Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-21 U 100/15
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.04.2015 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils dahingehend ergänzt wird, dass der Beklagten die Kosten der Beweisaufnahme entsprechend dem Beweisbeschluss vom 05.09.2013 auferlegt werden. Im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung des Landgerichts.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 81% und der Beklagten zu 19% auferlegt.
Das Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht zuvor die vollstreckende Partei Sicherheit in selber Höhe geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2A)
3Die Klägerin, ein in Liquidation befindliches Bauunternehmen, begehrt von der Beklagten Werklohn für Pflaster- und Bordsteinarbeiten im Zusammenhang mit dem Neubau des Berufskollegs D.-M.. Die Beklagte selbst wurde von der G..O.. GmbH am 21.04.2011 mit der Erstellung der Außenanlagen für dieses Bauvorhaben beauftragt. Vertragsgrundlage dieses Auftrages war das Vergabeprotokoll vom 1.4.2011 mit allen dort genannten Anlagen, sowie die VOB/B in der Fassung 2009.
4Unter dem 4.7.2011 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein Angebot durch Eintragung der Preise zu den einzelnen Leistungspositionen in das Leistungsverzeichnis und der Nennung weiterer Preise. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Schreiben vom 5.7.2011, wobei es in dem Schreiben unter anderem heißt:
5„Grundlage unserer Beauftragung ist die Leistungsbeschreibung unseres Auftraggebers, der G... GmbH, Ihr Angebot vom 4.7.2011 siehe Anlage. Grundlage ist weiter die Anerkennung der Vertragsbedingungen der G... GmbH gemäß Anlage… die Leistungen sind im Juli 2011 zu beginnen und fertig zu stellen. …
6Die Klägerin zeichnete das Beklagtenschreiben vom 5.7.2011 am 7.7.2011 gegen.
7Unter dem 20.7.2011 unterbreitete die Klägerin der Beklagten per Email ein Nachtragsangebot hinsichtlich der Plattenschnitte und der Gestellung eines Radladers.
8Im Juli 2011 erbrachte die Klägerin die Pflaster- und Bordsteinarbeiten. Mit E-Mail vom 23.08.2011 forderte die Beklagte die Klägerin unter Verweis auf ein Mängelprotokoll vom 19.8.2011 zur Beseitigung von Mängeln auf.
9Unter dem 6.9.2011 erteilte die Klägerin der Beklagten zunächst eine Rechnung, die von der Beklagten zurückgewiesen wurde. Unter dem 20.2.2012 erstellte die Klägerin eine zweite Abschlagsrechnung, die wiederum von der Beklagten mit Schreiben vom 5.3.2012 zurückgewiesen wurde. Schließlich stellte die Klägerin mit Schlussrechnung vom 18.4.2012 ihre Arbeiten in Rechnung. Bei der dortigen Berechnung ihrer Vergütung weicht die Klägerin hinsichtlich der Einheitspreise von den vereinbarten Preisen ab. Der Rechnungsbetrag beläuft sich auf 89.344,94 €. Beigefügt waren der Schlussrechnung Massenermittlungen ebenfalls vom 18.4.2012
10Unter dem 19.4.2012 erklärte die Klägerin die Anfechtung der den Rechnungen zu Grunde liegenden Angebote vom 4.7.2011 und 20.7.2011 wegen Irrtums bei der Preiskalkulation. Die Zahlung des Schlussrechnungsbetrages mahnte die Klägerin mit Schreiben vom 22.5.2012 erfolglos an.
11Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, die Vertragsbedingungen der G... GmbH seien nicht Vertragsinhalt geworden, vielmehr habe sie lediglich ein als "Vergabeverhandlung" bezeichnetes Dokument erhalten, das weder ausgefüllt noch unterzeichnet gewesen sei. Dass die in der Schlussrechnung vom 18.4.2012 berechneten Preise von den angebotenen Preisen abweichen würden, sei darin begründet, dass die von dem damaligen Bauleiter der Klägerin, dem Zeugen W... angebotenen Preise nicht kostendeckend und sogar ruinös gewesen seien. Dies hätte sich der Beklagten auch aufdrängen müssen. Insoweit hat sich die Klägerin auf unzulässige Rechtsausübung seitens der Beklagten berufen. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin noch behauptet, wegen dieser ruinösen Preise habe sie liquidiert werden müssen und sämtliche Mitarbeiter hätten deshalb entlassen werden müssen. Für das Bauvorhaben seien ihr Kosten in Höhe von 76.660,55 € entstanden, während ihr unter Zugrundelegung der angebotenen Preise nur ein Zahlungsanspruch in Höhe von 18.448,09 € zustünde. Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, sie könne wegen Irrtums ihr Angebot anfechten. Zugleich hat sie den Rücktritt vom Vertrag erklärt.
12Sie hat weiter behauptet, mit der Beklagten aufgrund des Nachtragsangebotes vom 20.7.2011 vereinbart zu haben, dass sie Plattenschnitte einzeln abrechnen dürfe und die Gestellung der beiden Radlader vergütet würde. Dieses Nachtragsangebot, das der Beklagten per E-Mail am 20.7.2011 übersandt worden sei, habe die Beklagte durch den Zeugen R... nach dem 20.7.2011 mündlich in einem Gespräch mit dem Zeugen W... angenommen. Die Beklagte habe die Radlader ausdrücklich bei der Klägerin angefordert, da sie ihre Radlader anderweitig benötigt habe.
13Sie habe ihre Arbeiten auch mangelfrei erbracht. Nachdem sie mit E-Mail vom 23.08.2011 zur Beseitigung einiger weniger Mängel aufgefordert worden sei, habe sie sämtliche Mängel bis zum 29.08.2011 beseitigt.
14Hiernach hat die Klägerin erstinstanzlich beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen, an sie 89.344,94 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2012 zu zahlen.
16Die Beklagte ist der Klage in vollem Umfang entgegengetreten. Sie hat erstinstanzlich vorgetragen:
17Weder unter dem 6.9.2011 noch mit der Rechnung vom 18.4.2012 habe die Klägerin eine prüffähige Schlussrechnung vorgelegt. Die Rechnung vom 18.4.2012 sei deshalb nicht prüffähig, weil die Klägerin den Auftrag in Teilmassenermittlungen zerlegt habe. Für sie sei es aufgrund der Massenermittlungen nicht möglich festzustellen, ob die von der Klägerin angegebenen Massen sich überschneiden oder tatsächlich abgelehnte Leistungen umfassten.
18Einen Anspruch auf Vergütung des Radladers habe die Klägerin ebenso wenig wie einen Anspruch auf Vergütung der Plattenschnitte. Abweichendes sei nicht vereinbart worden. Stundenlohnarbeiten seien nur für die Zeit vom 8.08. bis 11.8.2011 vereinbart worden.
19Die Beklagte hat erstinstanzlich noch wegen von ihr behaupteter Mängel, deren Beseitigung die Klägerin nicht vorgenommen habe, die Aufrechnung mit ihr entstandenen Mangelbeseitigungskosten erklärt. Auch hat sie vorgetragen, sie sei berechtigt, von der Werklohnforderung einen weiteren Betrag in Höhe von 16.000 € abzuziehen, weil sie in dieser Höhe an die G..O.. GmbH wegen Verzögerung der Arbeiten durch die Klägerin eine Vertragsstrafe habe zahlen müssen. Darüber hinaus hat sie behauptet, weitere Mängel an dem Werk der Klägerin seien aufgetreten, zu deren Beseitigung Kosten in Höhe von 56.150 € anfielen. Einen solcherart begründeten Vorschussanspruch hat sie hilfsweise zur Aufrechnung gestellt.
20Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf dieser Grundlage hat es unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 18.248,09 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2012 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen folgende Erwägungen angestellt.
