Urteil vom Landgericht Bochum - II-1 KLs-46 Js 117/13-19/13
Tenor
Der Angeklagte H wird wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
vier Jahren
verurteilt.
Der Angeklagte P wird wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren
verurteilt.
Die Unterbringung des Angeklagten H in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.
Gegen den Angeklagten P wird der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.800 Euro angeordnet.
- §§ 1, 3, 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, 25 Abs. 2, 27, 49, 52, 53, 64, 73, 73 a, 73 b StGB
1
Gründe:
2I.
3(abgekürzt bezüglich des Angeklagten H gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
4A) Angeklagter H
5Der heute 29 Jahre alte Angeklagte H wurde in Polen geboren. Sein Vater war Lehrer und arbeitet jetzt an einer Behindertenschule. Seine Mutter, die Basketballnationalspielerin Polens war, ist ebenfalls Lehrerin an einer Behindertenschule. Der Angeklagte hat eine jüngere Schwester.
6Der Angeklagte wurde altersgerecht mit sechs Jahren eingeschult. Er zeigte gute schulische Leistungen und war - wie seine Mutter - ein passionierter Basketballspieler. Deshalb wollte er im Anschluss an die achtjährige Grundschulzeit ein Sportinternat besuchen. Seine Eltern befürworteten eine Sportlerkarriere jedoch nicht und wählten für ihn ein anderes Internat, das seinen Schwerpunkt im mathematisch-wirtschaftlichen Bereich hatte. Als er gegen seinen Willen dort angemeldet wurde, trat bei ihm eine Verweigerungshaltung ein. Er empfand seine neue Schule als „elitär“ und integrierte sich dort nicht. Hinzu kam, dass die Schwester des Angeklagten schwer erkrankt war und sich häufig in Krankenhäusern aufhalten musste. Diese war im Kindesalter so schwer an Windpocken erkrankt, dass sie auf einem Auge erblindete. Nach Auffassung des Angeklagten galt die überwiegende Fürsorge seiner Eltern dieser; er selbst fühlte sich zurück gesetzt. In dieser Zeit kam es zu ersten Kontakten zu Drogen. Er konsumierte an den Wochenenden Marihuana und Ecstasy. Obwohl es ihm nicht an Intelligenz fehlte, absolvierte er im Jahr 2002 sein Abitur lediglich mit der Note „ausreichend“. Anschließend begann er eine Ausbildung zum Hotel-und Tourismusfachmann und hatte die Absicht, nach Abschluss der Lehrzeit in die Vereinigten Staaten von Amerika zu gehen. Da er aber während der Fachschulzeit seinen Cannabiskonsum erheblich steigerte, musste er die Ausbildung schließlich abbrechen. Im Jahr 2003 kam der Angeklagte dann als Bauhelfer in die Bundesrepublik Deutschland, weil er monatlich ca. 500,00 € verdienen konnte und hier – nach eigenen Angaben - Betäubungsmittel zu geringeren Preisen als in Polen angeboten werden. Im Jahr 2006 versuchte der Angeklagte sich in Polen zunächst im Autohandel selbständig zu machen und eröffnete schließlich im Jahr 2008 dort eine Firma für Treibstoffhandel. Nachdem diese Firma in Konkurs geraten war, übersiedelte er im Jahr 2011 mit seiner polnischen Freundin in die Bundesrepublik Deutschland. Er lieh sich von der Mutter seiner Freundin 3000,00 € und wollte sich wieder im Autohandel betätigen. Seine Freundin, eine Frisörin, beabsichtigte, einen Frisörsalon zu eröffnen. Für etwas unter 2000,00 € erwarb der Angeklagte einen Minivan der Marke D, den er beabsichtigte, mit großem Gewinn in Polen zu verkaufen. Er nutzte das Fahrzeug, das auf seine Lebensgefährtin angemeldet worden war, aber für sich selbst und arbeitete wieder als Bauhelfer für verschiedene Unternehmen, vorwiegend als Leiharbeiter. Da er nahezu täglich Marihuana rauchte, war er auf das Einkommen als Bauhelfer angewiesen. Als ihm im Jahr 2012 eine Montagetätigkeit in Bayern angeboten wurde, arbeitete er für mehrere Wochen dort.
7Im Alter von 16 Jahren kam der Angeklagte zu seiner Internatszeit zunächst mit Drogen in Kontakt. Er „kiffte“ an den Wochenenden erst sporadisch. Dann intensivierte sich sein Konsum und er nahm auch Ecstasy. Als er sich auf dem Internat unglücklich verliebte, konsumierte er fast täglich Marihuana. Sein Konsum steigerte sich von 2005 bis 2011 auf bis zu 6 bis 7 Joints pro Tag. Insgesamt verbrauchte er täglich ca. 2 bis 3 Gramm Marihuana. Wenn der Angeklagte keine Betäubungsmittel zur Verfügung hatte, trank er Wodka und Wein. Insbesondere in den Jahren 2009 und 2010 steigerte sich sein Alkoholkonsum. Als er während seiner Montagetätigkeit in Bayern den tödlichen Absturz eines Kollegen vom Gerüst mit ansehen musste, trank er bis zu einer halben Flasche Wodka täglich. Nach seiner Rückkehr steigerte sich wieder sein Marihuanakonsum.
8Der Angeklagte hat darüber hinaus keine Krankheiten erlitten, die von Einfluss auf seine Schuldfähigkeit sein könnten.
9Der Angeklagte bezog keine öffentlichen Leistungen und lebte zuletzt von seinem Verdienst als Bauhelfer auf verschiedenen Baustellen und von dem Verdienst seiner Freundin, die als angestellte Frisörin tätig war. Verheiratet sind beide nicht.
10Der Angeklagte ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
11- 12
1. Das Amtsgericht Dortmund verurteilte den Angeklagten am 06.03.2008 in dem Verfahren - Aktenz.: 206 Js 171/08 - 735 Cs 174/08 - wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5,00 Euro.
- 14
2. Am 29.12.2011 verurteilte ihn das Amtsgericht Unna in dem Verfahren - Aktenz.: 242 Js 786/09 - 94 Cs 145/11 - wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10,00 Euro.
B) Angeklagter P
16Der heute 58 Jahre alte Angeklagte P wurde in L in den Niederlanden geboren. Sein Vater war Schulleiter, seine Mutter Hausfrau. Beide Eltern sind zwischenzeitlich verstorben. Der Angeklagte hat zwei Geschwister, von denen ein Bruder ebenfalls verstorben ist.
17Der Angeklagte wurde altersgerecht eingeschult und besuchte sechs Jahre lang die Grundschule. Anschließend wechselte er auf eine weiterführende Schule, die er mit dem Abschluss des Fachabiturs verließ. Er begann dann an einer Fachhochschule in E Maschinenbau zu studieren und schloss sein Studium mit dem Examen ab. Anschließend arbeitete er über 22 Jahre lang in einer Im- und Exportfirma. In dieser Zeit lernte er den anderweitig verurteilten S kennen, der ebenfalls im Außenhandel tätig war. Gemeinsam beabsichtigten beide, einen Holzhandel zu eröffnen. Zu diesem Zweck hielt sich der Angeklagte über längere Zeit in Afrika, z.B. Tansania, auf, wobei es um den Erwerb von Tropenhölzern zur Regalfertigung ging. Nachdem der Angeklagte einen Bandscheibenvorfall erlitten hatte, brach der Kontakt zum anderweitig verurteilten S ab. Die gemeinsamen Geschäfte wurden nicht fortgeführt.
18Der Angeklagte P konsumiert keine Drogen; Alkohol trinkt er nur gelegentlich auf Feiern. Er erlitt verschiedene Autounfälle, im Jahr 1979 mit einer Gehirnerschütterung. In seiner Zeit in Tansania war er nach einem Verkehrsunfall am Rücken und ebenfalls am Kopf verletzt. Schäden, die von Einfluss auf seine Schuldfähigkeit sein könnten, hat der Angeklagte dadurch und auch im Übrigen nicht erlitten.
19Der Angeklagte lebte in den Niederlanden zuletzt von staatlichen Leistungen in Höhe von 800,00 € bei Mietkosten von 560,00 €. Darüber hinaus erhielt er einen „Mietzuschuss“ von 200,00 €. Der Angeklagte ist nicht verheiratet und hat keine Kinder.
20Der Strafregisterauszug des Angeklagten P weist keine Eintragungen auf.
21II.
22Das Bindeglied zwischen dem Angeklagten H und dem Angeklagten P ist der anderweitige verurteilte Zeuge S. Dieser handelte in größeren Mengen mit Betäubungsmitteln, vorwiegend mit aus den Niederlanden eingeführtem Marihuana und Amphetamin, zum Teil auch mit Haschisch. Daneben vertrieb er auch Tabletten zur Potenzsteigerung. Der S kaufte die Betäubungsmittel bei einem bislang nicht identifizierten die Lieferanten „B“ in M in den Niederlanden in größeren Mengen von jeweils mindestens 3 Kilogramm ein und schaffte die Drogen durch einen Kurier regelmäßig unter Einsatz von mindestens zwei PKW (einem Kurierfahrzeug und einem Sicherungsfahrzeug) über die Grenze in der Bundesrepublik. Hier verkaufte er die Drogen dann mit Gewinn an verschiedene Händler weiter. Standard-Marihuana mit einem durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von bis zu 15 % Tetrahydrocannabiol (THC) erwarb er in den Niederlanden zu Preisen von 3,70 € bis 4,50 € pro Gramm und verkaufte diese in Mengen von mindestens 500 g zu Preisen von 4,70 € bis 5,20 € weiter. Marihuana der Qualität „Haze“ mit einem Wirkstoffgehalt bis zu 20 % THC kaufte er zu Grammpreisen von 5,50 € bis 6,40 € in den Niederlanden an und konnte im Verkauf in der Bundesrepublik dafür 7,00 bis 7,20 € pro Gramm erzielen. Von „B“ erwarb er auch gelegentlich Haschisch mit einem durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von bis zu 14 % THC auf besondere Bestellung. Dieses verkaufte er mit einem Aufschlag von ca. 1,40 € pro Gramm weiter. Amphetamin erwarb er für 1,20 € bis 1,40 € pro Gramm und verkaufte dieses an den Zeugen N zu einem Grammpreis von 1,80 € bis 2.00 € weiter.
23S stammt aus demselben Ort wie der Angeklagte H. Beide sind seit Jugendzeiten miteinander bekannt. Der Angeklagte H bewunderte den S, der in Polen „auf großem Fuße“ lebte, über viel Bargeld verfügte und große Autos fuhr. Im Jahr 2011, in dem sich der Angeklagte H nach dem Konkurs seiner Treibstoffhandelsfirma in einer schwierigen finanziellen Situation befand, trafen sich beide in Polen wieder. S betrieb in T einen Gewürzhandel und der Angeklagte H erhoffte sich eine Tätigkeit bei diesem. S suchte aber tatsächlich nach einem Helfer und Fahrer für seinen Betäubungsmittelhandel, den er für loyal hielt und dem er vertrauen konnte. Er beschloss, den Angeklagten, den er seit seiner Jugend kannte, langsam in seine Drogengeschäfte zu involvieren. Als H dem S von seiner finanziellen Notlage berichtete, bot dieser ihm zunächst an, für die Büroräume seiner Firma in T Regale zu bauen, was in der Folgezeit auch geschah. Danach erledigte der Angeklagte H für S verschiedene Dienste und chauffierte ihn auch zunächst wegen einzelner Geschäfte im Bereich des Gewürzhandels umher. So versuchte der S eine Gewürzmühle zu kaufen. Danach beauftragte S den Angeklagten H, Briefumschläge mit Geldern bei „Bekannten“ abzuholen. Spätestens seit 2012 half der Angeklagte H dem S aktiv und bewusst bei der Abwicklung seiner Betäubungsmittelgeschäfte. Er sammelte Geld von Betäubungsmittelbestellern ein und lieferte zunächst Päckchen mit kleineren Mengen Marihuana an diese aus. Ein direktes Entgelt für diese Tätigkeit erhielt der Angeklagte nicht. Zuweilen steckte ihm S 100,00 € zu, wenn der Angeklagte kein Geld zur Verfügung hatte. Schließlich fuhr er den S mit seinem Pkw D mit dem amtlichen Kennzeichen ### mehrfach in die Niederlande zu „B“, damit dieser dort seine Bestellungen für Betäubungsmittel aufgeben oder entsprechende Mengen Rauschgift aussuchen konnte. Der Angeklagte H erhielt für seine unterstützende Tätigkeit als Gegenleistung von S ausreichend Marihuana in Einzelmengen von 5 bis 10 Gramm zum Eigenkonsum und daneben Benzingeld für sein Fahrzeug. Auch lud der Zeuge S ihn zum Essen ein.
