Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 6 O 183/16

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 25. November 2016, Az. 7 O 44/16, - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – im Kostenpunkt aufgehoben, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in einer gesonderten Aufstellung, hinsichtlich der Angaben a und b unter Vorlage von Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie Multiplexgeräte, die ausgestaltet sind als Multiplexgerät in einem Kommunikations-Endgerät eines Mobilfunk-Kommunikationssystems zum Multiplexen von Datenpaketen mit verschiedenen zugeordneten Prioritäten, (Merkmal a) mit:

- Mitteln zum Empfangen von Datenpaketen (Merkmal b);

- Mitteln zum Bedienen eines Warteschlangenspeichers für jede unterschiedliche Priorität von Datenpaketen (Merkmal c);

- Mitteln zum Zusammensetzen einer Gruppe der Datenpakete, gemäß einer ersten Multiplexregel und einer zweiten Multiplexregel, (Merkmal d) wobei

- durch Auswählen von Datenpaketen aus einem oder mehreren der Warteschlangenspeicher nach der ersten Multiplexregel ein erster Teil der Gruppe mit Datenpaketen befüllt wird (Merkmal d1) und

- durch Auswählen von Datenpaketen aus einem oder mehreren der Warteschlangenspeicher nach der zweiten Multiplexregel ein zweiter Teil der Gruppe mit Datenpaketen befüllt wird (Merkmal d2);

- Mitteln zum Übertragen der Gruppe (Merkmal e);

gekennzeichnet dadurch, dass das Multiplexgerät weiter umfasst:

- Mittel zum Anpassen der Größe des ersten und zweiten Teils gemäß der durch Daten in jedem Warteschlangenspeicher erfahrenen Verzögerung relativ zu einem Verzögerungskriterium für den jeweiligen Warteschlangenspeicher (Merkmal f),

in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht- gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Widerklage wird abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte 11/21 und die Klägerin 10/21.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen Auskunft/Rechnungslegung (I.1) durch Sicherheitsleistung iHv. 50.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung der anderen Partei wegen der Kosten des Rechtsstreits (III.) durch Sicherheitsleistung iHv. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei Sicherheit iHv. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer behaupteten Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft/Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen in Anspruch und begehrt die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz.
Die Klage wird gestützt auf das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte und in Kraft stehende Europäische Patent […] (nachfolgend: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 4. November 2005 angemeldet. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents erfolgte am 12. August 2009. Das Bundespatentgericht hat das Klagepatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland durch – noch nicht rechtskräftiges – Urteil vom 26. Juni 2019 (Az. 5 Ni 38/16 (EP) verb. m. 5 Ni 43/16) teilweise für nichtig erklärt, indem u.a. der erteilte unabhängige Anspruch 7 nunmehr als Anspruch 6 in der Verfahrenssprache folgende Fassung erhalten hat, wobei die Änderungen zur erteilten Fassung als Streichungen bzw. Unterstreichungen hervorgehoben sind:
„Multiplexing apparatus (300) in a communication terminal (410) of a mobile communication system for multiplexing data packets having different assigned priorities, comprising:
means (10) for receiving data packets;
means (30, 40) for operating a queue store (50) for each different priority of a data packet;
means (60, 80) for assembling a group of the data packets according to a first multiplexing rule and a second multiplexing rule, wherein
a first portion (90) of the group is populated with data packets by selecting data packets from one or more of the queue stores (50) according to athe first multiplexing rule;
a second portion (95) of the group is populated with data packets by selecting data packets from one or more of the queue stores (50) according to athe second multiplexing rule;
means (100) for transmitting the group;
and characterized byin that said multiplexing apparatus (300) further contains means (110) for adapting the size of the first and second portions (90, 95) according to the delay experienced by data in each queue store (50) relative to a delay criterion for the respective queue store (50).“
Die Klägerin, ein weltweit operierendes und eine Vielzahl von Patenten u.a. auf dem Gebiet der Mobilfunktechnik haltendes Elektronikunternehmen, ist als alleinige Inhaberin des deutschen Teils des Klagepatents in dem beim Deutschen Patent- und Markenamt geführten Register eingetragen.
Die Beklagte, eingetragen im Handelsregister am 10. Juli 2013, ist Teil der [A.]-Unternehmensgruppe. Sämtliche Gesellschaftsanteile an der Beklagten werden seit dem 29. August 2016 mittelbar allein von der [B.] gehalten, die von der […]ischen [C.] kontrolliert wird. Davor hielt die [B.] mittelbar 51 % der Anteile an der Beklagten. Die [B.] ist zugleich die Alleingesellschafterin der […]ischen [A., die die Webseite www.[A.]mobile.com hostet, und unter der der Internetauftritt der einzelnen [A.]-Landesgesellschaften erreichbar ist.
Die Beklagte vertreibt im Inland – unter der Marke [A.] – LTE-fähige Mobiltelefone (nachfolgend einheitlich: angegriffene Ausführungsformen).
Die von der Klägerin als Benutzung der klagepatentgemäßen Lehre angesehene Datenpaketverarbeitung in der sog. MAC (Medium- Access-Control)-Protokollschicht für den Mobilfunkverkehr im LTE-Netz beruht u.a. auf den verpflichtend einzuhaltenden Anforderungen des Standard-Dokuments 3GPP TS 36.321 V8.5.0 (2009-3) (nachfolgend: Standard), das als Anlage KC2 vorliegt. In der MAC-Schicht werden sog. Transportkanäle für die spätere Übertragung von Daten über die sog. physikalische Schicht verwaltet. Dabei werden durch Multiplexing MAC-Datenpakete (sog. MAC-SDUs), die aus einem oder mehreren logischen Kanälen zugeführt werden, in Transportblöcken für die weitere Übersendung der Daten über die Transportkanäle an die physikalische Schicht zusammengestellt. Die Zusammenhänge zwischen den logischen Kanälen („upper layers“), den Transportkanälen („lower layers“) und der dazwischen angeordneten MAC-Schicht zeigt schematisch die nachstehend eingeblendete Figur 4.2.1.1 aus dem Standard:
Einer der Transportkanäle ist der sog. gemeinsam genutzte Uplink-Kanal UL-SCH (Uplink Shared Channel). Durch das Multiplexing in der MAC-Schicht wird zudem die unterschiedliche Priorisierung zwischen unterschiedlichen logischen Kanälen einer Mobilstation gehandhabt. Das entsprechende Verfahren in Bezug auf den Transportkanal UL-SCH ist in Abschnitt 5.4.3.1 des Standards niedergelegt. Darin heißt es auszugsweise:
Der Parameter Bj, der jedem der logischen Kanäle j zugeordnet ist, wird in jedem Übertragungszeitintervall (Transmission Time Interval - TTI) für den betreffenden Kanal nach der Formel PBR x TTI erhöht und nach der Datenübertragung gem. Schritt 1 in einem zweiten Schritt um die Gesamtgröße der nach Schritt 1 zur Übertragung gelangten Daten aus dem betreffenden Kanal j verringert, wobei der Parameter Bj als Höchstwert höchstens die Übertragungsgrößeneinheit (bucket size) des betreffenden logischen Kanals j annehmen kann. Die Erhöhung wird dabei auch dann durchgeführt, wenn in dem logischen Kanal j keine Daten zur Übertragung anstehen.
10 
Zwischen der Klägerin und der [A.]-Unternehmensgruppe ist ein das Klagepatent umfassender Lizenzvertrag bislang nicht zustande gekommen. Der Stand der „Lizenzverhandlungen“ lässt sich wie folgt zusammenfassen:
11 
Die Klägerin wies die [A.] vor Klageerhebung schriftlich am 13. Oktober 2014 (Anlage K4a) unter Beifügung einer Liste der betroffenen Patente darauf hin, dass der Vertrieb von Mobiltelefonen UMTS- und LTE-standardessenzielle Patente der Klägerin verletze. Von der Klägerin in der Folgezeit angebotene Treffen kamen aufgrund von mehreren Absagen der [A.] nicht zustande. Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 (Anlage K4g) wies die Klägerin die [A.] erneut – insbesondere anhand einer Gegenüberstellung von Patentansprüchen und Teilen des UMTS-/LTE-Standards (vgl. Anlage K4g, Anhang 3, No. 13) – auf eine Patentverletzung hin und offerierte unter Beifügung des Entwurfs des „license agreement“ den Abschluss eines Lizenzvertrags gemäß dem Patentlizenzprogramm der Klägerin in Bezug auf UMTS-/LTE-Patente. Sie bat um Mitteilung, ob [A.] Interesse an einer Lizenz der UMTS/LTE Patente der Klägerin habe. Weitere technische Informationen sind von der Klägerin mit E-Mail vom 25. September 2015 übersandt worden. Bis zur Einreichung der Klage beim Landgericht am 19. Oktober 2015 ging der Klägerin keine Reaktion von Seiten der [A.] oder der Beklagten zu. Mit vom 16. Oktober 2015 datierenden Schreiben (Anlage [B]10), das am 20. Oktober 2015 auf den Postweg gegeben wurde, erklärte die [A.], stets bereit zu sein, nach Treu und Glauben Bedingungen einer Lizenz für werthaltige Patente zu verhandeln. Nach Klageerhebung unterbreitete die [A.] der Klägerin mit Schreiben vom 25. August 2016 (Anlage [B]16) ein von den Lizenzvertragsbedingungen der Klägerin abweichendes Lizenzangebot (Anlage [B]17). Entsprechend dem Gegenangebot und der zu den bislang aufgelaufenen Verkaufszahlen erteilten Auskunft ist zwischenzeitlich ein Betrag iHv. ca. […] EUR zugunsten der Klägerin hinterlegt worden. Zuletzt trafen sich Vertreter der Klägerin und der [A.]-Unternehmensgruppe in […] am 3. September 2019, um erneut verschiedene mögliche Vertragsmodalitäten zu diskutieren.
12 
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der inländische Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen durch die Beklagte verletze das Klagepatent. Diese nach dem LTE-Standard arbeitenden angegriffenen Ausführungsformen machten von der patentgemäßen Lehre des erteilten Anspruchs 7 des Klagepatents unmittelbar Gebrauch, weil die Vorgaben des LTE-Standards für die Zusammenstellung der Daten für den UL-SCH die patentgemäße Lehre implementierten. Der von der Beklagten erhobene kartellrechtliche Einwand greife nicht durch. Die Klägerin meint insofern, sie habe ihrerseits alle Obliegenheiten, die der Unionsgerichtshof in der Entscheidung Huawei./.ZTE formuliert habe, bereits vor Klageerhebung erfüllt. Insbesondere habe sie in ausreichender Weise über die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr ihres FRAND-Angebots informiert. Hierfür genüge die Mitteilung der verlangten Lizenzgebühr je Einheit und die Hinweise auf den Umfang und die territoriale Abdeckung des Patentportfolios sowie auf den technischen Beitrag der Klägerin zur Entwicklung des UMTS/LTE-Standards in den Schreiben vom 13. Oktober 2014 (Anlage K4a), 28. Juli 2015 (Anlage K4g) und 25. September 2015 (Anlagen K4h und K4i). Zu näheren Erläuterungen sei sie gegenüber der aus ihrer Sicht im Grundsatz lizenzunwilligen Beklagten ohnedies nicht verpflichtet gewesen.
13 
Die Beklagte hat gegen die Klage vorgebracht, eine Patentverletzung liege nicht vor. Sie hat insofern eine Patentbenutzung in Abrede gestellt, weil eine Verwirklichung des Merkmals c, der Merkmalsgruppe d und des Merkmals f anhand des Standards nicht schlüssig dargetan, nach zutreffendem Patentverständnis aber jedenfalls zu verneinen sei. Zumindest stehe einer Durchsetzung der Unterlassungs-, Ruckruf- und Vernichtungsansprüche der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand entgegen. Die Klägerin habe vor Klageerhebung nie erläutert, weshalb die von ihr geforderte Stücklizenz FRAND-Bedingungen entspreche. Die Lizenzbereitschaftserklärung der [A.] mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 sei nicht verspätet erfolgt, da eine ausreichende Zeitspanne zur Prüfung der überlassenen Unterlagen zuzugestehen sei.
14 
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Feststellungen und aller weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht den auf eine Verletzung des erteilten Patentanspruchs 7 gestützten Klageanträgen weit überwiegend stattgegeben, und die Klage lediglich in Bezug auf inhaltliche Vorgaben zu Rückruf und Entfernung teilweise abgewiesen. Das Landgericht hat angenommen, die angegriffenen Ausführungsformen machten entgegen der Einwände der Beklagten von der klagepatentgemäßen Lehre wortsinngemäß Gebrauch. Die danach festzustellende, zumindest auf Fahrlässigkeit beruhende Patentverletzung begründe die mit den Klageanträgen verfolgten Ansprüche im zuerkannten Umfang gem. Art. 64 EPÜ iVm. § 139 Abs. 1, Abs. 2, § 140a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 140b PatG iVm. §§ 242, 259 BGB. Der gerichtlichen Durchsetzung der Unterlassungs-, Rückruf- und Vernichtungsansprüche stünden kartellrechtliche Gründe nicht entgegen. Die Klägerin habe ihre Hinweispflicht vor Klageerhebung erfüllt. Sie habe gegenüber der [A.], die als Ansprechpartner für Lizenzfragen in der Unternehmensgruppe fungiere, bereits mit Schreiben vom 28. Juli 2015 die vom Verletzungsvorwurf betroffenen Patente und die angegriffenen Mobilstationen bezeichnet und eine Liste vorgelegt, in der für jedes der Patente zur Begründung des Patentverletzungsvorwurfs Abschnitte aus den Standards genannt worden seien. Zudem habe sie unter dem 25. September 2015 ergänzend Claim-Charts überlassen. Die danach erforderliche Lizenzbereitschaft von Seiten der [A.]-Unternehmensgruppe (Lizenzierungsbitte) sei nicht rechtzeitig zum Ausdruck gebracht worden. Eine entsprechende Reaktion sei nicht bis zur Klageeinreichung erfolgt. Die auf den 16. Oktober 2015 datierende, am 20. Oktober 2015 auf den Postweg gegebene Erklärung, sei nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne erfolgt. Wie lange die Zeitspanne sei, innerhalb derer der Patentinhaber nach Treu und Glauben mit einer Reaktion rechnen dürfe und der Patentbenutzer seine Lizenzbereitschaft zum Ausdruck bringen müsse, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Nachdem die [A.] weder auf das Schreiben der Klägerin vom 28. Juli 2015 noch auf die E-Mail vom 25. September 2015 eine Reaktion gezeigt habe, habe sich der Klägerin der Eindruck aufdrängen müssen, dass die [A.] kein Interesse an Lizenzverhandlungen habe. Daher könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden, sie habe mit Einreichung der Klage am 19. Oktober 2015, worin die „Klageerhebung“ iSd. Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs zu sehen sei, eine marktbeherrschende Stellung missbraucht und kartellrechtswidrig Druck aufgebaut. Das Landgericht hat schließlich angenommen, die nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs auf den Verletzungshinweis des Patentinhabers von dem Patentbenutzer vor Klageerhebung zu erklärende Lizenzierungsbitte könne nicht nachgeholt werden. Denn die den Patentbenutzer treffenden Obliegenheiten würden entwertet, wenn er diese nach Klageeinreichung beliebig nachholen und damit der eingereichten Klage nachträglich die Grundlage entziehen könne. Es bliebe dann ohne signifikante Folgen, wenn dieser sich vor Klageeinreichung nicht auf Lizenzverhandlungen einließe. Mangels Nachholbarkeit der Lizenzierungsbitte komme es auf die Frage, ob das Angebot der Klägerin FRAND-Bedingungen entspreche, nicht an. Auch der Umstand, dass die [A.] ein abweichendes Angebot vorgelegt, Auskunft erteilt und einen namhaften Betrag hinterlegt habe, sei ohne Bedeutung.
