Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 12 K 4675/08

Tenor

Der Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, die Prüfungsleistungen der Klägerin im Rahmen der Ersten juristischen Staatsprüfung Herbst 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die am ... geborene Klägerin begehrt die Neubewertung von im Rahmen der Ersten juristischen Staatsprüfung im Herbst 2007 geschriebenen Aufsichtsarbeiten.
Mit Bescheid vom 19.12.2007 teilte das Justizministerium Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - der Klägerin mit, dass sie die Erste juristische Staatsprüfung aufgrund des Ergebnisses der schriftlichen Prüfung endgültig nicht bestanden habe. Im Einzelnen erzielte die Klägerin in ihren Aufsichtsarbeiten folgende Ergebnisse: In den Aufsichtsarbeiten im Bereich des Zivilrechts Nr. 1 8,0 Punkte (Erst- und Zweitprüfer jeweils 8,0 Punkte), Nr. 2 2,5 Punkte (Erst- bzw. Zweitprüfer 2,0 bzw. 3,0 Punkte) und Nr. 3 3,0 Punkte (Erst- und Zweitprüfer jeweils 3,0 Punkte), im Bereich des Strafrechts in Aufsichtsarbeit Nr. 4 3,0 Punkte (Erst- und Zweitprüfer jeweils 3,0 Punkte) und Nr. 5 3,0 Punkte (Erst- bzw. Zweitprüfer 4,0 bzw. 2,0 Punkte) sowie im Bereich des öffentlichen Rechts in Aufsichtsarbeit Nr. 6 4,0 Punkte (Erst- und Zweitprüfer jeweils 4,0 Punkte) und in Nr. 7 2,5 Punkte (Erst- bzw. Zweitprüfer 2,0 bzw. 3,0 Punkte); die Klägerin erreichte eine Durchschnittspunktezahl von 3,71.
Unter dem 08.01.2008 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2 bis 7, den sie mit Schreiben vom 08.04.2008 ausführlich begründete.
Nach Einholung ergänzender Stellungnahmen bei den jeweiligen Erst- und Zweitprüfern wies das Landesjustizprüfungsamt den Widerspruch der Klägerin mit am 16.06.2008 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008 zurück. Zur Begründung war ausgeführt, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen sei oder allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verkannt habe oder die Bewertungen aus sonstigen Gründen fehlerhaft seien.
Die Klägerin hat am 14.07.2008 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.
Durch Beschluss vom 11.12.2008 (7 K 2010/08) erklärte sich das Verwaltungsgericht Karlsruhe für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Aufsichtsarbeiten Nr. 2 bis 7 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verweist im Wesentlichen auf die ergangenen Entscheidungen und nimmt ergänzend zu einzelnen von der Klägerin erhobenen Einwendungen Stellung.
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Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung ihre jeweiligen Positionen verteidigt. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12.08.2009 im Nachgang zur mündlichen Verhandlung ergänzend Stellung genommen; die Klägerin hat unter dem 23.08.2009 hierauf erwidert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Landesjustizprüfungsamtes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Schriftsätze des Beklagten vom 12.08.2009 und der Klägerin vom 23.08.2009 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
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Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Neubewertung ihrer angefochtenen Aufsichtsarbeiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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Nach § 9 JAG (Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst - Juristenausbildungsgesetz - vom 16.07.2003, GBl. S. 354, geändert durch Art. 7 Zweites Hochschulrechts-Änderungsgesetz vom 06.12.1999 - GBl. S. 517 - ) sowie der auf § 7 des Gesetzes beruhenden Verordnung der Landesregierung über die Ausbildung und Prüfung der Juristen - in der hier maßgeblichen Fassung vom 08.10.2002 (GBl. S. 391 ) ist Voraussetzung für die Fortsetzung der Prüfung kumulativ eine Durchschnittspunktezahl von mindestens 3,60 Punkten sowie in mindestens drei Aufsichtsarbeiten 4,0 oder mehr Punkte und im Zivilrecht in mindestens einer Aufsichtsarbeit 4,0 oder mehr Punkte. Die Klägerin hat im schriftlichen Teil der Prüfung zwar mit ihrer erreichten Durchschnittspunktezahl von 3,71 Punkten die erforderliche Mindestdurchschnittspunktezahl überschritten und auch in einer der zivilrechtlichen Aufsichtsarbeiten mit 8,0 Punkten die entsprechenden Anforderungen erfüllt. Da sie jedoch nicht in mindestens drei Klausuren die Mindestpunktezahl von 4,0 erreicht hatte und als Wiederholerin an der Prüfung teilgenommen hatte, gilt die Prüfung wegen des Fehlens einer Wiederholungsmöglichkeit (§ 22 JAPrO a.F.) endgültig als nicht bestanden. Der Klägerin steht allerdings ein Anspruch auf Neubewertung der von ihr angefochtenen Aufsichtsarbeiten zu.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Beschluss vom 17.04.1991, BVerfGE 84, 34) muss ein berufsbezogenes Prüfungsverfahren im Hinblick auf Art. 12 GG im Rahmen des Möglichen Objektivität und Neutralität gewährleisten. Staatsprüfungen, die den Zugang zu akademischen Berufen einschränken, erfordern schwierige Bewertungen, die mit Rücksicht auf die Chancengleichheit der Kandidaten (Art. 3 Abs. 1 GG) im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres im nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Kandidaten isoliert nachvollziehen lassen. Hieraus ergibt sich ein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum, der sich bei juristischen Fachprüfungen nicht auf fachwissenschaftliche Rechtsfragen, sondern lediglich auf Gesichtspunkte bezieht, die sich wegen ihrer prüfungsspezifischen Komplexität im Verwaltungsstreitverfahren nicht ohne weiteres - insbesondere nicht isoliert - nachvollziehen lassen und damit mit rein objektiven Maßstäben schwer messbar sind. Dies betrifft etwa Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Gewichtung des Schwierigkeitsgrades einzelner Aufgaben, wie auch verschiedener Aufgaben im Verhältnis zueinander, die Würdigung der sprachlichen Qualität, der Überzeugungskraft und der Angemessenheit der Darstellung nach ihrem Umfang - in einzelnen Abschnitten wie auch in der Gesamtschau - oder die Bestimmung von Stärken und Schwächen einer Bearbeitung einschließlich des Stellenwertes eines Fehlers. Dieser Bewertungsspielraum ist von den Gerichten grundsätzlich nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten haben, indem sie etwa von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben. Bei fachwissenschaftlichen Fragen hingegen - wie verallgemeinerungsfähige Rechtsanschauungen - gilt ein strengerer Prüfungsmaßstab. Kommen in Rechtsfragen mehrere vertretbare Lösungen in Betracht, ist dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zuzugestehen. Daraus folgt, dass eine vertretbare und mit gewichtigen Gründen folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch bewertet werden darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, a.a.O.). Ob die Prüfer dies verkannt haben, muss vom Gericht auf eine entsprechend substantiierte Rüge hin geprüft werden (vgl. zum ganzen: BVerwG, Beschl. v. 13.05.2004, Buchholz 421.0 Nr. 406, Urt. v. 04.05.1999, NVwZ 2000, 915).
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1. Die Prüfer - jeweils der Erstprüfer und der Zweitprüfer - müssen ihre Bewertungen und die daraus hergeleiteten Noten vorliegend auch unter dem Blickwinkel überprüfen, ob sie bei der Bewertung und Benotung der Aufsichtsarbeiten einen zu strengen Bewertungsmaßstab angelegt haben.
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Eines der tragenden Prinzipien des Prüfungsverfahrens ist der Grundsatz der Chancengleichheit. Er gebietet, dass für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage [2007] RdNr. 87 ff.). Dieser Grundsatz beruht auf Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, BVerfGE, 84, 34) und beherrscht das Prüfungsrecht (BVerfG, Beschl. v. 25.06.1974, BVerfGE 37, 342).
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Für den Termin der Ersten juristischen Staatsprüfung Herbst 2007 steht ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit am Prüfungsort Mannheim im Raum. Denn die Durchfallquote betrug in Mannheim für die Prüfungsteilnehmer, für die noch die JAPrO 1993 galt, 58,33 %. In den anderen Städten lag sie dagegen zwischen 35,90 % (Tübingen) und 39,04 % (Konstanz). Dabei kommen als Vergleichsgruppen nur die Prüflinge dieses Prüfungstermins in Betracht (vgl. BFH, Urt. v. 23.08.2001 - VII R 96/00 -; Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005 - 13 K 346/04 -, jew. juris). Ein - unmittelbarer - Vergleich mit anderen Prüfungsterminen scheidet aus, weil es sich um Aufsichtsarbeiten unterschiedlichen Inhalts handelt und auch die Prüfer nicht identisch sind. Auch die Ergebnisse der Prüfungen, für die die JAPrO 2002 gilt, können nicht in die Betrachtung mit einbezogen werden. Denn für sie gelten andere Prüfungsanforderungen.
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In der Rechtsprechung wird nun einheitlich darauf abgestellt, dass eine besonders hohe Durchfallquote allein für die Annahme von Prüfungsmängeln nicht ausreicht (OVG Bremen, Urt. v. 12.02.2008 - 1 A 234/03 -; FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005 - V 2/04 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.09.2007 - 12 K 2044/04 B -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.11.2002 - 9 S 2361/02 -, jew. juris). Ob diese Auffassung insgesamt überzeugend ist, kann hier offen bleiben. Denn zu der hohen Durchfallquote in Mannheim kommt als weiterer Gesichtspunkt hinzu, dass die Durchfallquoten in den anderen Städten sehr viel - bis zu über 20 % - niedriger sind. Hinzu kommt weiter, dass nach den Ausführungen der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Ergebnisse der Ersten juristischen Staatsprüfungen in Mannheim über viele Jahre hinweg deutlich schlechter waren als in den anderen Städten. Dieser Gesichtspunkt kann als Indiz in die Betrachtung mit einfließen, auch wenn die Ergebnisse anderer Prüfungsjahrgänge, wie ausgeführt, nicht unmittelbar zum Vergleich herangezogen werden können.
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Diese hohe Durchfallquote beruht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 08.11.2002 - 9 S 2381/02 -) auf einem Prüfungsmangel. Eine andere Erklärung kommt nicht ernsthaft in Betracht.
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Allerdings lässt sich vorliegend aus der hohen Durchfallquote nicht herleiten, dass mit den zu bearbeitenden Aufsichtsarbeiten die Prüfungsanforderungen überspannt wurden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Berlin-Brandenburg, Urt. 12.09.2007, Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dem steht schon entgegen, dass - wie oben ausgeführt - im Gegensatz zu Mannheim in den anderen Städten die Durchfallquoten nicht hoch waren. Wären die Prüfungsaufgaben erheblich zu schwer gewesen, hätte sich dies auch in höheren Durchfallquoten in den anderen Städten niedergeschlagen.
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Aus diesem Grund ist auch die Erklärung, die die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung für die hohe Durchfallquote abgegeben hat, nicht plausibel. Sie hat darauf hingewiesen, dass dieser Prüfungstermin der letzte Termin gewesen sei, an dem die Prüfung noch nach der JAPrO 1993 habe abgelegt werden können. Deshalb hätten auch viele Studenten daran teilgenommen, deren Studium schon längere Zeit gedauert habe. Dabei handele es sich erfahrungsgemäß um schwächere Studenten. Da diese Situation aber gleichermaßen in allen Städten bestand, lässt sich damit die hohe Durchfallquote in Mannheim nicht erklären.
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Die hohe Durchfallquote lässt sich weiter nicht dadurch erklären, dass die Studenten in Mannheim so schlecht waren, dass es - im Durchschnitt betrachtet - zu einer so hohen Durchfallquote kam. Insoweit liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Es wäre aber Sache des Beklagten, hierzu tragfähige Angaben zu machen, wenn er sich darauf berufen wollte, denn die Bewertung findet "im Lager" des Beklagten statt. Auch entsprechende Erkenntnisse könnten nur im Lager des Beklagten gefunden werden. Die Anzahl von 96 Prüflingen, die in Mannheim an der Prüfung teilgenommen haben, ist so groß, dass - ohne gegenteilige Anhaltspunkte - allenfalls mit durchschnittlichen, nicht aber mit besonders schlechten Ergebnissen gerechnet werden kann. Insbesondere wäre es aber auch bei im Durchschnitt erheblich schlechteren Prüflingen in Mannheim statistisch gesehen praktisch ausgeschlossen, dass - im Gegensatz zu den anderen Städten - keiner (!) der Prüflinge die Note "gut" oder "voll befriedigend" erhielt. Selbst die Note "befriedigend" wurde mit 10,42 % ganz deutlich seltener vergeben als in den anderen Städten.
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Danach kommt für die hohe Durchfallquote - ausschließlich - in Betracht, dass einzelne oder alle Prüfer in Mannheim einen wesentlich strengeren Prüfungsmaßstab angelegt haben, als in den anderen Städten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dies zeigt nicht nur der Vergleich der Durchfallquoten der einzelnen Städte, sondern auch der Blick auf die sonstige Notenverteilung insgesamt. Diese Notenverteilung kann nur dahin interpretiert werden, dass in Mannheim ganz erheblich "heruntergeprüft" wurde. So gab es - wie oben ausgeführt - als Ergebnisse dieser Prüfung in Mannheim weder die Note "gut" noch "vollbefriedigend". In den anderen Städten lag der Anteil dieser Noten zwischen 3,42 % (Konstanz) und 5,67 % (Heidelberg). Auch die Note "befriedigend" gab es in Mannheim nur in 10,42 % der Fälle, in den anderen Städten dagegen zwischen 19,86 % (Konstanz) und 25,13 % (Tübingen). Dieser Eindruck ergibt sich im Übrigen auch aus einer ganzen Reihe von Bewertungen von Aufsichtsarbeiten aus diesem Prüfungstermin und damit zusammenhängenden, gerichtsbekannt gewordenen Äußerungen von Prüfern.
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Damit lag - auf die gesamte Prüfung bezogen - für die Prüflinge in Mannheim ein eklatanter Verstoß gegen die Chancengleichheit vor, für den nur ein gleichheitswidrig zu strenger Prüfungsmaßstab in Betracht kommt. Diesem - zu strengen - Prüfungsmaßstab war auch die Klägerin unterworfen. Sie ist deshalb in ihrem eigenen subjektiven öffentlichen Recht auf Beachtung des Grundsatzes der Chancengleichheit verletzt; es handelt sich nicht um die Rüge, andere Prüflinge hätten Vorteile gehabt, für die - jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Urt. v. 23.08.2001, a.a.O.) einem Prüfling kein subjektives öffentliches Recht zusteht.
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Diesem Mangel muss bei der neu durchzuführenden Bewertung der Leistungen der Klägerin Rechnung getragen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - nach dem derzeitigen Erkenntnisstand - die Anwendung eines zu strengen Bewertungsmaßstabes nicht einzelnen Prüfern zugeordnet werden kann. Weiter ist zu berücksichtigen, dass den Prüfern ein prüfungsspezifischer Wertungsspielraum zusteht. Daraus folgt, dass in dem neu durchzuführenden Bewertungsverfahren alle Prüfer (naturgemäß zuerst der Erstprüfer und dann der Zweitprüfer) für die von der Klägerin beanstandeten Aufsichtsarbeiten bei der Neubewertung ihren eigenen Prüfungsmaßstab daraufhin überprüfen müssen, ob er in Anbetracht der Ausführungen oben zu streng angelegt war. Dabei kann es im Überprüfungsverfahren keinesfalls genügen, dass die Prüfer ihre bisherigen Ausführungen kurz oder wiederholend wiedergeben; sie müssen sich vielmehr auch in nachvollziehbarer Weise mit den dargelegten Gründen beschäftigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass von den Prüfern erwartet werden kann, dass sie in der Lage sind, nicht nur die Leistungen der Prüflinge, sondern ihre eigenen Ausführungen kritisch zu hinterfragen (siehe hierzu auch FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005, a.a.O.). Darüber hinaus ergibt sich dies aus einem Umkehrschluss aus der von der Rechtsprechung aufgestellten Verpflichtung des anfechtenden Prüflings, seine Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistung in substantiierter Form zu erheben (vgl. BFH, Beschl. v. 10.08.1993 - VII B 68/93, BFHE 172, 273; Beschl. v. 31.05.1994 - VII B 42/94, NVwZ-RR 1995, 577; Beschl. v. 04.05.1995 - VII B 193/94, BFH/NV 1995, 1021; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., RdNr. 972). Hiermit und mit dem Anspruch des Prüflings auf effektiven Rechtsschutz korrespondiert allein, dass die Prüfer jedenfalls im Überdenkungsverfahren die Überprüfung ihrer Bewertung substantiiert begründen.
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Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass ein Prüfer bei einer erforderlichen Neubewertung nicht seine Bewertungskriterien ändern darf, nach denen er im Rahmen des ihm zustehenden Bewertungsspielraums die Prüfungsleistung ursprünglich bewertet hat. Denn dies gilt nur, soweit das Bewertungssystem rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, NJW 2000, 1055 m.w.N.).
