Urteil vom Oberlandesgericht Rostock (3. Zivilsenat) - 3 U 81/15

Tenor

1. Die Berufungen der Beklagten zu 1) und zu 2) gegen das Schlussurteil des Landgerichts Rostock vom 19.06.2015, Az. 9 O 592/12 (3), werden zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das in Ziff. 1 des Tenors genannte Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 808.544,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Herausgabe des Erlöses aus dem Verkauf von verschiedenen Flächen in R.-K. Die Flächen standen als landwirtschaftliche Nutzflächen zunächst im Eigentum des ehemaligen Neubauern E. S. und wurden sodann im Juli 1973 auf Antrag des Rates der Stadt R. in Volkseigentum überführt. Eine entsprechende Umschreibung im Grundbuch wurde vorgenommen.

2

Im August 1990 stellten die Beklagten unabhängig voneinander einen Antrag auf Rückübertragung der Grundstücke. Mit Notarvertrag vom 11.11.1991 vereinbarten die Beklagten, dass ihnen das Eigentum je zur Hälfte zustehen solle. Mit Bescheid des Oberbürgermeisters der Hansestadt R. (Amt zur Regelung offener Vermögensfragen als untere Landesbehörde) vom 07.12.1992 wurde das Eigentum an den Grundstücken, Grundbuch von R.-S., Gemarkung K., Flur 1, Flurstück 234, Flur 2, Flurstücke 30/5, 55, 57/3, 67, 70/1 sowie der Flur 3, Flurstücke 16/1, 34, 49/1 und 81/1 an den Beklagten zu 1) rückübertragen. Am 01.04.1993 wurde zunächst der Beklagte zu 1); am 12.12.1997 sodann die Beklagten je zur Hälfte als Eigentümer der Flächen im Grundbuch eingetragen.

3

Mit notariellem Kaufvertrag vom 07.07.1994 verkaufte der Beklagte zu 1) als damaliger Alleineigentümer das Grundstück Gemarkung K. Flur 2, Flurstück 55 mit einer Größe von 53.503 m² als Teilstück der streitgegenständlichen Gesamtflächen an einen Dritten (Anlage K 13, Bl. 65 Bd I d. A.). Die Klägerin übte hinsichtlich dieses Verkaufes ihr Vorkaufsrecht gemäß § 3 BauGB-MaßnG aus und ließ sich dieses durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung sichern. In Vollziehung der Ausübung des Vorkaufsrechtes zahlte die Klägerin einen Betrag von 100.000,00 DM an den Beklagten zu 1). Im Folgenden wurde der Vertrag nicht weiter umgesetzt. Insbesondere wurde kein weiterer Kaufpreis gezahlt und die Klägerin nicht als Eigentümerin der Flächen im Grundbuch eingetragen.

4

Am 14.05.1996 legte der Oberbürgermeister der Hansestadt R. gegen den Bescheid vom 07.12.1992, mit welchem die streitgegenständlichen Grundstücke an den Beklagten zu 1) rückübertragen worden waren, Widerspruch ein. Am 09.03.2007 wurde der Bescheid vom 07.12.1992, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die dagegen gerichtete Klage des Beklagten zu 1) wurde vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 03.03.2011 abgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27.11.2011 zurückgewiesen. Daraufhin stellte das nunmehr zuständige Bundesamt für Zentrale Dienste und offene Vermögensfragen in zwei Bescheiden vom 20.09.2011 die Restitutionsberechtigung der Klägerin hinsichtlich der Grundstücke Grundbuch von R.-S., Gemarkung K., Flur 2, Flurstücke 30/5, 55, 57/3, 67, 70/1 sowie der Flur 3, Flurstücke 16/1, 34, 49/1 und 81/1 fest. Da die Beklagten die streitgegenständlichen Flurstücke Grundbuch von R.-S., Gemarkung K., Flur 2, Flurstücke 30/5, 55, 57/3, 67, 70/1 zwischenzeitlich, nämlich mit Notarvertrag vom 23.10.1998 zu einem Kaufpreis von insgesamt 1.581.374,00 DM (808.544,00 €) an die WIRO Wohnen in R. Wohnungsgesellschaft mbH, die Fa. B. B. C. Gesellschaft für P. mbH und die Fa. B. „K.“ mbH verkauft hatten, wurde in den Bescheiden vom 20.09.2011 gleichzeitig festgestellt, dass eine Naturalrestitution ausgeschlossen sei.

