Urteil vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (14. Senat) - 14 LB 1/15

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 17. Kammer - vom 6. August 2014 geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Beklagte wendet sich gegen die Aberkennung seines Ruhegehaltes.

2

Der im … 1942 in … geborene Beklagte studierte in der Zeit von 1962 bis 1966 Rechtswissenschaften, Soziologie und Volkswirtschaftslehre an der …-Universität zu … . Im Jahre 1966 legte er das 1. juristische Staatsexamen ab. Nach erfolgreicher Promotion absolvierte er im Jahre 1970 die 2. juristische Staatsprüfung. In der Folgezeit arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Universität … . Dort habilitierte er im Jahre 1974 und wurde am 5. Oktober 1974 zum Wissenschaftlichen Rat und Professor ernannt. Nach verschiedenen Lehrstuhlvertretungen und einem Ruf an die Universität … zum 1. Juli 1976 als ordentlicher Professor lehrte er vom 1. Oktober 1979 bis zu seiner Emeritierung im Oktober 2007 als ordentlicher Professor für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften an der …-Universität zu … . Bis Ende des Jahres 2001 war er darüber hinaus geschäftsführendes Vorstandsmitglied des …-Instituts für Verwaltungswissenschaften. Neben seiner Tätigkeit an der Universität arbeitete er umfangreich als Berater und Gutachter. Zu seinen Auftraggebern zählten in erster Linie Unternehmen aus der schleswig-holsteinischen Wirtschaft, aber auch Kommunen und sonstige Behörden auf Landes- und Bundesebene.

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Der Beklagte hat einen Adoptivsohn und drei leibliche Kinder. Seine im Jahre 1973 geborene Tochter, zu der der Beklagte ein sehr enges Verhältnis hatte, beging im Jahre 2004 Suizid. Er lebt mit seiner dritten Frau und seinem 17-jährigen Sohn in … . Der Beklagte hat monatliche Einnahmen in Höhe von rund 5.200,00 €, denen rund 3.600,00 € an Ausgaben gegenüberstehen.

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Der Beklagte ist neben den Straftaten, die Gegenstand der Disziplinarklage sind, strafrechtlich wie folgt vorbelastet:

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Mit Strafbefehl vom 3. Mai 1999 verhängte das Amtsgericht … (Az. … / …) gegen ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 200,00 DM.

6

Zudem verhängte das Amtsgericht … (Az. … / …) gegen den Beklagten mit Strafbefehl vom 2. Juni 2003 wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen, betreffend Steuerverkürzungen in den Jahren 1995 bis 1997 von insgesamt 139.237,00 DM, eine Gesamtgeldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 40,00 Euro.

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Nachdem der Kläger gegen den Beklagten mit Einleitungsverfügung vom 9. März 2005 sowie Ausdehnungsverfügungen vom 26. Juli 2005, vom 31. Oktober 2012 und 6. Februar 2013 ein Disziplinarverfahren eingeleitet hatte, beschränkt sich die Disziplinarklage nunmehr auf die Tatvorwürfe aus dem rechtskräftigen Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … vom 6. Juli 2010 - 9 KLs 4/09/ 545 Js 67451/07- (Tatvorwürfe, Seite 10 bis 17 der Klageschrift) sowie auf die darüber hinaus verbleibenden, indes von der Strafkammer eingestellten Vorwürfe aus den beiden Anklageschriften der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht … vom 30. November 2009 - 545 Js 67451/07 - (Seite 17 bis 25 der Klageschrift) und vom 16. Februar 2010 - 590 Js 23005/07- (Seite 25 bis 26 der Klageschrift).

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Beide Anklageschriften hatte die 9. Große Strafkammer des Landgerichts … durch Eröffnungs- und Verbindungsbeschluss vom 23. Juni 2010 zur Hauptverhandlung zugelassen und den Beklagten am 6. Juli 2010, rechtskräftig seit dem 14. Juli 2010, wegen Betruges in 38 Fällen sowie wegen Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagesätzen zu je 100,00 Euro verurteilt. Dem Urteil lag eine Verständigung zugrunde. Die darüber hinaus angeklagten 69 Betrugstaten sowie 9 Untreuehandlungen, die weiterhin Gegenstand des Disziplinarverfahrens geblieben sind, wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht … in der Hauptverhandlung am 6. Juli 2010 gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StPO eingestellt.

9

Dem Beklagten ist im Disziplinarverfahren Gelegenheit gegeben worden, sich zu den Tatvorwürfen zu äußern.

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Der Kläger hat am 28. Juni 2013 Disziplinarklage erhoben. Diese ist dem Beklagten am 2. Juli 2013 mit einer Einlassungsfrist von vier Wochen sowie unter Hinweis auf die in § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 55 Abs. 1 und 58 Abs. 2 BDG geregelten Fristen und die Folgen der Fristversäumnis zugestellt worden. Die Vorschriften sind bezeichnet und wörtlich wiedergegeben worden.

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Mit der Disziplinarklage hat der Kläger dem Beklagten vorgeworfen, in der Zeit vom 8. Dezember 2003 bis 27. Dezember 2006 einen Betrug in 107 Fällen, davon in zwei Fällen (Fälle 10 und 28 der Klageschrift, Seite 12 und 15) zulasten des Dienstherrn und in 105 Fällen (Fälle 1-69 der Klageschrift, Seite 17-25, Fälle 2-5, 7-9, 11-27, 29-31, 33-41 der Klageschrift, Seite 10-17) zulasten der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens, sowie eine Untreue in 12 Fällen (Fälle 1, 6 und 32 der Klageschrift, Seite 10f. und 15, Fälle 1-9 der Klageschrift, Seite 25-26) zulasten des Dienstherrn begangen und durch die Taten einen Schaden zulasten des Dienstherrn in Höhe von 73.727,03 Euro und zulasten der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens in Höhe von 138.467,67 Euro, insgesamt 212.194,90 (212.194,70) Euro, verursacht zu haben. Davon soll dem Dienstherrn hinsichtlich der abgeurteilten Taten ein Schaden in Höhe von 66.197,42 Euro (Fälle 10 und 28 der Klageschrift, Seite 12 und 15, Fälle 1, 6 und 32 der Klageschrift, Seite 10f. und 15) und den Gläubigern des Insolvenzplanverfahrens ein solcher in Höhe von 88.759,81 Euro (Fälle 2-5, 7-9, 11-27, 29-31, 33-41 der Klageschrift, Seite 10-17) entstanden sein. Wegen der von der Strafkammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellten weiteren 69 Betrugstaten (Fälle 1-69 der Klageschrift, Seite 17-25) sowie 9 Untreuehandlungen (Fälle 1-9 der Klageschrift, Seite 25-26), die weiterhin Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, soll ein Schaden in Höhe von 7.529,61 Euro zulasten des Dienstherrn und ein solcher zulasten der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens in Höhe von 49.708,06 Euro vorliegen. Dabei soll der Beklagte in den Fällen 10 und 28 (Seite 12 und 15 der Klageschrift) für die nebenberufliche Beratung öffentlicher Auftraggeber erhaltene Vergütungen nicht an den Dienstherrn abgeführt, in den Fällen 2-5, 7-9, 11-27, 29-31, 33-41 (Klageschrift, Seite 10-17), den Fällen 1-69 (Klageschrift, Seite 17-25) während der Dauer des Insolvenzplanverfahrens Gelder aus Aufträgen öffentlicher und privater Auftraggeber anstelle auf das dafür eingerichtete Treuhandkonto auf einem von ihm eingerichteten Konto vereinnahmt und in den Untreuefällen (Fälle 1, 6 und 32 der Klageschrift, Seite 10f. und 15, Fälle 1-9 der Klageschrift, Seite 25-26) für die Inanspruchnahme von Personal und Material der Universität kein Nutzungsentgelt an den Dienstherrn abgeführt haben.

12

Durch diese Straftaten, die inner- und außerdienstliche Pflichtverletzungen darstellten, habe der Beklagte ein so schweres Dienstvergehen begangen, dass die Aberkennung des Ruhegehaltes erforderlich sei.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift verwiesen. Insoweit wird wegen der Tatvorwürfe im Einzelnen auf die Klageschrift, Seite 10-26 und wegen der festgestellten Taten im Besonderen auf das Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … vom 6. Juli 2010, Gründe: II., Seite 3-12 verwiesen.

14

Der Kläger hat beantragt,

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dem Beklagten gemäß §§ 12, 13 Abs. 2 LDG das Ruhegehalt abzuerkennen.

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Der Beklagte, der in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, hat keinen Antrag gestellt.

17

In einem vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz ist er der Auffassung gewesen, es bestehe keine Bindung an den vom Strafgericht angenommenen Sachverhalt. Das Strafurteil beruhe ausschließlich auf einem sogenannten „strafprozessualen Deal“. Der Vorsitzende der Strafkammer habe zunächst nach Verhandlungen mit seinem Verteidiger das Strafverfahren gegen Zahlung einer Geldauflage einstellen wollen. Dem habe die Staatsanwaltschaft nicht zugestimmt. Daraufhin sei zum Schutz seiner Person und Familie der Beginn der mündlichen Verhandlung auf 13:00 Uhr in der Erwartung, dass Zuschauer nicht zugegen seien, festgelegt worden. Zugleich seien die wesentlichen Elemente des „Deals“ einvernehmlich vorab geklärt worden. Im Ergebnis sei die Erwartung in Erfüllung gegangen; in der Öffentlichkeit sei das Strafurteil nicht bekannt geworden. Ausgehend von der überzeugenden Argumentation seines Verteidigers mit Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätte er ohne den „Deal“ kein Schuldeingeständnis abgegeben. Im Übrigen hat der Beklagte zur vorgeworfenen Nutzung von Personal, Einrichtungen und Material des Landes vorgetragen.

18

Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten mit Urteil vom 6. August 2014 das Ruhegehalt aberkannt. Es hat seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen des Strafkammerurteils zugrunde gelegt und die Auffassung vertreten, dass diese im Disziplinarverfahren bindend seien. Es sei weder dargelegt noch für die Kammer sonst ersichtlich, dass das Strafurteil, dem eine Verständigung i.S.d. § 257c StPO vorausgegangen sei, in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sei. Das Landgericht habe die tatsächlichen Feststellungen seines nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Urteils nicht nur auf das als glaubhaft eingestufte Geständnis des Beklagten gestützt, sondern auch auf die sich damit deckenden Angaben der an den Ermittlungen beteiligten und in der Hauptverhandlung vernommenen Polizeibeamtin Hansen. Zudem seien in der Hauptverhandlung Schreiben und Niederschriften polizeilicher Vernehmungen verlesen worden. Vor diesem Hintergrund handele es sich nicht um ein inhaltsleeres Formalgeständnis, sondern das abgelegte Geständnis sei mit dem Ermittlungsergebnis zu vereinbaren und in sich stimmig gewesen. Demgemäß sei die Kammer gehindert, sich von den tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils zu lösen. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, Seite 14 bis 15 Bezug genommen.

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Ferner hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Ungeachtet der weiteren, in der Disziplinarklage angeführten Taten, die im Strafverfahren gemäß § 154 StPO eingestellt worden seien, habe der Beklagte durch sein Verhalten, wie es den Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung abbilde, vorsätzliche außer- und innerdienstliche Pflichtverletzungen begangen, die disziplinarrechtlich von erheblichem Gewicht seien.

20

Nach einer Gesamtwürdigung der Taten und der Persönlichkeit des Beklagten sowie des Ablehnens von Milderungsgründen ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass auf die Aberkennung des Ruhegehaltes zu erkennen sei. Wegen seiner Würdigung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, Seite 15 bis 19 verwiesen.

21

Gegen das dem Beklagten am 20. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat dieser am 19. Januar 2015 Berufung mit dem Antrag eingelegt, die Disziplinarmaßnahme (Aberkennung des Ruhegehalts) aufzuheben.

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Mit weiterem Schriftsatz vom 19. Januar 2015, eingegangen am 20. Januar 2015, hat der Beklagte beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat zu verlängern.

23

Ferner rügt er darin das „eklatante“ Missverhältnis der vom Verwaltungsgericht verhängten Disziplinarmaßnahme zur Strafzumessung der Strafkammer. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehaltes bewirke nicht nur eine unzumutbare Notlage, sondern auch die Vernichtung seiner beruflichen, wissenschaftlichen, persönlichen und familiären Existenz. Die vorgeworfenen Verhaltensweisen fielen in den Zeitraum eines dreijährigen Insolvenzplanverfahrens, ergänzt durch ein der abschließenden Abrechnung dienendes weiteres Jahr, das einvernehmlich mit der gerichtlichen Restschuldbefreiung geendet habe, so dass sich die Frage des Vorrangs des Insolvenzrechts vor dem landesrechtlichen Nebentätigkeitsrechts stelle. Ferner habe das Verwaltungsgericht eine Bindungswirkung des Strafurteils angenommen. Diese bestünde aber allenfalls im tatsächlichen, nicht aber in der rechtlichen Bewertung. Die Entscheidung der Strafkammer beruhe auf einer zulässigen Urteilsabsprache, der er nach eingehender Beratung mit seinem Verteidiger nur zugestimmt habe, weil trotz Öffentlichkeit Dritte nicht anwesend gewesen seien und er seine Familie und seine Auftraggeber in freiberuflichen Beratungs- und Mediationsverfahren habe schützen wollen. Hierfür spreche auch das angesichts der erheblichen Vorwürfe durch die Staatsanwaltschaft sehr geringe (vereinbarte) Strafmaß von 20.000,00 Euro.

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Zudem vertieft er in weiteren Schriftsätzen sein Vorbringen zur Bindung an die Feststellungen des Urteils der Strafkammer im Disziplinarverfahren. Wegen der Besonderheiten des Insolvenzplanverfahrens sei sein Verhalten nicht strafwürdig gewesen. Jedenfalls hätte das Verwaltungsgericht die naheliegende Annahme eines mangelnden Bewusstseins der Pflichtwidrigkeit in Form eines Verbotsirrtums bedenken müssen. Demgemäß entfalle auch insoweit die Bindung an das Strafurteil. Weiterhin meint er, dass eine Bindung allenfalls bei Sachverhaltsidentität, nicht indes für die Ermessensentscheidung des Verwaltungsgerichts über Art und Ausmaß der Disziplinarmaßnahme bestehe. Disziplinarische Folgen seien bei der Urteilsabsprache gerade auch im Hinblick auf das geringfügige Strafmaß von 20.000,00 Euro mit der Gewährung von monatlichen Ratenzahlungen weder bedacht noch erörtert worden. Hätte er auch nur die entfernte Möglichkeit der nunmehr entschiedenen Disziplinarmaßnahme in Betracht gezogen, hätte er der Urteilsabsprache nicht zugestimmt.

