Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (4. Zivilsenat) - 4 U 101/11

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 10. November 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal, Az.: 31 O 28/10, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an die Klägerin 1.279.347,02 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von 284.022,58 € seit dem 08. Mai 2009 sowie auf einen weiteren Betrag von 995.324,44 € seit dem 16. September 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten der Berufungsinstanz fallen der Klägerin zu 21 % und der Zweitbeklagten zu 79 % zur Last.

3. Für die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz gilt Folgendes:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 43 % und die Zweitbeklagte zu 57 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Erstbeklagten trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Zweitbeklagten trägt die Klägerin zu 27 %, die Zweitbeklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 57 %. Im Übrigen findet keine Erstattung statt.

Die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Berlin in erster Instanz entstandenen Mehrkosten hat allein die Klägerin zu tragen.

4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

1

Die Klägerin verlangt, gestützt auf eine vertragliche Anpassungsklausel, von der Beklagten (der anfänglich Zweitbeklagen in erster Instanz), ihrer ehemaligen Kooperationsvertragspartnerin, Rückerstattung angeblich zuviel, aber vorsorglich unter Vorbehalt geleisteter Zahlungen in Höhe von rund 1,62 Mio. €, und zwar für die Zeit

2

von November 2008 bis April 2009     

624.671,26 €

   laut Klageschrift vom 10.07. 2009 und

von Mai bis Dezember 2009

995.234,44 €

   laut Klageerweiterung vom 27.08. 2010.

3

Der fragliche, die exklusive Produktion gekühlter Backwaren für die Klägerin aus eigenen zugelieferten Produkten wie insbesondere Blockbutter zu festen Stückpreisen regelnde Kooperationsvertrag wurde auf der Basis bereits seit 1998 bestehender Geschäftsbeziehungen am 25. September 2006 (Anlage K 1 = Bl. 1 - 25 AB, i. F. abgekürzt: AB) für eine feste Dauer bis zum 31. Dezember 2009 geschlossen. Eine vereinbarte Verlängerung um jeweils ein Jahr mangels Kündigung kam nicht zustande, weil die Klägerin fristgerecht ein halbes Jahr vor Ablauf die Kündigung erklärt hat.

4

Zu der streitigen Preisanpassung findet sich in Nr. 3 des Vertrages (Bl. 2 AB) folgende Regelung:

5

3. Herstellungskosten/Abrechnungspreise

6

Preisbasis ist die Preisliste vom 01.05.06 (Anlage 2).

7

Die Preisstellung ist „gestellt frei Rampe I. “. Die Gebühren für den Grünen Punkt werden von M. abgeführt.

8

Die in Anlage 2 aufgeführten Preise können bis zum Ende der festen Vertragslaufzeit (nach 3 Jahren) nicht angehoben werden. Notwendige wettbewerbsbedingte konditionelle Anpassungen in den Abgabepreisen (abgestimmte Abschlüsse zur Auslastungssicherung) an die Kunden von M. werden gemeinsam getragen. Verändern sich die Einkaufspreise für Mehl nachweislich um mehr als 5 %, verpflichten sich die beiden Parteien mit einem zeitlichen Vorlauf von 3 Monaten den Verrechnungspreis neu zu verhandeln.

9

Bezug nehmend auf diese Regelung und eine Statistik zur Mehlpreisentwicklung 2006/2007 (Anlage K 1 a = Bl. 26 AB), die im Oktober 2007 einen Anstieg der Mehlpreise von 22,4 €/100 kg Ende des Jahres 2006 auf 37,-- €/100 kg aufzeigte, trat die Beklagte im Jahr 2007 an die Klägerin heran und verlangte wegen gestiegener Mehlpreise eine Erhöhung der im Kooperationsvertrag vereinbarten Stückpreise. Hierauf einigten sich die Parteien zunächst ab April 2007 auf eine Erhöhung von 0,0057 bzw. 0,029 Euro/Stück (Preisliste Anlage K 2 a = Bl. 29, 30 AB) und zusätzlich ab Dezember 2007 auf eine weitere Erhöhung von 0,0135 Euro/Stück entsprechend der Preisliste Anlage K 2 b (Bl. 31, 32 AB).

10

Hierzu heißt es in einem Schreiben der Beklagten vom 12. Oktober 2007 (Anlage K 2 = Bl. 27, 28 AB):

11

Mehlpreiserhöhung – aktuelle Preisstellung

12

Wir vereinbarten gemeinsam eine Kostenerhöhung um € 0,0135 pro Marken-Zweitmarkenbaguette.

13

Die entsprechend aktualisierte Preisstellung – gültig für Warenlieferungen ab dem 01.12.2007 bis zum 31.03.2008 – legen wir diesem Schreiben bei.

14

Der Wert von € 0,0135 pro Baguette entspricht umgerechnet einem Mehlpreis von € 359 pro Tonne. Wie im Gespräch mitgeteilt, liegt unser aktueller Bezugspreis bei € 370 pro Tonne.

