1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 04.03.2004 - 2 O 148/03 - wird zurückgewiesen und die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage (Hilfsantrag) abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
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| | Die Kläger machen gegen die beklagte Stadt M. Ersatzansprüche für den von ihnen im Zeitraum vom 07.12.2000 - 05.05.2002 geleisteten Unterhalt für das Pflegekind A. K. (geb. 28.06.1998) geltend. |
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| | A. K. kam wenige Wochen nach seiner Geburt zu den Klägern in Bereitschaftspflege im Rahmen einer von der Beklagten gemäß § 42 SGB VIII durchgeführten Inobhutnahme des Kindes. Grundlage des Bereitschaftspflegeverhältnisses war ein Rahmenvertrag der Parteien zur Bereitschaftspflege vom 12.04.1996 (I 7 - 10), der eine Vergütung der Bereitschaftspflege mit einem Tagessatz von DM 45,00 pro Kind vorsah. |
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| | Am 23.08.1999 wurde die Personensorge für A. K. auf das Jugendamt der Beklagten als Ergänzungspfleger übertragen. Die Kläger verweigerten am 18.02.2000 die Herausgabe des Kindes zur Adoption. Im anschließenden familiengerichtlichen Verfahren (Amtsgericht Mannheim 4 C F 26/00) erging mit Beschluss vom 17.02.2000 im Wege der vorläufigen Anordnung eine Anordnung des Verbleibs des Kindes bei den Klägern. Durch Beschluss vom 07.12.2000 wurde der Verbleib von A. bei den Klägern auf unbestimmte Zeit angeordnet und der Antrag des Jugendamtes der Beklagten auf Erlass einer Wegnahmeanordnung zurückgewiesen. |
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| | Die Beklagte stellte daraufhin die Zahlung an die Kläger für den Unterhalt des Kindes ein und ermächtigte diese mit Schreiben vom 22.12.2000 (Anlage B 2; I 41) für A. Kindergeld und Sozialhilfe zu beantragen und lehnte die Gewährung von Hilfe zur Erziehung ab. |
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| | Im Rahmen eines weiteren familiengerichtlichen Verfahrens, in dem die Kläger die Übertragung des Sorgerechts auf sich begehrten, das in zweiter Instanz vor dem OLG Zweibrücken geführt wurde, verpflichtete sich das Jugendamt der Beklagten im Rahmen eines Vergleiches zur Beantragung von Pflegegeld für A. beim Jugendamt der Stadt L., das aufgrund dieses Antrags des Personensorgeberechtigten seit 06.05.2002 Unterhaltszahlungen erbringt. |
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| | Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Ein vertraglicher Anspruch der Kläger ergebe sich weder aus dem Bereitschaftspflegerahmenvertrag der Parteien noch aus einem durch die Verbleibensanordnung des Familiengerichts begründeten Pflegevertragsverhältnis. Die Parteien hätten über die Vollzeit- und Dauerpflege des Kindes keinen Vertrag geschlossen. Die gerichtliche Verbleibensanordnung gemäß § 1632 Abs. 4 BGB setze kein vertragliches, sondern ein faktisches Pflegeverhältnis voraus. Den Klägern stünde auch kein Aufwendungsersatzanspruch nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Die Aufbringung des Lebensunterhaltes für das Kind durch die Kläger habe weder im öffentlichen Interesse gelegen, noch sei hierdurch eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Jugendamtes ersetzt worden. Schadensersatzansprüche aus Amtspflichtverletzung stünden dem Kind, nicht den Pflegeltern zu. |