15 
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
16 
Die Beklagte führt, teilweise unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, teilweise unter Erhebung neuer Einwände im Wesentlichen aus, bei zutreffender Auslegung werde das Klagepatent, insbesondere in dem Umfang der durch das patentgerichtliche Urteil erfahrenen Beschränkung, nicht verletzt. Entgegen Merkmal e würde die aus Datenpaketen zusammengesetzte Gruppe nach dem standardgemäßen Verfahren nicht als solche (gemeinsam) übertragen. Für die über den „physical layer“ erfolgende Übertragung der Daten von der Mobilstation an die Basisstation unterlägen die nach dem Multiplexen der MAC SDUs gebildeten Transportblöcke der nach dem LTE-Standarddokument 3 GPP TS 36.212 V8.5.0 (2008-12) (Anlage VP26) vorgesehenen weiteren Behandlung, umfassend die Schritte „Transport block CRC attachment“, „Code block segmentation and Code block CRC attachment“, „Channel Coding“, „“Data and Control multiplexing“ und Bildung eines vermischten Datenstroms im „Channel Interleaver“ und dessen sequenzielle Übertragung in Radioframes als codierte Symbole. Hiernach werde die in Form eines Transportblocks zusammengesetzte Gruppe aus MAC SDUs nicht als Gruppe übertragen. Entgegen der Annahme des Landgerichts finde Merkmal f im Standard keine Verwendung. Es könne beim standardgemäßen Verfahren schon nicht von weiteren Mitteln zur Anpassung der Größe der beiden Teile der Datengruppe die Rede sein. Die patentgemäße Lehre fordere insoweit neben den Mitteln zum Zusammenstellen einer Datengruppe anhand von zwei Multiplexingregeln zusätzlich Mittel zur aktiven Größenanpassung der beiden Teile der Datengruppe. Der Standard kenne nur eine rein passive Anpassung durch Anwendung der beiden Regeln. Weiterhin fehle es im Standard an einer Anpassung gemäß der durch Daten erfahrenen Verzögerung zu einem Verzögerungskriterium. Die Auslegung des Landgerichts, die den technischen Sinngehalt des Patentanspruchs schon nicht erfasse, vernachlässige jedenfalls, dass sich das Klagepatent ausweislich der in Abschn. 12 angesprochenen, möglichen Anpassungskriterien auf eine Anpassung anhand einer zeitlichen Datenverzögerung festgelegt habe. Die Variable Bj sei aber kein Indikator für eine zeitliche Verzögerung von Daten, weil diese lediglich eine Datenmenge bezeichne; aus dem Wert Bj könne nicht bestimmt werden, ob eine Verzögerung vorliege. Endlich stehe einem Gebrauch des Merkmals f auch entgegen, dass die Anpassung maßgeblich von den Parametern PBR (Prioritized Bit Rate) und BSD (Bucket Size Duration) abhänge, die durch eine höhere Schicht festgelegt würden, weshalb die Mittel zur Größenanpassung der beiden Teilbereiche nicht allein im Kommunikations-Endgerät des Mobilfunk-Kommunikationssystems angeordnet seien.
17 
Die aus einer etwaigen Verletzung des Klagepatents resultierenden Ansprüche seien indes in dem von der Klägerin begehrten Umfang nicht durchsetzbar. Hinsichtlich der vergangenheitsbezogenen Ansprüche auf Schadensersatz und Auskunft/Rechnungslegung sei nunmehr die Aktivlegitimation der Klägerin zu bestreiten. Die Beklagte müsse aufgrund erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz erlangter Kenntnisse davon ausgehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Veräußerung eines 50%-Anteils an einem Patentportfolio an die [H.] im Jahr 2007 auch einen Anteil am Klagepatent veräußert habe. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass im Rahmen dieser Transaktion nur solche Patente übertragen worden seien, die für den UMTS-Standard relevant seien. An der Durchsetzung der Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung und Vernichtung sei die Klägerin entgegen der Annahme des Landgerichts gehindert. Schon der Ansatz des Landgerichts, die [A.] habe sich nicht rechtzeitig vor Klageeinreichung lizenzwillig gezeigt, sei nicht haltbar. Der Verletzungshinweis vom 28. Juli 2015 sei mangels beigefügter Claim-Charts nicht ausreichend gewesen und habe eine Reaktion der Beklagten bzw. der [A.]-Unternehmensgruppe nicht auslösen müssen. Soweit danach für einen hinreichenden Verletzungshinweis auf Vorlage der Claim-Charts mit E-Mail vom 25. September 2015 abzustellen sei, müsse die dann verbleibende Zeit bis zur Klageeinreichung als nicht angemessen für eine Reaktion in Form einer Lizenzierungsbitte angesehen werden. Abgesehen davon sei die am 20. Oktober 2015 zur Post gegebene Lizenzierungsbitte noch vor der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses durch die Klägerin und der Rechtshängigkeit der hiesigen Klage durch deren Zustellung erfolgt, weshalb entgegen der Ansicht des Landgerichts eine rechtzeitige Lizenzierungsbitte vorliege. Ohnehin habe das Landgericht nicht in den Blick genommen, dass die Klägerin der [A.] bereits einen Vertragsentwurf übersandt hatte. Das Landgericht habe sich insoweit nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Klägerin mit der Übersendung konkludent auf die gesonderte Abgabe einer Lizenzierungsbitte verzichtet habe. Überdies setze sich das Landgericht mit seiner Annahme der Nichtnachholbarkeit der vorprozessualen Obliegenheiten des Patentbenutzers zu den Vorgaben des Unionsgerichtshofs in der Entscheidung „Huawei./.ZTE“ letztlich in Widerspruch. Das Parteiverhalten nach Klageerhebung sei zwingend zu berücksichtigen. Denn es gehe darum, kartellrechtswidriges Verhalten bei der gerichtlichen Geltendmachung zu unterbinden. Die Nichtberücksichtigung prozessualen Verhaltens auf Beklagtenseite führe zu einer fehlenden Waffengleichheit. Ein Patentinhaber, der kartellrechtswidrig Klage erhebe, obwohl er seinen Verpflichtungen - z.B. durch Abgabe eines nicht FRAND-konformen Angebots - nicht nachgekommen sei, könne dies beliebig nachholen. Die Beklagte und die mit ihr verbundene [A.] hätten sich spätestens im laufenden Prozess lizenzwillig gezeigt. Vielmehr verweigere sich die Klägerin, den ihr als marktbeherrschenden SEP-Inhaber obliegenden Pflichten nachzukommen. Das Lizenzangebot der Klägerin sei nicht FRAND-Konform, weil sich die Klägerin trotz erheblicher Indizien für eine Diskriminierung der [A.]-Unternehmensgruppe gegenüber anderen Lizenznehmern jeglicher, näherer Erläuterungen und Auskünfte zu den anderen Lizenzverträgen verweigere, insbesondere diese Lizenzverträge nicht vorlege, obgleich die Beklagte bzw. die [A.] mehrfach vorsorglich auch eine vertragsstrafenbewehrte Geheimhaltungszusage angeboten habe. Die sog. „[G.]-Erklärung“ – ein Privatgutachten des Herrn Prof. [G.] aus Oktober 2017, zuletzt ergänzt im August 2018 – entbinde die Klägerin nicht von näheren Darlegungen, insbesondere genüge dieses mitnichten den Anforderungen, die an die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr zu stellen seien. Beispielsweise sei schon in Bezug auf die angeführten Lizenzverträge der Klägerin zu laufenden Lizenzgebühren unklar, was in der Erklärung mit „terms essentially identical“ gemeint sei. Die nach der Erklärung unstreitig anderen Unternehmen, insbesondere an [Y.], gewährten Pauschallizenzen würden hinsichtlich ihrer Modalitäten und Gründe nicht ansatzweise erläutert. Überdies stehe im Raume, dass die Klägerin nur selektiv ihre Rechte durchsetze, was als nicht FRAND-konform aufzufassen sei. Prozessual könne die Beklagte im Rahmen des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands Vorlage der von der Klägerin abgeschlossenen Lizenzverträge verlangen gemäß §§ 142, 131 ZPO und §§ 421, 422 ZPO iVm. Art. 102 AEUV und der FRAND-Zusage der Klägerin bzw. § 809 BGB.
18 
Da die Beklagte „aktivlegitimiert“ sei, den FRAND-Einwand zu erheben, stehe ihr auch ein materieller Anspruch auf Vorlage der Lizenzverträge zu, den sie nunmehr im Wege der Widerklage geltend mache.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
1. das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen;
21 
2. im Wege der Widerklage, die Klägerin zu verurteilen, alle in ihrem Besitz befindlichen Lizenzverträge und/oder Vergleichsverträge einschließlich etwaiger Nebenvereinbarungen ("side letter") vorzulegen, die einzelne und/oder alle der in den Enclosures (Anlagen) 1 und 2 der Anlage K4a genannten Patente und/oder Patentanmeldungen zum Gegenstand haben, insbesondere die mit den Unternehmen „[X.]“, "[Y.]" und "[Z.]" abgeschlossenen Verträge sowie die Lizenzverträge, auf welche sich die Klägerin in der mit dem Schriftsatz vom 3. September 2019 überreichten Erklärung gemäß Anlage K12 bezieht und die in dem Exhibit 2 zum Exhibit 1 und Exhibit 2 zur Anlage K 12 wie folgt gekennzeichnet sind:
22 
[…]
23 
hilfsweise, der Klägerin aufzugeben, die Verträge mit den Unternehmen „[Y.]“, „[Z.]“ und „[X.]“ sowie die in Anlage K 12, Exhibit 2 zu Exhibit 1 und Exhibit 2 aufgelisteten Lizenzverträge gemäß vorstehender Einblendung vorzulegen.
24 
Die Klägerin beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.
26 
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, wobei das Klagepatent zuletzt im Umfang des durch das Bundespatentgericht aufrechterhaltenen Patentanspruchs 6 geltend gemacht wird.
27 
Sie bringt weitergehend vor, sie habe zwar einen Teil ihres Patentportfolios zeitweilig auf die [H.] übertragen gehabt; hiervon betroffen gewesen seien aber nur Patente, die – anders als im Streitfall – relevant für den UMTS-Standard seien.
28 
Die angefochtene Entscheidung stimme bei der Beurteilung des FRAND-Einwands mit den Anforderungen des Unionsgerichtshofs überein. Die Intention des Unionsgerichtshofs im Rahmen des gerechten Ausgleichs der Interessen sei es gewesen, dass die Parteien die Lizenzvertragsverhandlungen unbelastet von der Erhebung einer auf Unterlassung, Rückruf, Entfernung und Vernichtung gerichteten Klage führen könnten. Hierfür sei es erforderlich, dass die vom Unionsgerichtshof genannten Obliegenheiten vor Klageerhebung zu erfüllen seien. Dies ergäbe sich unmittelbar aus dem Urteil in den Randnummern 60 und 61. Gerade die Berichtigung der Entscheidung mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 mache deutlich, dass der Unionsgerichtshof ein besonderes Augenmerk darauf lege, dass nicht nur der Hinweis auf die Patentverletzung, sondern alle Obliegenheiten der Parteien vor Klageerhebung erfolgen müssten. Entsprechend werde an keiner Entscheidungsstelle erwähnt, dass die Obliegenheiten des Patentinhabers oder des Verletzers nach Klageerhebung nachgeholt werden könnten. Etwaig verspätete Handlungen könnten vielmehr als Verzögerungstaktik des Verletzers gewertet werden (Rn. 65). Im Übrigen sei die Beklagte auch bei Stattgabe der Klage nicht schutzlos gestellt. Die Pflicht der Klägerin, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, gelte weiterhin. Werde diese nicht erfüllt, stelle dies einen Kartellverstoß dar, den die Beklagte beim Kartellamt anzeigen könne. Gehe man wider Erwarten von einer Nachholbarkeit der Obliegenheit des Patentbenutzers zur Äußerung der Lizenzierungsbitte im laufenden Prozess aus, habe die Klägerin ihrer Obliegenheit zur Unterbreitung eines FRAND-Lizenzangebots bereits genügt. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der des Landgerichts im Parallelrechtsstreit zwischen den Parteien (Az. 7 O 18/17, beim Senat anhängig als Berufung unter Az. 6 U 41/18) treffe die Klägerin keine Pflicht zur weitergehenden Erläuterung der Lizenzraten. Eine Obliegenheit zur Vorlage von Informationen zu bereits bestehenden Lizenzverträgen könne der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs nicht entnommen werden. Eine Offenlegung bereits bestehender Verträge rechtfertige sich nicht aus dem Umstand, dass der Verletzer nicht wissen könne, ob er diskriminiert werde. Ein allgemeines Transparenzgebot sei dem Kartellrecht fremd. Eine weitreichende Informationsobliegenheit des SEP-Inhabers stehe zudem in Widerspruch zur in Art. 2 KartellVO geregelten Beweislastverteilung. Soweit die Beklagte und das Landgericht im Parallelrechtsstreit einen erläuterungsbedürftigen Anhaltspunkt für eine Diskriminierung in der unterschiedlichen Zahlungsweise der Lizenznehmer zu erkennen meinen, greife dies ersichtlich zu kurz. Eine zu einer Benachteiligung im Wettbewerb führende Ungleichbehandlung könne schon nicht allein anhand eines direkten Preisvergleichs beurteilt werden, vielmehr seien alle kommerziellen Umstände und Bedingungen der zu vergleichenden Verträge zu berücksichtigen und diese als „Gesamtpakete“ miteinander zu vergleichen. Eine Informations- oder Vorlagepflicht stehe schließlich im Widerspruch zu den berechtigten, international anerkannten Geheimhaltungsinteressen der Beteiligten. Aus dem Umstand, dass die Klägerin bei der Lizenzierung ihrer standardessenziellen Patente unterschiedliche Vertragsbedingungen zugrunde legen dürfe, und bei Unternehmen in unterschiedlichen Wettbewerbssituationen sogar zugrunde legen müsse, ergebe sich unmittelbar ein schützenswertes Interesse der Klägerin, diese Lizenzbedingungen geheim zu halten. Abgesehen von den Geheimhaltungsinteressen der Lizenznehmer, namentlich, weil deren Verhandlungsposition geschwächt würde, begegne eine Offenlegungspflicht auch kartellrechtlichen Bedenken, weil diese gewissermaßen eine offene Preisabsprache der Lizenznehmer nach sich ziehen würde.
29 
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 25. September 2019 verwiesen.
II.
30 
Die zulässige Berufung hat in der Sache lediglich zum Teil Erfolg.
31 
Die zulässige Klage erweist sich im Rahmen der berufungsrechtlichen Prüfung nur teilweise als begründet. Die Klägerin ist entgegen dem erstmaligen Bestreiten im Berufungsrechtszug für sämtliche Ansprüche aktivlegitimiert (A). Da die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des geltend gemachten Vorrichtungsanspruchs in seiner Fassung als Patentanspruch 6 nach dem Urteil des Bundespatentgerichts vom 26. Juni 2019 (B) unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch machen (C), und eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht angezeigt ist (F), ist das landgerichtliche Urteil unter Neufassung seines diesbezüglichen Tenors zu bestätigen, als die Beklagte im beantragten Umfang – einhergehend mit der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung – zu Auskunft und Rechnungslegung verurteilt worden ist (E). Soweit das Landgericht auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung erkannt hat, unterliegt das Urteil der Abänderung, weil die Klägerin insoweit an der Anspruchsdurchsetzung aus kartellrechtlichen Gründen gehindert ist (D).
32 
Die im Berufungsrechtszug erhobene Widerklage ist jedenfalls unbegründet und danach abzuweisen (G).
33 
Im Einzelnen:
A.
34 
Die Klägerin ist zur Geltendmachung sämtlicher aus einer Verletzung des Klagepatents erwachsenden Ansprüche als Patentinhaberin und somit Verletzte (Art. 64 Abs. 3 EPÜ iVm. §§ 139 ff. PatG) aktivlegitimiert.
35 
Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz unter Verweis auf nachträglich erlangte Erkenntnisse (§ 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) die Alleininhaberschaft der Klägerin während des gesamten Zeitraums der vorgeworfenen Patentbenutzung bestreitet, dringt sie mit diesem Verteidigungsvorbringen nicht durch. Die Klägerin behauptet insoweit, ununterbrochen seit Patenterteilung alleinige Inhaberin des Klagepatents zu sein. Eine Mitberechtigung der [H.] im Rahmen einer Transaktion aus dem Jahr 2007 sei nicht begründet worden, weil das von jener Transaktion betroffene Patentportfolio nur für den UMTS-Standard essentielle Schutzrechte und Anmeldungen betroffen habe und nicht solche – wie das Klagepatent – für den LTE-Standard relevante. Das diesbezügliche schlichte Bestreiten der Beklagten genügt nicht, um den Senat zu veranlassen, dem Beweisantritt der Klägerin (AS II 319) nachgehen zu müssen, damit sich der Senat eine Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin zu ihrer Alleininhaberschaft verschaffen kann.
36 
Denn der Eintragung der Klägerin im Patentregister kommt für die Frage, wer materiell-rechtlicher Inhaber des Patents ist, eine erhebliche Indizwirkung zu (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 – X ZR 69/11, GRUR 2013, 713 Rn. 58 ff. – Fräsverfahren), aufgrund derer es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts bedarf, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Vielmehr hat die Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Streitfall ist danach in den Blick zu nehmen, dass sich die Klägerin auf eine unveränderte materiell-rechtliche Lage beruft, die mit der seit Patenterteilung unveränderten Registerlage einhergeht. Wesentlich ist insofern vor allem, dass die Klägerin bei Patenterteilung im Jahr 2009, also nach der in Rede stehenden Transaktion aus dem Jahr 2007, weiterhin als alleinige Anmelderin aufgetreten ist, der die Rechte aus dem Patent vom Europäischen Patentamt durch die Erteilung zugewiesen worden sind. Überdies hat sich die Klägerin dezidiert konkret dahin eingelassen, dass und weshalb die von der Beklagten benannte Transaktion bestimmte Patente wie das Klagepatent bzw. dessen Anmeldung nicht erfasst habe. In dieser Konstellation vermag das schlichte Bestreiten der Beklagten die Indizwirkung der Registereintragung und den hiermit übereinstimmenden Vortrag der Klägerin nicht zu erschüttern.
B.
37 
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung für das Zusammenstellen von Datenpaketen, etwa in Mobilfunknetzwerken.