25

Darüber hinaus verstoße die Entscheidung gegen das Schuldprinzip sowie das Übermaßverbot. Indem das Verwaltungsgericht ihm zur Begründung der besonderen Schwere des Dienstvergehens „gewerbsmäßiges Handeln“ und eine über einen langen Zeitraum „aufgewandte kriminelle Energie“ vorwerfe, und zwar bezogen auf den Zeitraum von Mai 2004 bis Dezember 2006, werde deutlich, dass es die rechtsnormative Wirkung des mit dem Insolvenzverwalter, den Gläubigern und etwaigen Drittbetroffenen abgestimmten Insolvenzplanverfahrens verkannt habe. Soweit sein Verhalten im Insolvenzplanverfahren überhaupt strafbar gewesen sein sollte, sei es von ihm noch rechtzeitig vor dessen Abschluss korrigiert worden. Auch werde verkannt, dass die Strafkammer des Landgerichts, wie am Strafmaß erkennbar sei, eine ganz andere Gewichtung seines Verhaltens vorgenommen habe.

26

Er habe sich in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden, die letztlich zu der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung mit allen Auswirkungen in seinem privaten, familiären und beruflichen Umfeld geführt habe. Die Ursachen hierfür seien im Wesentlichen eine Fehlberatung durch seine Steuerberaterin und ein erheblicher Verlust bei der Veräußerung seines Anwesens in … „Hof …“ gewesen. Zudem sei er in einer psychischen Ausnahmesituation gewesen. Dies hätte gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge gehabt (z.B. Herzrhythmusstörungen, Schlafstörungen mit Alpträumen, Depressionen), die zum Teil bis heute andauerten. Weiterhin sei im Hinblick auf das maßgebliche Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ sein sonstiges dienstliches Verhalten, insbesondere seine unentgeltlichen freiwilligen Leistungen für das Land Schleswig-Holstein, vor, bei und nach der Tatbegehung vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt worden. Zudem bedeute der mit der Aberkennung des Ruhegehaltes einhergehende Verlust seiner Immobilie, in welcher sich seine Fachbibliothek mit ca. 30.000 Büchern und etlichen Fachzeitschriften sowie das Büro mit drei Arbeitsplätzen befänden, faktisch das Ende seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Auch dies habe das Verwaltungsgericht mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG nicht berücksichtigt.

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Weiterhin behauptet der Beklagte, dass er Personal und Material des Landes nicht in Anspruch genommen habe. Die beiden BAT IIa-Stellen am Lehrstuhl seien mit Genehmigung des Rektorats geviertelt gewesen; den Inhabern habe zulässigerweise 30 % der Arbeitszeit für eigene wissenschaftliche Arbeit, z.B. an einer Dissertation, zur Verfügung gestanden.

28

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

29

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 17. Kammer – vom 6. August 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.

30

Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

32

Dem Beklagten ist mit Verfügung vom 1. Februar 2016 aufgegeben worden, in Ansehung seines Vortrages zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen die ihn behandelnden Ärzte für den Zeitraum ab dem Jahr 2004 zu benennen bzw. ärztliche Atteste einzureichen.

33

Daraufhin hat der Beklagte weitere Gesundheitsstörungen physischer Art seit dem Jahre 1969 und als psychische Belastungen während des Insolvenzverfahrens den Freitod seiner Tochter … im Jahr 2004 aufgeführt. Ferner bedürften nach seiner Auffassung die durch akute Existenzängste ausgelösten Alpträume, Schlafstörungen, Depressionen in Verbindung mit den physischen und psychischen Beeinträchtigungen keiner weiteren Nachweise.

34

Der Senat hat den Kläger mit Beschluss vom 28. Juli 2016, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, binnen einer Frist von zwei Monaten zur Beseitigung von Mängeln der Klageschrift aufgefordert, die der Kläger mit Schriftsatz vom 22. September 2016 fristgerecht ergänzt hat. Auch auf die ergänzte Klageschrift wird Bezug genommen.

35

In der darauf erfolgten Stellungnahme hat der Beklagte erstmals gerügt, dass eine bestimmte Strafe nicht vereinbart werden dürfe und demgemäß die Bindungswirkung des Strafurteils mit der Folge, dass der im Disziplinarklageverfahren entscheidungserhebliche Sachverhalt von Amts wegen eigenständig ermittelt werden müsse, entfalle.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakte sowie die Beiakten A bis O verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Senat war trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung an einer Entscheidung nicht gehindert. Denn der Beklagte ist mit dem Hinweis, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne (vgl. § 4 LDG i.V.m. § 102 Abs. 2 VwGO), ordnungsgemäß geladen worden.

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A. Die Berufung des Beklagten ist zulässig.

39

Der Beklagte hat die Berufung fristgerecht binnen eines Monats eingelegt und mit einem bestimmten Antrag versehen und mit am 20. Januar 2015 eingegangenem weiteren Schriftsatz vom 19. Januar 2015 fristgerecht begründet (§ 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG). Dieser weitere Schriftsatz genügt auch dem Begründungserfordernis des § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 4 BDG.

40

Gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 1 BDG steht den Beteiligten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts über eine Disziplinarklage die Berufung an das Oberverwaltungsgericht zu. Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen und zu begründen (vgl. § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 4 BDG). Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Berufung unzulässig.

41

Der Beklagte hat am 19. Januar 2015 gegen das ihm am 20. Dezember 2014 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts fristgerecht Berufung eingelegt und einen Antrag auf Aufhebung der Disziplinarmaßnahme gestellt. Der Antrag genügt dem Erfordernis des § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 4 BDG, nach dem die Begründung einen „bestimmten“ Antrag enthalten muss. Hier enthält bereits die fristgerechte Einlegung der Berufung einen solchen bestimmten Antrag, denn danach wird deutlich, dass der Beklagte die verhängte Disziplinarmaßnahme - Aberkennung des Ruhegehaltes - angreift.

42

Auch sein Schriftsatz vom 19. Januar 2015, der fristgerecht am 20. Januar 2015 eingegangen ist, genügt dem in § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 4 BDG normierten Begründungserfordernis.

43

Danach muss eine Berufungsbegründung die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung enthalten. Dies erfordert nach der schon zur entsprechenden Vorschrift des § 519 Abs. 3 Nr. 2 Alternative 1 ZPO a.F. (vgl. jetzt ausdrücklich § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO) vertretenen allgemeinen Meinung (vgl. BGH, NJW 1997, 1309; 1997, 1787) die klare und konkrete Angabe, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art und warum das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsführers unrichtig ist und welche Gründe er dem entgegensetzt; er muss also darlegen, welche Tatsachenfeststellungen nicht stimmen und warum und weshalb er welche Beweiswürdigung angreift, und welche von der Vorinstanz abweichende Rechtsansicht er vertritt. Pauschale Angriffe auf das angefochtene Urteil genügen nicht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124a, Rn 33 f.; BGH, NJW 1994, 1481; 1995, 1559).

44

Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Disziplinarmaßnahme (Aberkennung des Ruhegehaltes) und damit die schärfste Sanktion des Disziplinarrechts als unverhältnismäßig im Vergleich zur verhängten Geldstrafe durch die Strafkammer des Landgerichts angegriffen. Damit zeigt er die nach der Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts bei außerdienstlichen Dienstvergehen bestehende Indizwirkung des ausgeurteilten Strafmaßes für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme auf. Danach kann bei einer außerdienstlich begangenen Straftat zur Feststellung der Schwere des begangenen Dienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 – 2 C 83.08 – BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – BVerwGE 152, 228 Rn 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – BVerwGE 152, 228 Rn 38; zuletzt BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 2 B 24.16 -, Rn 13f.). Dies ist ausreichend.

45

B. Die Berufung des Beklagten ist auch begründet.

46

Die Disziplinarklage hat als dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen die Tatvorwürfe aus dem rechtskräftigen Strafurteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … - 9 KLs 4/09 545 Js 67451/07- (Fälle 1 bis 41, Seite 10 bis 17 der Klageschrift) sowie die durch Beschluss der Strafkammer nach § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO vorläufig eingestellten und nach der Verurteilung verbliebenen Tatvorwürfe aus den Anklageschriften der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht … vom 30. September 2009 - 545 Js 67451/07 - (Fälle 1 bis 69, Seite 17 bis 25 der Klageschrift) und vom 16. Februar 2010 - 590 Js 23005/07 - (Fälle 1 bis 9, Seite 25 bis 26 der Klageschrift), insgesamt 107 Betrugsvorwürfe und 12 Untreuevorwürfe, zum Gegenstand. Die in der Klageschrift auf den Seiten 3 bis 7 in den Ziffern 1 bis 15 aufgeführten Handlungen sind indes nicht Gegenstand, sondern gehören zur Darstellung der Verfahrensgeschichte. Anders ist die Klageschrift, die auf Seite 1f. den identischen Tatzeitraum der strafrechtlichen Vorwürfe angibt und auf Seite 30 unter III. die einzelnen Vorwürfe zusammenfasst und dort ebenso wie in der Vorbemerkung der nachgebesserten Klageschrift vom 22. September 2016 lediglich die strafrechtlich verfolgten Taten benennt, nicht zu verstehen.

47

Indem das Verwaltungsgericht seine Entscheidung lediglich auf die rechtskräftig festgestellten Taten gestützt hat, hat es keine wirksame Ausscheidung der o.g. verbleibenden Tatvorwürfe gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 56 BDG vorgenommen. Dazu hätte es gemäß § 4 LDG i.V.m. § 122 VwGO eines Beschlusses, jedenfalls aber einer anderen aktenkundigen Dokumentation bedurft (vgl. dazu Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Aufl., Rn. 4 zu § 56). Vielmehr hat das Verwaltungsgericht bereits die Tatvorwürfe aus der rechtskräftigen Verurteilung als ausreichend für die Verhängung der Disziplinarmaßnahme im Form der Aberkennung des Ruhegehaltes erachtet und sich demgemäß mit den weiteren Tatvorwürfen nicht befasst (UA Seite 15-16). Darin liegt indes keine wirksame Beschränkung des Disziplinarverfahrens auf die rechtskräftig festgestellten Tatvorwürfe aus dem Strafurteil.

48

Die Disziplinarklage weist hinsichtlich der Vorwürfe des Betruges zum Nachteil des Dienstherrn (Fälle 10 und 28 der Klageschrift, Seite 12 und 15, Bl. 12 und 15 d. GA), der Untreuevorwürfe zum Nachteil des Dienstherrn (Fälle 1, 6 und 32 der Klageschrift, Seite 10f. und 15, Bl. 10f. und 15 d. GA; Fälle 1 bis 9 der Klageschrift, Seite 25f., Bl. 25f. d. GA) und der Betrugsvorwürfe zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens (Fälle 1 bis 69 der Klageschrift, Seite 17 bis 25, Bl. 17 bis 25 d. GA) wesentliche Mängel im Sinne des § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG auf, die der Kläger auch nach der mit Beschluss des Senats vom 28. Juli 2016 erfolgten Beseitigungsaufforderung mit Vorlage der ergänzenden Klageschrift vom 22. September 2016 nicht hinreichend beseitigt hat (dazu unter I.). Dies führt zwar wegen des Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens ausnahmsweise nicht zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 2 BDG, sondern nur zum Ausschluss des betroffenen Tatkomplexes, da noch die nachfolgend unter II. gegenständlichen Taten verbleiben, die die Aberkennung des Ruhegehaltes rechtfertigen könnten (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24. September 2009, - 2 C 80.08 -, juris LS 5 und Rn. 27; Fortführung von BVerwG, Urteil vom 23. November 2006, - 1 D 1.06 -, juris Rn. 21)

49

Allerdings ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auch hinsichtlich der verbleibenden Vorwürfe einer Pflichtverletzung durch Betrugsstraftaten zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens (Fälle 2 bis 5, 7 bis 9, 11 bis 27, 29 bis 31, 33 bis 41 der Klageschrift, Seite 10 bis 17, Bl. 10 bis 17 d. GA), wegen der der Beklagte durch Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … vom 6. Juli 2010 im sachgleichen Strafverfahren rechtskräftig zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt worden ist, zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen. Denn die von der Strafkammer festgestellten Betrugsvorwürfe zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens, die als außerdienstliche Dienstvergehen einzustufen sind, rechtfertigen insbesondere mit Blick auf den Strafausspruch keine Aberkennung des Ruhegehaltes. Die danach bei Ruhestandsbeamten gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 LDG zulässige Disziplinarmaßnahme in Form der Kürzung des Ruhegehaltes darf nicht ausgesprochen werden, weil sie nicht zusätzlich erforderlich ist, um den Beklagten im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 LDG zur Pflichterfüllung anzuhalten (dazu unter II.).

I.

50

Hinsichtlich der nachfolgenden Vorwürfe hat der Kläger trotz ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2016 und nachfolgender Mängelbeseitigungsaufforderung durch Beschluss vom 28. Juli 2016 keine den Anforderungen des § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG genügende Klageschrift eingereicht, so dass sie in die weitere disziplinarrechtliche Würdigung nicht einzubeziehen sind.

51

1. Fälle 10 und 28 der Klageschrift (Seite 12 und 15) sachgleich mit den Fällen 10 und 28 aus dem rechtskräftigen Strafurteil (UA Seite 6 und 9)

52

10. Im Jahr 2004 erhielt der Beklagte für die nebenberufliche Beratung öffentlicher Auftraggeber - um Reisekosten und Nutzungsentgelte bereinigte - Bruttovergütungen in Höhe von insgesamt 37.227,85 €, ohne diese gegenüber dem Dienstherrn abzurechnen und einen Anteil von 31.727,85 € abzuliefern.

53

28. Im Jahr 2005 erhielt der Beklagte für die nebenberufliche Beratung öffentlicher Auftraggeber - um Reisekosten und Nutzungsentgelte bereinigte - Bruttovergütungen in Höhe von insgesamt 34.950,96 €, ohne diese gegenüber dem Dienstherrn abzurechnen und einen Anteil von 29.496,00 € abzuliefern.

54

Zwar hat der Kläger die Feststellungen zu den o.g. Tatvorwürfen wortgleich aus dem Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … übernommen und ist der Senat grundsätzlich gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 BDG an diese Feststellungen gebunden (vgl. die Ausführungen unten in Ziffer B II 1). Diese Feststellungen reichen aber ohne weitere Konkretisierung nicht aus, um innerdienstliche Pflichtverletzungen anzunehmen. Daran ändert auch die Bindungswirkung der strafrechtlichen Feststellungen im Disziplinarverfahren nichts. Auch diese Feststellungen müssen so konkret sein, dass dem Disziplinargericht die rechtliche Wertung, die nicht der Bindungswirkung unterliegt, möglich ist. Das ist hier nicht der Fall. Der Senat vermag nicht zu beurteilen, ob eine Ablieferungspflicht nach § 10 Abs. 1, § 9 Abs. 2 der Nebentätigkeitsverordnung (NtVO) bestand, gegen die der Beklagte verstoßen hat, oder die Ablieferungspflicht ausgeschlossen war, etwa nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 NtVO.