21In Höhe der zuerkannten 18.248,09 € sei die Klage begründet. Die Klägerin könne auf der Grundlage des unstreitig geschlossenen Werkvertrages gemäß § 631 BGB Werklohn beanspruchen, jedoch nicht in der verlangten Höhe. Zudem seien zur Aufrechnung gestellte Kosten für die Nachbesserung an den Pflasterarbeiten in Höhe von 200 € in Abzug zu bringen. Von dem Werkvertrag sei das Nachtragsangebot vom 20.7.2011 nicht umfasst. Der Klägerin sei der Beweis nicht gelungen, dass sie von der Beklagten gemäß Nachtragsangebot beauftragt worden sei. Der Zeuge W... sowie der Zeuge R... hätten eine solche Vereinbarung nicht bestätigt. Bereits auf der Grundlage der Bekundungen des Zeugen W... liege keine Vereinbarung vor. Dieser Zeuge habe lediglich Vorgespräche mit dem Zeugen R... geschildert. Das nach den Gesprächen mit dem Zeugen R... übersandte Schreiben sei kein Bestätigungsschreiben sondern ausdrücklich ein Angebot gewesen. Das Schweigen der Beklagten auf das Nachtragsangebot könne nicht gemäß § 362 HGB als Zustimmung angesehen werden. Es hätte daher einer Annahmeerklärung bedurft, die sich aus der Aussage des Zeugen W... weder als ausdrückliche noch als konkludente Erklärung ergebe. Hiernach könne die Klägerin die Vergütung für das Nachtragsangebot in Höhe von 13.436,57 € für die Plattenschnitte und 21.780 € für die Gestellung der Radlader nicht verlangen. Dasselbe gelte für die 254,02 h für Facharbeiter hinsichtlich des Radladers. Die Beklagte habe nur 29 h zu je 30 € als abrechenbar zugestanden.
22Die Klägerin könne nur in Höhe der ursprünglich vereinbarten Einheitspreise eine Vergütung verlangen. Weder die Anfechtung noch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung würden durchgreifen. Der von der Klägerin geltend gemachte Kalkulationsirrtum hinsichtlich der in dem Angebot vom 5.7.2011 enthaltenen Preise berechtige nicht zur Anfechtung, selbst wenn der Erklärungsempfänger diesen Irrtum erkannt habe. Bei dem Kalkulationsirrtum handele es sich um einen Motivirrtum, der sich auf die Berechnungsgrundlage beziehe, der aber von keinem gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsgrund erfasst werde. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der höheren Preise ergebe sich auch nicht gemäß § 242 BGB aus unzulässiger Rechtsausübung, ebenso wenig liege ein Rücktrittsgrund gemäß §§ 324, 241 Abs. 2 BGB vor. Beide Rechtsinstitute setzten voraus, dass der Beklagten ein Kalkulationsirrtum der Klägerin bekannt gewesen sei oder es sich ihr geradezu hätte aufdrängen müssen, dass die angebotenen Preise auf einem Kalkulationsirrtum beruhten. Hierzu sei der Vortrag der Klägerin unsubstantiiert. Die Klägerin hätte einen Irrtum substantiiert darlegen müssen. Wie die branchenüblichen Preise aussehen, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Die Klägerin habe nicht hinreichend Umstände dargetan, aus denen sich ergebe, dass die Beklagte hätte erkennen müssen, dass ein Kalkulationsfehler bei der Klägerin vorliege. Da die Klägerin eine unzulässige Rechtsausübung nicht hinreichend konkret dargelegt habe, habe sie nur Anspruch auf eine Vergütung auf Grundlage der angebotenen Einheitspreise, so dass sich ihre Gesamtvergütung, wie von der Beklagten eingeräumt, auf nur 18.448,09 € belaufe.
23Die als Fälligkeitsvoraussetzung erforderliche Prüffähigkeit der Schlussrechnung der Klägerin sei gegeben. Da die Klägerin sich bei der Abrechnung an dem Leistungsverzeichnis orientiert habe und eine Massenermittlung beigefügt habe, seien die Anforderungen an eine Schlussrechnung erfüllt. Eine mangelnde Prüffähigkeit der Rechnung habe die Beklagte nicht dargetan (wegen der Einzelheiten UA 10). Da eine Abnahme durch die G... GmbH gemäß § 641 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfolgt sei, komme es auf eine Abnahme seitens der Beklagten nicht mehr an.
24Der Vergütungsanspruch der Klägerin sei durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung nur in Höhe von 200 € erloschen (wegen der Einzelheiten UA 10). Ein weitergehender Anspruch auf Kosten für die Selbstvornahme gemäß § 637 Abs. 3 BGB bestehe nicht, da die Beklagte weder die Mängel noch die geltend gemachten Kosten hinreichend dargelegt habe. Einen Aufrechnungsanspruch wegen der von der G... GmbH verlangten Vertragsstrafe könne die Beklagte gegenüber der Klägerin ebenfalls nicht geltend machen (wegen der Einzelheiten GA 12).
25Gegen diese Entscheidung hatten sich zunächst beide Parteien mit den unabhängig voneinander eingelegten Berufungen gewandt. Die Beklagte hat ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.
26Die Klägerin begründet ihr Rechtsmittel folgendermaßen:Das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte die Klägerin gemäß dem Nachtragsangebot vom 20.7.2011 beauftragt habe. In dem Schweigen auf ein Angebot, das aufgrund von allen wichtigen Punkten betreffenden Vorvertragsverhandlungen ergehe und ihnen im Ergebnis entspreche, sei in der Regel eine stillschweigende Annahme zu sehen. Die Zeugen W... und R... hätten Vorverhandlungen geführt und in diesen alle wichtigen Punkte des sodann erfolgten Nachtragsangebotes vom 20.7.2011 vorab telefonisch besprochen. Hierbei seien die Preise am Telefon im Einzelnen durchgegangen worden. Der Zeuge R... sei mit den in den Vorverhandlungen besprochenen Punkten auch einverstanden gewesen, anderenfalls er den Zeugen W... nicht gebeten hätte, die Plattenschnitte in ein Angebot aufzunehmen. Aufgrund der Vorverhandlungen habe der Zeuge W... den Zeugen R... per E-Mail das Nachtragsangebot vom 20.7.2011 übersandt. Umstände, nach denen eine stillschweigende Annahme ausgeschlossen sein sollte, seien nicht ersichtlich. Danach habe die Beklagte das Nachtragsangebot vom 20.7.2011 stillschweigend gemäß § 151 BGB angenommen. Auf § 362 HGB, den die Kammer behandelt habe, komme es nicht an. Für eine stillschweigende Annahme des Nachtragsangebots spreche, dass die Beklagte es unterlassen habe, dem Nachtragsangebot zu widersprechen. Auch habe die Beklagte den Arbeiten auf der Baustelle nicht widersprochen, was insbesondere für die Gestellung des Radladers gelte. Nach den Bekundungen des Zeugen W... sei die logistische Leistung, die Steine zum Einbauort zu befördern, nicht von der Leistungsbeschreibung umfasst gewesen, so dass für diesen Teil die Beklagte zuständig gewesen sei, die jedoch weder die Mittel noch die Zeit gehabt habe, dies zu bewerkstelligen. Vor diesem Hintergrund sei mit dem Zeugen R... vom Zeugen W... besprochen und angeboten worden, dass die Klägerin zwei Radlader zur Verfügung stelle. Die Beklagte habe das Angebot der Klägerin, zwei Radlader zu stellen, sogar unmittelbar und direkt durch den Zeugen R... angenommen. Auf die Gestellung der Radlader durch die Klägerin sei die Beklagte angewiesen gewesen, was zeige, dass die Beklagte mit der Gestellung der beiden Radlader durch die Klägerin einverstanden gewesen sei. Über die Lohnkosten für den Betrieb der Radlader habe nicht mehr gesprochen werden müssen, da diese bereits im Leistungsverzeichnis vereinbart gewesen seien.
27Zudem habe das Landgericht rechtsirrig die Auffassung vertreten, die Klägerin könne Vergütung nur in Höhe der ursprünglich vereinbarten Einheitspreise verlangen. Fälschlicherweise sei das Landgericht der Auffassung, die Klägerin habe einen Irrtum nicht substantiiert dargelegt. Einen diesbezüglichen Hinweis habe das Landgericht der Klägerin nicht erteilt, obwohl ein solcher gemäß § 139 ZPO zwingend erforderlich gewesen wäre. Darüber hinaus meine das Landgericht irrig, die Klägerin habe nicht vorgetragen, wie die branchenüblichen Preise aussähen. Das Landgericht habe versäumt, ein Sachverständigengutachten zu den Preisen einzuholen, obwohl dies zwingend erforderlich gewesen wäre. Ebenso habe das Landgericht keinen Hinweis erteilt, obwohl ein solcher erforderlich gewesen wäre. Ein Vergleich der angebotenen mit den angemessenen abgerechneten Preisen zeige, dass die angebotenen Preise sehr weit unterhalb der angemessenen und branchenüblichen Preise lägen und teilweise lediglich 1/3 oder sogar nur ¼ des jeweils branchenüblichen Preises betragen würden. Der Beklagten als ein seit vielen Jahren in der Baubranche tätiges Unternehmen habe es sich geradezu aufdrängen müssen, dass die Angebote nicht richtig kalkuliert gewesen seien. Die Differenz zwischen den angebotenen und den branchenüblichen abgerechneten Preisen sei so, dass die Beklagte geradezu die Augen verschlossen habe, um den Fehler nicht zu erkennen. Schließlich habe das Landgericht verkannt, dass die Vertragsdurchführung für die Klägerin schlechthin unzumutbar gewesen sei, weil sie dadurch in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei. Das Bauvorhaben habe für die Klägerin zu einem Verlust in Höhe von 58.212,46 € geführt. Aufgrund der ruinösen Preise habe die Klägerin liquidiert werden müssen und sämtliche Mitarbeiter entlassen werden müssen.