38 
1. Zum Hintergrund erläutert die Klagepatentschrift, dass in Kommunikationssystemen zum Zwecke der Datenübertragung eine Zusammenstellung von Datenpaketen zu einer Gruppe erfolge, wofür der Begriff „multiplexen“ verwendet werde (vgl. Abschn. 1). Anhand des auf verschiedenen Protokollschichten beruhenden UMTS-Standards wird als vorbekannt eine Datenpaketzusammenstellung an der MAC (Medium-Access-Control)-Schicht referiert (vgl. Abschn. 2). Danach würden MAC-d Protokolldateneinheiten (Protocol Data Units = PDUs) für die Übertragung zu verbesserten (enhanced) MAC-e PDUs zusammengefasst. Die Zusammenstellung berücksichtige die den Datenpaketen (MAC-d PDUs) zugewiesene Priorität. Bei einer begrenzten Kapazität der für die Übertragung zusammengestellten Datenpaketgruppen (MAC-e PDUs) könne eine reine Zusammenstellung nach der Priorität dazu führen, dass Datenpakete mit einer geringeren Priorität nicht zum Zuge kommen und „verhungern.“ Eine ausschließliche Orientierung an der Priorität würde nicht immer zu einer optimalen Befüllung der MAC-e PDUs führen und sei zu unflexibel, um alle „Quality of Service“- Anforderungen für PDUs zu erfüllen (vgl. Abschn. 3).
39 
2. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, ein flexibles und effizientes Multiplexen von Datenpaketen zu ermöglichen. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent nach dem erteilten Anspruch 7 in seiner vom Bundespatentgericht als Anspruch 6 aufrechterhaltenen Fassung eine Vorrichtung vor, deren Merkmale in synoptischer Gegenüberstellung von Verfahrenssprache und deutscher Übersetzung wie folgt gegliedert werden können (Hervorhebungen entsprechend der Darstellung der Abänderungen gegenüber der erteilten Anspruchsfassung durch das Bundespatentgericht):
40 
a
Multiplexing apparatus (300)
in a communication terminal (410) of a mobile communication system
for multiplexing data packets having different assigned priorities, comprising
a
Multiplexgerät
in einem Kommunikations-Endgerät eines Mobilfunk-Kommunikationssystems
zum Multiplexen von Datenpaketen mit verschiedenen zugeordneten Prioritäten, mit:
b
means (10) for receiving data packets
b
Mitteln zum Empfangen von Datenpaketen
c
means (30, 40) for operating a queue store (50)
for each different priority of a data packet
c
Mitteln zum Bedienen eines Warteschlangen-speichers für jede unterschiedliche Priorität von Datenpaketen
d
means (60, 80) for assembling a group of the data packets
according to a first multiplexing rule and a second multiplexing rule, wherein
d1
a first portion (90) of the group is populated with data packets by selecting data packets from one or more of the queue stores (50) according to athe first multiplexing rule
d2
a second portion (95) of the group is populated with data packets by selecting data packets from one or more of the queue stores (50) according to athe second multiplexing rule
d
Mitteln zum Zusammensetzen einer Gruppe der Datenpakete,
gemäß einer ersten Multiplexregel und einer zweiten Multiplexregel, wobei
d1
durch Auswählen von Datenpaketen aus einem oder mehreren der Warteschlangenspeicher nach der ersten Multiplexregel ein erster Teil der Gruppe mit Datenpaketen befüllt wird
d2
durch Auswählen von Datenpaketen aus einem oder mehreren der Warteschlangenspeicher nach der zweiten Multiplexregel ein zweiter Teil der Gruppe mit Datenpaketen befüllt wird
e
means (100) for transmitting the group
e
Mitteln zum Übertragen der Gruppe
and characterized byin that said multiplexing apparatus (300) further contains
f
means (110) for adapting the size of the first and second portions (90, 95)
according to the delay experienced by data in each queue store (50)
relative to a delay criterion for the respective queue store (50)
gekennzeichnet dadurch, dass das Multiplexgerät weiter umfasst:
f
Mittel zum Anpassen der Größe des ersten und zweiten Teils
gemäß der durch Daten in jedem Warteschlangenspeicher erfahrenen Verzögerung
relativ zu einem Verzögerungskriterium für den jeweiligen Warteschlangenspeicher
41 
3. Ausgehend von den die Patentauslegung tragenden Grundsätzen (hierzu a) ist der Merkmalskombination – soweit für den Rechtsstreit im Berufungsrechtszug von Interesse – nachfolgender Sinngehalt beizumessen (hierzu b). Ein das angefochtene Urteil tragendes, fehlerhaftes Verständnis des Klagepatentanspruchs kann insoweit nicht festgestellt werden.
42 
a) Der Schutzbereich des Patents wird durch die Patentansprüche in der Fassung der maßgeblichen Verfahrenssprache bestimmt (Art. 69 Abs. 1, Art. 70 Abs. 1 EPÜ). Bei der für die Beurteilung der Patentverletzung erforderlichen Auslegung des Patentanspruchs sind der Sinngehalt des Anspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag jedes einzelnen Merkmals zu dem gesamten Leistungsergebnis der Erfindung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2016 – X ZR 114/13, GRUR 2016, 1031 Rn. 22 – Wärmetauscher). Dabei ist unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen der technische Sinngehalt zu ergründen, der dem Wortlaut des Patentanspruchs aus fachmännischer Sicht beizumessen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 – X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 Rn. 23 – Okklusionsvorrichtung). Der Patentanspruch hat im Grundsatz Vorrang gegenüber der Beschreibung; ein in der Beschreibung aufgeführtes Ausführungsbeispiel erlaubt daher regelmäßig keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 2004 – X ZR 255/01, GRUR 2004, 1023 – bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Der Grundsatz, dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt, schließt jedoch umgekehrt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 – X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, Rn. 23 – Okklusionsvorrichtung). Im Zweifel ist ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht (BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 – X ZR 43/13, GRUR 2015, 875 Rn. 16 – Rotorelemente). Für das Verständnis eines Merkmals ist dabei zumindest im Zweifel die Funktion entscheidend, die das einzelne technische Merkmal für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 27 – Polymerschaum I). Nur wenn und soweit sich der Patentanspruch mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (vgl. BGH; Urteil vom 2. Juni 2015 – X ZR 103/13, GRUR 2015, 972 Rn. 22 – Kreuzgestänge).
43 
b) Danach stellt sich die technische Lehre des Klagepatentanspruchs wie folgt dar:
44 
aa) Der Anspruch stellt – wie Merkmale a und d verdeutlichen – ein Multiplexgerät in einem Endgerät eines Mobilkommunikationssystems unter Schutz, welches zur Zusammenstellung von Datenpaketgruppen, wie dies aus dem Stand der Technik als Multiplexen grundsätzlich vorbekannt ist, vorgesehen ist.
45 
(1) Diese Datenpaketgruppenzusammenstellung, das sog. Multiplexen, betrifft nach der Beschreibung insbesondere jene an bzw. in der sog. MAC-Schicht. Die dem eigentlichen Multiplexvorgang vor- bzw. nachgelagerten Elemente des Gesamtprozesses der Datenübertragung durch das Endgerät, insbesondere die außerhalb des Multiplexgeräts erfolgende Weiterverarbeitung der zusammengestellten Datenpaketgruppen in Vorbereitung der eigentlichen Datenübertragung über das physikalische Medium, sind nicht Gegenstand der patentgemäßen Lehre. Der Anspruch verhält sich hierzu nicht.
46 
(2) Zur Ausgestaltung des unter Schutz gestellten Geräts gibt der Anspruch nach Merkmalen b bis f Mittel vor, die lediglich ihrer Funktion nach beschrieben werden. Dem Fachmann ist hierdurch aufgegeben, diese funktionalen Eigenschaften im Multiplexgerät zu implementieren. Die konkrete strukturelle Ausgestaltung der Mittel ist dabei ins fachmännische Können und Belieben gestellt.
47 
(3) Die Mittel nach Merkmal b umschreiben jenes für die vom Gerät zu leistende Multiplexfunktion der „Datenpaketgruppenzusammenstellung“ („assembling a group of the data packets“) erforderliche Element eines Eingangs des Multiplexgeräts für die bei der Zusammenstellung grundsätzlich zu berücksichtigenden Datenpakete („means for receiving“). Das Ausführungsbeispiel zeigt hierzu in Fig. 2 einen „input 10“ (vgl. Abschn. 15, Sp. 3 Z. 1-2).
48 
(4) Das Merkmal c knüpft für die eigentliche Zusammenstellung der Datenpakete zu Gruppen an das aus dem Stand der Technik wiederum vorbekannte, prioritätsbasierte Warteschlangenprinzip an, und setzt insoweit einen Warteschlangenspeicher voraus, der eine Warteschlangenaufgliederung für jede Priorität eines Datenpakets vorsieht.
49 
Die konkrete Ausgestaltung des Warteschlangenspeichers und seine Verortung inner- oder außerhalb des Multiplexgeräts selbst werden vom Patentanspruch nicht näher vorgegeben. Merkmal c verlangt lediglich, dass das Multiplexgerät Mittel zu dessen Bedienung umfasst, dass dieses also zum Zwecke der Zusammenstellung der Datenpaketgruppe(n) Zugriff auf den Warteschlangenspeicher hat. Maßgeblich ist insoweit – wie das Landgericht zutreffend erkennt – letztlich allein, dass die Datenpakete einer jeweiligen Priorität als zu einer solchen zugehörig abgespeichert und vom Multiplexgerät abgerufen werden können.
50 
(5) Die Merkmalsgruppe d und das Merkmal f identifizieren den Kern der patentgemäßen Lehre und gewährleisten die vom Klagepatent angestrebte Flexibilität und Effizienz des Multiplexens. Weder der Klagepatentanspruch noch die Beschreibung geben dem Fachmann einen Anhaltspunkt, dass diese angestrebte Flexibilität und Effizienz nur dann erreicht wäre, wenn das Phänomen des „Verhungerns“, wonach Datenpakte bestimmter Warteschlangen in einem Datenübertragungszeitraum nicht (mehr) zum Zuge kommen, ausgeschlossen wird.
51 
(6) Schließlich gibt der Anspruch mit Merkmal e vor, Mittel zur „Übertragung“ („for transmitting“) der durch das Multiplexen gebildeten Datenpaketgruppen(n) vorzusehen.
52 
Anders als die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vertritt, verlangt das Klagepatent insoweit nicht, dass die gebildete(n) Datenpaketgruppe(n) in jener Form vom Kommunikations-Endgerät über das physikalische Medium übertragen werden. Wie vorstehend bereits erwähnt, hat die patentgemäße Lehre eine „Weiterverarbeitung“ der Datenpaketgruppe(n) innerhalb weiterer Schichten der Schichtenarchitektur nach dem OSI-Modell und die eigentliche Datenübertragung über das physikalische Medium nicht im Blick. Schon bei der Schilderung des technischen Hintergrunds fokussiert das Klagepatent allein die Multiplexfunktion, beispielhaft anhand der Funktionalität der MAC-Schicht (vgl. Abschn. 3). Zutreffend hat die Klägerin insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – von der Beklagten unwidersprochen – auch darauf verwiesen, dass eine „Empfänger-“ oder „Senderfunktion“ im Zusammenhang mit einer Datenpaket-basierten Übertragung jeweils funktional auf der entsprechenden Schicht nach dem OSI-Modell betrachtet und angesprochen wird. Die nach dem Klagepatentanspruch vorzusehenden Mittel werden mit Merkmal a entsprechend in den Kontext der Multiplexfunktion eingebettet und als solche des Multiplexgeräts bezeichnet, welches lediglich Teil des Kommunikations-Endgeräts ist, nicht aber sämtliche zur eigentlichen Datenübertragung erforderlichen Funktionen des Kommunikations-Endgeräts aufweist. Nach dem Sprachgebrauch des Klagepatents – sowohl im Rahmen der Würdigung des Standes der Technik (vgl. Abschn. 4, Sp. 1 Z. 51-52: „the multiplexer transmits […] packets“) als auch im Kontext der Darstellung des Ausführungsbeispiels (vgl. Abschn. 15, Sp. 3 Z. 19-21: „storing the data packets prior to transmission on an output 100“) – wird der Begriff „transmit“ / „transmission“ ebenso nicht dem Sende- und Empfangsvorgang zwischen Kommunikations-Endgeräten auf der Bitübertragungsschicht (Physical Layer) vorbehalten, sondern auch für „Datenweiterleitungen“ innerhalb eines Endgeräts als Teil des Gesamtprozesses verwendet. Der Fachmann wird die Mittel nach Merkmal e folglich schlicht als Ausgang / Ausgabe des Multiplexers verstehen, wobei die Datenpaketgruppe(n) innerhalb des Kommunikations-Endgeräts noch an weitere Teile „übertragen“ werden können, um die Daten dort für die eigentliche Datenübertragung über das physikalische Medium entsprechend der Protokollvorgaben der einzelnen Schichten „weiterzuverarbeiten“. In diesem Sinne zeigt das Ausführungsbeispiel nach Fig. 2 als Mittel nach Merkmal e lediglich einen zum Multiplexgerät gehörenden „output 100“. Soweit das Bundespatentgericht in seinem qualifizierten Hinweis vom 9. November 2018 (Anlage VP25, S. 7 zu 3.b) ausgeführt hat, das Multiplexgerät müsse dazu geeignet sein, „[die] Gruppe (Merkmal e) – bestehend aus den […] Datenpaketen – zu übertragen“, wobei die „Fähigkeit, Datenpakete jeweils einzeln zu übertragen, […] nicht hinreichend“ sei, steht dies mit den vorstehenden Erwägungen nicht in Widerspruch.
53 
bb) Grundlage der nach Merkmalsgruppe d und Merkmal f durch entsprechende Mittel zu implementierenden Maßnahmen ist die grundsätzliche Aufteilung der zusammenzustellenden Datenpaketgruppe(n) in zumindest zwei Teile. Dies bedeutet für den Fachmann eine Aufteilung der beim Multiplexen betrachteten Ressourcen.
54 
Eine Ausgangsgröße dieser zwei Teile oder eine Vorfestlegung eines bestimmten Größenverhältnisses gibt der Klagepatentanspruch nicht vor. Auch die Beschreibung trifft entgegen der Ansicht der Beklagten keine Aussage, wonach der Anspruch nur in einem solch eingeschränkten Sinne verstanden werden könnte. Soweit die Beklagte auf Abschnitt 20 der Patentschrift verweist, betrifft dieser nur beispielhafte Ausführungen, die einen weitergehenden Anspruchsinhalt ohnehin nicht zu beschränken vermögen. Der Beschreibungsstelle kann aber auch kein Anhalt entnommen werden, dass die Erfindung eine voreingestellte Größe der beiden Teile voraussetzt. Vielmehr erschließt sich aus dieser nur (vgl. Sp. 4 Z. 30-40), dass „im Allgemeinen“ die verfügbaren Ressourcen für die beiden Teile „vor dem Multiplexvorgang“ bekannt sind, oder dass es andernfalls „notwendig sein [kann]“, aus einer Vielzahl möglicher Ressourcenverteilungen auszuwählen. Der Klagepatentanspruch trifft – anders als die Beklagte meint, wie aber das Landgericht zu Recht annimmt – insbesondere auch nicht die Vorgabe, dass ein anspruchsgemäßes Multiplexgerät so arbeiten müsste, dass eine Datenpaketgruppe immer Datenpakete verschiedener Prioritäten übertragen müsste. Der Klagepatentbeschreibung kann auch insoweit keine zwingende Aussage entnommen werden, die eine einschränkende Anspruchsauslegung rechtfertigen würde. Ausgehend von der technischen Zielsetzung des Klagepatents, ein flexibles und effizientes Multiplexen zu ermöglichen, wird der Fachmann letztlich erkennen, dass ein einschränkendes Verständnis des Klagepatentanspruchs technisch-funktional nicht angezeigt ist, weil eine Vorfestlegung zur Größe der beiden Teile bzw. zu deren Größenverhältnis je nach Systemanforderung für sich eine ineffiziente Ressourcennutzung bedeuten kann. So mag es im Einzelfall Situationen geben, in denen ohnehin nur Datenpakete einer Priorität zur Verarbeitung anstehen oder es den Qualitätsanforderungen des Kommunikationssystems besser entspricht sämtliche Ressourcen nur für Datenpakete einer Priorität zu nutzen. Unter Berücksichtigung dessen schließt es der Klagepatentanspruch nicht aus, dass die – nach Merkmal f letztlich veränderbare – Größe der beiden Teile der zusammenzustellenden Datenpaketgruppe(n) situationsabhängig auch zu einem Größenverhältnis 1:0 führen kann bzw. von einem solchen Größenverhältnis vor entsprechender Anpassung ausgehen kann, soweit dem Multiplexen grundsätzlich auf dem „Befüllen“ zweier Teile einer Datenpaketgruppe beruht.
