Beschluss vom Oberlandesgericht München - 8 U 5530/21

Tenor

1. In Richtung auf den Beklagten zu 3) wird die Klagepartei des Rechtsmittels der Berufung für verlustig zu erklärt und ihr die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) im Berufungsverfahren auferlegt. Die Kostenentscheidung im Übrigen bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

2. In Richtung auf die Beklagte zu 1) wird das Berufungsverfahren im Hinblick auf den am 16.03.2022 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Vorlagebeschluss des Landgerichts München I - 3. Zivilkammer - vom 14.03.2022, Gz. 3 OH 2767/22 KapMuG, gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ausgesetzt.

3. In Richtung auf den Beklagten zu 2) wird das Berufungsverfahren ebenfalls im Hinblick auf den am 16.03.2022 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Vorlagebeschluss des Landgerichts München I - 3. Zivilkammer - vom 14.03.2022, Gz. 3 OH 2767/ 22 KapMuG, gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ausgesetzt. Der Beklagte zu 2) wird dadurch gem. § 9 Abs. 5 KapMuG weiterer Musterbeklagter des Musterverfahrens.

4. Die Höhe des Anspruchs, der von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, beträgt 1.186,55 € (§ 8 Abs. 4 KapMuG).

5. Die Parteien werden gem. § 8 Abs. 3 KapMuG darüber unterrichtet,

a) dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören, und b) dass dies nicht gilt, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung dieses Aussetzungsbeschlusses zurückgenommen wird.

6. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klagepartei verlangt den Feststellungen des Landgerichts zufolge von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der W. AG. Sie trägt dazu vor, sie habe im Vertrauen auf die Richtigkeit der Testate der Beklagten zu 1) am 05.09.2018 6 Stück Aktien der W. AG zum Kurs von 196,65 € erworben (K 26/ K 24), die sie immer noch halte.

Die Beklagte zu 1) war seit 2010 alleinige Abschlussprüferin der W. AG. Sie hat die Jahresabschlüsse für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018 ohne Einschränkungen testiert (Anlage K 17- K 21; K 32). Die Beklagten zu 2) und 3) sind Gesellschafter der Beklagten zu 1). Sie waren die sowohl mit der Jahresabschlussprüfung als auch mit der Konzernprüfung der W. AG betrauten Wirtschaftsprüfer. Der Beklagte zu 2) war der ab dem Jahresabschluss 2016 verantwortliche Prüfer, der Beklagte zu 3) ab dem Jahresabschluss 2018.

Am 31.10.2019 beauftragte die W. AG die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K. mit der Erstellung eines forensischen Sondergutachtens betreffend die Geschäftsjahre 2016-2018. Am 27.04.2020 wurde die für den 29.04.2020 geplante Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2019 verschoben. Am 28.04.2020 wurde der K.-Sonderbericht veröffentlicht. Im Rahmen des Ergebnisses dieser Sonderprüfung teilte die K. mit, dass keine ordnungsgemäßen Nachweise über die Guthaben auf Treuhandkonten eingeholt werden konnten und ihr keine Bankkontoauszüge, die Zahlungseingänge von rund 1,9 Milliarden € auf den Treuhandkonten belegen würden, übermittelt wurden. Am 18.06.2020 teilte die Beklagte zu 1) der W. AG mit, dass das Testat 2019 verweigert werde, weil keine ausreichenden Prüfungsnachweise über das Treuhandkonto in Höhe von 1,9 Milliarden Euro vorlägen. Am 22.06.2020 teilte die W. AG im Rahmen einer Ad-hoc-Mitteilung mit, dass Bankguthaben in Höhe von 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht existierten. Dieser Betrag stellte ca. ein Viertel des Gesellschaftsvermögens dar. Am 25.06.2020 stellte die W. AG Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht München hat das Insolvenzverfahren am 25.8.2020 eröffnet.

Die Klagepartei behauptet unter Sachverständigenbeweisantritt u.a., die Jahres- und Konzernabschlüsse der W. AG einschließlich der Lageberichte für die Geschäftsjahre 2009 bis 2019 seien falsch. Die W. AG habe spätestens seit 2009 Bilanzbetrug begangen, indem Umsätze vorgetäuscht worden seien, wodurch die eigene Bilanz immer weiter angewachsen sei, ohne dass tatsächliche Forderung entstanden seien. In den Bilanzen seien in erheblichem Umfang Falschangaben über Umsatzerlöse, Forderungen und liquide Mittel enthalten, die aus Geschäftsbeziehungen über zwischengeschaltete externe Partner (sog. Third-Party-Acquirer) stammten. Die in den Konzernabschlüssen von W. ausgewiesenen Guthabensalden für Treuhandkonten der W. Gesellschaften in Höhe von zuletzt 1,9 Milliarden Euro hätten nicht bestanden.

Die Beklagte zu 1) habe ab 2008 vorsätzlich, zumindest leichtfertig uneingeschränkte Bestätigungen der Jahresabschlüsse erteilt, obwohl sie Bilanzprüfungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe und obligatorische Prüfvorgänge entweder nicht sachgemäß oder gar nicht durchgeführt habe, wie nicht zuletzt der K.-Sonderbericht belege. Die Bestätigungsvermerke seien in Teilen ins Blaue hinein erteilt worden. Dabei sei die Beklagte zu 1) durch eine über Jahre hinweg immer wiederkehrende Presseberichterstattung und durch Analystenreports auf massive Verfehlungen hingewiesen worden. Zu keiner Zeit hätten die Beklagten es unternommen, Saldenbestätigungen von Banken direkt anzufordern, insbesondere im Hinblick auf die Treuhandkonten. Vielmehr hätten sie sich mit Bestätigungen von Treuhändern oder der Übergabe schriftlicher Unterlagen durch die W. AG oder durch Treuhänder begnügt. Zudem sei zu keiner Zeit eine Überprüfung der Treuhänder vorgenommen worden. Hierbei hätten die Beklagten billigend in Kauf genommen, dass die Anleger enorme Kapitalverluste erleiden würden.

II.

1. Am 16.03.2022 wurde im elektronischen Bundesanzeiger der Vorlagebeschluss des Landgerichts München I - 3. Zivilkammer - vom 14.03.2022, Gz. 3 OH 2767/22 KapMuG, veröffentlicht.

a) Feststellungsziele des o.g. Vorlagebeschlusses sind u.a.:

Zu A.I.