5

Vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages über den Weiterverkauf am 23.10.1998 fand am 11.08.1998 in den Räumen der Klägerin ein Gespräch statt, an dem auch die Beklagten teilnahmen. Inhalt dieses Gesprächs war unter anderem das Vorkaufsrecht der Klägerin an den in Rede stehenden Grundstücken, das diese hinsichtlich des Kaufvertrages vom 07.07.1994 ausgeübt hatte. Eine über dieses Gespräch angefertigte Gesprächsnotiz lautet im Übrigen wie folgt (Anlage B 2, Bd. I Bl. 146 d. A.):

6

„Weiterhin bat Herr E. darum, dass der Widerspruch der HRO nicht vor Unterzeichnung des Vertrages zurückgenommen werde. Auch dies wurde zugesagt. ... Herr M. prüft kurzfristig, ob die Erfolgsaussichten des Widerspruchs so gering seien, dass eine Rücknahme des Widerspruchs gerechtfertigt ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist durch 62 eine Entscheidung zu treffen.“

7

Der Kaufvertrag wies als Verkäufer die Beklagten sowie als Veräußerer zu 3) die Hansestadt R. aus, die durch Herrn W. M. als vollmachtloser Vertreter vertreten wurde. Unter Berücksichtigung des durch die Klägerin ausgeübten Vorkaufsrechtes hinsichtlich des Kaufvertrages vom 07.07.1994 wurden in Teil I des Kaufvertrages besondere Regelungen, überschrieben mit „Änderungsvertrag“, getroffen:

8

Ziffer 4 von Teil I „Änderungsvertrag“ lautet wie folgt:

9

„Es wird die Auflassung noch einmal wie folgt erklärt: Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind sich darüber einig, daß das Eigentum an dem im Grundbuch von R. Blatt 4274 verzeichnete Grundstück der Gemarkung K., Flur 2, Flurstück 55 in einer Größe von 53.503 m² auf die Hansestadt R. übergehen soll und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch. Die Hansestadt R. verzichtet auf ihre Voreintragung im Grundbuch.“

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Im Folgenden änderten die Vertragsparteien in Ziffer 6 von Teil I des Vertrages die Höhe des Kaufpreises aus dem Vertrag vom 07.07.1994. Die vom Vorkaufsrecht erfassten Flächen wurden zu einem Kaufpreis von 909.551,00 DM, die übrigen Flächen zu einem Kaufpreis von 671.823,00 DM verkauft. Der Kaufpreis von insgesamt 1.481.374,00 DM sollte je zur Hälfte an die Verkäufer gezahlt werden. Die von der Klägerin in Ausübung ihres Vorkaufsrechtes gezahlten 100.000,00 DM sollte der Käufer an die Klägerin zahlen.

11

Der Kaufvertrag enthielt in Teil III Ziffer 5 des Weiteren folgende Erklärung:

12

„Die Verkäufer sichern ausdrücklich zu, dass ihnen nichts darüber bekannt ist, dass hinsichtlich der Grundstücke Anträge nach der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche gestellt sind...“

13

Die Klägerin genehmigte am 04.11.1998 die von Herrn M. in der notariellen Urkunde abgegebenen Erklärungen (Anlage B 3).

14

Nachdem das Bundesamt für Zentrale Dienste und offene Vermögensfragen in zwei Bescheiden vom 20.09.2011 die Restitutionsberechtigung der Klägerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke festgestellt hatte, forderte die Klägerin mit Schreiben vom 02.04.2012 von den Beklagten die Herausgabe des erlangten Kaufpreises in Höhe von jeweils 404.272,00 € bis zum 02.05.2012.

15

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagten seien rechtsgrundlos bereichert. Den Beklagten sei zum Zeitpunkt des Verkaufes bekannt gewesen, dass ein Widerspruch gegen den Rückübertragungsbescheid vom 07.12.1992 eingelegt worden war. Auf eine Entreicherung könnten sich die Beklagten deshalb nicht berufen.

16

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

17

die Beklagten zu verurteilen, an sie jeweils einen Betrag in Höhe von 404.272,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.05.2012 zu zahlen.

18

Die Beklagten haben jeweils beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Sie haben erstinstanzlich vorgetragen, die Klägerin habe seinerzeit an dem Verkauf der Grundstücke aktiv mitgewirkt und zugesagt, den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.12.1992 zurückzunehmen. Dies ergebe sich aus der Gesprächsnotiz vom 11.08.1998. Der Grundstücksverkauf wäre für die Beklagten zu unsicher gewesen, wenn die Klägerin diese Erklärung nicht abgegeben hätte. Die Kaufinteressenten seien darüber informiert worden, dass die Klägerin beabsichtige, den Widerspruch zurückzunehmen. Dass die Klägerin den Widerspruch später nicht zurückgenommen habe, verletze den Grundsatz von Treu und Glauben.

21

Einem Anspruch der Klägerin stehe die Regelung des § 816 Abs. 1 S. 1 i.V.m Abs. 2 S.2 BGB entgegen. Es handele sich dabei um einen Kondiktionsausschlussgrund, der dann gegeben sei, wenn einerseits die Gutgläubigkeit des Erwerbers, hier der Fa. B. B., vorgelegen habe und andererseits die Verkäufer, die Beklagten bei Verkauf der Flächen rechtmäßig gehandelt hätten. Da die Klägerin den Verkauf der Flächen im Nachhinein auch genehmigt habe, könne sie sich auf den späteren Wegfall des Rechtsgrundes durch die Rücknahme des Bescheides nicht berufen. Im Übrigen berufen sich beide Beklagte auf eine Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB.