55 
cc) Gemäß Merkmalsgruppe d werden die beiden Teile der zusammenzustellenden Datenpaketgruppe(n) nach zwei unterschiedlichen Multiplexregeln befüllt, der erste Teil nach der ersten Regel (Merkmal d1), der zweite Teil nach der zweiten Regel (Merkmal d2). Die Verwendung unterschiedlicher Multiplexregeln für die beiden Teile unterstützt danach eine Kombination von Datenpaketen mit unterschiedlichen Prioritäten (vgl. Abschn. 7).
56 
Die Multiplexregeln, worunter der Fachmann im Kontext der Merkmale und im Lichte der Beschreibung schlicht Regeln zum Zusammenstellen der Datenpaketgruppe durch Befüllen mit Datenpaketen aus den prioritätsbasierten Warteschlangen versteht, können ihrerseits unmittelbar an die Priorität der Datenpakete bzw. der entsprechenden Warteschlangen anknüpfen. Diese Anknüpfung ist jedoch lediglich bevorzugt (vgl. erteilte Unteransprüche 8 bis 11, Abschn. 8-11, Abschn. 20 Sp. 4 Z. 26 – Sp. 5 Z. 38). Es bleibt dem Fachmann – in Abhängigkeit von den Anforderungen und der Ausgestaltung des Kommunikationssystems – aber überlassen, welche konkreten Multiplexregeln implementiert werden und inwieweit er sich hierbei an welchen „Quality of Service“-Anforderungen orientiert und danach welche Bezugswerte für eine Regel heranzieht. Die Multiplexregeln geben die Auswahl von Datenpaketen für einen Teil der Datenpaketgruppe abstrakt derart an, dass hieraus Auswahlschritte folgen, wonach der jeweilige Teil nur mit Datenpaketen aus einem oder mit Datenpaketen aus mehreren der Warteschlangenspeicher befüllt wird.
57 
dd) Die vom Klagepatent angestrebte Flexibilität und Effizienz des Multiplexens wird nach Merkmal f weiterhin dadurch realisiert, dass neben den unterschiedlichen Multiplexregeln eine Größenanpassung der beiden Teile der zusammenzustellenden Datenpaketgruppe(n) vorgesehen ist (vgl. Abschn. 12).
58 
(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt der Patentanspruch auch in seiner beschränkten Fassung als Anspruch 6 nicht voraus, dass die zur Anpassung im Multiplexgerät weiterhin vorgesehenen („further contains“) Mittel sich strukturell von den Zusammenstellmitteln nach Merkmalsgruppe d unterscheiden müssten. Der Klagepatentanspruch erfasst vielmehr auch Ausgestaltungen eines Multiplexgeräts, bei denen die Mittel nach Merkmal d und f logisch-funktional zusammenfallen, als die Anwendung der unterschiedlichen zwei Multiplexregeln zugleich die Größenanpassung der beiden Teile der Datenpaketgruppe bedingt (sog. passive Größenanpassung nach der Diktion der Beklagten).
59 
Der Anspruch legt die jeweiligen Mittel nur in Bezug auf ihre funktionalen Eigenschaften fest, womit es dem Fachmann unbenommen bleibt zwei Funktionen durch ein Mittel, ggf. in einem logischen Schritt, zu verknüpfen und zu verwirklichen. Der Verweis der Beklagten auf die im Anspruch verwendeten unterschiedlichen Bezugszeichen steht dem technisch-funktionalen Verständnis nicht entgegen. Bezugszeichen sollen wie Beschreibung und Zeichnungen das Verständnis des Patentanspruchs erleichtern und können für sich allein entsprechend eine einschränkende Auslegung des Patentanspruchs nicht rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2010 – Xa ZR 16/07, Rn. 45).
60 
Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, verlangt die merkmalsgemäße Anpassung ebenso keine von der Beklagten als „aktiv“ bezeichnete Anpassung. Wie ausgeführt, kann der einengenden Betrachtung der Beklagten schon deshalb nicht beigetreten werden, weil die Größen der jeweiligen Teilbereiche der zusammenzustellenden Datenpaketgruppe(n) bzw. deren Größenverhältnis zueinander keiner zwingenden Vorfestlegung zueinander unterliegen. Soweit die Beklagte für ihr Verständnis auf den vom Klagepatent gewürdigten Stand der Technik US 2004/0042420 A1 (Entgegenhaltung NK10) abhebt, verkennt der Senat nicht, dass bei der Auslegung eines Patentanspruchs zu berücksichtigen ist, dass sich ein Patent mit seiner Lehre von dem in ihm beschriebenen Stand der Technik abzugrenzen sucht (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 27. November 2018 – X ZR 16/17, GRUR 2019, 491 – Scheinwerferbelüftungssystem). Das von der Beklagten favorisierte Anspruchsverständnis ist indes zur Abgrenzung vom gewürdigten Stand der Technik nicht erforderlich. Ausweislich der Klagepatentschrift offenbart die NK10 einen Multiplexer, der segmentierte Pakete mit einem Datenelement niedrigerer Priorität für jedes n-te Datenelement hoher Priorität versendet (vgl. Abschn. 4). Wie das Bundespatentgericht in seinem Hinweis vom 9. November 2018 (Anlage VP25, Seite 11) ausgeführt hat, offenbart die NK10 hierdurch das Merkmal f allenfalls nur teilweise. Denn jedenfalls zeigt sie nicht, dass die Größenanpassung von einem Verzögerungskriterium jeder Warteschlange abhängig gemacht wird.
61 
(2) Die Größenanpassung nach Merkmal f wird vom Klagepatentanspruch dahingehend näher umschrieben, dass sie gemäß – d.h. in Abhängigkeit von („according to“) – der von den Daten in jeder Warteschlange erfahrenen Verzögerung erfolgt und zwar bezüglich („relative to“) eines Verzögerungskriteriums der jeweiligen Warteschlange.
62 
(a) Der Anspruch benennt damit als Bezugsmaßstab für eine Größenanpassung die „Verzögerung“ („adapting the size […] according to the delay“), wie sie von den Daten(paketen) in jedem Warteschlangenspeicher erfahren wird („experienced by data in each queue store“).
63 
Unter „Verzögerung“ wird jenes Zeitintervall verstanden, um das der Durchsatz einer Datenmenge in einer Warteschlange verzögert ist. Die Verzögerung in der Warteschlange ist Teil der Zeitdauer des Datendurchsatzes, wie sie sich – denknotwendig – aus dem Quotienten von Datenmenge (in bit) und Datenrate (in bit/s) ergibt. Deshalb stehen Verzögerung und Datenmenge in den vom Klagepatent betroffenen Mobilkommunikationssystemen mit einer vorgegebenen und steuerbaren Datenrate in engem Zusammenhang. Landgericht und Klägerin verweisen daher im Ergebnis zutreffend darauf, dass die Verzögerung entsprechend unmittelbar in Zeiteinheiten (etwa angebend, wie lange ein bestimmtes zur Übertragung anstehendes Datenpaket schon „wartet“) oder in Einheiten der Datenmenge (etwa angebend, wie viele Datenpakete, die schon hätten übertragen werden sollen, noch nicht übertragen wurden)ausgedrückt werden kann.
64 
Mit der Benennung der Verzögerung im Patentanspruch als Bezugsmaßstab der Größenanpassung nach Merkmal f legt sich das Klagepatent weder auf ein bestimmtes Ausmaß einer zur Anpassung führenden Verzögerung fest, noch wird ein bestimmter Umfang der Größenanpassung vorgegeben. Das Klagepatent verhält sich auch nicht dazu, wie konkret der Anpassungsvorgang mit der Verzögerung verknüpft wird, insbesondere ist nicht vorgegeben, dass die Anpassung von der unmittelbaren Feststellung der Verzögerung als Wert abhängt. Maßgeblich ist allein, dass durch Mittel des Multiplexgeräts sichergestellt wird, dass die Verzögerung für eine Größenanpassung herangezogen wird, wenngleich ggf. nur mittelbar.
65 
Insoweit schließt es der Anspruch mit Merkmal f – anders als die Beklagte wohl meint – letztlich ebenso nicht aus, dass eine von der Verzögerung unabhängige Größenanpassung erfolgen kann, sofern implementiert ist, dass jedenfalls auch die Verzögerung als Bezugsmaßstab für Größenanpassungen dient. Für ein engeres Verständnis der technischen Lehre, dass eine Größenanpassung ausschließlich in Abhängigkeit von der Verzögerung erfolgen dürfe, gibt der Wortlaut des Patentanspruchs keinen zwingenden Anhalt. Dieser enthält in Merkmal f keinen Hinweis auf eine solche Ausschließlichkeit und lässt schon nach Merkmal a („comprising“) offen, dass weitere Mittel für eine weitergehende funktionale Ausgestaltung des Multiplexgeräts vorgesehen sein können. Ein engeres Verständnis ist auch nach dem vom Anspruch verfolgten technischen Zweck einer erhöhten Flexibilität und Effizienz des Multiplexens nicht geboten.
66 
Ob die Benennung der Verzögerung als Bezugsmaßstab für eine Größenanpassung im Klagepatentanspruch gegenüber den u.a. in Abschnitt 12 der Patentbeschreibung aufgeführten drei Varianten eines möglichen Bezugsmaßstabs – vorherrschender Mix der Prioritäten der Datenpakete, in den Warteschlangen anstehende Datenmenge und von den Daten in jeder Warteschlange erfahrenen Verzögerung – als „Auswahlentscheidung“ zu bewerten ist, und es sich bei den im Klagepatent aufgeführten Varianten um unterschiedliche Erfindungsansätze handelt, oder insoweit entgegen der Auffassung der Beklagten lediglich Ausformungen ein und derselben Erfindung betroffen sind, bedarf für die zur Beurteilung der Verletzungsfrage im Streitfall erforderliche Auslegung im Ergebnis keiner Festlegung durch den Senat, sondern kann dahinstehen.
67 
(b) Über die Verzögerung als Bezugsmaßstab der Größenanpassung hinaus gibt der Patentanspruch vor, dass die Größenanpassung bezüglich eines „Verzögerungskriteriums“ („adapting the size […] relative to a delay criterion“) für den jeweiligen Warteschlangenspeicher („for the respective queue store“) erfolgt.
68 
Das „Verzögerungskriterium“ als Entscheidungswert für eine Größenanpassung in Ansehung der Verzögerung wird vom Patentanspruch nicht näher festgelegt. Die Beschreibung bestätigt dem Fachmann in Abschn. 20, Sp. 5 Z. 50-56 („any delay requirements“) insoweit, dass eine Vielzahl von Kriterien denkbar sind entsprechend den jeweiligen Systemanforderungen. Beispielhaft wird dem Fachmann – allerdings im Kontext der möglichen Multiplexregeln – verdeutlicht (vgl. Abschn. 17, Sp. 3 Z. 44-45: „predetermined delay threshold“), dass das „Verzögerungskriterium“ als vorbestimmter Schwellwert umgesetzt werden kann, dessen Über- oder Unterschreitung zur Größenanpassung führt.
69 
(c) Zusammenfassend kann mit dem Hinweis des Bundespatentgerichts vom 9. November 2018 (Anlage VP25, Seite 6) das Merkmal f darauf zurückgeführt werden, dass die Mittel eine Größenanpassung vornehmen, wenn ein bestimmtes Verzögerungskriterium erfüllt ist.
70 
(3) Der Umstand, dass die Mittel zur Größenanpassung im Multiplexgerät und damit in dem in einem Mobilkommunikationssystem agierenden Endgerät angeordnet sind (Merkmal f iVm. Merkmal a), schließt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus, dass bei der Größenanpassung durch die Mittel des Multiplexgeräts Werte – bspw. Kenngrößen für das Verzögerungskriterium – Berücksichtigung finden, die vom Kommunikationssystem durch höhere Schichten vorgegeben werden und hierzu ggf. an das Endgerät signalisiert werden.
71 
Derartige externe Wertvorgaben für Ressourcenbestimmungen entsprechend übergeordneter Systemanforderungen im Mobilkommunikationssystem, namentlich Vorgaben initialisierender Parameter, sind fachnotorisch bekannt. Solche Werte sind auch keine „Mittel“, sondern lediglich Größen, die auf andere Bezugsgrößen, an denen sich Mittel des Multiplexgeräts bzw. des Endgeräts in ihrer Funktionsweise ausrichten (bspw. die Verzögerung bzw. das Verzögerungskriterium), einwirken oder jene Größen bilden. Die Tatsache, dass externe Wertvorgaben beim Multiplexen einfließen, lässt die Entitäten, von welchen diese Vorgaben stammen, entsprechend nicht als „externe Mittel“ des Multiplex-Vorgangs erscheinen, der nach der Lehre des Patentanspruchs als Datenpaketgruppenzusammenstellung im Multiplexgerät verortet ist. Der Patentanspruch unterscheidet zwischen Mitteln und von diesen zu beachtenden Kriterien.
72 
Die Neufassung des Anspruchswortlauts unter Streichung der erteilten Unteransprüche 6 und 12, die sich u.a. auf Abschnitt 23 der Patentbeschreibung beziehen, vermag an dieser Betrachtung nichts zu ändern. Den an die Stelle der Beschreibung tretenden bzw. diese ergänzenden Entscheidungsgründe eines Nichtigkeitsurteils kann keine weiterreichende Bedeutung zukommen, als der Beschreibung selbst; sie können deshalb insbesondere keine den Sinngehalt eines Patentanspruchs einschränkende Auslegung rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2007 – X ZR 72/05, GRUR 2007, 778 Rn. 21 – Ziehmaschinenzugeinheit).
C.
73 
Der inländische Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen im Geschäftsbetrieb der Beklagten ohne Zustimmung des Patentinhabers, namentlich ohne Lizenz, verletzt das Klagepatent gemäß Art. 2 Abs. 2, Art. 64 Abs. 1, Abs. 3 EPÜ iVm. § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG, weil die angegriffenen Ausführungsformen Erzeugnisse sind, welche vom Gegenstand des Klagepatents erfasst werden.
74 
Die angegriffenen Ausführungsformen sind LTE-fähige Mobiltelefone und weisen danach einen LTE-standardgemäß ausgebildeten Multiplexer auf. Die Vorgaben des LTE-Standards implementieren, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, die funktionalen Vorgaben des geltend gemachten Klagepatentanspruchs, weshalb die angegriffenen Ausführungsformen von sämtlichen Merkmalen der patentgeschützten Lehre Gebrauch machen. Im Einzelnen:
75 
1. Zwischen den Parteien steht die Verwirklichung der Merkmale a (Multiplexgerät) und b (Empfangsmittel) in beiden Rechtszügen außer Streit. Diese Beurteilung beruht nicht auf verfehlten patentrechtlichen Anschauungen und veranlasst danach keine weitergehenden Ausführungen.
76 
2. Soweit die Beklagte erstinstanzlich die Verwirklichung der Merkmale c (Mittel zum Bedienen eines Wartschlangenspeichers) und d (Gruppenzusammensetzung nach zwei unterschiedlichen Multiplexregeln) in Abrede gestellt hat, hat das Landgericht im Einzelnen unter Auseinandersetzung mit dem Standard ausgeführt, dass dieser die technische Lehre des Klagepatents insoweit implementiere. Es hat im Einzelnen angenommen:
77 
Für die Schlüssigkeit der Klage in Bezug auf die Mittel zum Bedienen eines Warteschlangenspeichers nach Merkmal c sei es ausreichend, dass der Standard voraussetze, dass die Daten so abgespeichert werden, dass sie als einem bestimmten logischen Kanal zugehörig wieder aufgerufen werden können, wenn sie nach den Übertragungsregeln zur Übertragung anstehen; Vortrag, wie dies bei den angegriffenen Ausführungsformen im Einzelnen erfolge, sei nicht erforderlich. Merkmalsgruppe d sei im Standard implementiert, weil nach diesem ein Befüllen des Transportblocks als Gruppe von Datenpaketen anhand von zwei unterschiedlichen Regeln durchgeführt werde. „Step 1“ setze die erste Regel um, nach der ein erster Teil der zu übertragenden Datengruppe befüllt werde, nämlich mit Daten aus logischen Kanälen mit Bj > 0. Für den verbleibenden zweiten Teil gebe „Step 3“ die zweite Regel vor, nach der allein nach Priorität befüllt werde. Patentrechtlich unerheblich sei es, dass der Standard auch Szenarien ermögliche, in denen nur Datenpakete eines höchstpriorisierten Datenkanals in den Transportblock gelangten (Setzen der PBR auf unendlich) oder der Transportblock aufgrund der in den logischen Kanälen mit Bj > 0 anstehenden Datenmenge allein nach „Step 1“ befüllt werde, ein zweiter Teil des Transportblocks insoweit also nicht vorhanden sei. Ebenso sei es für die Merkmalsverwirklichung ohne Bedeutung, ob mit den Auswahlregeln des Standards sicher verhindert werde, dass Datenpakete „verhungern“. Denn das Verhindern eines solchen „Verhungerns“ unter allen Umständen habe jedenfalls keinen Niederschlag im Patentanspruch gefunden.
78 
Diese landgerichtliche Beurteilung hält der berufungsgerichtlichen Prüfung stand. Sie stimmt mit dem vorstehend dargestellten Verständnis des Klagepatentanspruchs überein. Die Berufung erinnert gegen das dieser Beurteilung zugrundeliegende Anspruchsverständnis nichts und zeigt auch nicht auf, dass der technische Sachgehalt des Standards vom Landgericht fehlerhaft festgestellt sei.