28Nach alledem beantragt die Klägerin,
29unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 71.096,85 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2012 zu zahlen,
30hilfsweise
31unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Duisburg zu verweisen.
32Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung der Klägerin. Die angefochtene Entscheidung verteidigt die Beklagte gegen die Berufungsangriffe folgendermaßen: Die Auffassung des Landgerichts in Hinblick auf das Nachtragsangebot vom 20.7.2011 sei zutreffend. Der Umstand, dass der Zeuge R... nach Übersendung der E-Mail mit dem schriftlichen Nachtragsangebot nicht ablehnend reagiert habe, habe keinen Erklärungswert. Die Klägerin habe bereits nicht vorgetragen, weshalb ein Schweigen des Zeugen R..., der für die Klägerin keine Vertretungsbefugnis besessen habe, der Klägerin als Annahmeerklärung zuzurechnen sei. Auch habe die Klägerin nicht fest mit einem Vertragsschluss über das Nachtragsangebot rechnen dürfen, so dass das Schweigen des Zeugen R... nicht als "beredtes Schweigen" angesehen werden könne. Der Umstand, dass der Zeuge W... nicht das Zu-Stande-Kommen des Vertrages bestätigt habe, sondern ein Angebot an die Beklagte gerichtet habe, erkläre sich daraus, dass der Zeuge W... richtigerweise davon ausgegangen sei, dass das Angebot von der Geschäftsleitung der Beklagten zu prüfen gewesen sei und vor dem Hintergrund erst eine Annahme des Angebots zu erfolgen habe. Besondere Umstände, wieso beide Parteien fest damit hätten rechnen dürfen, dass die Beklagte dem Nachtragsangebot der Klägerin zustimmen würde, gebe es nicht.
33Der geltend gemachte Anspruch auf Anpassung der vereinbarten Einheitspreise bestehe nicht. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Klägerin bei Abgabe des Angebots überhaupt einem Irrtum unterlegen gewesen sei. Wenn nach Auffassung der Klägerin es evident gewesen sei, dass die von ihr angebotenen Preise nicht kostendeckend gewesen seien, habe dies auch der Zeuge W... gewusst, der für die Klägerin die Kalkulation erstellt und das Angebot abgegeben habe. Wenn die Klägerin ein nicht kostendeckendes Angebot abgegeben habe, etwa weil sie ihre Mitarbeiter beschäftigen und auf diese Weise zumindest einen Deckungsbeitrag habe erwirtschaften wollen, sei sie keinem Irrtum unterlegen, sondern habe eine geschäftliche Entscheidung getroffen, deren Folgen sie nicht auf ihren Vertragspartner abwälzen könne. Die Klägerin trage nichts dazu vor, an welcher Stelle der Kalkulation ihr eigentlich ein Irrtum unterlaufen sein solle. Es fehle an substantiiertem Sachvortrag zur Frage, weshalb der von der Klägerin behauptete Kalkulationsirrtum für die Beklagte offenkundig gewesen sein soll. Selbst wenn die Beklagte positive Kenntnis vom Kalkulationsirrtum der Klägerin gehabt hätte, hätte sie dazu noch positive Kenntnis davon haben müssen, dass die Durchführung des Vertrages aufgrund des von ihr erkannten Kalkulationsirrtums gänzlich unzumutbar gewesen sei. Beides sei nicht der Fall. Die von der Klägerin angebotenen Preise lägen zwar am unteren Rande des marktüblichen, jedoch habe die Beklagte sowohl vorher wie auch nachher vergleichbare Aufträge zu vergleichbaren Preisen vergeben.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der in diesem Recht zu gewechselten Schriftsätze Bezug genommen
35B)
36Die – vom Senat nach Berufungsrücknahme durch die Beklagten in der mündlichen Verhandlung noch zu entscheidende - Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt worden ist; in der Sache ist ihr jedoch der Erfolg zu versagen, sie ist mithin zurückzuweisen (§ 513 Satz 1 ZPO), weil die Klägerin keine Rechtsfehler im Sinne des § 546 ZPO dargelegt hat, die sich zu ihren Ungunsten ausgewirkt haben, und auch im übrigen die vom Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigenden Tatsachen keine vom Landgericht abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
37I)Der Klägerin steht gegen die Beklagte der ihr vom Landgericht in Höhe von 18.248,09 € zugesprochene Zahlungsanspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB, § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B auf werkvertraglicher Grundlage zu.
381.Die Parteien sind auf werkvertraglicher Ebene miteinander verbunden. Die Klägerin hat unter dem 4.7.2011 ein Angebotsschreiben zum Abschluss eines Werkvertrages an die Beklagte unter Beifügung des von ihr ausgefüllten/verpreisten Leistungsverzeichnisses und Nennung von Preisen für die bestimmten Werkleistungen unterbreitet. Die Beklagte ihrerseits hat mit Schreiben vom 5.7.2015 dieses Angebot angenommen, hierbei jedoch weitere Vertragsregelungen, die in dem ursprünglichen Angebot der Klägerin noch nicht enthalten waren, zum Gegenstand ihrer Willenserklärung gemacht und hierbei insbesondere auch auf die als Anlage beigefügten Vertragsbedingungen der Hauptauftraggeberin der Firma G... Bezug genommen. Dieses eigene Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB) auf Abschluss eines Werkvertrages mit dem Inhalt, wie er bereits in dem Schreiben der Klägerin vom 4.7.2011 niedergelegt ist, sowie mit weiteren Vertragsregelungen insbesondere dem Verweis auf die Vertragsbedingungen der G... GmbH hat die Klägerin durch Unterzeichnung des Beklagtenschreibens vom 5.7.2011 am 7.7.2011 und durch Übersendung des von ihr unterzeichneten Schreibens angenommen.
39Auf diesem Wege ist auch die VOB/B 2009 zum Gegenstand der vertraglichen Einigung geworden. In dem Beauftragungsschreiben der Beklagten vom 5.7.2011 werden als Grundlage für die Beauftragung unter anderem angeführt die „Vertragsbedingungen in der G... GmbH gemäß Anlage“. Durch Unterzeichnung dieses Beauftragungsschreiben hat die Klägerin sich mit der Geltung der Vertragsbedingungen der Hauptauftraggeberin, der G... GmbH auch für das Verhältnis zwischen ihr – der Klägerin – und der Beklagten in rechtlich verbindlicher Weise einverstanden erklärt. Hierbei kann es dahinstehen, ob der Klägerin mit dem Beauftragungsschreiben der Beklagten vom 5.7.2011 eine Ablichtung des ausgefüllten Vergabeverhandlungsprotokolls vom 1.4.2011 mit entsprechenden Ergänzungen und Streichungen gemäß den von der Beklagten mit der Klageerwiderung zu den Akten gereichten Ablichtungen (Anlageband 2) zugeleitet wurde. Dies hat die Klägerin erstinstanzlich bestritten, nachdem die Beklagte im landgerichtlichen Verfahren bestimmte konkrete Regelungen, wie sie ausweislich des Vergabeprotokolls zwischen der Beklagten und der G... GmbH vereinbart worden waren, auch auf das Vertragsverhältnis mit der Klägerin übertragen wissen wollte. Unstrittig, da von der Klägerin mit Schriftsatz vom 10.2.2015, dort Seite 5 = GA 362 vorgetragen, übersandte die Beklagte jedenfalls ein "mit Vergabeverhandlung überschriebenes Dokument, das weder ausgefüllt noch unterzeichnet war", das die Klägerin als Anlage K 16 zu den Akten gereicht hat. Auf Seite 1 dieser ersichtlich von der Auftraggeberin G... stammenden "Vergabeverhandlung" ist unter 1.1 bei der Auflistung der Vertragsgrundlagen die VOB/B in der Fassung 2009 aufgeführt. Dieses Schriftstück enthält ansonsten eine Vielzahl von teilweise abstrakten, teilweise konkreten, jedoch ausfüllungsbedürftigen Regelungen, die - soweit sie nicht auf den konkreten Bauauftrag bezogen sind und damit noch individuell zu ergänzen waren - den Charakter allgemeiner Vertragsbedingungen haben.