22

Der Beklagte zu 1) hat darüber hinaus vorgetragen, die Klage sei bereits nicht schlüssig, da sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht ergebe, welche Grundstücke aufgrund des Antrages vom 31.07.1973 durch Mitteilung vom 09.08.1973 in Eigentum des Volkes hätten umgeschrieben werden sollen. Die Klägerin hätte bereits im Jahre 1994, als sie ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe, in rechtlicher Hinsicht einschreiten müssen und ihre vermeintlichen Ansprüche klar hervorheben und sichern müssen. Die Klägerin habe dann abredewidrig und mit täuschender Absicht gegenüber den Beklagten ohne deren Wissen Widerspruch gegen die Rückübertragungsbescheide eingelegt, ohne den Beklagten gegenüber darauf zu bestehen, dass der gezahlte Kaufpreis auf einem Notaranderkonto verbleibe, bis die von ihr eingeleiteten gerichtlichen Verfahren beendet sind. Die Klägerin habe einen Vertrauenstatbestand aufgebaut, in dem sie in der Urkunde vom 09.05.1995, durch welchen der Kaufvertrag von 07.07.1994 abgeändert worden sei, die Zahlung auf ein Notaranderkonto nicht mehr vorgesehen habe, obwohl dies in dem abzuändernden Vertrag so vorgesehen gewesen sei. Der Klägerin hätte es freigestanden, in den Kaufvertrag Regelungen aufzunehmen, die der damaligen Lage der Bearbeitung der Grundstücksangelegenheit Genüge getan hätten. Die Klägerin habe die zurückübertragenen Grundstücke mit Wissen, auf Wunsch und Veranlassung und unter Förderung der Klägerin an eine Tochtergesellschaft der Klägerin veräußert, die durch den Weiterverkauf der Grundstücke nach Parzellierung einen deutlich höheren Veräußerungserlös erzielt habe, den sie sich auf etwaige Ansprüche anrechnen lassen müsse.

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Der Beklagte zu 2) hat darüber hinaus vorgetragen, er sei wie folgt entreichert:

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Für die Sanierung des Einfamilienhauses habe er 95.000,00 €, für den Bau eines Regenwasserauffangbehälters 16.000,00 €, für die Errichtung eines Grillofens 18.000,00 € und für den Bau von 2 Garagen und 2 Carports 22.000,00 € verbraucht. Durch den Verfall von Wertpapieren, in denen er einen Betrag von insgesamt 173.839,24 € angelegt habe, sei ihm ein Verlust von 87.191,96 € entstanden. Darüber hinaus habe er zwei Darlehen in Höhe von 83.140,00 € und 44.000,00 € vergeben, die nicht zurückgezahlt werden könnten. Insgesamt sei somit ein Verlust von 365.331,95 € eingetreten. Des Weiteren habe er weitere Darlehen über 170.000,00 € vergeben, die zwar gekündigt werden könnten, bei denen jedoch eine Rückzahlung nicht zu erwarten sei. Der Beklagte zu 2) habe seinerseits einen Anspruch gegen die Klägerin auf Schadenersatz in Höhe von 8.410,57 € in Gestalt von Verfahrenskosten, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (Az.: 6 A 478/07) entstanden seien. Der Beklagte zu 2) könne einen Schadensersatzanspruch als Vertrauensschaden geltend machen, da die Klägerin den Widerspruch gegen den Rückübertragungsbescheid nicht - wie versprochen - zurückgenommen habe.

25

Nachdem die Parteien zunächst in einem Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges gestritten hatten, hat das Landgericht Rostock mit Zwischenurteil vom 29.11.2013 entschieden, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten wies der Senat mit Beschluss vom 06.10.2014 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück.

26

Im weiteren Verfahren hat das Landgericht Rostock der Klage mit Schlussurteil vom 19.06.2015 in vollem Umfang stattgegeben.

27

Das Landgericht hat angenommen, dass die Beklagten die streitgegenständlichen Grundstücke zu Unrecht erlangt hätten, weil der Bescheid des Oberbürgermeisters der Hansestadt R. (Amt zur Regelung offener Vermögensfragen) vom 07.12.1992 rechtswidrig gewesen sei und deshalb der Rücknahmebescheid vom 09.03.2007 rechtmäßig erlassen worden sei. Die Beklagten hätten keinen Anspruch auf Rückübertragung der streitgegenständlichen Grundstücke und seien demgemäß zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Auf eine Entreicherung könnten sich die Beklagten nicht berufen, da die Voraussetzungen von § 819 BGB vorlägen. Den Beklagten sei bei Abschluss des Vertrages unstreitig bekannt gewesen, dass die Klägerin gegen den Rückübertragungsbescheid vom 07.12.1992 Widerspruch eingelegt habe. Sie hätten damit rechnen müssen, dass der Widerspruch Erfolg haben und der Rückübertragungsbescheid zurückgenommen werden könnte.

28

Im Übrigen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Schlussurteils des Landgerichts Rostock vom 19.06.2015 Bezug genommen.

29

Die Beklagten verfolgen mit der Berufung ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter und haben dazu ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt.