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Danach hat die Klägerin bereits einen Anspruch auf Neubewertung ihrer angefochtenen Aufsichtsarbeiten im Hinblick auf die weit überdurchschnittliche Durchfallquote im Prüfungstermin Herbst 2007 am Prüfungsort Mannheim.
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2. Ausgehend von den oben genannten Maßstäben dringt die Klägerin darüber hinaus auch mit ihren gegen die Bewertungen ihrer angefochtenen Aufsichtsarbeiten erhobenen Einwendungen teilweise durch mit der Folge, dass auch insoweit Neubewertungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen haben.
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a) Bei Aufsichtsarbeit Nr. 2 aus dem Bereich des Zivilrechts stand folgender Sachverhalt zur Bearbeitung: Der Besitzer einer Eisbahn wollte zum Zwecke der Ausführung von Renovierungsarbeiten ein Bankdarlehen in Höhe von 100.000,- EUR aufnehmen. Er veranlasste einen Freund mit der wahrheitswidrigen Behauptung, mehrere Mietinteressenten zu haben, ihm eine Sicherung in der Form einer Grundschuld in Höhe von 80.000,- EUR zu gewähren. Der Sachbearbeiter der Bank wusste um die tatsächliche Auftragslage, nahm aber das Angebot an. Zusätzlich gewährte ein Onkel des Eisbahnbesitzers diesem eine Bürgschaft in Höhe von 40.000,- EUR, wobei der Bürgschaftsvertrag zwischen dem Sachbearbeiter der Bank und dem Onkel in der Wohnung des Letzteren zustande kam. Die Bank übertrug in der Folge die Darlehensforderung nebst den Sicherheiten auf eine dritte Bank. Nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung verblieb ein offener Restbetrag in Höhe von 40.000,- EUR, weswegen sich die Bank an die Sicherungsgeber wandte. Diese wiederum wenden sich nunmehr an die ursprüngliche Darlehensbank mit unterschiedlichen Einwendungen. Die hieraus gestellten Aufgaben waren im Wesentlichen darauf gerichtet, ob die Gläubigerbank aus der Grundschuld und aus der Bürgschaft Rechte geltend machen kann und ob zwischen Grundschuldbesteller und Bürgen gegenseitige Ausgleichsansprüche bestehen. Der Erstgutachter bewertete die Klausurbearbeitung der Klägerin mit 2,0, der Zweitgutachter mit 3,0 Punkten.
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Die Einwendungen der Klägerin haben zum Teil Erfolg. Dies gilt allerdings nicht hinsichtlich der im Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung vom Gutachter bemängelten Ausführungen zu § 1117 Abs. 2 BGB. Danach sei die Klägerin entgegen dem Wortlaut davon ausgegangen, dass das Übergabesurrogat nicht genüge, sie habe im Anschluss aber auch nicht konsequenterweise die Abtretung einer Anwartschaft zwischen den beiden Banken geprüft. Dies ist nicht angreifbar. Ein Antwortspielraum insoweit steht der Klägerin nicht zu, denn der eindeutige Wortlaut des § 1117 Abs. 2 BGB lässt eine Auslegung in der von ihr vorgenommenen Weise nicht zu. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Anmerkung des Beurteilers, auch von einer Prüfung eines Anwartschaftsrechts könne angesichts der Ausführungen in der Klausur nicht ausgegangen werden, da allenfalls eine Einigung über den Rechtsübergang (der Forderung) nach § 1154 BGB geprüft worden sei, nicht hingegen auch die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen das Grundbuchamt. Dagegen ist nichts zu erinnern. Auch ihre Ausführungen S. 9 Mitte, wonach ein Anspruch der B-Bank gegen das Grundbuchamt auf Aushändigung des Briefes bestehe und damit die Grundschuld erstmals zur Entstehung gelange, bzw. die Ausführungen weiter unten, wonach die Berechtigung der B-Bank auf Aushändigung auf die C-Bank übergehe, vermögen hieran nichts zu ändern, denn hieraus ist nicht zu erkennen, dass die Klägerin eine Anwartschaft geprüft hätte.
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Demgegenüber greift der Einwand der Klägerin gegen die Bewertung ihrer Ausführungen im Zusammenhang mit §§ 766, 126 BGB, denn es ist nicht klar, in welcher Weise diese in die Gesamtbewertung mit eingeflossen sind. Insoweit hat der Prüfer in der Ausgangsbewertung ausgeführt, die Voraussetzungen einer wirksamen Bürgschaftsbestellung einschließlich der Einhaltung der Schriftform gemäß § 766 BGB seien zutreffend bejaht worden. Hierbei verwies er allerdings zugleich auf die Randbemerkung auf S. 16 der Klausurbearbeitung. Dort aber hatte er angemerkt: „Schriftform bei Verträgen in 126 II geregelt“. In der Tat hatte die Klägerin an dieser Stelle anstatt § 126 Abs. 2 BGB § 126 Abs. 1 BGB zitiert und einen Satz vorher die Schriftform der Bürgschaftserklärung § 126 Abs. 2 BGB zugeordnet. Allerdings hätte dem Prüfer auffallen müssen, dass es sich hierbei um Schreibversehen gehandelt hatte, denn die Klägerin hatte im Anschluss weitere Ausführungen zur Schriftform der Bürgschaftserklärung gemacht und hierbei (nun richtig) § 126 Abs. 1 BGB zitiert. Stattdessen hat der Prüfer in seiner Überdenkens-Stellungnahme ausgeführt, es habe die Abgrenzung zwischen § 126 Abs. 1 und Abs. 2 BGB gefehlt, auch habe die Klägerin nicht dargetan, dass man die Absätze zusammen lesen könne. Dies trifft so nicht zu. Die Klägerin hat vielmehr ab S. 16 Mitte bis S. 17 oben die Regelungen des § 126 BGB differenziert dargestellt und zwischen Schriftform der Erklärung und Schriftform des Vertrages unterschieden. Insoweit hat sie ausgeführt, dass „fraglich“ sei, „ob lediglich die Bürgschaftserklärung … der Schriftform nach § 126 II entsprechen“ müsse „oder der ganze Bürgschaftsvertrag i. S. v. § 126 I BGB“. Sie hat sodann weiter die in § 766 BGB geregelten Anforderungen, wonach lediglich die „schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung“ dem Formerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB entsprechen müsse, dargetan. Damit aber hat sie erkennbar sämtliche notwendigen Erfordernisse zutreffend gesehen und erläutert. Soweit der Prüfer schließlich anführt, letztlich sei die aus seiner Sicht fehlerhafte Darstellung nicht in die Gesamtbewertung mit eingeflossen, sondern die Bejahung des § 766 BGB positiv bewertet worden, wird weder für den Prüfling noch für das Gericht deutlich, was genau der Prüfer in die Bewertung (positiv oder negativ) nun tatsächlich eingestellt hat. Insoweit steht nämlich der Umstand, dass er die Ausführungen der Klägerin bzgl. § 126 BGB auch noch in seiner Überdenkensstellungnahme (negativ) erwähnt hat, in Widerspruch zu seiner Darlegung, diese seien nicht in die Bewertung eingeflossen. Insbesondere aus letzterer ist zu schließen, dass er offensichtlich dem fehlenden exakten Normzitat bzw. den jedenfalls fehlenden Ausführungen zu einer möglichen Auslegung eines Gesamtverständnisses der Norm des § 126 BGB Gewicht beigemessen hat. Insoweit kommt eine Verletzung des im Prüfungsverfahren geltenden Chancengleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) in Betracht. Denn damit ist die weitere Behauptung des Prüfers, die entsprechenden Punkte hätten keinen Eingang in die Bewertung gefunden, nicht mehr nachvollziehbar und damit auch nicht mehr überprüfbar, welchen Stellenwert der Prüfer den fraglichen Ausführungen der Klausurausarbeitung im Rahmen seiner Gesamtbewertung zugemessen hat. Der Prüfer hat nach Maßgabe des oben Ausgeführten die Darlegungen der Klägerin in der angefochtenen Klausur in seine Neubewertung einzubeziehen.
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Fehlerhaft im Hinblick auf allgemeingültige Bewertungsgrundsätze ist die Einschätzung des Prüfers, wonach die Klägerin nicht auf eine mögliche analoge Anwendung der Formvorschrift des § 492 BGB und auf eine mögliche Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB eingegangen sei. Hinsichtlich der analogen Anwendung der für Verbraucherdarlehen geltenden Formvorschrift des § 492 BGB auf damit in Zusammenhang stehende Sicherungsgeschäfte stellt der Gutachter ersichtlich auf den Streitstand hinsichtlich der Anwendbarkeit der Verbraucherkreditvorschriften auf Sicherungsmittel für gewerbliche Darlehensverträge ab, was von der h.M. wegen Fehlens der Entgeltlichkeit verneint wird (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl. 2009, § 491 RdNr. 12 m.w.N.). Diese Anforderungen sind zu hoch. Diese Problematik zählt nicht zu den Grundkenntnissen, die allgemein zu erwarten sind. Dem steht nicht entgegen, die entsprechenden Kenntnisse im höheren Notenbereich positiv in die Bewertung einzubeziehen. Dies erfordert die rechtlich vorgegebene Notenabstufung (vgl. § 14 JAPrO i.V.m. der Verordnung über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung vom 03.12.1981, zuletzt geändert durch Art. 209 Abs. 4 Erstes Gesetz über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des BMJ vom 19.04.2006, BGBl I S. 866). Insoweit hat der Prüfer allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt. Da die individuelle Punkteverteilung des Prüfers dem Gericht nicht bekannt ist, kommt ein Verstoß gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze immer dann in Betracht, soweit vom Prüfling verlangt wird, auch bereits für das Erreichen einer unteren Notenstufe fern liegende Gesichtspunkte zu erörtern bzw. soweit solche ebenso wie naheliegende und zum juristischen Grundwissen zählende Gesichtspunkte gleichgewichtig in die Bewertung mit einfließen. Mit anderen Worten, das Fehlen von Ausführungen zu einer speziellen Problematik darf nicht (mit) als Rechtfertigung für eine schlechte Note herangezogen werden. Dies bedeutet für die durchzuführende Neubewertung, dass die fehlende Prüfung einer analogen Anwendung des § 492 BGB nicht negativ in die Bewertung mit einfließen darf.
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Darüber hinaus hat der Prüfer auch den der Bewertung zugrunde liegenden Sachverhalt verkannt. Er ging fälschlich davon aus, die Prüfung des § 138 BGB fehle gänzlich. Zwar hat die Klägerin die einschlägige Norm nicht ausdrücklich erwähnt. Sie hat aber auf S.18 Ausführungen zu diesem Komplex gemacht, indem sie eine mögliche Übersicherung geprüft und damit eindeutig § 138 BGB inhaltlich geprüft hat. Jedenfalls kann ihr insoweit nicht vorgeworfen werden, sie habe die Problematik nicht gesehen. Soweit der Prüfer auch hierzu anführt, dies sei nicht negativ gewertet worden, gilt das soeben Ausgeführte, wonach die Widersprüchlichkeit seiner diesbezüglichen Aussagen die Nachvollziehbarkeit seiner Bewertung in diesem Punkt entfallen lässt. Die Ausführungen der Klägerin zur Übersicherung sind positiv in die Bewertung einzubeziehen.
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Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für den Zweitprüfer, der sich im wesentlichen der Bewertung durch den Erstprüfer angeschlossen hatte.
38 
b) Auch mit ihren Einwendungen gegen Aufsichtsarbeit Nr. 3 dringt die Klägerin teilweise durch. Der Klausur lag folgender Sachverhalt zugrunde: A, B und C betrieben eine Zahnarztpraxis mit 3 Vollzeit- und 4 Teilzeitarbeitskräften. Die Stelle einer ausscheidenden Vollzeit-Zahntechnikerin wurde ausgeschrieben und mit dem einzigen männlichen Bewerber P aufgrund seiner fachlichen Eignung neu besetzt. Die Bewerberin M wurde schon nicht zum Vorstellungsgespräch geladen. An Stelle von B, der aus der Praxis ausschied, trat D ab Februar 2007 ein. P erhielt von D eine Abmahnung wegen privater Telefonate ins Ausland. Später stellte sich heraus, dass er über den dienstlichen PC auf Pornoseiten zugegriffen hatte. D kündigte ihm mündlich fristlos. A und C hatten sich gegen eine Kündigung ausgesprochen. Nach Urlaubsrückkehr fand P die von D unterzeichnete schriftliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung auf seinem Schreibtisch. Hiergegen will er notfalls gerichtlich vorgehen und bittet seinen Anwalt um die Erstellung eines entsprechenden Gutachtens. In einer weiteren Aufgabe ist gutachtlich eine anwaltliche Auskunft an M zu erteilen, ob eine Entschädigungsklage ggf. Erfolg hätte. Erst- und Zweitkorrektor vergaben jeweils 3,0 Punkte, wobei der Zweitkorrektor sich dem Erstkorrektor mit dem Hinweis „einverstanden“ ohne weitere Stellungnahme anschloss.
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Nicht durchzudringen vermag die Klägerin mit ihrem Einwand, die Klausur sei am Rande des Prüfungsstoffs gelagert, denn nach § 5 Abs. 3 Nr. 4 JAPrO gehört Arbeitsrecht mit den Bereichen Begründung, Inhalt und Beendigung sowie Haftung zum Prüfungsstoff der Ersten juristischen Staatsprüfung.
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Soweit allerdings der Erstprüfer auf den Einwand der Klägerin, die zutreffenden Ausführungen zur Klagerhebung seien nicht in die Bewertung eingeflossen, ausführt, es habe sich insoweit nicht um ausschließlich richtige Ausführungen gehandelt, vielmehr hätten notwendige Ausführungen zum Kündigungsschutzgesetz gefehlt, so trifft dies so nicht zu. Die Klägerin hat auf S. 4 ihrer Ausarbeitung vielmehr auf § 4 S. 1 KSchG hingewiesen und zutreffend ausgeführt, dass die Klage innerhalb von drei Wochen zu erheben sei. Sie hat damit sowohl gesehen, dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, als auch die zutreffende Norm, die sie überdies richtig angewandt hat.
41 
Der Prüfer ging des Weiteren von einem fehlerhaften Maßstab insoweit aus, als er fälschlicherweise eine zumindest „überschlägige Berechnung“ des Fristendes hinsichtlich der Klageerhebung verlangt hatte. Denn die Klägerin weist zurecht darauf hin, dass eine derartige Berechnung schon nach dem Sachverhalt nicht angelegt war - dort war nur danach gefragt, „welche Frist er für die Einlegung einer Klage zum Arbeitsgericht beachten müsse“ - und mangels zulässiger Hilfsmittel, wie einem Kalender, auch nicht möglich war. Es durfte daher auch keine „überschlägige“ Berechnung verlangt werden - zumal insoweit völlig unklar bleibt, was damit im Einzelnen verlangt werden sollte. Soweit der Prüfer im Überdenkungsverfahren angegeben hat, dieser Fehler sei in die Bewertung nicht eingeflossen, so gilt das oben bereits unter a) Ausgeführte, wonach ein derartiger Bewertungswiderspruch die Nachvollziehbarkeit der Bewertung diesbezüglich entfallen lässt. Insoweit liegt ein Verstoß gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze vor.
42 
Zu Unrecht hat der Prüfer auch die Ausführungen der Klägerin zum Zugang der Kündigung an P beanstandet. Er hätte ihr jedenfalls einen Antwortspielraum zugestehen müssen. Es kann nach den Ausführungen der Klägerin in der Klausurbearbeitung nicht davon ausgegangen werden, dass keine Subsumtion zur Definition des Zugangs stattgefunden hat. Vielmehr hat sie den Umstand, dass P sich zum Zeitpunkt der schriftlichen Kündigung im Urlaub befand, ab S. 3 problematisiert. Soweit der Prüfer auf S. 3 am Rand anmerkte, im Urlaub sei üblicherweise nicht mit einem Zugang am Arbeitsplatz zu rechnen, so übersieht er, dass diese Frage unterschiedlich gesehen wird. Nach h.M. steht es dem Zugang nicht entgegen, wenn der Empfänger u. a. wegen Urlaubs nicht in der Lage ist, vom Inhalt der übermittelten Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. Palandt, a.a.O., § 130 RdNr. 5 und Vorb. vor § 620 RdNr. 31; BGH, Urt. v. 21.01.2004 - XII ZR 214/00 -, NJW 2004, 1320f.; BAG, Urt. v. 02.03.1989 - 2 AZR 275/88 -, NJW 1989, 2213f.). Angesichts der innerhalb der Rechtsprechung insgesamt uneinheitlich beantworteten Frage, was nach der Verkehrsanschauung jeweils als gewöhnlich oder üblich im Hinblick auf eine Kenntnisnahme angesehen wird, ist die von der Klägerin in der Klausur vertretene Auffassung jedenfalls vertretbar. Gleichfalls nicht unvertretbar sind aus diesem Grund auch ihre Ausführungen hinsichtlich Treu und Glauben, mit denen sie zum Ergebnis gelangte, dass P im konkreten Fall schließlich doch erst mit der Rückkehr an seinen Arbeitsplatz Kenntnis von der Kündigung erlangt hat. Eine entsprechende Korrektur über § 242 BGB wurde beispielsweise vom BAG im Urteil vom 02.03.1989 (a.a.O.) angedacht, wegen - im dortigen Fall - nicht ausreichenden Sachvortrags allerdings verneint. Die Ausführungen der Klägerin zu Treu und Glauben sind damit nicht, wie der Prüfer meint, unbrauchbar.