40Verweist der Auftraggeber bei der Beauftragung des Nachunternehmers auf seitens des Bauherrn (Hauptauftraggeber) gestellte und für das Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem Hauptauftraggeber gültige allgemeine Geschäftsbedingungen und fügt er diese dem eigenen an den Nachunternehmer gerichteten Auftragsschreiben mit der Erklärung bei, diese seien Grundlage der Beauftragung, so sind diese wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Nachunternehmer einbezogen worden, wenn der Nachunternehmer das Beauftragungsschreiben unterzeichnet. Durch das durch Unterzeichnung des Auftragsschreibens vom 5.7.2011 am 7.7.2011 zum Ausdruck gebrachte Einverständnis der Klägerin wurden sämtliche abstrakten Bestimmungen aus dem der Klägerin zugeleiteten Formular zur "Vergabeverhandlung" und damit auch die Regelung zur Geltung der VOB/B 2009 zum Vertragsinhalt des Werkvertrages der Parteien gemacht.
41b)Gegenstand der vertraglichen Einigung ist – wie das Landgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat – nicht das Nachtragsangebot der Klägerin vom 20.7.2011 geworden, das die Klägerin durch ihren seinerzeitigen Bauleiter, den Zeugen W... per E-Mail vom 20.7.2011 an den Mitarbeiter der Beklagten, den Zeugen R... gesandt hatte. In diesem Nachtragsangebot ist unter anderem die Herstellung von Plattenschnitten und die Gestellung zweier Radlader zu bestimmten Einheitspreisen angeboten. Diese Positionen finden sich unter anderem im Titel 02 und 03 in der streitgegenständlichen Schlussrechnung wieder.
42aa)Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, vom Werkvertrag sei das Nachtragsangebot vom 20.7.2011 nicht umfasst, da der Klägerin der ihr obliegende Beweis nicht gelungen sei, dass sie von der Beklagten gemäß diesem Nachtragsangebot beauftragt worden sei. Solches habe weder der Zeuge W... noch der Zeuge R... bestätigt. Bereits die Bekundungen des Zeugen W... ließen lediglich erkennen, dass es sich um Vorgespräche gehandelt habe. Dies werde auch bestätigt durch Umstand, dass der Zeuge W... nach den mit den Zeugen R... geführten Gesprächen kein "Bestätigungsschreiben“ übersandt habe, sondern ausdrücklich nur ein Angebot. Das Schweigen der Beklagten auf das Nachtragsangebot könne nicht gemäß § 362 HGB als Zustimmung angesehen werden. Eine hiernach weiterhin erforderliche Annahmeerklärung lasse sich aus der Aussage des Zeugen W... weder als ausdrückliche noch konkludente Erklärung herleiten.
43bb)Diese Ausführungen des Landgerichts beanstandet die Klägerin mit der Berufung, wobei sie darauf abstellt, das Landgericht habe sich in seinem Bezug auf § 362 HGB den Blick auf die Möglichkeit der stillschweigenden Annahme des in der E-Mail vom 20.7.2011 liegenden Angebots nach § 151 BGB verstellt.
44cc)Die Berufungsangriffe der Klägerin greifen nicht durch. Sie bieten keine konkreten Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für Zweifel an der – negativen – landgerichtlichen Feststellung im Hinblick auf den der Klägerin nicht gelungenen Nachweis einer Annahme des Nachtragsangebot der Klägerin vom 20.7.2011 durch die Beklagte.
45(1)Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu der Erkenntnis gelangt, dass eine vertragliche Einigung der Klägerin und der Beklagten über das Nachtragsangebot der Klägerin vom 20.7.2011 nicht durch Rückgriff auf § 362 HGB erfolgen könne. Die in dieser Vorschrift normierte Annahme eines Angebots durch Schweigen (bzw. nicht unverzügliches Ablehnen des Angebots) gilt nur für den Kaufmann, dessen Gewerbe die Besorgung von Geschäften für andere (Geschäftsbesorgungsvertrag) umfasst, nicht jedoch für ein Angebot auf Abschluss eines Werkvertrages.
46(2)Die Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Vertrages (oder wie hier auf Ergänzung bzw. Modifizierung eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses) kann durch ausdrückliche Willenserklärung des Annehmenden wie auch durch eine konkludente Annahmeerklärung also durch ein sonstiges schlüssiges Verhalten des Annehmenden geschehen, das den objektiven Erklärungsgehalt einer von Rechtsbindungswillen getragenen, unbedingten und uneingeschränkten Annahme eines vorangegangenen Angebotes beinhaltet.
47Sowohl die ausdrückliche wie auch die konkludente Annahmeerklärung müssen dem Antragsteller innerhalb der Annahmefrist des § 147 BGB zugegangen sein. Unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 151 BGB kann es bei Vorliegen einer konkludenten (oder ausdrücklichen) Annahmeerklärung zum Vertragsschluss kommen, ohne dass die Erklärung des Annehmenden dem Antragenden zugegangen ist. Voraussetzung für die Entbehrlichkeit des Zugangs der Annahmeerklärung ist gemäß § 151 Satz 1 BGB entweder, dass eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Verzicht des Antragenden auf sie. Auch eine solche Annahmeerklärung kann nur dann (ohne ihren Zugang) zum Vertragsschluss führen, wenn nicht bereits zuvor der Antrag auf Abschluss des Vertragsschlusses unwirksam geworden ist. Nach § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in dem der Antrag erlischt, nach den aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
48Nach diesen Grundsätzen bedarf es für eine wirksame rechtsgeschäftliche Einigung der Parteien über die Geltung bzw. Einbeziehung des Vertragsangebotes der Klägerin vom 20.07.2011 in jedem Fall einer dies konkludent oder ausdrücklich zum Ausdruck bringenden, von Rechtsgeschäftswillen getragenen Willenserklärung der Beklagten bzw. eines hierzu mit Vertretungsmacht ausgestatteten Vertreters der Beklagten. Allein das Schweigen des Zeugen R... auf die E-Mail des Zeugen W... hat entgegen der Auffassung der Klägerin keinen solchen rechtsgeschäftlichen Erklärungsgehalt und kann dementsprechend nicht als konkludente Annahmeerklärung im obigen Sinne ausgelegt werden. Nur in engen Grenzen wird dem Schweigen auf rechtsgeschäftliche Erklärungen eines Dritten eine rechtliche Bedeutung mit der Konsequenz der Geltung des Inhalts dieser Erklärungen beigemessen. Dies gilt namentlich für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, in dem eine Partei den Inhalt vorangegangener Vertragsverhandlungen und das hierbei erzielte vertragliche Ergebnis zusammengefasst hat und nach den kaufmännischen Usancen nach Treu und Glauben erwartet werden kann, dass die andere Partei, also der Empfänger des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, dessen Inhalt widerspricht, wenn er mit ihm nicht einverstanden ist.
49Die Grundsätze zu den rechtsgeschäftlichen Wirkungen des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben können jedoch vorliegend aus den bereits vom Landgericht dargelegten Gründen nicht zur Anwendung gelangen. Bereits die E-Mail des Zeugen W... vom 20.7.2011 belegt zweifelsfrei, dass in dem als Anhang beigefügten Angebot nicht eine Wiedergabe des Inhalts einer bereits erfolgten Einigung liegt, sondern die Übermittlung der bisherigen "Verhandlungsbasis“ durch die Klägerin in Form eines Angebotes, das jedoch noch durch die Beklagte angenommen werden muss.