55

Der Kläger wirft dem Beklagten mit den beiden o.g. Taten, die Gegenstand des rechtskräftigen Strafurteils der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … gewesen sind, einen Betrug zum Nachteil des Dienstherrn wegen der Nichtabführung von Geldern in den Jahren 2004 und 2005 aus Nebentätigkeiten, strafbar nach § 263 Abs. 1 StGB, und damit die Verletzung der ihm obliegenden Pflicht zu innerdienstlichem achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. § 66 Satz 3 LBG a.F.) vor, indem er zugleich gegen die in § 42 Abs. 1 Satz 1 BRRG a.F. i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F., § 3 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 4 der Landesverordnung über die Nebentätigkeit der im Hochschulbereich tätigen Beamtinnen und Beamte (Hochschulnebentätigkeitsverordnung – HNtVO –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1996 in der Gültigkeit vom 25. Juni 2004 bis 27. Oktober 2005 und vom 28. Oktober 2005 bis 30. Dezember 2008, § 10 Abs. 1 und 2, § 9 Abs. 2 der Nebentätigkeitsverordnung (NtVO) vom 30. März 1990 in der Gültigkeit vom 26. Mai 2004 bis 30. Dezember 2008 geregelte Pflicht zur Abfuhr von Geldern aus Nebentätigkeiten für öffentliche Auftraggeber verstoßen hat.

56

Gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG ist das Disziplinargericht zwar an die tatsächlichen Feststellungen, die im rechtskräftigen Strafurteil getroffen worden sind, nicht indes an die durch das Strafgericht getroffene rechtliche Bewertung, gebunden. Die im Strafurteil getroffenen „Feststellungen“ ermöglichen keine Subsumtion eines Pflichtenverstoßes. Aus ihnen geht nicht hervor, für welche Art der Tätigkeit die öffentlichen Auftraggeber an den Beklagten Honorarzahlungen geleistet haben. Diese Angaben sind aber erforderlich, um rechtlich beurteilen zu können, ob es sich um genehmigungspflichtige Tätigkeiten gehandelt hat, deren Entgelt der Beklagte nach den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 NtVO abzuliefern verpflichtet ist. Die den Feststellungen des Strafgerichts zugrundeliegende rechtliche Wertung, dass eine Ablieferungspflicht in Höhe von 31.727,85 € und weiteren 24.496,00 € bestand, binden den Senat nicht.

57

Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BRRG a.F. i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F., § 3 Abs. 1 Satz 1 HNtVO bedarf der Beamte zur Übernahme jeder Nebentätigkeit der vorherigen Genehmigung, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BRRG a.F. i.V.m. § 82 Abs. 1 Nr. 5 LBG a.F., § 3 Abs. 1 Satz 2 HNtVO ist die mit Lehr- und Forschungstätigkeiten zusammenhängende selbständige Gutachtertätigkeit von Lehrern an öffentlichen Hochschulen außerhalb des Hauptamtes nicht genehmigungspflichtig. Für den Beklagten als zu den Tatzeitpunkten tätigem ordentlichen Professor der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der …-Universität zu … mit dem Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften gilt die Hochschulnebentätigkeitverordnung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 HNtVO). Nach 1 Abs. 4 HNtVO findet die Nebentätigkeitsverordnung des Landes Schleswig-Holstein in der jeweils geltenden Fassung Anwendung, soweit in der HNtVO nichts anderes bestimmt ist. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der dort in § 10 Abs. 1 bis 3 NtVO geregelten Ablieferungspflicht für Nebentätigkeiten und der dort in § 10 Abs. 4 und 5 NtVO hiervon enthaltenen Ausnahmen. Ob die aus den Nebentätigkeiten (welchen?) erzielten Vergütungen ablieferungspflichtig waren, kann der Senat nicht beurteilen. Denn der Kläger stellt nicht geordnet dar, welche Auftragsverhältnisse mit welchen erzielten Honorareinnahmen den nicht abgeführten Vergütungen im Einzelnen zugrunde gelegen haben sollen bzw. in welcher Form der Beklagte seine öffentlichen Auftraggeber, von denen er Honorarzahlungen erhalten hat, nebenberuflich beraten hat, sondern beschränkt sich ohne Angabe der ausgeführten Tätigkeiten pauschal auf einen Tatzeitraum von zwei Jahren, und zwar auf den der Jahre 2004 und 2005 mit den entsprechend abzuführenden Jahresbeträgen.

58

Der Senat merkt in diesem Zusammenhang aber an, dass es eher naheliegend sein dürfte, dass der Beklagte als ordentlicher Professor für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften die ihm vorgeworfenen Beratungen von öffentlichen Auftraggebern in der Form von Gutachten vorgenommen hat. Dies dürfte schon daraus folgen, dass juristische Personen im Sinne des § 3 Satz 1 NtVO für bei ihnen ausgeübte Nebentätigkeiten eine Vergütung grundsätzlich nicht gewähren dürfen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 NtVO), es sei denn die Tätigkeit ist u.a. auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NtVO) oder es handelt sich um eine Tätigkeit als Gutachter (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 NtVO). Daneben dürften noch allgemein genehmigte Prozessvertretungen vor Gerichten (vgl. § 4 Abs. 4 HNtVO) hinzugekommen sein.

59

Ist die Nebentätigkeit des Beklagten aber nicht genehmigungspflichtig, ist die dafür erhaltene Entlohnung nicht bei allen ausgeübten Tätigkeiten gegenüber dem Dienstherrn ablieferungspflichtig (vgl. § 1 Abs. 4 HNtVO i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 9
Abs. 2 Satz 1 NtVO). Da in der Hochschulnebentätigkeitsverordnung die Ablieferungsverpflichtung von durch die Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst (vgl. § 4 NtVO) erhaltenen Vergütungen nicht geregelt ist, kommen – wie ausgeführt - die Regelungen in der Nebentätigkeitsverordnung zur Anwendung (vgl. § 1 Abs. 4 HNtVO, § 1 Abs. 1 NtVO). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 NtVO sind Vergütungen, die den in § 9 Abs. 2 Satz 1 NtVO geregelten Betrag in Höhe von 5.550,00 € je Kalenderjahr übersteigen, für eine oder mehrere Nebentätigkeiten, die im öffentlichen Dienst (§ 4 NtVO) ausgeübt werden, zwar an den Dienstherrn im Hauptamt abzuliefern. Allerdings gilt dies nach § 10 Abs. 4 NtVO nicht für die dort genannten Tätigkeiten, wozu nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 NtVO auch Tätigkeiten auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung gehören, wie dies bei von einem Professor für Öffentliches Recht für öffentliche Auftraggeber erstattete Gutachten naheliegend ist. All dies kann der Senat indes nicht beurteilen, weil der Kläger nicht dargelegt hat, welche Tätigkeiten der Beklagte für die öffentlichen Auftraggeber ausgeführt hat.

60

Der Senat hat den Kläger mit Beschluss vom 28. Juli 2016 zur Mängelbeseitigung in Form der Konkretisierung seiner Angaben in der Klageschrift (vgl. Tenor, Seite 2, 1. Absatz des Beschlusses) aufgefordert, indem er u.a. die Tatsachen geordnet darstellen, Ort und Zeit der einzelnen Handlungen möglichst genau angeben sowie die Geschehensabläufe nachvollziehbar darstellen sollte (vgl. Seite 3, 2. Absatz des Beschlusses). Aber auch die mit Schriftsatz vom 22. September 2016 erfolgte Nachbesserung enthält keine nach Zeit und Ort geordnete Darstellung der Auftragsverhältnisse, die den Honorarzahlungen zugrunde gelegen haben sollen. Aus solchen Angaben wäre hervorgegangen, auf welchem Gebiet und in welcher Form der Beklagte Leistungen für welche öffentlichen Auftraggeber erbracht hat. Erst aufgrund dieser Angaben ließe sich beurteilen, ob die genannten Beträge der Ablieferungspflicht unterfielen oder nicht.

61

2. Fälle 1 bis 9 der Klageschrift (Seite 25f.; von der Strafkammer eingestellte Taten)

62

1. Am 08.12.2003 vereinnahmte der Beklagte von Rechtsanwalt … aus … einen Betrag in Höhe von 1.971,77 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 568,13 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

63

2. Am 07.06.2004 vereinnahmte der Beklagte von der Stadtkasse … einen Betrag in Höhe von 2.413,84 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 682,75 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

64

3. Am 29.07.2004 vereinnahmte der Beklagte von der Landeszentralkasse … einen Betrag in Höhe von 3.606,21 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 1.081,86 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

65

4. Am 10.09.2004 vereinnahmte der Beklagte vom …-Ausschuss einen Betrag in Höhe von 659,92 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 197,98 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

66

5. Am 27.10.2004 vereinnahmte der Beklagte von der Stadtkasse … einen Betrag in Höhe von 2.212,15 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 645,65 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

67

6. Am 04.11.2004 vereinnahmte der Beklagte von der Landeshauptkasse der … einen Betrag in Höhe von 2.904,48 € als Honorar- und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 865,04 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

68

7. Am 22.12.2004 vereinnahmte der Beklagte von der … AG einen Betrag in Höhe von 3.312,96 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 967,25 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

69

8. Am 14.12.2005 vereinnahmte der Beklagte vom Einzelhandelsverband … einen Betrag in Höhe von 696,00 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 208,80 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

70

9. Am 13.02.2007 vereinnahmte der Beklagte von der …-Bürgerschaftsfraktion einen Betrag in Höhe von 7.707,15 € als Honorar und Kostenerstattung, ohne die gebotene Selbstveranlagung im Hinblick auf das geschuldete Nutzungsentgelt vorzunehmen und das pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 2.312,15 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

71

Auch in diesen Fällen lässt sich den Darlegungen des Klägers in der Klageschrift und in der nachgebesserten Klageschrift vom 22. September 2016 zwar wegen des Verweises auf die mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht … vom 16. Februar 2010 (590 Js 23005/07) übereinstimmenden und vom ihm wortgleich in seiner Disziplinarklage übernommenen Taten - diese Tatvorwürfe sind von der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung am 6. Juli 2010 eingestellt worden - entnehmen, dass er dem Beklagten hinsichtlich der o.g. Taten eine Untreue zu seinem Nachteil in Form der Nichtabführung von Geldern aus nicht genehmigter Nebentätigkeit und damit ein strafrechtliches Verhalten, das zugleich einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abführung eines pauschalisierten Nutzungsentgelts und zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten darstellt, vorwirft. Allerdings sind die Darlegungen des Klägers, die sich im Wesentlichen in der Übernahme des Anklagesatzes erschöpfen, nicht hinreichend konkretisiert, um das vorgeworfene Verhalten des Beklagten einer Dienstpflichtverletzung zuzuordnen.

72

Voraussetzung für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 266 Abs. 1 1. Variante StGB (Missbrauchstatbestand) und damit einer Pflichtverletzung nach § 36 Satz 3 BRRG a.F., § 66 Satz 3 LBG a.F. ist u.a., dass der Beklagte eine ihm gegenüber dem Kläger bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hätte. Diese könnte zwar infolge der vorgeworfenen Inanspruchnahme von Material, Personal und Einrichtungen des Klägers ohne Abführung des pauschalierten Nutzungsentgelts verletzt sein (vgl. § 42 Abs. 4 BRRG a.F., § 81 Abs. 4; § 85 Nr. 6 LBG a.F. i.V.m. § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 HNtVO). Allerdings legt der Kläger weder dar, noch bietet er Beweis dafür an, wie er die vorgeworfenen nichtabgeführten Beträge berechnet hat. Zudem bestreitet der Beklagte diese Vorwürfe, soweit substantiiert, wie ihm dies angesichts des unsubstantiierten Vortrages des Klägers möglich ist.

73

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger das pauschalierte Nutzungsentgelt nach § 13 Abs. 1 HNtVO berechnet hat. Danach wird das Nutzungsentgelt in der Regel pauschaliert und beträgt bei Inanspruchnahme von Personal 10 vom Hundert (Nr. 1 Buchstabe a), von Einrichtungen 5 vom Hundert (Nr. 1 Buchstabe b) und von Material 5 vom Hundert (Nr. 1 Buchstabe c) sowie als Ausgleich des durch die Inanspruchnahme entstehenden Vorteils zusätzlich 10 vom Hundert (Nr. 2). Zieht man von den behaupteten Auftragssummen einen Betrag in Höhe von 30 Prozent ab, ergibt dies in einigen Fällen das beanspruchte Nutzungsentgelt (vgl. z.B. Fall 3, 9) und in einigen Fällen nicht (vgl. z. B. Fall 2, 5). Der Senat kann nur mutmaßen, dass es sich in den Fällen, in denen das beanspruchte Nutzungsentgelt nicht 30 Prozent der Vergütung – auch hier wird nicht dargelegt, ob es sich um die Brutto- oder Nettovergütungen handelt – ausmacht, um den um die Reisekosten verminderten Betrag handelt. Der Senat kann ebenso nur mutmaßen, um welche Art der Nutzung (Material, Personal und Einrichtungen des Dienstherrn) es sich gehandelt hat. Denn der von dem Kläger hinsichtlich der einzelnen Taten übernommene Anklagesatz der Staatsanwaltschaft verhält sich im Gegensatz zu den vom Landgericht im Strafurteil festgestellten Taten (vgl. dazu unter 3., Fälle 1, 6 und 32) dazu nicht. Ferner kommt hinzu, dass der Kläger in allen Fällen zur Grundlage seiner Berechnung des pauschalierten Nutzungsentgelts einen sich aus Honorar und Kostenerstattung zusammensetzenden Betrag macht, wobei er die beiden Teilbeträge aber nicht darlegt. Da er die dem Beklagten erstatteten Kosten indes nicht beanspruchen und sie demgemäß auch nicht als Einnahme seiner Berechnung zugrunde legen kann (vgl. dazu ebenfalls die Ausführungen unten zu 3.), ist dem Senat mangels Offenlegung der konkreten Höhe der erstatteten und vom Honorar in Abzug zu bringenden Kosten eine eigene Berechnung verwehrt.