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Falsch sind die Ausführungen des Erstprüfers zu der von der Klägerin im Rahmen der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung (§ 623 BGB) gemachten Ausführungen zur Schriftform gemäß § 126 BGB. Hier hat sie vielmehr zutreffend ausgeführt, die Kündigung sei schriftlich erklärt worden, sie genüge daher der Schriftform. Der Prüfer hat insoweit am Rand angemerkt, „obwohl nur D unterschrieben hat?“. Damit aber verwechselt er – im Gegensatz zur Klägerin – die Anforderungen an die formelle einerseits und die materielle Rechtmäßigkeit der Kündigung andererseits. Die Frage der Berechtigung zur Unterzeichnung der Kündigung und damit die Frage der Vertretungsmacht innerhalb der zahnärztlichen Gemeinschaft ist eine solche der materiellen Rechtmäßigkeit. Hiervon zu unterscheiden sind die formellen Anforderungen an eine Kündigung, nämlich u.a. die Schriftform, für die die Unterschrift des D genügte. Die Ausführungen der Klägerin insoweit sind zutreffend und vom Prüfer bei der Neubewertung als solche zu werten.
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In gleicher Weise fehlerhaft ist es, dass der Prüfer ihre Ausführungen zu § 622 BGB als nicht vertretbar bezeichnet hat. Die Klägerin hat insoweit die gesetzlichen Bestimmungen angewandt und (grundsätzliche) differenzierende Ausführungen hierzu gemacht. Die Anmerkung des Prüfers auf S. 7 der Klausurbearbeitung („wo ist der Unterschied“) nimmt allein das Ergebnis in den Blick, nämlich, dass es in diesem Fall unbeachtlich ist, ob die Frist in Tagen oder in Wochen berechnet wird. Die Ausführungen der Klägerin zu § 622 BGB sind danach schon wegen ihrer korrekten Gesetzesanwendung nicht als „nicht vertretbar“ zu werten. Zu beanstanden ist auch, soweit er bemängelt hat, dass die Klägerin nicht „vorrangig durch Auslegung“ ermittelt habe, was die Parteien unter 14 Tagen verstanden hätten. Die Klägerin hatte im Anschluss an ihre Ausführungen zur Kündigungsfrist unter Hinweis auf §§ 133, 157 BGB angeführt, die vereinbarte Frist von 14 Tagen sei, da zum Nachteil des Arbeitnehmers, stattdessen in eine zweiwöchige Kündigungsfrist „umzudeuten“ gewesen. Sie hat mithin die Unterschiede gesehen und problematisiert und im Ergebnis richtig die zutreffende Lösung dargelegt. Ihre einleitende Formulierung, wonach die 14-tägige Kündigungsfrist wegen Verstoßes gegen § 622 Abs. 3 BGB nicht wirksam vereinbart worden sei, ist zwar unglücklich formuliert, jedoch im Lichte des Kontextes zu betrachten, in dem sie steht. Der Prüfer darf daher die Ausführungen der Klägerin zur Kündigungsfrist nicht als falsch oder fehlerhaft werten.
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Nicht durchzudringen vermag die Klägerin allerdings mit ihren Einwänden hinsichtlich der Bewertung ihrer Ausführungen zur Abmahnung des P, denn der Prüfer hat diese Ausführungen sowohl in seinen Randbemerkungen als auch im Überdenkensverfahren als vertretbar bezeichnet.
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Zu Aufgabe 2 der Klausur kann die Klägerin nicht damit durchdringen, dass das AGG nicht Prüfungsstoff nach § 5 Abs. 3 Nr. 4 JAPrO sei und es daher nach § 5 Abs. 4 JAPrO nur auf das Verständnis der Norm und die Arbeitsmethode ankomme. Allein dies war bei der Frage nach der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gefordert. Sie hat aber hierbei anstelle der einschlägigen Norm des § 15 AGG diejenige des § 21 AGG geprüft.
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Erst- und Zweitprüfer haben unter Beachtung der oben dargelegten Rechtsauffassung des Gerichts die Arbeit der Klägerin neu zu bewerten und hierbei insbesondere ihre richtigen Ausführungen als solche zu werten. Insoweit kommt nicht in Betracht, lediglich anzuführen, die Beanstandungen hätten keinen Eingang in die Bewertung gefunden. Auf das oben Ausgeführte wird verwiesen.
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c) Ein Anspruch der Klägerin auf Neubewertung von Aufsichtsarbeit Nr. 4 über die unter Ziffer 1. dargelegten Anforderungen hinaus besteht nicht. Der Sachverhalt der Prüfungsaufgabe aus dem Bereich des Strafrechts hatte im ersten Tatkomplex im Wesentlichen einen Autokauf zum Gegenstand, bei dem der Erwerber auf dem Wege gerichtlicher Geltendmachung eine Minderung des Kaufpreises wegen eines Mangels an den Bremsen geltend machte und hierbei durch Manipulation der Bremsanlage das Gericht über den von diesem eingeschalteten Sachverständigen von der Mangelhaftigkeit der Bremsen zu überzeugen suchte. Der Erwerber wusste um die Gefährlichkeit seines Eingriffs, rechnete aber angesichts der Erfahrung des Sachverständigen nicht mit dessen Verletzung. Der Sachverständige, der die Manipulation erkannt und sein Gutachten wahrheitsgemäß erstattet hatte, stellte allerdings die Manipulation als solche wahrheitswidrig als mittels eines Werkzeugs (Messer) ausgeführt dar. Der Verkäufer wurde wegen des tatsächlichen Mangels zu einer adäquaten Zahlung verurteilt. Im zweiten Tatkomplex trafen Verkäufer und Erwerber bei einem (lebensmüden) Bekannten und einem vierten Teilnehmer zu einer vermeintlich harmlosen Runde „Russisches Roulette“ zusammen. Der Bekannte starb letztlich durch einen vom Verkäufer ausgelösten Schuss, bevor der Erwerber, der es schließlich für möglich hielt, dass die Waffe scharf ist, eingreifen konnte. Die Klausurbearbeitung durch die Klägerin wurde von den Prüfern jeweils mit 3,0 Punkten bewertet.
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Nicht gehört werden kann die Klägerin mit dem Einwand, die von ihr dargestellten Vorsatztheorien seien zutreffend dargestellt worden, denn insoweit weisen beide Prüfer zurecht darauf hin, dass es auf die Anwendung dieser Theorien auf den konkreten Sachverhalt ankomme. Ebenso wenig kann sie damit gehört werden, dass es vertretbar gewesen sei, bei C einen Verletzungsvorsatz zu bejahen; insoweit ließ der Sachverhalt keine Auslegungsmöglichkeiten zu. Insbesondere scheidet auch die von der Klägerin angewandte Billigungstheorie als Begründung für die Annahme des Vorsatzes aus. Anders als in dem von ihr zitierten BGH-Urteil vom 15.06.2000, wonach es den dortigen Tätern gleichgültig war, ob der Erfolg eintrat, rechnete C nach dem Sachverhalt gerade nicht mit einem Erfolgseintritt. Insoweit lag auch keine unverständliche oder widersprüchliche Prüfungsfrage vor. Im Sachverhalt war deutlich zwischen dem „Entstehen einer gefährlichen Situation“ und dem Vertrauen des C darauf, dass es gut gehen würde, unterschieden.
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Auch hinsichtlich der von der Klägerin kritisierten fehlenden positiven Bewertung des von ihr dargelegten Theorien zum Versuchsbeginn, ist nichts zu erinnern. Es fällt in den Bewertungsspielraum der Prüfer, theoretische Ausführungen positiv in die Bewertung einfließen zu lassen; zwingend ist dies nicht. Nicht zu beanstanden ist jedenfalls die Einschätzung der Erstprüferin, dass die Klägerin auch die von ihr befürwortete Theorie nicht konsequent angewandt habe, da sie andernfalls zu einem - dem richtigen - Ergebnis hätte kommen müssen. Das unmittelbare Ansetzen bereits in der Manipulation der Bremsen am Tag vor der Benutzung des Fahrzeugs durch den Sachverständigen zu sehen, dürfte angesichts der noch bestehenden Eingriffsmöglichkeiten des C in der Tat nicht vertretbar sein.
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Nicht zu beanstanden ist auch die Wertung der Prüfer hinsichtlich des Prozessbetrugs. Die Klägerin hat in ihrer Ausarbeitung zwar den Dreiecksbetrug genannt und auch darauf abgestellt, dass das Gericht die Vermögensverfügung trifft. Sie hat aber nicht, was offensichtlich die Bewertung in diesem Punkt zu ihren Ungunsten beeinflusst hatte, auf die jeweils nicht gegebene Personenidentität zwischen Getäuschtem und Verfügendem einerseits und Geschädigtem und Verfügendem andererseits abgestellt und damit den Dreiecksbetrug nur unzureichend bearbeitet. Ihre Ausführungen zum unmittelbaren Ansetzen bei diesem Komplex waren unzutreffend.
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Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass ihre Ausführungen im Rahmen des zweiten Tatkomplexes zur Beihilfe des B zur Selbsttötung des A angesichts der öffentlichen und juristischen Diskussion vertretbar seien. Sie hat zwar die Straflosigkeit der Selbsttötung nach deutschem Recht erwähnt, allerdings erst zum Schluss ihrer Prüfung, in deren Rahmen sie - fälschlicherweise - zunächst eine tatbestandliche (!) sowie rechtswidrige und schuldhaft Haupttat des A bejahte. Dies ist in der Tat so nicht vertretbar, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf den Meinungsstand zur Strafbarkeit eines Suizids und der Beteiligung hieran ankäme.
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Auch mit ihren Einwendungen gegen die Bewertung der Korrekturen von Aufgabe 2 vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Zwar gehört das Strafprozessrecht nur im Überblick zum Prüfungsstoff. Dazu können allerdings die von den Prüfern als fehlend gerügten Vorschriften der §§ 251 und 256 StPO sowie § 261 StPO gezählt werden, zumal sie die für die in der Aufgabe gestellten Fragen zentralen Normen sind, die aufzufinden unschwer möglich gewesen wäre.
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d) Die Klägerin hat demgegenüber Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 5 . Laut Sachverhalt konsumierten zwei Bekannte (G und K) in der Kneipe des Lebensgefährten F des G erhebliche Mengen Alkohol. Dies führte bei G zu einer Alkoholkonzentration von mindestens 1,0 und höchstens 1,5 Promille, bei K zu einer solchen von mindestens 3,3 und höchstens 3,8 Promille. K bat G, ihn nach Hause zu fahren. Es kam zum Unfall, bei dem K schwer verletzt wurde. Der Lebensgefährte des G kam hinzu, entfernte die Nummernschilder des Fahrzeugs und warf sie weg. Anschließend brachte er Ka zum Krankenhaus und setzte ihn auf einer Bank davor ab in der Annahme, dass er gefunden werde, was auch der Fall war. Allerdings kam die Hilfe für K fast zu spät. Durch einen DNA-Vergleich kam die Polizei dem G auf die Spur. Er wurde aufgrund des DNA-Gutachtens verurteilt. Zu erstellen war je ein Gutachten zur Strafbarkeit von F und G sowie zur Frage der Verwertbarkeit des DNA-Gutachtens. Der Erstprüfer bewertete die Arbeit der Klägerin mit 4,0 Punkten, der Zweitprüfer mit 2,0 Punkten.
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Hinsichtlich des Erstprüfers vermag die Klägerin mit ihren Rügen teilweise durchzudringen. Soweit sie anführt, die Prüfung des § 315 b StGB sei entgegen den Ausführungen des Prüfers nicht fernliegend, so übersieht sie, dass sie eine eigentliche Prüfung gar nicht vorgenommen hatte, sondern lediglich eine Klarstellung, wonach § 315 b StGB nicht in Betracht komme und weshalb. Dies übersieht allerdings auch der Prüfer, der bemängelt hatte, dass die Erörterung des § 315 b StGB fernliegend gewesen sei. Denn tatsächlich wollte die Klägerin ersichtlich nur kundtun, dass sie den Komplex der Straßenverkehrsdelikte insgesamt gesehen hatte, und nicht einschlägige Normen ausscheiden. Auch kam nach dem Sachverhalt eine Tatbeteiligung des K in Betracht, so dass es vom Prüfer nicht fehlerhaft ist, die Unterlassung einer entsprechenden Prüfung in die Bewertung mit einzubeziehen. Gleichfalls nicht zu beanstanden ist die vom Prüfer gerügte nicht vollständige Anwendung des Zweifelsgrundsatzes hinsichtlich der Frage, ob G absolut fahruntüchtig war. Insoweit hat die Klägerin in ihrer Bearbeitung lediglich ausgeführt, dass angesichts der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1 bis 1,5 %o „in dubio pro reo“ davon auszugehen sei, dass er nicht absolut fahruntüchtig gewesen sei. Sie hat nicht kenntlich gemacht, ab welchem Grenzwert die absolute Fahruntüchtigkeit beginnt. Der Prüfer hat auch im Zusammenhang mit der Prüfung von Urkundsdelikten dem Umstand, dass die Klägerin anstelle des (gewollten) Normzitats des § 264 StGB aufgrund eines offensichtlichen Zahlendrehers § 276 StGB genannt hatte, erkennbar keine eigenständige Bedeutung im Rahmen der Bewertung beigemessen; insoweit hat er nämlich lediglich am Rand vermerkt: „267 !“. Nicht zu beanstanden ist es auch, dass der Prüfer die Ausführungen der Klägerin zur Urkundseigenschaft des Kennzeichens beanstandet hat. Soweit sie dem entgegenhält, den Kennzeichen komme per se Urkundsqualität zu, ist dies nicht zutreffend. Ihre in der Klausur vertretene Auffassung, wonach die Kennzeichen mit TÜV-Plakette Beweis über die Zulassung sowie über die Identität des im Fahrzeugschein eingetretenen Halters lieferten, trifft nicht zu. Insoweit fehlt es an einem Antwortspielraum. Die den von ihr genannten Zitaten zugrundeliegenden Abhandlungen betreffen die TÜV-Plakette als solche, nicht hingegen das Kennzeichen.
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Hingegen hätte der Prüfer der Klägerin im Rahmen der Prüfung des § 274 StGB hinsichtlich ihrer Ausführungen zur Nachteilszufügungsabsicht in Bezug auf „das Beweisführungsrecht des Polizeibeamten“ einen Antwortspielraum zugestehen müssen, anstatt ihre Ausführungen als „bereits im Ansatz falsch“ zu werten. Bereits die Klägerin hatte auf Rechtsprechung und Literatur verwiesen, wo dies so vertreten wird. Diese Hinweise finden sich auch in der Kommentierung von Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 27. Aufl., § 274 RdNr. 16. Die Klägerin hat ihre Auffassung schließlich auch mit guten Gründen dargelegt. Der Erstprüfer hat daher unter Berücksichtigung dieses Antwortspielraums seine Bewertung nochmals zu überdenken.
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Die Klägerin hat auch einen Neubewertungsanspruch gegen den Zweitprüfer. Insoweit liegen, ebenso wie mit heutigem Datum entschiedenen Verfahren 12 K 2406/07, bei dem ebenfalls die Erste juristische Prüfung im Herbst 2007 in Mannheim Gegenstand des Rechtsstreits und dieser Prüfer in Klausur Nr. 5 als Erstprüfer tätig war, Indizien für eine Verletzung des auf dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beruhenden Gebots der Sachlichkeit vor. Dieses Gebot verpflichtet als allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.09.1984 – BVerwG 7 C 57/83 – BVerwGE 70, 143) den Prüfer, darauf zu achten, dass er – über das Gebot hinaus, sachfremde Erwägungen zu unterlassen – die Prüfungsleistung mit innerer Distanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt, sowie, dass er sich bemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessen Gedankengänge einzugehen, ferner, gegenüber abweichenden wissenschaftlichen Auffassungen Toleranz aufzubringen. Allerdings schließt dies nicht aus, auf schwache schriftliche Leistungen mit harten Randbemerkungen zu reagieren, etwa eine abwegige Äußerung mit dem Begriff „Unsinn“ oder inhaltsleere Ausführungen mit der Bezeichnung „Phrasen“ zu kennzeichnen. Allein aus einer drastischen Ausdrucksweise in der Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen wird man regelmäßig nicht auf eine unsachliche Bewertung der Prüfungsleistung schließen können. Selbst gelegentliche „Ausrutscher“ und „Entgleisungen“ des Prüfers können für sich allein den Vorwurf der Unsachlichkeit nicht rechtfertigen. Unsachlich wird eine Bewertung aber dann, wenn der Prüfer seiner Verärgerung über schwache Prüfungsleistungen freien Lauf lässt und dadurch die Gelassenheit und emotionale Distanz verliert, ohne die eine gerechte Beurteilung schwerlich gelingen kann (ebenda).