79 
3. Entgegen dem von der Beklagten erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Einwand macht der Standard auch von Merkmal e (Übertragungsmittel) Gebrauch.
80 
Die in der MAC-Schicht durch das Multiplexen in Form eines Transportblocks zusammengesetzten Gruppen aus MAC SDUs werden als Gruppe durch Mittel des Multiplexgeräts weitergegeben, also „übertragen“. Die für die Datenübertragung über das physikalische Medium erfolgende Weiterverarbeitung des Transportblocks selbst steht dem nicht entgegen. Denn vom Patentanspruch nicht erfasst wird die jenseits des im Multiplexgerät angesiedelten Multiplexens erfolgende Weiterverarbeitung der zusammengestellten Datenpaketgruppen (vgl. II.B.3.b)aa)(1) und (6)).
81 
4. Zu Recht hat das Landgericht schließlich angenommen, dass der Standard Merkmal f (Mittel zur Größenanpassung) implementiere.
82 
Es hat dabei ausgeführt: Der Parameter Bj sei als merkmalsgemäßes Verzögerungskriterium anzusprechen. Dieser beziehe sich auf betreffende Warteschlangenspeicher. Denn der Parameter Bj sei jedem der logischen Kanäle j und damit den als Warteschlagenspeichern anzusehenden Speicherorten der Daten aus einem jeweiligen logischen Kanal zugeordnet, die einen Abruf als zusammengehörige Daten eines Kanals ermöglichten. Als zugeordneter Wert sei er ein Maß für die Verzögerung des Kanals selbst. Ein positiver Wert von Bj für einen Kanal bringe zum Ausdruck, dass der Kanal – aus welchen Gründen auch immer – bei den letzten Übertragungsvorgängen nicht im Umfang des Produkts PBR x TTI zum Zuge gekommen und daher insoweit verzögert sei. Seien Daten eines bestimmten logischen Kanals bei einer vorangegangenen Übersendung nicht zum Zuge gekommen, handele es sich um verzögerte Daten, so dass der Parameter Bj mit einem positiven Wert zugleich einen Hinweis darstelle, dass diese Daten verzögert seien, und es sich damit um Daten handele, die relativ zum Verzögerungskriterium für den betreffenden Warteschlangenspeicher verzögert seien und die daher nach „Step 1“ behandelt würden. Damit habe die von den Daten in den Warteschlangenspeichern erfahrene Verzögerung unmittelbaren Einfluss auf die Größe der Teilmenge des Transportblocks, die nach „Step 1“ behandelt werde. Dass eine Größenanpassung nicht stets und ausschließlich von der Verzögerung der Daten abhänge, dass durch die Faktoren für den Parameter Bj Werte Berücksichtigung fänden, die von höheren Schichten vorgegeben seien, und dass im Standard keine bestimmte (Ausgangs-)Größe einer ersten und zweiten Teilmenge des Transportblocks vorgegeben sei, die dann vor jeder Übertragung aktiv anhand der Verzögerung nach Merkmal f angepasst werde, seien patentrechtlich unerhebliche Gesichtspunkte.
83 
Dies hält den Berufungsangriffen stand.
84 
a) Als patentrechtlich unerheblich erweist sich – wie bei der Auslegung des Patentanspruchs dargestellt – der Gesichtspunkt, dass die Anpassung „passiv“ durch Anwendung der beiden Multiplexregeln erfolgt (vgl. hierzu II.B.3.b)dd)(1)).
85 
b) Entgegen den Ausführungen der Beklagten hat das Landgericht in dem Parameter Bj zutreffend ein Verzögerungskriterium in Bezug auf jeden der Warteschlangenspeicher erkannt.
86 
Der Parameter Bj ist – dies steht nicht im Streit – Entscheidungswert für die Anpassung. Er bezieht sich auch auf die „Verzögerung“, wie sie sich für die Datenpakete in jeder Warteschlange ergibt. Die Tatsache, dass Bj eine Datenmenge angibt, ändert nichts daran, dass dem Ansteigen des positiven Werts von Bj technisch zugrunde liegen kann, dass der dem logischen Kanal j zugeordnete Warteschlangenspeicher – aus welchen Gründen auch immer – bei den letzten Übertragungsvorgängen nicht im Umfang des Produkts PBR x TTI zum Zuge gekommen und daher der Datenmengendurchsatz in jener Warteschlange verzögert ist. Der Einwand der Beklagten, dass sich das Ansteigen des Parameters Bj nicht notwendig auf eine Verzögerung beziehen muss, ist unerheblich. Denn – wie vorstehend ausgeführt (vgl. II.B.3.b)dd)(2)(a)) – erfordert die technische Lehre des Klagepatentanspruchs nicht, dass eine Größenanpassung ausschließlich in Abhängigkeit von der Verzögerung erfolgen dürfe, oder dass die Größenanpassung von der unmittelbaren Feststellung der Verzögerung als Wert abhängt. Maßgeblich ist allein, dass auch die Verzögerung als Bezugsmaßstab für Größenanpassungen dient, also für eine Größenanpassung herangezogen wird, wenngleich ggf. nur mittelbar.
87 
c) Als patentrechtlich unerheblich erweist sich schließlich der Umstand, dass die sich am Parameter Bj orientierende Anpassung nach dem Standard von den Größen PBR und BSD abhängt, welche durch eine höhere Schicht festgelegt werden. Die Vorgabe solch initialisierender Werte steht der Verwirklichung des Merkmals f (iVm. Merkmal a), wie im Rahmen der Auslegung näher ausgeführt (vgl. hierzu II.B.3.b)dd)(3)), nicht entgegen.
D.
88 
Die nach Art. 64 Abs. 3 EPÜ iVm. § 139 Abs. 1, § 140a Abs. 1, Abs. 3 PatG aufgrund der festgestellten Patentverletzung entstandenen Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung sind derzeit nicht durchsetzbar. Der Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche steht als dilatorische Einwendung das unionsrechtliche Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 102 AEUV entgegen.
89 
1. Die Durchsetzung der Ansprüche unterliegt im Streitfall der Überprüfung anhand des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots.
90 
Die Klägerin ist Normadressatin iSv. Art. 102 AEUV. Sie verfügt – wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht – als Inhaberin des LTE-standardessenziellen Klagepatents über eine marktbeherrschende Stellung im Inland, mithin auf einem wesentlichen Teil des Binnenmarkts. Denn die Einhaltung des Standards stellt eine zwingende Voraussetzung für den Zugang zum Markt der LTE-fähigen Mobilfunkgeräte dar. Die Beklagte hat unwidersprochen erstinstanzlich ausgeführt, Mobilfunkgeräte, die den LTE-Standard nicht verwirklichten, seien nicht marktfähig. Eine nachfrager- oder anbieterseitige Substituierbarkeit der LTE-Technologie hat die Klägerin demgegenüber nicht geltend gemacht.
91 
Es kann danach im Streitfall dahinstehen, ob sich die aus Art. 102 AEUV abzuleitenden und bei der Anspruchsdurchsetzung zu beachtenden Pflichten des Inhabers eines standardessenziellen Patents (SEP-Inhaber) in gleichem Umfange auch unabhängig von einer kartellrechtlichen Bindung allein aus der ETSI-FRAND-Erklärung / Lizenzbereitschaftserklärung der Klägerin – also der gegenüber der Standardisierungsorganisation ETSI abgegebenen Verpflichtungszusage des Inhabers eines als standardessenziell deklarierten Patents, Dritten zu FRAND-Bedingungen Lizenzen zu erteilen – ergeben (für eine Betrachtung der ETSI-FRAND-Erklärung als konstitutiv schuldrechtliche Verpflichtung nach französischem Recht ohne den Vorbehalt einer gleichlaufenden kartellrechtlichen Pflicht: vgl. McGuire, GRUR 2018, 128, 134; aA: Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 305, 314).
92 
2. Der Anspruchsdurchsetzung kann als unmittelbarer Einwand aus Art. 102 AEUV entgegenstehen, dass die Verletzungsklage, soweit sie den Ausschluss des Beklagten vom nachgelagerten Markt durch Unterlassung, Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung verletzender Erzeugnisse erstrebt, selbst als Missbrauch der durch das standardessenzielle Patent vermittelten marktbeherrschenden Stellung erscheint.
93 
a) Nach der Entscheidung des Unionsgerichtshofs in der Rechtssache „Huawei Technologies/ZTE“ (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764) ist die Einstufung der klageweisen Ausübung der Rechte aus einem von einer Standardisierungsorganisation normierten standardessenziellen Patent (SEP) als missbräuchlich möglich, wenn die Verletzungsklage geeignet ist, zu verhindern, dass Produkte, die dem Standard entsprechen, auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben (vgl. EuGH, aaO. Rn. 54, 55 f., 73). Der Missbrauchseinwand kann danach gegen Klageanträge erhoben werden, die auf Unterlassung und Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen (vgl. EuGH, aaO. Rn. 73) oder auf Vernichtung (allg. Auffassung, vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219 Rn. 220 – Mobiles Kommunikationssystem) gerichtet sind. Erweist sich der Missbrauchseinwand als begründet, ist die Klage hinsichtlich dieser Anträge als derzeit unbegründet abzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO. Rn. 220 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 324).
94 
b) Der Missbrauchseinwand ist begründet, wenn der SEP-Inhaber seinen aus Kartellrecht erwachsenden, durch die Verpflichtungszusage beeinflussten Pflichten nicht nachkommt.
95 
Soweit die Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Oktober 2019 ihre Auffassung vertieft, zwischen der materiell-rechtlichen Frage der Pflichten des SEP-Inhabers und dem prozessualen Einwand im Verletzungsverfahren sei zu trennen, entbehrt dieser Ansatz nach Auffassung des Senats der Grundlage. Vielmehr begründet erst die Verletzung jener (kartellrechtlichen) Pflichten die aus dem prozessualen Einwand folgende materielle Durchsetzungssperre hinsichtlich der klageweise verfolgten Patentverletzungsansprüche.
96 
Der Unionsgerichtshof hat in der Rechtssache „Huawei Technologies/ZTE“ die kartellrechtlichen Pflichten des SEP-Inhabers und deren zum Missbrauch führenden Verletzung wie folgt herausgearbeitet:
97 
aa) Der SEP-Inhaber missbraucht seine marktbeherrschende Stellung grundsätzlich dann, soweit er sich weigert, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen – „fair, reasonable and non discriminatory“ – zu erteilen (vgl.EuGH, aaO. Rn. 53 f.; im Ergebnis ebenso unter Verknüpfung mit dem „dolo petit“-Einwand aus § 242 BGB zu einem „defacto-Standard“: BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 – KZR 39/06, GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard). Eine solche Weigerung liegt vor, wenn der SEP-Inhaber eine Lizenzerteilung grundsätzlich ablehnt oder er nur zu solchen Bedingungen abschlussbereit ist, die inhaltlich nicht FRAND sind.
98 
bb) Abgesehen von einer solchen (eindeutigen) Lizenzverweigerung stellt sich die gerichtliche Geltendmachung von Verletzungsansprüchen auch dann als missbräuchlich iSd. Art. 102 AEUV dar (vgl. EuGH aaO Rn. 55, 60), wenn derSEP-Inhaber nicht bestimmte Pflichten erfüllt, die einen gerechten Ausgleich zwischen den betroffenen Interessen gewährleisten (vgl. EuGH aaO. Rn. 55, 59). Dies betrifft namentlich die Konstellationen, in denen keine Einigkeit darüber besteht, welche Anforderungen durch FRAND-Bedingungen gestellt werden (vgl. EuGH aaO. Rn. 54).
99 
(1) Bei der Bestimmung jener vom SEP-Inhaber zu befolgenden Pflichten sind einerseits die Interessen des SEP-Inhabers an der Wahrung der Rechte des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 GRCh) sowie sein Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 47 GRCh) zu beachten und andererseits – zur Erhaltung eines freien Wettbewerbs – die berechtigten Erwartungen der die standardisierte Technologie nutzenden Dritten zu berücksichtigen, der Patentinhaber werde (entsprechend der unwiderruflichen Verpflichtungszusage gegenüber der betreffenden Standardisierungsorganisation) tatsächlich Lizenzen zu FRAND-Bedingungen erteilen (vgl. EuGH aaO. Rn. 57, 59).
100 
In Konkretisierung dieser Pflichtenstellung hat der Unionsgerichtshof Kriterien aufgestellt, bei deren Einhaltung – soweit diese nach den jeweiligen besonderen rechtlichen und tatsächlichen Umständen des konkreten Falls maßgeblich sind (vgl. EuGH aaO. Rn. 56, 70) – ein Missbrauch ausscheidet. Die gerichtliche Geltendmachung stellt sich danach nicht als missbräuchlich dar, wenn
101 
- der SEP-Inhaber den Verletzer in einem ersten Schritt auf die Patentverletzung, die ihm vorgeworfen wird, unter Bezeichnung des fraglichen SEP und Angabe, auf welche Weise dieses verletzt sein soll, hinweist (Verletzungshinweis, vgl. EuGH aaO. Rn. 61),
102 
- der SEP-Inhaber dem Verletzer, nachdem dieser seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen (Lizenzierungsbitte), ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet (FRAND-Lizenzangebot) und insbesondere die Lizenzgebühr sowie die Art und Weise ihrer Berechnung angibt (Informationspflichten; vgl. EuGH aaO. Rn. 63),
103 
- der Verletzer auf dieses Angebot nicht mit Sorgfalt reagiert und bei Nichtannahme des Angebots nicht innerhalb einer kurzen Frist schriftlich ein konkretes Gegenangebot macht, das FRAND-Bedingungen entspricht (FRAND-Gegenangebot; vgl. EuGH aaO. Rn. 65 f.), und
104 
- der Verletzer, der das Patent vor Abschluss eines Lizenzvertrags (weiter-)benutzt, ab dem Zeitpunkt, zu dem der Patentinhaber sein Gegenangebot abgelehnt hat, keine angemessene Sicherheit leistet oder keine Abrechnung vorlegt, die auch vergangene Benutzungshandlungen umfasst (vgl. EuGH aaO. Rn. 67).
105 
(2) Dieses vom Unionsgerichtshof entwickelte Konzept statuiert nach Auffassung des Senats verfahrensmäßige und inhaltliche Pflichten für den SEP-Inhaber (insbesondere Pflicht zum Verletzungshinweis, Pflicht zum FRAND-Lizenzangebot und Informationspflichten), deren Bestand und Umfang von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Diese Pflichten bestehen jedoch allein gegenüber dem Patentbenutzer, der ernsthaft und nicht nur in Worten eine Lizenz erwerben will (falls Gerichte das Patent als verletzt und rechtsbeständig ansehen). Deshalb muss der Verletzer zur Bestätigung seiner Lizenzwilligkeit ohne Verzögerungstaktik gewisse Obliegenheiten (Lizenzierungsbitte, FRAND-Gegenangebot sowie Sicherheitsleistung und Abrechnung) einhalten.
106 
Die Pflichten des SEP-Inhabers sichern den kartellrechtlichen Anspruch des lizenzwilligen Patentbenutzers auf Lizenzerteilung zu „fairen“ (fair), angemessenen (reasonable) und nichtdiskriminierenden (non discriminatory) Bedingungen ab. Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage, was unter FRAND zu verstehen ist, gibt es nicht (vgl. Europäische Kommission, Mitteilung über den Umgang der EU mit standardessenziellen Patenten, COM(2017) 712, S. 8). Insoweit wird – soweit ersichtlich – überwiegend angenommen, dass FRAND-Konformität grundsätzlich für eine gewisse Bandbreite von Lizenzbedingungen und nicht nur ein einziges punktuelles Ergebnis besteht, FRAND also einen Korridor betrifft, der – insbesondere mit den unbestimmten Konzepten von Fairness und Angemessenheit – Spielräume belässt, die nicht unter einem starren Ansatz zu prüfen sind (vgl. Fuchs in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht 6. Aufl., Art. 102 AEUV Rn. 370; Block/Rätz, GRUR 2019, 797, 798 f. mwN.; UK Court of Appeal, Urteil vom 23. Oktober 2018, [2018] EWCA Civ 2344 Rn. 121 – „Unwired Planet vs Huawei“: „…the reality is that a number of sets of terms may all be fair and reasonable in a given set of circumstances.“). Der FRAND-Inhalt wird auch in der Regel unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls im Rahmen von bilateralen Verhandlungen zwischen Patentinhabern und Patentnutzern konkretisiert, die nach dem Grundsatz des guten Willens durchgeführt werden (Hinojal/Mohsler, GRUR 2019, 674). Die in gutem Glauben verhandelnden Parteien einer SEP-Lizenzvereinbarung sind am ehesten in der Lage, die für ihre jeweilige Situation geeignetsten FRAND-Bedingungen zu bestimmen (Europäische Kommission aaO. S. 12). Entsprechend bezwecken die vom Unionsgerichtshof konkretisierten Pflichten des SEP-Inhabers – im Zusammenwirken mit den Obliegenheiten des Patentbenutzers – in Ausprägung des Fairness-Kriteriums der Verpflichtungszusage insbesondere verfahrensmäßig (vgl. zur Einordnung als Verfahrensvorgaben auch: Eilmansberger/Kruis in Streinz, EUV/AEUV 3. Aufl., Art. 102 AEUV Rn. 125) einen Verhandlungsrahmen bereitzustellen, der faire Lizenzverhandlungen ermöglicht, die auf eine Einigung über einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zielen.Diese Pflichten, die eine Lizenzerteilung zu FRAND-Bedingungen absichern, können als Verhandlungspflichten zusammengefasst werden.