74

Zudem ordnet der Kläger auch in der nachgebesserten Klageschrift vom 22. September 2016 die Art des genutzten Materials und der genutzten Einrichtungen sowie Art und Weise des genutzten Personals nicht den konkreten Tatvorwürfen zu und genügt damit nicht seiner Verpflichtung aus § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG, die zur Auflage des Senats vom 28. Juli 2016 (vgl. Tenor, 1. Absatz, Gründe, Seite 3, 2. Absatz des Beschlusses) geführt hat. Vielmehr behauptet er ganz allgemein, dass der Beklagte in dem Tatzeitraum durchgängig Personal und Material seines Lehrstuhls an der … … und des …-Instituts in … genutzt habe und verweist (vgl. Seite 4, 2. Absatz der nachgebesserten Klageschrift) auf den „Schlussbericht“ (richtig: Prüfbericht) im Strafverfahren - 590 Js 23005/07- der leitenden Ermittlungsbeamtin KHK`in …, BA HB IV, Bl. 597f., die im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeuginnen ... und ... („ZB 1 und 2“, richtig: ZB 2 und 3) sowie auf die Anklageschrift vom 16. Februar 2010, Seite 693. Zum einen ist dies nicht ausreichend und entbindet ihn nicht konkreter Darlegungen. Es ist weder Aufgabe des Senats noch des Beklagten, sich aus den Akten den passenden Klagevortrag, der zu der dem Kläger obliegenden Konkretisierung der Tatvorwürfe führt, herauszusuchen. Vielmehr muss die Klageschrift gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG u.a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Auch tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Denn gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Nach alledem muss aus der Klageschrift unmissverständlich hervorgehen, welche Sachverhalte angeschuldigt werden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn bei verständiger Lektüre aus der Klageschrift eindeutig hervorgeht, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (zum Ganzen vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 2 B 69.10 –, juris Rn. 6 m.w.N.). Daran fehlt es hier bereits.

75

Zum anderen verweisen Blatt 597f, HB IV (BA O, Band 4) lediglich auf die Aussagen der beiden Zeuginnen … und ... in den beiden Zeugenbänden ZB 2 und 3 (BA M, Bände 3 und 4), in welcher sich die polizeilichen Vernehmungen der Zeuginnen ... und ... befinden. Auch die in Bezug genommene Seite der Anklageschrift (Bl. 693, BA O, Bd. 4) fasst lediglich im Rahmen des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen die beiden Zeugenaussagen zusammen und würdigt diese. Soweit der Kläger gestützt auf die Vernehmungen der Zeuginnen … und ... (ZB 2 und ZB 3, BA M, Bände 3 und 4) darlegt, sie hätten 50 Prozent bzw. 90 Prozent ihrer wöchentlichen Arbeitszeit für Schreibarbeiten, Telefonate sowie die gesamte Terminierung für den Beklagten aufgewandt, wobei auch das dienstliche Telefon, der Kopierer und Briefmarken der Universität genutzt worden seien, ist damit keine konkrete Zuordnung zu den Tatvorwürfen erfolgt. Der Kläger wirft dem Beklagten in wörtlicher Übereinstimmung mit der Anklageschrift vom 16. Februar 2010 die o.g. mit Datum und Auftragnehmer bezeichneten Taten vor. Es wäre seine Aufgabe gewesen, konkret darzulegen, welche Person mit welchem Materialeinsatz die Aufträge des Beklagten bearbeitet hat. Sowohl der Verweis auf die Aussagen der Zeuginnen ... und ... als auch der auf die Blätter 597f. des „Schlussberichts“ und Blatt 693 der Anklageschrift ist nicht ausreichend. Aus den Vernehmungen ergeben sich keine Angaben zu den konkret vorgeworfenen Taten. Ihnen ist allerdings der Hinweis der Zeuginnen auf Rechnungen zu entnehmen, aus denen sich wegen der darin aufgeführten Namenskürzel die Urheberschaft und das Material, was verwendet worden sein soll, ergeben sollen. Der Kläger wäre also nach Durchsicht der Anklageschrift einschließlich des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen durchaus in der Lage gewesen, seinen Vortrag zu konkretisieren, indem er den Inhalt der darin zu jeder vorgeworfenen Tat aufgeführten Beweismittel - hier insbesondere Urkunden in Form von Rechnungen, vgl. „Beweismittel: III.“ - darlegt und diese als Beweis anbietet, anstelle im Wesentlichen die verkürzten Tatvorwürfe aus dem Anklagesatz zu wiederholen.

76

Demgemäß stellen auch die angebotenen Beweismittel einen Ausforschungsbeweis dar. Es ist nicht Aufgabe, von Zeuginnen, die Tatvorwürfe zu konkretisieren. Abgesehen davon werden auch die Urkunden weder angeboten noch liegen sie dem Senat vor.

77

3. Fälle 1, 6 und 32 der Klageschrift (Seite 10f. und 15, sachgleich mit den Fällen 1, 6 und 32 aus dem rechtskräftigen Strafurteil, UA Seite 5, 6 und 10)

78

1. (Fall 2 der Anklageschrift vom 16.02.2010)

79

Am 13.05.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 7.753,90 € als Honorar und Kostenerstattung von der … KG, ohne die infolge der Inanspruchnahme von Personal und Material der Universität gebotene Selbstveranlagung vorzunehmen und das gemäß §§ 9 ff. HNtVO geschuldete pauschalierte Nutzungsentgelt von 2.326,17 € an den Dienstherrn abzuführen.

80

6. (Fall 8 der Anklageschrift vom 16.02.2010)

81

Am 15.11.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 3.539,86 € als Honorar und Kostenerstattung vom Deutschen …, ohne die infolge der Inanspruchnahme von Personal und Material der Universität gebotene Selbstveranlagung vorzunehmen und das gemäß §§ 9 ff. HNtVO geschuldete pauschalierte Nutzungsentgelt in Höhe von 1.061,96 € an den Dienstherrn abzuführen.

82

32. (Fall 12 der Anklageschrift vom 16.02.2010)

83

Am 06.03.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 5.284,96 € als Honorar und Kostenerstattung von Dr. … und Dr. …, ohne die infolge der Inanspruchnahme von Personal und Material der Universität gebotene Selbstveranlagung vorzunehmen und das gemäß §§ 9 ff. HNtVO geschuldete Nutzungsentgelt in Höhe von 1.585,49 € an seinen Dienstherrn abzuführen.

84

Zwar hat der Kläger die Feststellungen zu den o.g. Tatvorwürfen wortgleich aus dem Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … übernommen (vgl. dort die Fälle 1, 6 und 32) und ist der Senat auch gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 BDG an diese Feststellungen gebunden (vgl. die Ausführungen unten in Ziffer B II 1). Diese reichen aber ohne weitere Konkretisierung nicht aus. Daran ändert auch die Bindungswirkung der strafrechtlichen Feststellungen im Disziplinarverfahren nichts. Auch diese müssen so konkret sein, dass dem Disziplinargericht die rechtliche Wertung, die nicht der Bindungswirkung unterliegt, möglich ist. Dies ist hier nicht der Fall. Es steht lediglich fest, dass der Beklagte seine Ablieferungspflichten verletzt hat, jedoch nicht, in welcher Höhe. Eine Schätzung ist dem Senat verwehrt, da nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ der bzw. die Schäden auf Null zu schätzen wären, so dass eine Pflichtverletzung nicht vorläge.

85

Der Kläger wirft dem Beklagten hinsichtlich der o.g. Taten als innerdienstliches Dienstvergehen eine Untreue zu seinem Nachteil in Form der Nichtabführung von Geldern aus nicht genehmigter Nebentätigkeit und damit ein strafrechtliches Verhalten, das zugleich einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Ablieferung eines pauschalisierten Nutzungsentgelts darstellt und mit dem er seine ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. § 66 Satz 3 LBG a.F.) verletzt, vor.

86

Voraussetzung für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 266 Abs. 1 1. Variante StGB (Missbrauchstatbestand) ist u.a., dass der Beklagte eine ihm gegenüber dem Kläger bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hätte. Diese könnte zwar infolge der vorgeworfenen und vom Strafgericht bindend festgestellten Inanspruchnahme von Material und Personal des Klägers ohne Abführung des pauschalierten Nutzungsentgelts verletzt sein (vgl. § 42 Abs. 4 BRRG a.F. i.V.m. § 81 Abs. 4, § 85 Nr. 6 LBG a.F., § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 HNtVO). Allerdings ist die „Feststellung“ der Höhe des abzuführenden pauschalisierten Nutzungsentgelts Ergebnis einer rechtlichen Würdigung, an die der Senat nicht gebunden ist und zu der der Kläger nicht darlegt, wie er die vorgeworfenen nichtabgeführten Beträge ermittelt hat.

87

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger das pauschalierte Nutzungsentgelt nach § 13 Abs. 1 HNtVO berechnet hat. Danach wird das Nutzungsentgelt in der Regel pauschaliert und beträgt bei Inanspruchnahme von Personal 10 vom Hundert (Nr. 1 Buchstabe a), von Einrichtungen 5 vom Hundert (Nr. 1 Buchstabe b) und Material 5 vom Hundert (Nr. 1 Buchstabe c) sowie als Ausgleich des durch die Inanspruchnahme entstehenden Vorteils zusätzlich 10 vom Hundert (Nr. 2). Zieht man von den behaupteten Auftragssummen einen Betrag in Höhe von 30 Prozent ab, ergibt dies in allen drei Fällen zwar das beanspruchte Nutzungsentgelt.

88

Der Senat kann dabei aber nur mutmaßen, dass es sich bei den aufgeführten Beträgen um Bruttovergütungen gehandelt hat und der Beklagte Reisevergütungen, um die das pauschalierte Nutzungsentgelt zu kürzen gewesen wäre, nicht aufgewandt hatte. Dagegen spricht indes, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts das pauschalierte Nutzungsentgelt offenbar auch von den Kosten, die dem Beklagten im Zusammenhang mit den jeweiligen Aufträgen in den Fällen 2, 6 und 32 entstanden sind, beansprucht. Aber auch dies kann der Senat mangels konkreter Offenlegung der Berechnungsgrundlagen nur mutmaßen.

89

Allerdings tragen die Feststellungen des Strafurteils, die lediglich die Nutzung von Material und Personal – also nicht auch noch von Einrichtungen - umfassen, das ebenfalls festgestellte Nutzungsentgelt nicht. Danach ergäbe sich anders als festgestellt im Fall 1 ein nicht abgeführtes Nutzungsentgelt von 1.938,47 Euro (anstelle: 2.326,26 Euro), im Fall 6 ein nicht abgeführtes Nutzungsentgelt von 4.144,36 Euro (anstelle: 4.973,62 €) und schließlich im Fall 32 ein nicht abgeführtes Nutzungsentgelt von 1.321,24 Euro (anstelle: 1.585,49 Euro).

90

Zudem soll sich nach den Feststellungen des Landgerichts der in den Fällen 2, 6 und 32 jeweils vereinnahmte Betrag aus dem Honorar und einer Kostenerstattung zusammengesetzt haben und dieser Betrag ist jeweils zur Grundlage für die Berechnung des pauschalierten Nutzungsentgelts genommen worden. In diesem Kontext erschließt sich dem Senat – ungeachtet, dass der Teilbetrag, der auf die Kostenerstattung entfällt, nicht dargelegt wird – bereits nicht, auf welcher Rechtsgrundlage der Kläger die dem Beklagten bei der Ausführung des Auftrages erstatteten Kosten beansprucht, wenn er zugleich das pauschalierte Nutzungsentgelt begehrt. Zwar ist die Bruttovergütung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 NtVO die Gesamtheit aller durch die Nebentätigkeit erzielten Einnahmen einschließlich der Mehrwertsteuer vermindert durch die Reisekosten. Allerdings handelt es sich bei einer „Kostenerstattung“ nicht um eine Einnahme, sondern um eine vom Auftraggeber zu ersetzende Ausgabe und somit um einen für die Berechnung des Nutzungsentgelts nicht zu berücksichtigenden sog. Durchlaufposten. Dies hat aber zur Folge, dass der Dienstherr entweder die erstatteten Kosten nicht berücksichtigen darf oder diese von dem „Gesamthonorar“ abziehen muss. Er kann die erstatteten Kosten nicht zusätzlich ohne Gegenrechnung der entstandenen Kosten beanspruchen. Zudem ordnet der Kläger in der ergänzten Klageschrift vom 22. September 2016 die Art des genutzten Materials und der genutzten Einrichtungen sowie Art und Weise des genutzten Personals immer noch nicht den konkreten Tatvorwürfen zu und genügt damit nicht der Auflage des Senats vom 28. Juli 2016 (vgl. Tenor, 1. Absatz, Gründe, Seite 3, 2. Absatz des Beschlusses; vgl. dazu die Ausführungen oben zu 2.). Vielmehr ist er der Auffassung, die Feststellungen des Landgerichts, an die er gebunden sei, seien ausreichend und im Übrigen habe der Beklagte die Taten gestanden. Dies ist aber nicht der Fall, weil die Feststellungen des Landgerichts und die Darlegungen des Klägers, wie ausgeführt, dem Senat die Berechnung des pauschalierten Nutzungsentgelts nicht ermöglichen.

91

4. Fälle 1 bis 69 der Klageschrift (Seite 17 bis 25, von der Strafkammer eingestellte Taten)

92

1. Am 22.07.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 800,00 € als Honorar vom Deutschen …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

93

2. Am 16.09.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 438,94 € als Honorar von der Stadtkasse …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

94

3. Am 16.09.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 663,64 € als Honorar von der …-Compagnie, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

95

4. Am 04.10.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 357,20 € als Honorar von der Landeszentralkasse …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

96

5. Am 04.10.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 384,42 € als Honorar von der … GmbH, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

97

6. Am 21.10.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 179,20 € als Honorar von der …-Stiftung, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

98

7. Am 22.10.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 3.270,20 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

99

8. Am 17.11.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 350,40 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

100

9. Am 07.12.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 78,52 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

101

10. Am 15.12.2004 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 809,60 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

102

11. Am 10.01.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 502,16 € als Honorar von der Landeshauptkasse der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

103

12. Am 14.03.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 427,46 € als Honorar von …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

104

13. Am 15.03.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 108,00 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

105

14. Am 15.03.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 200,00 € als Honorar vom …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

106

15. Am 03.05.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 566,20 € als Honorar von der …-Compagnie, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

107

16. Am 19.05.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 879,16 € als Honorar von der Stadtkasse …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

108

17. Am 25.05.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 714,56 € als Honorar vom … im Landtag, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

109

18. Am 03.06.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 953,94 € als Honorar von …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

110

19. Am 06.06.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 313,90 € als Honorar von den …ärzten am …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

111

20. Am 20.06.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 927,40 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

112

21. Am 20.06.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 933,50 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

113

22. Am 29.06.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 22,00 € als Honorar vom Verlag … oHG, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

114

23. Am 30.06.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 531,40 € als Honorar von den …ärzten am …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

115

24. Am 04.07.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 500,00 € als Honorar von der IHK zu …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

116

25. Am 21.07.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 580,00 € als Honorar vom Verein …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

117

26. Am 15.08.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 692,29 € als Honorar von der …-Compagnie, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

118

27. Am 02.09.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 80,00 € als Honorar von der IHK zu …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

119

28. Am 08.09.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 580,00 € als Honorar vom Einzelhandelsverband …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

120

29. Am 19.09.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 805,00 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

121

30. Am 10.10.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 843,55 € als Honorar von der …-Compagnie, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

122

31. Am 12.10.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 702,26 € als Honorar von der … GmbH, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

123

32. Am 14.10.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 196,20 € als Honorar vom Landkreis …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