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| | Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes sei durch den Beschluss des Familiengerichtes Mannheim vom 07.12.2000 das Bereitschaftspflegeverhältnis mit den Klägern nicht beendet worden. Es habe sich faktisch nicht mehr um eine Bereitschaftspflege, sondern um eine Familienpflege im Sinne des § 33 SGB VIII gehandelt. Eine solche Familienpflege entstehe unabhängig von ihren rechtlichen Grundlagen immer dann, wenn ein Kind in seinen Pflegeeltern Bezugspersonen gefunden habe und in ihnen seine "Eltern" sehe. Es reiche damit das faktische Bestehen einer Eltern-Kind-Beziehung aus. Das Bereitschaftspflegeverhältnis hätte zu mindestens aber in ein Vollpflegeverhältnis umgedeutet werden müssen. Es sei nämlich davon auszugehen, dass die Parteien auch den Fall eines längeren Aufenthaltes eines Kindes bei den Klägern geregelt hätten, wenn sie ihn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom 12.04.1996 ins Auge gefasst hätten. Die Beklagte sei aber zumindest verpflichtet, mit den Klägern einen entsprechend gestalteten Pflegevertrag rückwirkend abzuschließen. |
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| | das Urteil des Landgerichtes Mannheim abzuändern und die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Kläger EUR 8.687,00 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen. |
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| | Die Beklagten kostenpflichtig zu verurteilen, mit den Klägern rückwirkend einen Pflegevertrag, betreffend das minderjährige Kind A. K. mit dem Inhalt zu schließen, dass die Kläger verpflichtet sind, eine ordnungsgemäße Erziehung und Betreuung des Kindes sicher zu stellen und sich die Beklagte verpflichtet, den Klägern die hierfür erforderlichen Geldbeträge gemäß § 39 SGB VIII zu zahlen. |
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| | die Berufung zurückzuweisen und die Klage auch bezüglich des Hilfsantrags abzuweisen. |
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| | Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten des Amtsgerichts Mannheim - Familiengericht - 4 C F 26/00 - waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. |
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| | Die Berufung der Kläger ist zulässig, in der Sache hat sie weder mit dem Haupt- noch dem Hilfsantrag Erfolg. Das landgerichtliche Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler noch bestehen Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die eine erneute Feststellung gebieten (§§ 513, 529 ZPO). |
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| | Den Klägern steht kein Anspruch auf Erstattung der Unterhalts- und Erziehungskosten für A. für den Zeitraum 7.12.2000 - 05.05.2002 zu (Hauptantrag). |
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| | 1. Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld in Höhe von EUR 8.687,00 nicht besteht. Die Parteien haben für die Zeit ab 07.12.2000 unstreitig keine vertraglichen Regelungen in Form des Abschlusses eines Dauerpflegevertragsverhältnisses getroffen. Die Beklagte hat in ihrer Funktion als Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit Schreiben vom 22.12.2000 (I 41) vielmehr die Zahlung von Erziehungshilfe ausdrücklich im Hinblick auf die Beendigung der Inobhutnahme und den durch das Familiengericht angeordneten dauerhaften Verbleib des Kindes in der Familie der Kläger abgelehnt. |
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| | Ein solcher Anspruch lässt sich auch weder aus dem Bereitschaftspflegerahmenvertrag vom 12.04.1996 (a) oder aus einem durch die Verbleibensanordnung des Familiengerichts begründeten Pflegeverhältnis mit den Klägern (b) noch aus den Grundsätzen des "diktierten Vertrages" (c) herleiten. |
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| | Ein Anspruch ergibt sich nicht aus dem Bereitschaftspflegevertrag vom 12.04.1996 (I 7 ff). Der Bereitschaftspflegerahmenvertrag, auf Grund dessen die Kläger bis 06.12.2000 Erziehungs- und Pflegegeld von der Beklagten (Jugendamt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe) erhalten haben, ist beendet. Die Kläger können - wie auszuführen sein wird - nach der gerichtlichen Entscheidung durch das Familiengericht kein Pflegegeld von monatlich EUR 511,00 auf Grund des Bereitschaftspflegevertrages mehr beanspruchen. |