15

Mitte des Jahres 2008 entwickelten sich die Getreidepreise und damit auch die Mehlpreise am Markt wieder rückläufig. Diesen Umstand griff die Klägerin bei einem Gespräch der Parteien am Münchener Flughafen vom 04. Juni 2008 auf und fasste dies in einem anschließenden Schreiben vom 12. Juni 2008 (Anlage K 2 d = Bl. 33 - 35 AB) wie folgt zusammen:

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Rohstoffpreisentwicklung generell

17

Die Butterpreise sind auf leicht steigendem Niveau, die Fakturierung zu 2,65 € wird jedoch aktuell noch nicht verändert. Beim Mehl laufen die Kontrakte noch bis September auf dem bisherigen Preisniveau, jedoch sollen die neuen Anschlusskontrakte auf deutlich niedrigerem Niveau abgeschlossen werden.

18

Mit E-Mail-Schreiben vom 10. September 2008 (Anlage K 3 = Bl. 36 AB) wandte sich die Klägerin unter dem „Betreff: Preise ab 01.10.08erneut wegen der Mehlpreise an die Beklagte:

19

20

Wir hatten vor dem Urlaub noch über die anstehende Preisreduzierung für die Baguettes aufgrund der Rohstoffpreisentwicklung bei Mehl gesprochen. Wie in den Fachzeitschriften zu lesen ist, ist bei vielen Backbetrieben diese Preisreduzierung durch neue Mehlkontrakte bereits umgesetzt worden. Die Mehlpreise liegen um bis zu 30 % unter denen der Vorkontrakte.

21

Bitte lassen Sie uns bis Anfang nächster Woche Ihren Vorschlag für die neue Preisgestaltung ab dem 01.10.08 zukommen.

22

Hierauf sagte die Beklagte mit E-Mail-Schreiben vom 11. September 2008 (Bl. 36 AB) der Klägerin Folgendes zu:

23

Hinsichtlich Ihrer u.a. Anfrage werden wir innerhalb der nächsten 2 Wochen die entsprechenden Kalkulationen erstellen und vor Ende September diesbezüglich auf Sie zukommen.

24

Am 10. Oktober 2008 wandte sich die Klägerin erneut per E-Mail (Anlage K 4, Bl. 37 AB) unter Bezugnahme auf ein vorangegangenes Telefongespräch an die Beklagte und erinnerte an „die noch immer ausstehende Information zur Mehlpreisreduzierung“.

25

In der Folgezeit konnten sich die Parteien auf die von der Klägerin wegen gesunkener Mehlpreise verlangte Reduzierung der Stückpreise nicht einigen. Mit Schreiben vom 10. Februar 2009 (Anlage B 3, Bl. 54 - 57 AB) wandte sich die Klägerin erneut an die Beklagte und ließ zu einer Mehlpreisanpassung Folgendes verlautbaren:

26

Wir haben zwischenzeitlich noch weitere Informationen zu dem aktuell gültigen Mehlpreis eingeholt. Diese haben uns bestätigt, dass der Mehlpreis heute wieder da ist, wo er vor der Erhöhung im Jahre 2007 war. Bei 224 €/to ergeben sich infolge der Mehlpreisanpassung für die Vertragsprodukte die Preise, die Sie aus der anliegenden Preisliste entnehmen können.

27

Wir legen diese bzw. die aus den Differenzbeträgen fortgeschriebenen Preise ab dem 01.03.2009 unseren Lieferungen zugrunde. Wir machen damit von unserem Recht auf einseitige Preisanpassung gem. § 315 Abs. 3 BGB Gebrauch, nachdem der Verhandlungszeitraum von 3 Monaten längst überschritten ist.

28

Wir bitten Sie, uns die aus der Anlage ersichtlichen Preise bis spätestens 20.02.2009 rückzubestätigen. Sollten Sie Ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Preisanpassung nicht entsprechen, zahlen wir ab 01.03.2009 die von Ihnen kalkulierten Preise nur noch unter Vorbehalt weiter. Sie werden verstehen, dass wir die Differenzbeträge dann mit gerichtlicher Hilfe zurückholen werden.

29

Hierauf entgegnete die Beklagte mit Schreiben vom 10. Februar 2009 (Anlage K 5, Bl. 38, 39 AB) wie folgt:

30

31

Wir haben auf die gefallenen Mehlpreise reagiert und wollten Ihnen eine vernünftige Preisanpassung vorschlagen. Die sich aus § 3 Abs. 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages ergebende Pflicht haben wir somit uneingeschränkt erfüllt. Eine Einigung jedoch ist nicht zustande gekommen, da Sie in dem Gespräch vom 26.01.2009 völlig überraschend einen deutlich niedrigeren, für uns nicht nachvollziehbaren Einkaufspreis herangezogen haben. Wir nehmen dies zur Kenntnis, weisen jedoch darauf hin, dass diese neue Forderung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages mit einem Vorlauf von drei Monaten zu verhandeln ist. Die drei-Monatsfrist begann somit frühestens mit Eingang Ihres Schreibens vom 10.02.009 bei uns, da wir ab diesem Zeitpunkt Ihre neue Forderung erstmals konkret erhalten haben.