50Bei dieser Sachlage ist es unerheblich, dass – wie die Klägerin in der Berufungsbegründung vorträgt – es für die Beklagte ein leichtes gewesen wäre, auf die E-Mail des Zeugen W... vom 20.7.2011 zu antworten und dem Nachtragsangebot zu widersprechen. Der von der Klägerin aus dem Umstand, dass ein Widerspruch gegen das Angebot der Klägerin vom 20.7.2011 seitens der Beklagten nicht ausgesprochen wurde, gezogene Rückschluss, die Beklagte sei mit dem Nachtragsangebot einverstanden gewesen und habe dieses stillschweigend angenommen, ist nach den dargelegten rechtlichen Grundlagen zum Zu-Stande-Kommen von Verträgen nach den Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB ist nicht zulässig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin in der Berufungsbegründung herangezogenen Entscheidung des BGH vom 14-02-1995 - XI ZR 65/94 – NJW 1995, 1281, auf die der Bevollmächtigte der Klägerin erneut in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verwiesen hatte. Der diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt unterscheidet sich maßgeblich von der vorliegenden Fallkonstellation. Der vom BGH zu entscheidende Fall unterschied sich gegenüber dem hier zu beurteilenden Sachverhalt entscheidend dadurch, dass dort aufgrund bestimmter Umstände nach dem objektiven Erklärungsgehalt bestimmter Handlungen des Antragenden ein Verzicht auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung im Sinne des § 151 BGB anzunehmen war. Derartige Umstände sind – wie festgestellt – vorliegend nicht erkennbar.
51Unabhängig davon, dass es bereits an einer nach den obigen Ausführungen erforderlichen Annahmeerklärung der Beklagten im Bezug auf das Angebot vom 20.7.2011 fehlt, insbesondere konkrete Anhaltspunkte für eine konkludente Annahmeerklärung durch sonstiges, als rechtsgeschäftliche Willenserklärung auszulegendes Verhalten der Beklagten weder vorgetragen noch aus dem Akteninhalt ersichtlich sind, müsste entsprechend der obigen Darstellung eine solche Annahmeerklärung der Klägerin auch zugegangen sein. Für die Anwendung des § 151 BGB in diesem Zusammenhang fehlt es – wie bereits oben ausgeführt - jedoch an substantiellem Vorbringen der Klägerin zu einem Verzicht der antragenden (also der Klägerin) oder einer Verkehrssitte, nach der der Zugang der Annahmeerklärung entbehrlich wäre.
52(3)Ohne Erfolg bleibt auch das Vorbringen der Klägerin, nach den Bekundungen des Zeugen W... sei die logistische Leistung, die Steine zum Einbauort zu befördern, nicht von der Leistungsbeschreibung umfasst gewesen, so dass für diesen Teil die Beklagte zuständig gewesen sei, die jedoch weder die Mittel noch die Zeit gehabt habe, dies zu bewerkstelligen. In diesem Zusammenhang führt die Klägerin an, vor diesem Hintergrund sei mit dem Zeugen R... vom Zeugen W... besprochen und Erstgenanntem angeboten worden, dass die Klägerin zwei Radlader zur Verfügung stelle. Soweit die Klägerin in diesem Kontext vorträgt, dieses Angebot der Klägerin, zwei Radlader zu stellen, sei sogar unmittelbar und direkt durch den Zeugen R... angenommen worden, lässt sich dies den Bekundungen des Zeugen W... bereits nicht entnehmen. Auch lässt sich diese Behauptung nicht mit dem Umstand in Einklang bringen, dass in der E-Mail des Zeugen W... vom 20.07.2011 eben nur von einer "Verhandlungsbasis" und nicht von einem Verhandlungsergebnis die Rede ist.
53Abseits dessen weichen die Bekundungen des Zeugen R... in Bezug auf etwaige Absprachen hinsichtlich von der Klägerin zur Verfügung zu stellende Radlader von denen des Zeugen W... insgesamt ab. Der Zeuge R... hat die Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen W... zu mit ihm – dem Zeugen R... – geführten Verhandlungen und Gesprächen sowohl hinsichtlich der Radlader als auch hinsichtlich der Passschnitte verneint. Auch wenn das Landgericht sich bei seiner Beweiswürdigung nicht auf die Bekundungen des Zeugen R... gestützt hat, deren Richtigkeit im Grundsatz offen gelassen hatte, weil es die Behauptungen der Klägerin bereits nicht durch den Inhalt der Aussage des Zeugen W... bestätigt gesehen hat, kann der Senat in Ermangelung von tragfähigen Anhaltspunkten, die dafür sprechen, dass die Bekundungen des Zeugen W... glaubhafter als die des Zeugen R... sind, insoweit in jedem Fall von einem non liquet ausgehen.
54(4)Zudem hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung darauf hingewiesen, dass der Zeuge R... für rechtsgeschäftliche Erklärungen, die sie – die Beklagte – wirksam hätte binden können, keinerlei Vertretungsbefugnis im Sinne des § 164 Abs. 1 BGB gehabt habe. Der Umstand allein, dass der Zeuge R... bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben seinerzeit zuständiger Bauleiter der Beklagten gewesen ist, rechtfertigt die Annahme einer dahingehenden Vertretungsmacht des Zeugen R... im Bezug auf den Abschluss von Nachträgen mit der Klägerin nicht.
55Zwar wird von der Beklagten – soweit ersichtlich – der Einwand fehlender Vertretungsmacht des Zeugen R... im Bezug auf die Annahme des Nachtrags-angebots der Klägerin vom 20.7.2011 in der Berufungsinstanz erstmalig erhoben. Eine Zurückweisung dieses Einwandes als neues Verteidigungsvorbringen im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO kommt indessen nicht in Betracht, weil die Klägerin diesem Vortrag der Beklagten – auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - nicht entgegengetreten ist, also nicht substantiiert behauptet hat, dass die Beklagte den Zeugen R... mit entsprechender Vollmacht zum Abschluss von Verträgen bzw. zur Beauftragung von Nachträgen ausgestattet hatte. Das Fehlen der Vertretungsmacht auf Seiten des Zeugen R... ist mithin als unstreitig anzusehen, so dass eine Präklusion nach § 531 Abs. 2 ZPO ausscheidet.
56dd)Im Ergebnis ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass das Nachtragsangebot vom 20.7.2011 seitens der Beklagten nicht angenommen wurde, eine Ergänzung des ursprünglichen Vertrages in dem Sinne, dass die in diesem Angebot enthaltenen Leistungen von der Klägerin zu erbringen und dementsprechend durch die Beklagte gesondert zu vergüten sind, nicht vereinbart wurde. Folglich kann die Klägerin auch keine Vergütung für die Plattenschnitte in Höhe von 13.436,57 € bzw. für die Gestellung der Radlader nebst Facharbeiter in Höhe von 21.780 € auf vertraglicher Basis verlangen.
57c)Für die hiernach vertragslos – nach seiner Behauptung – erbrachten Leistungen kann die Klägerin auch keinen Aufwendungsersatz nach Maßgabe der Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag in Verbindung mit § 2 Abs. 8 VOB/B beanspruchen. Es ist nicht ersichtlich und nicht von der Klägerin substantiiert dargelegt worden, dass die berechneten Leistungen nicht bereits von ihrem Angebot vom 04.07.2011 und damit von dem vertraglich vereinbarten Leistungsumfang umfasst gewesen sind. Im Angebot heißt es unter der Pos. 02.06 jeweils „Pflasterflächen herstellen“ mit genaueren Verlegebeschreibungen. Wenn aber die Herstellung der Pflasterflächen geschuldet war, umfasst die Position alle dazu erforderlichen Arbeitsschritte und Nebenleistungen, wie z.B. auch Schnitt und Transport.
582.Für die auf der Grundlage der Beauftragung vom 5.7.2011 erbrachten Leistungen kann die Klägerin Vergütung nur entsprechend den vereinbarten Einheitspreisen verlangen, die die Klägerin in ihrem Angebotsschreiben vom 4.7.2011 (teilweise durch Ausfüllung der Preispositionen aus dem Leistungsverzeichnis der G... GmbH) angeboten hatte und die durch die Einbeziehung dieses Angebots in das von der Klägerin am 7.7.2011 unterzeichnete Beauftragungsschreiben vom 5.7.2011 Vertragsgegenstand geworden sind. Soweit die Klägerin in der Rechnung vom 18.4.2012 höhere Einheitspreise bei der Ermittlung ihres Werklohnanspruches angesetzt hat, hat das Landgericht es rechtsfehlerfrei abgelehnt, auf dieser Grundlage den berechtigten Werklohn der Klägerin zu ermitteln.