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| | Der Bereitschaftspflegerahmenvertrag vom 12.04.1996 stellt nämlich nach Wortlaut und Inhalt nur die vertragliche Grundlage für eine vorübergehende Notaufnahme von Kindern dar. Er erfasst somit den Fall der Inobhutnahme von Kindern durch das Jugendamt gemäß §§ 42 ff. SGB VIII. Auch im vorliegenden Falle wurde A. von der Beklagten als Träger der öffentlichen Jugendhilfe lediglich im Rahmen der Inobhutnahme gemäß § 42 SBG VIII bei den Klägern vorübergehend untergebracht. |
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| | Das Bereitschaftspflegeverhältnis endete hier (spätestens) dadurch, dass mit Beschluss vom 07.12.2000 das Familiengericht den nunmehr unbefristeten Verbleib von A. bei den Klägern unter Zurückweisung des Antrags auf eine Wegnahmeanordnung gerichtlich angeordnet hat. Hierdurch war der Aufenthalt des Kindes nicht mehr - wie Ziffer 1.2 des Bereitschaftspflegerahmenvertrages vorsieht - befristet, sondern auf Dauer angelegt. Ziffer 1.2 des Bereitschaftspflegerahmenvertrages sieht ausdrücklich nur eine befristete Unterbringung in der Pflegefamilie vor. Die Unterbringung im Rahmen eines Bereitschaftspflegeverhältnisses dient nämlich nur der Abklärung der Zukunftsperspektive des Kindes und ist aus diesem Grund von vorneherein bis zur Klärung dieser Frage befristet. Die Entscheidung über die weitere Zukunft des Kindes A. ist durch die Verbleibensanordnung des Familienrechtes getroffen worden. A. durfte von der Beklagten in ihrer Funktion als Personensorgeberechtigte nicht zur Adoption aus der Familie herausgenommen werden, sondern verblieb nach der Entscheidung vom 07.12.2000 auf unbestimmte Zeit und damit auf Dauer bei den Klägern. |
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| | Einer Kündigung gemäß Ziffer 6 des Bereitschaftspflegerahmenvertrages bedurfte es damit nicht, weil Ziffer 1.2 ausdrücklich eine Befristung des Vertrages nur bis zu Entscheidung über den Verbleib des Kindes vorsieht. Die in 6.1 des Bereitschaftspflegerahmenvertrages enthaltene Kündigungsvorschrift betrifft nur den Fall, dass die Pflegeeltern oder das Jugendamt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Bereitschaftspflegevertrag unabhängig von der Befristung beenden wollen. So liegt der Fall hier nicht. |
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| | Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass A. nach dem Herausgabeverlangen des Personensorgeberechtigten für eine Adoption bis zur Entscheidung durch das Familiengericht bei den Klägern verblieb und vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe bis dahin weiter das in Ziffer 3 des Bereitschaftspflegevertrages geregelte Pflegegeld bezahlt worden ist. Die Beklagte wollte bereits mit dem Herausgabeverlangen das Bereitschaftspflegeverhältnis beenden, was ihr durch den Antrag der Pflegeeltern gemäß § 1632 Abs. 4 BGB bis zur Entscheidung durch das Familiengericht nicht möglich war. Die Beklagte musste deshalb das Kind, über dessen Zukunftsperspektiven auf Grund des Antrags gemäß § 1632 Abs. 4 BGB gerichtlich entschieden werden musste, im Sinne von Ziffer 1 des Bereitschaftspflegevertrages bei den Klägern belassen. Das Belassen des Kindes bei den Pflegeeltern bis zur Entscheidung durch das Familiengericht entsprach damit Sinn und Zweck des Bereitschaftspflegevertrages, der eine solche (nur) bis zur Entscheidung über die Zukunftsperspektive des betroffenen Kindes vorsieht. |
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| | Durch das Verbleiben des Kindes bei den Klägern bis zur Entscheidung durch das Familiengericht wurde deshalb entgegen der Auffassung der Kläger auch kein stillschweigendes Dauerpflegeverhältnis begründet. Das Verbleiben des Kindes bis zur gerichtlichen Entscheidung erfolgte vielmehr im Rahmen des Bereitschaftspflegerahmenvertrages. Denn erst durch die Verbleibensanordnung gemäß § 1632 Abs. 4 BGB wurde entschieden, dass A. auf unbestimmte Zeit und damit (zunächst) dauerhaft bei den Klägern verbleiben konnte, was - wie ausgeführt - die gleichzeitige Beendigung des Bereitschaftspflegerahmenvertrages bedeutete, weil dieser nach Ziffer 1.2 bis zur Entscheidung über die Zukunftsperspektive des Kindes befristet war. |