30

Der Beklagte zu 2) trägt vor, die Klägerin sei an dem Verkauf der Ackerflächen im Jahre 1998 selbst interessiert gewesen und habe den Beklagten im Zuge der Verkaufsverhandlungen erklärt, dass sie den Widerspruch vom 14.05.1996 gegen den Bescheid vom 07.12.1992 zurücknehmen werde. Ohne diese Erklärung hätten sich die Beklagten nicht entschieden, die Ackerflächen zu verkaufen. Die Kaufinteressenten seien von den Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Verkauf davon abhänge, ob die Klägerin den Widerspruchsbescheid vom 07.12.1992 zurücknehme. In dem Gespräch vom 11.08.1998 habe die Leiterin des Liegenschaftsamtes, Frau S. K. erklärt, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.12.1992 zurückgenommen werde, und dass der Notarvertrag zum Verkauf der Flächen vorbereitet werden könne. Damit habe die Klägerin sowohl an der Vorbereitung als auch am Verkauf der Ackerflächen aktiv mitgewirkt, so dass die Beklagten keine Bedenken bei Abschluss des Notarvertrages haben mussten.

31

In Vorbereitung der notariellen Beurkundung hätten die Beklagten Einsicht in das Grundbuch genommen und festgestellt, dass sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit dem Widerspruch nicht mehr in den Grundbuchunterlagen vorhanden gewesen seien und das Grundbuch für den beabsichtigten Verkauf durch die Klägerin entsprechend vorbereitet worden sei. Erst daraufhin sei es am 20.10.1998 zur Beurkundung des Grundstückskaufvertrages gekommen. Obwohl die Klägerin hinsichtlich des Vertrages vom 07.07.1994 ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe, habe sie auf die Voreintragung als Eigentümerin verzichtet, so dass die im Grundbuch bezeichneten Flächen dann direkt an die Fa. B. B. verkauft worden seien. Das Landgericht habe verkannt, dass die Klägerin bei der Weiterveräußerung der Ackerflächen als Inhaberin des Vorkaufsrechtes mitgewirkt habe.

32

Das Landgericht habe den Sachverhalt ungenügend aufgeklärt (§ 546 ZPO). Die Entreicherungseinrede nach § 818 Abs. 3 BGB sei ohne Schaffung von Beweisstoff verworfen worden. Die Annahme einer verschärften Haftung nach § 819 BGB sei ohne Sachaufklärung und demzufolge unbegründet erfolgt.

33

Das Landgericht habe nicht geklärt, welche Alternative des § 812 BGB als Grundlage für den Anspruch der Klägerin in Betracht zu ziehen sei. Die Vermögensverschiebung zu Gunsten der Beklagten sei nicht durch die Klägerin eingetreten, sondern durch einen Dritten, nämlich die Käuferin der Grundstücke. Die Bereicherung, auf die der Herausgabeanspruch der Klägerin gestützt werde, müsse aber auf Kosten des Entreicherten eingetreten sein. Im Ergebnis scheitere der Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB an der Tatsache, dass die Vermögensverschiebung zu Gunsten der Beklagten nicht unmittelbar zwischen der Klägerin und den Beklagten stattgefunden habe.

34

Außerdem stehe dem Anspruch der Klägerin deren Kenntnis der Nichtschuld bzw. der Anstands- und Sittenpflicht entgegen, da die Klägerin in der Absicht am Kaufvertrag mitgewirkt habe, diesen durch Weiterverfolgung ihres Widerspruchs zur Unwirksamkeit zu bringen (§ 814 BGB). Die Klägerin habe die Beklagten und die Käuferin darin getäuscht, dass das Rechtsgeschäft dauerhaft Bestand habe. Die Beklagten hätten darauf vertraut, den Kaufpreis behalten zu können. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei die Annahme einer verschärften Haftung der Beklagten im Sinne des § 819 BGB fehlerhaft.

35

Schließlich habe das Landgericht sich mit der Tatsache auseinandersetzen müssen, dass die Klägerin 100.000,00 DM an den Beklagten zu 1) gezahlt habe, als sie von ihrem Vorkaufsrecht in Bezug auf den Kaufvertrag Gebrauch gemacht habe. Dieser Betrag sei im Kaufpreis, den die Beklagten erhalten hätten, mit berücksichtigt worden, so dass das vermeintliche Rückforderungsrecht der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 2) nach Umrechnung von DM auf € nicht 404.272,00 €, sondern, falls die Forderung berechtigt sei, 353.142,80 € betragen würde.