59Die Angriffe der Berufung gegen die landgerichtliche Auffassung, wonach wegen des von der Klägerin reklamierten Kalkulationsirrtums bei der Ermittlung ihrer Angebotspreise eine Veränderung der vertraglich vereinbarten Einheitspreise nicht in Betracht kommt, bleiben ohne Erfolg. Die Klägerin hat erstinstanzlich darauf abgestellt, dass sie – bzw. der Zeuge W... – die Preise teilweise zu niedrig kalkuliert habe, so dass die angebotenen Leistungen nicht kostendeckend hätten erbracht werden können, die Preise viel mehr teilweise sogar ruinös gewesen seien und sie somit einem Irrtum erlegen sei. Aus diesem Sachvortrag kann auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens weder ein Anfechtungsrecht noch ansonsten nach den Rechtsinstituten der unzulässigen Rechtsausübung bzw. der Verletzung vorvertraglicher Pflichten die Geltung der nunmehr seitens der Klägerin mit der Rechnung vom 18.4.2012 in Ansatz gebrachten Einheitspreise hergeleitet werden.
60a)In der bereits vom Landgericht angeführten Entscheidung vom 7.7.1998 – X ZR 17-97, NJW 1998, 3192ff hat der BGH klargestellt, dass ein – wie hier – vom Auftragnehmer geltend gemachter einseitiger Kalkulationsirrtum im Vorfeld der Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung als ein schon im Stadium der Willensbildung unterlaufender Irrtum im Beweggrund (Motivirrtum) rechtlich einzuordnen ist, der von keinem der gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsgründe des § 119 BGB umfasst ist. Ein solcher Kalkulationsirrtum berechtige grundsätzlich nicht zur Anfechtung, “weil derjenige, der aufgrund einer für richtig gehaltenen, in Wirklichkeit aber unzutreffenden Berechnungsgrundlage einen bestimmten Preis oder eine Vergütungsforderung ermittelt und seinem Angebot zu Grunde legt, auch das Risiko trägt, dass seine Kalkulation zutrifft".
61Dass ein solcher Motivirrtum/Kalkulationsirrtum nicht zur Anfechtung im Sinne des § 119 BGB berechtigt, gilt nach der Ansicht des BGH (a.a.O.), von der abzuweichen der Senat keinen Anlass hat, unabhängig davon, ob der Erklärungsempfänger den Kalkulationsirrtum des Erklärenden hätte erkennen können, positiv erkannt hat oder er aus Rechtsgründen (§ 162 BGB) so zu behandeln ist, als ob er positive Kenntnis gehabt hat.
62b)Tatsächlich stützt sich die Klägerin auch nicht auf ein Anfechtungsrecht, sondern meint, die vom BGH in der genannten Entscheidung vom 7.7.1998 entwickelten Grundsätze für die Behandlung eines einseitigen Kalkulationsirrtums des Anbieters unter Rückgriff auf die Rechtsinstitute der Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen und der unzulässigen Rechtsausübung für sich nutzbar machen zu können. Ausgehend von der Prämisse, dass der Auftraggeber im Rahmen eines Angebotsverfahrens im Grundsatz nicht verpflichtet ist, die Preise, die der Antragende ihm in seinem Angebot unterbreitet, auf ihre Auskömmlichkeit zu überprüfen, hat der BGH darauf hingewiesen, dass im Einzelfall/Ausnahmefall der Auftraggeber verpflichtet sein kann, den Bieter auf einen erkannten Kalkulationsfehler hinzuweisen, so dass es eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) darstellen kann, wenn der Empfänger ein Vertragsangebot annimmt oder auf der Durchführung des Vertrages besteht, obwohl er wusste (oder sich treuwidrig der Kenntnisnahme entzog), dass das Angebot auf einem Kalkulationsirrtum des Erklärenden beruht.
63Wegen des Ausnahmecharakters einer solchen Fallkonstellation und der regelmäßig den Bieter treffenden Risikolast hinsichtlich ihm bei der Ermittlung seiner Angebotspreise unterlaufender Kalkulationsirrtümer kann ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung durch den Auftraggeber nur unter strengen Voraussetzungen angenommen werden. Der Kalkulationsirrtum muss von derartigem Gewicht sein, dass bei Kenntnis hiervon auf Seiten des Auftraggebers es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbar wäre, wenn dieser den bietenden Unternehmer nicht hierauf hinweist bzw. auf eine Vertragserfüllung auf der Grundlage der angebotenen Preise besteht. Hiervon kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn die Vertragsdurchführung für den Erklärenden schlechthin unzumutbar ist, etwa weil er dadurch in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde. Die Kenntnis des Erklärungsempfängers, also des Auftraggebers muss sich auf sämtliche Umstände erstrecken, also nicht nur den Kalkulationsirrtum als solchen umfassen, sondern auch die wirtschaftlichen Konsequenzen einer Vertragsdurchführung auf dieser Grundlage für den Bieter (BGH, a.a.O., S. 1394). Da den Auftraggeber im Grundsatz keine Verpflichtung trifft, die ihm offerierten Angebotspreise auf ihre Wirtschaftlichkeit für den Bieter zu überprüfen, ist von einem treuwidrigen Sichverschließen dieses Umstandes auf Seiten des Erklärungsempfängers nur dann auszugehen, wenn er nahe liegende Rückfragen unterlassen hat, er gleichsam auf der Hand liegende, durch einfache Nachfrage zu realisierende Erkenntnismöglichkeiten nicht wahrgenommen hat und er sich dem offenkundigen und nicht nur möglichen Kalkulationsirrtum verschlossen hat. Ausdrücklich hat der BGH betont, dass der Rechtsgedanke aus § 162 BGB in Fällen der vorliegenden Art nur mit äußerster Zurückhaltung herangezogen werden könne.
64aa)Zweifelhaft erscheint bereits, ob die vom BGH im dem Urteil vom 7.7.1998 zu der Frage der Maßgeblichkeit eines internen, also einseitigen Kalkulationsirrtums des Bieters im Falle der Kenntnis hiervon auf Seiten des Auftraggebers (gleich ob sie positiv vorhanden ist oder ob sich der Auftraggeber treuwidrig dieser Kenntnis verschlossen hat) entwickelten Grundsätze (die er in jüngerer Vergangenheit mit Urteil vom 11.11.2014 – X ZR 32/14 – NZBau 2015, 248ff bestätigt und konkretisiert hat) auf den vorliegenden Streitfall übertragen werden können.
65In beiden Fallkonstellationen, die der BGH in dem Urteil vom 07.07.1998 und in dem Urteil vom 11.11.2014 zu entscheiden hatte, waren die Preise, wegen derer der Bieter sich auf einen internen Kalkulationsirrtum gestützt hat, in einem Angebot gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens unterbreitet worden. Namentlich in der jüngeren Entscheidung vom 11.11.2014 hat der BGH zum Ausdruck gebracht, dass der öffentliche Auftraggeber auf Grund des mit der Ausschreibung und der Abgabe von Angeboten entstehenden Vertrauensschutzes unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss verpflichtet sein könnte, dem Bieter auf einen von ihm, dem Auftraggeber erkannten Kalkulationsfehler hinzuweisen (a.a.O., Rz. 6).
66Gegen eine Einschränkung der dargelegten Rechtsinstitute auf den Bereich der öffentlichen Vergabe von Aufträgen könnte sprechen, dass der BGH in der besagten Entscheidung vom 11.11.2014 herausgestellt hat (a.a.O. Rz. 8), dass der Schadensersatzanspruch wegen Fehlverhaltens im Vergabeverfahren nach den neueren Rechtsprechung des BGH nicht (mehr) an das in Anspruch genommene und enttäuschte Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des vergabebezogenen Handelns knüpft, sondern an die Verletzung der in § 241 Abs. 2 BGB konstituierten Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, so dass es nicht um die Frage der Einhaltung spezifisch vergaberechtlicher, den Schutz der Gegenseite bezweckender Bestimmungen über das Vergabeverfahren geht. Andererseits spricht der BGH in selbiger Entscheidung mehrfach explizit vom öffentlichen Auftraggeber, den die Rücksichtnahmepflicht nicht generell dazu verpflichtet, bei noch so geringem Kalkulationsirrtum von der Annahme des Angebots abzusehen (a.a.O., Rz. 9) sowie dass die Schwelle zum Pflichtenverstoß durch Erteilung des Zuschlages zu einem kalkulationsirrtumsbehafteten Preis im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge nur unter bestimmten Voraussetzungen überschritten ist (vgl. a.a.O. Rz.10).