32

33

Auf ein E-Mail-Schreiben der Beklagten vom 04. Mai 2009 (Anlage K 7, Bl. 42, 43 AB), worin es u. a. zu den Mehlpreisen heißt:

34

„Wir sehen nach wie vor keinen Anlass zur Reduktion der Preise auf Grund der Mehlpreisentwicklung.“,

35

verlangte die Klägerin von der Beklagten mit Schreiben vom 07. Mai 2009 (Anlage K 8, Bl. 44 AB) unter Verweis darauf, dass sie die nicht angepassten Preise nur unter Vorbehalt gezahlt habe, für den Zeitraum November 2008 bis April 2009 eine Rückerstattung geleisteter Zahlungen von insgesamt 624.671,66 €bis spätestens 20.05.2009.

36

In der Folgezeit kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis zum 31. Dezember 2009 und verlangte während des Prozesses mit Schriftsatz vom 27. August 2010, der Beklagten zugestellt am 16. September 2010, für den Zeitraum Mai bis Dezember 2009 Rückzahlung eines weiteren Betrages von 995.324,45 €.

37

Die Klägerin hat gemeint und meint weiterhin, ihr komme wegen der zwischenzeitlich gesunkenen Mehlpreise mit Blick auf die Regelung in Ziffer 3 des Kooperationsvertrages ein Anspruch auf Rückanpassung der im Jahre 2007 einvernehmlich erhöhten Stückpreise zu, weshalb sie die sich nach einer derartigen Preisanpassung ergebenen Überzahlungen von der Beklagten zurückverlangen könne.

38

Hierzu hat sie behauptet, die Einkaufspreise für Mehl zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von 224,-- €/to hätten sich nach einem erheblichen Anstieg im Jahr 2007 auf bis zu 370,-- €/to Mitte des Jahres 2008 stark rückläufig entwickelt, sodass der Einkaufspreis im September 2008 bei 245,-- €/to und zu Beginn des Jahres 2009 nur noch bei 210,-- bis 220,-- €/to gelegen habe. Dieser Umstand rechtfertige es, für den streitgegenständlichen Zeitraum von November 2008 bis Dezember 2009 im Mittel von einem kalkulatorischen Mehlpreis in Höhe von 224,-- €/to auszugehen. Damit seien die Mehlpreise im Ergebnis wieder auf den ursprünglichen Stand bei Vertragsschluss zurückgekehrt, weshalb die Beklagte trotz ihrer grundlosen Weigerung einer Rückanpassung zuzustimmen, die erhöhten Preise nicht mehr verlangen dürfe und diese, da sie nur unter Vorbehalt gezahlt worden seien, zurück zu erstatten habe.

39

Zur Berechnung ihrer Rückzahlungsforderungen hat die Klägerin die um die im April und Dezember 2007 vereinbarten Preiserhöhungen reduzierten Preise zugrunde gelegt, diese mit den von der Beklagten in den jeweiligen Monaten gelieferten Warenzahlen multipliziert und sodann ihren tatsächlich gezahlten Preisen gegenübergestellt (vgl. die Ausführungen Bl. 14, 15 Bd. I der Klageschrift, Bl. 45, 46 AB und die Anlage K 12, Bl. 25, 26 Bd. II d. A.).

40

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

41

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.619.996,10 € zuzüglich 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegender Zinsen hieraus seit dem 08. Mai 2009 zu zahlen.

42

Die Beklagte hat beantragt,

43

die Klage abzuweisen.

44

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, aus Ziffer 3 des Kooperationsvertrages folge kein direkter Anspruch auf eine bestimmte Preisanpassung, sondern allenfalls eine Verhandlungspflicht der Parteien, der sie ausreichend nachgekommen sei. Im Übrigen sei der von der Klägerin zugrunde gelegte Mehlpreis unangemessen niedrig und zudem ohnehin nicht maßgeblich, da es keine eindeutig bestimmbaren Einkaufspreise für Mehl gebe, weshalb insoweit lediglich auf ihre individuellen Einkaufspreise, die wegen längerfristiger Kontrakte mit ihren Lieferanten höher lägen, abzustellen sei.

45

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 34 - 40 Bd. III d. A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

46

Das Landgericht hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 11. November 2010 (Bl. 94 - 96 Bd. II d. A.) Beweis erhoben, zum einen durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. J. T. vom 07. März 2011 (Gutachtenband) zur Entwicklung der Einkaufspreise von Mehl während der Vertragsdauer und zum anderen durch Vernehmung der Zeugen S., B. und Sch. zum Verständnis der Parteien von der Regelung in Ziffer 3 bei Vertragsschluss (Sitzungsprotokoll vom 06. Oktober 2011, Bl. 1 - 5 Bd. III d. A.).