36

Der Beklagte zu 1) hat sich hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung den Ausführungen des Beklagten zu 2) angeschlossen und sich im Übrigen die Ausführungen zu Eigen gemacht. Er führt aus, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen nicht „Berechtigte“ im Sinne des § 816 BGB gewesen sei. Dies werde durch die Darstellungen des Beklagten zu 2) zur aktiven Mitwirkung der Klägerin an der Veräußerung der streitgegenständlichen Grundstücke deutlich. Unzutreffender Weise habe das Landgericht eine Beweisaufnahme von Anfang an nicht in Erwägung gezogen, was eine Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO darstelle. Den Beweisanträgen hinsichtlich der Entreicherung sei das Gericht in rechtsverletzender Weise nicht nachgegangen. Unzutreffender Weise habe das Landgericht auf § 819 Abs. 1 BGB abgestellt. Die Beklagten hätten keinerlei Anhaltspunkte oder Hinweise auf eine etwaige streitige Eigentümerstellung ihrerseits auch nur ansatzweise erkennen können. Aus einem erkennbar extrem verspäteten Widerspruch, der im Übrigen ein Insichgeschäft darstellte, hätten die Beklagten nicht entnehmen müssen, dass ihre Eigentümerstellung gefährdet gewesen sei. Dass Jahre später, nämlich 2011, durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der vorliegenden Weise beurteilt würde, hätten die Beklagten nicht erwarten können. Die Klägerin habe im Übrigen die Voraussetzungen der verschärften Haftung gemäß § 819 BGB nicht bewiesen. Im vorliegenden Verfahren sei es allein die Klägerin, die gewusst habe, dass der Kaufpreis, den die Beklagten erhalten hatten, ggf. zurückzufordern sein würde. Das Vorgehen der Klägerin verstoße deshalb gegen § 242 BGB.

37

Die Beklagten haben beantragt,

38

das Urteil des Landgerichts Rostock vom 19.06.2015 - Az.: 9 O 592/12 (3) - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

39

Die Klägerin hat beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

41

Die Klägerin trägt vor, aus der Aktennotiz vom 11.08.1998 ergebe sich, dass sie vor Abschluss des Kaufvertrages vom 23.10.1998 gerade nicht erklärt habe, sie werde den Widerspruch gegen den Restitutionsbescheid zugunsten der Beklagten zurücknehmen. Ihre Mitwirkung an dem Kaufvertrag ergebe sich aus der Ausübung des Vorkaufsrechtes und Zahlung des Teilkaufpreises, berühre jedoch nicht die fehlende Berechtigung der Beklagten i.S.d. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB.

II.

1.

42

Gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen keine Bedenken, insbesondere wurde sie gemäß §§ 516, 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt.

2.

43

Die Berufung ist nicht begründet. Zutreffend hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß zur Herausgabe des aus dem Verkauf der streitgegenständlichen Flächen Erlangten verurteilt.

A)

44

Die Beklagten haben über die streitgegenständlichen Grundstücke, Grundbuch von R.-S., Gemarkung K., Flur 2, Flurstücke 30/5, 55, 57/3, 67, 70/1 als Nichtberechtigte i.S.d. § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB verfügt, denn sie waren weder Eigentümer der Grundstücke, noch hatten sie aus anderen Gründen Verfügungsmacht über diese Vermögensgegenstände.

45

Die Beklagten haben über die genannten Grundstücke in einer Weise verfügt, die der Klägerin als Berechtigte im Sinne des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber wirksam war. Die Verfügung liegt in dem notariellen Kaufvertrag, in dessen Vollziehung die Erwerber, nämlich die W. Wohnen in R. Wohnungsgesellschaft mbH, die Fa. B. B. C. Gesellschaft für Projektentwicklung mbH und die Fa. B. „K.“ mbH, das Eigentum an den streitgegenständlichen Grundstücken erlangt haben. Auf die Frage, welche Grundstücke aufgrund des Antrages vom 31.07.1973 durch Mitteilung vom 09.08.1973 in Eigentum des Volkes umgeschrieben wurden, kommt es dabei nicht an.

46

Die Beklagten handelten bei dem Verkauf der Grundstücke als Nichtberechtigte, da ihre grundbuchrechtlich legitimierte Eigentümerstellung durch die Aufhebung des Rückübertragungsbescheides vom 07.12.1992 durch Bescheid des zuständigen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Mecklenburg-Vorpommern vom 09.03.2007, rechtskräftig seit dem 27.07.2011, (rückwirkend) weggefallen ist. Bezüglich des Beklagten zu 1) galt der Bescheid unmittelbar. Gleichzeitig verlor damit die Eigentümerstellung des Beklagten zu 2) ihre Grundlage, da der Beklagte zu 1) als Nichteigentümer dem Beklagten zu 2) kein (hälftiges) Eigentum an den Grundstücken verschaffen konnte. Die Eigentümerstellung des Beklagten zu 2) wurde erst mit Eintragung im Grundbuch am 12.12.1997 begründet, mithin nach Ausübung von Vorkaufsrechten der Klägerin hinsichtlich des Vertrages vom 07.07.1994 und nach Einlegung des Widerspruches der Klägerin am 14.05.1996. Aufgrund der geschäftlichen Beziehungen der Beklagten und des Umstandes, dass beide überein gekommen waren, Rückübertragungsansprüche hälftig aufzuteilen, hat der Senat keinen Anlass anzunehmen, der Beklagte zu 2) habe bei Eintragung als Eigentümer keine Kenntnis von dem Widerspruchsverfahren gehabt. Eine Gutgläubigkeit des Beklagten zu 2) wird, soweit sie angesichts der zur Sicherung des Vorkaufsrechtes eingetragenen Auflassungsvormerkung überhaupt noch gegeben sein konnte, denn auch nicht behauptet.