107 
Erfüllt der SEP-Inhaber seine Verhandlungspflichten nicht, wird sich die Rechtsdurchsetzung von Ansprüchen, die den Patentbenutzer in Zukunft von der Benutzung des Patents ausschließen sollen, regelmäßig als ungerechtfertigter Marktmachtmissbrauch erweisen. Kommt indes der Verletzer seinen Obliegenheiten nicht nach, zeigt sich dieser damit regelmäßig als lizenzunwillig oder nicht in gutem Willen handelnd, bspw. auf Verzögerungstaktik setzend, wodurch die (weiteren) Verhandlungspflichten des SEP-Inhabers suspendiert sein können und die Rechtsdurchsetzung dann als gerechtfertigte Reaktion des SEP-Inhabers erscheinen kann.
108 
3. Ausgehend von den vorstehend umrissenen Grundsätzen, die das Landgericht seiner Entscheidung im Ausgangspunkt ebenso zugrunde gelegt hat, ist im Streitfall festzustellen, dass die Klägerin mit den im Prozess weiterverfolgten Klageanträgen auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung und Vernichtung ihre marktbeherrschende Stellung als SEP-Inhaber derzeit missbraucht. Denn die Klägerin, die sich einer Lizenzerteilung zu FRAND-Bedingungen zwar nicht grundsätzlich verweigert, hat aber ihren Verhandlungspflichten bislang nicht in vollem Umfang genügt.
109 
a) Anders als das Landgericht meint, ist die Klägerin diesen Pflichten nicht deshalb enthoben, weil sich die Beklagte (bzw. die insoweit als für Lizenznahmen in der Unternehmensgruppe der Beklagten zuständige Gesellschaft [A.]) verspätet als lizenzwillig gezeigt hätte.
110 
aa) Zu Recht hat das Landgericht aber angenommen, die Klägerin habe den grundsätzlich gebotenen Verletzungshinweis bereits mit dem Schreiben vom 28. Juli 2015 erbracht.
111 
Dieses war an den richtigen Adressaten gerichtet. Die Klägerin war nicht gehalten, an jede einzelne nationale Vertriebsgesellschaft der Unternehmensgruppe der Beklagten heranzutreten. Den üblichen Gepflogenheiten und damit den berechtigten Erwartungen des Patentbenutzers in Konstellationen wie im Streitfall, in denen Portfolio-Patente in mehreren Schutzstaaten gelten und in mehreren dieser Schutzstaaten patentbenutzende Produkte vertrieben werden, entspricht es, an jene Konzerngesellschaft heranzutreten, die für Lizenzverhandlungen und Lizenznahme im Konzern zuständig ist, namentlich die Muttergesellschaft (vgl. OLG Düsseldorf aaO. Rn. 145 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 339). Nach den unbeanstandeten Feststellungen des Landgerichts ist die [A.] als Empfänger des Schreibens jene Gesellschaft innerhalb der Unternehmensgruppe der Beklagten, die als Ansprechpartner in Lizenzangelegenheiten fungiert.
112 
Das Schreiben genügte als Verletzungshinweis auch inhaltlich. Das Klagepatent wurde unter der Angabe, auf welche Weise dieses verletzt sein soll, bezeichnet. Die mit dem Schreiben vorgelegte Liste führt das Klagepatent samt geltend gemachten Anspruch auf und benennt das die technische Lehre des Klagepatents implementierende Standarddokument unter Verweis auf den maßgeblichen Abschnitt. Dies genügt, um den Adressaten in die Lage zu versetzen, sich selbst (gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe oder unter Einholung von Rechtsrat) ein Bild von der Qualität des Verletzungsvorwurfs machen zu können und Klarheit über das Interesse an einer Lizenznahme zu gewinnen. Eine abschließende Bewertung des Verletzungsvorwurfs, den der Verletzer ohnehin sowohl hinsichtlich der Frage des essenziellen Charakters des Patents für den Standard als auch hinsichtlich der tatsächlichen Benutzung (des Standards) gerichtlich überprüfen lassen kann (vgl. EuGH aaO. Rn. 69), muss durch den Verletzungshinweis folglich nicht ermöglicht werden. Weitergehende detaillierte technische oder rechtliche Erläuterungen des Verletzungsvorwurfs sind entsprechend nicht erforderlich (vgl. OLG Düsseldorf aaO. Rn. 143 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 338). Zutreffend hat das Landgericht danach insoweit ausgeführt, dass es im Rahmen des Verletzungshinweises nicht zwingend einer Überlassung von Claim-Charts bedürfe, auch wenn dies einer üblichen Gepflogenheit in Lizenzverhandlungen entspreche, weil in der hier zu beurteilenden Situation vom Patentbenutzer noch gar nicht die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht sei, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen. Anders als die Beklagte mit der Berufung geltend macht, kam es daher für den gebotenen Verletzungshinweis nicht auf die Vorlage der Claim-Charts mit E-Mail vom 25. September 2015 an.
113 
bb) Zu Recht ist das Landgericht ebenso davon ausgegangen, dass die Lizenzierungsbitte im Streitfall zunächst verspätet vorgebracht worden ist.
114 
Als Lizenzierungsbitte kann – wie das Landgericht im Einzelnen zutreffend begründet hat (vgl. Entscheidungsgründe IV.c)aa)) und wogegen die Berufung nichts erinnert – frühestens die Reaktion der [A.] mit dem vom 16. Oktober 2015 datierenden, am 20. Oktober 2015 zur Post gegebenen und frühestens am 21. Oktober 2015 bei der Klägerin zugegangenen Schreiben aufgefasst werden.
115 
Die durch den Verletzungshinweis mit Schreiben vom 28. Juli 2015 ausgelöste Prüfungs- und Erwägungsfrist war zum Zeitpunkt der Lizenzierungsbitte überschritten. Jene Prüfungs- und Erwägungsfrist ist relativ knapp zu bemessen und wird regelmäßig zwei Monate nicht überschreiten (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 344). Denn bei der Bemessung der Frist muss Berücksichtigung finden, dass es dem Verletzer untersagt ist, den Abschluss eines Lizenzvertrags mittels Verzögerungstaktik hinauszuschieben, und sich der Verletzer durch die Einleitung von Lizenzverhandlungen keiner Rechte begibt, es ihm vielmehr unbenommen bleibt, die Rechtsbeständigkeit des Patents und/oder die Patentverletzung der gerichtlichen Prüfung zu unterziehen (vgl. EuGH aaO. Rn. 69). Von ihm wird lediglich erwartet, dass er erklärt bereit zu sein, einen Lizenzvertrag zu schließen, sollte das Patent von den zuständigen Gerichten als rechtsbeständig beurteilt und durch die angegriffene Ausführungsform als verletzt angesehen werden. Zutreffend hat das Landgericht deshalb insoweit zudem ausgeführt, der Patentbenutzer müsse bereits in einem frühen Stadium Farbe bekennen und zum Ausdruck bringen, ob er grundsätzlich bereit sei, Lizenz zu nehmen, oder er dies durchweg ablehne, so dass es für den Patentinhaber Sinn mache, ihm ein Angebot zu unterbreiten und die Art und Weise der Berechnung des Lizenzsatzes zu erläutern, um in konkrete Verhandlungen einzutreten. Um sich über eine so verstandene Lizenzbereitschaft klar zu werden und dies durch eine Lizenzierungsbitte zum Ausdruck zu bringen, bedürfe es keiner Zeiträume, wie sie eventuell für eine eingehende Prüfung des Verletzungsvorwurfs und des Rechtsbestands im Einzelfall erforderlich sein mögen. Ausreichend sei vielmehr ein Zeitraum, der es ermögliche, sich einen ersten Überblick über die Qualität des Verletzungsvorwurfs zu machen, insbesondere um zu beurteilen, ob der Vorwurf von vornherein abwegig sei oder ob er eine Berechtigung haben könnte, weil er nicht unvertretbar erscheine. Diesen Ausführungen des Landgerichts schließt sich der Senat an.
116 
cc) Soweit die Berufung vertritt, die vorprozessuale Verspätung der Lizenzierungsbitte sei unbeachtlich, weil die Klägerin auf eine solche Lizenzierungsbitte entweder konkludent verzichtet habe oder diese Lizenzierungsbitte zumindest noch rechtzeitig vor „Klageerhebung“ erfolgt sei, können die insoweit aufgeworfenen Fragen dahinstehen. Insbesondere bedarf es im Streitfall keiner Festlegung, ob der vom Unionsgerichtshof verwendete Begriff „Klageerhebung“ unionsrechtlich geboten einheitlich mit dem Landgericht schlicht als Zeitpunkt der Klageeinreichung oder als Zeitpunkt zu verstehen ist, „zu dem der Kläger alle Vorkehrungen für eine Durchführung des Klageverfahrens getroffen hat, so dass es nicht mehr in seinen Händen liegt, ob und wann das gerichtliche Streitverfahren seinen Fortgang nimmt“ (Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 346), frühestens also mit Zahlung des Gerichtskostenvorschusses. Denn die Klageerhebung steht jedenfalls einer „Nachholung“ der Obliegenheiten des Verletzers nicht entgegen.
117 
dd) Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Klägerin können vorprozessual versäumte Obliegenheiten des Verletzers – wie auch versäumte Verhandlungspflichten des SEP-Inhabers – während eines anhängigen Rechtsstreits „nachgeholt“ werden.
118 
(1) Die Vorgaben des Unionsgerichtshofs schließen eine „Nachholung“ im Prozess nicht aus.
119 
Trotz Hervorhebung der „Klageerhebung“ setzt das Konzept des Unionsgerichtshofs keine zwingende vorprozessuale Erfüllung der Pflichten und Obliegenheiten voraus.
120 
Der Unionsgerichtshof beschreibt in Bezug auf den prozessualen Einwand vielmehr eine generelle Abgrenzung zwischen missbräuchlicher gerichtlicher Geltendmachung und berechtigter Anspruchsdurchsetzung (vgl. EuGH aaO. Rn. 55, 59 f.). Die „Klageerhebung“ ist dabei als ein Anknüpfungspunkt des Vorwurfs des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung durch missbräuchliche Rechtsverfolgung angesprochen. Die Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs steht folgerichtig nicht einer Bewertung der Rechtsverfolgung im Einzelfall entgegen, wonach sich diese erst nach Klageerhebung als missbräuchlich erweist, weil die Klageanträge aufrechterhalten werden, obgleich sich die maßgeblichen Umstände nachträglich – durch Erfüllung der Obliegenheiten des Verletzers nach Klageerhebung – geändert haben, oder wonach die Rechtsverfolgung trotz ursprünglich missbräuchlicher Klageerhebung im Entscheidungszeitpunkt als gerechtfertigt erscheint, weil der Verletzer zwischenzeitlich nicht mehr als lizenzwillig oder in gutem Willen verhandlungsbereit angesehen werden kann. Denn ob eine missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung objektiv vorliegt, beurteilt sich in jedem Einzelfall nach einer den rechtlichen und tatsächlichen Umständen des konkreten Falls gebührend Rechnung tragenden Gesamtabwägung (vgl. EuGH aaO. Rn. 42, 56). Der Unionsgerichtshof verweist deshalb auch darauf, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, zu prüfen, ob die aufgestellten Kriterien erfüllt werden, „soweit sie nach den Umständen des vorliegenden Falls für die Entscheidung […] maßgeblich sind“ (EuGH aaO. Rn. 70). Das Erfordernis einer Gesamtabwägung des Gerichts wird in der Rezeption der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs auch vom Court of Appeal of England and Wales (UK Court of Appeal) in seiner Entscheidung in der Rechtssache „Unwired Planet vs Huawei“ betont (Urteil vom 23. Oktober 2018, [2018] EWCA Civ 2344 Rn. 269 ff.).
121 
Auch ist zu sehen, dass der erfolgreiche Missbrauchseinwand im Prozess – wie vorstehend ausgeführt – materiell die Verletzung derjenigen Pflichten voraussetzt, die dem SEP-Inhaber unter Berücksichtigung seiner Verpflichtungszusage aus Kartellrecht erwachsen. Die Pflicht, zu FRAND-Bedingungen Lizenz zu erteilen, wie auch die hierauf bezogenen Verhandlungspflichten bestehen aber – anderes macht die Klägerin nicht geltend und wird, soweit ersichtlich, auch nicht ernsthaft vertreten – unabhängig von einem Patentverletzungsrechtsstreit. Eine erstmalige Erfüllung von Pflichten des SEP-Inhabers ist danach im Laufe des Patentverletzungsrechtsstreits ebenso möglich wie eine Nichterfüllung von bislang suspendierten Pflichten nach zwischenzeitlicher Erfüllung der Obliegenheiten des Verletzers.
122 
(2) Die Anerkennung der „Nachholbarkeit“ von Pflichten und Obliegenheiten fügt sich zudem ein in das nationale Prozessrechtsverständnis und korrespondiert mit der Rechtslage bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer patentrechtlichen Zwangslizenz nach § 24 PatG (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2019 – X ZB 2/19, Rn. 20 – Alirocumab). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen und die Begründetheit eines Leistungsklage- / Verfügungsantrags – und damit die Unbegründetheit von Einwendungen – ist insoweit allein der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung.
123 
(3) Schließlich widerspräche es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er auch als Bestandteil des Unionsrechts anerkannt ist (vgl. Art. 5 EUV, Art. 6 EUV iVm. Art. 52 Abs. 1 Satz 2 GRCh), der „Nachholung“ von Pflichten und Obliegenheiten während eines Verletzungsprozesses im Hinblick auf den kartellrechtlichen Missbrauchseinwand keinerlei Wirkung zuzuerkennen.
124 
(a) Eine Einschränkung der Rechte des SEP-Inhabers (vgl. Art. 17 Abs. 2, Art. 47 Abs. 1 Satz 1 GRCh) durch grundsätzliche Versagung der Nachholbarkeit seiner Pflichten im Verletzungsprozess ist zur Gewährleistung der Freiheit des Wettbewerbs im Binnenmarkt (Art. 102 AEUV) nicht erforderlich.
125 
Die (erstmalige) Erfüllung der Verhandlungspflichten nach Klageerhebung setzt zur Gewährleistung der Freiheit des Wettbewerbs lediglich voraus, dass hierdurch im gleichen Maße faire Lizenzverhandlungen ermöglicht werden wie bei deren Erfüllung vor Klageerhebung. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Unionsgerichtshofs auch von dem Gedanken geprägt ist, dass Lizenzverhandlungenzwischen dem SEP-Inhaber und dem Verletzer als Lizenzsucher nicht unter dem Druck einer drohenden gerichtlichen Verurteilung geführt werden, um zu vermeiden, dass der Verletzer beeinflusst durch diesen Druck ungünstigen Lizenzbedingungen zustimmt (sog. Patent Hold-up; vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 29. November 2014 –C-170/13 Rn. 102; UK Court of Appeal, Urteil vom 23. Oktober 2018, [2018] EWCA Civ 2344 Rn. 272 – „Unwired Planet vs Huawei“: „On the other hand, a SEP owner which is holding-up should not be able to use the threat of an injunction to coerce an alleged infringer which is prepared to take a licence on FRAND terms into paying exorbitant licence fees.“). Entsprechend erfordert die wirksame Erfüllung der Pflichten des SEP-Inhabers nach Klageerhebung, dass der SEP-Inhaber mit Nachholung seiner Pflichten, bspw. dem Lizenzangebot oder den insoweit gebotenen Informationen, eine Situation herbeizuführen sucht, die Lizenzverhandlungen frei von einem unmittelbaren Druck des anhängigen gerichtlichen Verfahrens ermöglicht. Dieser von der unmittelbaren Drohung mit hoheitlichen Anordnungen befreiten Verhandlungssituation entspricht im deutschen Prozessrecht die Prozesslage bei Ruhen und Aussetzung des Verfahrens, in der der Lauf von Fristen aufhört (§ 249 Abs. 1 ZPO) und in Ansehung der Hauptsache vorgenommene Prozesshandlungen einer Partei der anderen gegenüber ohne Wirkung sind (§ 249 Abs. 2 ZPO). Eine „Moderation“ durch das Verletzungsgericht kann eine entsprechende druckfreie Verhandlungssituation demgegenüber gerade nicht sicherstellen (aA.: Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 361). Die klagende Partei im Patentverletzungsrechtsstreit ist danach regelmäßig gehalten für eine wirksame Erfüllung der Pflichten des SEP-Inhabers auf eine solche Prozesslage hinzuwirken, indem sie das Ruhen des Verletzungsverfahrens gem. § 251 Satz 1 ZPO beantragt (vgl. insoweit schon LG Mannheim, GRUR-RR 2018, 273 Rn. 87) oder ggf. eine einvernehmliche Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 148 ZPO im Hinblick auf ein schwebendes Rechtsbestandsverfahren anregt. Der lizenzwillige Verletzer als beklagte Partei wird sich einem solchen Antrag bzw. einer solchen Anregung anschließen und so eine Prozesslage mit herbeiführen, in welcher Lizenzverhandlungen frei vom Druck eines Verletzungsrechtsstreits geführt werden können.