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Ausgehend von diesen Maßstäben spricht auch bei der hier zur Überprüfung anstehenden Bewertung durch den Zweitprüfer alles dafür, dass er bei seiner Korrektur, spätestens jedoch im Überdenkungsverfahren sich nicht mehr vornehmlich durch Objektivität hat leiten lassen. Kann den Randbemerkungen ab S. 19 der Klausurbearbeitung für sich genommen noch nicht Unsachlichkeit vorgeworfen werden, obwohl auch sie teilweise „grenzwertig“ sind, wie z.B. die Kommentierungen „Schwache Darstellung!, Ist nur ´vorliegend` ein Unfall ein Unglücksfall?“, „was soll das heißen“, „hätte müssen (Konditional II)“, „ganz schief“ und „falsche Baustelle“, so lässt aber spätestens die Begründung des Prüfers im Überdenkungsverfahren den entsprechenden Schluss auf Unsachlichkeit zu. Hier führt er einleitend aus, „wie der Widerspruchsführer/die Widerspruchsführerin zur Einschätzung kommt, sogar die überaus wohlwollende Gesamtbewertung durch den Herrn Erstgutachter müsse nach oben korrigiert werden, ist mir ein vollkommenes Rätsel“. Eine derartige Ausführung gehört nicht in ein Überdenkungsgutachten. Der Prüfer hat nicht die gegen den Erstgutachter erhobenen Einwände zu überdenken oder gar
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- wie hier - zu kommentieren, sondern eine Überdenkung in Bezug auf sein eigenes Gutachten anhand der hiergegen vorgebrachten Einwände vorzunehmen. Auffallend sind auch die sich wiederholenden herabwürdigenden Äußerungen über die Arbeitsweise der Klausurbearbeitung. So heißt es unter (1.), „hätte er/sie sich nur die Mühe gemacht, einen subsumtionsfähigen Obersatz zu bilden ... wäre ihm/ihr womöglich aufgegangen...“. Unter (2.) wird ausgeführt, „... der Widerspruchsführer/die Widerspruchsführerin an keiner Stelle zeigt, dass er verstanden hat...“ oder „...von rationaler Zeiteinteilung keine Rede sein: Wenn der Verfasser nicht rund 1 ½ Seiten auf die hier völlig unproblematische Kausalität ...verschwendet hätte, hätte er sich ohne weiteres in angemessenem Umfang der wirklich relevanten Beifahrerproblematik widmen können“ bzw. „immerhin wird im Folgenden zutreffend festgestellt, dass...- allerdings auch unproblematisch - von ...auszugehen war“ sowie „warum sodann noch § 323 a StGB angesprochen wird, bleibt ganz im Dunkeln“ oder „...Prüfung des § 142 StGB, die bezeichnenderweise früheren Mustern folgend weder einen Obersatz enthält...“. Auch die von der Klägerin erhobenen Einwendungen meint der Prüfer kommentieren zu müssen. Abgesehen von der bereits eingangs aufgeführten einleitenden Äußerung des Prüfers heißt es unter (4.) „bezeichnenderweise greift der Widerspruchsführer/die Widerspruchsführerin die Feststellungen von Erst- und Zweitgutachter zu den inhaltlich ganz verfehlten...nicht an“ Der Prüfer hat sich im Überdenkungsverfahren nicht mit den nicht erhobenen Einwendungen auseinanderzusetzen und Erwägungen hierüber anzustellen oder sogar, wie hier, der Nichterhebung von Einwänden eine die eigene Bewertung bestätigende Rechtfertigung beizumessen, sondern allein seine Ausgangsbewertung unter Berücksichtigung der erhobenen (!) Einwendungen zu überdenken.
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Ungeachtet dieser Verletzung des Sachlichkeitsgebots liegt darüber hinaus ein Verstoß gegen allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze und damit ein solcher gegen die Chancengleichheit vor. Zu den allgemein anerkannten Bewertungsgrundsätzen gehört es, die Anforderungen an eine Klausurbearbeitung nicht zu überspannen und nicht „herunterzuprüfen“. Beim Prüfer fällt, ebenso wie im bereits oben genannten parallel entschiedenen Verfahren auf, dass er sich bei seiner Bewertung offenbar ausschließlich von Nichtvorhandenem oder fehlerhaft Dargestelltem hat leiten lassen. Nur in diesem Sinne können seine ausschließlich Beanstandungen enthaltenden Ausführungen verstanden werden; Vorhandenes und Angesprochenes in der Arbeit werden vorwiegend negativ dargestellt. Zu einer ausgewogenen Bewertung gehört aber, das Vorhandene und auch das richtig Bearbeitete mit dem Fehlenden und Fehlerhaften ernsthaft abzuwägen und insgesamt in ein Bewertungssystem einzuordnen, das letztlich die Zuordnung zu den einzelnen Notenstufen und schließlich zu den Punktezahlen ermöglicht. Allein dies ermöglicht es anschließend auch dem Prüfling und in der Folge dem Gericht (Art. 19 Abs. 4 GG), eine mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben in Einklang stehende Überprüfung vornehmen zu können. Ein Prüfer darf nicht verlangen, dass auch für die Schwellennote „ausreichend“ bereits alle im Sachverhalt steckenden Probleme erkannt und weitgehend zutreffend bearbeitet werden müssen. Wie bereits weiter oben ausgeführt, steht dies nicht in Einklang mit der in § 14 JAPrO i.V.m. der entsprechenden Verordnung des Bundesministers der Justiz vorgegebenen Notenskala. Der Bereich zwischen 4,0 und 6,0 Punkten mit der Note ausreichend erfasst schon begrifflich Leistungen, die Lücken und Mängel aufweisen. Eine Bewertung mit 2,0 Punkten setzt demgegenüber eine äußerst schwache Leistung voraus. Die Bewertung bedarf in diesem Fall einer ausführlichen, das Positive und Negative abwägenden Begründung, dies insbesondere dann, wenn der Erstprüfer die Prüfungsleistung noch für ausreichend hielt. Aus der Begründung muss sich auch der Maßstab der Bewertung ergeben und wie die Leistungen des Prüflings darin einzuordnen sind. Die Bewertung des Zweitprüfers lässt nicht erkennen, dass er die Notenskala und die darin enthaltenen Wertungsstufen und entsprechend das zu Verlangende ausreichend in den Blick genommen hat. Dass nämlich die Arbeit der Klägerin so gut wie keine substantiellen Ausführungen enthielte, sagt der Prüfer selbst nicht. Auf Seite 3 seiner Stellungnahme führt er nämlich zum ersten Aufgaben-Komplex aus, dass er seine Ausführungen zur Bearbeitung des § 315 c StGB „um die Feststellung“ ergänze, „dass der erste Handlungsabschnitt insgesamt nur unzureichend bearbeitet worden“ sei. Dies impliziert aber schon, dass die Bearbeitung nicht insgesamt unbrauchbar ist. Entsprechendes zeigen auch weitere Ausführungen des Prüfers im Überdenkungsverfahren, wonach „immerhin … zutreffend festgestellt“ worden sei, dass von Tathandlungsvorsatz und Gefährdungsfahrlässigkeit auszugehen gewesen sei. An anderer Stelle bemängelt er fehlende „tiefgehende Begründung“ bei der „immerhin“ gesehenen fehlenden Einwilligungsfähigkeit des K. Hier seien auch die Darlegungen zur Schuld „unvollständig, aber immerhin in Bezug auf den Zweifelsgrundsatz… konsequent“. Aus weiteren Ausführungen des Prüfers entsteht sodann aber der Eindruck, dass die Bereitschaft fehlte, unvollständige Ausführungen, soweit sie richtig sind, entsprechend zur Kenntnis zu nehmen und angemessen zu gewichten. So hat er in seiner Überdenkens-Stellungnahme ausgeführt, „weitaus gravierender“ sei es, was „selbstverständlich einen in die Bewertung einfließenden beträchtlichen Mangel“ darstelle, dass der Bearbeiter „an keiner Stelle“ das Verständnis zeige, „wie absolute und relative Fahruntüchtigkeit voneinander abzugrenzen“ seien; die „einschlägigen Grenzwerte“ würden nicht genannt. Auch dies ist beispielhaft für die auffällig negative Sichtweise des Prüfers. Denn die Klägerin hat in der Klausur (S. 3) ausgeführt, es sei eine Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt des Aufbruchs von 1 bis 1,5 %0 festgestellt worden, „in dubio pro reo“ sei daher „zum Zeitpunkt des Unfalls davon auszugehen, dass G nicht absolut fahruntüchtig“ gewesen sei; allerdings komme „es nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht darauf an, ob er relativ oder absolut fahruntüchtig“ gewesen sei. Dies lässt ohne weiteres erkennen, dass der Klägerin die Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Fahruntüchtigkeit bekannt waren. Sie hatte nicht nur die einschlägigen Begriffe verwendet, sondern sich auch offensichtlich an den maßgebenden Grenzwerten orientiert, denn andernfalls wäre sie nicht zum richtigen Ergebnis gelangt. Bei seiner Bewertung dieses Komplexes als insgesamt unzutreffend , ging der Prüfer von einem falschen Sachverhalt aus; dies stellt einen Bewertungsfehler dar. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Prüfer die anschließenden Ausführungen der Klägerin, wonach dem Beschuldigten der Gegenbeweis im Hinblick auf die Unfallfahrt nicht gelinge, zurecht beanstandet hatte. Denn beide Komplexe stehen inhaltlich nicht in Zusammenhang und sind daher auch unabhängig voneinander zu bewerten.
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Des weiteren fällt auf, dass der Prüfer seine Ergebnisfindung fast durchgehend durch verbale Verstärkungen „nachvollziehbar“ zu machen sucht und hierbei die positiven Aspekte der Prüfungsleistung nicht gewichtend mit einbezieht. Auch dies ist als Indiz für seine fehlende Objektivität zu werten. So finden sich in annähernd jedem Satz der Überdenkens-Stellungnahme entsprechende Ausführungen, Begriffe und Adjektive, wie z. B. „…. zahlreicher ganz gravierender...Fehler,...deutlicher Schwächen..., sehr vieler Unschärfen bzw. Sinnwidrigkeiten...eklatant verfehlter Schwerpunktsetzungen (Langatmiges zu Unproblematischem bzw. ganz Überflüssigem..., empfindliche Lücken...)... nur ganz wenigen Grundansätzen..., ... in der Summe eindeutig nicht mehr brauchbar...“, „...deutlich nicht mehr - auch nicht eingeschränkt - durchschnittlichen...“, „keinesfalls...deutlich gemacht“, „...ganz verfehlten Einstieg...“, „...dies stellt selbstverständlich einen ... beträchtlichen Mangel...“, „...an keiner Stelle zeigt...“, „...vor allem aber...“, „...eklatanter Verstoß gegen den Zweifelsgrundsatz“,“...steht...im luftleeren Raum“, „...konterkariert“, „...schon im Ansatz nicht nachvollziehbar...“, „das Manko der Bearbeitung...besteht doch gerade darin, ... absolute Standardproblem...überhaupt nicht in den Blick kommt, also nicht einmal eine knappe Befassung vorliegt, die im Ansatz Problembewusstsein hätte erkennen lassen“, „bereits bei isolierter Betrachtung... - ...völlig verfehlten Schwerpunktsetzungen - von rationaler Zeiteinteilung keine Rede sein...“ , „...völlig unproblematischer ...verschwendet hätte... ohne weiteres in angemessenem Umfang der wirklich relevanten... widmen können“, „immerhin wird ...zutreffend festgestellt... - allerdings auch unproblematisch -...“, „...enthält Grundansätze, wenngleich die gutachtenwidrige Eingangsbehauptung...nicht geeignet ist, in den Meinungsstreit einzuführen“, „immerhin wird - freilich wieder ohne annähernd tiefgehende...“, „immerhin...- diesmal! - konsequent“, „ganz unnötig breit...“, „...bleibt ganz im Dunkeln“, „...mit apodiktisch knapper und inhaltlich grob falscher...“, „... das eigentlich interessante... vollständig übersehen - eine weitere eklatante Lücke der Bearbeitung! Neben der Sache liegt schließlich ..., die bezeichnenderweise früheren Mustern folgend...“, „nur randstellig sei bemerkt...völlig verkannt wird“, „...bleibe ich uneingeschränkt...bestenfalls Grundansätze zu verzeichnen...ergänze dies um die Feststellung...“, „...Grundansätze zur...verhindern insoweit immerhin die Einschätzung als völlig unbrauchbar“, „vielleicht ließe sich bei wohlwollender Betrachtung...rechtfertigen“, „... bei weitem nicht adäquat bewältigt...“, „bezeichnenderweise wird die vermeintliche...“, „...machen ganz deutlich, dass eine zielführende Prüfung...“, „... überzeugt keinesfalls“, „...auch nicht annähernd sauber umzusetzen“, „...wird die einzeilige Behauptung...den Anforderungen an ein ...in keiner Weise gerecht“, „...zum wiederholten Male...dort, wo wirklich zu diskutieren wäre...eine - auch noch hochproblematische! - Ergebnisbehauptung...“, „...mag ja noch vertretbar sein...auch nur annähernd tragfähige...sauber hinterfragende Begründung ist freilich...“, „...bezeichnenderweise greift der Widerspruchsführer… zu den inhaltlich ganz verfehlten…..“ usw.
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Der Prüfer hat eine Neubewertung der Klausurbearbeitung vorzunehmen und sich hierbei nicht nur dem äußeren (verbalen) Anschein nach um Objektivität zu bemühen, sondern sich mit dem oben Dargelegten - auch selbstkritisch - auseinanderzusetzen und sich bei den Anforderungen an den Prüfling an objektiven Bewertungsmaßstäben zu orientieren.
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e) Auch hinsichtlich der Bewertung von Aufsichtsarbeit Nr. 6 greifen die Beanstandungen der Klägerin teilweise durch. Bei dieser Arbeit aus dem Öffentlichen Recht stand folgender Sachverhalt zur Bearbeitung: Die Landesregierung plant, angesichts mutmaßlicher verstärkter Einflussnahme diverser Sekten auf die Landespolitik die Einfügung eines neuen Art. 35 b in die Landesverfassung zur Bestellung eines Sektenausschusses durch den Landtag. Die Vorlage, die die Landesregierung nicht selbst einbringen will, wird von Abgeordneten der beiden Regierungsfraktionen eingebracht und von mehr als zwei Dritteln der Abgeordneten verabschiedet. Zwei Jahre später hegt die X-Fraktion erhebliche Zweifel an der Verfassungsgemäßheit und möchte ein Verfassungsgericht einschalten. Zu erstellen war ein Gutachten zur förmlichen und sachlichen Vereinbarkeit des Verfassungsartikels mit dem Grundgesetz und/oder der Landesverfassung. Erst- und Zweitprüfer bewerteten die Arbeit der Klägerin jeweils mit 4,0 Punkten.
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Die Klägerin hat insoweit gerügt, die prozessualen Vorschriften des Landesverfassungsrechts seien nicht Gegenstand des Prüfungsstoffs nach der JAPrO; Prüfungsstoff sei vielmehr nur Verfassungsrecht im Überblick, so dass Einzelwissen gerade nicht habe vorausgesetzt werden dürfen. Dies trifft teilweise zu. Nach § 8 Nr. 9 JAPrO ist Prüfungsgegenstand „Verfassungsrecht … im Überblick“ und „Verfassungsprozessrecht“. Dazu gehört entgegen der Auffassung der Klägerin die Problematik des „verfassungswidrigen Verfassungsrechts“; diese muss stichwortartig einem Prüfling des Ersten juristischen Staatsexamens bekannt sein. Soweit von den Prüfern allerdings auch die Diskussion einer sog. „verkappten Regierungsvorlage“ verlangt wurde, geht dies deutlich über die mit den Kenntnissen „im Überblick“ verlangten Grundkenntnisse hinaus, zumal sich dieser Begriff, soweit ersichtlich, in den einschlägigen Lehrbüchern so nicht findet und im Übrigen bei der Landesgesetzgebung im Gegensatz zur Bundesgesetzgebung kaum Relevanz haben dürfte. Die Prüfer haben daher ihre Wertung unter Berücksichtigung dieses Punktes neu zu bewerten.
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f) Die Klägerin dringt auch zum Teil mit ihren Einwendungen gegen die Bewertung von Aufsichtsarbeit Nr. 7 durch. Mit dieser Klausur aus dem Bereich des Öffentlichen Rechts wurde folgender Sachverhalt zur Bearbeitung gestellt: Der verstorbene V wurde, da zunächst Angehörige nicht ermittelbar waren, von der Gemeinde auf dem Hauptfriedhof erdbestattet. Die Kosten beliefen sich nach der Gebührensatzung auf 882,- EUR. Schließlich will die Gemeinde die ausfindig gemachten Kinder S (unehelich) und T (der die Erbschaft ausgeschlagen hatte) auf Kostenerstattung für im Verhältnis zur Feuerbestattung teureren Erdbestattung einschließlich der Folgekosten für Grabpflege in Anspruch nehmen. Aufgabe war, ein Gutachten zu erstellen im wesentlichen zu den Fragen, auf welcher Rechtsgrundlage beide Kinder ggf. in Anspruch genommen werden könnten sowie, ob die Bestattung eine Vollstreckungsmaßnahme dargestellt habe. Schließlich wird S mittels Kostenbescheid in Anspruch genommen. Er beauftragt Rechtsanwältin A, die mit E-Mail Widerspruch erhebt. Auch insoweit war ein Gutachten samt Vorschlag für ein weiteres Vorgehen zu erstellen. Beide Prüfer bewerteten die Klausurbearbeitung der Klägerin mit der Note „mangelhaft“ (2,0 und 3,0 Punkte).