47

Ohne Eigentümer zu sein, konnten die Beklagten die Grundstücke nicht als Berechtigte verkaufen. Die Nichtberechtigung der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin wird durch die Mitwirkung der Klägerin an dem Kaufvertrag vom 23.10.1998 nicht beseitigt. Die Notwendigkeit der Beteiligung an dem Kaufvertrag ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin ihr Vorkaufsrecht gemäß § 3 BauGB-MaßnG bereits hinsichtlich des notariellen Kaufvertrages vom 07.07.1994 ausgeübt hatte und dieses durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung gesichert war. Die Mitwirkung der Klägerin an dem Kaufvertrag bezog sich allein auf die Verfügung über die durch Ausübung des Vorkaufsrechtes gesicherten Rechte und die Rückzahlung des in Ausübung des Vorkaufsrechtes bereits von der Klägerin gezahlten Kaufpreises in Höhe von 100.000,00 DM. Die Genehmigung des Kaufvertrages durch die Klägerin wurde dementsprechend auch nur bezüglich dieser Mitwirkung erteilt.Die Genehmigung hat keinen Erklärungsinhalt hinsichtlich einer Berechtigung der Beklagten zum Verkauf der Grundstücke i.S.d. § 816 Abs. 1 S.1 BGB. Dies folgt auch schon daraus, dass erst die Rückwirkung der rechtskräftigen bzw. bestandskräftigen, verwaltungsgerichtlichen bzw. verwaltungsbehördlichen Entscheidungen dazu führte, dass die Klägerin Berechtigte und die Beklagten Nichtberechtigte im Sinne von § 816 Abs. 1 BGB waren. Die Bezeichnung der Klägerin im Kaufvertrag vom 23.10.1998 als „weiterer Veräußerer“ ist insoweit nur in einem rechtsuntechnischen Sinne zu verstehen, denn die Klägerin hat nicht veräußert.

48

Die Verfügung der Beklagten ist gegenüber der Klägerin wirksam, weil die Erwerber das Eigentum an den Grundstücken im Hinblick auf § 892 Abs. 1 BGB gutgläubig erworben haben. Die Klägerin war ihrerseits Berechtigte i.S.d. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB, da ihre Restitutionsberechtigung hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke, Grundbuch von R.-S., Gemarkung K., Flur 2, Flurstücke 30/5, 55, 57/3, 67, 70/1 durch Bescheid des insoweit zuständigen Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 20.09.2011 festgestellt worden ist. Inhalt des Restitutionsanspruches war die Übertragung des Eigentums an den streitgegenständlichen Grundstücken auf die Klägerin. Eine Durchsetzung des auf die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch gerichteten Restitutionsanspruches scheiterte allerdings an der wirksamen Eigentumsübertragung an die gutgläubigen Erwerber aus dem Kaufvertrag vom 23.10.1998. Dementsprechend hatte das zuständige Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen in dem Bescheid vom 20.9.2011 in Ziff. 2 der Entscheidung festgestellt, dass eine Naturalrestitution ausgeschlossen ist. Der Umstand, dass die Restitutionsberechtigung der Klägerin erst mit dem Bescheid vom 20.09.2011 begründet wurde, ändert insoweit nichts.

49

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Herausgabe des Verkaufserlöses. Die Vorschrift des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB dient dem Schutz des Eigentums und soll den Eigentümer für den Verlust der Sache dadurch entschädigen, dass er auf alle Fälle das erhält, was der über den Gegenstand verfügende Nichtberechtigte erlangt hat (BGH, Urteil vom 27.03.1969 - VII ZR 165/66 -, BGHZ 52, 39ff, 44). An die Stelle des Eigentumsherausgabeanspruchs nach § 985 BGB tritt der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 816 Abs. 1 BGB. Der Anspruch besteht in beantragter Höhe und die Beklagten sind verpflichtet, den jeweils hälftig erlangten Verkaufserlös herauszugeben. Für die Grundstücke wurde ein Kaufpreis von insgesamt 1.581.374,00 DM (808.544,00 €) an die Beklagten gezahlt, so dass jeder der Beklagten 404.272,00 € zurückzuzahlen hat.

50

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1) von der Klägerin zunächst 100.000,00 DM erhalten hat, als diese ihr Vorkaufsrecht ausgeübt hat und in den Kaufvertrag vom 07.07.1994 über das Flurstück 55 eingetreten ist. Erst danach waren die Beklagten als gemeinsame Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden und traten in dem Kaufvertrag vom 23.10.1998 als gemeinsame Verkäufer und Eigentümer der Grundstücke auf.