(Haupttat; Unrichtigkeit der Geschäftsberichte der W. AG),

Nr. 1 bis 5, ob die Geschäftsberichte der W. AG für die Jahre 2014 bis 2018 die Verhältnisse der W. AG insoweit unrichtig wiedergeben, als sie

a. falsche Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente enthalten,

b. falsche Umsatzerlöse enthalten,

c. die Risiken aus dem Drittpartnergeschäft (TPA-Geschäft) falsch darstellen,

d. die Segmentberichterstattung nicht den Anforderungen von IFRS 8 entspricht,

e. das Risikofrüherkennungssystem der W. AG falsch darstellen,

Nr. 6 bis 7:

6. Die W. AG und der Beklagte Dr. B. kannten die Unrichtigkeit der Geschäftsberichte für die Jahre 2014, 2015, 2016, 2017 und/ oder 2018 im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Veröffentlichung.

7. Die Unrichtigkeit der Geschäftsberichte für die Jahre 2014, 2015, 2016, 2017 und/ oder 2018 beruhte auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der W. AG und des Beklagten Dr. B.

Zu A.II.:

(Zu weiteren Anspruchsvoraussetzungen und zur Klärung der Rechtsfragen)

Die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale Rechtswidrigkeit und Schuld, ausgenommen Fragen der individuellen Kausalität und Schadensberechnung, als Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Haftung des Beklagten Dr. B. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 37v WpHG a.F., § 331 HGB, § 400 AktG liegen sämtlich vor.

zu B.I. und II.,

(Frage von Teilnahme; zur Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) nach §§ 37b, 37c WpHG a.F. i.V.m. § 830 Abs. 2 S. 1, Abs. 2 Alt. 2 BGB), ob die Beklagte zu 1) die Verletzung der in § 37b WpHG a.F. (Schadenersatz wegen unterlassener unverzüglicher Veröffentlichung von Insiderinformationen),

§ 37c WpHG a.F. (Schadenersatz wegen Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen) und

§ 37v WpHG a.F. i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB (Veröffentlichung von Jahresfinanzberichten), je i.V.m. § 830 Abs. 2 S. 1, Abs. 2 Alt. 2 BGB geregelten Publizitätspflichten durch die W. AG objektiv gefördert hat, indem sie über die Prüfung der Konzernabschlüsse für 2014 bis 2018 und der zugehörigen Konzernlageberichte nach IAS/IFRS der W. AG einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat,

zu B.III.

(Zum Vorsatz der Beklagten zu 1),

dass die hiesige Beklagte zu 1) jeweils billigend in Kauf genommen habe, dass ihre Bestätigungsvermerke über die Prüfung der in Ziff. I.1 und II.1 genannten Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte der W. AG für die Geschäftsjahre 2014 bis 2018 nach IAS/ IFRS unrichtig waren, indem die Beklagte zu 1) uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erteilt hat, ohne

a. sich Originalkontoauszüge und Banksaldenbestätigungen zu den Treuhandkonten zeigen zu lassen und/oder

b. die Zahlungseingänge auf den Treuhandkonten zu prüfen, und zu C.

(Schaden und Kausalität),

der Kursdifferenzschaden sei ohne konkreten Kausalitätsnachweis ersatzfähig.

b) Zur Begründung hat das Landgericht u.a. ausgeführt, die dortigen Kläger nähmen die dortigen Beklagten auf Schadensersatz in Bezug auf Erwerbe von Aktien der W. AG … in Anspruch; die dortigen Kläger würden Schadensersatz in Bezug auf Kaufgeschäfte zwischen dem 11.07.2017 und 19.06.2020 begehren.

Die dortigen Kläger sähen als Anspruchsgrundlage für eine Haftung der hier Beklagten zu 1) Delikte wegen der Erstellung falscher Bestätigungsvermerke sowie wegen Beihilfe zu kapitalmarktrechtlichen Pflichtverletzungen der W. AG gemäß §§ 826, 31 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 332 Abs. 1 HGB, 31 BGB, §§ 830 Abs. 1, Abs. 2, 840, 31 BGB, §§ 325 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 331 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 HGB, § 400 AktG, §§ 37b, 37c WpHG, § 37v WpHG, §§ 97, 98 WpHG.

Der dortige Beklagte Dr. B. sei als Vorstandsvorsitzender für betrügerische Handlungen der W. AG verantwortlich. Die - auch dortige - Beklagte zu 1) habe durch unzureichende Prüfungshandlungen und falsche Bestätigungsvermerke diese Art der Unternehmungsführung aufrechterhalten. Insbesondere sei nicht einmal die Echtheit und Existenz von Kontoauszügen von Treuhandkonten bzw. Banksaldenbestätigungen geprüft worden.

Die dortigen Kläger benennen u. a. einzelne handelnde Prüfer als Zeugen. Im Übrigen verweisen sie u. a. auf den Abschlussbericht des dritten Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages vom 22.06.2021 einschließlich des von den Ermittlungsbeauftragten erstellten sogenannten „W.-Bericht“. Weiter verweisen die dortigen Kläger auf den im Auftrag der W. AG selbst erstellten sogenannten K.-Bericht.

2. Am 04.04.2022 hat der Senat die Parteien gem. § 8 I 3 KapMuG mit ausführlicher Begründung darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, das Berufungsverfahren in Richtung auf die Beklagten zu 1) und 2) im Hinblick auf den am 16.03.2022 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Vorlagebeschluss des Landgerichts München I - 3. Zivilkammer - vom 14.03.2022, Gz. 3 OH 2767/22 KapMuG, gem. § 8 I 1 KapMuG auszusetzen.

Die Klagepartei hat sich mit dem beabsichtigten Vorgehen des Senats einverstanden erklärt.

Die Beklagte zu 1) ist dem Hinweis des Senats umfangreich entgegengetreten. Sie meint, eine Aussetzung sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil das vorliegende Verfahren nicht musterverfahrensfähig und somit der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet sei, was der Senat auch zu prüfen habe. Die Durchführung des KapMuG-Verfahrens sei für das hiesige Verfahren auch nicht vorgreiflich: Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des geltend gemachten Anspruchs aus § 826 BGB seien schon nicht Gegenstand der Feststellungsziele. Zudem sei die Klage mangels schlüssigem Klägervortrag - ohne Aussetzung und ohne Beweisaufnahme - abzuweisen. Es fehle bereits an der haftungsbegründenden Voraussetzung der Kausalität. Die Anlageentscheidung der Klagepartei sei unabhängig von der Erteilung der Bestätigungsvermerke durch die Beklagten erfolgt. Die Klagepartei könne sich insoweit auch nicht auf eine Beweiserleichterung in Form der Rechtsfigur der Anlagestimmung oder einer allgemeinen Kausalitätsvermutung berufen. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitere darüber hinaus daran, dass die Beklagte weder sittenwidrig noch vorsätzlich gehandelt habe. Die Klage sei deshalb bereits jetzt abweisungsreif.