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Soweit die Klägerin rügt, Bestattungsrecht gehöre nicht zum Prüfungsstoff, kann sie damit allerdings nicht durchdringen. Gegenstand war vielmehr im wesentlichen (besonderes) Polizeirecht in der Form des Bestattungsrechts sowie Vollstreckungs- und Verfahrensrecht. Auch ihre Rüge, das Widerspruchsverfahren gehöre gleichfalls nicht zum Prüfungsstoff, greift nicht, denn es wurde nicht das Widerspruchsverfahren als solches verlangt, sondern lediglich die Anwendung der einschlägigen Normen aus dem prüfungsrelevanten Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 8 Nr. 9 JAPrO).
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Hingegen greift der Einwand der Klägerin hinsichtlich der vom Erstprüfer im Überdenkungsverfahren bemängelten fehlenden Prüfung des § 31 Abs. 2 BestattG als eigenständiger Anspruchsgrundlage durch. Sie hat nämlich auf S. 6 und 7 ihrer Ausarbeitung ausdrücklich diese Anspruchsgrundlage genannt und angeprüft. Zwar hat sie, wie vom Prüfer bemängelt, das Verhältnis von Satzung und § 31 Abs. 2 BestattG nicht diskutiert, sondern § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Gebührensatzung zusätzlich als eigenständige Anspruchsgrundlage abgehandelt. Dies ist aber vertretbar (- siehe insoweit die Bewertung des Zweitprüfers -) und vom Erstprüfer daher bei seiner Neubewertung zu berücksichtigen.
68 
Nicht gehört werden kann die Klägerin hingegen mit ihren Einwendungen gegen die Kritik des Prüfers zu ihren Ausführungen zu § 8 PolG und § 25 LVwVG. Denn aus ihrer Ausarbeitung auf S. 10 bis 13 wird eine Trennung zwischen beiden Vorschriften nicht deutlich. Vielmehr lassen ihre Ausführungen in der Einleitung auf S. 10 oben („Kostenerstattung… nach § 8 PolG i.V.m. § 25 LVwVG“) und auf S. 12 den Schluss zu, dass sie das Verhältnis der beiden Vorschriften zueinander nicht zutreffend gesehen hat. Auch hat sie, worauf der Prüfer hingewiesen hat, nicht geprüft, worin der Grundverwaltungsakt im Sinne des § 25 LVwVG liegen soll.
69 
Zu Unrecht hat der Prüfer jedoch im Rahmen von Aufgabe 2 bemängelt, dass die Klägerin bei ihren Ausführungen zur Zulässigkeit des Widerspruchs auf S. 17 nicht erörtert hat, welchem Recht die Adressatentheorie entstammt. Insoweit hat er im Überdenkungsverfahren ausgeführt, dass der Hinweis auf diese Theorie nicht ausreiche, weil nicht deutlich werde, woraus diese Theorie „eigentlich abgeleitet“ werde. Was er damit rügen will, wird nicht deutlich. Die Adressatentheorie gehört im Zusammenhang mit der Widerspruchsbefugnis zwischenzeitlich zum Allgemeingut des Verwaltungsprozessrechts, in dessen Rahmen sich die Ausführungen der Klägerin auch bewegten. Ihre Herleitung bzw. Ausführungen – wohl – zur Entstehungsgeschichte können im Ersten juristischen Staatsexamen nicht verlangt werden. Dies ergibt sich sowohl daraus, dass dieser Begriff ein feststehender Rechtsbegriff ist, als auch insbesondere daraus, dass die Prozessvoraussetzungen nach § 8 Nr. 10 JAPrO lediglich „im Überblick“ zum Prüfungsstoff gehören. Der Prüfer hat mit dieser offenbar in die Bewertung eingeflossenen Kritik anerkannte Bewertungsgrundsätze verkannt und diesbezüglich seinen durch die Prüfungsordnung eingeschränkten Bewertungsspielraum bei weitem überzogen. Der Prüfer hat mithin die Ausführungen der Klägerin auf S. 17 oben als korrekt zu werten.
70 
Hingegen vermag die Klägerin nicht durchzudringen, soweit sie einwendet, es habe nicht verlangt werden können, im Rahmen der Widerspruchsfrist Ausführungen zu den rechtlich erheblichen Begriffen des Zugangs und der Bekanntgabe zu machen. Dies drängte sich aber nach dem Sachverhalt auf, denn dort war ausgeführt, dass nach der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ein Widerspruch „innerhalb eines Monats nach Zugang“ erhoben werden müsse. Daraus wird deutlich, dass hier aus der Rechtsbehelfsbelehrung ein so wörtlich enthaltener Teil zitiert war. Nachdem die Klägerin aber die Norm des § 70 Abs. 1 VwGO richtig erkannt und dessen Vorgaben richtig zitiert hatte, hätte sich ihr die Auseinandersetzung und damit auch die Frage, ob die Belehrung richtig war, aufdrängen müssen.
71 
Allerdings lassen die Ausführungen des Prüfers erkennen, dass er die Ausführungen der Klägerin zu Aufgabe 2 wegen der beanstandeten Punkte nicht weiter in die Bewertung miteinbezogen hatte. Damit verstößt er gegen Bewertungsgrundsätze. Fehlende Teile führen regelmäßig nicht zu einer vollständigen Entwertung der gemachten Ausführungen. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin die einschlägigen Normen der §§ 68ff. VwGO gesehen und – mit Lücken – geprüft. Will der Prüfer diesen Ausführungen keine Bedeutung im Rahmen der Bewertung beimessen – wobei er allerdings zu berücksichtigen hat, dass Kenntnisse im Verwaltungsprozessrecht lediglich im Überblick verlangt werden - , muss er dies deutlich machen und vor allem auf die Gewichtung eingehen. Insoweit wird auf die Ausführungen am Schluss des Urteils verwiesen. Auch dies hat der Prüfer bei seiner Neubewertung zu berücksichtigen. Insgesamt hat er zu berücksichtigen, dass eine Prüfungsarbeit, die mit lediglich 2,0 Punkten bewertet ist, voraussetzt, dass annähernd keine substantiellen Kenntnisse vorhanden sind. Davon aber kann nach dem Ausgeführten nicht ausgegangen werden.
72 
Nachdem der Zweitprüfer sich mit seiner Bewertung – wegen des vertretbaren Ansatzes im Gebührenrecht und einzelner „Lichtblicke“ – dem Erstprüfer angeschlossen hatte, hat auch er eine Neubewertung unter Beachtung der oben genannten Gesichtspunkte vorzunehmen. Soweit er bemängelt hatte, dass keine Ausführungen zur in der Aufgabe wesentlichen Klärung des Verhältnisses zu § 31 Abs. 2 BestattG gemacht worden seien, ist zu berücksichtigen, dass die Klausurbearbeitung sich nicht allein darin erschöpfte und auch eine Arbeit von 4,0 Punkten deutliche Lücken und Mängel aufweist.
73 
Im Übrigen gibt das Gericht für die Neubewertung durch die Prüfer noch Folgendes vor: Im Hinblick auf die höchstrichterlich festgelegten Entscheidungsmaßstäbe, wonach das Gericht einerseits nicht die eigenen Maßstäbe an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen darf, andererseits aber der Prüfling Anspruch auf effektiven Rechtsschutz hat (Art. 19 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG), müssen die Prüfer ihre Bewertungen so begründen, dass eine gerichtliche Überprüfung möglich ist. Aus dieser Begründung muss sich das Bewertungssystem eines Prüfers nachvollziehen lassen. Denn dieses Bewertungssystem ist der Prüfungsmaßstab für das Gericht, einen anderen Prüfungsmaßstab hat es nicht. Das Gericht kann weder die Vorlage der Musterlösung verlangen noch darf es eigene Lösung der Prüfungsfälle zum Maßstab nehmen. Dies erfordert insgesamt, dass die Prüfer - im Einzelnen - Fehlendes darlegen und dem Vorhandenen gegenüberstellen. Ein allgemeiner Hinweis auf vorhandene Fehler und Mängel genügt insoweit nicht. Darüber hinaus muss auch die Gewichtung der positiven Inhalte einer Klausurbearbeitung einerseits und der fehlenden bzw. nicht zureichend bearbeiteten andererseits dargelegt werden. Diesen Anforderungen müssen die Prüfer ansonsten grundsätzlich spätestens im Überdenkungsverfahren gerecht werden.
74 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
75 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
14 
Die Schriftsätze des Beklagten vom 12.08.2009 und der Klägerin vom 23.08.2009 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
15 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Neubewertung ihrer angefochtenen Aufsichtsarbeiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
16 
Nach § 9 JAG (Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst - Juristenausbildungsgesetz - vom 16.07.2003, GBl. S. 354, geändert durch Art. 7 Zweites Hochschulrechts-Änderungsgesetz vom 06.12.1999 - GBl. S. 517 - ) sowie der auf § 7 des Gesetzes beruhenden Verordnung der Landesregierung über die Ausbildung und Prüfung der Juristen - in der hier maßgeblichen Fassung vom 08.10.2002 (GBl. S. 391 ) ist Voraussetzung für die Fortsetzung der Prüfung kumulativ eine Durchschnittspunktezahl von mindestens 3,60 Punkten sowie in mindestens drei Aufsichtsarbeiten 4,0 oder mehr Punkte und im Zivilrecht in mindestens einer Aufsichtsarbeit 4,0 oder mehr Punkte. Die Klägerin hat im schriftlichen Teil der Prüfung zwar mit ihrer erreichten Durchschnittspunktezahl von 3,71 Punkten die erforderliche Mindestdurchschnittspunktezahl überschritten und auch in einer der zivilrechtlichen Aufsichtsarbeiten mit 8,0 Punkten die entsprechenden Anforderungen erfüllt. Da sie jedoch nicht in mindestens drei Klausuren die Mindestpunktezahl von 4,0 erreicht hatte und als Wiederholerin an der Prüfung teilgenommen hatte, gilt die Prüfung wegen des Fehlens einer Wiederholungsmöglichkeit (§ 22 JAPrO a.F.) endgültig als nicht bestanden. Der Klägerin steht allerdings ein Anspruch auf Neubewertung der von ihr angefochtenen Aufsichtsarbeiten zu.
17 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Beschluss vom 17.04.1991, BVerfGE 84, 34) muss ein berufsbezogenes Prüfungsverfahren im Hinblick auf Art. 12 GG im Rahmen des Möglichen Objektivität und Neutralität gewährleisten. Staatsprüfungen, die den Zugang zu akademischen Berufen einschränken, erfordern schwierige Bewertungen, die mit Rücksicht auf die Chancengleichheit der Kandidaten (Art. 3 Abs. 1 GG) im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres im nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Kandidaten isoliert nachvollziehen lassen. Hieraus ergibt sich ein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum, der sich bei juristischen Fachprüfungen nicht auf fachwissenschaftliche Rechtsfragen, sondern lediglich auf Gesichtspunkte bezieht, die sich wegen ihrer prüfungsspezifischen Komplexität im Verwaltungsstreitverfahren nicht ohne weiteres - insbesondere nicht isoliert - nachvollziehen lassen und damit mit rein objektiven Maßstäben schwer messbar sind. Dies betrifft etwa Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Gewichtung des Schwierigkeitsgrades einzelner Aufgaben, wie auch verschiedener Aufgaben im Verhältnis zueinander, die Würdigung der sprachlichen Qualität, der Überzeugungskraft und der Angemessenheit der Darstellung nach ihrem Umfang - in einzelnen Abschnitten wie auch in der Gesamtschau - oder die Bestimmung von Stärken und Schwächen einer Bearbeitung einschließlich des Stellenwertes eines Fehlers. Dieser Bewertungsspielraum ist von den Gerichten grundsätzlich nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten haben, indem sie etwa von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben. Bei fachwissenschaftlichen Fragen hingegen - wie verallgemeinerungsfähige Rechtsanschauungen - gilt ein strengerer Prüfungsmaßstab. Kommen in Rechtsfragen mehrere vertretbare Lösungen in Betracht, ist dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zuzugestehen. Daraus folgt, dass eine vertretbare und mit gewichtigen Gründen folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch bewertet werden darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, a.a.O.). Ob die Prüfer dies verkannt haben, muss vom Gericht auf eine entsprechend substantiierte Rüge hin geprüft werden (vgl. zum ganzen: BVerwG, Beschl. v. 13.05.2004, Buchholz 421.0 Nr. 406, Urt. v. 04.05.1999, NVwZ 2000, 915).
18 
1. Die Prüfer - jeweils der Erstprüfer und der Zweitprüfer - müssen ihre Bewertungen und die daraus hergeleiteten Noten vorliegend auch unter dem Blickwinkel überprüfen, ob sie bei der Bewertung und Benotung der Aufsichtsarbeiten einen zu strengen Bewertungsmaßstab angelegt haben.
19 
Eines der tragenden Prinzipien des Prüfungsverfahrens ist der Grundsatz der Chancengleichheit. Er gebietet, dass für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage [2007] RdNr. 87 ff.). Dieser Grundsatz beruht auf Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, BVerfGE, 84, 34) und beherrscht das Prüfungsrecht (BVerfG, Beschl. v. 25.06.1974, BVerfGE 37, 342).
20 
Für den Termin der Ersten juristischen Staatsprüfung Herbst 2007 steht ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit am Prüfungsort Mannheim im Raum. Denn die Durchfallquote betrug in Mannheim für die Prüfungsteilnehmer, für die noch die JAPrO 1993 galt, 58,33 %. In den anderen Städten lag sie dagegen zwischen 35,90 % (Tübingen) und 39,04 % (Konstanz). Dabei kommen als Vergleichsgruppen nur die Prüflinge dieses Prüfungstermins in Betracht (vgl. BFH, Urt. v. 23.08.2001 - VII R 96/00 -; Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005 - 13 K 346/04 -, jew. juris). Ein - unmittelbarer - Vergleich mit anderen Prüfungsterminen scheidet aus, weil es sich um Aufsichtsarbeiten unterschiedlichen Inhalts handelt und auch die Prüfer nicht identisch sind. Auch die Ergebnisse der Prüfungen, für die die JAPrO 2002 gilt, können nicht in die Betrachtung mit einbezogen werden. Denn für sie gelten andere Prüfungsanforderungen.
21 
In der Rechtsprechung wird nun einheitlich darauf abgestellt, dass eine besonders hohe Durchfallquote allein für die Annahme von Prüfungsmängeln nicht ausreicht (OVG Bremen, Urt. v. 12.02.2008 - 1 A 234/03 -; FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005 - V 2/04 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.09.2007 - 12 K 2044/04 B -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.11.2002 - 9 S 2361/02 -, jew. juris). Ob diese Auffassung insgesamt überzeugend ist, kann hier offen bleiben. Denn zu der hohen Durchfallquote in Mannheim kommt als weiterer Gesichtspunkt hinzu, dass die Durchfallquoten in den anderen Städten sehr viel - bis zu über 20 % - niedriger sind. Hinzu kommt weiter, dass nach den Ausführungen der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Ergebnisse der Ersten juristischen Staatsprüfungen in Mannheim über viele Jahre hinweg deutlich schlechter waren als in den anderen Städten. Dieser Gesichtspunkt kann als Indiz in die Betrachtung mit einfließen, auch wenn die Ergebnisse anderer Prüfungsjahrgänge, wie ausgeführt, nicht unmittelbar zum Vergleich herangezogen werden können.
22 
Diese hohe Durchfallquote beruht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 08.11.2002 - 9 S 2381/02 -) auf einem Prüfungsmangel. Eine andere Erklärung kommt nicht ernsthaft in Betracht.
23 
Allerdings lässt sich vorliegend aus der hohen Durchfallquote nicht herleiten, dass mit den zu bearbeitenden Aufsichtsarbeiten die Prüfungsanforderungen überspannt wurden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Berlin-Brandenburg, Urt. 12.09.2007, Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dem steht schon entgegen, dass - wie oben ausgeführt - im Gegensatz zu Mannheim in den anderen Städten die Durchfallquoten nicht hoch waren. Wären die Prüfungsaufgaben erheblich zu schwer gewesen, hätte sich dies auch in höheren Durchfallquoten in den anderen Städten niedergeschlagen.
24 
Aus diesem Grund ist auch die Erklärung, die die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung für die hohe Durchfallquote abgegeben hat, nicht plausibel. Sie hat darauf hingewiesen, dass dieser Prüfungstermin der letzte Termin gewesen sei, an dem die Prüfung noch nach der JAPrO 1993 habe abgelegt werden können. Deshalb hätten auch viele Studenten daran teilgenommen, deren Studium schon längere Zeit gedauert habe. Dabei handele es sich erfahrungsgemäß um schwächere Studenten. Da diese Situation aber gleichermaßen in allen Städten bestand, lässt sich damit die hohe Durchfallquote in Mannheim nicht erklären.