124

33. Am 25.10.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.000,00 € als Honorar vom Deutschen …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

125

34. Am 28.10.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 907,31 € als Honorar von der Gemeindekasse …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

126

35. Am 30.10.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 314,65 € als Honorar von den …ärzten am …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

127

36. Am 09.11.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 976,60 € als Honorar von der Stadtkasse …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

128

37. Am 06.12.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 749,82 € als Honorar von der …klinik …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

129

38. Am 13.12.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 300,00 € als Honorar von dem Schleswig-Holsteinischen …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

130

39. Am 14.12.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 696,00 € als Honorar von dem Einzelhandelsverband …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

131

40. Am 15.12.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 809,45 € als Honorar von der …-Compagnie, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

132

41. Am 23.12.2005 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 957,40 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

133

42. Am 10.01.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 395,04 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

134

43. Am 10.02.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 701,68 € als Honorar von der Stadtkasse …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

135

44. Am 17.02.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 942,27 € als Honorar von der …-Compagnie, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

136

45. Am 27.02.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 875,40 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

137

46. Am 13.03.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 975,40 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

138

47. Am 17.03.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 29,65 € als Honorar in Form eines Schecks, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

139

48. Am 07.04.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 692,10 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

140

49. Am 18.04.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 925,91 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

141

50. Am 19.04.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.000,00 € als Honorar vom Deutschen …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

142

51. Am 19.05.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 410,60 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

143

52. Am 19.06.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 283,85 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

144

53. Am 03.07.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.040,70 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

145

54. Am 18.07.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 297,60 € als Honorar von …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

146

55. Am 26.07.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.136,40 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

147

56. Am 04.08.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 585,00 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

148

57. Am 11.08.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 392,80 € als Honorar von der Landeshauptkasse der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

149

58. Am 11.09.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 498,87 € als Honorar von Rechtsanwältin …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

150

59. Am 15.09.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.174,20 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

151

60. Am 28.09.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.122,32 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

152

61. Am 13.10.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 820,33 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

153

62. Am 20.10.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 839,72 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

154

63. Am 20.10.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 88,90 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

155

64. Am 23.10.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 392,08 € als Honorar von …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

156

65. Am 09.11.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.323,78 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

157

66. Am 08.12.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 581,04 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

158

67. Am 13.12.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 517,13 € als Honorar von …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

159

68. Am 14.12.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.139,20 € als Honorar von der …, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

160

69. Am 20.12.2006 vereinnahmte der Beklagte einen Betrag in Höhe von 781,38 € als Honorar von der …-GmbH, ohne dies dem Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter mitzuteilen.

161

Der Kläger wirft dem Beklagten mit den weiteren o.g. 69 Taten, die Gegenstand der Anklageschrift vom 30. September 2009 (545 Js 67451/07) der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht …, aber wegen der zuvor erfolgten Einstellung nach § 154 Abs. 2 i.V.m. § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO nicht des rechtskräftigen Strafurteils der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … gewesen sind, einen Betrug in 69 Fällen zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens, strafbar nach § 263 Abs. 1 StGB, vor und damit seine ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. § 66 Satz 3 LBG a.F.) durch die Begehung von Straftaten verletzt zu haben.

162

Die Klageschrift und die mit Schriftsatz vom 22. September 2016 nachgebesserte Klageschrift genügt nicht den Anforderungen des § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG. Danach muss die Klageschrift u.a. die Tatsachen, in denen das Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Der Kläger hat in der Klage die Beweismittel zu benennen. Daran fehlt es.

163

Zu einer geordneten Angabe der Beweismittel gehört nicht nur die Aufzählung der entstandenen und verwendeten Verfahrensakten am Ende der Klageschrift, sondern vor allem die Kennzeichnung der zugrunde gelegten Beweismittel und Ergebnisse in der Sachverhaltsdarstellung, sinnvollerweise durch sorgfältige Randvermerke der Fundstellen (vgl. Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 52, Rn. 11).

164

Der Kläger hat in der Disziplinarklage lediglich den Anklagesatz aus der Anklageschrift wiederholt und die in dem Urteil der Strafkammer getroffenen Feststellungen geordnet dargestellt. Die Feststellungen der Strafkammer verhalten sich aber gerade nicht zu den eingestellten Taten. Denn diese sind vor der und im Hinblick auf die Verurteilung auf Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 i.V.m. § 154 Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt worden und waren demgemäß nicht Gegenstand der rechtskräftigen Verurteilung. Beweismittel hat zu den o.g. Taten der Kläger überhaupt nicht angeboten. Er hat lediglich auf der letzten Seite der Klageschrift (S. 38, Bl. 38 GA) unter „C. Beweismittel“ die Disziplinar- und Strafakte als Beweismittel angegeben. Ein Verweis auf Akten stellt aber kein zulässiges Beweisangebot dar. Auch die Einleitungs- und Ausdehnungsverfügungen geben lediglich den von der Strafkammer festgestellten Sachverhalt und die Anklagesätze der beiden Anklageschriften wieder, verhalten sich aber nicht zur Beweisbarkeit der nicht festgestellten Tatvorwürfe. Im Übrigen sind bei einer Disziplinarklage Beweisanträge von dem Dienstherrn in der Klageschrift zu stellen (§ 41 Abs. 1 LDG iVm. § 58 Abs. 2 Satz 1 LDG).

165

Darauf hat der Senat den Kläger mit Beschluss vom 28. Juli 2016 hingewiesen und ihn zur Mängelbeseitigung in Form der Konkretisierung seiner Angaben in der Klageschrift sowie zur Angabe der den Angaben zugrunde liegenden Beweise aufgefordert (vgl. Tenor, 2. Absatz, Seite 3, 3. Absatz des Beschlusses). Aber auch die mit Schriftsatz vom 22. September 2016 erfolgte Nachbesserung der Klageschrift bietet keine Beweise zu den o.g. von dem Beklagten nicht gestandenen Tatvorwürfen an. Beweisangebote werden lediglich zu dem Tatkomplex „Untreuevorwürfe zum Nachteil des Dienstherrn wegen Nichtabführens des pauschalierten Nutzungsentgelts“ (vgl. Seite 2 bis 5 der nachgebesserten Klageschrift) und zum Tatkomplex „Betrug zum Nachteil des Dienstherrn wegen der Nichtablieferung von Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit“ (vgl. Seite 5 bis 9 der nachgebesserten Klageschrift) gemacht.

166

II. Hinsichtlich der verbleibenden Betrugsvorwürfe zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens (Fälle 2 bis 5, 7 bis 9, 11 bis 27, 29 bis 31, 33 bis 41 der Klageschrift (Seite 10 bis 17, Bl. 10 bis 17 d. GA), wegen der der Beklagte durch Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … vom 6. Juli 2010 im sachgleichen Strafverfahren rechtskräftig zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt worden ist, gilt Folgendes:

167

Durch den hierzu im rechtskräftigen Strafurteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … festgestellten Sachverhalt (1) hat der Beklagte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gegen seine Dienstpflichten verstoßen (2). Für das außerdienstliche Dienstvergehen (3) wäre unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände eine Gehaltskürzung die angemessene und erforderliche Disziplinarmaßnahme (4a). Da die bei Ruhestandsbeamten gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 LDG zulässige Disziplinarmaßnahme in Form der Kürzung des Ruhegehaltes aber nicht ausgesprochen werden darf, weil sie nicht zusätzlich erforderlich ist, um den Beklagten im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 LDG zur Pflichterfüllung anzuhalten, war das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen (4b).

168

1) Hinsichtlich des Sachverhaltes ist der Senat gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 BDG an die im rechtskräftigen Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … vom 6. Juli 2010 - 9 KLs 4/09 -/ - 545 Js 67451/07- getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Zu den „tatsächlichen Feststellungen" gehören nicht nur die äußeren Aspekte eines Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestandes wie etwa die Zueignungsabsicht oder die Bereicherungsabsicht. Feststellungen zur Schuldfähigkeit binden das Gericht indes nur, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist; hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB hat der Senat eigene Feststellungen und im Rahmen der Maßnahmebemessung eine eigene Entscheidung zu treffen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07- Rn. 29, juris).

169

Die den Senat bindenden Feststellungen lauten danach wie folgt:

170

Ende der 90er Jahre geriet der Angeklagte zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten, die dazu führten, dass das Amtsgericht … mit Beschluss vom 25.3.2003 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnete und den Zeugen … zum Insolvenzverwalter bestellte. Der Zeuge … legte dem Amtsgericht in der Folgezeit einen Insolvenzplan vor, nach dem der Angeklagte seine Tätigkeit als Berater und Gutachter fortführen sollte. Während einer dreijährigen Sanierungszeit sollten sämtliche nebenberufliche Einnahmen auf ein vom Insolvenzverwalter eingerichtetes Konto bei der … AG fließen und bis zu einem Betrag von 84.200,00 Euro netto im Jahr je zur Hälfte dem Angeklagten und den Gläubigern zustehen; alle weiteren Einnahmen sollten zu 80 % auf den Angeklagten und zu 20 % auf die Gläubiger verteilt werden. Der Angeklagte kannte die Regelungen des Insolvenzplanes und stimmte ihnen zu.

171

Nachdem auch die Gläubiger den Insolvenzplan angenommen hatten und dieser vom Amtsgericht bestätigt worden war, wurde das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 27.9.2004 aufgehoben. Der Zeuge … überwachte die Erfüllung des Insolvenzplanes fortan als Treuhänder.

172

(… )

173

Überdies versah der Angeklagte in den Jahren 2004 bis 2006 einen Teil seiner Honorarrechnungen nicht mit der im Insolvenzplan vorgesehenen Bankverbindung bei der … AG, sondern forderte seine Auftraggeber auf, das Geld auf ein Konto mit der Nr. … bei der …bank zu überweisen. Den Zeugen … informierte der Angeklagte hierüber nicht, und dieser ging angesichts des stetigen und erheblichen Zuflusses von Honorareinnahmen auf dem Konto bei der … AG davon aus, dass der Angeklagte keine weiteren Nebeneinkünfte erzielte. Erst im Jahre 2007 legte der Angeklagte dem Zeugen … unter dem Druck des inzwischen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens seine zusätzlichen Einnahmen offen, die der Treuhänder sodann - entsprechend der ihnen zustehenden Quote - an die Insolvenzgläubiger weiterleitete.

174

Im Einzelnen kam es zu folgenden Taten:

175

2. (Fall 1 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

176

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 07.06.2004 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.413,84 € als Honorar von der Stadtkasse ….

177

3. (Fall 2 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

178

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 24.06.2004 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.499,76 € als Honorar von der Stadtkasse ….

179

4. (Fall 4 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

180

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 29.07.2004 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 3.606,21 € als Honorar von der Landeszentralkasse ... .

181

5. (Fall 9 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

182

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 20.10.2004 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.041,91 als Honorar von der Stadtkasse … .

183

7. (Fall 13. der Anklageschrift vom 30.11.2009)

184

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 07.12.2004 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.000,00 € als Honorar vom Deutschen … .

185

8. (Fall 16 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

186

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 22.12.2004 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 3.312,96 € als Honorar von der … AG.

187

9. (Fall 17 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

188

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 28.12.2004 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 10.000,00 als Honorar von der Landeszentralkasse … .

189

10. (Fall 10 der Anklageschrift vom 16.02.2010)

190

Im Jahr 2004 erhielt der Angeklagte für die nebenberufliche Beratung öffentlicher Auftraggeber - um Reisekosten und Nutzungsentgelte bereinigte - Bruttovergütungen in Höhe von insgesamt 37.227,85 €, ohne diese gegenüber dem Dienstherrn abzurechnen und einen Anteil von 31.727,85 abzuliefern.

191

11. (Fall 19 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

192

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 11.02.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.515,36 € als Honorar von der Landeszentralkasse … .

193

12. (Fall 23 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

194

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 07.04.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.400,04 € als Honorar von der Landeszentralkasse … .

195

13. (Fall 24 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

196

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 28.04.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.247,35 € als Honorar von der …-Compagnie.

197

14. (Fall 26 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

198

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 06.05.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.897,76 € als Honorar von … .

199

15. (Fall 27 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

200

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 17.05.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.150,60 € als Honorar von … .

201

16. (Fall 32 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

202

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 10.06.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 3.741,70 € als Honorar von der Landeszentralkasse … .

203

17. (Fall 33 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

204

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 20.06.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 4.691,85 € als Honorar von der …-Compagnie.

205

18. (Fall 36 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

206

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 23.06.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.429,58 € als Honorar von der …-Compagnie.

207

19. (Fall 44 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

208

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 12.09.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.015,46 € als Honorar von der …-Kompanie.

209

20. (Fall 46 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

210

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 27.09.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.090,90 € als Honorar von der …-Compagnie.

211

21. (Fall 47 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

212

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 04.10.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 8.000,00 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

213

22. (Fall 48 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

214

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 04.10.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 3.861,96 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

215

23. (Fall 53 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

216

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 27.10.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.965,49 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

217

24. (Fall 57 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

218

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 01.12.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.399,08 € als Honorar von der …-Compagnie.

219

25. (Fall 62 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

220

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 19.12.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.000,00 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

221

26. (Fall 63 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

222

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 20.12.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.194,80 € als Honorar von den Rechtsanwälten … .

223

27. (Fall 64 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

224

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 22.12.2005 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.156,75 € als Honorar von der Stadtkasse … .

225

29. (Fall 67 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

226

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 26.01.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 4.000,00 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

227

30. (Fall 68 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

228

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 02.02.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.000,00 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

229

31. (Fall 69 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

230

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 09.02.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.549,29 € als Honorar von der …-Compagnie.

231

33. (Fall 73 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

232

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 09.03.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 2.659,94 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

233

34. (Fall 79 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

234

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 27.04.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.276,75 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

235

35. (Fall 81 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

236

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 12.06.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.099,85 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

237

36. (Fall 83 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

238

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 26.06.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.912,67 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

239

37. (Fall 89 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

240

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 30.08.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 3.480,00 € als Honorar von der …-GmbH.

241

38. (Fall 92 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

242

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 25.09.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.200,00 € als Honorar von Rechtsanwältin … .

243

39. (Fall 99 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

244

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 09.11.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.014,19 € als Honorar von der … .

245

40. (Fall 100 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

246

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 15.11.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.433,76 € von der Stadtkasse … .

247

41. (Fall 105 der Anklageschrift vom 30.11.2009)

248

Nach Stellung einer entsprechenden Rechnung vereinnahmte der Angeklagte am 27.12.2006 auf dem Konto bei der …bank einen Betrag in Höhe von 1.500,00 € als Honorar von der … GmbH & Co. KG.

249

Der Angeklagte beging die Taten, um sich dadurch eine regelmäßige zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen.