67Ob die Grundsätze zur Maßgeblichkeit eines einseitigen Kalkulationsirrtums generell im Bereich privatwirtschaftlich vergebener Werk- oder Dienstleistungsaufträge wegen der hier noch stärker zu betonenden Privatautonomie und Verantwortlichkeit des einzelnen für die Wirtschaftlichkeit der in seinem Angebot eingestellten Preise nicht zur Anwendung gelangen können, braucht der Senat indessen aus unten näher dargelegten Gründen nicht abschließend zu entscheiden.
68bb)Abseits dessen bestehen auch durchgreifende Bedenken dagegen, dass die Klägerin aus der von ihr herangezogenen Rechtsprechung des BGH die von ihr gewünschte Rechtsfolge der Gültigkeit der von ihr in ihrer Schlussrechnung vom 18.4.2012 in Ansatz gebrachten Einheitspreise ableiten kann.
69In den beiden Entscheidungen des BGH vom 7.7.1998 und 11.11.2014 ging es um die Frage, inwieweit der öffentliche Auftraggeber, dem ein Bieter im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens nach Abgabe eines bindenden Angebotes erklärt hatte, dass der in diesem Angebot enthaltenen Angebotspreis von einem Kalkulationsirrtum verursacht sei und dass er – der Bieter – deshalb darum bitte, dieses Angebot aus der Wertung bei der Vergabeentscheidung zu nehmen, berechtigt ist, trotz des offenbarten Irrtums dem Bieter den Zuschlag zu erteilen oder – wenn der Bieter nach Zuschlag den Kalkulationsirrtum erkennt und offenbart – auf einer Vertragsausführung zu bestehen und bei Weigerung des Werkunternehmers Schadensersatzansprüche hieraus abzuleiten. Das Beharren auf der Durchführung des Vertrages stellt ebenso wie das Herbeiführen des Vertragsschlusses trotz Kenntnis eines relevanten Kalkulationsirrtums eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) oder einen Verstoß gegen vorvertragliche Pflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) dar, die eigenen Rechten entgegenstehen. So hat der BGH in der Entscheidung vom 11.11.2014 im Rechtsfolgenbereich ausgeführt, dass wegen des in der Herbeiführung des Vertragsschlusses liegenden Verstoßes gegen § 241 Abs. 2 BGB der öffentliche Auftraggeber aus der Nichterfüllung des Vertrages durch den Werkunternehmer keine Ansprüche und keine vermeintlichen Mehrkosten aus der Ausführung eines Auftrages herleiten kann.
70Vorliegend zielt die Klägerin mit ihrer Berufung auf die in Rede stehende höchstrichterliche Rechtsprechung jedoch nicht darauf, zu verhindern, dass die Beklagte als Auftraggeberin sie zur Durchführung des Vertrages, also zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistungen zu den (von dem vermeintlichen Kalkulationsirrtum geprägten) Einheitspreisen zwingen kann; ebensowenig tritt sie mit dieser Begründung seitens des Auftraggebers geltend gemachten Schadensersatzansprüchen entgegen, die ihre Ursache in der Weigerung der Vertragsdurchführung durch die Klägerin hätten. Vielmehr strebt die Klägerin nach trotz des (vermeintlichen) Kalkulationsirrtums bereits erfolgter Leistungserbringung eine Vergütung auf der Grundlage nicht vertraglich vereinbarter höherer Einheitspreise an. Die Klägerin macht mithin das Leistungsinteresse aus dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag geltend, nämlich ihr Interesse auf Werklohnvergütung unter gleichzeitiger Abkehr von der vertraglich getroffenen Preisabrede.
71Nach Auffassung des Senats erscheint es aus dogmatischen Gesichtspunkten zweifelhaft, dem Auftraggeber nach eigener Leistungserbringung unter Berufung auf die Grundsätze der unzulässigen Rechtsausübung bzw. der Verletzung vorvertraglicher Pflichten die Möglichkeit einzuräumen, einseitig eine Abkehr von vertraglichen Preisabsprachen vorzunehmen und eine Vertragsdurchführung auf selbstbestimmten, jedenfalls nicht den zuvor einvernehmlich vereinbarten Preisen zu verlangen (in diese Richtung tendiert anscheinend auch Waas, Der Kalkulationsirrtum zwischen Anfechtung und unzulässiger Rechtsausübung BGHZ 139, 177, JuS 2001, 14, 18).
72cc)Unabhängig von den obigen Erwägungen ist jedenfalls im Ergebnis mit dem Landgericht daran festzuhalten, dass auf der Grundlage des Sachvortrages der Klägerin die strengen Voraussetzungen für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung oder eines Verstoßes gegen vorvertragliche Pflichten in Bezug auf den seitens der Klägerin behaupteten Kalkulationsirrtum nicht als erfüllt angesehen werden können.
73(1)Zutreffend ist bereits die Auffassung des Landgerichts, dass die Klägerin schon einen ihr unterlaufenen einseitigen Kalkulationsirrtum nicht substantiiert dargelegt hat. In der Berufungsbegründung belässt es die Klägerin dabei, auf ihren erstinstanzlichen Vortrag zu verweisen. Hierbei hat die Klägerin indessen lediglich angeführt, sie hätte die Preise teilweise zu niedrig kalkuliert, so dass die angebotenen Leistungen nicht kostendeckend hätten erbracht werden können, die Preis teilweise sogar ruinös gewesen seien und sie somit einem Irrtum erlegen gewesen sei. Die schlichte Gegenüberstellung der angebotenen Preise einerseits und der (nach Behauptung der Klägerin) angemessenen bzw. kostendeckenden Preise lässt nicht den gesicherten Rückschluss zu, dass die Klägerin im Vorfeld der Abgabe des Angebots einem Kalkulationsirrtum unterlegen gewesen war, in dessen Folge sie die angefragten Leistungen irrtümlich zu Preisen angeboten hatte, die sie selber für auskömmlich, kostentragend, wenn nicht sogar mit einer Gewinnmarge ausgestattet angesehen hatte. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Umstand, dass der Bieter durchaus aus betriebswirtschaftlichen Gründen bewusst bzw. willentlich einen Preis anbieten kann, der nicht auskömmlich/kostendeckend ist, um zu Zeiten einer betrieblichen Flaute durch den erstrebten Auftrag zumindest zu einer Auslastung des vorhandenen Personals zu gelangen.
74Gegen einen tatsächlich von einem Irrtum oder Fehler bei der Kalkulation geleiteten (zu niedrigen) Angebotspreis spricht auch der Umstand, dass die Klägerin sich bei einer Vielzahl von Positionspreisen auf nicht auskömmliche Preise beruft, ohne darzulegen, dass ein und derselbe Kalkulationsfehler sich bei verschiedenen Angebotspositionen ausgewirkt hat.
75Dem klägerischen Vorbringen kann also nicht entnommen werden, welcher Art der bzw. die von der Klägerin reklamierten Kalkulationsirrtümer gewesen sein sollen, so dass die rechtliche Wertung des Landgerichts von der fehlenden Substantiierung zutreffend ist.
76(2)Wie oben bereits ausgeführt, ist nach der Rechtsprechung des BGH Voraussetzung für die Anwendung des Einwandes der unzulässigen Rechtsausübung bzw. des Verstoßes gegen vorvertragliche Pflichten neben dem durch einen Kalkulationsirrtum beeinflussten Angebotspreis, dass dieser Kalkulationsirrtum von einem solchen Ausmaß gewesen ist, dass die Vertragsdurchführung für den Erklärenden schlechthin unzumutbar ist, etwa weil er dadurch in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geriete (vgl. BGH, a.a.O., Seite 3194).
77Es kann letztlich dahin stehen, ob die Klägerin diese objektiven Voraussetzungen zur Unzumutbarkeit hinreichend substantiiert dargelegt hat, indem sie vorträgt, das Bauvorhaben habe für sie zu einem Verlust in Höhe von 58.212,46 € geführt, aufgrund der ruinösen Preise habe die Klägerin liquidiert werden müssen und sämtliche Mitarbeiter entlassen werden müssen.
78Zu berücksichtigen ist nämlich, dass sich die Kenntnis des Erklärungsempfängers im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht nur auf die Existenz des Kalkulationsirrtums auf Seiten des Bieters bei der Angebotsabgabe beziehen muss, sondern auch auf die Umstände, die die Unzumutbarkeit der Vertragsdurchführung bei Festhalten an den fehlerhaft berechneten Angebotspreisen für den Bieter ausmachen. Der Erklärungsempfänger, also der Auftraggeber muss also bei Vertragsschluss positiv gewusst haben, oder sich entsprechenden offen zu tage tretenden und nicht zu übersehenden Umstände in treuwidriger Weise verschlossen haben, dass für die Klägerin die Vertragsdurchführung derart gravierende negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Existenz haben würde.