24Der S, der zunächst andere Kuriere beschäftigt hatte, warb spätestens im August 2012 den Mitangeklagten P als Kurierfahrer an. Dieser befand sich - wie der H - ebenfalls in einer finanziellen Notlage und hatte bei S um Arbeit nachgefragt. Da P selbst nicht über ein Fahrzeug verfügte, lieh er sich regelmäßig einen B mit dem amtlichen Kennzeichen ### bei seinem niederländischen Vermieter und Bekannten C (von ihm genannt „Chef“). Über diesen Umstand hatte der S Kenntnis, der selbst in zumindest einem Fall telefonisch Kontakt zu dem Fahrzeughalter „Chef“ herstellte und für P um eine Überlassung des Fahrzeugs bat. In der Folgezeit führte der Angeklagte P für den S regelmäßig Betäubungsmittel in einer Menge von jeweils mindestens 3 Kilogramm Marihuana aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland ein, wobei die Geschäfte so abliefen, dass der anderweitig verurteilte S die bestellten Drogen bei seinem Händler „B“ abholte und gemeinsam mit H zu einem Treffpunkt mit P transportierte. Dann stellte S die Betäubungsmittel, die sich jeweils in einer Sporttasche befanden, in den Kofferraum des P. Dieser führte dann die Betäubungsmittel über die deutsch-niederländische Grenze ein und verbrachte sie nach O. Für jede Einfuhrfahrt erhielt der Angeklagte P von S mindestens 400,00 €. Die Betäubungsmittel wurden in O von S selbst oder vom Angeklagten H entgegen genommen. Wenn der Angeklagte H dem Kofferraum des Angeklagten P die Betäubungsmittel entnahm, übergab er diesem auch den Kurierlohn, den er zuvor zusammengerollt und in Folie verpackt von dem anderweitig verurteilten S erhalten hatte. In einigen Fällen sicherte der Angeklagte H auch die Einfuhrfahrt des P über die Grenze, entweder dadurch, dass er von deutscher Seite aus beobachtete, ob im Zollgrenzbezirk Polizeikräfte tätig waren, in anderen Fällen fuhr er in gehörigem Abstand vor dem Fahrzeug des P voraus, um die Situation zu erkunden und diesen rechtzeitig warnen zu können. Die insoweit erforderlichen Kontakte wurden allesamt per Handy über den anderweitig verurteilten S abgewickelt, der nicht wollte, dass die Angeklagten direkt Kontakt zueinander hielten. Zum einen war das damit begründet, dass sie einander nur schwer verstehen konnten. Der Angeklagte H spricht nur schlecht Deutsch und der Angeklagte P ganz überwiegenden Niederländisch. Auch wollte S die eigentliche Tatherrschaft behalten. Nur in einem Fall kam es zu einem direkten telefonischen Kontakt zwischen beiden Angeklagten, in dem der Angeklagte P auf die sinngemäße Warnung des H, dass die Grenze nicht frei sei, wörtlich „hier ist Scheisse“ den Grenzübergang anderweitig bestimmte und mitteilte. Dem anderweitig Verfolgten S kam es bei der Einfuhr der Betäubungsmittel darauf an, dass die Einfuhr von den Niederlanden nach Deutschland jeweils durch eine Voraufklärung der Grenze im Sinne einer Konvoifahrt bzw. durch Aufklärung der Grenze von deutscher Seite aus gesichert wurde, was er dem P mitteilte. Bei Konvoifahrten war abgesprochen, dass der Vorausfahrende einen solchen Abstand zum nachfahrenden P halten sollte, dass dieser bei Gefahr auf niederländischer Seite noch über eine Ausfahrt von der Autobahn abfahren konnte. Dem Angeklagten P war aus vorangegangenen Einfuhrfahrten für den S jeweils bekannt und klar, dass es sich bei den transportierten Drogen um jeweils mehrere Kilogramm Marihuana handelte.
25Im Einzelnen kam es zu folgenden Taten:
26Tat 1 (Fall 2 der Anklage/Fallakte 10):
27In der Zeit von Ende 2012 bis Anfang 2013 bestellte der anderweitig verfolgte Zeuge N zwei Kilogramm Amphetamin bei dem Zeugen S. Das Betäubungsmittel sollte am 08.01.2013 übergeben werden. Der anderweitig verurteilte Zeuge S kündigte dem N an, dass der Angeklagte H, den er als seinen Cousin ausgab, das Amphetamin übergeben werde. Am 08.02.2013 verbrachte der Angeklagte H zwei Tüten Amphetamin von jeweils einem Kilogramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 10 % Amphetamin-Base auf den Parkplatz der Firma M in C und übergab dem gesondert verfolgten N die Betäubungsmittel zu einem Kaufpreis von ca. 5.400,00 €. N übergab im Gegenzug dem Angeklagten H 1.800,00 €, wobei es sich zum Teil um eine Restbezahlung für ein vorangegangenes Betäubungsmittelgeschäft und zum Teil um eine Anzahlung für das gekaufte Amphetamin handelte. In der Folgezeit reklamierte der anderweitig verfolgte Zeuge N einen Teil der Lieferung (eine Tüte mit einem Kilogramm) und gab an, dass das Amphetamin einen stechenden Geruch aufweise und sich daher schlecht verkaufen lasse. Am 18.1.2013 kam es gegen 9:00 Uhr daher auf Geheiß des S zu einem erneuten Treffen des Angeklagten H mit N auf einem Parkplatz der Firma M in C. N übergab dem Angeklagten H nach vorheriger Absprache mit S ein Kilogramm Amphetamin als Reklamationsware.
28Tat 2 (Fall 3 der Anklage/Fallakte 12):
29Mitte Januar 2013 nahm der anderweitig verfolgte Zeuge S telefonischen Kontakt zu dem Angeklagten P auf und teilte ihm mit, dass er am 18.01.2013 wieder seine Dienste als Drogenkurier benötige. Er verabredete sich mit diesem an einem Hotel in den Niederlanden. Am selben Tag bestellte der S telefonisch bei „B“ mindestens drei Kilogramm Marihuana der Qualität „gehobener Standard“. Am 18.01.2013 fuhren der Angeklagte H und der Zeuge S gegen Mittag über den Grenzübergang bei H zu einem verabredeten Treffen mit „B“ in den Niederlanden. Dort holten Sie die bei „B“ bestellten Drogen mindestens drei Kilogramm Marihuana der Qualität „gehobener Standard“ ab und übergaben sie dem Angeklagten P am vereinbarten Ort in den Niederlanden zum Transport. Es war ursprünglich vereinbart, dass dieser im Folgenden die gesamten Betäubungsmittel über die Grenze in die Bundesrepublik Deutschland bringen sollte. Aus ungeklärten Gründen wurde der Transport über die Grenze aber nicht sofort durchgeführt. Tatsächlich transportierte der Angeklagte P am 21.01.2013 zunächst nur einen Teil des Marihuanas – und aus eigenem Antrieb und in diesem Fall ohne vorherige Aufklärung der Situation über die bundesdeutsche Grenze - und übergab die Betäubungsmittel am Mittag in einem Industriegebiet in O an den S. Der Angeklagte P erklärte dem S, dass er am 24.01.2013 den Rest der Lieferung über die Grenze in die Bundesrepublik bringen werde. Es wurde für diesen Tag ein Treffen mit dem Angeklagten H hinter dem Grenzübergang bei W vereinbart, der die Grenze von deutscher Seite aus aufklären sollte. Als der Angeklagte H am 24.01.2013 jedoch feststellte, dass in diesem Bereich Grenzkontrollen stattfanden, rief er den S an, so dass es unter dessen telefonischer Vermittlung zu P zu einer Verlegung des Treffpunkts nach H kam. Gegen 13:30 Uhr führte der Angeklagte P die restlichen Betäubungsmittel aus der am 18.01.2013 übergebenen Gesamtmenge mit dem geliehenen Fahrzeug B in die Bundesrepublik ein und traf sich in H mit dem Angeklagten H. Dieser nahm das Marihuana entgegen und verbrachte zum Zeugen S, der die Betäubungsmittel an diverse Abnehmer weitergab. Der Angeklagte P, der wusste, dass es um den Transport von Marihuana im Mehrkilogrammbereich ging, erhielt für diese Fahrten von dem Zeugen S mindestens 400 €. Das eingeführte und gehandelte Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt an THC von mindestens 12. %.
30Tat 3 (Fall 4 der Anklage/Fallakte 13):
31Ende Januar 2013 bestellte der Zeuge S telefonisch mindestens drei Kilogramm Marihuana der Qualität „gehobener Standard“ bei seinem niederländischen Lieferanten „B“. Am Vormittag des 30.01.2013 sammelte der Angeklagte H bei diversen Kunden des S Geld ein und übergab den eingesammelten Betrag gegen Mittag in O an S. Dann fuhr der Angeklagte H den S mit seinem Fahrzeug D in die Niederlande, wo dieser das bestellte Marihuana bei dem „B“ abholte. Anschließend kam es in den Niederlanden dann zu einem Treffen mit dem Angeklagten P, der telefonisch von S über eine anstehende Einfuhrfahrt informiert worden war. S stellte die Betäubungsmittel in den Kofferraum des von dem Angeklagten P gesteuerten B. Anschließend fuhren der Angeklagte H als Fahrzeugführer und S als Vorauskommando in dem D über den Grenzübergang bei W wieder in die Bundesrepublik Deutschland. In größerem Abstand folgte ihnen der Angeklagte P, der die Betäubungsmittel in seinem Fahrzeug über die Grenze transportierte, nachdem der Angeklagte H und S zuvor am Grenzübergang die Lage nach Kontrollen ausgekundschaftet hatten. Der Abstand der Fahrzeuge wurde absprachegemäß so gehalten, dass P bei Grenzkontrollen auf Niederländischer Seite noch von der Autobahn hätte abfahren können. Am Nachmittag übergab P die Drogen in O an den H, der die Betäubungsmittel noch am selben Tag an S weitergab. Sie wurden dann an mehrere Abnehmer in F und E ausgeliefert. Der Angeklagte P erhielt für diese Fahrt von dem Zeugen S erneut mindestens 400,00 €. Er wusste, dass es um die Einfuhr zum Handeltreiben von mehreren Kilogramm Marihuana ging. Das eingeführte und gehandelte Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt an THC von mindestens 12 %.