47

Mit Urteil vom 10. November 2011 hat es der Klage mit leichten Abstrichen beim Zinsantrag in der Hauptsache vollen Umfanges stattgegeben. Zur Begründung heißt es namentlich, die umstrittene Klausel in Ziffer 3 des Kooperationsvertrages verlange nicht nur ein bloßes Verhandeln, sondern begründe darüber hinaus auch die vertragliche Nebenpflicht, einer zu Recht verlangten Preisanpassung nachzukommen. Dagegen habe die Beklagte verstoßen und sich deshalb schadensersatzpflichtig gemacht. Für die Höhe des Schadensersatzanspruches sei abzustellen auf den vom Sachverständigen zugrunde gelegten kalkulatorischen Einkaufspreis für Mehl, der dem der Berechnung der Klageforderung zugrunde gelegten Preis entspreche.

48

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Abweisung der Klage für geboten hält und außer der vom Landgericht rechtsirrig angenommenen Nebenpflicht zur Preisanpassung vor allem beanstandet, dass der maßgebliche kalkulatorische Mehlpreis vom Sachverständigen nicht eindeutig festgestellt worden sei.

49

Die Beklagte beantragt,

50

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

51

Die Klägerin beantragt,

52

die Berufung zurückzuweisen.

53

Sie verteidigt die ihres Erachtens zutreffende Entscheidung des Landgerichts.

II.

54

Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch in der Sache teilweise Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.

55

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückerstattung der im Zeitraum März bis Dezember 2009 überzahlten, da insoweit ohne Rechtsgrund gezahlten Fertigungspreise in Höhe von insgesamt 1.279.347,02 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Altern. BGB zu, während für die Monate November 2008 bis Februar 2009 ein derartiger Anspruch ausscheidet.

56

Die Klägerin konnte, nachdem sie der Beklagten, abweichend von der Regelung in Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 des am 25. September 2006 geschlossenen Kooperationsvertrages, bereits ab April 2007 eine an sich nicht vorgesehene Anhebung der fest vereinbarten Preise vor dem Ende der festen Vertragslaufzeit bis zum 31. Dezember 2009 zugebilligt hatte, aufgrund einer gemäß den §§ 133, 157 BGB interessengerechten, maßgeblich an Treu und Glauben orientierten ergänzenden Auslegung des Vertrages kraft einseitig bestimmender Erklärung die vertragliche Wiederherstellung der zuvor laut Anlage 2 als verbindlich vereinbarten Preise verlangen (1), nachdem, wie die erstinstanzliche Beweisaufnahme zweifelsfrei mit Bindungswirkung für die Berufungsinstanz ergeben hat, die auf dem Markt gehandelten Mehlpreise auf jeden Fall im März 2009 wieder auf das ursprüngliche Niveau zurückgefallen waren (2).

57

Entsprechend der erstmals ihrerseits mit Schreiben vom 10. Februar 2009 (Bl. 54 - 57 AB = Anlage B 3) für die Zeit ab März 2009 erklärten Preisanpassung und dem damit verbundenen Vorbehalt hinsichtlich der weitergehend geleisteten Zahlungen kann die Klägerin auch nur für die Zeit von März bis Dezember 2009, nicht jedoch für die Zeit zuvor von November 2008 bis Februar 2009 Rückerstattung des ohne Vorbehalt zuviel Geleisteten verlangen (3). Der Höhe nach ergibt sich folgerichtig ein Anspruch in Höhe von 1.279.347,02 € (4), welcher infolge des zu je unterschiedlichen Zeitpunkten begründeten Teilverzugs der Beklagten differenziert zu verzinsen war (5).

58

1. Die Klägerin war entsprechend ihrem Schreiben vom 10. Februar 2009 vertraglich berechtigt, ab März 2009 von der Beklagten eine Rückgängigmachung der zuvor ab April 2007 zu deren Gunsten vorgenommenen Preisanpassung verlangen zu können, nachdem die Voraussetzungen dafür zwischenzeitlich entfallen waren.

59

Eine gemäß § 157 BGB maßgeblich an Treu und Glauben zu orientierende Vertragsauslegung, das heißt hier der in Nr. 3 des Kooperationsvertrages zwischen den Parteien enthaltenden Regelung zur Preisanpassung muss nicht zwanglos zu dem Ergebnis führen, dass die Beklagte sich der von der Klägerin verlangten Wiederherstellung des ursprünglich als fest vereinbarten Preisniveaus nicht versagen durfte, nachdem sie selbst bereits wenige Monate nach Vertragsabschluss im September 2006 von dem – eigentlich nach Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 KV für den Fall der Preisanhebung gar nicht vorgesehenen – Recht, den Preis wegen einer nachweislichen Veränderung der Einkaufspreise um mehr als 5 % neu zu verhandeln und zu vereinbaren, erfolgreich mit stufenweise eintretender Wirkung ab April und Dezember 2007 Gebrauch gemacht hatte.