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| | Eine vertragliche Regelung über den dauerhaften Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie sieht der Bereitschaftspflegerahmenvertrages nach Wortlaut und Sinn damit gerade nicht vor. Der Bereitschaftspflegerahmenvertrag enthält insoweit keine Lücke und ist somit auch keiner ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich. |
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| | Ein Pflegevertrag im Sinne einer Vollzeitpflege des Kindes A. ist auch nicht dadurch zustande gekommen, dass das Kind auf Grund der Verbleibensanordnung gem. § 1632 Abs. 4 BGB dauerhaft bei den Klägern untergebracht ist. § 1632 Abs. 4 BGB ist eine dem Kindeswohl dienende Vorschrift, die den Pflegeeltern ein Antragsrecht einräumt und vorsieht, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 1666 Abs. 1 BGB das Kind bei der Pflegefamilie verbleibt. Eine darüber hinaus gehende Wirkung kommt der Verbleibensanordnung nicht zu, insbesondere schafft diese kein vertragliches Dauerpflegeverhältnis zwischen den Klägern und dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder dem Personensorgeberechtigten, sondern führt nur zu einer Einschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes des Personensorgeberechtigten nach § 1631 Abs. 1 BGB, während das Erziehungsrecht gem. § 1631 Abs. 1 BGB beim Personensorgeberechtigten verbleibt (Münchener Kommentar, 4. Auflage, BGB, § 1632 Rn 57). |
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| | Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Beklagte weder als Träger der öffentlichen Jugendhilfe noch als Personensorgeberechtigter durch den Verbleib des Kindes bei den Klägern verpflichtet gewesen, eine entsprechende vertragliche Regelung (Pflegevertrag) mit den Klägern herbeizuführen. Die Verbleibensanordnung beinhaltet keine Verpflichtung für die Regelung des zivilrechtlich ausgestalteten Pflegeverhältnis des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und/oder des Personensorgeberechtigten mit den Eltern. Sie begründet keinen (sogenannten) Kontrahierungs- bzw. Vertragsabschlusszwang. |
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| | c) Die vorliegende Fallkonstellation entspricht auch nicht den von den Klägern angeführten Grundsätzen des (sogenannten) "diktierten Vertrages", der, ohne dass es einer Willenserklärung der Beteiligten bedarf, auf Grund gesetzlicher Ermächtigung durch Hoheitsakt zustande kommt. |
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| | Die Bewilligung der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege begründet ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis zwischen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und dem Personensorgeberechtigten. Hiervon zu unterscheiden ist das Rechtsverhältnis zwischen Jugendhilfeträger und Pflegeperson. Das Verhältnis zwischen Jugendhilfeträger und Pflegeperson ist seiner Art nach ein Dienstleistungsvertrag, der einerseits die Ermächtigung der Pflegeperson, erlaubterweise das Personensorgerecht auszuüben und andererseits die schuldrechtliche Verpflichtung enthält, die Erziehung, Beaufsichtigung und Versorgung des Pflegekindes zu übernehmen. In der Praxis empfiehlt sich der Abschluss eines schriftlichen Vertrages, der das Pflegeverhältnis zum Gegenstand hat (Pflegevertrag). Soweit nicht unmittelbar zwischen Eltern und Pflegeperson Vereinbarungen getroffen werden, kann das Jugendamt den Pflegevertrag entweder auf Grund einer Bevollmächtigung in Vertretung für die Eltern oder auf Grund einer Ermächtigung im eigenen Namen