32Tat 4 (Fall 5 der Anklage/Fallakte 14):
33Anfang Februar 2013 bestellte S wiederum mindestens drei Kilogramm Marihuana der Qualität „gehobener Standard“ bei seinem niederländischen Lieferanten “B“. In der Folgezeit nahm er Kontakt zu seinen diversen Abnehmern auf und vereinbarte mit diesem verschiedene Treffen zur Geldübergabe, die im Wesentlichen der Angeklagte H im Auftrag des S wahrnahm. Am 11.02.2013 fuhr der Angeklagte H den S in seinem D in die Niederlande, wo er bei „B“ die bestellten Betäubungsmittel abholte und diesem den Kaufpreis für die Drogen übergab. Anschließend übergab S dem Angeklagten P, der zuvor wieder telefonisch über die anstehende Einfuhrfahrt informiert worden war, das Marihuana, indem er dieses in einer Tasche in den Kofferraum des von P gesteuerten B stellte. Für die Einfuhr wurde der nächste Tag, der 12.02.2013, vereinbart. An diesem Tag fuhr der Angeklagte H mit seinem D mehrfach bei T/W über die Grenze und stellte dabei fest, dass dort Zollkontrollen stattfanden. Er nahm in diesem Fall direkt telefonisch Kontakt zu dem Angeklagten P auf und warnte diesen. P schlug aufgrund dessen zunächst einen anderen Treffpunkt an einem anderen Grenzübergang vor. Schließlich kam man - wohl durch eine Veränderung der Grenzkontrollsituation - aber überein, die Betäubungsmittel doch bei W über die Grenze in die Bundesrepublik einzuführen. Gegen 9:00 Uhr reiste der Angeklagte H in dem von ihm gesteuerten D als Vorauskommando gefolgt von dem Angeklagten P in dem B, der die Betäubungsmittel in seinem Kofferraum hatte, über die Grenze in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nachdem beide Fahrzeuge in O eingetroffen waren, nahm der Angeklagte H das in einer Sporttasche verpackte Marihuana aus dem Kofferraum des P und überbrachte die Drogen sodann dem S. Die Betäubungsmittel wurden anschließend an diverse Abnehmer ausgeliefert. Ob der Angeklagte H dabei als Lieferant in Erscheinung getreten ist, konnte nicht festgestellt werden. Er erhielt von dem S für seine Tätigkeit Marihuana zu seinem Eigenkonsum und das Benzingeld erstattet. Der Angeklagte P erhielt von dem Angeklagten H den von S bereitgestellten Kurierlohn für die Fahrt in Höhe von mindestens 400,00 €. Er wusste, dass es um die Einfuhr zum Handeltreiben von Marihuana im Mehrkilogrammbereich ging. Das eingeführte und gehandelte Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt an THC von mindestens 12 %.
34Tat 5 (Fall 6 der Anklage/Fallakte 15):
35Am 25.02.2013 fuhr der Angeklagte H den S zunächst zu mehreren Abnehmern in C, F, damit S dort Gelder zum Betäubungsmitteleinkauf abholen konnte. Anschließend fuhr er den S in seinem Fahrzeug D in die Niederlande zu dessen Lieferanten „B“. Dort hatte S mindestens drei Kilogramm Marihuana bestellt, das beide gemeinsam abholten. Auf einem Parkplatz in M erfolgte die Übergabe der Drogen an den Angeklagten P. Dabei wurden die Betäubungsmittel von S aus dem Kofferraum des D genommen und in den Kofferraum des von P gesteuerten B gestellt. Gegen Abend reisten S und der Angeklagte H als Vorauskommando, in größerem Abstand gefolgt von P, der die Betäubungsmittel in dem B mit sich führte, über die Grenze bei H wieder in das Bundesgebiet ein. Nach Ankunft beider Fahrzeuge in O entnahm S oder H die Sporttasche mit mindestens drei Kilogramm Marihuana der Qualität „ gehobener Standard“ dem Fahrzeug. Anschließend veräußerte S die Betäubungsmittel gewinnbringend an diverse Abnehmer weiter. Der Angeklagte P erhielt von S mindestens 400,00 € als Kurierlohn. Er wusste, dass es um die Einfuhr zum Handeltreiben von mehreren Kilogramm Marihuana ging. Das eingeführte und gehandelte Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt an THC von mindestens 12 %.
36Nach dieser Tat stellte der Angeklagte H seine Tätigkeit für den S ein.
37Tat 6 (Fall 7 der Anklage/Fallakte 18):
38Mitte März 2013 nahm der Zeuge S erneut telefonisch Kontakt zum Angeklagten P auf und erklärte diesem, dass er für das folgende Wochenende seine Dienste als Drogenkurier benötige. Er hatte telefonisch bei seinem niederländischen Lieferanten „B“ mindestens drei Kilogramm Marihuana der Qualität „gehobener Standard“ bestellt. Am 24.03.2013 fuhr S in die Niederlande, holte die bestellten Drogen ab und traf sich anschließend in den Niederlanden mit dem Angeklagten P, wobei er das Marihuana in einer Sporttasche in den Kofferraum des von diesem gesteuerten B stellte. Sodann reiste S als Vorauskommando, wie üblich und abgesprochen in größerem Abstand gefolgt vom Angeklagten P, der die Betäubungsmittel in dem Fahrzeug bei sich führte, über den Grenzübergang bei H in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Angeklagte P übergab die Betäubungsmittel in O an den S, der diese anschließend gewinnbringend weiterveräußerte. Der Angeklagte P erhielt für diese Fahrt wiederum einen Kurierlohn von mindestens 400,00 €. Er wusste, dass es um die Einfuhr zum Handeltreiben von mehreren Kilogramm Marihuana ging. Das eingeführte und gehandelte Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt an THC von mindestens 12 %.
39Tat 7 (Fall 8 der Anklage/Fallakte 20):
40Am 06.04.2013 fuhr der S erneut in die Niederlande und holte mindestens drei Kilogramm Marihuana ab, die er zuvor bei seinem Lieferanten „B“ bestellt hatte, in M ab. Gegen Mittag traf er dann aufgrund telefonischer Vereinbarung den Angeklagten P bei N in L in den Niederlanden. Er stellte die Sporttasche mit den erworbenen Betäubungsmittel in den Kofferraum des von P gesteuerten B. Anschließend fuhr S als Vorauskommando wie üblich in größerem Abstand gefolgt von dem Angeklagten P, der die Betäubungsmittel in seinem Fahrzeug über die Grenze schmuggelte, zurück nach O. Dort angekommen entnahm S die Tasche mit dem Marihuana dem Kofferraum des B und lieferte diese in der Folgezeit an unterschiedliche Abnehmer in C und F aus. Der Angeklagte P erhielt für diesen Kurierdienst von S wiederum mindestens 400,00 €. Er wusste, dass es um die Einfuhr zum Handeltreiben von mehreren Kilogramm Marihuana ging. Das eingeführte und gehandelte Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt an THC von mindestens 12. %.
41Tat 8 (Fall 9 der Anklage/Fallakte 21):
42Am 26.04.2013 reiste S mit dem PKW seiner Lebensgefährtin, einem B, über den Grenzübergang bei H erneut in die Niederlande ein und kundschaftete dabei die Lage an der Grenze aus. Anschließend holte er bei „B“ in M aufgrund telefonischer Vorbestellung ca. dreieinhalb Kilogramm Marihuana und 500 Gramm Haschisch ab. Da er die Situation als günstig für einen Einfuhrschmuggel befunden hatte, traf er sich nach Kontaktaufnahme unmittelbar mit dem Angeklagten P und übergab diesem in den Niederlanden eine Reisetasche mit den Betäubungsmitteln, indem er diese in den Kofferraum des von diesem gesteuerten B stellte. P wusste, dass es um die Einfuhr zum Handeltreiben von mehreren Kilogramm Marihuana ging.
43Gegen 13:00 Uhr fuhr S als Vorauskommando, in größerem Abstand gefolgt von dem Angeklagten P, der die Betäubungsmittel in seinem Pkw B mit sich führte, über die deutsch-niederländische Grenze bei H wieder in das Bundesgebiet. Nach Ankunft beider Fahrzeuge gegen 14:00 Uhr in O entnahm S die Tasche mit den Betäubungsmitteln dem Fahrzeug des P und übergab diesem einen Kurierlohn von mindestens 400 €. Unmittelbar danach wurden S und der Angeklagte P festgenommen. Im Kofferraum des Fahrzeugs des S wurde eine Reisetasche mit 991,07 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 13,9 % THC, 995,87 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 16,1 % THC, 996,03 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 15,3 % THC, 496,18 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 16,2 % THC und fünf Platten Haschisch mit einem Gesamtgewicht von 486,59 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 14,6 Gramm THC sichergestellt. Der Angeklagte P führte 445,00 € Bargeld mit sich, das beschlagnahmt wurde. Darüber hinaus wurde in dem Fahrzeug des Angeklagten P ein Navigationsgerät sichergestellt.
44III.
45Ausgangspunkt des Verfahrens war ein von der Staatsanwaltschaft Bochum geführtes Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen N. Dieser war durch einen Zeugen des Betäubungsmittelhandels bezichtigt und dann bei einer Polizeikontrolle mit 400 Gramm Marihuana festgenommen worden. Daraufhin wurden mehrere richterlich angeordnete Telekommunikationsüberwachungs- und Observationsmaßnahmen durchgeführt, die zunächst nur schleppend zu Ergebnissen führten, durch die aber die Angeklagten in den Blickpunkt der Ermittlungsbehörden gerieten. Bei der Observation des N wurde das Fahrzeug des Angeklagten H beobachtet. Die Überprüfung des Kennzeichens ergab als Halterin die Lebensgefährtin des Angeklagten H, die unter derselben Anschrift wie H gemeldet war. Damit einhergehend sind Telefonate abgehört worden, in denen der Lieferant des N die Ankunft seines Cousins Q ankündigte. Durch diese Maßnahmen stellte sich dann unter anderem heraus, dass der anderweitig verfolgte Zeuge N bei dem S Betäubungsmittel im Kilogrammbereich erwarb, während die Drogen durch den Angeklagten P aus den Niederlanden in die Bundesrepublik geliefert wurden. Der Angeklagte H und der S wurden dann mehrfach observiert, als sie die deutsch-niederländische Grenze passierten. Am 26.04.2013 wurde der Zeuge S dann auf einer Fahrt in dem B seiner Lebensgefährtin von O bis zur niederländischen Grenze von Polizeibeamten beobachtet. Nach der Wiedereinreise wurde der B des S bis zum Ende der Fahrt auf der I-straße/G-straße in O observiert. Das mobile Einsatzkommando der Polizei beobachtete den Angeklagten P bei der Grenzüberquerung mit dem B mit dem niederländischen Kennzeichen ### bei H. Als beide Fahrzeuge Kofferraum an Kofferraum parkten und der S eine schwarze Tasche aus dem Kofferraum des B in den Kofferraum seines Wagens gestellt hatte, erfolgte der Zugriff der Polizeibeamten. Trotz des massiven Auftretens der Polizeibeamten, die die Scheibe an seinem Fahrzeug zertrümmert hatten, zeigte sich der Angeklagte P völlig ruhig und gab bereitwillig Auskunft. Das in dem B des Angeklagten P sichergestellte Navigationsgerät der Marke O zeigte als letztes Ziel die G-straße in O. Dabei handelt es sich um die Adresse der Straße, auf der der Angeklagte und S am 26.04.2013 festgenommen worden sind.
46Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten H am 27.04.2013 wurde wurden 2,1 Gramm Marihuana sichergestellt. Auch der Wohnung des S wurde durchsucht, wobei große Mengen von Marihuana vorgefunden wurden, die im Wohnzimmer offen auf dem Tisch lagen. Im Schlafzimmer wurden Kisten mit Haschischplatten, Marihuana und Viagra sichergestellt. In jedem Zimmer und in jedem Schrank fanden die Polizeibeamten Drogen. Im Kühlschrank in der Küche wurden 6,6 Kilogramm Amphetamin sichergestellt
47Der Angeklagte H ist am 27.04.2013 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.04.2013 – 64 Gs 1097/13 – vorläufig festgenommen worden und befindet sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft in der JVA I. Das Amtsgericht Bochum hat den Haftbefehl am 17.6.2013 - 64 GS 2097/13 - neu gefasst.
48Der Angeklagte P ist am 26.04.2013 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.04.2013 – 64 Gs 1098/13 – vorläufig festgenommen worden und befindet sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft in der JVA E.
49IV.
50Diese Feststellungen beruhen ganz überwiegend auf den geständigen Einlassungen der Angeklagten, an deren Richtigkeit zu zweifeln, kein Anlass besteht, den glaubhaften Bekundungen der Zeugen S, N, KHK S, KHK L, Staatsanwältin L, KHK I und KHK T, weiterhin auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. med. N, Facharzt für Psychiatrie, den bezüglich beider Angeklagten in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszügen vom 27.08.2013, dem in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des Institutes für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums N vom 4.6.2013 ( Bl. 2561-2568 der Akte), den in der Hauptverhandlung abgespielten Gespräche aus der Telefonüberwachung und den übrigen sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergebenden Beweismitteln.