250

Ein Anlass für eine Lösung von den Feststellungen im Strafurteil besteht nicht. Das Disziplinargericht hat die erneute Prüfung nur solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind (§ 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG). Die Verwaltungsgerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, etwa einer den rechtlichen Anforderungen nicht genügenden Urteilsabsprache, zustande gekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 2014 - 2 B 84.13 -, Rn. 9 m.w.N., juris). Wird im gerichtlichen Disziplinarverfahren das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Verwaltungsgerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen (etwa, es habe einen Deal gegeben) oder bloßes Bestreiten genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG ergeben kann. Anhaltspunkte für eine unzulässige Urteilsabsprache können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Angeklagte nicht zur Sache vernommen worden ist, er lediglich ein formelhaftes Geständnis abgegeben hat, das Strafgericht seine Überzeugung von der Täterschaft im Urteil nur pauschal begründet hat oder der Antrag der Staatsanwaltschaft mit der verhängten Strafe übereingestimmt hat (BVerwG, Beschluss vom 26. August 2010 - 2 B 43.10 - Rn. 6, m.w.N., juris; zum Ganzen vgl. auch: BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2011 - 2 B 74.11 - Rn. 13 m.w.N., juris). Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

251

Der Beklagte bestreitet die nach § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 BDG bindenden tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil schon nicht. Er greift lediglich die rechtliche Bewertung seines Verhaltens als nicht strafbar an. So legt er lediglich dar, sein Verteidiger im Strafverfahren habe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes sowie der Besonderheiten im Insolvenzplanverfahren überzeugend die Auffassung vertreten, dass sein Verhalten nicht strafwürdig gewesen sei. Dem habe sich auch der Insolvenzverwalter, …, angeschlossen. Der Senat ist aber ohnehin nur an die tatsächlichen Feststellungen, nicht an die rechtliche Würdigung gebunden. Soweit der Beklagte darüber hinaus eine Inanspruchnahme von Material, Einrichtungen und Personal seines Dienstherrn bestreitet, ist dies, wie oben zu I. 3. bereits ausgeführt, nicht entscheidungserheblich, weil dem Senat insoweit nach den zwar bindenden, jedoch nur pauschalen und vom Kläger nicht näher konkretisieren Feststellungen im Strafurteil (Fälle 1, 6 und 32), die rechtliche Einordnung als Dienstpflichtverletzung(en) nicht möglich ist.

252

Der Beklagte hat auch nicht substantiiert geltend gemacht, dass die Urteilsabsprache nicht dem Anforderungsprogramm des § 257c StPO genügt. Er hat weder einen Belehrungs- noch einen Dokumentationsverstoß gerügt, noch substantiierte Einwände gegen die Urteilsabsprache erhoben.

253

Im Gegenteil: Er ist der Auffassung, die Entscheidung der Strafkammer beruhe auf einer zulässigen Urteilsabsprache. Er habe dieser zugestimmt, weil trotz Öffentlichkeit Dritte nicht anwesend gewesen seien und er seine Familie und Auftraggeber in freiberuflichen Beratungs- und Mediationsverfahren habe schützen wollen. Der Weg über eine Urteilsabsprache sei gewählt worden, weil die Staatsanwaltschaft der vom Vorsitzenden der Strafkammer nach Verhandlungen mit seinem Verteidiger angeregten vorläufigen Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage nicht zugestimmt habe. Zugleich seien die wesentlichen Elemente des „Deals“ einvernehmlich vorab geklärt worden. Dazu habe eine längere Erörterung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und seinem Verteidiger im Beratungszimmer stattgefunden. Im Anschluss daran habe ihm sein Verteidiger auf dem Flur vor dem Sitzungssaal die besprochenen Elemente des „Deals“, und zwar Geldstrafe in Höhe von 20.000,00 €, Geständnis und Rechtsmittelverzicht, „offeriert“. Dem habe er letztlich nur zugestimmt, um seine Familie und sein Ansehen zu schützen.

254

Diese Darlegungen enthalten schon keinen nachvollziehbaren Tatsachenvortrag zum Zustandekommen einer rechtsstaatswidrigen Urteilsabsprache. Der Beklagte legt nicht dar, von wem die Initiative für diese Absprache ausgegangen sein und welchen Inhalt eine derartige Initiative gehabt haben soll, welchen Verlauf die Verhandlungen im Wesentlichen genommen haben sollen, d.h. welcher Beteiligte welche Erklärungen abgegeben und welche Änderungswünsche vorgebracht haben soll, in welchem Stadium die Staatsanwaltschaft einbezogen worden und auf welche Weise es schließlich zu einer Einigung gekommen sein soll (vgl. dazu die Ausführungen in BVerwG, Beschluss vom 28. August 2010, a.a.O.).

255

Im Übrigen ist ein Rechtsmittelverzicht, der eine Urteilsabsprache unwirksam machte (vgl. § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO), nicht Gegenstand der Verständigung (vgl. Seite 2 des Sitzungsprotokolls der Strafkammer). Im Gegenteil: Der Vorsitzende der Strafkammer hat den Beklagten ausdrücklich darüber belehrt, dass er ungeachtet der getroffenen Urteilsabsprache in seiner Entscheidung frei sei, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen und dass dies unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Unverbindlichkeit der Ankündigung eines Rechtsmittelverzichts bei Verständigung auch für den Fall gelte, dass der Beklagte oder sein Verteidiger vor der Verkündung des Urteils erklärt oder erwogen hätten, Rechtsmittel nicht einzulegen (vgl. Seite 7 des Sitzungsprotokolls).

256

Der Beklagte kann nicht mit Erfolg rügen, sein Geständnis sei als ein sog. „Formalgeständnis“ anzusehen. Zwar kann § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO nur so verstanden werden, dass das verständigungsbasierte Geständnis zwingend auf seine Richtigkeit zu überprüfen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11, Orientierungssatz 2c). So hat auch das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, Anhaltspunkte für eine unzulässige Urteilsabsprache könnten sich insbesondere daraus ergeben, dass der Angeklagte nicht zur Sache vernommen worden sei, er lediglich ein formelhaftes Geständnis abgegeben habe, das Strafgericht die Überzeugung von der Täterschaft im Urteil nur pauschal begründet habe und der Antrag der Staatsanwaltschaft mit der verhängten Strafe übereingestimmt habe (BVerwG, Beschluss vom 26. August 2010 -2 B 43/10 -, Rn. 13, juris). Derartige Anhaltspunkte liegen hier indes nicht vor.

257

Hierzu ist der Beklagte der Auffassung, an seinem Geständnis bestünden durchgreifende „Glaubwürdigkeitszweifel“. Er meint, sein Verhalten im Insolvenzplanverfahren sei strafrechtlich nicht zu beanstanden gewesen. Die Fehlbuchungen bestimmter Einnahmen seien abschließend im vierten Jahr des Insolvenzplanverfahrens wieder ausgeglichen, der Insolvenzmasse zugeführt und in der vereinbarten Quotelung an die Gläubiger ausgekehrt worden. Diese hätten dem Abschlussbericht des Treuhänders zugestimmt, weil ihnen entgegen der Ansicht des Klägers kein Schaden entstanden sei. Das zuständige Amtsgericht … habe das Ergebnis bestätigt und die Restschuldbefreiung erteilt. Sein Verteidiger sei demgemäß davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Fehlbuchungen allenfalls eine Vermögensgefährdung vorgelegen habe, die unter den Bedingungen des geordneten Insolvenzplanverfahrens strafrechtlich nicht relevant geworden sei. Ferner seien disziplinarische Folgen im Hinblick auf das geringfügige Strafmaß weder bedacht noch erörtert worden. Hätte er von der Möglichkeit der verhängten Disziplinarmaßnahme gewusst, hätte er der Urteilsabsprache nicht zugestimmt sowie ohne den „Deal“ kein Schuldeingeständnis abgelegt.

258

Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 6. Juli 2010 hat sich der Angeklagte zur Sache eingelassen. Zur Überprüfung der Glaubhaftigkeit des Geständnisses des Angeklagten ist die an den Ermittlungen beteiligte Polizeibeamtin … vernommen worden sowie mit Einverständnis der Beteiligten die Zeugenaussage des Treuhänders … vom 1. April 2009 gemäß § 251 Abs.1 Nr. 1 StPO verlesen worden. Diese Beweise hat das Landgericht in seinem Urteil, wenn auch abgekürzt - dies ist zulässig gemäß § 267 Abs. 4 StPO, weil keine Rechtsmittel dagegen eingelegt worden sind - gewürdigt. So hat es in den Gründen, III. (UA Seite 12) ausgeführt:

259

Der Angeklagte hat die Taten gestanden. Sein Geständnis ist glaubhaft, denn es deckt sich mit den Angaben, welche die an den Ermittlungen beteiligte Polizeibeamtin … in der Hauptverhandlung gemacht hat. […] Aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Niederschrift der polizeilichen Vernehmung des Zeugen … geht ferner hervor, dass dieser irrtümlich davon ausging, bei den Eingängen auf dem Konto bei der … handele es sich um sämtliche Honorareinnahmen des Angeklagten.

260

Die 9. Große Strafkammer des Landgerichts … hat es in ihrem Urteil als erwiesen erachtet, dass der Beklagte sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand des Betruges einschließlich überschießender Innentendenz in Form der Bereicherungsabsicht (§ 263 Abs. 1 StGB) zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens begangen hat.

261

Dazu hat die Strafkammer (UA Seite 13) ausgeführt:

262

Er hat einen Teil der von ihm ausgestellten Honorarrechnungen mit den Daten des Kontos bei der … AG versehen, auf das nach dem Insolvenzplan sämtliche Einnahmen aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit fließen sollten, und auf einem anderen Teil der Rechnungen als Bankverbindung das Konto bei der …bank angegeben. Auf diese Weise hat der Angeklagte dafür gesorgt, dass auf dem Konto bei der … AG regelmäßig erhebliche Honorareinnahmen eingingen und gegenüber dem Zeugen … stillschweigend zum Ausdruck gebracht, dass es sich dabei um sämtliche Einnahmen aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit handelte. In den Fällen 2 bis 5, 7 bis 9, 11 bis 27, 29 bis 31 und 33 bis 41 floss das Honorar jedoch tatsächlich auf das Konto bei der … Bank.

263

Der Zeuge … ging infolge dieser Täuschung irrig davon aus, als Insolvenzverwalter oder als Treuhänder die gesamten Honorareinnahmen des Angeklagten erhalten zu haben. Aufgrund seines Irrtums verfügte er über das Vermögen der Insolvenzgläubiger, indem er es unterließ, die auf dem Konto bei der …bank eingegangenen Beträge ebenfalls zu vereinnahmen und – entsprechend der ihnen zustehenden Quote – an die Gläubiger zu verteilen. Durch diese ihnen zuzurechnende Vermögensverfügung des Zeugen … ist den Insolvenzgläubigern ein Betrugsschaden in Gestalt einer konkreten Vermögensgefährdung entstanden, denn der Treuhänder hat erst im Jahre 2007 von den weiteren Einnahmen des Angeklagten erfahren und die restlichen Beträge an die Gläubiger ausgekehrt.

264

(…)
Er wusste, dass alle nebenberuflichen Einnahmen auf das Konto der … AG fließen sollten und dass der Zeuge … nur auf diesem Konto die eingehenden Beträge an die Gläubiger verteilen würde. Indem der Angeklagte einen Teil seiner Einnahmen auf das Konto bei der …bank leitete, wollte er sie dem Zugriff des Insolvenzverwalters bzw. Treuhänders entziehen und sich auf diese Weise einen Vermögensvorteil verschaffen, auf den er nach den Regelungen des Insolvenzplans keinen Anspruch hatte.

265

So räumt der Beklagte auch Fehlbuchungen von Einnahmen ein, zieht daraus allerdings wegen der Auskehrung der Gelder zum Abschluss des Insolvenzplanverfahrens an die Gläubiger den rechtlichen Schluss eines nicht strafbaren Verhaltens. Abgesehen davon, dass die Disziplinargerichte, wie bereits mehrfach ausgeführt, nur an die tatsächlichen Feststellungen, nicht aber an die rechtliche Würdigung gebunden sind, gilt Folgendes: Zur Verwirklichung des Betrugstatbestandes nach § 263 Abs. 1 StGB ist bereits die konkrete Gefährdung des Gläubigervermögens in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ausreichend. Auf den Eintritt eines Schadens kommt es nicht an.

266

Der Beklagte beanstandet schließlich erstmals in seinem Schriftsatz vom 28. Juli 2016, dass die Bindungswirkung des Urteils entfalle, weil in der Verständigung eine bestimmte Strafe vereinbart worden und dies unzulässig sei. Ungeachtet der Frage einer fristgerecht vorgebrachten Rüge - die Disziplinarklage ist dem Beklagten am 2. Juli 2013 mit einer Einlassungsfrist von vier Wochen sowie unter wörtlicher Wiedergabe und Hinweis auf die in § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 55 Abs. 1 und 58 Abs. 2 BDG geregelten Fristen und die Folgen der Fristversäumnis zugestellt worden -, hat seine Rüge auch in der Sache keinen Erfolg.

267

Zwar legt die Urteilsabsprache lediglich eine Strafobergrenze, nicht aber eine Strafuntergrenze fest.

268

Dazu heißt es auf Seite 2 des Sitzungsprotokolls vom 6. Juli 2010:

269

Die Kammer schlägt vor, dass gegen den Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine Gesamtgeldstrafe von nicht mehr als 200 Tagessätzen zu je 100,00 Euro verhängt werden soll.

270

Vorgelesen und genehmigt.

271

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte erklärten, ein jeder für sich:

272

Ich bin mit dem Vorschlag der Kammer einverstanden.

273

Allerdings führt dies ungeachtet der Frage der Zulässigkeit nicht zu einer Beschwer des Beklagten und damit nicht zur Lösung von den Feststellungen des Urteils. Denn es sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich noch hat der Beklagte dargelegt, dass er im Fall der Angabe einer Strafuntergrenze durch die Strafkammer der Verständigung nicht zugestimmt hätte. Vielmehr war nach seinen Darlegungen die Abgabe des Geständnisses nicht von der Festlegung einer Strafuntergrenze, sondern von der zu erwartenden Ansehensschädigung seiner Person und der seiner Ehefrau bei der mit Blick auf den Umfang des Verfahrens zu erwartenden langen Prozessdauer beeinflusst. Zudem hat er vorgetragen, dass er ein Geständnis nicht abgegeben hätte, wenn er mit den disziplinarischen Folgen einer Verurteilung gerechnet hätte. Demgemäß ist schon nach seinen eigenen Angaben die fehlende Benennung einer Strafuntergrenze nicht kausal für die Abgabe seines Geständnisses gewesen.