Die Beklagten zu 2) und 3) haben sich nicht selbst geäußert.

III.

1. In Richtung auf den Beklagten zu 3) ist die Klagepartei des Rechtsmittels der Berufung für verlustig zu erklären und ihr die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) im Berufungsverfahren aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung im Übrigen musste der Endentscheidung vorbehalten bleiben.

Die Klagepartei hat vorliegend zunächst gegen alle drei ursprünglich Beklagten Berufung eingelegt (Bl. 355 f. d.A.), in der Berufungsbegründung jedoch ausgeführt, dass die Berufung nur gegen die Beklagten zu 1) und 2) weiterverfolgt werde (Bl. 366 d.A.). Darin sieht der Senat eine Teil-Berufungsrücknahme in Richtung auf den Beklagten zu 3) mit der Folge des § 516 ZPO.

2. In Richtung auf die Beklagte zu 1) ist das Berufungsverfahren im Hinblick auf den im Tenor genannten Vorlagebeschluss des Landgerichts München I gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG von Amts wegen auszusetzen.

Gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG setzt das Prozessgericht nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt.

a) Diese Aussetzungsvoraussetzungen liegen hier dem Grunde nach vor:

(1) Das Berufungsgericht ist ebenfalls Prozessgericht i. S. d. § 8 KapMuG (vgl. dazu schon BT-Drs. 15/5091 S. 24/25; OLG München, Beschluss vom 27.8.2013 - 19 U 5140/12, BeckRS 2013, 15338, ebenso z.B. Vorwerk/Wolf, KapMuG, 2. Aufl. 2020, KapMuG § 8 Rn. 6 mwN, beckonline). Die Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 KapMuG ist zwingend und auch im Berufungsverfahren möglich (BGH, Beschluss vom 16. Juni 2020 - II ZB 30/19 -, Rn. 14, juris).

(2) Ob die Vorlagevoraussetzungen der §§ 1 ff. KapMuG vorliegen, ist im Aussetzungsverfahren gem. § 8 KapMuG nicht zu prüfen; im Übrigen würden sie nach Auffassung des Senats auch vorliegen:

(a) Zwar weist die Beklagte zu 1) zutreffend darauf hin, dass nach der Rspr. des XI. Zivilsenats des BGH eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG dann unzulässig sein soll, wenn die geltend gemachten Klageansprüche nicht nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 KapMuG in den Anwendungsbereich des KapMuG fallen (BGH Beschluss vom 30.4.2019 - XI ZB 13/18, BeckRS 2019, 17221 Rn. 14, beck-online), was dann wohl auch eine entsprechende Prüfung im Aussetzungsverfahren erfordern würde.

Nach der Rspr. des II. Zivilsenats des BGH gebietet es der Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) aber nicht, dass das Prozessgericht von der Aussetzung des Verfahrens Abstand nimmt, wenn ein Gericht das Musterverfahren für unzulässig hält. Die Entscheidung über die Aussetzung hängt ausschließlich von den in § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG genannten Voraussetzungen ab und ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele möglich (so wörtlich BGH, Beschluss vom 16. Juni 2020 - II ZB 30/19 -, Rn. 20 f, juris, mit Unterstreichung des Senats; ebenso schon OLG München Beschluss vom 27.8.2013 - 19 U 5140/12, BeckRS 2013, 15338, beck-online).

Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung des II. Zivilsenats des BGH. Die Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH berücksichtigt die Gesetzgebungsgeschichte und die vom Gesetzgeber mit dem Musterverfahren beabsichtigte Bündelungswirkung nicht hinreichend; sie wäre auch äußerst prozessunökonomisch:

(aa) Der Gesetzgeber hat mit der nunmehrigen Anfechtbarkeit des Aussetzungsbeschlusses in § 8 KapMuG n.F. auf die Kritik des XI. Zivilsenats des BGH an dem bisherigen Anfechtungsausschluss reagiert und den Ausschluss der Anfechtbarkeit des Aussetzungsbeschlusses bei der Neufassung des § 8 KapMuG entfallen lassen. Er hat dabei in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.06.2009 (Az.: XI ZB 33/08) hingewiesen und ausgeführt, dass künftig gegen die Aussetzungsentscheidung nach § 8 KapMuG n.F. gem. § 252 ZPO die sofortige Beschwerde stattfinde. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gebiete, dass die Parteien gegen eine rechtswidrige Aussetzung des Verfahrens vorgehen könnten (vgl. BT-Drucksache 17/8799 S. 21).

An der Unanfechtbarkeit und Bindungswirkung des Vorlagebeschlusses in § 6 KapMuG n.F. hat der Gesetzgeber jedoch festgehalten, obwohl der BGH diesbezüglich bereits vorher entschieden hatte, dass die Bindungswirkung des Vorlagebeschlusses für das Oberlandesgericht entfallen soll, wenn der geltend gemachte Anspruch schon nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein kann (z.B. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2011 - II ZB 11/10, zu § 4 KapMuG a.F.).

Da der Gesetzgeber somit in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof an der Unanfechtbarkeit und Bindungswirkung des Vorlagebeschlusses festgehalten hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass insoweit eine planwidrige Regelungslücke vorläge, die - gegen den klaren Wortlaut von § 6 I 2 KapMuG - durch eine erweiternde Auslegung von § 8 KapMuG zu schließen wäre.

(bb) Nach Auffassung des Senats würde es auch keinen Sinn machen, dass ggf. hunderte von „Prozessgerichten“ in hunderten von Einzelverfahren jeweils im Aussetzungsverfahren gem. § 8 KapMuG prüfen und entscheiden, ob die Vorlagevoraussetzungen der §§ 1 ff. KapMuG vorliegen mit der Folge, dass diese Vorfrage ggf. in allen divergierenden, hunderten Einzelentscheidungen durch Rechtsbeschwerde zum BGH geklärt werden müsste.