511.Einlassung des Angeklagten H
52Der Angeklagte H hat sich hinsichtlich der getroffenen Feststellungen zum Tatgeschehen im Lauf der Hauptverhandlung letztlich vollumfänglich eingelassen. Nachdem er zunächst erklärt hatte, er habe den S in die Niederlande gefahren, wobei er lange Zeit gedacht habe, dass es bei den dort abgewickelten Geschäften um den Ankauf von Maschinen für dessen Gewürzhandel gegangen sei, hat er später eingeräumt, bereits seit 2012 von den Drogengeschäften Kenntnis gehabt zu haben. Zunächst habe S ihn gebeten, Geld von „Kollegen“ abzuholen, diese Situation habe sich mehrfach wiederholt, wobei er dann in der Folgezeit im Gegenzug Päckchen abgeben sollte. Er habe gewusst, dass in den Päckchen Marihuana gewesen sei, das habe für ihn aber zunächst keine Rolle gespielt. Ihm sei es lediglich darum gegangen, durch die Beziehung zu S an Marihuana zum Eigenkonsum zu kommen. Es habe sich um Gefälligkeiten gehandelt, die mit der Überlassung von fünf bis 10 Gramm Marihuana honoriert worden sei. Man habe auch oft zusammen konsumiert. Das Marihuana habe keine direkte Gegenleistung für seine Dienste dargestellt. S habe erzählt, dass er eine Firma für Kaminholz habe aufmachen wollen. Er habe die ganze Zeit gehofft, bei diesem eine ordentliche Anstellung zu erhalten, vorzugsweise in dessen Gewürzhandel in T.
53Ab 2012 sei er dann ein bis zwei Mal mit S in die Niederlande gefahren. Bei einem Treffen in den Niederlanden bei einem Steuerberater habe er dann auch zuerst den Angeklagten P kennengelernt. Schließlich habe er immer größere Päckchen ausliefern sollen, das sei ihm gefährlich geworden und er habe versucht, sich von S zu distanzieren. Er habe einmal behauptet, er könne nicht fahren, weil sein Auto defekt gewesen sei. Manchmal habe er sich nicht gemeldet. Zwischen April und August 2012 habe er sich in Polen aufgehalten und in der Zeit viel Alkohol getrunken, weil er kaum Zugang zu Marihuana gehabt habe. Er habe dann einen Bekannten getroffen, der ihm eine Arbeit in Bayern angeboten habe, nämlich die Stahlkonstruktion für ein Auslieferungslager der Firma F zu errichten. Sein D sollte als Transportmittel für andere Montagearbeiter dienen. Die Montagetätigkeit sollte vier Monate dauern. Deshalb habe er 60 Gramm Marihuana gebraucht, um die Zeit zu überbrücken. Da habe ihm S vorgeschlagen, wieder Betäubungsmittel für ihn zu überbringen und er habe von diesem das Marihuana erhalten.
54Nachdem er aus Bayern zurückgekehrt gewesen sei, sei er psychisch angeschlagen gewesen, weil er mit angesehen habe, wie ein Kollege bei den Montagearbeiten vom Gerüst gestürzt und infolgedessen verstorben sei. Er habe sich nicht zu einer anderen Arbeit motivieren können und habe den S wieder gefahren und auch die Grenze für P gesichert. Insgesamt sei er zwei- bis dreimal vorausgefahren. Ansonsten habe er die Grenze von deutscher Seite aus beobachtet. Das Amphetamin habe er zu N gebracht und Geld entgegengenommen und später auch einen Teil wieder abgeholt. Die Taten zu II.1 bis 5. habe er begangen, wobei er nicht wisse, welche Mengen oder Qualitäten gehandelt worden seien. Das Marihuana, das von S erhalten habe, sei eine gute Standardqualität gewesen. Haze habe er nicht konsumiert.
55Auch zu seinem Lebenslauf hat der Angeklagte umfassende Angaben getätigt. Die Kammer hat insoweit keine Zweifel an der Richtigkeit der Einlassung, zumal diese durch die glaubhaften Bekundungen des Mitangeklagten P, der Zeugen S, N und KHK S und den übrigen sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergebenden Beweismittel bestätigt worden sind.
562.Einlassung des Angeklagten P
57Der Angeklagte P hat sich hinsichtlich der getroffenen Feststellungen zu seinem Lebenslauf und zum Tatgeschehen durch Schriftsatz seines Verteidigers Rechtsanwalt L vom 31.10.2013, der in der Hauptverhandlung durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt T verlesen worden und als Anlage zum Protokoll genommen worden ist, zunächst wie folgt eingelassen:
58Er habe den Zeugen S Mitte 2011 kennengelernt und sei davon ausgegangen, dass es sich um einen Geschäftsmann gehandelt habe. Man habe gemeinsam versucht, eine Handelsfirma zu gründen. Er selbst habe einen Bandscheibenvorfall erlitten und habe seinen geschäftlichen Kontakt zu ihm aufgrund der gesundheitlichen Probleme zunächst eingestellt. Das sei etwa im August 2012 gewesen. Er habe sich dann in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und habe S angerufen, ob dieser ihm helfen könne. S habe ihn gefragt, ob er bereit sei, etwas über die Grenze zu bringen. Direkt über Drogen sei nicht gesprochen worden. Ihm sei jedoch klar gewesen, dass es sich um Haschisch und Marihuana handeln würde. Die Einzelheiten zu den konkreten Geschäften seien ihm nicht mitgeteilt worden. Die Gelder, die er bekommen sollte, seien pro Fahrt ausgehandelt worden. Er habe zwischen 200,00 und 400,00 € pro Fahrt erhalten. S und H hätten die Drogen in Holland, seiner Meinung nach in M, gekauft. Bei wem die Drogen erworben worden seien, sei ihm nicht bekannt gewesen. Seine Aufgabe habe lediglich darin bestanden, von A nach B zu fahren. In jedem einzelnen Fall habe der Zeuge S Kontakt zu ihm aufgenommen. In der Nähe von M habe er dann an verschiedenen Orten die Sporttaschen mit der Ware erhalten. Er selbst habe zu diesen Drogen keinen Kontakt gehabt. Für den Transport habe er sich ein Fahrzeug von einem Freund geliehen. Der Zeuge S sei selbst mit einem Auto gekommen. Dann sei sein Kofferraum geöffnet worden und dort hinein sei die Tasche gestellt worden. S oder H seien dann voraus gefahren. Er habe die Drogen immer an dieselbe Adresse in einem Industriegebiet in O geliefert, die er in sein Navigationssystem eingegeben habe. Der Zeuge S oder der Mitangeklagte H seien zunächst über die Grenze gefahren. Dann hätten sie telefonisch Kontakt zu ihm aufgenommen und ihm mitgeteilt, ob die Überfahrt sicher sei. Wenn er die Grenze passiert hatte, habe er S oder H angerufen und mitgeteilt, dass alles gut gegangen sei. Er habe dann auch seine voraussichtliche Ankunftszeit in O genannt, die er dem Navigationsgerät entnommen habe. In O habe er sich dann entweder mit S oder H getroffen, die die Tasche mit den Drogen aus dem Kofferraum genommen hätten. Anschließend sei er nach Holland zurückgefahren. Seinen Kurierlohn habe er noch in O erhalten.
59Der Angeklagte hat im Anschluss an die Verlesung des Schriftsatzes erklärt, dass es sich um seine eigene Erklärung handelt. Anschließend und in der weiteren Hauptverhandlung hat er sich persönlich und ergänzend wie folgt eingelassen:
60Die Taten, die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegt worden seien, träfen zu. Er habe aber bereits viel früher begonnen, für S Betäubungsmittel in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen. Nach seiner Erinnerung habe er schon im August oder Herbst 2012 Marihuana für diesen über die Grenze geschmuggelt. Die Einfuhrfahrten seien meist mit zwei Fahrzeugen erfolgt. Er sei mit dem von ihm gesteuerten B nie zuerst über die Grenze gefahren. Es sei immer ein Wagen vorausgefahren, dessen Fahrer nach Zollkontrollen Ausschau gehalten und ihn gegebenenfalls telefonisch gewarnt habe. Dabei sei darauf geachtet worden, dass eine Autobahnabfahrt zwischen den Fahrzeugen gelegen habe, so dass er hätte herausfahren können, wenn der Vorausfahrende ihm über sein Handy mitgeteilt hätte, dass Kontrollen stattfinden oder es andere Probleme gebe. Nach einer telefonischen Benachrichtigung sei einmal der Wechsel eines Grenzübergangs erfolgt. In diesem Zusammenhang habe er einmal direkt mit H telefoniert, der erst dazu geraten habe, aus Sicherheitsgründen den Grenzübergang in T zu meiden und nach H zu wechseln. Als er dann die Autobahn gewechselt und in Richtung H gefahren sei, habe H dann doch grünes Licht für den ursprünglich geplanten Übergang gegeben und er sei zurück nach T gefahren. Die Taschen mit dem Marihuana habe er stets von S oder H in der Nähe von M erhalten. Nachdem er die Drogen über die Grenze in ein Industriegebiet nach O gefahren habe, seien die Taschen seinem Kofferraum entnommen worden. Den Kurierlohn habe der gezahlt, der die Taschen abgeholt habe. Meistens sei es derselbe gewesen, der zuerst die Tasche übergeben oder in sein Auto gestellt hat. Er habe für eine Fahrt zwischen 200,00 € und 400,00 € erhalten. Die Beträge seien nicht mit ihm verhandelt worden. Er habe angenommen, dass die Unterschiede in der Entlohnung von der Menge der eingeführten Drogen abhängig gewesen seien. Er habe immer ein bis zwei Sporttaschen mittlerer Größe transportiert, wobei er davon ausgegangen sei, dass es sich um Marihuana gehandelt habe. Weder mit S noch mit H sei über die Drogen oder deren Qualität gesprochen worden. Meist habe er die Tasche mit den Drogen nicht selbst in der Hand gehabt. Er habe auch keine Ahnung, was die Drogen genau wiegen würden. Er schätze jedoch, dass die Tasche jeweils 4 bis 5 Kilogramm gewogen habe. Soweit er die Tasche nicht selbst angehoben und getragen habe, vermute er dieses aufgrund der Trägheit der Bewegung, mit der die Taschen abgestellt oder aufgenommen wurden.
61Einmal sei vorgekommen, dass die Lieferung nicht komplett gewesen sei und einmal habe er eine Lieferung in zwei Teilmengen über die Grenze gebracht. Neben dem Kurierlohn habe er keine weiteren Leistungen erhalten. S habe ihn zu Beginn seiner Tätigkeit ein- bis zweimal in ein Schnellrestaurant eingeladen. Er habe das Gefühl gehabt, dass S allein das Sagen hatte. Er habe den Mitangeklagten H über diesen kennengelernt. Viel sei zwischen ihnen nicht gesprochen worden und er habe ihn auch nicht bei seinem Vornamen Q genannt. Sein Kurierlohn sei ihm in Scheinen zusammengerollt in Plastikfolie übergeben worden. Ihm sei in M bei der Übergabe der Drogentasche gesagt worden, wie viel Geld er für die Fahrt bekommen werde. Es seien meist 200,00 Euro oder 400,00 Euro gewesen. Was sie ihm angekündigt hätten, sei dann auch gezahlt worden und in der Plastikfolie eingerollt gewesen. Er habe nie hinterfragt, ob der Kurierlohn angesichts der eingeführten Betäubungsmittelmengen angemessen gewesen sei und habe eigentlich auch nicht recht wissen wollen, was in den von ihm eingeführten Taschen gewesen sei und habe auch die Taschen nicht geöffnet. Er habe dem S vertraut und deshalb auch nicht befürchtet, dass statt Haschisch oder Marihuana etwa Heroin oder Waffen in den Taschen gewesen seien. S oder H hätten die Betäubungsmittel in einer großen oder zwei kleineren Sporttaschen geliefert. Ob die Taschen jeweils wiederverwertet worden seien, wisse er nicht. Es habe sich um unauffällige schwarze Sporttaschen, wohl der Marke „b“, gehandelt. Er habe sich die Taschen aber nicht so genau angesehen, um beurteilen zu können, ob sie mehrfach zum Transport verwendet worden seien.