abschließen. Im letzteren Fall entsteht unmittelbar zwischen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Pflegeperson ein Rechtsverhältnis, das zivilrechtlicher Natur ist. Der Einordnung als zivilrechtlicher Vertrag steht nicht entgegen, dass zumeist auch auf öffentlich-rechtliche Tatbestände (z. Bsp. auf § 39 Abs. 3 SGB VIII beruhende Pflegegeldzahlung) Bezug genommen wird. Im wesentlichen enthält der vom Jugendamt abgeschlossene Pflegevertrag wechselseitige Verpflichtungen, die so auch zwischen Personensorgeberechtigten und Pflegeperson vereinbart werden können (Stähr in Hauck/Haines, SGB VIII, K § 33 Rn 22 und 23). |
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| | Danach bedarf es entsprechender Willenserklärungen zum Abschluss eines privatrechtlichen Dauerpflegevertrages, an denen es hier fehlt. Die Beklagte hat in ihrer Funktion als Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Abschluss eines Pflegevertrages - wie unstreitig - ausdrücklich abgelehnt (siehe Schreiben vom 22.12.2000, I 41). Ein solcher ist auch nicht mit der Beklagten als Personensorgeberechtigten - die Beklagte wurde zum Ergänzungspfleger nach §§ 1909, 1915 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1791 b BGB (sogenannte bestellte Amtspflegschaft) bestellt - zustande gekommen. Die Beklagte steht in ihrer Doppelfunktion (Träger der öffentliche Jugendhilfe und Personensorgeberechtigte) auf dem Standpunkt, dass die Voraussetzungen der Erziehungshilfe durch den gerichtlich nunmehr angeordneten dauerhaften Verbleib des Kindes bei den Klägern nicht mehr vorliegen und hat deshalb den Abschluss eines entsprechenden Pflegevertrages ausdrücklich abgelehnt, indem sie die Zahlung von Erziehungsgeld für den hier streitigen Zeitraum abgelehnt hat (Schreiben vom 22.12.2000, I 43). Danach fehlt es an einem an den Bereitschaftspflegerahmenvertrag anschließenden Vollzeitpflegevertrag mit den Klägern, der sich - wie ausgeführt - auch nicht als "diktierter Vertrag" begründen lässt. |
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| | d) Zu der Frage, ob ein Anspruch auf Abschluss eines Pflegevertrages mit der Beklagten als Träger der öffentlichen Hilfe oder als Personensorgeberechtigte in ihrer Eigenschaft als bestellter Amtspfleger (§§ 1791 b BGB; § 55 SGB IIX) besteht, wird ergänzend auf die Ausführungen zum Hilfsantrag der Kläger verwiesen (siehe unten B). |
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| | Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) zu. |
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| | Im vorliegenden Falle fehlt es schon an der Voraussetzung des § 677 BGB, wonach die Geschäftsbesorgung zumindest auch für einen anderen zu erfolgen hat. Für einen anderen wird tätig, wer ein Geschäft nicht nur als eigenes, sondern zumindest auch als fremdes besorgt, also mit dem Bewusstsein, der Erkenntnis und dem Willen, (auch) im Interesse eines anderen zu handeln (BGH NJW 2000, 72). Die Erbringung der Pflege, Betreuung und Erziehung A. s durch die Kläger in Form der Vollzeitpflege stellte keine solche Geschäftsbesorgung, weder für den Personensorgeberechtigten (a) noch für den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (b; hier Stadtjugendamt der Stadt Mannheim) dar. Sie lag auch nicht im öffentlichen Interesse gemäß § 679 BGB. |
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| | Unstreitig haben die Kläger ab 07.12.2000 bis 05.05.2002 die Unterhaltskosten sowie die Kosten der Erziehung für A. aufgebracht. Die Kläger haben hierdurch im Verhältnis zum Personensorgeberechtigten kein objektiv fremdes Geschäft geführt. |