25 
Die hohe Durchfallquote lässt sich weiter nicht dadurch erklären, dass die Studenten in Mannheim so schlecht waren, dass es - im Durchschnitt betrachtet - zu einer so hohen Durchfallquote kam. Insoweit liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Es wäre aber Sache des Beklagten, hierzu tragfähige Angaben zu machen, wenn er sich darauf berufen wollte, denn die Bewertung findet "im Lager" des Beklagten statt. Auch entsprechende Erkenntnisse könnten nur im Lager des Beklagten gefunden werden. Die Anzahl von 96 Prüflingen, die in Mannheim an der Prüfung teilgenommen haben, ist so groß, dass - ohne gegenteilige Anhaltspunkte - allenfalls mit durchschnittlichen, nicht aber mit besonders schlechten Ergebnissen gerechnet werden kann. Insbesondere wäre es aber auch bei im Durchschnitt erheblich schlechteren Prüflingen in Mannheim statistisch gesehen praktisch ausgeschlossen, dass - im Gegensatz zu den anderen Städten - keiner (!) der Prüflinge die Note "gut" oder "voll befriedigend" erhielt. Selbst die Note "befriedigend" wurde mit 10,42 % ganz deutlich seltener vergeben als in den anderen Städten.
26 
Danach kommt für die hohe Durchfallquote - ausschließlich - in Betracht, dass einzelne oder alle Prüfer in Mannheim einen wesentlich strengeren Prüfungsmaßstab angelegt haben, als in den anderen Städten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dies zeigt nicht nur der Vergleich der Durchfallquoten der einzelnen Städte, sondern auch der Blick auf die sonstige Notenverteilung insgesamt. Diese Notenverteilung kann nur dahin interpretiert werden, dass in Mannheim ganz erheblich "heruntergeprüft" wurde. So gab es - wie oben ausgeführt - als Ergebnisse dieser Prüfung in Mannheim weder die Note "gut" noch "vollbefriedigend". In den anderen Städten lag der Anteil dieser Noten zwischen 3,42 % (Konstanz) und 5,67 % (Heidelberg). Auch die Note "befriedigend" gab es in Mannheim nur in 10,42 % der Fälle, in den anderen Städten dagegen zwischen 19,86 % (Konstanz) und 25,13 % (Tübingen). Dieser Eindruck ergibt sich im Übrigen auch aus einer ganzen Reihe von Bewertungen von Aufsichtsarbeiten aus diesem Prüfungstermin und damit zusammenhängenden, gerichtsbekannt gewordenen Äußerungen von Prüfern.
27 
Damit lag - auf die gesamte Prüfung bezogen - für die Prüflinge in Mannheim ein eklatanter Verstoß gegen die Chancengleichheit vor, für den nur ein gleichheitswidrig zu strenger Prüfungsmaßstab in Betracht kommt. Diesem - zu strengen - Prüfungsmaßstab war auch die Klägerin unterworfen. Sie ist deshalb in ihrem eigenen subjektiven öffentlichen Recht auf Beachtung des Grundsatzes der Chancengleichheit verletzt; es handelt sich nicht um die Rüge, andere Prüflinge hätten Vorteile gehabt, für die - jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Urt. v. 23.08.2001, a.a.O.) einem Prüfling kein subjektives öffentliches Recht zusteht.
28 
Diesem Mangel muss bei der neu durchzuführenden Bewertung der Leistungen der Klägerin Rechnung getragen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - nach dem derzeitigen Erkenntnisstand - die Anwendung eines zu strengen Bewertungsmaßstabes nicht einzelnen Prüfern zugeordnet werden kann. Weiter ist zu berücksichtigen, dass den Prüfern ein prüfungsspezifischer Wertungsspielraum zusteht. Daraus folgt, dass in dem neu durchzuführenden Bewertungsverfahren alle Prüfer (naturgemäß zuerst der Erstprüfer und dann der Zweitprüfer) für die von der Klägerin beanstandeten Aufsichtsarbeiten bei der Neubewertung ihren eigenen Prüfungsmaßstab daraufhin überprüfen müssen, ob er in Anbetracht der Ausführungen oben zu streng angelegt war. Dabei kann es im Überprüfungsverfahren keinesfalls genügen, dass die Prüfer ihre bisherigen Ausführungen kurz oder wiederholend wiedergeben; sie müssen sich vielmehr auch in nachvollziehbarer Weise mit den dargelegten Gründen beschäftigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass von den Prüfern erwartet werden kann, dass sie in der Lage sind, nicht nur die Leistungen der Prüflinge, sondern ihre eigenen Ausführungen kritisch zu hinterfragen (siehe hierzu auch FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005, a.a.O.). Darüber hinaus ergibt sich dies aus einem Umkehrschluss aus der von der Rechtsprechung aufgestellten Verpflichtung des anfechtenden Prüflings, seine Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistung in substantiierter Form zu erheben (vgl. BFH, Beschl. v. 10.08.1993 - VII B 68/93, BFHE 172, 273; Beschl. v. 31.05.1994 - VII B 42/94, NVwZ-RR 1995, 577; Beschl. v. 04.05.1995 - VII B 193/94, BFH/NV 1995, 1021; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., RdNr. 972). Hiermit und mit dem Anspruch des Prüflings auf effektiven Rechtsschutz korrespondiert allein, dass die Prüfer jedenfalls im Überdenkungsverfahren die Überprüfung ihrer Bewertung substantiiert begründen.
29 
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass ein Prüfer bei einer erforderlichen Neubewertung nicht seine Bewertungskriterien ändern darf, nach denen er im Rahmen des ihm zustehenden Bewertungsspielraums die Prüfungsleistung ursprünglich bewertet hat. Denn dies gilt nur, soweit das Bewertungssystem rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, NJW 2000, 1055 m.w.N.).
30 
Danach hat die Klägerin bereits einen Anspruch auf Neubewertung ihrer angefochtenen Aufsichtsarbeiten im Hinblick auf die weit überdurchschnittliche Durchfallquote im Prüfungstermin Herbst 2007 am Prüfungsort Mannheim.
31 
2. Ausgehend von den oben genannten Maßstäben dringt die Klägerin darüber hinaus auch mit ihren gegen die Bewertungen ihrer angefochtenen Aufsichtsarbeiten erhobenen Einwendungen teilweise durch mit der Folge, dass auch insoweit Neubewertungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen haben.
32 
a) Bei Aufsichtsarbeit Nr. 2 aus dem Bereich des Zivilrechts stand folgender Sachverhalt zur Bearbeitung: Der Besitzer einer Eisbahn wollte zum Zwecke der Ausführung von Renovierungsarbeiten ein Bankdarlehen in Höhe von 100.000,- EUR aufnehmen. Er veranlasste einen Freund mit der wahrheitswidrigen Behauptung, mehrere Mietinteressenten zu haben, ihm eine Sicherung in der Form einer Grundschuld in Höhe von 80.000,- EUR zu gewähren. Der Sachbearbeiter der Bank wusste um die tatsächliche Auftragslage, nahm aber das Angebot an. Zusätzlich gewährte ein Onkel des Eisbahnbesitzers diesem eine Bürgschaft in Höhe von 40.000,- EUR, wobei der Bürgschaftsvertrag zwischen dem Sachbearbeiter der Bank und dem Onkel in der Wohnung des Letzteren zustande kam. Die Bank übertrug in der Folge die Darlehensforderung nebst den Sicherheiten auf eine dritte Bank. Nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung verblieb ein offener Restbetrag in Höhe von 40.000,- EUR, weswegen sich die Bank an die Sicherungsgeber wandte. Diese wiederum wenden sich nunmehr an die ursprüngliche Darlehensbank mit unterschiedlichen Einwendungen. Die hieraus gestellten Aufgaben waren im Wesentlichen darauf gerichtet, ob die Gläubigerbank aus der Grundschuld und aus der Bürgschaft Rechte geltend machen kann und ob zwischen Grundschuldbesteller und Bürgen gegenseitige Ausgleichsansprüche bestehen. Der Erstgutachter bewertete die Klausurbearbeitung der Klägerin mit 2,0, der Zweitgutachter mit 3,0 Punkten.
33 
Die Einwendungen der Klägerin haben zum Teil Erfolg. Dies gilt allerdings nicht hinsichtlich der im Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung vom Gutachter bemängelten Ausführungen zu § 1117 Abs. 2 BGB. Danach sei die Klägerin entgegen dem Wortlaut davon ausgegangen, dass das Übergabesurrogat nicht genüge, sie habe im Anschluss aber auch nicht konsequenterweise die Abtretung einer Anwartschaft zwischen den beiden Banken geprüft. Dies ist nicht angreifbar. Ein Antwortspielraum insoweit steht der Klägerin nicht zu, denn der eindeutige Wortlaut des § 1117 Abs. 2 BGB lässt eine Auslegung in der von ihr vorgenommenen Weise nicht zu. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Anmerkung des Beurteilers, auch von einer Prüfung eines Anwartschaftsrechts könne angesichts der Ausführungen in der Klausur nicht ausgegangen werden, da allenfalls eine Einigung über den Rechtsübergang (der Forderung) nach § 1154 BGB geprüft worden sei, nicht hingegen auch die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen das Grundbuchamt. Dagegen ist nichts zu erinnern. Auch ihre Ausführungen S. 9 Mitte, wonach ein Anspruch der B-Bank gegen das Grundbuchamt auf Aushändigung des Briefes bestehe und damit die Grundschuld erstmals zur Entstehung gelange, bzw. die Ausführungen weiter unten, wonach die Berechtigung der B-Bank auf Aushändigung auf die C-Bank übergehe, vermögen hieran nichts zu ändern, denn hieraus ist nicht zu erkennen, dass die Klägerin eine Anwartschaft geprüft hätte.
34 
Demgegenüber greift der Einwand der Klägerin gegen die Bewertung ihrer Ausführungen im Zusammenhang mit §§ 766, 126 BGB, denn es ist nicht klar, in welcher Weise diese in die Gesamtbewertung mit eingeflossen sind. Insoweit hat der Prüfer in der Ausgangsbewertung ausgeführt, die Voraussetzungen einer wirksamen Bürgschaftsbestellung einschließlich der Einhaltung der Schriftform gemäß § 766 BGB seien zutreffend bejaht worden. Hierbei verwies er allerdings zugleich auf die Randbemerkung auf S. 16 der Klausurbearbeitung. Dort aber hatte er angemerkt: „Schriftform bei Verträgen in 126 II geregelt“. In der Tat hatte die Klägerin an dieser Stelle anstatt § 126 Abs. 2 BGB § 126 Abs. 1 BGB zitiert und einen Satz vorher die Schriftform der Bürgschaftserklärung § 126 Abs. 2 BGB zugeordnet. Allerdings hätte dem Prüfer auffallen müssen, dass es sich hierbei um Schreibversehen gehandelt hatte, denn die Klägerin hatte im Anschluss weitere Ausführungen zur Schriftform der Bürgschaftserklärung gemacht und hierbei (nun richtig) § 126 Abs. 1 BGB zitiert. Stattdessen hat der Prüfer in seiner Überdenkens-Stellungnahme ausgeführt, es habe die Abgrenzung zwischen § 126 Abs. 1 und Abs. 2 BGB gefehlt, auch habe die Klägerin nicht dargetan, dass man die Absätze zusammen lesen könne. Dies trifft so nicht zu. Die Klägerin hat vielmehr ab S. 16 Mitte bis S. 17 oben die Regelungen des § 126 BGB differenziert dargestellt und zwischen Schriftform der Erklärung und Schriftform des Vertrages unterschieden. Insoweit hat sie ausgeführt, dass „fraglich“ sei, „ob lediglich die Bürgschaftserklärung … der Schriftform nach § 126 II entsprechen“ müsse „oder der ganze Bürgschaftsvertrag i. S. v. § 126 I BGB“. Sie hat sodann weiter die in § 766 BGB geregelten Anforderungen, wonach lediglich die „schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung“ dem Formerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB entsprechen müsse, dargetan. Damit aber hat sie erkennbar sämtliche notwendigen Erfordernisse zutreffend gesehen und erläutert. Soweit der Prüfer schließlich anführt, letztlich sei die aus seiner Sicht fehlerhafte Darstellung nicht in die Gesamtbewertung mit eingeflossen, sondern die Bejahung des § 766 BGB positiv bewertet worden, wird weder für den Prüfling noch für das Gericht deutlich, was genau der Prüfer in die Bewertung (positiv oder negativ) nun tatsächlich eingestellt hat. Insoweit steht nämlich der Umstand, dass er die Ausführungen der Klägerin bzgl. § 126 BGB auch noch in seiner Überdenkensstellungnahme (negativ) erwähnt hat, in Widerspruch zu seiner Darlegung, diese seien nicht in die Bewertung eingeflossen. Insbesondere aus letzterer ist zu schließen, dass er offensichtlich dem fehlenden exakten Normzitat bzw. den jedenfalls fehlenden Ausführungen zu einer möglichen Auslegung eines Gesamtverständnisses der Norm des § 126 BGB Gewicht beigemessen hat. Insoweit kommt eine Verletzung des im Prüfungsverfahren geltenden Chancengleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) in Betracht. Denn damit ist die weitere Behauptung des Prüfers, die entsprechenden Punkte hätten keinen Eingang in die Bewertung gefunden, nicht mehr nachvollziehbar und damit auch nicht mehr überprüfbar, welchen Stellenwert der Prüfer den fraglichen Ausführungen der Klausurausarbeitung im Rahmen seiner Gesamtbewertung zugemessen hat. Der Prüfer hat nach Maßgabe des oben Ausgeführten die Darlegungen der Klägerin in der angefochtenen Klausur in seine Neubewertung einzubeziehen.
35 
Fehlerhaft im Hinblick auf allgemeingültige Bewertungsgrundsätze ist die Einschätzung des Prüfers, wonach die Klägerin nicht auf eine mögliche analoge Anwendung der Formvorschrift des § 492 BGB und auf eine mögliche Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB eingegangen sei. Hinsichtlich der analogen Anwendung der für Verbraucherdarlehen geltenden Formvorschrift des § 492 BGB auf damit in Zusammenhang stehende Sicherungsgeschäfte stellt der Gutachter ersichtlich auf den Streitstand hinsichtlich der Anwendbarkeit der Verbraucherkreditvorschriften auf Sicherungsmittel für gewerbliche Darlehensverträge ab, was von der h.M. wegen Fehlens der Entgeltlichkeit verneint wird (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl. 2009, § 491 RdNr. 12 m.w.N.). Diese Anforderungen sind zu hoch. Diese Problematik zählt nicht zu den Grundkenntnissen, die allgemein zu erwarten sind. Dem steht nicht entgegen, die entsprechenden Kenntnisse im höheren Notenbereich positiv in die Bewertung einzubeziehen. Dies erfordert die rechtlich vorgegebene Notenabstufung (vgl. § 14 JAPrO i.V.m. der Verordnung über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung vom 03.12.1981, zuletzt geändert durch Art. 209 Abs. 4 Erstes Gesetz über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des BMJ vom 19.04.2006, BGBl I S. 866). Insoweit hat der Prüfer allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt. Da die individuelle Punkteverteilung des Prüfers dem Gericht nicht bekannt ist, kommt ein Verstoß gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze immer dann in Betracht, soweit vom Prüfling verlangt wird, auch bereits für das Erreichen einer unteren Notenstufe fern liegende Gesichtspunkte zu erörtern bzw. soweit solche ebenso wie naheliegende und zum juristischen Grundwissen zählende Gesichtspunkte gleichgewichtig in die Bewertung mit einfließen. Mit anderen Worten, das Fehlen von Ausführungen zu einer speziellen Problematik darf nicht (mit) als Rechtfertigung für eine schlechte Note herangezogen werden. Dies bedeutet für die durchzuführende Neubewertung, dass die fehlende Prüfung einer analogen Anwendung des § 492 BGB nicht negativ in die Bewertung mit einfließen darf.
36 
Darüber hinaus hat der Prüfer auch den der Bewertung zugrunde liegenden Sachverhalt verkannt. Er ging fälschlich davon aus, die Prüfung des § 138 BGB fehle gänzlich. Zwar hat die Klägerin die einschlägige Norm nicht ausdrücklich erwähnt. Sie hat aber auf S.18 Ausführungen zu diesem Komplex gemacht, indem sie eine mögliche Übersicherung geprüft und damit eindeutig § 138 BGB inhaltlich geprüft hat. Jedenfalls kann ihr insoweit nicht vorgeworfen werden, sie habe die Problematik nicht gesehen. Soweit der Prüfer auch hierzu anführt, dies sei nicht negativ gewertet worden, gilt das soeben Ausgeführte, wonach die Widersprüchlichkeit seiner diesbezüglichen Aussagen die Nachvollziehbarkeit seiner Bewertung in diesem Punkt entfallen lässt. Die Ausführungen der Klägerin zur Übersicherung sind positiv in die Bewertung einzubeziehen.