Diese Prüfung hat vielmehr - soweit man sie gegen den eindeutigen Wortlaut von § 6 I 2 KapMuG, wonach der Vorlagebeschluss unanfechtbar und für das Oberlandesgericht bindend ist, für zulässig halten sollte (vgl. dazu noch nach der Reform des KapMuG BGH, Beschluss vom 09. März 2017 - III ZB 135/15 -, Rn. 9 - 10, juris) - gebündelt ausschließlich im Musterverfahren zu erfolgen. Sollte das BayObLG den Vorlageschluss des Landgerichts München I rechtskräftig aufheben, wären die gem. § 8 KapMuG ausgesetzten Verfahren entsprechend § 22 Abs. 4 KapMuG wieder aufzunehmen und fortzusetzen. Bis dahin sind sie auszusetzen, soweit die Voraussetzungen von § 8 KapMuG vorliegen.

(cc) Diese normative Ausgestaltung des Rechtswegs ist unter Berücksichtigung dieser Auslegung von § 8 Abs. 1 KapMuG weder ungeeignet oder unangemessen noch für den Rechtssuchenden unzumutbar. Verzögerungen des Musterverfahrens sind nicht zu vermeiden, wenn z.B. das Oberlandesgericht - in Bayern also inzwischen das BayObLG - von der Unzulässigkeit des Musterverfahrens ausgeht und diese Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren überprüft werden muss. Von der ansonsten gegebenen Möglichkeit, die Einzelverfahren - dann möglicherweise nur vorübergehend - fortzusetzen, geht keine wesentliche Verbesserung der Rechtsschutzmöglichkeiten aus, sondern würde der mit der Bündelung der Verfahren im Musterverfahren angestrebte Zweck unterlaufen werden (so auch BGH, Beschluss vom 16. Juni 2020 - II ZB 30/19 -, Rn. 20 f, juris).

(b) Im Übrigen hielte der Senat das Musterverfahren hier auch für statthaft.

(aa) Bei ihren umfangreichen Ausführungen zur angeblich mangelnden KapMuG-Fähigkeit der Bestätigungsvermerke der Beklagten zu 1) übersieht sie, dass diese hier - zumindest bisher - überhaupt nicht unmittelbarer Gegenstand des Musterverfahrens sind.

Festgestellt werden soll hier als Haupttat die „Unrichtigkeit der Geschäftsberichte der W. AG“. In der Praxis kapitalmarktorientierter Unternehmen wird der Lagebericht gerne mit der Bilanz (einschließlich Anhang), der Gewinn- und Verlustrechnung und weiteren Informationen in einem einheitlichen Dokument, dem sog. „Geschäftsbericht“, zusammengefasst (MüKoHGB/Reiner, 4. Aufl. 2020, HGB § 264 Rn. 8). Gegenstand des Vorlagebeschlusses ist damit auch die Unrichtigkeit der in § 1 Abs. 2 Nr. 5 KapMuG als Regelbeispiele festellungsgeeigneter öffentlicher Kapitalmarktinformationen ausdrücklich genannten Jahresabschlüsse und Lageberichte der W. AG.

Die Beklagte zu 1) soll nach der Konstruktion des Vorlagebeschlusses zu dieser Haupttat durch ihre - behauptet - unrichtigen Bestätigungsvermerke (nur) Beihilfe gem. § 830 Abs. 2 BGB geleistet haben. Bei dieser Sachlage sind die Bestätigungsvermerke der Beklagten zu 1) und deren - behauptete - Unrichtigkeit nicht selbst unmittelbarer Gegenstand des Musterverfahrens, sondern die behauptete Unterstützungshandlung zur - zunächst festzustellenden - Haupttat der W. AG.

Dagegen bestehen aus Sicht des Senats keine Bedenken. Nur Feststellungen zu einem Schadensersatzanspruch, der nicht an eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation anknüpft, wären im Kapitalanleger-Musterverfahren unstatthaft (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 15. März 2022 - XI ZB 31/20, Rz. 17 mwN). Das ist hier nicht der Fall, denn die Feststellungsziele in Richtung auf die Beklagte zu 1) knüpfen, wie dargelegt, an die „Unrichtigkeit der Geschäftsberichte der W. AG“ als Haupttat an, die fraglos in den Anwendungsbereich des KapMuG fallen, s.o.

Der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG definiert sich ansonsten weder nach der konkreten Anspruchsgrundlage noch nach der Person des Anspruchsgegners (Vorwerk/Wolf, KapMuG/Radtke-Rieger, 2. Aufl. 2020, KapMuG § 1 Rn. 20), sodass Anspruchsgegner jeder sein kann, gegen den ein - natürlich schlüssiger - Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation geltend gemacht wird, und zwar auch im Wege der Beihilfe gem. § 830 Abs. 2 BGB (vgl. z.B. BGH Beschluss vom 21.7.2020 - II ZB 19/19, BeckRS 2020, 22215 Rn. 50, zum Gerichtsstand gem. § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Falle einer Beihilfe zu einer Informationspflichtverletzung; OLG Frankfurt a.M., Musterentscheid vom 22.4.2015 - 23 Kap 1/13, BeckRS 2015, 9131 Rn. 107, zur Verwendung eines Konditionenblatts als objektive Beihilfe im Sinne von § 830 BGB, nachgehend vom BGH im Beschluss vom 19. September 2017, XI ZB 17/15, insoweit nicht beanstandet).

(bb) Die Frage, ob die Bestätigungsvermerke der Beklagten zu 1) selbst unmittelbarer Gegenstand eines Musterverfahrens sein könnten, stellt sich daher - zumindest derzeit - nicht. Im Übrigen würde der Senat auch dies bejahen, wenn er es zu prüfen hätte (vgl. dazu Hinweis vom 09.12.2021, 8 U 6063/21, BeckRS 2021, 43191). Mit dem hiergegen beklagtenseits vorgelegten Gutachten von Prof. M. mag sich ggf. das BayObLG auseinandersetzen, falls gem. § 15 KapMuG eine entsprechende Erweiterung der Feststellungsziele beantragt wird.