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| | Dem Personensorgeberechtigten oblag nach der Verbleibensanordnung, durch die nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Personensorgeberechtigten beschränkt worden ist, zwar weiterhin das Erziehungsrecht gemäß § 1631 Abs. 1 BGB. Der Personensorgeberechtigte ist dem Kind aber nicht gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet. Seine Aufgabe ist es, die Unterhaltsansprüche gegen die Unterhaltsverpflichteten (eventuell Eltern) oder wie hier die Ansprüche auf Erziehungshilfe zur Sicherung der Erziehung und des Unterhalts gegen andere Träger durchzusetzen (§§ 5, 27, 33, 39 SGB VIII). Der Personensorgeberechtigte muss deshalb als Leistungsberechtigter gemäß § 27 SGB VIII für die notwendige Antragstellung auf Gewährung von Jugendhilfe Sorge tragen, weil der Leistungsberechtigte Jugendhilfe grundsätzlich nur dann beanspruchen kann, wenn bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzung für den primären Leistungsanspruch auf Erziehungshilfe beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuvor ein entsprechender Antrag auf Leistung der Jugendhilfe gestellt worden ist (BVerwG ZfJ 2001, 310 ff.; Grube, ZfJ 2001, 288 ff.). Mit der Erbringung der Unterhaltskosten haben die Kläger somit kein Geschäft des Personensorgeberechtigten, sondern allenfalls der zum Unterhalt verpflichteten Eltern oder des zuständigen Trägers für Sozial - oder Erziehungshilfe geführt. |
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| | Ein Anspruch der Kläger auf Aufwendungsersatz scheitert auch daran, dass die Übernahme nicht dem Interesse und dem wirklichen und mutmaßlichen Willen der Beklagten als Personensorgeberechtigten entsprach. Die Beklagte als Personensorgeberechtigte strebte mit dem Herausgabeverlangen von A. die Adoption an und war damit mit der Erziehungshilfe in Form der hier beanspruchten Unterhaltskosten durch die Kläger - wie auch der vor dem Familienrecht geführte Streit im Rahmen der Verbleibensanordnung zeigt - gerade nicht einverstanden. Der entgegenstehende Wille wäre auch nicht gemäß § 679 BGB unbeachtlich. Denn für ein öffentliches Interesse i. S. des § 679 BGB kann nicht das abstrakte Interesse der Gemeinschaft an der Erfüllung jeder Zahlungsverpflichtung genügen. Erforderlich ist vielmehr ein spezielles Interesse an der Erfüllung einer bestimmten Verpflichtung, deren Nichterfüllung für die Allgemeinheit konkret fassbare Nachteile mit sich brächte (BSG NJW-RR 2001, 1282). Ein solcher Nachteil, den die Kläger mit ihrer Zahlungen von A. abgewendet hätten, ist vorliegend nicht erkennbar. |
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| | Im Verhältnis zur Beklagten als Träger der öffentlichen Jugendhilfe kommt allenfalls ein Ersatzanspruch aus öffentlich-rechtlicher GoA in Betracht. Ein solcher Anspruch, der vor den Zivilgerichten nicht durchgesetzt werden kann, ist jedoch, wie bereits das Landgericht unangegriffen festgestellt hat, im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend gemacht. Ausführungen dazu, ob die Kläger mit ihren Unterhaltszahlungen ein Geschäft der Beklagten in ihrer Funktion als Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder ein solches der Stadt L. geführt haben, bedarf es deshalb nicht. |
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| | Ansprüche der Kläger aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 BGB scheiden ebenfalls aus, da die Beklagte durch die Unterhaltsleistungen der Kläger nichts erlangt und auch keine eigenen Aufwendungen erspart hat (siehe hierzu Ausführungen zur GOA). |
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| | Ansprüche der Kläger gemäß § 823 Abs. 1 BGB bestehen mangels Verletzung eines dort geschützten Rechtsgutes nicht. |
