weiteren Parallelrechtsstreit I-12 U 182/11 im Urteil vom 20.12.2012, dort Seite 17 angestellt hat. Dort ist Folgendes ausgeführt:
69„Soweit die Beklagte einwendet, die von den Klägern begonnene Umgestaltung sei schuldhaft nicht fertig gestellt oder zumindest sachgerecht erhalten worden, ergibt sich daraus ebenfalls kein Wertersatzanspruch. Zum einen ist Verwendungsersatz unabhängig davon zu zahlen, ob durch die Verwendung eine Wertsteigerung der Sache eingetreten ist. Zum anderen war den Klägern eine Fertigstellung nicht möglich. Da der Kauf- und der Werkvertrag miteinander stehen und fallen sollten, war die Weiterführung des Bauvorhabens nicht mehr möglich, nachdem die Firma H. R... Baumanagement ihre Tätigkeit eingestellt hatte. Unstreitig hat die Beklagte den Klägern keinen Bauunternehmer benennen können, der das Objekt zu den vereinbarten Bedingungen fertig gestellt hätte. Genau dies war der Grund für ihre Rücktrittserklärung. Beruht aber die Verschlechterung der Sache gerade auf dem Umstand, der zum Rücktritt berechtigt, hat der Rückgewährschuldner keinen Wertersatz zu leisten (§ 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 2; vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 346 Rn. 12)“.
70Auch insoweit bietet das Berufungsvorbringen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung der Frage nach einem möglichen Wertersatzanspruch der Beklagten gegenüber den Klägern wegen der nicht durchgeführten Fortsetzung der Baumaßnahme bzw. wegen nicht vorgenommenen Absicherung der nach Einstellung der Arbeiten durch die Firma H. R... Baumanagement bestehenden baulichen Situation des Objektes gegen Witterungseinflüsse. Die Beklagte trägt weiterhin nicht vor, den Klägern ein Bauunternehmen genannt zu haben, das bereit gewesen wäre, zu den Konditionen, die vertraglich mit der Firma H. R... Baumanagement für die Erbringung der Werkleistungen und die Errichtung des Sondereigentums Nr. 6 vereinbart gewesen waren, das Bauvorhaben fortzuführen und zu beenden. Angesichts dessen waren nach Treu und Glauben die Kläger auch nicht verpflichtet, weitere finanzielle Aufwendungen für Sicherungsmaßnahmen zu tätigen, mit denen das bis zur Einstellung der Arbeiten errichtete Bauwerk gegenüber Witterungseinflüssen geschützt würde.
71III)Das Landgericht hat schließlich einen Anspruch auf Erstattung der übrigen im Vertrauen auf den Bestand der Verträge durch die Kläger getätigten Aufwendungen gemäß §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB i.H.v. 4782,29 EUR zuerkannt. Die rechtlichen Erwägungen, mit denen das Landgericht den Anspruchsgrund begründet hat, sind zutreffend. Substantielle Einwände hiergegen werden von der Berufung nicht erhoben. Die Beklagte beschränkt sich in der Berufung darauf (GA 181), dass die insoweit in Rede stehenden Beträge mangels wirksamen Rücktritts seitens der Kläger nicht verlangt werden könnten. Hiermit kann die Beklagte nicht durchdringen, da nach den obigen Ausführungen der von den Klägern erklärte Rücktritt wirksam gewesen ist. Damit besteht zugunsten der Kläger unter den vom Landgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise bejahten Voraussetzungen der Anspruch auf Erstattung der im Vertrauen auf den Bestand der Verträge getätigten Aufwendungen. Die Höhe der Aufwendungen, die das Landgericht als erwiesen erachtet hat, lässt die Beklagte in der Berufung unbeanstandet.
72C)
73Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
74Anlass, aus den Gründen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
75Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: 123.876,39 €
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- BGB § 634a Verjährung der Mängelansprüche 2x
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- ZPO § 546 Begriff der Rechtsverletzung 1x
- BGB § 437 Rechte des Käufers bei Mängeln 1x
- ZPO § 513 Berufungsgründe 1x
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