126 
(b) Ebenso bedarf die wirksame Durchsetzung der Rechte des SEP-Inhabers nicht der Beschränkung des Anspruchs des Patentbenutzers auf Lizenzerteilung durch grundsätzliche Versagung der Nachholbarkeit seiner Obliegenheiten im Verletzungsprozess.
127 
Aus der Zulassung der Erfüllung seiner Obliegenheiten nach Klageerhebung wird dem Verletzer nämlich nicht die Möglichkeit eröffnet, die redliche Anspruchsdurchsetzung zu hindern oder das Verletzungsverfahren zu verzögern. Zum einen führt die erstmalige Erfüllung der Obliegenheiten des Verletzers nach Klageerhebung nicht zwingend dazu, dass im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung stets eine Verletzung der Pflichten des SEP-Inhabers und danach ein objektiver Missbrauch der gerichtlichen Geltendmachung von Patentverletzungsansprüchen festgestellt werden müsste. Vielmehr trägt der Verletzer das Risiko der verspäteten Erfüllung seiner Obliegenheiten, als bspw. bei einer Lizenzbitte kurz vor Schluss der mündlichen Verhandlung vom SEP-Inhaber redlich nicht mehr eine Unterbreitung eines FRAND-Lizenzangebots bis zu diesem Zeitpunkt erwartet werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2019 – X ZB 2/19, Rn. 20 – Alirocumab: „während des Verfahrens gewissermaßen ‚in letzter Minute‘“). Zum anderen kann der Verletzer durch „Nachholung“ seiner Obliegenheiten nach Klageerhebung einseitig keinen Verfahrensstillstand herbeiführen. Der klagende SEP-Inhaber ist zwar regelmäßig gehalten, zur wirksamen Nachholung seiner eigenen Pflichten einen Verfahrensstillstand herbeizuführen durch einen entsprechenden Ruhens- oder Aussetzungsantrag, dem sich die beklagte Partei zur Bestätigung ihrer Lizenzwilligkeit anschließen wird. Im umgekehrten Fall aber, in dem auszuschließen ist, dass die verspätete Erfüllung der Obliegenheiten des Verletzers Ausdruck von Verzögerungstaktik ist, muss der SEP-Inhaber nicht ohne weiteres einer etwaig von der beklagten Partei vorgeschlagenen Ruhendstellung des Verletzungsrechtsstreits zustimmen.
128 
ee) Nach alledem kann das landgerichtliche Urteil mit seiner tragenden Begründung der fehlenden Nachholbarkeit der Obliegenheiten des Verletzers im Prozess keinen Bestand haben.
129 
Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die [A.] nicht nur ihre Lizenzwilligkeit in Form der Lizenzierungsbitte spätestens zu Beginn des Rechtsstreits zum Ausdruck gebracht hat, sondern diese durch Abgabe eines Gegenangebots und entsprechende fortlaufende Auskunft über den Umfang der bisherigen Patentbenutzung sowie Hinterlegung entsprechender Sicherheit grundsätzlich unterstrichen und aufrechterhalten hat.
130 
b) Ausgehend davon, dass sich die Beklagte (bzw. die [A.]) bei Schluss der mündlichen Verhandlung schon vor dem Landgericht aber auch vor dem Senat grundsätzlich lizenzwillig zeigt, ist festzustellen, dass die Klägerin ihren Verhandlungspflichten bislang nicht in vollem Umfang nachgekommen ist.
131 
Die Klägerin hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht jedenfalls nicht ihre Informationspflichten in Bezug auf das von ihr unterbreitete Lizenzangebot erfüllt. Im Streitfall bedarf es deshalb keiner Entscheidung, ob das von der Klägerin unterbreitete Lizenzangebot hinsichtlich seiner Konditionen tatsächlich FRAND-konform ist und welcher Prüfungsmaßstab insoweit anzuwenden ist. Da es auf die Beurteilung der FRAND-Konformität des Lizenzangebots im Streitfall nicht ankommt, hat der Senat keine Veranlassung über die Vorlageanträge der Beklagten nach §§ 142, 131 ZPO und §§ 421, 422 ZPO zu entscheiden.
132 
aa) Der SEP-Inhaber ist im Rahmen seiner Verhandlungspflichten zur Erläuterung und Information in Bezug auf das von ihm unterbreitete FRAND-Lizenzangebot verpflichtet.
133 
Diese Erläuterungs- oder Informationspflichten sind unmittelbarer Ausdruck des Fairness-Kriteriums der Verpflichtungszusage. Der Unionsgerichtshof hat insoweit klargestellt, dass der SEP-Inhaber nicht nur ein Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten hat, sondern auch „insbesondere die Lizenzgebühr sowie die Art und Weise ihrer Berechnung“ anzugeben hat (vgl. EuGH aaO. Rn. 63). Hiermit ist namentlich nicht nur eine Erläuterung der Lizenzhöhe und der Modalitäten der Berechnung, sondern gerade auch derjenigen Umstände gemeint, die die vertraglichen Vergütungsfaktoren als diskriminierungs- und ausbeutungsfrei (= FRAND) ausweisen (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 335). Dies umfasst Darlegungen zu den objektiven Umständen, die den Lizenzsucher in die Lage versetzen nachzuvollziehen, dass das vom SEP-Inhaber unterbreitete Angebot FRAND-Kriterien entspricht. Nur in Kenntnis dieser Umstände ist dem Lizenzsucher eine sinnvolle Bewertung des Lizenzangebots möglich (vgl. Kühnen, GRUR 2019, 665, 668) und kann ein entsprechendes Gegenangebot unterbreitet werden (vgl. Europäische Kommission aaO. S. 12). Auch wird erst hierdurch die Chance erhöht, dass die Parteien miteinander ins Gespräch kommen und konstruktiv über die Frage der Lizenzhöhe und Einzelfragen der Ausgestaltung des Lizenzvertrags diskutieren können (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 28. September 2018 – 7 O 165/16 Rn. 66).
134 
Umfang und Maß der Substantiierung dieser Erläuterungen und Informationen hängt von der Lizenzierungssituation im Einzelfall ab (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 336; Europäische Kommission aaO. S. 12). Soweit der SEP-Inhaber bereits Lizenzen an Dritte erteilt hat, sind hinsichtlich des FRAND-Kriteriums der Diskriminierungsfreiheit Darlegungen zur Lizenzierungspraxis des SEP-Inhabers und damit zu den mit Dritten geschlossenen Lizenzvereinbarungen geboten. Entspricht das Lizenzangebot einem in der Vertragspraxis des SEP-Inhabers ausschließlich gelebten und von Dritten akzeptierten Standardlizenzprogramm, wird es insoweit regelmäßig genügen, zur Durchsetzung des Lizenzprogramms auszuführen und auf die Übereinstimmung des Lizenzangebots mit dem Standardlizenzvertrag zu verweisen. Hat der SEP-Inhaber hingegen Drittlizenzverträge mit unterschiedlichen Lizenzbedingungen abgeschlossen, wird er regelmäßig zumindest jeweils den Inhalt der wesentlichen Lizenzvertragsbedingungen jener Verträge in einem hinreichend belastbaren Maße so darzulegen und zu erläutern haben, dass der Lizenzsucher entnehmen kann, ob, ggf. inwieweit und aus welchen Sachgründen er wirtschaftlich ungleichen Konditionen ausgesetzt ist. Sollte sich der SEP-Inhaber an solchen inhaltlichen Darlegungen aus berechtigten Geheimhaltungsinteressen gehindert sehen, wird er derartige Interessen mit Substanz aufzeigen müssen und – wie in der Verhandlungspraxis nicht unüblich (vgl. hierzu Hinojal/Mohsler, GRUR 2019, 674) – den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung zu ermöglichen haben, in deren Folge weitergehende Informationen dann erteilt werden können. Soweit demgegenüber vertreten wird, der SEP-Inhaber müsse sich über den vollständigen Inhalt aller erfolgten Lizenzierungen erklären und zwar unter Vorlage der Lizenzvereinbarungen (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap E Rn. 451 mwN.), vermag der Senat hierfür im Allgemeinen keine hinreichende Grundlage zu erkennen. Das aus dem FRAND-Kriterium der „Fairness“ ableitbare Mindestmaß an Transparenz des Lizenzangebots durch Erläuterung und Information dient dazu FRAND-Lizenzverhandlungen in gutem Glauben zu gewährleisten (vgl. Europäische Kommission aaO. S. 9, 12). Die vollständige Offenlegung von Drittverträgen ist in der Verhandlungspraxis von FRAND-Lizenzverträgen – soweit ersichtlich – aber schon nicht allgemein üblich; anderes ist im Streitfall auch nicht geltend gemacht worden.
135 
Ob und inwieweit in einem Rechtsstreit hinsichtlich der Behauptung, die vom Lizenzsucher geforderten Lizenzbedingungen seien diskriminierend, Anlass und Grundlage für eine gerichtliche Vorlageanordnung bestehen kann, bedarf im hiesigen Kontext keiner Erörterung. Ebenso kann hier dahinstehen, wie die prozessuale Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf eine etwaige tatsächliche Diskriminierung des Lizenzsuchers verteilt ist. Soweit die Klägerin die Sichtweise des Oberlandesgerichts Düsseldorf (vgl. OLG Düsseldorf aaO. Rn. 177 – Mobiles Kommunikationssystem) bekämpft, wonach – auf das originäre kartellrechtliche Diskriminierungsverbot nach Art. 102 Abs. 1, Abs. 2 lit. c AEUV bezogen – den SEP-Inhaber eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich einer Gleichbehandlung der Lizenzsucher und die (primäre) Darlegungs- und Beweislast für einen hinreichenden sachlichen Grund einer Ungleichbehandlung trifft, dürfte aber, ohne dass dies hier abschließend zu entscheiden wäre, auch nicht unberücksichtigt bleiben können, dass die kartellrechtlichen Pflichten von der Verpflichtungszusage gegenüber ETSI überlagert sind. Diese sieht aber eine nach Art. 3 Rom-I-VO gültige Rechtswahl zugunsten französischen Rechts vor, nach welchem es sich bei der Verpflichtungszusage um einen Vertrag zugunsten Dritter iSd. Art. 1205 nF Code Civil handelt (vgl. McGuire, GRUR 2018, 128, 135), womit die Erfüllung jener Verpflichtung, insbesondere durch Forderung nichtdiskriminierender Bedingungen, nach Art. 1353 Abs. 2 nF Code Civil grundsätzlich vom Erklärenden als Schuldner zu beweisen sein könnte. Die vorstehenden, von den Parteien aufgeworfenen Fragen bedürfen im Streitfall keiner Beantwortung, weil der Senat derzeit nicht entscheiden muss, ob das Lizenzangebot des SEP-Inhabers inhaltlich FRAND-Kriterien genügt. Die Informationspflichten des SEP-Inhabers als Teil seiner Verhandlungspflichten stehen nach dem Vorstehenden vielmehr neben der Verpflichtung zur Unterbreitung eines inhaltlich FRAND-Bedingungen genügenden Lizenzangebots. Anders als die Klägerin wohl meint, kann die Erfüllung der Informationspflichten demnach auch nicht mit dem Argument verweigert werden, eine kartellrechtlich relevante Ungleichbehandlung liege nicht vor.
136 
bb) Im Streitfall kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin ihren so verstandenen Informationspflichten zum unterbreiteten Lizenzangebot bislang genügt hätte.
137 
Eine hinreichende Erläuterung der wesentlichen Lizenzvertragsbedingungen der mit Dritten von der Klägerin bereits abgeschlossenen Lizenzverträge ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt, auch nicht im Rahmen der privatgutachterlichen Erklärungen des Herrn Prof. [G.]. So verweigert die Klägerin gegenüber der Beklagten bzw. der [A.] zumindest jegliche Erhellung der objektiven Umstände der im Lizenzvertrag mit [Y.] – als solchen unstreitig – gewährten pauschalen Abgeltung vergangener und zukünftiger Nutzungshandlungen durch Einmalzahlung. Die Klägerin hat weder erklärt, ob es sich bei der konkreten Einmalzahlung lediglich um eine abweichende Zahlungsweise handele, die wirtschaftlich gleichwertig zur sonst überwiegend geforderten, fortlaufenden Stücklizenz sei, insbesondere weil sie im Ausgangspunkt auf demselben oder einem vergleichbaren Stücklizenzsatz und bestimmten, zum Vertragsabschlusszeitpunkt realistischen Absatzprognosen beruhe, noch hat sie erläutert, dass die Pauschalabgeltung zwar einem erheblich günstigeren Vergleichslizenzsatz entspreche, für danach wirtschaftlich ungleiche Lizenzgebührenforderungen indes objektiv-rechtfertigende Umstände bestünden.
138 
Im hiesigen Rechtsstreit sind auch keine Gesichtspunkte dargetan oder sonst erkennbar, die Erläuterungen hinsichtlich des monierten Lizenzvertrags mit [Y.] entbehrlich machten, weil der Lizenzsucher dieser Informationen insbesondere zur sinnvollen Bewertung der FRAND-Gemäßheit des Lizenzangebots nicht bedürfe. Eine Entbehrlichkeit entsprechender Erläuterungen und Informationen mag sich ggf. daraus ergeben, dass eine Diskriminierung von vornherein offensichtlich ausgeschlossen ist. Hierfür ist allerdings nichts ersichtlich. Allein die unterschiedliche Marktgröße der betroffenen Unternehmen kann kein relevanter Gesichtspunkt sein. Diese spricht weder gegen die Gleichartigkeit der betroffenen Unternehmen als Hersteller und Vertreiber auf dem der Lizenzierung nachgelagerten Markt für LTE-fähige Mobilfunkgeräte, noch folgt aus der Marktgröße für sich ein etwaiger Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung.
139 
Schließlich hat die Klägerin keine konkreten und beachtlichen Hinderungsgründe einer weitergehenden Erläuterung der in Rede stehenden Pauschalabgeltung benannt. Insbesondere hat sie konkrete Geheimhaltungsinteressen hinsichtlich einer schlichten Erläuterung im vorstehend bezeichneten Umfang nicht aufgezeigt, abgesehen davon, dass sie einer in Vertragsverhandlungen nicht unüblichen Vertraulichkeitsvereinbarung insoweit bislang nicht nähergetreten ist, obgleich sich die [A.]-Unternehmensgruppe einer vertragsstrafenbewehrten Geheimhaltungszusage nicht verschließt.
140 
4. Da die Klägerin bislang ihren Verhandlungspflichten nicht in vollem Umfang nachgekommen ist, sondern durch Verletzung ihrer Informationspflicht eine zielführende Verhandlung von Lizenzvertragsbedingungen untergraben hat, ist die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung und Vernichtung unter Würdigung der Umstände des hiesigen Falls derzeit als objektiv missbräuchlich anzusehen, womit die Klage insoweit als derzeit unbegründet abzuweisen ist.
E.
141 
Das Landgericht hat zu Recht die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt und die Beklagte im beantragten Umfang zu Auskunft und Rechnungslegung sowie Belegvorlage verurteilt.
142 
1. Aufgrund der schuldhaften, zumindest auf Fahrlässigkeit beruhenden Verletzung des Klagepatents steht der Klägerin nach Art. 64 Abs. 3 EPÜ iVm. § 139 Abs. 2 PatG ein Schadensersatzanspruch zu, dessen Feststellung die Klägerin nach § 256 Abs. 1 ZPO verlangen kann. Auch ist die Beklagte der Klägerin zu Auskunft und Rechnungslegung im beantragten und zuerkannten Umfang verpflichtet gemäß Art. 64 Abs. 3 EPÜ iVm. § 140b Abs. 1, Abs. 3 PatG und einer zu Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB, wobei die Klägerin Belegvorlage entsprechend § 259 BGB fordern kann (vgl. zur Belegvorlage: Senat, InstGE 11, 15 – SMD-Widerstand).
143 
2. Der Durchsetzbarkeit der bezeichneten Ansprüche steht nicht das unionsrechtliche Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 102 AEUV entgegen, weil die Geltendmachung dieser Ansprüche – mangels unmittelbarer Auswirkungen auf das Angebot von nach dem Standard hergestellten Produkten am Markt – nicht als missbräuchlich angesehen werden kann (vgl. EuGH aaO. Rn. 74 f.; OLG Düsseldorf aaO. Rn. 226 – Mobiles Kommunikationssystem).
144 
3. Der Umstand, dass die Klägerin ihren kartellrechtlichen, durch die Verpflichtungszusage überlagerten Pflichten bislang nicht gehörig nachgekommen ist, führt schließlich nicht zu einer inhaltlichen Beschränkung der im Verletzungsprozess geltend gemachten Ansprüche.