(3) Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt gegen die Beklagte zu 1) insgesamt von den im Musterverfahren geltend gemachten Feststellungszielen ab und der Rechtsstreit ist auch nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif:

(a) Prüfungsmaßstab Zwar weist die Beklagte zu 1) zutreffend darauf hin, dass die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt, wenn die Sache ohne weitere Beweiserhebungen und ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif ist (Vorwerk/Wolf, KapMuG/Fullenkamp, 2. Aufl. 2020, KapMuG § 8 Rn. 17). Die Auffassung, dass dabei lediglich eine kursorische Schlüssigkeitsprüfung zu erfolgen habe, lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien herleiten. Wenn die Klage unschlüssig ist, ist die Sache entscheidungsreif (Vorwerk/Wolf, KapMuG/Fullenkamp, 2. Aufl. 2020, KapMuG § 8 Rn. 18).

Zu ergänzen ist, dass das Klagevorbringen für eine Aussetzung gem. § 8 KapMuG nicht nur schlüssig, sondern auch hinreichend bestritten sein muss. Ist es somit beweisbedürftig, muss der Beweispflichtige - hier also die Klagepartei - hinreichenden, nach der ZPO statthaften Beweis angeboten haben; denn ansonsten ist die Klage wegen Beweisfälligkeit abzuweisen und nicht das Verfahren auszusetzen (vgl. dazu ausführlich Senat, Beschluss vom 27.01.2022 - 8 W 1818/21, BeckRS 2022, 670 Rn. 45 ff, zur Aussetzung gem. § 149 ZPO in einem Verfahren gegen den mutmaßlichen Hauptverantwortlichen der W. AG). Diese Voraussetzungen liegen aber hier sämtlich vor, wie nachfolgend im Einzelnen darzustellen sein wird.

Dabei kann hier dahinstehen, ob der weitergehenden Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH, dass der verfassungsrechtliche Grundsatz effektiven Rechtsschutzes eine Auslegung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG erfordere, nach der dem Prozessgericht bei der Prüfung dieser Frage entgegen der Auffassung des Gesetzgebers keinerlei Beurteilungsspielraum zukomme, sondern eine Aussetzung nur dann in Betracht komme, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung gebildet habe, dass es auf dort statthaft geltend gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des Rechtsstreits konkret ankommen werde, und dies sogar dann gelten solle, wenn hierzu vorab eine Beweisaufnahme durchzuführen sei (BGH, Beschluss vom 30.04.2019 - XI ZB 13/18, m. abl. Anm. Lechner, WuB 2019, 591; a.A. z.B. auch Vorwerk/Wolf, KapMuG/Fullenkamp, 2. Aufl. 2020, KapMuG § 8 Rn. 13; a.A. zur Aussetzung gem. § 149 ZPO bereits Senat, Beschluss vom 27.01.2022 - 8 W 1818/21, BeckRS 2022, 670 Rn. 31 ff.), zu folgen wäre. Denn auch diese Voraussetzungen lägen hier vor; der Senat ist - in einem Zwischenverfahren notwendigerweise vorläufig in seiner derzeitigen Besetzung - davon überzeugt i.S.v. § 286 ZPO, dass es auf die im Vorlagebeschluss geltend gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits konkret ankommen wird:

(b) Haupttat der W. AG:

(aa) Unrichtigkeit der Geschäftsberichte der W. AG Die in dem Vorlagebeschluss unter A.I. als Feststellungsziele zur angeblichen Haupttat der W. AG angeführten angeblichen Unrichtigkeiten der Geschäftsberichte der W. AG entsprechen - wenn auch mit z.T. anderen Formulierungen - in der Sache weitestgehend denjenigen, die auch die hiesige Klagepartei unter Vorlage des K.-Berichts und des W.-Berichts mit zahlreichen Beweisangeboten (u.a. Zeugen und Sachverständigengutachten) geltend macht (s.o.); dem tritt die Gegenerklärung der Beklagten zu 1) schon nicht konkret entgegen - sie befasst sich nicht konkret mit dem Vortrag im vorliegenden Einzelfall.

(bb) Auch die Feststellungsziele zum Vorsatz des Verantwortlichen der W. AG unter A.I. Nr. 6 bis 7 des Vorlagebeschlusses entsprechen weitestgehend dem hiesigen beweisbewehrten Klagevorbringen.

(cc) Allgemeine haftungsbegründende Kausalität der Haupttat der W. AG:

(aaa) Der Beklagten zu 1) ist zuzugeben, dass die in Ziff. A.II. des Vorlagebeschlusses genannten Feststellungziele „zu weiteren Anspruchsvoraussetzungen und zur Klärung der Rechtsfragen“ ausdrücklich nur „die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale Rechtswidrigkeit und Schuld, ausgenommen Fragen der individuellen Kausalität und Schadensberechnung, als Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Haftung“ von Herrn Dr. B. bezeichnen.

Nach Auffassung des Senats ist dies aber dahingehend auszulegen, dass dies auch die allgemeine haftungsbegründende Kausalität als Feststellungsziel umfassen solle (insbes. Vermutungen und Erfahrungssätze; vgl. dazu Hinweis des Senats vom 09.12.2021, 8 U 6063/21, BeckRS 2021, 43191). Ein Feststellungsziel ist vor dem Hintergrund der Norm zu beurteilen, aus der der Schadensersatzanspruch abgeleitet wird (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - XI ZB 32/20, Rz. 14). Hier möchte das Landgericht mit Ziff. A.II. festgestellt wissen, dass die „Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Haftung des Beklagten Dr. B. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 37v WpHG a.F., § 331 HGB, § 400 AktG sämtlich vorliegen“. Zu diesen Voraussetzungen gehört auch die allgemeine haftungsbegründende Kausalität. Außerdem wäre ansonsten dort der ausdrückliche Ausschluss der „individuellen Kausalität“ nicht erforderlich gewesen.

(bbb) Außerdem bliebe der Senat auch bei seiner bereits in seinem Hinweis vom 09.12.2021 (8 U 6063/21, BeckRS 2021, 43191) ausführlich begründeten Auffassung, dass jedenfalls beim Kauf von Aktien grundsätzlich ein sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergebender Erfahrungssatz dafür spricht, dass die Anleger die Aktien in Kenntnis der verschwiegenen Machenschaften nicht gekauft hätten (Urteil des Senats vom 11.11.2021, Gz. 8 U 5670/21, BeckRS 2021, 34699). Allenfalls bei Investments mit rein spekulativem Charakter kann die entsprechende Vermutung eingeschränkt oder aufgehoben sein (Senat, Beschluss vom 16.11.2021 - 8 W 1541/21, BeckRS 2021, 34702).