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| | Ebenso können die Kläger ihren Anspruch nicht aus § 826 BGB herleiten. Es besteht - wie oben ausgeführt - kein Kontrahierungszwang auf Abschluss eines Pflegevertrages der Kläger mit der Beklagten in ihrer Doppelfunktion. Auch ist bei der vorliegenden Fallkonstellation kein Missbrauch einer formalen Rechtsstellung durch die Beklagte oder ein sonstiges sittenwidrig geartetes Verhalten der Beklagten in ihrer Funktion als bestellter Amtspfleger und Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu erkennen. Den Pflegeeltern steht im vorliegenden Fall bei Fehlen einer vertraglichen Regelung kein eigener Anspruch gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe und den Personensorgeberechtigten zu. Bei den Beratungen des Gesetzgebers zur zivilrechtlichen Stellung der Pflegeeltern wurden zwar die neuen Bestimmungen (§§ 1630,1632 BGB) nur als erster Schritt zu einer umfassenden Normierung der Pflegeverhältnisse betrachtet. Eine umfassende Neuregelung ist aber bislang ausgeblieben (BT-Drucks. 11/5948 S.71; Stähr, a.a.O., K § 33 Rn. 24). Soweit Ansprüche des Mündels in Betracht kommen, können die Pflegeeltern sich diese gegen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder den Personensorgeberechtigten abtreten lassen. |
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| | Den Klägern steht auch kein Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung gemäß § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG zu. Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, dass etwaige aus der Ergänzungspflegschaft des Jugendamtes als Amtspfleger resultierende Pflichten nicht gegenüber den Klägern, sondern nur gegenüber dem Kind, für dessen Personensorge die Pflegschaft bestellt wurde, bestehen können. |
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| | Das Jugendamt handelt als Amtspfleger (§§ 1915 Abs. 1, 1791 b Abs. 1 BGB: §§ 55 SGB IIX) durch den oder die nach § 55 Abs. 2 SGB VIII beauftragten Beamten oder Angestellten. Gegenüber dem Kind oder Jugendlichen, das er vertritt, wird der Beamte oder Angestellte in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig. Verletzt er schuldhaft seine Amtspflicht und entsteht dem Mündel dadurch ein Schaden, haftet hierfür nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG die Anstellungskörperschaft (Träger des Jugendamtes). |
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| | Gegenüber anderen Personen als dem Mündel - hier den Klägern als Pflegeeltern - obliegen dem Beamten im Rahmen der Amtspflegschaft grundsätzlich keine Amtspflichten. Zum Aufgabenbereich des Vormundes gehört die Wahrnehmung der gesamten Personensorge des Kindes. Den ihm Rahmen der Pflegschaft anwendbaren Vorschriften über die elterliche Sorge gemäß § 1622 ff. BGB kann drittschützende Wirkung deshalb grundsätzlich nur im Verhältnis zum Mündel beigemessen werden. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 100,313) nur ausnahmsweise und zwar nur dann, wenn nach der Art der Tätigkeit "besondere Beziehungen" des Beamten oder Angestellten zum Dritten - hier den Klägern als Pflegeeltern - bestünden. Nur in einem derart gelagerten Fall ist eine drittbezogene Amtspflicht des Beamten im Sinne von § 839 Abs. 1 BGB anerkannt. |
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| | Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Kläger haben A. nach der Verbleibensanordnung jedenfalls bis zum Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.03.2001 (II 91) zunächst freiwillig, das heißt ohne Zahlung von Pflegegeld nach der Ablehnung vom 22.12.2000 durch die Beklagte, bei sich behalten. Dass die Beklagte als Personensorgeberechtigte und damit Leistungsberechtigte gemäß § 27 SGB VIII einen Antrag auf Jugendhilfe bei der Stadt L. möglicherweise verspätet gestellt hat, vermag eine Amtspflichtverletzung gegenüber den Klägern nicht zu begründen. Es fehlt an einer besonderen Beziehung zwischen der möglicherweise verletzten Amtspflicht und den Pflegeeltern. In dem vom BGH entschiedenen Fall (BGH 100, 313) wurde die besondere Beziehung nur ausnahmsweise deshalb bejaht, weil der Amtsvormund bei Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der dortigen Klägerin nicht auf die Geisteskrankheit des Mündels hingewiesen hatte. Eine vergleichbare Sonderbeziehung zwischen der Beklagten als Personensorgeberechtigte und den Pflegeeltern besteht nicht |