60

Darüber hinaus muss und musste die Klägerin unter diesen besonderen Umständen des Falles auch unabhängig von den besonders geregelten Voraussetzungen für eine erstmalige Preisanpassung nach Nr. 3 Abs. 3 des Kooperationsvertrages nach Treu und Glauben im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als berechtigt angesehen werden, ihrerseits die Rückgängigmachung der Preisanpassung verlangen zu können, sobald deren Voraussetzungen – wie im vorliegenden Fall zumindest ab März 2009 – nicht nur vorübergehend wieder entfallen waren. Denn redlicherweise hätten die Parteien, wenn sie diesen offensichtlich bei der Vertragsabfassung nicht bedachten Punkt der Rückgängigmachung einer zwischenzeitlich wegen Wegfalls der maßgebenden Voraussetzungen hinfällig gewordenen Preisanpassung bedacht hätten, nach Treu und Glauben bei ausgewogener und angemessener Verteilung der beiderseitigen Vertragsrisiken eine Vereinbarung dieses Inhaltes getroffen, um dergestalt eine ungerechtfertigterweise fortdauernde Privilegierung desjenigen Vertragsteils auszuschließen, zu dessen Gunsten bereits eine Abkehr von den an sich für drei Jahre fest vereinbarten Preiskonditionen stattgefunden hatte.

61

Der demgegenüber sekundären bzw. bereits logisch zurücktretenden Konstruktion eines – indes vom Landgericht befürworteten – Schadensersatzanspruches, resultierend aus einer pflichtwidrig verweigerten Anpassung des Verrechnungspreises von Seiten der Beklagten, bedurfte es demnach nicht.

62

Die nach erfolgreicher Preisanpassung zu ihren Gunsten seitens der Beklagten einschränkend vertretene Auffassung, der Vertrag enthalte in Ziffer 3 lediglich eine Verhandlungspflicht, aber keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Preisanpassung, erweist sich in Anbetracht des gerade zuerst ihrerseits und sogar schon sehr kurze Zeit nach Vertragsschluss zu ihren Gunsten in Anspruch genommenen Ausnahmerechts, die an sich bis zum Ende der dreijährigen Vertragszeit nicht anhebbaren Preise doch der außergewöhnlichen Situation wegen anzupassen, als hochgradig widersprüchlich und wegen des damit begründeten Verstoßes gegen den elementaren Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB als unbeachtlich.

63

Daraus folgt zwangsläufig: Wenn eine Partei zu ihren Gunsten die bloß vorgesehene Verhandlungsposition, über eine Ausnahme von dem an sich fest für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest vereinbarten Preis zu verhandeln, infolge der gerade Billigkeitserwägungen folgenden Bereitschaft der anderen Seite zu einer dergestalt vertraglich fundierten Preiskorrektur durchgesetzt hat, kann und darf sie sich redlicherweise dem gegenläufigen Ansinnen der anderen Vertragspartei zumindest dann nicht entgegenstellen, wenn es, wie hier, nur um die berechtigte Beseitigung des nur außergewöhnlicher Marktentwicklungen wegen begründeten Ausnahmezustandes und nach Wegfall gerade dieser exzeptionellen Marktverhältnisse allein um die Wiederherstellung des an sich von vornherein für die gesamte Vertragszeit verbindlich vorgesehenen Preisniveaus zu tun ist.

64

Selbst wenn also grundsätzlich die Regelung in Nr. 3 Abs. 3 des Vertrages nur als bloße Verhandlungsposition zugunsten der von einer Preisentwicklung benachteiligten Vertragspartei zu verstehen gewesen sein sollte, kann dies unter den vorbezeichneten Auspizien sehr besonderer Art nicht mehr gelten und muss der sich auf die Preisanpassung zugunsten der anderen Seite eingelassen habenden Partei nach Treu und Glauben im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung das einer notwendigerweise billigen Vertragsabwicklung geschuldete Recht zugestanden werden, bei grundlegender Rückkehr der vormals zugrunde gelegten Marktverhältnisse auch die Wiederherstellung des vertraglichen Status quo ante bezüglich der Preise mittels einseitiger Erklärung entsprechend § 315 BGB verlangen zu können.

65

Im Übrigen ist auch das Landgericht zu Recht, wie die Beweisaufnahme bestätigt hat, davon ausgegangen, dass mit der fraglichen Klausel angesichts der für die gesamte dreijährige Vertragslaufzeit fest vereinbarten Leistungsbedingungen ein ebenso flexibles wie wirksames Preisregulativ geschaffen werden sollte, um bei allenthalben zu gewärtigenden Mehlpreisschwankungen auch erheblichen Ausmaßes der Volatilität des Marktes in hinreichendem Maße Rechnung tragen zu können. Von daher lässt sich die Regelung angemessener- und sinnvollerweise nicht als letztlich völlig unverbindliche Obliegenheit zur Aufnahme von Verhandlungen verstehen, die es einer Partei nach subjektivem Belieben erlaubt hätte, sich einer objektiv gebotenen Preisanpassung zu verschließen oder zu eröffnen. Anderenfalls hätte es auch keiner ausdrücklichen, an prozentuale Margen gebundenen Vereinbarung bedurft, da einvernehmliche Preisänderungen auch sonst jederzeit von den Parteien, sofern gewollt, hätten getroffen werden können.