37 
Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für den Zweitprüfer, der sich im wesentlichen der Bewertung durch den Erstprüfer angeschlossen hatte.
38 
b) Auch mit ihren Einwendungen gegen Aufsichtsarbeit Nr. 3 dringt die Klägerin teilweise durch. Der Klausur lag folgender Sachverhalt zugrunde: A, B und C betrieben eine Zahnarztpraxis mit 3 Vollzeit- und 4 Teilzeitarbeitskräften. Die Stelle einer ausscheidenden Vollzeit-Zahntechnikerin wurde ausgeschrieben und mit dem einzigen männlichen Bewerber P aufgrund seiner fachlichen Eignung neu besetzt. Die Bewerberin M wurde schon nicht zum Vorstellungsgespräch geladen. An Stelle von B, der aus der Praxis ausschied, trat D ab Februar 2007 ein. P erhielt von D eine Abmahnung wegen privater Telefonate ins Ausland. Später stellte sich heraus, dass er über den dienstlichen PC auf Pornoseiten zugegriffen hatte. D kündigte ihm mündlich fristlos. A und C hatten sich gegen eine Kündigung ausgesprochen. Nach Urlaubsrückkehr fand P die von D unterzeichnete schriftliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung auf seinem Schreibtisch. Hiergegen will er notfalls gerichtlich vorgehen und bittet seinen Anwalt um die Erstellung eines entsprechenden Gutachtens. In einer weiteren Aufgabe ist gutachtlich eine anwaltliche Auskunft an M zu erteilen, ob eine Entschädigungsklage ggf. Erfolg hätte. Erst- und Zweitkorrektor vergaben jeweils 3,0 Punkte, wobei der Zweitkorrektor sich dem Erstkorrektor mit dem Hinweis „einverstanden“ ohne weitere Stellungnahme anschloss.
39 
Nicht durchzudringen vermag die Klägerin mit ihrem Einwand, die Klausur sei am Rande des Prüfungsstoffs gelagert, denn nach § 5 Abs. 3 Nr. 4 JAPrO gehört Arbeitsrecht mit den Bereichen Begründung, Inhalt und Beendigung sowie Haftung zum Prüfungsstoff der Ersten juristischen Staatsprüfung.
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Soweit allerdings der Erstprüfer auf den Einwand der Klägerin, die zutreffenden Ausführungen zur Klagerhebung seien nicht in die Bewertung eingeflossen, ausführt, es habe sich insoweit nicht um ausschließlich richtige Ausführungen gehandelt, vielmehr hätten notwendige Ausführungen zum Kündigungsschutzgesetz gefehlt, so trifft dies so nicht zu. Die Klägerin hat auf S. 4 ihrer Ausarbeitung vielmehr auf § 4 S. 1 KSchG hingewiesen und zutreffend ausgeführt, dass die Klage innerhalb von drei Wochen zu erheben sei. Sie hat damit sowohl gesehen, dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, als auch die zutreffende Norm, die sie überdies richtig angewandt hat.
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Der Prüfer ging des Weiteren von einem fehlerhaften Maßstab insoweit aus, als er fälschlicherweise eine zumindest „überschlägige Berechnung“ des Fristendes hinsichtlich der Klageerhebung verlangt hatte. Denn die Klägerin weist zurecht darauf hin, dass eine derartige Berechnung schon nach dem Sachverhalt nicht angelegt war - dort war nur danach gefragt, „welche Frist er für die Einlegung einer Klage zum Arbeitsgericht beachten müsse“ - und mangels zulässiger Hilfsmittel, wie einem Kalender, auch nicht möglich war. Es durfte daher auch keine „überschlägige“ Berechnung verlangt werden - zumal insoweit völlig unklar bleibt, was damit im Einzelnen verlangt werden sollte. Soweit der Prüfer im Überdenkungsverfahren angegeben hat, dieser Fehler sei in die Bewertung nicht eingeflossen, so gilt das oben bereits unter a) Ausgeführte, wonach ein derartiger Bewertungswiderspruch die Nachvollziehbarkeit der Bewertung diesbezüglich entfallen lässt. Insoweit liegt ein Verstoß gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze vor.
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Zu Unrecht hat der Prüfer auch die Ausführungen der Klägerin zum Zugang der Kündigung an P beanstandet. Er hätte ihr jedenfalls einen Antwortspielraum zugestehen müssen. Es kann nach den Ausführungen der Klägerin in der Klausurbearbeitung nicht davon ausgegangen werden, dass keine Subsumtion zur Definition des Zugangs stattgefunden hat. Vielmehr hat sie den Umstand, dass P sich zum Zeitpunkt der schriftlichen Kündigung im Urlaub befand, ab S. 3 problematisiert. Soweit der Prüfer auf S. 3 am Rand anmerkte, im Urlaub sei üblicherweise nicht mit einem Zugang am Arbeitsplatz zu rechnen, so übersieht er, dass diese Frage unterschiedlich gesehen wird. Nach h.M. steht es dem Zugang nicht entgegen, wenn der Empfänger u. a. wegen Urlaubs nicht in der Lage ist, vom Inhalt der übermittelten Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. Palandt, a.a.O., § 130 RdNr. 5 und Vorb. vor § 620 RdNr. 31; BGH, Urt. v. 21.01.2004 - XII ZR 214/00 -, NJW 2004, 1320f.; BAG, Urt. v. 02.03.1989 - 2 AZR 275/88 -, NJW 1989, 2213f.). Angesichts der innerhalb der Rechtsprechung insgesamt uneinheitlich beantworteten Frage, was nach der Verkehrsanschauung jeweils als gewöhnlich oder üblich im Hinblick auf eine Kenntnisnahme angesehen wird, ist die von der Klägerin in der Klausur vertretene Auffassung jedenfalls vertretbar. Gleichfalls nicht unvertretbar sind aus diesem Grund auch ihre Ausführungen hinsichtlich Treu und Glauben, mit denen sie zum Ergebnis gelangte, dass P im konkreten Fall schließlich doch erst mit der Rückkehr an seinen Arbeitsplatz Kenntnis von der Kündigung erlangt hat. Eine entsprechende Korrektur über § 242 BGB wurde beispielsweise vom BAG im Urteil vom 02.03.1989 (a.a.O.) angedacht, wegen - im dortigen Fall - nicht ausreichenden Sachvortrags allerdings verneint. Die Ausführungen der Klägerin zu Treu und Glauben sind damit nicht, wie der Prüfer meint, unbrauchbar.
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Falsch sind die Ausführungen des Erstprüfers zu der von der Klägerin im Rahmen der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung (§ 623 BGB) gemachten Ausführungen zur Schriftform gemäß § 126 BGB. Hier hat sie vielmehr zutreffend ausgeführt, die Kündigung sei schriftlich erklärt worden, sie genüge daher der Schriftform. Der Prüfer hat insoweit am Rand angemerkt, „obwohl nur D unterschrieben hat?“. Damit aber verwechselt er – im Gegensatz zur Klägerin – die Anforderungen an die formelle einerseits und die materielle Rechtmäßigkeit der Kündigung andererseits. Die Frage der Berechtigung zur Unterzeichnung der Kündigung und damit die Frage der Vertretungsmacht innerhalb der zahnärztlichen Gemeinschaft ist eine solche der materiellen Rechtmäßigkeit. Hiervon zu unterscheiden sind die formellen Anforderungen an eine Kündigung, nämlich u.a. die Schriftform, für die die Unterschrift des D genügte. Die Ausführungen der Klägerin insoweit sind zutreffend und vom Prüfer bei der Neubewertung als solche zu werten.
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In gleicher Weise fehlerhaft ist es, dass der Prüfer ihre Ausführungen zu § 622 BGB als nicht vertretbar bezeichnet hat. Die Klägerin hat insoweit die gesetzlichen Bestimmungen angewandt und (grundsätzliche) differenzierende Ausführungen hierzu gemacht. Die Anmerkung des Prüfers auf S. 7 der Klausurbearbeitung („wo ist der Unterschied“) nimmt allein das Ergebnis in den Blick, nämlich, dass es in diesem Fall unbeachtlich ist, ob die Frist in Tagen oder in Wochen berechnet wird. Die Ausführungen der Klägerin zu § 622 BGB sind danach schon wegen ihrer korrekten Gesetzesanwendung nicht als „nicht vertretbar“ zu werten. Zu beanstanden ist auch, soweit er bemängelt hat, dass die Klägerin nicht „vorrangig durch Auslegung“ ermittelt habe, was die Parteien unter 14 Tagen verstanden hätten. Die Klägerin hatte im Anschluss an ihre Ausführungen zur Kündigungsfrist unter Hinweis auf §§ 133, 157 BGB angeführt, die vereinbarte Frist von 14 Tagen sei, da zum Nachteil des Arbeitnehmers, stattdessen in eine zweiwöchige Kündigungsfrist „umzudeuten“ gewesen. Sie hat mithin die Unterschiede gesehen und problematisiert und im Ergebnis richtig die zutreffende Lösung dargelegt. Ihre einleitende Formulierung, wonach die 14-tägige Kündigungsfrist wegen Verstoßes gegen § 622 Abs. 3 BGB nicht wirksam vereinbart worden sei, ist zwar unglücklich formuliert, jedoch im Lichte des Kontextes zu betrachten, in dem sie steht. Der Prüfer darf daher die Ausführungen der Klägerin zur Kündigungsfrist nicht als falsch oder fehlerhaft werten.
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Nicht durchzudringen vermag die Klägerin allerdings mit ihren Einwänden hinsichtlich der Bewertung ihrer Ausführungen zur Abmahnung des P, denn der Prüfer hat diese Ausführungen sowohl in seinen Randbemerkungen als auch im Überdenkensverfahren als vertretbar bezeichnet.
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Zu Aufgabe 2 der Klausur kann die Klägerin nicht damit durchdringen, dass das AGG nicht Prüfungsstoff nach § 5 Abs. 3 Nr. 4 JAPrO sei und es daher nach § 5 Abs. 4 JAPrO nur auf das Verständnis der Norm und die Arbeitsmethode ankomme. Allein dies war bei der Frage nach der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gefordert. Sie hat aber hierbei anstelle der einschlägigen Norm des § 15 AGG diejenige des § 21 AGG geprüft.
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Erst- und Zweitprüfer haben unter Beachtung der oben dargelegten Rechtsauffassung des Gerichts die Arbeit der Klägerin neu zu bewerten und hierbei insbesondere ihre richtigen Ausführungen als solche zu werten. Insoweit kommt nicht in Betracht, lediglich anzuführen, die Beanstandungen hätten keinen Eingang in die Bewertung gefunden. Auf das oben Ausgeführte wird verwiesen.
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c) Ein Anspruch der Klägerin auf Neubewertung von Aufsichtsarbeit Nr. 4 über die unter Ziffer 1. dargelegten Anforderungen hinaus besteht nicht. Der Sachverhalt der Prüfungsaufgabe aus dem Bereich des Strafrechts hatte im ersten Tatkomplex im Wesentlichen einen Autokauf zum Gegenstand, bei dem der Erwerber auf dem Wege gerichtlicher Geltendmachung eine Minderung des Kaufpreises wegen eines Mangels an den Bremsen geltend machte und hierbei durch Manipulation der Bremsanlage das Gericht über den von diesem eingeschalteten Sachverständigen von der Mangelhaftigkeit der Bremsen zu überzeugen suchte. Der Erwerber wusste um die Gefährlichkeit seines Eingriffs, rechnete aber angesichts der Erfahrung des Sachverständigen nicht mit dessen Verletzung. Der Sachverständige, der die Manipulation erkannt und sein Gutachten wahrheitsgemäß erstattet hatte, stellte allerdings die Manipulation als solche wahrheitswidrig als mittels eines Werkzeugs (Messer) ausgeführt dar. Der Verkäufer wurde wegen des tatsächlichen Mangels zu einer adäquaten Zahlung verurteilt. Im zweiten Tatkomplex trafen Verkäufer und Erwerber bei einem (lebensmüden) Bekannten und einem vierten Teilnehmer zu einer vermeintlich harmlosen Runde „Russisches Roulette“ zusammen. Der Bekannte starb letztlich durch einen vom Verkäufer ausgelösten Schuss, bevor der Erwerber, der es schließlich für möglich hielt, dass die Waffe scharf ist, eingreifen konnte. Die Klausurbearbeitung durch die Klägerin wurde von den Prüfern jeweils mit 3,0 Punkten bewertet.
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Nicht gehört werden kann die Klägerin mit dem Einwand, die von ihr dargestellten Vorsatztheorien seien zutreffend dargestellt worden, denn insoweit weisen beide Prüfer zurecht darauf hin, dass es auf die Anwendung dieser Theorien auf den konkreten Sachverhalt ankomme. Ebenso wenig kann sie damit gehört werden, dass es vertretbar gewesen sei, bei C einen Verletzungsvorsatz zu bejahen; insoweit ließ der Sachverhalt keine Auslegungsmöglichkeiten zu. Insbesondere scheidet auch die von der Klägerin angewandte Billigungstheorie als Begründung für die Annahme des Vorsatzes aus. Anders als in dem von ihr zitierten BGH-Urteil vom 15.06.2000, wonach es den dortigen Tätern gleichgültig war, ob der Erfolg eintrat, rechnete C nach dem Sachverhalt gerade nicht mit einem Erfolgseintritt. Insoweit lag auch keine unverständliche oder widersprüchliche Prüfungsfrage vor. Im Sachverhalt war deutlich zwischen dem „Entstehen einer gefährlichen Situation“ und dem Vertrauen des C darauf, dass es gut gehen würde, unterschieden.
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Auch hinsichtlich der von der Klägerin kritisierten fehlenden positiven Bewertung des von ihr dargelegten Theorien zum Versuchsbeginn, ist nichts zu erinnern. Es fällt in den Bewertungsspielraum der Prüfer, theoretische Ausführungen positiv in die Bewertung einfließen zu lassen; zwingend ist dies nicht. Nicht zu beanstanden ist jedenfalls die Einschätzung der Erstprüferin, dass die Klägerin auch die von ihr befürwortete Theorie nicht konsequent angewandt habe, da sie andernfalls zu einem - dem richtigen - Ergebnis hätte kommen müssen. Das unmittelbare Ansetzen bereits in der Manipulation der Bremsen am Tag vor der Benutzung des Fahrzeugs durch den Sachverständigen zu sehen, dürfte angesichts der noch bestehenden Eingriffsmöglichkeiten des C in der Tat nicht vertretbar sein.
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Nicht zu beanstanden ist auch die Wertung der Prüfer hinsichtlich des Prozessbetrugs. Die Klägerin hat in ihrer Ausarbeitung zwar den Dreiecksbetrug genannt und auch darauf abgestellt, dass das Gericht die Vermögensverfügung trifft. Sie hat aber nicht, was offensichtlich die Bewertung in diesem Punkt zu ihren Ungunsten beeinflusst hatte, auf die jeweils nicht gegebene Personenidentität zwischen Getäuschtem und Verfügendem einerseits und Geschädigtem und Verfügendem andererseits abgestellt und damit den Dreiecksbetrug nur unzureichend bearbeitet. Ihre Ausführungen zum unmittelbaren Ansetzen bei diesem Komplex waren unzutreffend.
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Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass ihre Ausführungen im Rahmen des zweiten Tatkomplexes zur Beihilfe des B zur Selbsttötung des A angesichts der öffentlichen und juristischen Diskussion vertretbar seien. Sie hat zwar die Straflosigkeit der Selbsttötung nach deutschem Recht erwähnt, allerdings erst zum Schluss ihrer Prüfung, in deren Rahmen sie - fälschlicherweise - zunächst eine tatbestandliche (!) sowie rechtswidrige und schuldhaft Haupttat des A bejahte. Dies ist in der Tat so nicht vertretbar, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf den Meinungsstand zur Strafbarkeit eines Suizids und der Beteiligung hieran ankäme.
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Auch mit ihren Einwendungen gegen die Bewertung der Korrekturen von Aufgabe 2 vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Zwar gehört das Strafprozessrecht nur im Überblick zum Prüfungsstoff. Dazu können allerdings die von den Prüfern als fehlend gerügten Vorschriften der §§ 251 und 256 StPO sowie § 261 StPO gezählt werden, zumal sie die für die in der Aufgabe gestellten Fragen zentralen Normen sind, die aufzufinden unschwer möglich gewesen wäre.
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d) Die Klägerin hat demgegenüber Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 5 . Laut Sachverhalt konsumierten zwei Bekannte (G und K) in der Kneipe des Lebensgefährten F des G erhebliche Mengen Alkohol. Dies führte bei G zu einer Alkoholkonzentration von mindestens 1,0 und höchstens 1,5 Promille, bei K zu einer solchen von mindestens 3,3 und höchstens 3,8 Promille. K bat G, ihn nach Hause zu fahren. Es kam zum Unfall, bei dem K schwer verletzt wurde. Der Lebensgefährte des G kam hinzu, entfernte die Nummernschilder des Fahrzeugs und warf sie weg. Anschließend brachte er Ka zum Krankenhaus und setzte ihn auf einer Bank davor ab in der Annahme, dass er gefunden werde, was auch der Fall war. Allerdings kam die Hilfe für K fast zu spät. Durch einen DNA-Vergleich kam die Polizei dem G auf die Spur. Er wurde aufgrund des DNA-Gutachtens verurteilt. Zu erstellen war je ein Gutachten zur Strafbarkeit von F und G sowie zur Frage der Verwertbarkeit des DNA-Gutachtens. Der Erstprüfer bewertete die Arbeit der Klägerin mit 4,0 Punkten, der Zweitprüfer mit 2,0 Punkten.