Soweit sich die Beklagtenseite generell gegen die Anwendung von Erfahrungssätzen und Vermutungen im Bereich der unerlaubten Handlung wendet, ist diese Auffassung jedenfalls so nicht zutreffend:

So hat z.B. der III. Zivilsenat zu einem „Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1, § 264a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB und gemäß § 826 BGB“ ausgeführt, dass die auf Tatsachenerfahrung beruhende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens für die quasi-vertragliche Prospekthaftung und für Schadensersatzansprüche wegen falscher Prospektangaben auf deliktischer Grundlage gleichermaßen gelte (BGH, Urteile vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12 -, Rn. 15, und vom 21. Februar 2013 - III ZR 94/12 -, Rn. 14; bestätigt im Urteil vom 3.2.2022 - III ZR 84/21, mit (wohl) zust. Anm. Zoller, BB 2022, 721).

Auch der XI. Zivilsenat scheint zumindest für Ansprüche aus § 826 BGB dieser Auffassung zu sein (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01 -, Rn. 18; ähnlich wohl der II. Zivilsenat im Urteil vom 20.03.1986, II ZR 141/85, Rn. 11).

Mit dem VI. Zivilsenat wird man allerdings wohl unter Schutznormaspekten in manchen Fällen einschränkend verlangen müssen, dass der Anleger jedenfalls Kenntnis von der fehlerhaften Kapitalmarktinformation hatte (BGH, Urteil vom 04.06.2013 - VI ZR 288/12, Rn 25 zum Fall Kombassan; dort ging es um die Frage, ob der Anleger überhaupt bei einer der Versammlungen, bei denen die Anlage angepriesen worden war, anwesend gewesen war).

Der vorliegende Fall unterscheidet sich hiervon aber dadurch, dass die hypothetische Lage hier anders als im Falle Kombassan zu beurteilen ist. Von der Richtigkeit der Anpreisungen in den Versammlungen im Fall Kombassan hing der Fortbestand der dortigen Emittentin nicht ab; hier dagegen hing der Fortbestand der W. AG zur Überzeugung des Senats sehr wohl von den Testaten der Beklagten ab, wie nicht zuletzt deren Insolvenzantrag nach Verweigerung des Testats belegt.

Das unterscheidet den hypothetischen Kausalverlauf hier auch wesentlich von den BGH-Entscheidungen zu ad-hoc-Mitteilungen i.S. Comroad. Auch dort ging es nicht darum, ob die Comroad bei zutreffender Berichterstattung zusammengebrochen wäre, sondern nur darum, ob sich ein Anleger gerade aufgrund der unrichtigen Berichterstattung beteiligt hat. Das kann so sein, muss es aber nicht, deshalb ist in diesen Fällen für eine Kausalitätsvermutung zumindest eine „Anlagestimmung“ erforderlich. Hier dagegen stellt sich diese Frage so nicht, weil die W. AG bei früherer Testatsverweigerung zur Überzeugung des Senats auch früher Insolvenz angemeldet hätte und sich dann ein durchschnittlicher Anleger nicht mehr beteiligt hätte (vgl. ausführlich Hinweis vom 09.12.2021, 8 U 6063/21, BeckRS 2021, 43191).

Zu einer vertiefteren schriftlichen Auseinandersetzung mit den weiteren hiergegen von Beklagtenseite - wenn auch nur im Zusammenhang mit der Kausalität der Bestätigungsvermerke, um die es hier nicht unmittelbar geht (s.u.) - erhobenen Einwänden und dem hierzu vorgelegten Gutachten von Prof. B. sähe der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium auch sonst keinen Anlass. Zwar muss im Verfahren gem. § 8 KapMuG eine volle Schlüssigkeitsprüfung durchgeführt werden, s.o.. Das bedeutet aber nach Auffassung des Senats nicht, dass das Ergebnis dieser Schlüssigkeitsprüfung bereits in einer Zwischenentscheidung in der Form eines Endurteils begründet werden müsste oder gar zur Vorabklärung umstrittener materiell-rechtlicher Fragen die Rechtsbeschwerde zuzulassen wäre.

(c) Beihilfe zur Haupttat der W. AG durch die Beklagte zu 1):

Bei ihrer umfangreichen Gegenerklärung verkennt die Beklagte zu 1) auch insoweit, dass die Beklagte zu 1) nach der Konstruktion des Vorlagebeschlusses zu dieser Haupttat durch ihre - behauptet - unrichtigen Bestätigungsvermerke (nur) Beihilfe gem. § 830 Abs. 2 BGB geleistet haben soll. Deren Voraussetzungen hat die Klagepartei hier ebenfalls schlüssig vorgetragen und hinreichend unter Beweis gestellt; sie sind - zumindest in den entscheidenden Teilen - auch Gegenstand der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses:

(aa) Nach der Rspr. des BGH verlangt die Teilnahme an einer unerlaubten Handlung neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern; objektiv muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. (sog. doppelter Gehilfenvorsatz). Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten festgestellt werden, das den rechtswidrigen Eingriff in das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen getragen wird. Ein bewusstes Verschließen vor der Kenntnis von Tatumständen ist anzunehmen, wenn die Unkenntnis auf einem gewissenlosen oder grob fahrlässigen (leichtfertigen) Handeln beruht, etwa Berufspflichten in solchem Maße leichtfertig verletzt wurden, dass das Verhalten als bedenken- und gewissenlos zu bezeichnen ist (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 11.09.2012, VI ZR 92/11).

(bb) Diesen Anforderungen genügt der beweisbewehrte Vortrag der hiesigen Klagepartei nach Auffassung des Senats ohne weiteres.

Sie hat in einzelnen ausgeführt und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte zu 1) ab 2008 vorsätzlich, zumindest leichtfertig uneingeschränkte Bestätigungen der Jahresabschlüsse erteilt habe, obwohl sie Bilanzprüfungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe und obligatorische Prüfvorgänge entweder nicht sachgemäß oder gar nicht durchgeführt habe, wie nicht zuletzt der K.-Sonderbericht belege, wodurch sie billigend in Kauf genommen habe, dass Anleger enorme Kapitalverluste erleiden würden,. Damit wird nicht nur eine eigene Haupttat der Beklagten u.a. gem. § 826 BGB schlüssig dargelegt (vgl. dazu Hinweis des Senats vom 09.12.2021, 8 U 6063/21, BeckRS 2021, 43191), sondern auch eine - mindestens bedingt vorsätzliche - Beihilfe zu einer entsprechenden Haupttat der Verantwortlichen der W. AG.