274

Der Senat orientiert sich damit an der Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2010 – 1 StR 347/10 -. Darin hat der 1. Strafsenat ausgeführt (Rn. 7ff., juris):

275

aa) Nach dieser Vorschrift (gemeint ist § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO, Anmerkung durch den Disziplinarsenat) kann das Gericht - im Rahmen seiner Pflicht zur Bekanntgabe des Inhalts einer möglichen Verständigung (§ 257c Abs. 3 Satz 1 StPO) - unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Vereinbarung einer bestimmten Strafe (sog. Punktstrafe; vgl. hierzu BGH Beschluss vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06, BGHSt 51, 84, 86) bleibt damit nach der gesetzlichen Neuregelung des Verständigungsverfahrens nach wie vor unzulässig (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 345/10). Ob allerdings nach dieser Regelung das Gericht bei der Bekanntgabe des möglichen Verfahrensergebnisses zwingend auch einen Strafrahmen anzugeben hat oder ob - im Hinblick auf die Ausgestaltung als "Kann-Vorschrift" - die isolierte Angabe einer Strafober- oder Strafuntergrenze ausreicht, wird unterschiedlich beurteilt (letzteres bejahend: Niemöller in N/Sch/W, VerstG, § 257c Rn. 46; SK-StPO/Velten, § 257c Rn. 21; Bittmann, wistra 2009, 415; verneinend Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 257c Rn. 20; vgl. auch Senat, Beschluss vom 4. Februar 2010 - 1 StR 3/10, NStZ-RR 2010, 152). Angesichts des Wortlauts der Vorschrift ("Ober- und Untergrenze der Strafe"; "der in Aussicht gestellte Strafrahmen [§ 257c Abs. 4 Satz 1]") und der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/13095 S. 3 [Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses]: "wobei das Gericht eine […] tat- und schuldangemessene Strafober- und Strafuntergrenze anzugeben hat") sprechen gewichtige Gründe dafür, dass nach dem Willen des Gesetzgebers das Gericht nach fallbezogener Verengung des gesetzlichen Strafrahmens stets einen konkreten Rahmen für die schuldangemessene Strafe, bestehend aus einer Strafober- und einer Strafuntergrenze, anzugeben hat.

276

bb) Der Senat kann diese Frage indessen offen lassen, da der Angeklagte nicht beschwert ist.

277

Der Gesetzgeber ist mit der Regelung in § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO einer Forderung der Generalstaatsanwälte nachgekommen, die in der Festlegung einer unteren Strafgrenze ein legitimes Anliegen der Staatsanwaltschaft gesehen haben, ihre Vorstellung von einem gerechten Schuldausgleich nicht nur nach oben, sondern auch nach unten abgesichert zu sehen (NJW Sonderdruck "Der Deal im Strafverfahren" 2006, 9, 10). Die Benennung einer Strafuntergrenze trägt daher vordringlich den Interessen der Staatsanwaltschaft Rechnung (vgl. AnwK-StPO/Püschel, 2. Aufl., § 257c Rn. 22 mwN; hinsichtlich einer daneben bestehenden Informationsfunktion für den Angeklagten vgl. BT-Drucks. 16/11736 S. 12), deren Zustimmung für das Zustandekommen einer Verständigung im Unterschied zu der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des § 257c StPO nunmehr unerlässlich ist. Fehlt es an der Angabe einer Strafuntergrenze durch das Gericht, kann dies in der Regel nur von der Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Revision zum Nachteil des Angeklagten beanstandet werden.

278

Daran ändert auch das vom Beklagten in Bezug genommene Urteil des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. – (BVerfGE 133, 168 ff., juris) zur Zulässigkeit von Verständigungen im Strafverfahren nichts. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung ausgeführt, dass es Gericht und Staatsanwaltschaft untersagt sei, sich auf einen Vergleich im Gewande des Urteils, auf einen „Handel mit der Gerechtigkeit“ einzulassen und mit dem Angeklagten einen bestimmten Schuldspruch oder auch nur eine konkrete Strafe zu vereinbaren. Der Rechtsanwendungspraxis sei es untersagt, das vom Gesetzgeber normierte Strafverfahren in einer Weise zu gestalten, die auf solche vertragsähnlichen Erledigungsformen hinausliefen (vgl. BVerfG a.a.O., Rn. 105 m.w.N.). Ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Vereinbarung einer Strafobergrenze unter Auslassung einer Strafuntergrenze um die unzulässige Vereinbarung einer sog. Punktstrafe handelt, lässt sich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts indes nicht entnehmen, dass sich der jeweilige Beschwerdeführer bei Fehlen einer Beschwer darauf berufen kann. Dementsprechend geht der Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25. August 2014 - 2 BvR 2048/13 – (NJW 2014, 3506 f.), mit welchem das Urteil des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofes vom 7. August 2013 - 5 StR 253/13 – (NStZ 2013, 728 f.) aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zur Aufhebung des Urteils der Großen Strafkammer des Landgerichts … zurückverwiesen worden ist, von der notwendigen Ursächlichkeit des Verfahrensverstoßes – hier eines Belehrungsverstoßes – für die Abgabe des Geständnisses aus und lässt das Erfordernis einer einzelfallbezogenen Beruhensprüfung als Ausnahmefall nicht entfallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn 17, juris); dort heißt es:

279

Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben genügen die angegriffenen Urteile nicht. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht vor seiner Zustimmung zur Verständigung nach § 257c Abs. 5 StPO belehrt wurde, verletze das Recht auf ein faires Verfahren und seine Selbstbelastungsfreiheit. Der Bundesgerichtshof verkennt im Rahmen der Prüfung, ob das Urteil des Landgerichts Berlin auf dieser Verletzung des Gesetzes beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), die grundlegende Bedeutung der Belehrungspflicht nach § 257c Abs. 5 StPO für die betroffenen Grundrechte. Er schließt ein Beruhen des Geständnisses (und damit auch des landgerichtlichen Urteils) auf der im Verstoß gegen die Belehrungspflicht liegenden Grundrechtsverletzung aus, weil davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer das Geständnis auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte. Indes beruht diese Schlussfolgerung nicht auf Feststellungen, die die Willensbildung des Beschwerdeführers konkret in den Blick nehmen, sondern auf der generalisierenden Annahme, dass ein anwaltlich verteidigter Angeklagter, demgegenüber die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO unmittelbar nach Zustandekommen der Verständigung erfolgt, bei Ablegung seines Geständnisses nach einer Überlegungsfrist von einer Woche jedenfalls dann nicht mehr unter dem Eindruck der zunächst ohne Belehrung geschlossenen Verständigung steht, wenn das Geständnis unter Mitwirkung seines Verteidigers entstanden ist und dieser die Verständigung selbst initiiert hat. Eine solchermaßen vom Einzelfall losgelöste Beruhensprüfung würde es erlauben, Verstöße gegen die Belehrungspflicht des § 257c Abs. 5 StPO im Ergebnis unbeanstandet zu lassen, ohne dass konkrete, auf den tatsächlichen Informationsstand des jeweiligen Angeklagten und seine Motivation zur Abgabe des Geständnisses bezogene Feststellungen getroffen werden müssten. Dies wäre jedoch mit dem Ausnahmecharakter des Beruhensausschlusses in derartigen Fällen nicht in Einklang zu bringen.

280

2) Nach den im Strafurteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts … vom 6. Juli 2010 festgestellten Handlungen (siehe oben 1) hat der Beklagte im Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2006 vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft in 36 Fällen einen Betrug zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens begangen und damit seine ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 36 Satz 3 BRRG a.F. iVm § 66 Satz 3 LBG a.F.) verletzt. Nach dieser Vorschrift muss das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Daraus folgt, dass der Beamte auch außerdienstlich, d.h. in seiner Freizeit, verpflichtet ist, alles zu unterlassen, was dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung schadet. Ein ansehenschädigendes Verhalten wie es in der Begehung von Straftaten zu sehen ist, stellt zwangsläufig eine Verletzung der Wohlverhaltenspflicht dar.

281

Der Beklagte hat in einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren Gelder in Höhe von 88.759,80 Euro, die nach den Vereinbarungen im Insolvenzplan den Gläubigern zugestanden hätten, was er auch wusste, auf seinem Konto bei der …bank vereinnahmt und nicht auf das dafür bei dem Treuhänder geführte und vorgesehene Treuhandkonto bei der … AG eingezahlt. Indem er aber weiterhin Zahlungen aus Aufträgen mit seinen Vertragspartnern auf das Treuhandkonto bei der … AG veranlasst hat, hat er beim Treuhänder den Eindruck erweckt bzw. den Irrtum erregt, es handele sich um sämtliche nach den Vereinbarungen des Insolvenzplans abzuführende Honorareinnahmen, sodass dieser es unterlassen hat, die den Gläubigern des Insolvenzplanverfahrens zustehenden Gelder einzuziehen. Dies hat der Treuhänder erst nach Kenntnis im Jahre 2007 getan und die vereinnahmten Gelder an die Gläubiger ausgekehrt, so dass die Gläubiger zwar letztlich keinen Schaden, aber eine schadensgleiche Vermögensgefährdung erlitten haben.

282

Dieses Verhalten erfüllt den objektiven und subjektiven Tatbestand des Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB, und zwar in 36 Fällen, und stellt damit eine vorsätzliche, rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der Wohlverhaltenspflicht dar.

283

3) Durch diese Pflichtverletzungen hat der Beklagte ein außerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 45 Abs. 1 BRRG a.F. iVm § 93 Abs. 1 LBG a.F. begangen. Nach diesen Vorschriften ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

284

Der Strafrahmen des Betruges sieht Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor (§ 263 Abs. 1 StGB). Allein aufgrund der Höhe dieser Strafandrohung erfüllen die außerdienstlichen Pflichtverletzungen die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. iVm § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 ff. Rn. 24, vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - juris Rn. 11 ff. mwN, 22 und - 2 C 13.10 - juris Rn. 11 ff mwN, 17 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - LS 1 und Rn. 27 ff.).

285

Auch wenn der Beklagte mehrere Pflichtverletzungen begangen hat, liegt nur ein Dienstvergehen vor. Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Danach ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zutage getretene Fehlverhalten des Beamten einheitlich zu würdigen. Diese stellen disziplinarrechtlich eine Einheit dar. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen. Nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten kann beurteilt werden, ob der Beamte im Beamtenverhältnis noch tragbar ist und, falls dies zu bejahen ist, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, um ihn zur künftigen Einhaltung der Dienstpflichten und der Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums anzuhalten (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 19, vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - juris Rn. 12, vom 14. Februar 2007 - 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 = juris jeweils Rn. 21 f.; Beschlüsse vom 6. Juni 2013 - 2 B 50.12 - juris Rn. 14 und vom 11. Februar 2014 - 2 B 37.12 - juris Rn. 17).

286

4) Das danach gegebene außerdienstliche Dienstvergehen rechtfertigt bereits mit Blick auf die erkannte Geldstrafe keine Aberkennung des Ruhegehaltes, sondern dieses wäre mit einer Kürzung des Ruhegehaltes (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 LDG) angemessen geahndet (a). Eine Kürzung des Ruhegehaltes darf indes nicht ausgesprochen werden, weil diese nicht zusätzlich erforderlich ist, um den Beklagten im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 LDG zur Pflichterfüllung anzuhalten (b).

287

a) Die Bestimmung dieser Maßnahme beruht auf § 13 Abs. 1 LDG. Danach ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Aus § 13 LDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten.

288

Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG ergebenden Bemessungskriterien mit den ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies ist dem auch im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) geschuldet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 32, vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 Rn. 21 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - Rn. 35).

289

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfasst seine persönlichen Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das Kriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (stRspr. des BVerwG, grundlegend: Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 ff. = juris; Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 = juris, jeweils Rn. 11 ff.; zuletzt Urteile vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - juris Rn. 39 ff., vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 ff = juris jeweils Rn. 13 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 -).

290

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen zunächst nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein (vgl. zuletzt BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - Rn. 29, 34 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 14 mwN).

291

Die Entscheidung des Gesetzgebers, durch § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens einzuschränken, wirkt sich auch auf die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 3 LDG aus. Sie führt dazu, dass ein Dienstvergehen außerhalb des Dienstes jedenfalls dann regelmäßig nicht die Beendigung des Beamtenverhältnisses nach sich zieht, wenn es keine Rückschlüsse auf die Dienstausübung der Betroffenen zulässt, seine disziplinarrechtliche Relevanz sich vielmehr ausschließlich aus dem damit verbundenen Ansehensschaden ergibt (in diesen Fällen ist zusätzlich eine außergewöhnliche Höhe des Betrugsschadens erforderlich, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - Rn. 34; demgegenüber kann bei einem Betrug zum Nachteil des Dienstherrn (etwa einem Beihilfebetrug) als innerdienstliches Dienstvergehen bei einem Gesamtschaden von über 5.000,00 € eine Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt sein, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 6. Mai 2015 – 2 B 19/14 -, juris Rn. 11).

292

Begeht ein Beamter außerdienstliche Dienstvergehen ist zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422Rn. 31 und vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (zitiert nach BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50.13 -, juris Rn. 15).

293

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG - BVerwGE 140, 185Rn. 24). Delikte, die - wie gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftaten - angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229Rn. 32; Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 B 111.13 - juris Rn. 13 und Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - ZBR 2015, 422Rn. 36; zitiert nach BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50/13 -, juris Rn. 17).).

294

Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Dabei ist die bei außerdienstlichen Vergehen bestehende Indizwirkung des ausgeurteilten Strafmaßes für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen. Danach kann bei einer außerdienstlich begangenen Straftat zur Feststellung der Schwere des begangenen Dienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 – 2 C 83.08 – BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – BVerwGE 152, 228 Rn 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (Urteile vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50/13 -, juris Rn. 15 und vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – BVerwGE 152, 228 Rn 38; zuletzt BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 2 B 24.16 -, Rn 13f.).

295

Nach diesen Grundsätzen ist die Aberkennung des Ruhegehaltes keine angemessene Sanktion für das von dem Beklagten begangene außerdienstliche Dienstvergehen. Vielmehr ist das außerdienstliche Dienstvergehen des Beklagten mit einer Kürzung des Ruhegehalts als nächst niedrigere Maßnahme bei Ruhestandsbeamten tat- und schuldangemessen geahndet.