66

2. Nach dem gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch für die Berufungsinstanz maßgeblichen Ergebnis der Beweisaufnahme in erster Instanz steht fest, dass die objektiven Voraussetzungen für eine von der Klägerin allein erstrebte Rückkehr zu den alten, zuvor vertraglich fest für drei Jahre vereinbarten Preisen wenigstens im Jahre 2009 erfüllt waren, und zwar wegen der dann, was die maßgeblichen Einkaufspreise für Mehl anbelangt, wieder den Gegebenheiten bei Vertragsschluss im September 2006 entsprechenden Marktverhältnisse.

67

Denn nicht nur die Voraussetzungen nach Ziffer 3 Abs. 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages für eine Rückkehr zu den zuvor vertraglich vereinbarten Produktpreisen standen insoweit wegen einer erheblichen Ermäßigung der Einkaufspreise für Mehl um nachweislich mehr als 5 % fest (a), sondern damit war auch, worauf es letztlich entscheidend ankommt, das ursprüngliche geltende und von der Klägerin allein für ihre Rückforderung billigerweise reklamierte grundlegende Preisniveau bei den für die Produktpreise wesentlichen Mehlpreisen wieder erreicht (b).

68

a) Das Landgericht hat für eine zwischenzeitlich seit der ursprünglichen im Jahre 2007 vereinbarten Preiserhöhung eingetretene Veränderung der Mehlpreise zutreffend auf den vom Sachverständigen Dr. T. bezeichneten kalkulatorischen Mehlpreis abgestellt, wonach eine nachhaltige Ermäßigung der zwischenzeitlich erhöhten Mehlpreise weit über die vertragliche Schwelle von mehr als 5 % außer Frage steht.

69

Die hiergegen von der Beklagten vorgebrachten Einwände, ein derartiger kalkulatorischer Mehlpreis sei nicht mit dem in Ziffer 3 des Kooperationsvertrages bezeichneten Einkaufspreisen für Mehl gleichzusetzen, vielmehr müsse auf ihre eigenen individuellen Einkaufspreise abgestellt werden, verfängt nicht. Der Beklagten ist in diesem Zusammenhang zwar zuzugestehen, dass es nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. T. keinen allgemeingültigen Einkaufspreis für Mehl gibt, da dieser trotz ihrer grundsätzlichen Orientierung an festen Getreideweltmarktpreisen durch Hinzutreten weiterer variabler Faktoren, vor allem wegen unterschiedlicher Mahlkosten, Mehlausbeuten und -qualitäten sowie wegen der individuellen Kontraktgestaltung mit den Mehllieferanten nicht einheitlich ausfällt und sich mithin nur unter Durchschnittsbetrachtungen als sogenannter kalkulatorischer Wert darstellen lässt. Hieraus folgt jedoch nicht, dass deshalb für eine Vertragsauslegung auf ihre eigenen, im Übrigen von der Beklagten in keiner Weise offengelegten Einkaufspreise abzustellen wäre.

70

Maßgeblich für die Auslegung kann nämlich nur das Verständnis sein, das die Parteien übereinstimmend den Einkaufspreisen von Mehl zugrunde gelegt haben. Die Behauptung der Beklagten, die Parteien hätten auf ihre jeweiligen individuellen Einkaufspreise abstellen wollen, findet keine Stütze. Dem stehen in entscheidender Weise bereits die vorangegangenen Anpassungsverhandlungen aus dem Jahr 2007 zu einer der Beklagten günstigen Preiserhöhung entgegen. Denn damals haben die Parteien gerade auch nicht auf die individuellen Einkaufspreise der Beklagten abgestellt, sondern auf die von der Beklagten eigens zu diesem Zwecke vorgelegte allgemeine Mehlpreisentwicklung 2006/2007 (Bl. 6 Bd. III d. A.), bei der es sich folgerichtig nur um den vom Sachverständigen Dr. T. beschriebenen kalkulatorischen Mehlpreis handeln kann. Das wiederum höchst widersprüchliche Verhalten der im Übrigen auch noch mit ihren Einkaufspreisen hinter dem Berg haltenden Beklagten, für die nunmehr von der Klägerin geforderte Rückgängigmachung der Preise einen anderen als den seinerzeit von ihr praktizierten Maßstab anzulegen, widerspricht in eklatanter Weise dem Gebot von Treu und Glauben und ist daher unbeachtlich.