Die Erweislichkeit dieser Behauptungen würde zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) auch die Feststellung tragen, dass die Verantwortlichen der Beklagten zu 1) neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen hatten, die Tat durch - unterstellt - unrichtige Bestätigungsvermerke zumindest als fremde Tat zu fördern. Dass durch diese - unterstellt - unrichtigen Bestätigungsvermerke objektiv die Begehung der - festzustellenden - Haupttaten der W. AG gefördert worden und für diese relevant gewesen wäre, liegt nach Auffassung des Senats auf der Hand, s.o.

(cc) Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Beihilfe durch die Verantwortlichen der Beklagten zu 1) sind - zumindest in den entscheidenden Teilen - auch Gegenstand der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses:

Ob die Beklagte zu 1) die Haupttat der W. AG gem. § 830 Abs. 2 BGB objektiv gefördert hat, indem sie über die Prüfung der Konzernabschlüsse für 2014 bis 2018 und der zugehörigen Konzernlageberichte nach IAS/IFRS der W. AG einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat, ist Feststellungsziel zu B.I. und II.

Zum Vorsatz der Beklagten zu 1) wird in dem Vorlagebeschluss unter B.III. als Feststellungsziel aufgeführt, dass die hiesige Beklagte zu 1) es jeweils billigend in Kauf genommen habe, dass ihre Bestätigungsvermerke unrichtig waren, weil sie sich Originalkontoauszüge und Banksaldenbestätigungen zu den Treuhandkonten nicht habe zeigen lassen und/oder die Zahlungseingänge auf den Treuhandkonten nicht geprüft habe.

Dies würde zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) auch den erforderlichen „doppelten Gehilfenvorsatz“ (s.o.) zur Förderung der Haupttat der Verantwortlichen der W. AG hinreichend belegen. Somit kann die von der Beklagten zu 1) aufgeworfene Frage, ob die erforderliche Feststellung, dass sie auch hinsichtlich der Schadensfolgen mindestens bedingter Vorsatz treffe, bereits Gegenstand des Musterverfahrens ist, dahinstehen. Denn das läge nach Auffassung des Senats bei Erweislichkeit der oben genannten Feststellungsziele ebenfalls auf der Hand. Den Verantwortlichen der Beklagten zu 1) muss klar gewesen sein, dass im Falle der Verweigerung der Testate für die W. AG mindestens akute Insolvenzgefahr bestanden hätte und sich dann zumindest ein durchschnittlicher Anleger nicht mehr beteiligt hätte, s.o..

(dd) Eine Schadenskausalität der Beihilfehandlung der Beklagten zu 1) im engeren Sinne ist nicht erforderlich. Sie muss nur objektiv eine Beteiligung an der Ausführung der Haupttat darstellen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist (BGH, Urteil vom 11.09.2012, VI ZR 92/11). Das ist hier zur Überzeugung des Senats der Fall, s.o. Daher kann derzeit auch dahinstehen, dass der Senat, soweit daneben hier auch eine (selbständige) Haftung der Beklagten zu 1) aus § 826 BGB im Raum steht, keinen Anlass sähe, von seinem diesbezüglichen Hinweis vom 09.12.2021 (8 U 6063/21, BeckRS 2021, 43191) Abstand zu nehmen.

(4) Dass die hiesige Klagepartei (ebenso wie der Senat in seinem Hinweis vom 09.12.2021 (8 U 6063/21, BeckRS 2021, 43191) primär auf § 826 BGB als Anspruchsgrundlage abgestellt hat, der Vorlagebeschluss aber bisher ausschließlich auf §§ 37b ff. WpHG a.F. i.V.m. § 830 Abs. 2 BGB abhebt, steht der Vorgreiflichkeit ebenfalls nicht entgegen:

(a) Wie oben bereits ausführlich dargelegt, würde der Sachvortrag der hiesigen Klagepartei auch eine Haupttat der Verantwortlichen der W. AG aus § 37b WpHG a.F. (Schadenersatz wegen unterlassener unverzüglicher Veröffentlichung von Insiderinformationen), § 37c WpHG a.F. (Schadenersatz wegen Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen) und § 37v WpHG a.F. (Veröffentlichung von Jahresfinanzberichten) je i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB und einer Beihilfe der Beklagten hierzu gem. § 830 Abs. 2 BGB umfassen. Nach dem Grundsatz „jura novit curia“ kommt es dabei nicht darauf an, ob die hiesige Klagepartei diese Anspruchsgrundlagen ausdrücklich genannt hat.

(b) Außerdem hielte der Senat eine (vorsätzliche) Beihilfe der Beklagten zu einem Verstoß der W. AG gegen §§ 37b WpHG a.F. ff. ohne weiteres auch für sittenwidrig i.S.v. § 826 BGB.

(c) Schließlich deckt der Vorlagebeschluss insbesondere zu B.III. in der Sache auch den Tatbestand von § 826 BGB ab.

Erforderlich ist dafür, dass der Wirtschaftsprüfer seine Aufgabe qualifiziert nachlässig erledigt, zum Beispiel durch unzureichende Ermittlungen oder durch Angaben ins Blaue hinein, und dabei eine Rücksichtslosigkeit an den Tag legt, die angesichts der Bedeutung des Bestätigungsvermerks für die Entscheidung Dritter als gewissenlos erscheint (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 20. Januar 2022 - III ZR 194/19, Rz. 18 mwN).

Das wäre zur Überzeugung des Senats der Fall, wenn die hiesige Beklagte zu 1) es entsprechend dem Feststellungsziel unter B.III. billigend in Kauf genommen hätte, dass ihre Bestätigungsvermerke unrichtig waren, weil sie sich Originalkontoauszüge und Banksaldenbestätigungen zu den Treuhandkonten nicht habe zeigen lassen und/oder die Zahlungseingänge auf den Treuhandkonten nicht geprüft habe.

b) Der Höhe nach hat die Klagepartei hier ihren wegen des Erwerbs von 6 Aktien der W. AG am 05.09.2018 geltend gemachten Hauptsache-Schaden von 1.186,55 € (Zug-um-Zug gegen Übertragung der weiterhin gehaltenen Aktien) in der Klageschrift S. 37 schlüssig dargelegt. Dazu bringt die Beklagte zu 1) keine konkreten fallbezogenen Einwände vor.