62Mit dem Mitangeklagten H habe er nur sehr wenig gesprochen, es habe Sprachprobleme gegeben. Man habe sich einmal über das Holzgeschäft unterhalten. Über den Inhalt der Sporttaschen habe er nicht mit ihm gesprochen. Wenn H in O die Taschen abgeholt habe, habe er auch seinen Kurierlohn für die Einfuhr dabei gehabt. Er selbst sei in diesen Fällen von S zuvor angerufen worden, der ihm das Erscheinen von H angekündigt habe. Dieser habe immer den D gefahren, während S den B gesteuert habe.
63Die Kammer hat hinsichtlich der unter II. festgestellten Taten im Wesentlichen keinen Anlass an der Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten P zu zweifeln. Seine Bekundungen decken sich mit der geständigen Einlassung des Angeklagten H und den Aussagen der Zeugen S und KHK S. Soweit der Angeklagte keine genauen Angaben über die jeweilige Menge und Qualität der eingeführten Betäubungsmittel gemacht hat, ergeben sich die Feststellungen aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen S und auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des Institutes für Rechtsmedizin bezüglich der Tat II.8. (Siehe IV.4.)
64Soweit die Kammer festgestellt hat, dass der Angeklagte P - abweichend von seiner Einlassung - für jede Einfuhrfahrt mindestens 400,00 € erhalten hat, beruht dies auf den insoweit glaubhaften Bekundungen des Zeugen S.
653.Zeuge S
66Auf der insoweit glaubhaften Aussage des Zeugen S beruhen die Feststellungen zur Menge und zur Qualität des eingeführten Marihuanas und des gehandelten Amphetamins. Er hat bekundet, er sei im Betäubungsmittelhandel gewesen, wobei es vorrangig um Marihuana der Qualitäten Standard oder Haze gegangen sei. Daneben habe er auch Amphetamin eingeführt. Er habe stets nur gute Qualität gekauft und die Ware direkt in Holland selbst geprüft. Wenn die Drogen qualitätsmäßig nicht gut gewesen seien, habe er die Ware nicht abgenommen und auf bessere Ware gewartet. Er habe grundsätzlich über zwei Drogenkuriere verfügt. Erst bei späteren Fahrten habe er den Angeklagten P als Fahrer eingesetzt. Davor habe er andere Kurierfahrer beschäftigt. Die Betäubungsmittel seien in Tüten eingeschweißt gewesen und in einer großen Sporttasche transportiert worden. Er habe die Drogen so von seinem Händler „B“ geholt. Er sei mit zwei Fahrzeugen in die Niederlande gefahren, weil er die Betäubungsmittel nicht in seinem Auto habe transportieren wollen. Ein Fahrer sei dann mit Abstand vorgefahren und habe nach Grenzkontrollen Ausschau gehalten. Wenn er selbst ein gutes Gefühl gehabt habe, habe er den Angeklagten P angerufen und diesem erklärt, dass er nun über die Grenze fahren könne.
67Beide Angeklagte hätten eigentlich nicht viel miteinander zu tun gehabt. H sei nicht sein Cousin, obwohl er ihn bei Kunden des Öfteren als solchen ausgegeben habe. Das habe Vertrauen geschaffen. Er kenne H schon seit der Kinderzeit in Polen. P und H hätten allerdings in Einzelfällen Kontakt gehabt. Im Allgemeinen sei aber alles über ihn persönlich gelaufen, das sei quasi „ein telefonisches Dreieck“ gewesen. Er habe die Sache nicht aus der Hand geben wollen. Er habe dann mit beiden telefonisch in Kontakt gestanden und habe auch die Einfuhrfahrt abgebrochen, wenn er ein schlechtes Gefühl gehabt habe. Der Angeklagte P habe in diesen Fällen die Betäubungsmittel wohl bei sich im Auto liegen gelassen und die Einfuhrfahrt zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen. Das Fahrzeug des P, einen B, habe dieser sich von einem Bekannten von C, der wohl sein Vermieter sei, leihen müssen. Probleme habe es dadurch nicht gegeben, denn der Angeklagte P habe dem Eigentümer des Fahrzeugs rechtzeitig Bescheid gesagt. Manchmal habe er diesen auch selbst kontaktiert und gefragt, ob er sein Fahrzeug dem P überlassen könne. Der Angeklagte P habe für die Einfuhrfahrten je nach Menge des Rauschgiftes jeweils 400,00 bis 1000,00 € bekommen. Die Höhe der Bezahlung habe in seinem Ermessen gestanden, da P nicht konkret gewusst habe, welche Betäubungsmittelmengen in den Taschen gewesen seien. Er könne sich nicht erinnern und ausschließen, dass er ihm Beträge unter 400,00 € oder sogar lediglich 200,00 oder 250,00 € für eine Fahrt gegeben habe. Sollte einmal ein geringerer Betrag übergeben worden sein, könne es sich nur um eine Teilzahlung gehandelt haben, wenn er das gesamte Geld einmal nicht zur Verfügung gehabt habe. Er habe das Geld abgezählt, zusammengerollt und dem P übergeben. Manchmal habe er ihm sogar 50,00 € zusätzlich gegeben oder ihn zum Essen eingeladen, wenn er bei der Überfahrt selbst ein schlechtes Gefühl gehabt habe und diese nach seiner Einschätzung gefährlich gewesen sei. Nach seiner Erinnerung habe der Angeklagte P nur für eine Fahrt 1000,00 € bekommen, bei den anderen Fahrten habe der Kurierlohn darunter gelegen.
68Die genauen Mengen der bei den jeweiligen Einfuhrfahrten transportierten Rauschgiftmengen könne er aufgrund des Zeitablaufes im Einzelnen nicht mehr nachvollziehen. Es habe aber sicher keine Einfuhrfahrt gegeben, bei der die eingeschmuggelte Betäubungsmittelmenge unter drei Kilogramm gelegen habe; unter dieser Menge sei er grundsätzlich nicht gefahren. Dann habe er abgewartet, bis sein Lieferant eine größere Menge zur Verfügung gehabt habe. Ansonsten hätte es sich für ihn nicht gerechnet. Wenn die Qualität der angebotenen Drogen nicht gut gewesen sei, dann habe er auch schon mal „die ganze Sache abgeblasen“. Die Verteilung der eingekauften Betäubungsmittel in Marihuana in Standardqualität oder Haze sei von den Bestellungen seiner Abnehmer abhängig gewesen. Er sei mit dem Angeklagten H in dessen D nach M gefahren, wenn „B“ die telefonisch vorbestellten Drogen bereitgestellt hatte. In Einzelfällen habe er auch den B seiner Freundin benutzt. Nach seiner Erinnerung sei er in mindestens drei Fällen mit H gefahren. Soweit ihm vorgehalten werde, dass dieser erklärt habe, öfter für ihn Drogen transportiert zu haben, sei das möglich. Eine genaue Erinnerung habe er nicht mehr daran. Der Angeklagte H habe auch Gelder bei den Bestellern abgeholt, Verhandlungen über Beträge habe er aber nicht geführt. Die Gelder seien diesem von den Bestellern in verschlossenen Briefumschlägen übergeben worden. Auf diesen habe gestanden, welcher Betrag darin gewesen sei. Der Angeklagte H habe auch später die portionierten und in Päckchen abgepackten Drogen an die Besteller ausgeliefert. Wie viel jeweils in den Päckchen gewesen sei, habe der Angeklagte H nicht wissen können. Er habe lediglich als Kurier fungiert und auch keine rechte Lust zu dieser Tätigkeit gehabt, dann habe er schon mal erklärt, sein Auto sei defekt oder er sei nicht zu erreichen gewesen.
69Einmal habe H Amphetamin ausgeliefert, wobei es eine Reklamation gegeben habe. Der Zeuge N habe zwei Kilogramm Amphetamin bestellt gehabt und habe ein Kilogramm davon wegen angeblich schlechten Geruchs wieder zurückgegeben. Da habe etwas nicht gestimmt, denn die Ware habe aus einer Lieferung gestammt und es sei N möglich gewesen, ein Kilogramm zu verkaufen. Der Angeklagte H habe das Amphetamin in C an N ausgeliefert und das reklamierte Kilogramm möglicherweise auch wieder abgeholt. Er sei sich aber nicht sicher, es sei auch möglich, dass er das Amphetamin selbst wieder abgeholt habe. Wenn ihm vorgehalten werde, dass der Abholer mit einem D nach C gekommen sei, dann sei das doch der Angeklagte H gewesen, denn den D habe dieser nur selbst gefahren.
70Er habe in M Marihuana in Standardqualität für 3,70 € bis 4,50 € eingekauft und dieses in größeren Mengen für 4,70 € bis 5,20 € weiterverkauft. Für Marihuana der Qualität Haze habe er in den Niederlanden 5,50 € bis 6,40 € zahlen müssen und dieses in größeren Mengen für 7,00 € bis 7,20 € in der Bundesrepublik weiterverkauft. Das Amphetamin habe pro Kilo 1200,00 bis 1400,00 € gekostet. N, der der einzige Besteller für Amphetamin gewesen sei, habe dann 1800,00 bis 2000,00 € pro Kilogramm gezahlt. Das Amphetamin, das N reklamiert habe, habe er nicht an den Lieferanten zurückgebracht, das sei bei ihm verblieben. Er habe auf Bestellung auch gelegentlich Haschisch einführen lassen und auf den Einkaufspreis 1,40 € bis 1,60 € pro Gramm aufgeschlagen. Zum Teil habe er auch mit Viagraprodukten gehandelt und auch den Bekannten des Angeklagten P, der „Chef“ genannt worden sei und dem der B gehört habe, gefragt, ob er die Tabletten für 1,40 € das Stück in Saunaclubs in den Niederlanden absetzen könne.
71Seit 2012 habe er ständig Marihuana guter Qualität zur Verfügung gehabt. Den Angeklagten H habe er für seine Tätigkeiten nicht entlohnt, denn sie seien Freunde. Dieser habe keine Gegenleistung für den Transport erhalten, habe ihm aber mal 5 Gramm oder 10 Gramm Marihuana überlassen. H habe viel Marihuana geraucht und mindestens 10 bis 12 Gramm pro Woche verbraucht. Manchmal seien es auch 15 Gramm gewesen. Nachdem dieser aus Bayern zurückgekommen sei, habe er keine Arbeit gefunden. Er habe ihn deshalb die Halle seines Gewürzunternehmens in T renovieren lassen, um ihn für sich zu gewinnen. Am Anfang habe er dem Angeklagten H nicht gesagt, dass er mit Drogen handele. Er habe ihn nur darum gebeten, ´mal ein Päckchen abzugeben oder abzuholen oder auch Gelder entgegenzunehmen. H habe aber schnell gemerkt, dass es um Drogengeschäfte gegangen sei. Er habe wohl zu dieser Tätigkeit “keinen Bock oder Angst“ gehabt und deshalb schnell wieder aufgehört. H habe erst 2013 gewusst, dass er mit Marihuana und anderen Drogen gehandelt habe. Erst nachdem sie mehr Zeit miteinander verbracht hatten, sei ihm das offenbar geworden. Kurz darauf habe sich H von ihm getrennt. Er gehe davon aus, dass H betreffend die Fälle 1 und 2 (Sommer 2012 und Januar 2013) der Anklage zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst habe, dass es sich bei den Lieferungen um Rauschgift gehandelt habe. Er gehe davon aus, dass er erst im Jahre 2013 erkannt habe, dass es um Drogenhandel gehe und sich deswegen von ihm getrennt habe. Er sei grundsätzlich vorsichtig, könne aber nicht ausschließen, dass er dem Angeklagten H gesagt habe, dass es bei den Lieferungen um Betäubungsmittel gehe.