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| | Ein etwaiger Anspruch der Kläger ergibt sich auch nicht aus § 37 Abs. 3 SGB VIII, der Pflichten des Jugendamtes zur Unterstützung der Pflegeeltern während der Dauer des Pflegeverhältnisses vorsieht. Hierbei handelt es sich um Beratungs- und Unterstützungsansprüche betreffend die Pflege und Erziehung des Kindes, nicht um Unterhaltsansprüche. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. |
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| | 6. Danach bestehen keine eigenen Ansprüche der Pflegeeltern gegenüber der Beklagten als Personensorgeberechtigte und Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe. Über etwaige Schadensersatzansprüche des Mündels A. aus §§ 1833, 1915 BGB sowie aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG (Staudinger, BGB, 1999, § 1915 Rn 15; Stähr a. a. O., K § 55 Rn 17) war hier nicht zu entscheiden. |
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| | Erbringen Pflegeltern von sich aus Erziehungs- und Unterhaltsleistungen, für die bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen gemäß §§ 5, 27 SGB VIII Erziehungs- bzw. Jugendhilfe zu gewähren gewesen wäre, kann dies allerdings, wenn das Jugendamt rechtswidrig eine rechtzeitig beantragte Leistung ablehnt oder eine Entscheidung hierüber verzögert oder das Jugendamt eine Antragstellung vereitelt, in Ausnahmefällen zu einem Anspruch des Leistungsberechtigten (Eltern oder Personensorgeberechtigter) auf Aufwendungsersatz (möglicherweise Anspruch aus dem öffentlich-rechtlich gestalteten Verhältnis des Leistungsberechtigten gegenüber dem Träger der Jugendhilfe) oder zu Schadensersatzansprüchen des Mündels gegenüber dem Leistungsberechtigten/Personensorgeberechtigten führen (§ 1833 BGB; BVerwG ZfJ 2001, 310; Stähr, ZfJ 2001, 449 ff). Solche Ansprüche sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Außerdem wäre ein Rechtsstreit gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor den Sozial - oder Verwaltungsgerichten auszutragen. |
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| | Die Klage hat auch bezüglich des erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten Hilfsantrages (Eventualklagenhäufung) auf Abschluss eines rückwirkenden Pflegevertrages mit der Beklagten keinen Erfolg, wobei gegen die Klageänderung und deren Sachdienlichkeit allerdings keine rechtlichen Bedenken (gleicher Lebenssachverhalt) bestehen. |
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| | Den Klägern steht kein Anspruch auf Abschluss eines Pflegevertrages mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder dem Personensorgeberechtigten zu. Zwar kommt ein solcher - auch formlos - mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder dem Personensorgeberechtigten in der Praxis bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Erziehungshilfe regelmäßig dann zustande, wenn die Erziehungshilfe in ihrer spezifischen Ausformung als Vollzeithilfe gemäß § 33 SBG IIX zu erbringen ist. Ein Anspruch auf Abschluss eines solchen Vertrages mit den Pflegeeltern lässt sich allerdings weder aus dem SGB VIII noch aus den Vorschriften des BGB herleiten. |
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| | Es handelt sich im vorliegenden Fall um eine Einzelfallentscheidung, bei der es vornehmlich um die Frage geht, ob den Pflegeeltern bei einer ganz besonderen Fallkonstellation (Ablehnung vom Erziehungshilfe nach gerichtlicher Entscheidung durch Verbleibensanordnung) ein direkter Anspruch gegen den Personensorgeberechtigten oder Träger der öffentlichen Jugendhilfe zusteht. Die vom Klägervertreter in der Senatssitzung angeführten Fälle betreffen anders gelagerte Sachverhalte (Verhältnis Eltern zu Pflegeeltern). |
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