3. Auch in Richtung auf den Beklagten zu 2) ist das Verfahren gem. § 8 KapMuG auszusetzen, obwohl er vom Landgericht im Vorlagebeschluss noch nicht als Musterbeklagter vorgesehen ist.

a) Seit der Reform des KapMuG im Jahr 2012 sind gem. § 9 Abs. 1 KapMuG Beteiligte des Musterverfahrens der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen. Musterbeklagte sind gem. Absatz 5 dieser Vorschrift alle Beklagten der ausgesetzten Verfahren. Mit dieser Reform hat der Gesetzgeber klargestellt, dass in einem Verfahren mehrere Musterbeklagte beteiligt sein können. Jeder Beklagte, dessen Verfahren nach § 8 KapMuG ausgesetzt wird, wird dadurch zum Musterbeklagten des Musterverfahrens. Mehrere Musterbeklagte stehen im Verhältnis der Streitgenossenschaft (§ 59 ff. ZPO) zueinander. Selbst Musterbeklagte, die dem Musterverfahren später hinzutreten, weil ihr Ausgangsverfahren erst im Laufe des Musterverfahrens gemäß § 8 KapMuG ausgesetzt wird, sind nach den allgemeinen Grundsätzen der Parteierweiterung zu behandeln. In Absatz 5 wird nochmals klargestellt, dass alle Beklagten der nach § 8 ausgesetzten Verfahren streitgenössische Musterbeklagte werden. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob für jeden Musterbeklagten das Quorum erfüllt ist. Die Erreichung des Quorums ist nur maßgebend für die Zulässigkeit des Vorlagebeschlusses (BT-Drs. 17/8799 S. 22; ebenso Vorwerk/Wolf, KapMuG/Lange, 2. Aufl. 2020, KapMuG § 9 Rn. 7; Gängel/Huth/Gansel, Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, 4. Auflage 2013, § 9 Rn. 30, beck-online; Habersack/Mülbert/Schlitt KapMarktInfo-HdB, § 32. Rn. 235, beck-online; OLG B.schweig, Beschluss vom 06.10.2020 - 3 Kap 1/16).

b) Somit ist auch in Richtung auf den Beklagten zu 2) gem. 8 KapMuG allein wesentlich, ob die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auch gegen ihn von den im Musterverfahren geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Durch Aussetzung gem. § 8 KapMuG würde auch er gem. § 9 Abs. 5 KapMuG zum Musterbeklagten des Musterverfahrens werden. Das ist hier der Fall:

Der Beklagte zu 2) ist den Feststellungen des Landgerichts zufolge Gesellschafter der Beklagten zu 1) und war ab dem Jahresabschluss 2016 bei ihr verantwortlicher Prüfer für die W. AG. Damit ist er eines der verantwortlichen Organe der W. AG, deren - unterstelltes - Verschulden bei der Abschlussprüfung dieser über § 31 BGB zugerechnet werden würde, und das ggf. aus § 826 BGB etc. (s.o.) auch persönlich haften würde. Da der - ausweislich des Bundesanzeigers auch vom Beklagten zu 2) bestätigte - Jahresabschluss 2016 laut Bundesanzeiger dort am 17.05.2017 veröffentlicht wurde, besteht zu dem Aktienerwerb der hiesigen Klagepartei am 05.09.2018 auch die erforderliche zeitliche Kausalität. Daher hängt die Entscheidung auch in seine Richtung von den Feststellungszielen des Musterverfahrens ab.

Der Beklagte zu 2) ist auch tauglicher Musterbeklagter. Der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG definiert sich weder nach der konkreten Anspruchsgrundlage noch nach der Person des Anspruchsgegners (Vorwerk/Wolf, KapMuG/Radtke-Rieger, 2. Aufl. 2020, KapMuG § 1 Rn. 20), sodass Anspruchsgegner jeder sein kann, gegen den ein - natürlich schlüssiger - Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation geltend gemacht wird, also auch der Beklagte zu 2), zumal in § 332 HGB, der Schutzgesetz i.S.v. § 823 II BGB ist (BGH, Urt. v. 12.3.2020 - VII ZR 236/19, Rz. 14), ausdrücklich auch Gehilfen eines Abschlussprüfers, die im Prüfungsbericht erhebliche Umstände verschweigen oder einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk erteilen, unter Strafe gestellt sind.

IV.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen:

1. Zwar weicht der Senat von der Rspr. des XI. Zivilsenats des BGH ab, wonach im Rahmen der Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG auch zu prüfen sein soll, ob die geltend gemachten Klageansprüche nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 KapMuG in den Anwendungsbereich des KapMuG fallen, und folgt insoweit der gegenteiligen Rspr. des II. Zivilsenats des BGH, wonach die Aussetzungsentscheidung ausschließlich von den in § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG genannten Voraussetzungen abhängt. Abgesehen davon, dass diese Divergenz primär innerhalb des BGH - ggf. durch Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen - zu klären wäre, ist sie für die Entscheidung des Senats aber nicht entscheidungserheblich, weil er das Musterverfahren im vorliegenden Falle für statthaft hielte, falls er das zu prüfen hätte. Jedenfalls hinsichtlich der Unrichtigkeit der Geschäftsberichte der W. AG als Haupttat bestehen insoweit auch keine ernsthaften Zweifel.

2. Ob der Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH, dass der verfassungsrechtliche Grundsatz effektiven Rechtsschutzes eine Auslegung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG erfordere, nach der eine Aussetzung nur dann in Betracht komme, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung gebildet hat, dass es auf dort statthaft geltend gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des Rechtsstreits konkret ankommen werde, und dies sogar dann gelten solle, wenn hierzu vorab eine Beweisaufnahme durchzuführen ist, zu folgen wäre, konnte der Senat als hier nicht entscheidungserheblich dahinstehen lassen.

3. Die vom Senat in dem Beschluss geäußerten Überzeugungen sind als (in einem Zwischenverfahren notwendigerweise vorläufige) tatrichterliche Würdigungen gem. § 286 ZPO selbst in einer Endentscheidung nicht divergenz- oder vorlagefähig (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 16.09.2003 - XI ZR 238/02). Auch sonst wäre in einer Zwischenentscheidung nicht die Rechtsbeschwerde zur Vorabklärung umstrittener materiell-rechtlicher Fragen zuzulassen; deren ggf. höchstrichterliche Klärung ist vorrangig dem Musterverfahren vorbehalten und subsidiär einer Endentscheidung im vorliegenden Verfahren.

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