296

Die 9. Große Strafkammer des Landgerichts … hat den Beklagten wegen Betruges in 38 Fällen und wegen Untreue in drei Fällen, Vergehen nach § 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, §§ 266, 53 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 100,00 Euro verurteilt. Dabei ist aber zu bedenken, dass der Senat, der zwar an die Feststellungen, indes nicht an die rechtliche Bewertung der Strafkammer gebunden ist, eine Sanktionierung für die abgeurteilten beiden Betrugsvorwürfe und drei Untreuevorwürfe zum Nachteil des Klägers nicht aussprechen kann, weil sowohl die Feststellungen der Strafkammer als auch die Darlegungen des Klägers in der Klageschrift und in der ergänzten Klageschrift vom 22. September 2016 nicht die Feststellung einer bestimmten Dienstpflichtverletzung ermöglichen (vgl. die Ausführungen zu I. 1. und 3.). Obwohl die Strafkammer in allen Betrugsfällen von der Verwirklichung eines Regelbeispiels in Form der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB ausgegangen ist, hat sie wegen des Vorliegens gewichtiger Milderungsgründe den Strafrahmen aus dem Grundtatbestand des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB entnommen (UA S. 16). Dieser sieht eine Freiheitstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Ob danach der Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bei außerdienstlich begangenen Straftaten bereits die Aberkennung des Ruhegehaltes rechtfertigte (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50/13 -, juris Rn. 16: bei außerdienstlichen Straftaten mit einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe Maßnahmemessung grundsätzlich bis zu Kürzung; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - LS 2 und Rn. 20, juris: Begehung einer Straftat mit einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitstrafe unter Ausnutzung der Dienststellung Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis), kann dahingestellt bleiben. Denn der Strafrahmen gibt lediglich einen abstrakten Orientierungsrahmen vor. Liegt indes bereits eine strafrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Verhaltens durch ein Strafgericht vor, ist die davon ausgehende Indizwirkung der verhängten Strafe in den Blick zu nehmen. Gegen den Beklagten ist im sachgleichen Strafverfahren eine Geldstrafe verhängt worden. Danach käme die Ahndung mit der disziplinarischen Höchstmaßnahme nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2016, a.a.O). Diese liegen indes nicht vor. Im Gegenteil: Die Gläubiger des Insolvenzplanverfahrens haben keinen Vermögensschaden erlitten, weil die vom Beklagten auf sein Konto vereinnahmten Beträge nachträglich vom Treuhänder an sie ausgekehrt worden sind. Dass es deshalb für die Gläubiger lediglich bei einer Vermögensgefährdung geblieben ist, hat auch die Strafkammer u.a. als gewichtigen Strafmilderungsgrund angesehen (UA S. 16). Damit sind die Taten für die Gläubiger folgenlos geblieben.

297

Die Höhe der Vermögensgefährdung (Fälle 2 bis 5, 7 bis 9 im Jahre 2004: 22.874,68 Euro, Fälle 11 bis 27 im Jahre 2005: 42.758,68 Euro, Fälle 29 bis 31, 33 bis 41 im Jahre 2006: 23.126,45 Euro; insgesamt: 88.759,81 €) ist zwar beträchtlich. Allerdings führte auch dies - und dabei ist hier das Nichtvorliegen eines Vermögensschadens zu berücksichtigen - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Steuerhinterziehung ohne dienstlichen Bezug nicht zwingend zur Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 – 2 C 16.10 -, juris Rn. 34). Ist danach der Umfang der hinterzogenen Steuer besonders hoch, was bei einem sechsstelligen DM-Betrag angenommen worden ist (stRspr; vgl. Urteil vom 8. September 2004 – BVerwG 1 D 18.03 – Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 S. 14), soll eine Zurückstufung angemessen sein. Davon ausgehend komme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehaltes in Betracht, wenn der Hinterziehungsbetrag einen siebenstelligen Euro-Betrag erreiche. Diese Grundsätze sind auch auf den streitgegenständlichen Betrug anwendbar. Denn die Straftatbestände der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO und des Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB unterscheiden sich im Wesentlichen in der Art des geschädigten Gläubigers (Staat oder Privatperson). Diesen Schadensumfang hat die streitgegenständliche Vermögensgefährdung in Höhe eines fünfstelligen Euro-Betrages bzw. nach Umrechnung eines sechsstelligen DM-Betrages bei weitem nicht erreicht.

298

Daran ändert auch die Dauer – der Beklagte hat über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren Beträge vereinnahmt – und die Häufigkeit der Taten (34 Betrugsvorwürfe) nichts. Denn diese stehen in einem sehr engen örtlichen, zeitlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang, dem über einen Zeitraum von drei Jahren laufenden Insolvenz- und Insolvenzplanverfahren. Zudem haben die Taten noch nicht einmal einen mittelbaren Dienstbezug. Einen – wie auch immer gearteten – „Hochschullehrer-Malus“ gibt es nicht einmal für innerdienstliche Vermögensdelikte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6. Mai 2015 – 2 B 19.14 – juris Rn. 19).

299

Schließlich führen auch die strafrechtlichen Vorbelastungen nicht zur Verhängung der Höchstmaßnahme. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass gegen den Beklagten bereits unmittelbar vor dem hier streitgegenständlichen Verhalten, und zwar mit Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 2. Juli 2003 wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen betreffend Steuerverkürzungen in den Jahren 1995 bis 1997 von insgesamt 139.237,00 DM, eine Gesamtgeldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 40,00 Euro verhängt worden ist, und er sich die Verurteilung offenbar nicht hat zur Warnung gereichen lassen. Allerdings hätte dies nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die zudem einen Steuerbeamten betraf, lediglich zur Zurückstufung geführt. Ferner hat auch die Strafkammer die Vorstrafen des Beklagten bei der Strafzumessung als belastenden Umstand abgewogen und hat dennoch auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt (UA S. 3 und 16).

300

Anerkannte Milderungsgründe vermag der Senat nicht zu erkennen. In diesem Zusammenhang hat der Senat bedacht, dass Auslöser der finanziellen Situation (Insolvenz) des Beklagten der erhebliche Verlust bei der Veräußerung seines Anwesens in … und eine Fehlberatung seiner Steuerberaterin gewesen sein soll. Zudem soll der Suizid seiner Tochter … im Jahre 2004 hinzugekommen sein. Beim anerkannten Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt zeitweilig aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden, wenn der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (stRspr.; vgl. BVerwG Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - Rn. 40 f., juris; Beschlüsse vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Rn. 29, juris, und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Rn. 32, juris). Dieser Milderungsgrund ist aber bereits deshalb zu verneinen, weil ein – auch ein länger andauernder - finanzieller Engpass nicht außergewöhnlich ist. Da der Beklagte die finanzielle Situation anschließend durch den erfolgreichen Abschluss des Insolvenzplanverfahrens überwinden konnte, bestand schon objektiv keine ausweglose wirtschaftliche Notlage, so dass der anerkannte Milderungsgrund der unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage gleichfalls zu verneinen ist, abgesehen davon, dass dieser Milderungsgrund ein zeitlich begrenztes Verhalten voraussetzt und mit einem Versagen über einen längeren Zeitraum nicht vereinbar ist (vgl. zu diesem Milderungsgrund BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Rn. 74 mwN, juris, und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 34 mwN, juris). Dem Milderungsgrund des Handelns in einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation steht ebenfalls schon entgegen, dass sich der Beklagte in einer länger andauernden finanziellen Belastungssituation, und zwar des über einen Zeitraum von ca. vier Jahren andauernden Insolvenz- und Insolvenzplanverfahrens, befand, die schon aufgrund ihrer Dauer nicht geeignet ist, als „Ausnahmesituation" im Sinne des anerkannten Milderungsgrundes angesehen zu werden (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 1 D 77.97 - Rn. 14 f., juris). Gegen eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation spricht ebenfalls die lange Dauer seines Fehlverhaltens und die Anzahl der in diesem Zeitraum begangenen Taten (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -, juris Rn. 13 mwN).

301

Dass diese Umstände in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes vergleichbar sind, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dagegen spricht bereits, dass es gerade Sinn und Zweck des Insolvenzplanverfahrens gewesen war, eine Insolvenz des Beklagten abzuwenden und seine wirtschaftliche Situation zu beheben.

302

Schon aus diesem Grund kommt eine weitere Herabsetzung der Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht. Zwar bedarf es in den Fällen, in denen nicht auf die Höchstmaßnahme zu erkennen ist, grundsätzlich nicht anerkannter Milderungsgründe oder entlastender Umstände von vergleichbarem Gewicht, sondern jeder mildernde Umstand kann entlastend berücksichtigt werden. Indes ist mit der Ruhegehaltskürzung bereits eine Maßnahme gewählt, die zwei Stufen unter der bei einem aktiven Beamten möglichen Höchstmaßnahme angesiedelt ist. (Eine Herabstufung ist bei Ruhestandsbeamten unzulässig und wäre es auch bei dem Beklagten, da er kein Laufbahnbeamter ist). Eine noch unterhalb der Kürzung liegende Sanktion des außerdienstlichen Dienstvergehens dürfte aber zum einen schon aus rechtlichen Gründen bei einem Ruhestandsbeamten nicht ausgesprochen werden (vgl. § 5 Abs. 2 LDG). Vor allem aber stellte ihre Verhängung keine tat- und schuldangemessene Reaktion auf das Fehlverhalten des Beklagten.

303

Aufgrund von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK kann in den Fällen, in denen - wie vorliegend - nach einer Gesamtwürdigung nicht auf die disziplinare Höchstmaßnahme zu erkennen ist, sondern eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme für ausreichend erachtet wird, eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden, wenn das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis wegen der mit dem Verfahren verbundenen Belastungen gemindert ist (stRpr., vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - Rn. 54, juris und zuletzt Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 - Rn. 44 m.w.N., juris, sowie Beschluss vom 10. Oktober 2014 – 2 B 66.14 – Rn. 8, juris, sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12, juris). Eine Dauer von mehr als zehn Jahren - die letzte Tat war am 27. Dezember 2006 - ist auch insbesondere wegen der ohne sachliche Gründe erst zwei Jahre und sieben Monate nach Zustellung des rechtskräftigen Strafurteils erhobenen Disziplinarklage unangemessen lang. Allerdings rechtfertigte die unangemessene Verfahrensdauer nicht die aus rechtlichen Gründen unzulässige weitere Herabsetzung der Disziplinarmaßnahme, also die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Kürzung, sondern lediglich einer solchen innerhalb der Kürzung. Dadurch wirkt sich die unangemessen lange Verfahrensdauer mildernd auf die Verhängung der Maßnahme aus. Denn die Kürzung sieht einen nach oben hin beschränkten Rahmen von höchstens 20 Prozent der monatlichen Bezüge für einen Zeitraum von längstens drei Jahren vor (vgl. § 11 Satz 1 LDG), innerhalb dieses der Senat die für das Fehlverhalten des Beklagten angemessene Sanktion bestimmt hat.

304

Innerhalb dieses Rahmens und unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände hält der Senat eine Kürzung von 10 Prozent des monatlichen Ruhegehaltes für einen Zeitraum von einem Jahr für tat- und schuldangemessen.

305

Dabei hat der Senat ergänzend bedacht, dass die hohe Schadenssumme nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (stRspr; vgl. Urteil vom 8. September 2004 – BVerwG 1 D 18.03 – Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 S. 14) grundsätzlich die Zurückstufung gerechtfertigt hätte. Daran ändert auch nichts, dass der Schaden sich nicht realisiert hat, sondern es bei einer „bloßen Vermögensgefährdung“ geblieben ist. Denn zum einen hat der Beklagte dem Treuhänder nach den Feststellungen des Strafurteils (UA S. 5) erst im Jahre 2007 die vereinnahmten Beträge unter dem Druck des inzwischen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens offengelegt. Zum anderen ist der Beklagte einschlägig vorbelastet.

306

b) Die danach angemessene Disziplinarmaßnahme in Form der Kürzung des Ruhegehaltes ist indes nicht zulässig, weil sie bei dem Beklagten als Ruhestandsbeamten nicht zusätzlich erforderlich ist, um ihn im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 LDG zur Pflichterfüllung anzuhalten.

307

Die Nichtanwendung des Maßnahmeverbots des § 14 LDG setzt voraus, dass die Disziplinierung bei sogenannten mittelschweren Dienstvergehen zusätzlich erforderlich sein muss, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Das bedeutet, dass über die strafrechtliche Ahndung hinaus die Notwendigkeit einer Disziplinierung bestehen muss. Der Maßnahme kommt damit eine Erziehungsfunktion zu. Die individuelle Erziehungsbedürftigkeit des Beamten ist im Einzelfall im Wege einer Prognose festzustellen. Dabei ist Voraussetzung für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme die konkrete Befürchtung, der Beamte werde sich durch die strafrechtliche Sanktion nicht auch zu künftiger Einhaltung seiner Pflichten aus dem Beamtenverhältnis bewegen lassen. Bei der Erstellung der Prognose verbietet der Schutzzweck des § 14 LDG jegliche typisierende und pauschalierende Bewertungen. Bei Ruhestandsbeamten kommt indes ein Erziehungsbedürfnis nur bei echten Ruhestanddelikten (§ 2 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe b LDG) in Betracht. Andere Handlungen – selbst Straftaten, die eine hiervon nicht umfasste Handlung beinhalten – sind bei dieser Beamtengruppe keine Dienstvergehen (vgl. Praxis der Kommunalverwaltung, Landesausgabe Schleswig-Holstein, Stand Januar 2017, LDG-Kommentar, § 14, 3.4; LBG-Kommentar, Stand Februar 2017, § 50, 1.1).

308

Nach diesen Grundsätzen besteht bei dem Beklagten als Ruhestandsbeamten kein Erziehungsbedürfnis, weil das außerdienstliche Dienstvergehen, welches in einer Verletzung der Wohlverhaltenspflicht durch Begehung von Straftaten, nämlich durch einen Betrug zum Nachteil der Gläubiger des Insolvenz- bzw. Insolvenzplanverfahrens in 36 Fällen (vgl. § 263 Abs. 1, § 53 StGB und § 36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. § 66 Satz 3 LBG a.F.) bestand, nicht die Voraussetzungen eines Ruhestandsdeliktes im Sinne der § 45 Abs. 2 BRRG a.F. in Verbindung mit § 93 Abs. 2 LBG a. F. erfüllt, und zwar selbst dann nicht, wenn auf die heute geltenden Vorschriften abzustellen ist.

309

Nach § 45 Abs. 2 BRRG a.F. (vgl. heute § 47 Abs. 2 BeamtStG) gilt es bei einem Ruhestandsbeamten als Dienstvergehen, wenn er sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt oder an Bestrebungen teilnimmt, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen oder wenn er gegen die in § 39 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BRRG a.F. (Verschwiegenheitspflicht), § 42a BRRG a.F. (Anzeigepflicht und Verbot einer Tätigkeit) und § 43 BRRG a.F. (Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken) bestimmten Pflichten verstößt. Dies entspricht der Regelung in § 93 Abs. 2 Nr. 1, 2, 5 und 3 LBG a.F. Darüber hinaus hat der Landesgesetzgeber in Anwendung der ihm nach § 45 Abs. 2 Satz 2 BRRG erteilten Ermächtigung mit der Regelung in § 93 Abs. 2 Nr. 4 und 5 LBG a.F. weitere Handlungen festgelegt, die als Dienstvergehen gelten. Danach gilt als Dienstvergehen, wenn die Ruhestandsbeamtin oder der Ruhestandsbeamte ihre oder seine Verpflichtung nach § 51 oder § 57 Abs. 1 letzter Satz nach einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis nicht nachkommt (Nr. 4) oder ihre oder seine Verpflichtungen nach § 57 Abs. 3 und 4 verletzt (Nr. 5).

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Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 4 LDG, § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

311

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 69 BDG und § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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