145 
a) Hinsichtlich der an eine widerrechtliche (und schuldhafte) Patentverletzung anknüpfenden, auf Feststellung der Schadensersatzhaftung dem Grunde nach und Auskunft über die Vertriebswege gerichteten Ansprüche hat es von vornherein keine Bedeutung, ob sich aus einer Verletzung der kartellrechtlichen Pflichten des SEP-Inhabers eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs wegen Patentverletzung der Höhe nach ergibt (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2019 – 2 U 31/16 Rn. 227 f. – Improving Handover).
146 
b) Aber auch in Bezug auf den Rechnungslegungsanspruch ergibt sich in Fallkonstellationen wie im Streitfall keine inhaltliche Beschränkung. Die Klägerin kann trotz ihrer Versäumnisse auch – über den Umfang nach § 140b Abs. 3 PatG hinausgehende – Angaben zu Kosten und Gewinnen verlangen.
147 
Der nach Inhalt und Umfang dem Grundsatz von Treu und Glauben unterstehende, gewohnheitsrechtlich anerkannte Anspruch auf Rechnungslegung ist ein akzessorischer Hilfsanspruch. Als solcher ist er seinem Umfang nach auf die zur Durchsetzung des Hauptanspruchs erforderlichen Informationen begrenzt, die der Gläubiger selbst nicht anders erlangen kann und deren Erteilung dem Schuldner unschwer möglich und zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, GRUR 2019, 496 Rn. 12 – Spannungsversorgungsvorrichtung).
148 
Die Angaben zu Kosten und Gewinnen sind in diesem Sinne erforderlich zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs und dem Verletzer auch zumutbar. Eine Begrenzung der Informationen folgt nicht aus einer Beschränkung des Schadensersatzanspruchs aus § 139 Abs. 2 PatG der Höhe nach auf eine FRAND-Lizenzgebühr.
149 
Die – gegen die Verpflichtungszusage wie auch gegen Art. 102 AEUV verstoßende – Verweigerung einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen gegenüber dem insoweit abschlussbereiten Verletzer kann zwar dem patentrechtlichen Schadensersatzbegehren entgegengehalten werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 – KZR 40/02, GRUR 2004, 966, 969 f. – Standard-Spundfass) und den Schadensersatz auf die Höhe der FRAND-Lizenzgebühr beschränken. Mit der Verletzung von Verhandlungspflichten geht für sich aber noch keine Verweigerung einer Lizenz einher, die inhaltlich FRAND-Kriterien entspricht. Auch ist insoweit noch nicht festgestellt, dass der Lizenzsucher überhaupt zu FRAND-Bedingungen Lizenz genommen hätte. Vielmehr kann ein FRAND-Lizenzvertrag nach „verspäteter“ Erfüllung der Verhandlungspflichten gleichwohl nicht zustande kommen, weil der Lizenzsucher letztlich nicht bereit ist, Lizenz zu den sich in fairen Verhandlungen ergebenden FRAND-Bedingungen zu nehmen. Soweit ein FRAND-Lizenzvertrag zustande kommt, wird der Lizenzsucher im Wege der Naturalrestitution aber so zu stellen sein, wie er stünde, wenn der SEP-Inhaber nach der Lizenzierungsbitte seinen Verhandlungspflichten gehörig nachgekommen wäre. Eine höhenmäßige Beschränkung des patentrechtlichen Schadensersatzanspruchs steht damit nach Auffassung des Senats derzeit – auch für den Zeitraum zwischen Lizenzierungsbitte und Schluss der mündlichen Verhandlung – nicht fest; der SEP-Inhaber verliert daher nicht schon den „vollen“ Schadensersatzanspruch und deshalb den „vollen Rechnungslegungsanspruch“ (aA. wohl: OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2019 – 2 U 31/16 Rn. 230 – Improving Handover).
150 
Anders als die zu einem Ausschluss vom nachgelagerten Markt führenden Patentverletzungsansprüche ist der Rechnungslegungsanspruch insoweit auch nicht als derzeit unbegründet abzuweisen. Selbst wenn sich der Schadensersatzanspruch nach § 139 Abs. 2 PatG zukünftig als inhaltlich auf die Höhe der FRAND-Lizenzgebühr beschränkt erweisen sollte, sind in dieser Konstellation Kosten- und Gewinnangaben im Grundsatz als erforderlich und zumutbar anzusehen (aA.: OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2019 – 2 U 31/16 Rn. 231 – Improving Handover). Der Senat verkennt dabei nicht, dass diese Angaben für die objektive Schadensermittlung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zumindest im Regelfall nicht erforderlich sind und deshalb grundsätzlich nicht verlangt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 1989 – X ZR 26/87, GRUR 1989, 411, 414 – Offenend-Spinnmaschine; BGH, Urteil vom 20. Mai 2008 – X ZR 180/05, GRUR Int 2008, 960 Rn. 33 – Tintenpatrone). Ein genereller Ausschluss jener Informationen im Zusammenhang mit der Schadensermittlung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ergibt sich danach aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung indes nicht. Da die übliche Umsatzrendite bei der Ermittlung eines Ersatzanspruchs im Wege der Lizenzanalogie einzubeziehen sein kann (vgl. zum Kennzeichenrecht: BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 169/07, GRUR 2010, 239, 243 Rn. 50 – BTK), weist das Landgericht Mannheim zutreffend darauf hin (GRUR-RR 2018, 273 Rn. 76), dass in der Fallkonstellation, in der die Höhe der FRAND-Lizenzgebühr in ihren Einzelheiten hochstreitig ist, entgegen dem Grundsatz auch Angaben zu dem beim Verletzer erwirtschafteten Gewinn zur Vorbereitung eines Höheprozesses bei einer Schadensliquidation nach der Methode der Lizenzanalogie Relevanz erlangen und entsprechend gefordert werden können. Deshalb trifft nach der hier vertretenen Ansicht nicht zu, dass Geschäftsdaten über Kosten und Gewinne objektiv nicht benötigt werden (so aber OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2019 – 2 U 31/16 Rn. 232 – Improving Handover).
F.
151 
Eine nach § 148 ZPO ins Ermessen des Senats gestellte Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits ist in Bezug auf eine mögliche, derzeit aber nicht eingelegte Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts jedenfalls nicht geboten.
152 
Die Aussetzungsentscheidung erfordert eine Abwägung des mit dem Interesse der beklagten Partei übereinstimmenden Interesses an widerspruchsfreien Entscheidungen im Verletzungs- und Rechtsbestandsverfahren gegenüber dem Interesse des Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des Verletzungsverfahrens. Da der Verletzungsrichter an den Erteilungsakt gebunden ist, kommt eine Suspendierung der aus dem erteilten Patent folgenden Ausschließlichkeitsbefugnisse nur unter besonderen Umständen in Betracht. Regelmäßig erforderlich, aber zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes für den Verletzungsbeklagten auch genügend ist es, den Rechtsstreit dann auszusetzen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent dem erhobenen Rechtsbestandsangriff nicht standhalten wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2014 - X ZR 61/13, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten). Die bloße Möglichkeit, dass das Klagepatent (noch) vernichtet wird, ist insoweit nicht ausreichend. Soweit die Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht in dem für den Verletzungsstreit maßgeblichen Umfang abgewiesen worden ist, kommt die Aussetzung dem entsprechend nur dann in Betracht, wenn eine Berufung des Nichtigkeitsklägers gegen das patentgerichtliche Urteil hinreichende Erfolgsaussicht hat (vgl. auch BGH, Urteil vom 22. November 1957 - I ZR 152/56, GRUR 1958, 179, 180 – Resin).
153 
Insoweit hat die Beklagte schon nicht aufzuzeigen versucht, dass die – derzeit noch nicht begründete – patentgerichtliche Entscheidung, das Klagepatent in dem hier zuletzt geltend gemachten Umfang aufrecht zu erhalten, zumindest unter Berücksichtigung des zuletzt erreichen Verhandlungsstands vor dem Bundespatentgericht mit Blick auf einen konkreten Nichtigkeitsangriff voraussichtlich keinen Bestand haben kann. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Berufung der Nichtigkeitsklägerin dem patentgerichtlichen Urteil etwas Durchschlagendes wird entgegensetzen können.
G.
154 
Die zulässige Widerklage ist unbegründet.
155 
1. Die in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage ist zulässig.
156 
Die internationale Entscheidungszuständigkeit über die Widerklage folgt aus Art. 7 Nr. 2, Art. 8 Nr. 3 EuGVO. Sie steht in Zusammenhang mit dem gegen die Klage als Verteidigungsmittel vorgebrachten kartellrechtlichen Missbrauchseinwand und weist danach einen Sachzusammenhang iSd. § 33 Abs. 1 ZPO auf. Auch ist die Zulassung der Widerklage, die auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind (§ 533 Nr. 2 ZPO), im Berufungsverfahren jedenfalls als sachdienlich anzusehen (§ 533 Nr. 1 ZPO), weil hierdurch ein neues Verfahren vermieden wird und überdies Entscheidungsreife besteht.
157 
2. Ein Anspruch auf Vorlage von Drittlizenzverträgen besteht indes – unabhängig von der Frage der Aktivlegitimation – unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
158 
a) Ein selbständiger Vorlageanspruch in Ansehung der Lizenzverträge als Urkunden ist nicht ersichtlich.
159 
Soweit die Beklagte insoweit allein auf deutsches Recht, nämlich §§ 809, 810 BGB verweist, kann dahinstehen, wie diese Ansprüche zu qualifizieren sind und ob danach überhaupt deutsches Recht im Streitfall anzuwenden ist. Denn der sachliche Anwendungsbereich dieser Vorlageansprüche ist nicht eröffnet. Die Beklagte macht nicht geltend, iSd. § 809 BGB einen Anspruch in Ansehung der Urkunden selbst haben zu können. Die Urkunden sind, anders als § 810 BGB voraussetzt, weder im Interesse der Beklagten errichtet worden, noch beurkunden sie ein Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin.
160 
b) Ein Anspruch auf Vorlage der Lizenzverträge ergibt sich auch nicht aus der ETSI-FRAND-Verpflichtungserklärung.
161 
Die Beurteilung eines solchen Anspruchs unterliegt aufgrund entsprechender Rechtswahl (vgl. McGuire, GRUR 2018, 128, 135) dem französischen Sachrecht (Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 12 Abs. 1 lit. a Rom-I-VO). Insoweit hat die Beklagte aber schon nicht aufgezeigt, dass eine Vorlageverpflichtung – über die Annahmen des Unionsgerichtshofs zur Erläuterung des Lizenzangebots hinausausgehend – ausdrücklich oder im Wege der französischem Recht unterliegenden Auslegung aus der Verpflichtungserklärung abgeleitet werden könne oder sich aus ergänzend heranzuziehenden gesetzlichen Regelungen des französischen Schuldrechts ergäbe.
162 
c) Schließlich besteht ein Vorlageanspruch nicht im Zusammenhang mit dem aus Art. 102 AEUV unmittelbar ableitbaren Anspruch auf Lizenzerteilung.
163 
Auch insoweit ergibt sich eine Vorlageverpflichtung nicht originär als Teil des Anspruchs auf Erteilung einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen. Wie vorstehend zu den Informationspflichten des SEP-Inhabers als Ausprägung der durch die Verpflichtungszusage überlagerten kartellrechtlichen Pflichten des SEP-Inhabers angesprochen, ist eine solche Verpflichtung nicht im Konzept des Unionsgerichtshofs angedeutet, und ist nicht feststellbar, dass eine Vorlage der Üblichkeit von Lizenzverhandlungen entspräche.
164 
Ein Vorlageanspruch folgt schließlich nicht als unselbständiger Hilfsanspruch neben dem kartellrechtlichen Anspruch auf Lizenzerteilung. Gemäß Art. 6 Abs. 3 lit. a Rom-II-VO kann sich die Beklagte, da sich das kartellrechtsrelevante Verhalten der Klägerin (auch) auf den deutschen Markt auswirkt, hinsichtlich etwaiger Art. 102 AEUV ergänzender Fragen auf deutsches Sachrecht berufen. Aus § 242 BGB kann zwar im Einzelfall ein spezifischer Auskunftsanspruch als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines auf Kartellrecht beruhenden Anspruchs auf Lizenzerteilung erwachsen, der als solcher jedoch grundsätzlich keine Vorlage von – ggf. ihrem Inhalt nach geheimhaltungsbedürftigen – Urkunden umfasst. Allenfalls im „besonderen Ausnahmefall“, insbesondere wenn die Erteilung einer Auskunft der Sache nach nicht geeignet ist, dem Berechtigten die erforderliche Klarheit zu verschaffen, könnte ein Vorlageanspruch aus § 242 BGB abgeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1971 – VIII ZR 198/69, juris Rn. 10). Der bloße Wunsch, nicht auf die Richtigkeit von Angaben einer Partei vertrauen zu müssen, sondern diese überprüfen zu wollen, erweist sich aber als Ausforschung, die es außerhalb des Anwendungsbereichs spezieller Regelungen – wie der im Rahmen von Lizenzvertragsverhandlungen nicht einschlägigen Ansprüche auf Rechnungslegung (bspw. nach § 666 BGB), Vorlage nach § 810 BGB oder auf Buchprüfung (bspw. nach § 87c Abs. 4 HGB) – unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht rechtfertigt, eine Vorlage von Unterlagen zuzubilligen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1971 – VIII ZR 198/69, juris Rn. 12).
H.
165 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
166 
In Bezug auf die Klage geht der Senat wertungsmäßig von einem ungefähr hälftigen Obsiegen und Unterliegen der Parteien aus. Dabei wird nicht verkannt, dass die auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung und Vernichtung gerichteten Anträge gemeinsam regelmäßig das Hauptgewicht einer Patentverletzungsklage ausmachen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung kann das klägerische Unterliegen im Streitfall aber nicht mit mehr als 50 % der mit den Klageanträgen verfolgten Ziele angenommen werden. Hierbei findet Berücksichtigung, dass der Urteilsausspruch zur Schadensersatzverpflichtung und zur Auskunfts-/Rechnungslegungspflicht nicht nur die „vergangenen“ Benutzungshandlungen, sondern auch die nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung fortgeführten „zukünftigen“ Benutzungshandlungen erfasst. (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 – X ZR 234/02, GRUR 2004, 755 – Taxameter). Schließlich ist in den Blick zu nehmen, dass die Klägerin als SEP-Inhaberin die Beklagte vordergründig nicht dauerhaft von der Patentbenutzung ausschließen will, sondern eine Auslizenzierung ihrer SEP-Patente erstrebt. Die Durchsetzung insbesondere des Unterlassungsanspruchs dient insoweit primär, den Verletzer zur Lizenznahme anzuhalten, was dem Patentsystem als Teil der geltenden Rechts- und Wirtschaftsordnung immanent und in den Grenzen des Kartellrechts insbesondere nicht missbräuchlich ist (vgl. LG Mannheim, InstGE 11, 9 – UMTS-fähiges Mobiltelefon). Eine weitergehende wirtschaftliche Bedeutung kann der Durchsetzung der als derzeit unbegründet abgewiesenen Klageanträge nicht beigemessen werden.
167 
Soweit das Klagepatent im Berufungsrechtszug zuletzt nur noch in der zwischenzeitlich durch das Bundespatentgericht beschränkten Fassung geltend gemacht worden ist, geht damit keine Klageänderung einher, die zu einer Teilklagerücknahme mit entsprechender im Rahmen der Kostenentscheidung zu berücksichtigender Kostenfolge führte. Denn die Klage ist trotz der Umschreibung des angegriffenen Verhaltens im Klageantrag anhand des Patentanspruchs stets auf die wegen ihrer LTE-Fähigkeit konkret angegriffene(n) Ausführungsform(en) gerichtet gewesen. Aus der am Patentanspruch orientierten Antragsfassung folgt für sich kein weitergehendes, umfassendes Klagebegehren (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 – X ZR 111/09, GRUR 2012, 485 - Rohrreinigungsdüse II).
168 
2. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
169 
3. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen.
170 
Dem Streitfall kommt einerseits grundsätzliche Bedeutung zu. Denn es sind entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufgeworfen, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind. So betrifft die Entscheidung maßgeblich Einzelfragen der zutreffenden Umsetzung der vom Unionsgerichtshof in der Rechtssache „Huawei/ZTE“ aufgestellten Grundsätze, u.a. die Frage der „Nachholbarkeit“ der vom Unionsgerichtshof formulierten Pflichten des SEP-Patentinhabers und Obliegenheiten des Patentbenutzers sowie die Frage des Bestehens und Umfangs von Informationspflichten des SEP-Patentinhabers bei Unterbreitung eines FRAND-gemäßen Lizenzangebots.
171 
Weiterhin ist die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, weil der Senat – anders als das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 22. März 2019, Az. 2 U 31/16 („Improving Handover“), dort Rn. 229-232 – in der Situation, dass der SEP-Inhaber seinen Pflichten im Zusammenhang mit dem eigenen FRAND-Lizenzangebot noch nicht in vollem Umfang nachgekommen ist, keine Grundlage dafür sieht, den inhaltlich auf Angaben zu Kosten und Gewinnen gerichteten Rechnungslegungsantrag abzuweisen.

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