71

Ungeachtet dessen lässt sich überdies den Aussagen der vom Landgericht gehörten Zeugen S., B. und Sch. nichts dafür entnehmen, dass die Parteien mit der in Ziffer 3 des Kooperationsvertrages gerade nicht so formulierten Regelung etwa auf die individuellen Mehleinkaufspreise der Beklagten hätten abstellen wollen, auf die es allerdings schon deswegen nicht ankommen kann, weil die Beklagte selbst seinerzeit bei ihrem Preiserhöhungsverlangen anderweitig argumentiert hatte und sich daran, bei dem nunmehr gegenläufigen Preisermäßigungsverlangen der Gegenseite, der Redlichkeit halber festhalten lassen muss.

72

b) Von entscheidender Bedeutung ist demnach schließlich, dass nach den plausiblen, zu Recht vom Landgericht übernommenen Feststellungen des Sachverständigen der Einkaufspreis für Mehl zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im September 2006 ebenso bei 224 € pro Tonne gelegen hat wie der durchschnittliche kalkulatorische Mehlpreis in der Zeit von November 2008 bis Dezember 2009.

73

Im Ergebnis verlangt die Klägerin mithin zu Recht nichts anderes, als den ursprünglich für die gesamte Vertragslaufzeit von drei Jahren festgelegten Preisen wieder Geltung zu verschaffen, die nur wegen der zwischenzeitlich exorbitant gestiegenen Mehlpreise zugunsten der Beklagten heraufgesetzt worden waren und folgerichtig wieder herabzusetzen waren, nachdem die Marktpreise sich während des gesamten Jahres 2009 wieder im Durchschnitt auf das vorherige Niveau eingependelt und damit gewissermaßen normalisiert hatten.

74

Eine derartige Forderung wird nicht nur dem in Ziffer 3 Abs. 3 Satz 1 bestimmten Grundsatz gerecht, dass die ursprünglich vereinbarten Preise für die gesamte Vertragsdauer unverändert gelten und eigentlich überhaupt nicht angehoben werden sollten, sondern trägt auch allein, wie oben des Näheren dargetan, dem nach Treu und Glauben im Wege ergänzender Vertragsauslegung gemäß § 157 BGB maßgeblich werdenden Gebot einer vertraglichen Wiederherstellung des an sich fest für drei Jahre vereinbarten Preiszustandes Rechnung, wenn die Voraussetzungen für ihre zwischenzeitliche Anhebung aus Billigkeitsgründen wieder entfallen waren.

75

Von einer Rückkehr der Mehlpreise auf das ursprüngliche marktübliche Niveau ist nach den in sich stimmigen, ebenso differenzierten wie bündigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. T. in seinem Gutachten und den darauf fußenden Erwägungen des Landgerichts auszugehen. Die Beklagte verkennt und ignoriert bei ihren diesbezüglichen Einwendungen bereits im Ausgangspunkt, dass es nach dem objektiv zum Ausdruck kommenden Bedeutungsgehalt der Regelung in Nr. 3 Abs. 3 des Kooperationsvertrages ebenso wie nach dem dergestalt einvernehmlich praktizierten und ihrerseits eingeleiteten Procedere bei der vorangegangenen Preiserhöhung gerade nicht auf die Feststellung eines betragsgenauen oder individuell vereinbarten Mehlpreises, sondern nur auf die allgemeine Entwicklung der Mehlpreise ankam und ankommen sollte, zumal die vertraglich festgelegte Produktpalette nebst der dazu nötigen Mehlqualität als entscheidendem Parameter der Preisgestaltung offensichtlich während der gesamten Vertragsdauer unverändert geblieben ist.

76

3. Die Klägerin kann entsprechend ihrer Erklärung vom 10. Februar 2009 (Bl. 54 - 75 AB = Anlage B 3) eine rückwirkende Preisanpassung lediglich für die Monate März bis Dezember 2009 verlangen, nicht jedoch mangels notwendiger Erklärung für die Zeit vorher.

77

Die Klägerin hat erstmals mit Schreiben vom 10. Februar 2009 erklärt, dass sie ab März 2009 von dem ihr zustehenden Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB, Gebrauch machen und ab dem Zeitpunkt die von der Beklagten kalkulierten Preise nur unter Vorbehalt weiterzahlen werde.

78

Das bedeutet, sie kann folgerichtig auch nur für die Zeit von März bis Dezember 2009 Rückerstattung des zuviel Geleisteten verlangen, nicht jedoch, wie darüber hinaus klageweise beansprucht, auch schon für die Monate zuvor von November 2008 bis Februar 2009. Die dort erbrachten Zahlungen bzw. Überzahlungen erfolgten ohne Vorbehalt und sind damit nach § 814 BGB nicht mehr kondizierbar als ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, welche Regelung zutreffenderweise statt des vom Landgericht angenommenen Schadensersatzanspruches hier als allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage heranzuziehen ist. Die Berufung der Beklagten hat daher insoweit zum Teil Erfolg.