72Zum Teil habe er dem H auch mal 5 Gramm Marihuana geschenkt, ohne dass dieser für ihn gefahren sei. Er selbst „habe ja an der Quelle gesessen und es sei ihm gut gegangen“. Im Jahr 2013 habe der Angeklagte H dann nicht mehr annehmen können, dass er mit Gewürzen gehandelt habe. Die Umstände des Umladens von Sporttaschen in Fahrzeuge hätten gegen einen solchen Handel gesprochen. Er selbst habe den H für seine Zwecke ausnutzen wollen. Er habe ihn involvieren wollen, weil er ein Freund gewesen sei, dem er vertraut habe. Man habe auch zusammen Marihuana konsumiert. Wenn es dem Angeklagten H finanziell schlecht gegangen sei, habe er ihm auch mal 100 € in die Tasche gesteckt, was aber ohne Zusammenhang mit einer Lieferung erfolgt sei.
73Wenn auch der Angeklagte S sichtlich bemüht war, den Tatbeitrag seines Freundes, des Angeklagten H, zu bagatellisieren und hinsichtlich des Tatzeitraumes hinter dem geblieben ist, was der Angeklagte H selbst eingeräumt hat, hält die Kammer die dezidierten Angaben des Zeugen zur Menge und zur Qualität des gehandelten Rauschgifts für glaubhaft. Es ist nachvollziehbar, dass für den Zeugen S die Einfuhrfahrten nur dann wirtschaftlich sinnvoll waren, wenn mindestens drei Kilogramm Marihuana eingeführt wurden. So hat der Angeklagte P das Gewicht der Sporttaschen, die er in seinem Fahrzeug transportiert hat, auf 4 bis 5 Kilogramm geschätzt. Die Kammer ist bei den Taten II. 2. bis II. 7. abweichend von den in der Anklageschrift aufgeführten Mengen zu Gunsten der Angeklagten davon ausgegangen, dass in diesen Fällen lediglich jeweils 3 Kilogramm Marihuana gehandelt bzw. eingeführt worden sind.
74Soweit die Kammer in den Fällen II.2. bis II.7. von Wirkstoffgehalten des Marihuanas von 12 % THC ausgegangen ist, hat sie die Qualitätsangaben des Zeugen S unter Berücksichtigung der Einkaufs- und Verkaufspreise und die Tatsache zugrunde gelegt, dass die im Fall II.8. sichergestellten Betäubungsmittel, die ebenfalls von dem Lieferanten „B“ stammen, Qualitäten zwischen 13,9 und 16,3 % THC aufwiesen. Der Wirkstoffgehalt bezüglich der im Fall II.8. sichergestellten Betäubungsmittel ergibt sich aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des Institutes für Rechtsmedizin der Universitätsklinik N vom 04.06.2013 (Bl. 2561 bis 2568 der Akte).
754. Betäubungsmittel-Gutachten
76Nach dem Gutachten der Dr. rer. nat. L und Prof. Dr. med. Q vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik N vom 04.06.2013 sind die im Fahrzeug des S in einer Reisetasche sichergestellten Betäubungsmittel gaschromatographisch-massenspektrometrisch anhand von Stichproben aus den einzelnen abgepackten Mengen untersucht worden. Dabei haben sich folgende Werte ergeben:
77- 991,07 Gramm Marihuana enthielten 13,9 % THC , mithin 137, 75 Gramm
78- 995,87 Gramm Marihuana enthielten 16,1 % THC , mithin 160,33 Gramm
79- 996,03 Gramm Marihuana enthielten 15,3 % THC , mithin 152,39 Gramm
80- 496,18 Gramm Marihuana enthielten 16,2 % THC , mithin 80,38 Gramm
81- 486,59 Gramm Haschisch enthielten 14,6 % THC , mithin 71,04 Gramm
82Insgesamt beläuft sich die reine Wirkstoffmenge auf 601,89 Gramm THC.
83Die Kammer hat keinen Anlass, an den von den Sachverständigen festgestellten Werten zu zweifeln. Die Untersuchungsmethoden sind erprobt und werden seit Jahren im Institut für Rechtsmedizin angewandt.
84Angesichts der festgestellten Qualität des Marihuanas, der jeweilig angegebenen Testung durch den S und dessen Qualitätsanspruch und Preisgestaltung hat die Kammer unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages betreffend die Taten zu II. 2 bis II. 8 die Zugrundelegung eines durchschnittlichen Wirkstoffgehalts von jeweils 12 % THC für angemessen gehalten.
855. Zeuge N
86Die Einlassung des Angeklagten H ist durch die Aussage des Zeugen N bestätigt worden. Der Zeuge hat glaubhaft bekundet, er habe den Angeklagten H zwei– bis dreimal gesehen. Dieser sei ein Kurier des S gewesen und habe Marihuana und Amphetamin vorbeigebracht, wobei er von S als Cousin angekündigt worden sei. H sei mit einem D angefahren gekommen und habe auch das Amphetamin, das er reklamiert habe, wieder abgeholt. Der Übergabeort sei der Parkplatz der Firma M in C gewesen. Er habe auch eine Teilzahlung von 1.800,00 € in einem Briefumschlag für S an H gegeben.
876. Zeuge KHK S
88Auf den glaubhaften Bekundungen des Zeugen KHK S beruhen die Feststellungen zu III. zu den Ermittlungsmaßnahmen und den Ergebnissen der Durchsuchung bei dem Angeklagten H und S. Der Zeuge hat mit guter Erinnerung die Ereignisse - wie festgestellt- geschildert.
897. Zeuge KHK L
90Der Zeuge ist als Vernehmungsbeamter vernommen worden, als noch nicht feststand, ob der Zeuge S vor der Kammer doch noch zur Sache aussagen würde. Er hat erklärt, er sei der Leiter der Ermittlungskommission gewesen und habe den Zeugen S zur Tatbeteiligung der Angeklagten vernommen. Dieser sei insoweit sehr zurückhaltend gewesen, habe aber den Angeklagten P als Kurierfahrer und den Angeklagten H als Fahrer, Absicherer und Überbringer dargestellt. S habe auch ihm gegenüber ausgesagt, dass er jeweils mindestens drei Kilogramm Marihuana in die Bundesrepublik habe einführen lassen. Die Aussage des S sei durch die Ergebnisse der Telefonüberwachungsmaßnahmen bestätigt worden, auch wenn Synonyme verwendet worden seien.
91Der Zeuge hat bestätigt, dass der Zeuge S auch in der polizeilichen Vernehmung angegeben habe, dass der Angeklagte P mindestens 400,00 € für eine Einfuhrfahrt, in einem Fall sogar 1.000,00 € erhalten habe.
928. Telefonüberwachung
93Die Abspielung von Gesprächen von der Daten-CD der Telefonüberwachung in der Hauptverhandlung hat die unter II. getroffenen Feststellungen belegt, dass es am 12.12.2013 ein telefonisches Gespräch zwischen den Angeklagten gegeben hat, in dem der Angeklagte H den Angeklagten P vor der Einfuhr von Betäubungsmitteln über den Grenzübergang T gewarnt hat. Gleichwohl benutzten sie, wie der Angeklagte P sich eingelassen hat, später doch den ursprünglich geplanten Grenzort.
94a)
95Die aufgezeichneten Telefongespräche CD 2/3 Leitung 0024 313 vom 12.02.2013, Beginn 8:44 Uhr und 9:01 Uhr zwischen den Angeklagten enthielten folgenden Gesprächsinhalt:
96P.: Hallo, guten Morgen, wie geht es Dir?
97H: Guten Morgen, wie geht´s Dir, alles klar bei Dir?
98P.: Joaaaa…
99H: Ja, weißt Du was, ich bin schon da. Aber ich… hier ist alles Kacke, weißt Du..
100P.: Ja, ich bin… ich bin fünf Minuten von W weg….
101H: Ich denke, wir fahren da nicht rüber, hier ist Scheiße.
102P.: Die Verbindung sehr schlecht, bitte noch mal..
103H: Ich sagte, hier ist Scheiße!
104P.:Ja? Ist Scheiße hier? Vielleicht……
105H: Fahr dort wie immer…, weißt Du ?
106P.: Ja is gut, dann fahr ich nun da.
107H: Ja, is besser denk ich.
108P.:Ja okay, dann bis später…
109H: Ja. Ja, weißt Du wo? Da wo gestern war..
110P.: Die gleiche Tankstelle, wo gestern waren?
111H: Nein nich hier, hier ist Scheiße !
112P.: Ich fahr Richtung H.
113H: Ja, genau , ja genau ..
114P.: Wo wir die letzte mal auch gemacht haben. An die Tankstelle…
115H: Ja, ja, ja, ja !
116P.: Ja!
117H: Das war H. Hier die Tankstelle?
118P.: Ja die Tankstelle war in H. Dann fahre ich da hin..
119H: Ja!
120P.: Okay,gut…
121Um 9.01 Uhr am selben Tag wurde zwischen den Angeklagten dann folgendes Gespräch geführt:
122P.: Ja hallo, alles klar. Ja, ich habe Problem mit die Verbindung mit die
123Telefon. Ich bin schon da. Bis dann 9.35 Uhr bin ich da.
124H: 9.35 Uhr ?
125P.: 9.35 Uhr ja, tschau!
126H:Tschau.
127b)
128Das aufgezeichnete Telefongespräch CD 2/3 Leitung 069 8512 vom 05.01.2013, Beginn 9:51 Uhr zwischen dem Zeugen S und dem Angeklagten P bestätigt die Einlassung des Angeklagten P bezüglich der Nutzung des B durch ihn und den Umstand, dass der Zeuge S selbst einmal Kontakt zu dem C aufgenommen hat, um die Überlassung des Fahrzeugs zu gewährleisten.
129P. Guten Morgen wünsch ich…
130S: Ein wunderschön guten Morgen und ein frohes Neues! Wie geht es Dir ?
131P.:Für Dich das Gleiche..
132S: Wie geht es Dir ?
133P.: Jaaa, was soll ich sagen, ruhig…
134S: Hast Du heute Zeit ?
135P.: Hast Du heute Zeit .. eem, weiß nicht, ob Auto da ist.
136S: ich ruf Chef an und meld mich gleich zurück .
137O.: Is gut.
138S: Alles klar, tschau….
13910. Zeugen I und T
140Beide Zeugen haben die Einlassung des Angeklagten H und die Angaben des Zeugen N zum Fall II.1. bestätigt. Der Zeuge KHK I hat bekundet, bei der Observation zwei männlicher Personen auf einem Parkplatz der Firma M in C beobachtet zu haben. Eine Person sei mit einem silbernen Kombi, einem ausländischen Modell, mit dem Kennzeichen die ### oder ## gekommen. Dieses Fahrzeug sei in Richtung M weggefahren. Er habe aber den Angeklagten selbst nicht identifizieren können.
141Der Zeuge KHK T hat erklärt, er habe eine kurzfristige Observation vorgenommen, nachdem er von einem anderen Kommissariat um Hilfeleistung gebeten worden sei. Er sei darüber informiert worden, dass der Zeuge N sich mit einem Lieferanten treffen wollte. Den Zeugen habe er von Fotos her gekannt. Er habe ihn aber schon bei einer anderen Observation gesehen. Im Bereich des M-Einkaufsmarktes in C habe er ihn dann auf dem Gehweg stehen sehen. N habe mit seinem Handy telefoniert. Anschließend habe er die X Straße überquert und sich mit einer männlichen Person getroffen, die sich auffällig Mühe gegeben habe, nicht aufzufallen. Es habe sich um einen Mann mittleren Alters in einem ungepflegten Zustand gehandelt. Soweit ihm anschließend die Lichtbilder des Angeklagten H vorgelegt worden seien, habe er diesen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder erkannt.
142V.
143Die Kammer hat das Verfahren durch Beschluss vom 07.01.2014 in Bezug auf den Anklagevorwurf zu 1) mit Blick auf die Strafbarkeit im Übrigen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit dem Angeklagten H ein gemeinschaftliches Handeltreiben mit zwei Kilogramm Marihuana mit dem Zeugen N im Sommer 2012 (wahrscheinlich Juli) zur Last gelegt worden ist.
144A) Angeklagter H
145Hinsichtlich der verbliebenen Vorwürfe hat sich der Angeklagte H wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln §§ 1, 3, 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27, 52, 53 StGB strafbar gemacht.