51

Die Klägerin hat mit der Klage behauptet, jeder der Beklagten habe tatsächlich 404.272,00 € erlangt. Die Beklagten haben dies nicht bestritten. Der Beklagte zu 1) hat insoweit vielmehr vorgetragen, beide Beklagte hätten rund 400.000,00 € erhalten. Der Beklagte zu 2) hat lediglich vorgetragen, es habe die den Verträgen zu entnehmende Zahlung von 100.000,00 DM an den Beklagten zu 1) gegeben. Im Kaufvertrag vom 23.10.1998 wurde in Teil III Ziff. 3 jedoch geregelt, dass der Kaufpreis an beide Beklagten je zur Hälfte zu zahlen ist. Der Senat hat keinen Anlass davon auszugehen, dass die Beklagten keinen Ausgleich im Innenverhältnis vorgenommen haben. Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, wäre der Beklagte zu 2) insoweit auf seinen Ausgleichsanspruch aus Teil III Ziff. 3 Kaufvertrag vom 23.10.1998 gegen den Beklagten zu 1) zu verweisen.

B)

52

Die Klägerin ist an der Durchsetzung ihres Rechtes aus § 816 Abs. 1 BGB nicht aus Rechtsgründen gehindert.

53

Die §§ 814, 815 und 817 BGB hindern den Anspruch der Klägerin nach § 816 Abs. 1 BGB entgegen der Auffassung der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Insbesondere geht der Hinweis der Beklagten auf § 814 BGB fehl, da die Vorschrift nur die Leistungskondiktion in Form des § 812 Absatz 1 Satz 1 (1. Alt.) BGB betrifft, die hier nicht Grundlage des Anspruchs ist (vgl. zum Ganzen nur BGH, Urteil vom 31.05.1994 - VI ZR 12/94 -, juris; BGH, Urteil vom 21.06.2005 - XI ZR 152/04 -, juris; Staudinger/Stephan Lorenz (2007) BGB § 814 Rn 3).

54

Die Klägerin ist an der Ausübung ihrer Rechte auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehindert. Die Klägerin hat sich entgegen der Ausführungen der Beklagten durch die Art und Weise ihrer Mitwirkung an dem Kaufvertrag vom 23.10.1998 nicht widersprüchlich im Sinne eines Rechtsmissbrauches verhalten. Unstreitig hatte die Klägerin einen Widerspruch gegen den Rückübertragungsbescheid aufgrund eigener Restitutionsansprüche eingelegt und diesen nicht zurückgenommen. Beides war den Beklagten bekannt. Die Beteiligung an dem Kaufvertrag vom 23.10.1998 resultiert aus der Ausübung eines Vorkaufsrechtes der Klägerin gemäß § 3 BauGB-MaßnG hinsichtlich des Vertrages aus dem Jahre 1994. Sowohl bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes im Jahre 1994 als auch der Geltendmachung eigener Restitutionsansprüche durch Einlegung des Widerspruches im Jahre 1996 war die Klägerin aufgrund kommunalen Haushaltsrechtes gebunden. Sie verhält sich deshalb nicht widersprüchlich, wenn sie beide Rechte, die einen völlig verschiedenen Rechtsgrund haben, entsprechend dieser Bindung ausübt.

55

Selbst wenn ein widersprüchliches Verhalten vorläge, käme Rechtsmissbrauch nur dann in Betracht, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden wäre oder besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen ließen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 242 Rn. 55 ff.; siehe auch Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB (2009), § 242 Rn. 286 ff.). Die Klägerin hat jedoch keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass sie auf eine Restitution der Grundstücke auf sich selbst verzichten werde. Eine Zusage, den Widerspruch zurückzunehmen enthält die Gesprächsnotiz vom 11.08.1998 gerade nicht. Vielmehr wird eine Rücknahme von einer Prüfung der Erfolgsaussichten des Widerspruches abhängig gemacht. Eine wirksame Zusage im Sinne des § 38 VwVfG M-V, die geeignet wäre, für ihren Inhaber einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf das zugesagte Verhalten zu begründen - hier die Rücknahme des Widerspruches - behaupten die Beklagten auch nicht, da diese nur schriftlich erteilt werden kann, was hier unstreitig nicht der Fall war (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 38 Rn. 6).

56

Selbst wenn ein Mitarbeiter der Klägerin jedoch eine Aussage dahingehend gemacht haben sollte, der Widerspruch werde zurückgenommen, so konnten die Beklagten bei Beurkundung des Kaufvertrages am 20.10.1998 erkennen, dass dieser eventuellen „Zusage“ nicht Folge geleistet worden ist und ein eventuelles Vertrauen nicht gerechtfertigt war, denn der Widerspruch war noch nicht zurückgenommen worden. Die behauptete Entfernung von Unterlagen zum Widerspruchsverfahren aus dem Grundbuch und Vorbereitung des Grundbuches ist insoweit unerheblich, da das Grundbuch für einen Verkauf schlicht nicht vorbereitet werden muss.