79Zu diesen subjektiven Kompetenten beim Auftraggeber fehlt es jedoch an jeglichem konkreten Sachvortrag der Klägerin. Ihr Vorbringen, dass wegen der Diskrepanz zwischen den Angebotspreisen einerseits und den angemessenen und (branchen-) üblichen Preisen andererseits der Beklagten als seit einer Vielzahl von Jahren auf dem Markt tätigem Bauunternehmen die Unzumutbarkeit nicht habe verborgen geblieben sein können, reicht ersichtlich nicht aus. Es fehlen tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beklagten die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz hatte aufdrängen müssen. Dass die Beklagte Kenntnis von der wirtschaftlichen Notlage der Klägerin hatte, ist nicht erkennbar, und ergibt sich nicht ohne weiteres. Dagegen, dass die Beklagte Kenntnis von dem behaupteten Kalkulationsirrtum und einer Gefährdung der klägerischen Existenz hatte bzw. sich ein solches Wissen hätte ihr aufdrängen müssen, spricht in erheblichem Maße, dass der Klägerin selbst diese vermeintlich gravierenden Fehler bei der Kalkulation der Angebotspreise auch zu späteren Zeitpunkten nicht aufgefallen waren; vielmehr fuße ihre Schlussrechnungen vom 06.09.2011 wie auch die Abschlagsrechnung vom 20.02.2012 auf den angebotenen Einheitspreisen. Erst in der Schlussrechnung vom 18.04.2012 hat die Klägerin andere Preise zugrunde gelegt.
80Nach alledem bleibt es bei der Einschätzung des Landgerichts, dass die Klägerin eine unzulässige Rechtsausübung der Beklagten nach den einschlägigen höchstrichterlich entwickelten Grundsätzen nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat und infolgedessen der Werklohn auf der Grundlage der angebotenen Einheitspreise zu ermitteln war. Die Gesamtvergütung beläuft sich auf dieser Basis – wie von der Beklagten eingeräumt – auf nur 18.44,09 €.
81Die Berufung der Klägerin, die mit ihren (einzigen) Berufungsangriffen in Bezug auf die vom Landgericht abgelehnte Einbeziehung des Nachtragsangebots vom 20.07.2011 und auf die angenommene Geltung der ursprünglichen vertraglich vereinbarten Einheitspreise trotz des von der Klägerin geltend gemachten Kalkulationsirrtums aus oben dargelegten Gründen nicht durchdringt, ist folglich unbegründet.
823.Die Vergütungsforderung der Klägerin ist fällig.
83a)Mit dem Landgericht ist die Prüffähigkeit der Schlussrechnung der Klägerin und damit die Fälligkeitsvoraussetzung des § 16 Abs. 3 VOB/B zu bejahen. Nach den entsprechend den obigen Ausführungen auf das Vertragsverhältnis der Parteien anzuwendenden Bestimmungen der VOB/B ist die Übergabe der prüfbaren Schlussrechnung als weitere Fälligkeitsvoraussetzung geregelt. Der Vergütungsanspruch wird nach der vorliegend einschlägigen alten Fassung der VOB/B gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B zwei Monate nach Erteilung der prüfbaren Schlussrechnung fällig, es sei denn, der Auftraggeber hat die Schlussrechnung vorher geprüft und das Ergebnis der Prüfung dem Auftragnehmer mitgeteilt. Fälligkeitsvoraussetzung ist somit die Vorlage einer nach § 14 Abs. 1 VOB/B 2009 prüfbaren Abrechnung.Im Ergebnis schließt sich der Senat der Auffassung des Landgerichts an, dass die Beklagte eine mangelnde Prüffähigkeit der Rechnung nicht hinreichend substantiiert dargetan hat. Es hat darauf abgestellt, dass das Beklagtenvorbringen, die Klägerin habe eine Teilmassenermittlung vorgenommen, nicht nachvollziehbar sei, da die Klägerin unstreitig die Pflasterarbeiten nur teilweise habe erbringen sollen, das zu pflasternde Gelände verwinkelt gewesen sei und unterschiedliche Plattentypen verwendet worden seien. Zudem hat das Landgericht darauf verwiesen, dass die von der Klägerin eingetragenen Aufmaße sämtlich niedriger seien als in dem Leistungsverzeichnis. Auch habe die Klägerin eine Massenermittlung vorgelegt, die sich ebenso wie die Schlussrechnung an dem Leistungsverzeichnis orientiere. Die Aufmaße wiederum enthielten eine Lagebeschreibung mit Eintragungen der genauen Längen-, Breiten- und Flächenmaße. Der Beginn und das Ende der Teilarbeiten seien anhand der eingezeichneten Gebäudeteile auf den Aufmaßblättern und der eingetragenen Längen und Breiten nachvollziehbar. Die verarbeiteten Plattenarten seien zeichnerische gekennzeichnet.
84Einer Auseinandersetzung mit den Einwänden, die die Beklagte im Rahmen der von ihr (zunächst) eingelegten Berufung gegen die Auffassung der Landgerichts von Prüffähigkeit der klägerischen Schlussrechnung erhoben hatte, bedarf es nicht (mehr), da die Beklagte ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2015 zurückgenommen hat.
85b)Zu Recht hat das Landgericht auch unter Hinweis auf die gemäß § 641 Abs. 2 Nr. 2 BGB durch die G... GmbH erfolgte Abnahme darauf hingewiesen, dass es einer Abnahmeerklärung der Beklagten nicht mehr bedurfte.
864.Soweit erstinstanzlich im Streit gestanden hat, ob und inwieweit die Beklagte dem Vergütungsanspruch der Klägerin mangelbedingte Vorschuss- oder Selbstvor-nahmekosten im Sinne des § 637 Abs. 3 BGB entgegenhalten kann, werden die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts, denen zufolge wegen mangelhafter Leistung (einer Platte) der Klägerin lediglich in Höhe von 200,-- € die Beklagte zur Aufrechnung mit einer entsprechenden Gegenforderung berechtigt ist, von der Beklagten nicht angegriffen. Dasselbe gilt für die Ansicht des Landgerichts, dass die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch wegen der von der G... GmbH verlangten Vertragsstrafe hat.
87C)
88Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Auf Grund der Berufung der Klägerin war der Senat auch zur rechtlichen Prüfung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung befugt (vgl. § 99 Abs. 2 ZPO). Entsprechend der Anregung des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hält es der Senat für sachgerecht, in (ausnahmsweise zulässiger - vgl. Zöller-Herget, ZPO, a.a.O., Rz. 5 zu § 92) Abweichung vom Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung die Kosten der Beweisaufnahme, wie sie in Umsetzung des Beweisbeschlusses des Landgerichts vom 05.09.2013 insbesondere durch Einholung des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. L... entstanden sind, der Beklagten aufzuerlegen. Diese Kosten sind allein aufgrund des von der Beklagten hilfsweise erhobenen Aufrechnungseinwandes entstanden. Nach dem Ergebnis der Feststellungen des Sachverständigen in dem Gutachten vom 27.05.2014 waren bis auf eine geringfügige Ausnahme die von der Beklagten erhobenen Mängeleinreden unberechtigt, da der Sachverständige die behaupteten Mängel nicht bestätigt hat. Da die Beklagten folglich mit ihrer diesbezüglichen Verteidigung (fast) gänzlich erfolglos geblieben ist, diese allein Sachverständigenkosten in Höhe von rd. 2.900,-- € verursacht hat, erscheint es dem Senat sachgerecht, diese Kosten aus der einheitlichen Kostenentscheidung herauszunehmen und in vollem Umfang der Beklagten aufzuerlegen.Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711. 709 S. 2 ZPO.
89Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
90Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Beklagten:
91Bis zum 11.01.2016Berufung der Klägerin: 71.096,85 €
92Berufung der Beklagten: 18.248,09 €
93Ab dem 12.01.2015 (aufgrund der Berufungsrücknahme der Beklagten): 71.096,85 €
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Referenzen
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- ZPO § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel 2x
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- HGB § 362 4x
- ZPO § 546 Begriff der Rechtsverletzung 1x
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- BGB § 150 Verspätete und abändernde Annahme 1x
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- X ZR 32/14 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 164 Wirkung der Erklärung des Vertreters 1x