146Soweit die Anklage von einem gemeinschaftlichen Handeltreiben des Angeklagten mit S ausgegangen ist, konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon ausgegangen werden, dass beide aufgrund eines gemeinschaftlichen Tatplans gehandelt haben und der Angeklagte H die Taten als eigene wollte. Der Angeklagte H hat dem S allen Fällen gem. § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG i. V. m. § 27 StGB bei dessen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln lediglich Hilfe geleistet und bei den Taten zu II. 2. bis einschließlich II.5. den Mitangeklagten P Beihilfe tateinheitlich hierzu bei dessen Einfuhr der Betäubungsmittel unterstützt, indem er die Schmuggelfahrten absicherte. In jedem Einzelfall ist die nicht geringe Menge an Betäubungsmitteln überschritten worden. Der Angeklagte erhielt hierfür lediglich Marihuana zum Eigenbedarf, ein Taschengeld und die Fahrtkosten, so dass er in der Gesamtwürdigung nur als Gehilfe im Sinne des § 27 StGB anzusehen war.
147Bei der Tat zu II.1. hat er Beihilfe zum Handeltreiben mit zwei Kilogramm Amphetamin geleistet, wobei die Kammer ausgehend von den Angaben des Zeugen S - es habe sich um gute Qualität gehandelt - angesichts der erheblichen Menge des Amphetamins, ohne genaue Angaben zum Wirkstoffgehalt zu haben, davon ausgegangen ist, dass die nicht geringe Menge des § 29 a Abs. 1 BtMG ebenfalls überschritten worden ist. Bei den Taten II.2. bis II.5. liegt jeweils ein Überschreiten um das 48-fache der nicht geringen Menge des Marihuanas vor, die bei 7,5 Gramm THC liegt.
148Der Angeklagte H handelte schuldhaft.
149Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. N in seinem Gutachten leidet der Angeklagte H zwar unter einem chronischen Abhängigkeitssyndrom hinsichtlich des Gebrauchs von Cannabis. Suchtspezifische Symptome seien der Konsum bereits in den Morgenstunden, wie auch bei der Arbeit oder der Benutzung von Kraftfahrzeugen und der Versuch, Cannabis stets ausreichend zur Verfügung zu haben. So habe der Angeklagte zuvor ausgerechnet, wie viel Marihuana er während seiner Montagetätigkeit in Bayern benötigen werde und einen entsprechenden Vorrat mitgenommen. Phasenweise habe im Jahr 2012 zu der Zeit des Aufenthaltes in Polen und am Anfang des Jahres 2013 nach dem Unfall des Kollegen in Bayern auch ein abhängiger Alkoholkonsum vorgelegen. Es hätten auch Entzugssymptome bestanden. Dieses Krankheitsbild habe aber keine Auswirkungen auf seine Schuldfähigkeit gehabt. Der Angeklagte habe bei den Taten keine Rauscherscheinungen gezeigt und habe sehr planvoll gehandelt. Alle Taten wiesen ein komplexes Handlungsmuster auf, wobei sich der Angeklagte sich dadurch ausgezeichnet hat, dass er das Fahrzeug gesteuert habe, Kontrollen an der Grenze ausgespäht und Geld eingetrieben habe. Dieses Verhalten erfordere eine Umstellungsfähigkeit, eine Konzentrationsfähigkeit und eine Übersichtsfähigkeit, die mit einer erheblichen Intoxikation nicht in Einklang zu bringen sei. Nach den Aussagen der übrigen Zeugen habe stets eine volle Einsichtsfähigkeit bestanden. Auch habe er keine nennenswerte Einschränkung der Steuerungsfähigkeit feststellen können. Die durch den Cannabiskonsum bestehende Drogenintoxikation habe den Angeklagten nicht beeinträchtigt, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass er nur ganz geringe Entzugserscheinungen zeige, die seiner Auffassung nach in den Albträumen liegen. Insoweit könne außer dem schädlichen Gebrauch von Betäubungsmitteln kein anderes Eingangsmerkmal des § 21 StGB festgestellt werden, so dass er von einer vollen Schulfähigkeit ausgegangen sei. Die Kammer hat sich den Feststellungen des seit Jahren als forensischer Gutachter tätigen Sachverständigen nach eigener Prüfung angeschlossen.
150B) Angeklagter P
151Der Angeklagte P hat sich wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge §§ 1, 3, 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, 27, 49, 52, 53 StGB strafbar gemacht. Der Angeklagte hat bei den Taten zu II.2. bis II.7. jeweils mindestens drei Kilogramm Marihuana über die deutsch-niederländische Grenze in die Bundesrepublik eingeführt, wobei in jedem Einzelfall die nicht geringe Menge, die bei 7,5 Gramm Tetrahydrocannabioal liegt, ausgehend von einer Standardqualität von 12 % (360 Gramm THC) um das 48-fache überschritten worden ist. Bei der Tat II.8., bei der die eingeführten Betäubungsmittel sichergestellt worden sind, liegt ausgehend von einer Gesamtmenge von 601,89 Gramm THC ein Überschreiten der nicht geringen Menge um das 80,25-fache vor. Die Kammer ist in dem Fall II.2. zugunsten des Angeklagten lediglich von einer Tat im Rechtssinne ausgegangen, obwohl er die von S erhaltenen Betäubungsmittel geteilt und in zwei Einfuhrfahrten am 21.01.2013 und am 24.01.2013 über die Grenze gebracht hat. Die beiden Fahrten entsprachen einem einheitlich zu bewertenden Geschehen der Betäubungsmitteleinfuhr aus einer Lieferung. Die tateinheitlich bei allen Taten verwirklichte Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge des S gem § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG i. V. m. § 27 StGB bezüglich der übergebenen Gesamtmenge verknüpft insoweit beide Handlungen. Auch konnte nicht festgestellt werden, in welche Teilmengen der Angeklagte die von S erhaltenen drei Kilogramm Marihuana aufgeteilt hat.
152VI.
153A) Angeklagter H
154Bei der Strafzumessung hinsichtlich des Angeklagten H ist die Kammer bezüglich der Tat II. 1. vom Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ausgegangen und hat sodann die Aufwendung eines minder schweren Falls nach Absatz 2 der Vorschrift geprüft. Bei den Taten II. 2 bis 5. hat die Kammer den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zugrunde gelegt und auch insoweit die Voraussetzungen eines minder schweren Falls nach Abs. 1 der Vorschrift geprüft. Bei der gebotenen Abwägung, ob die Verhängung einer Strafe aus dem Normalstrafrahmen zu einer angemessen hohen, unerträglich harten Sanktion führen wurde, so dass der Strafrahmen dem des minder schweren Falles mit einer Strafandrohung von 3 Monaten bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe zu entnehmen ist, hat die Kammer sich von folgenden Erwägungen leiten lassen:
155Zu Gunsten des Angeklagten H sprachen folgende Umstände:
156Er hat in der Hauptverhandlung ein rückhaltloses Geständnis abgelegt. Dadurch konnte diese in ruhiger und sachlicher Atmosphäre ablaufen und ist verkürzt worden, wenn auch angesichts der Aussagen der Zeugen ein hoher Geständnisdruck auf ihm lastete. Der Angeklagte hat einen reuigen Eindruck gemacht. Er wurde durch den gesondert verfolgten S in dessen Betäubungsmittelgeschäfte involviert, der ihn unter Inaussichtstellung von Marihuanazuwendungen zunächst mit kleinen Kurierdiensten betraute und ihn dann gleichsam zu seiner „rechten Hand“ machte. Ein Kilogramm der Amphetamin-Lieferung an N ist nicht in den Handel gelangt. Bei Marihuana handelt sich um eine weiche Droge ohne hohes Abhängigkeitspotential. Der Angeklagte ist selbst Marihuanakonsument und leidet an einem chronischen Abhängigkeitssyndrom. Er handelte in der Absicht, sich Marihuana für seinen Eigenkonsum zu verschaffen. Der Angeklagte H hat dem S Beihilfe zu dessen Handeltreiben mit Amphetamin und Marihuana geleistet und dafür Marihuana zum Eigenkonsum und darüber hinaus meist nur die Fahrtkosten ersetzt bekommen. Dabei kam ihm die Rolle der rechten Hand des S zu, wobei er aber stets auf dessen Anweisung handelte. Den Mittäter P hat er bei dessen Einfuhrfahrten unterstützt, indem er nach Zollkontrollen Ausschau hielt. Er hat sich nur widerstrebend von S anwerben lassen und hatte im Zeitpunkt seiner Festnahme seine Unterstützungshandlungen bereits von sich aus eingestellt. Der Angeklagte ist Erstverbüßer von Untersuchungs- und Strafhaft und insoweit als Ausländer, der die deutsche Sprache nur unzureichend beherrscht, besonders haftempfindlich.
157Zu Lasten des wegen zweier Diebstahlsdelikte vorbestraften Angeklagten H hat die Kammer gewertet, dass es sich um viele Einzeltaten gehandelt hat, in denen große Mengen von Amphetamin und Marihuana umgesetzt worden sind. Der Handel mit den Betäubungsmitteln war gut organisiert und wurde professionell und arbeitsteilig abgewickelt. Die nicht geringe Menge ist in jedem der Fälle um ein Erhebliches überschritten worden. Die Taten liefen über einen längeren Zeitraum, wobei der Angeklagte in vier Fällen zwei Straftatbestände verwirklicht hat.
158Die Kammer hat bei der Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und den Erwägungen über seine Täterpersönlichkeit und das Tatnachverhalten angesichts der professionellen Vorgehensweise, der Menge und des enormen Umsatzes kein deutliches Überwiegen der strafmildernden Umstände festgestellt werden, so dass im Fall II. 1. der Normalstrafrahmen nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG mit einer Strafandrohung von 1 bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe und in den Fällen II. 2. bis 5. der Normalstrafrahmen von 2 bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe Anwendung fanden. Die Kammer hat sodann wegen der verwirklichten Beihilfe gem. §§ 27 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB den Strafrahmen im Fall II. 1. auf 3 Monate bis 11 ¼ Jahre Freiheitsstrafe und in den übrigen Fällen auf 6 Monate bis 11 ¼ Jahre Freiheitsstrafe gemildert.
159Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat die Kammer dann in jeden einzelnen Fall die in der Strafrahmenbestimmung aufgeführten strafmildernden und strafschärfenden Umstände gegeneinander abgewogen und alle in § 46 StGB aufgeführten für und gegen den Angeklagten H sprechenden Gegebenheiten gewertet. Die Kammer hält folgende Einzelstrafen für angemessen aber auch ausreichend:
160Für die Tat zu II. 1. (Beihilfe zum Handeltreiben mit 2 Kilogramm Amphetamin): eine Freiheitsstrafe von
161einem Jahr und neun Monaten;
162und für die Taten zu II. 2 bis II. 5. (jeweils Beihilfe zum Handeltreiben und zur Einfuhr von 3 Kilogramm Marihuana): eine Freiheitsstrafe von jeweils
163zwei Jahren und sechs Monaten.
164Bei der Bildung der Gesamtstrafe gemäß § 54 StGB durch Erhöhung der für die Tat zu II. 2. bis 5. verwirkten höchsten Einzelstrafe von zwei Jahren und 6 Monaten als Einsatzfreiheitsstrafe hat die Kammer nochmals alle bei der Bemessung der Einzelstrafen maßgebend gewesenen Umstände gegeneinander abgewogen. Über diese Erwägung hinaus hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten den örtlichen und situativen Zusammenhang der Taten gewertet, dass er zur Finanzierung seines Eigenkonsum handelte, er die weitere Tatausführung ab März 2013 aufgrund eigener Einsicht aber bereits eingestellt hatte .Auf der anderen Seite musste sich die kriminelle Energie und die große Menge des umgesetzten Rauschgifts auswirken. Die Kammer hat danach auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
165vier Jahren
166als täter- und schuldangemessen, aber auch ausreichend erkannt.