57

In dem Verhalten der Klägerin liegt auch kein "unlösbarer Widerspruch", der ihr Verhalten ausnahmsweise unabhängig von einem Vertrauenstatbestand als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe (vgl. BGH, Urteile vom 20.03.1986 - III ZR 236/84, NJW 1986, 2104, 2107; vom 20.09.1995 - VIII ZR 52/94, BGHZ 130, 371, 375 m.w.N; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 242 Rn. 59; Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB (2009), § 242 Rn. 298 ff.; MünchKomm/Roth/Schubert, BGB 6. Aufl., § 242 Rn. 319 ff.). Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht daraus, dass die Klägerin keine rechtlichen Vorkehrungen getroffen hat, dass der Verkaufserlös nicht an die Beklagten ausgezahlt wird, sondern gegebenenfalls auf einem Notaranderkonto verbleibt. Die Klägerin war nicht gehalten, die Folgen eines erfolgreichen Widerspruches zu Gunsten der Beklagten zu beeinflussen. Es lag allein im Risikobereich der Beklagten als Verkäufer, Vorkehrungen für das Scheitern des eigenen Restitutionsanspruches und die daraus entstehenden Rechtsfolgen zu treffen.

58

Die im notariellen Kaufvertrag vom 20.10.1998 enthaltene Erklärung, mit der die Verkäufer zusichern, ihnen seien hinsichtlich der Grundstücke keine Anträge nach der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche bekannt, ist eine Erklärung der Beklagten, da nur diese Verkäufer des Grundstücks waren. Die Erklärung berührt auch nicht das Verhältnis der Parteien, denen die Restitutionsproblematik bekannt war und wäre im Übrigen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet, dem Anspruch aus § 816 Abs. 1 BGB entgegenzustehen.

C)

59

Den Beklagten ist ein Berufen auf eine Entreicherung im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB gemäß § 819 BGB versagt.

60

Zutreffend hat das Landgericht eine verschärfte Haftung nach § 819 BGB angenommen, denn die Beklagten hatten zum Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrages über die Grundstücke Kenntnis von dem Widerspruch gegen den Rückübertragungsbescheid. Die Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB sind dann erfüllt, wenn der Empfängers positive Kenntnis von den relevanten Tatsachen und den rechtlichen Folgen besitzt (Staudinger/Stephan Lorenz (2007) BGB § 819, Rn 6). Die Beklagten wussten vorliegend, dass ihre Eigentümerstellung bestritten war und sich dies in einer Aufhebung des Restitutionsbescheides vom 07.12.1992 realisieren kann. Gerade aus diesem Grund wurde die Problematik der Rücknahme des Bescheides ausweislich der Gesprächsnotiz vom 11.08.1998 zwischen Vertretern der Klägerin und den Beklagten vor dem Verkauf erörtert. Die Beklagten selbst haben dazu vorgetragen, ohne diese Aussicht auf Rücknahme des Widerspruches durch die Klägerin hätten sie sich nicht entschieden, die Ackerflächen zu verkaufen.

61

Der Beklagte zu 2) hat für eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB im Übrigen auf Darlehen in Höhe von insgesamt 70.000,00 € verwiesen, die erst nach Rücknahme des Restitutionsbescheides gegenüber den Beklagten und während des insoweit betriebenen Rechtsstreites vor den Verwaltungsgerichten ausgegeben wurden.

D)

62

Der Beklagte zu 2) kann dem Anspruch der Klägerin des Weiteren keinen eigenen auf Schadensersatz in Höhe von 8.410,57 € gerichteten Anspruch aus Verfahrenskosten in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (Az.: 6 A 478/07) entgegenhalten. Unabhängig davon, dass der Beklagte zu 2) insoweit schon keine Aufrechnungserklärung abgegeben hat, besteht ein solcher Anspruch nicht, weil die Klägerin, wie dargestellt, kein schützenswertes Vertrauen des Beklagten zu 2) verletzt hat.

63

Der weitere Vortrag der Beklagten, nach dem die Klägerin durch den Weiterverkauf der Grundstücke nach Parzellierung einen deutlich höheren Veräußerungserlös erzielt habe, ist offensichtlich nicht geeignet, einen Gegenanspruch der Beklagten zu begründen oder den Anspruch der Klägerin auf andere Weise zu schmälern.

64

Die Schriftsätze des Beklagten zu 2) vom 14.03.2017 und des Beklagten zu 1) vom 15.03.2017 geben keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

3.

65

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

66

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

67

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 47, 48 GKG. Die Klageforderungen gegenüber den beiden Beklagten waren zu addieren, da sie keine Gesamtgläubiger sind (§ 428 BGB). Legen mehrere Streitgenossen, die keine Gesamtgläubiger oder Gesamtschuldner sind, gegen das sie beschwerende Urteil Rechtsmittel ein, so werden für den Streitwert die auf die einzelnen Streitgenossen entfallenden Werte zusammengerechnet (BAG, Urteil vom 31.01.1984 - 1 AZR 174/81 -, NZA 1984, 167; BGH, Urteil vom 18.02.1957 - II ZR 287/54 -, BGHZ 23, 333ff; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort "Streitgenossen", § 5 Rn. 6, Zöller/Vollkommer, a.a.O. § 61 Rn. 9, Zöller/Heßler, a.a.O. § 511 Rn. 26.).

68

Gründe, die Revision zuzulassen, sieht der Senat nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

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