79

Im übrigen erfolgt auch anerkanntermaßen eine einseitige Leistungsanpassung, wie im vorliegenden Fall nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, im Zweifel nur ex nunc (s. dazu etwa: Würdinger, in: Münchener Kommentar zum, BGB, 6. Aufl., 2012, § 315 Rdnr. 36; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., 2013, § 315 Rdnr. 11). Hier können schon deswegen keine Zweifel gegeben sein, weil die Klägerin selbst – und daran wird sie sich festhalten lassen müssen – erklärtermaßen erst mit Wirkung ab März 2009 von der ihr zustehenden Befugnis der einseitigen Leistungsbestimmung gegenüber der Beklagten Gebrauch gemacht hat.

80

4. Der Höhe nach steht der Klägerin für die Monate März bis Dezember 2009 ein vertraglich begründeter, bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch in Höhe von insgesamt 1.279.347,02 € zu, der sich zusammensetzt aus einem Überzahlungsbetrag von 284.022,58 € für die Monate März und April 2009 (a) und einem Überzahlungsbetrag von 995.324,44 € für die folgenden Monate von Mai bis Dezember 2009 (b).

81

a) Für die Monate März und April 2009 ergibt sich insgesamt ein Überzahlungsbetrag von 284.022,58 €, der sich, in Korrektur der den Zeitraum von September 2008 bis April 2009 erfassenden Anlage K 8 (Bl. 45 AB), tabellarisch wie folgt darstellt:

82
                 

Lagerzugang von F.

 Mehlpreisdifferenz
pro Stück in €

 Mehlpreisdifferenz
Summe

                 

 März 2009

 April 2009

Markenbaguettes

852.033

3.147.783

0,0136

54.397,50 €

Zweitmarken

2.369.100

5.457.570

0,0192

150.272,06 €

Zweitmarken reduziert

996.192

2.106.132

0,0164

50.878,11 €

M. Polen

846.516

636.552

0,0192

28.474,91 €

                                            

284.022,58 €

                 

 (a)

 (b) 

 (c) 

(d) 

                                            

d = (a + b) x c

83

Verwiesen sei dazu grundlegend auf die Anlagen K 2 a (Bl. 29/30 AB), K 2 b (Bl. 31/32 AB), aus denen sich die von der Beklagten im Jahr 2007 abweichend von den Vorgaben des Kooperationsvertrags berechneten Preiserhöhungen pro Stück für die einzelnen Produkte ergeben. Diese sogenannte Mehlpreisdifferenz pro Stück ist dann ausweislich der Anlage K 8 (Bl. 45 AB) mit den in den Monaten November 2008 bis April 2009 von der Beklagten erhaltenen Liefermengen, dem sog. Lagerzugang von F., multipliziert und dergestalt der überzahlte und zu Recht zurückverlangte Betrag ermittelt worden.

84

b) Hinzu kommt für die Monate Mai bis Dezember 2009 ein Betrag von – rechnerisch korrekt bzw. konsequent bei durchgängiger Abrundung der Teilbeträge auf 2 Dezimalstellen (= im Ergebnis 1 Cent weniger) – 995.324,44 €, der sich im Einzelnen, an die vorherige Berechnung anknüpfend, nachvollziehbar dargestellt und von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt, aus der Anlage K 12 (Bl. 25/26 Bd. II d. A.) ergibt.

85

5. Die in gesetzlicher Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Klägerin zugesprochenen Verzugszinsen finden ihre Grundlage in den §§ 288 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 291, 247 BGB in Verb. mit den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 291 BGB.

86

Den für die Monate März und April 2009 zugesprochenen Betrag von 284.022,58 € angehend, ergibt sich der Anspruch aus dem mit Erhalt der Mahnung der Klägerin vom 07. Mai 2009 (Anlage B 3 = Bl. 54 AB) gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB eingetretenen Verzug der Beklagten.

87

Hinsichtlich des für die nachfolgenden Monate zuerkannten Betrages von 995.324,44 € ist die Klägerin mit Zustellung der entsprechenden Klageerweiterung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 und 1 BGB in Verb. mit den §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 2 ZPO in Verzug geraten, womit gleichzeitig auch gemäß § 291 BGB verzugsunabhängige Prozesszinsen gleicher Höhe nach § 288 BGB ab Rechtshängigkeit beansprucht werden konnten.

III.

88

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO, wobei die nach Maßgabe der Baumbachschen Formel vorgenommene Quotelung der unterschiedlichen prozessualen Beteiligung der ursprünglich beiden Beklagten – die Klageerweiterung über 995.324,44 € in erster Instanz betraf nur noch die jetzige Beklagte und vormalige Zweitbeklagte – Rechnung trägt.

89

Die Kostenverteilung in zweiter Instanz findet ihre Grundlage in den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

90

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils entspricht den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

91

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


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