167B) Angeklagter P
168Bei der Strafzumessung hinsichtlich des Angeklagten P hat die Kammer bezüglich aller Taten den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zugrunde gelegt, der gegenüber der tateinheitlich verwirklichten Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge die höhere Strafandrohung enthält (zwei bis 15 Jahre Freiheitsstrafe). Sodann hat die Kammer betreffend alle Fälle das Vorliegen eines minder schweren Falles nach Abs. 2 der Vorschrift geprüft. Bei der jeweils gebotenen Abwägung, ob die Verhängung einer Strafe aus dem Normalstrafrahmen zu einer angemessen hohen, unerträglich harten Sanktion führen wurde, so dass der Strafrahmen des minder schweren Falles mit einer Strafandrohung von 3 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe zu entnehmen wäre, hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
169Zu Gunsten des Angeklagten P sprachen folgende Umstände:
170Er hat gleich zu Beginn der Hauptverhandlung ein vollständiges, rückhaltloses Geständnis abgelegt, wenn auch angesichts der Aussagen der Zeugen und der sonstigen Beweismittel ein hoher Geständnisdruck auf ihm lastete. Durch sein Geständnis hat die bereits bekannte Tatbeteiligung des Mitangeklagten H bestätigt. Die Hauptverhandlung konnte in ruhiger und sachlicher Atmosphäre ablaufen und hätte - ihn allein betreffend – aufgrund des Geständnisses noch verkürzt werden können. Der Angeklagte P hat im Laufe der Hauptverhandlung freimütig von sich aus eingeräumt, über den angeklagten Zeitraum hinaus (und zwar zeitlich vorgelagert) bereits einige Marihuana-Einfuhrfahrten für den S getätigt zu haben. Der Angeklagte hat einen reuigen Eindruck gemacht und hat seinen Tatbeitrag nicht etwa beschönigt. So hat er selbst die von ihm transportierten Mengen auf jeweils 3 bis zu 5 Kilogramm Marihuana geschätzt. Bei Marihuana handelt sich um eine weiche Droge ohne hohes Abhängigkeitspotential. Die Cannabisprodukte der letzten Einfuhrfahrt (Tat zu II.8.) sind nicht in den Handel gelangt, wenn dies auch nicht auf dem Zutun des Angeklagten beruhte. Die letzte Einfuhrfahrt ist ferner unter der Observation der Polizei erfolgt. Der Angeklagte, der in der Absicht handelte, seine schwierige finanzielle Situation aufzubessern, hat von S lediglich 400,00 Euro für jede Einfuhrfahrt erhalten. Der Angeklagte ist strafrechtlich nicht vorbelastet, er ist Erstverbüßer von Untersuchungs- und Strafhaft und insoweit als Ausländer, der die deutsche Sprache nicht vollständig beherrscht, besonders haftempfindlich. Ihm droht die Abschiebung in die Niederlande.
171Zu Lasten des Angeklagten P hat die Kammer gewertet, dass die einzelnen Einfuhrtaten des Angeklagten für den S im Rahmen eines bereits eingespielten Vorgehens mit einer jeweils großen Menge von Cannabisprodukten umgesetzt wurden. Insgesamt hat der Angeklagte P mindestens 21,48 Kilogramm Marihuana und 486,59 Gramm Haschisch in die Bundesrepublik eingeführt. Der Handel mit den Betäubungsmitteln war gut organisiert und wurde professionell und arbeitsteilig abgewickelt .Die nicht geringe Menge ist in jedem der Fälle um ein Erhebliches überschritten worden, so in den Fällen II.2. bis II.7. um das 48-fache und im Fall II.8. um das 80,25-fache. Der Angeklagte hat in allen Fällen zwei Straftatbestände verwirklicht und hat im Fall II.2 das Rauschgift zwischenzeitlich über Tage verwahrt und hat den ersten Teil der Einfuhr zeitlich und örtlich selbständig ohne Rücksprache mit dem S durchgeführt.
172Die Kammer hat bei der Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und den Erwägungen über seine Täterpersönlichkeit und das Tatnachverhalten angesichts der professionellen Vorgehensweise, der Menge und des enormen Umsatzes in allen Fällen kein deutliches Überwiegen der strafmildernden Umstände festgestellt, so dass der Normalstrafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG von 2 bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe Anwendung fand.
173Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat die Kammer dann sämtliche in der Strafrahmenbestimmung aufgeführten strafmildernden und strafschärfenden Umstände gegeneinander abgewogen und alle in § 46 StGB aufgeführten für und gegen den Angeklagten P sprechenden Gegebenheiten gewertet. Die Kammer hat auch die Beweggründe und Ziele des Angeklagten gewertet. Nachdem er sein Leben lang straffrei gelebt hat, hat er sich aufgrund einer schlechten finanziellen Situation als Kurierfahrer zur Verfügung gestellt, um sein Einkommen aufzubessern, ohne dass eine tatsächliche Notlage bestand, denn durch die Leistungen des niederländischen Staates war er in seinem Lebensunterhalt gesichert. Ihm war bewusst, dass die Taten in der Bundesrepublik Deutschland einer erheblichen Strafandrohung ausgesetzt waren, er hat sich aber insoweit distanzieren wollen, indem er es in den meisten Fällen bewusst vermied, selbst die mit Drogen gefüllten Sporttaschen in die Hand zu nehmen oder den Inhalt zu inspizieren und Fragen zur Beschaffenheit und zum Preis der Drogen zu stellen. Die bei den Taten zum Ausdruck gekommene Gesinnung und das Maß der Pflichtwidrigkeit zeigen einen Täter, der versucht hat, sich von den eigentlichen Tathandlungen zu distanzieren und alles als reines Transportgeschäft zu betrachten. Nach der Tat hat er sich gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten und in der Hauptverhandlung sehr kooperativ verhalten. Nicht außer Acht bleiben konnte jedoch die Tatsache, dass es sich bei den jeweiligen Einfuhrfahrten um Transporte von jeweils mindestens drei Kilogramm Marihuana guter Standardqualität gehandelt hat und er insgesamt mehr als 21 kg Marihuana und über 440 g Haschisch eingeführt hat, wobei der überwiegende Teil von Endverbrauchern konsumiert wurde, was zu einer Schädigung von deren Gesundheit führen konnte. Die Kammer hält betreffend die einzelnen Taten folgende Einzelstrafen für angemessen aber auch ausreichend:
174Für die Taten zu II. 2 bis 7.: jeweils eine Freiheitsstrafe von
175drei Jahren und drei Monaten.
176Die Kammer hat bei der Tat zu II.8. berücksichtigt, dass im Vergleich zu den anderen Taten eine größere Menge von Betäubungsmitteln in die Bundesrepublik eingeführt worden ist, wobei die nicht geringe Menge in diesem Fall angesichts der festgestellten Qualitäten um das 80,25-fache überschritten worden ist. Auf der anderen Seite war aber dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die gesamte Lieferung beschlagnahmt wurde und nicht in den Handel gelangte und die Einfuhr gleichsam unter den Augen der Polizei erfolgte. Demensprechend hält die Kammer auch insoweit eine Einzelfreiheitsstrafe von
177drei Jahren und drei Monaten
178für täter-, tat- und schuldangemessen.
179Bei der gemäß § 54 StGB zu erfolgenden Bildung der Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von drei Jahren und drei Monaten als Einsatzfreiheitsstrafe hat die Kammer nochmals alle bei der Bemessung der Einzelstrafen maßgebend gewesenen Umstände gegeneinander abgewogen. Über diese Erwägung hinaus hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten den örtlichen und situativen Zusammenhang der Taten und die umfassende Aussagebereitschaft des nicht vorbestraften Angeklagten gewertet. Auf der anderen Seite musste sich die kriminelle Energie, das bereits vor dem Anklagezeitraum eingespielte Verhalten und die große Menge des insgesamt eingeführten Rauschgifts auswirken. Die Kammer hat danach auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
180fünf Jahren
181als täter- und schuldangemessen, aber auch ausreichend erkannt.
182VII.
183Die Kammer hat nach § 64 Abs. 1 StGB die Unterbringung des Angeklagten H in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. med. N in dessen Gutachten, das sich die Kammer nach eigener Prüfung zu Eigen gemacht hat, liegen die Voraussetzungen für eine solche Maßregel vor. Der Angeklagte leidet an einem chronischen Abhängigkeitssyndrom hinsichtlich des Konsums von Marihuana. Er hat insoweit den Hang, eine solche Droge im Übermaß zu sich zu nehmen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er aufgrund seiner Abhängigkeit von Cannabis und seit 2012 auch von Alkohol sozial gefährdet ist und ohne Behandlung weitere entsprechende Taten zu erwarten sind, denn die hier abgeurteilten Taten sind sogenannte Symptomtaten. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Drogenabhängigkeit und den Betäubungsmitteltaten. Diese dienten der Gewährleistung seines Konsums. Der Umstand, dass er von S mit Betäubungsmitteln für seine Mitwirkung beim Handeltreiben mit Marihuana bezahlt wurde, ist ein weiterer Anhaltspunkt für das Vorliegen des Hanges. Wenn der Angeklagte seine Suchtproblematik nicht nachhaltig bearbeitet, ist er stark gefährdet, erneut Drogen rückfällig zu werden. Bei dem Angeklagten besteht eine hohe Wiederholungsgefahr, aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit weiter Marihuana zu sich zu nehmen. Deshalb ist mit einem Rückfall zu rechnen, auch wenn er in der Justizvollzugsanstalt jetzt drogenfrei lebt. Glücklicherweise hat der Dauerkonsum von Cannabis und der vorübergehende abhängige Konsum von Alkohol bislang nicht zu einer nachhaltigen psychischen Schädigung geführt, so dass dem Angeklagten eine günstige Behandlungsprognose gestellt werden kann. Darüber hinaus ist der Angeklagte einsichtsfähig und zeigt eine ausreichend gute Motivation, eine Therapie zu machen. Wenn er zunächst erklärt hatte, nicht in den Maßregelvollzug zu wollen und ambulant behandelt werden wolle, liegt das ersichtlich daran, dass der Angeklagte befürchtete, mit Schwerstkriminellen zusammengesperrt zu werden. Gleichzeitig besteht aber bei ihm ein großer Leidensdruck. Deshalb ist sie Therapiefähigkeit gegeben. Auch die sprachlichen Fähigkeiten für die Durchführung einer solchen Therapie sind ausreichend. Die erforderliche Dauer der Drogentherapie wird nach Angaben des Sachverständigen Dr. N bei ca. anderthalb bis zwei Jahren liegen.
184Die Kammer hat sich den Ausführungen des Sachverständigen, der seit Jahren als forensischer Gutachter an diesem Gericht tätig ist, nach kritischer Prüfung angeschlossen und insoweit die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Kammer geht von einem Therapieerfordernis von zwei Jahren aus.
185VIII.
186Gemäß §§ 73, 73 a StGB war hinsichtlich des Angeklagten P der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2400,00 Euro anzuordnen. Der Angeklagte hat als Kurierlohn von S pro Einfuhrfahrt jeweils mindestens 400,00 Euro erhalten. Das Vorliegen einer unbilligen Härte nach § 73 c StGB ist nicht ersichtlich, denn die Anordnung verletzt nicht die Grundsätze von Billigkeit und das Übermaßverbot. Zwar sind bei dem Angeklagten nur etwas über 440,00 € gefunden worden, so dass davon auszugehen ist, dass er das übrige Geld bereits ausgegeben hatte; dies stellt für sich allein aber keinen durchgreifenden Grund zur Anwendung der Vorschrift dar, denn er hat durch die Zuwendungen seinen Lebensstandard aufgebessert, der durch die staatlichen niederländischen Leistungen grundsätzlich gesichert war.
187Wenn auch ein Wegfall der Bereicherung im Wesentlichen vorliegt, hat die Kammer bei der Ausübung ihres Ermessen nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB keine Gründe dafür gesehen, die es billig gemacht hätten, von der Anordnung abzusehen, da die Gelder eben nicht in einer bestehenden Notlage verbraucht wurden, sondern nur zur Erhöhung des Lebensstandards eingesetzt worden sind. Die Anordnung steht schon allein wegen der geringen Höhe nicht einer Resozialisierung des Angeklagten entgegen.
188IX.
189Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.
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