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Hinsichtlich des Erstprüfers vermag die Klägerin mit ihren Rügen teilweise durchzudringen. Soweit sie anführt, die Prüfung des § 315 b StGB sei entgegen den Ausführungen des Prüfers nicht fernliegend, so übersieht sie, dass sie eine eigentliche Prüfung gar nicht vorgenommen hatte, sondern lediglich eine Klarstellung, wonach § 315 b StGB nicht in Betracht komme und weshalb. Dies übersieht allerdings auch der Prüfer, der bemängelt hatte, dass die Erörterung des § 315 b StGB fernliegend gewesen sei. Denn tatsächlich wollte die Klägerin ersichtlich nur kundtun, dass sie den Komplex der Straßenverkehrsdelikte insgesamt gesehen hatte, und nicht einschlägige Normen ausscheiden. Auch kam nach dem Sachverhalt eine Tatbeteiligung des K in Betracht, so dass es vom Prüfer nicht fehlerhaft ist, die Unterlassung einer entsprechenden Prüfung in die Bewertung mit einzubeziehen. Gleichfalls nicht zu beanstanden ist die vom Prüfer gerügte nicht vollständige Anwendung des Zweifelsgrundsatzes hinsichtlich der Frage, ob G absolut fahruntüchtig war. Insoweit hat die Klägerin in ihrer Bearbeitung lediglich ausgeführt, dass angesichts der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1 bis 1,5 %o „in dubio pro reo“ davon auszugehen sei, dass er nicht absolut fahruntüchtig gewesen sei. Sie hat nicht kenntlich gemacht, ab welchem Grenzwert die absolute Fahruntüchtigkeit beginnt. Der Prüfer hat auch im Zusammenhang mit der Prüfung von Urkundsdelikten dem Umstand, dass die Klägerin anstelle des (gewollten) Normzitats des § 264 StGB aufgrund eines offensichtlichen Zahlendrehers § 276 StGB genannt hatte, erkennbar keine eigenständige Bedeutung im Rahmen der Bewertung beigemessen; insoweit hat er nämlich lediglich am Rand vermerkt: „267 !“. Nicht zu beanstanden ist es auch, dass der Prüfer die Ausführungen der Klägerin zur Urkundseigenschaft des Kennzeichens beanstandet hat. Soweit sie dem entgegenhält, den Kennzeichen komme per se Urkundsqualität zu, ist dies nicht zutreffend. Ihre in der Klausur vertretene Auffassung, wonach die Kennzeichen mit TÜV-Plakette Beweis über die Zulassung sowie über die Identität des im Fahrzeugschein eingetretenen Halters lieferten, trifft nicht zu. Insoweit fehlt es an einem Antwortspielraum. Die den von ihr genannten Zitaten zugrundeliegenden Abhandlungen betreffen die TÜV-Plakette als solche, nicht hingegen das Kennzeichen.
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Hingegen hätte der Prüfer der Klägerin im Rahmen der Prüfung des § 274 StGB hinsichtlich ihrer Ausführungen zur Nachteilszufügungsabsicht in Bezug auf „das Beweisführungsrecht des Polizeibeamten“ einen Antwortspielraum zugestehen müssen, anstatt ihre Ausführungen als „bereits im Ansatz falsch“ zu werten. Bereits die Klägerin hatte auf Rechtsprechung und Literatur verwiesen, wo dies so vertreten wird. Diese Hinweise finden sich auch in der Kommentierung von Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 27. Aufl., § 274 RdNr. 16. Die Klägerin hat ihre Auffassung schließlich auch mit guten Gründen dargelegt. Der Erstprüfer hat daher unter Berücksichtigung dieses Antwortspielraums seine Bewertung nochmals zu überdenken.
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Die Klägerin hat auch einen Neubewertungsanspruch gegen den Zweitprüfer. Insoweit liegen, ebenso wie mit heutigem Datum entschiedenen Verfahren 12 K 2406/07, bei dem ebenfalls die Erste juristische Prüfung im Herbst 2007 in Mannheim Gegenstand des Rechtsstreits und dieser Prüfer in Klausur Nr. 5 als Erstprüfer tätig war, Indizien für eine Verletzung des auf dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beruhenden Gebots der Sachlichkeit vor. Dieses Gebot verpflichtet als allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.09.1984 – BVerwG 7 C 57/83 – BVerwGE 70, 143) den Prüfer, darauf zu achten, dass er – über das Gebot hinaus, sachfremde Erwägungen zu unterlassen – die Prüfungsleistung mit innerer Distanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt, sowie, dass er sich bemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessen Gedankengänge einzugehen, ferner, gegenüber abweichenden wissenschaftlichen Auffassungen Toleranz aufzubringen. Allerdings schließt dies nicht aus, auf schwache schriftliche Leistungen mit harten Randbemerkungen zu reagieren, etwa eine abwegige Äußerung mit dem Begriff „Unsinn“ oder inhaltsleere Ausführungen mit der Bezeichnung „Phrasen“ zu kennzeichnen. Allein aus einer drastischen Ausdrucksweise in der Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen wird man regelmäßig nicht auf eine unsachliche Bewertung der Prüfungsleistung schließen können. Selbst gelegentliche „Ausrutscher“ und „Entgleisungen“ des Prüfers können für sich allein den Vorwurf der Unsachlichkeit nicht rechtfertigen. Unsachlich wird eine Bewertung aber dann, wenn der Prüfer seiner Verärgerung über schwache Prüfungsleistungen freien Lauf lässt und dadurch die Gelassenheit und emotionale Distanz verliert, ohne die eine gerechte Beurteilung schwerlich gelingen kann (ebenda).
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Ausgehend von diesen Maßstäben spricht auch bei der hier zur Überprüfung anstehenden Bewertung durch den Zweitprüfer alles dafür, dass er bei seiner Korrektur, spätestens jedoch im Überdenkungsverfahren sich nicht mehr vornehmlich durch Objektivität hat leiten lassen. Kann den Randbemerkungen ab S. 19 der Klausurbearbeitung für sich genommen noch nicht Unsachlichkeit vorgeworfen werden, obwohl auch sie teilweise „grenzwertig“ sind, wie z.B. die Kommentierungen „Schwache Darstellung!, Ist nur ´vorliegend` ein Unfall ein Unglücksfall?“, „was soll das heißen“, „hätte müssen (Konditional II)“, „ganz schief“ und „falsche Baustelle“, so lässt aber spätestens die Begründung des Prüfers im Überdenkungsverfahren den entsprechenden Schluss auf Unsachlichkeit zu. Hier führt er einleitend aus, „wie der Widerspruchsführer/die Widerspruchsführerin zur Einschätzung kommt, sogar die überaus wohlwollende Gesamtbewertung durch den Herrn Erstgutachter müsse nach oben korrigiert werden, ist mir ein vollkommenes Rätsel“. Eine derartige Ausführung gehört nicht in ein Überdenkungsgutachten. Der Prüfer hat nicht die gegen den Erstgutachter erhobenen Einwände zu überdenken oder gar
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- wie hier - zu kommentieren, sondern eine Überdenkung in Bezug auf sein eigenes Gutachten anhand der hiergegen vorgebrachten Einwände vorzunehmen. Auffallend sind auch die sich wiederholenden herabwürdigenden Äußerungen über die Arbeitsweise der Klausurbearbeitung. So heißt es unter (1.), „hätte er/sie sich nur die Mühe gemacht, einen subsumtionsfähigen Obersatz zu bilden ... wäre ihm/ihr womöglich aufgegangen...“. Unter (2.) wird ausgeführt, „... der Widerspruchsführer/die Widerspruchsführerin an keiner Stelle zeigt, dass er verstanden hat...“ oder „...von rationaler Zeiteinteilung keine Rede sein: Wenn der Verfasser nicht rund 1 ½ Seiten auf die hier völlig unproblematische Kausalität ...verschwendet hätte, hätte er sich ohne weiteres in angemessenem Umfang der wirklich relevanten Beifahrerproblematik widmen können“ bzw. „immerhin wird im Folgenden zutreffend festgestellt, dass...- allerdings auch unproblematisch - von ...auszugehen war“ sowie „warum sodann noch § 323 a StGB angesprochen wird, bleibt ganz im Dunkeln“ oder „...Prüfung des § 142 StGB, die bezeichnenderweise früheren Mustern folgend weder einen Obersatz enthält...“. Auch die von der Klägerin erhobenen Einwendungen meint der Prüfer kommentieren zu müssen. Abgesehen von der bereits eingangs aufgeführten einleitenden Äußerung des Prüfers heißt es unter (4.) „bezeichnenderweise greift der Widerspruchsführer/die Widerspruchsführerin die Feststellungen von Erst- und Zweitgutachter zu den inhaltlich ganz verfehlten...nicht an“ Der Prüfer hat sich im Überdenkungsverfahren nicht mit den nicht erhobenen Einwendungen auseinanderzusetzen und Erwägungen hierüber anzustellen oder sogar, wie hier, der Nichterhebung von Einwänden eine die eigene Bewertung bestätigende Rechtfertigung beizumessen, sondern allein seine Ausgangsbewertung unter Berücksichtigung der erhobenen (!) Einwendungen zu überdenken.
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Ungeachtet dieser Verletzung des Sachlichkeitsgebots liegt darüber hinaus ein Verstoß gegen allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze und damit ein solcher gegen die Chancengleichheit vor. Zu den allgemein anerkannten Bewertungsgrundsätzen gehört es, die Anforderungen an eine Klausurbearbeitung nicht zu überspannen und nicht „herunterzuprüfen“. Beim Prüfer fällt, ebenso wie im bereits oben genannten parallel entschiedenen Verfahren auf, dass er sich bei seiner Bewertung offenbar ausschließlich von Nichtvorhandenem oder fehlerhaft Dargestelltem hat leiten lassen. Nur in diesem Sinne können seine ausschließlich Beanstandungen enthaltenden Ausführungen verstanden werden; Vorhandenes und Angesprochenes in der Arbeit werden vorwiegend negativ dargestellt. Zu einer ausgewogenen Bewertung gehört aber, das Vorhandene und auch das richtig Bearbeitete mit dem Fehlenden und Fehlerhaften ernsthaft abzuwägen und insgesamt in ein Bewertungssystem einzuordnen, das letztlich die Zuordnung zu den einzelnen Notenstufen und schließlich zu den Punktezahlen ermöglicht. Allein dies ermöglicht es anschließend auch dem Prüfling und in der Folge dem Gericht (Art. 19 Abs. 4 GG), eine mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben in Einklang stehende Überprüfung vornehmen zu können. Ein Prüfer darf nicht verlangen, dass auch für die Schwellennote „ausreichend“ bereits alle im Sachverhalt steckenden Probleme erkannt und weitgehend zutreffend bearbeitet werden müssen. Wie bereits weiter oben ausgeführt, steht dies nicht in Einklang mit der in § 14 JAPrO i.V.m. der entsprechenden Verordnung des Bundesministers der Justiz vorgegebenen Notenskala. Der Bereich zwischen 4,0 und 6,0 Punkten mit der Note ausreichend erfasst schon begrifflich Leistungen, die Lücken und Mängel aufweisen. Eine Bewertung mit 2,0 Punkten setzt demgegenüber eine äußerst schwache Leistung voraus. Die Bewertung bedarf in diesem Fall einer ausführlichen, das Positive und Negative abwägenden Begründung, dies insbesondere dann, wenn der Erstprüfer die Prüfungsleistung noch für ausreichend hielt. Aus der Begründung muss sich auch der Maßstab der Bewertung ergeben und wie die Leistungen des Prüflings darin einzuordnen sind. Die Bewertung des Zweitprüfers lässt nicht erkennen, dass er die Notenskala und die darin enthaltenen Wertungsstufen und entsprechend das zu Verlangende ausreichend in den Blick genommen hat. Dass nämlich die Arbeit der Klägerin so gut wie keine substantiellen Ausführungen enthielte, sagt der Prüfer selbst nicht. Auf Seite 3 seiner Stellungnahme führt er nämlich zum ersten Aufgaben-Komplex aus, dass er seine Ausführungen zur Bearbeitung des § 315 c StGB „um die Feststellung“ ergänze, „dass der erste Handlungsabschnitt insgesamt nur unzureichend bearbeitet worden“ sei. Dies impliziert aber schon, dass die Bearbeitung nicht insgesamt unbrauchbar ist. Entsprechendes zeigen auch weitere Ausführungen des Prüfers im Überdenkungsverfahren, wonach „immerhin … zutreffend festgestellt“ worden sei, dass von Tathandlungsvorsatz und Gefährdungsfahrlässigkeit auszugehen gewesen sei. An anderer Stelle bemängelt er fehlende „tiefgehende Begründung“ bei der „immerhin“ gesehenen fehlenden Einwilligungsfähigkeit des K. Hier seien auch die Darlegungen zur Schuld „unvollständig, aber immerhin in Bezug auf den Zweifelsgrundsatz… konsequent“. Aus weiteren Ausführungen des Prüfers entsteht sodann aber der Eindruck, dass die Bereitschaft fehlte, unvollständige Ausführungen, soweit sie richtig sind, entsprechend zur Kenntnis zu nehmen und angemessen zu gewichten. So hat er in seiner Überdenkens-Stellungnahme ausgeführt, „weitaus gravierender“ sei es, was „selbstverständlich einen in die Bewertung einfließenden beträchtlichen Mangel“ darstelle, dass der Bearbeiter „an keiner Stelle“ das Verständnis zeige, „wie absolute und relative Fahruntüchtigkeit voneinander abzugrenzen“ seien; die „einschlägigen Grenzwerte“ würden nicht genannt. Auch dies ist beispielhaft für die auffällig negative Sichtweise des Prüfers. Denn die Klägerin hat in der Klausur (S. 3) ausgeführt, es sei eine Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt des Aufbruchs von 1 bis 1,5 %0 festgestellt worden, „in dubio pro reo“ sei daher „zum Zeitpunkt des Unfalls davon auszugehen, dass G nicht absolut fahruntüchtig“ gewesen sei; allerdings komme „es nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht darauf an, ob er relativ oder absolut fahruntüchtig“ gewesen sei. Dies lässt ohne weiteres erkennen, dass der Klägerin die Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Fahruntüchtigkeit bekannt waren. Sie hatte nicht nur die einschlägigen Begriffe verwendet, sondern sich auch offensichtlich an den maßgebenden Grenzwerten orientiert, denn andernfalls wäre sie nicht zum richtigen Ergebnis gelangt. Bei seiner Bewertung dieses Komplexes als insgesamt unzutreffend , ging der Prüfer von einem falschen Sachverhalt aus; dies stellt einen Bewertungsfehler dar. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Prüfer die anschließenden Ausführungen der Klägerin, wonach dem Beschuldigten der Gegenbeweis im Hinblick auf die Unfallfahrt nicht gelinge, zurecht beanstandet hatte. Denn beide Komplexe stehen inhaltlich nicht in Zusammenhang und sind daher auch unabhängig voneinander zu bewerten.
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Des weiteren fällt auf, dass der Prüfer seine Ergebnisfindung fast durchgehend durch verbale Verstärkungen „nachvollziehbar“ zu machen sucht und hierbei die positiven Aspekte der Prüfungsleistung nicht gewichtend mit einbezieht. Auch dies ist als Indiz für seine fehlende Objektivität zu werten. So finden sich in annähernd jedem Satz der Überdenkens-Stellungnahme entsprechende Ausführungen, Begriffe und Adjektive, wie z. B. „…. zahlreicher ganz gravierender...Fehler,...deutlicher Schwächen..., sehr vieler Unschärfen bzw. Sinnwidrigkeiten...eklatant verfehlter Schwerpunktsetzungen (Langatmiges zu Unproblematischem bzw. ganz Überflüssigem..., empfindliche Lücken...)... nur ganz wenigen Grundansätzen..., ... in der Summe eindeutig nicht mehr brauchbar...“, „...deutlich nicht mehr - auch nicht eingeschränkt - durchschnittlichen...“, „keinesfalls...deutlich gemacht“, „...ganz verfehlten Einstieg...“, „...dies stellt selbstverständlich einen ... beträchtlichen Mangel...“, „...an keiner Stelle zeigt...“, „...vor allem aber...“, „...eklatanter Verstoß gegen den Zweifelsgrundsatz“,“...steht...im luftleeren Raum“, „...konterkariert“, „...schon im Ansatz nicht nachvollziehbar...“, „das Manko der Bearbeitung...besteht doch gerade darin, ... absolute Standardproblem...überhaupt nicht in den Blick kommt, also nicht einmal eine knappe Befassung vorliegt, die im Ansatz Problembewusstsein hätte erkennen lassen“, „bereits bei isolierter Betrachtung... - ...völlig verfehlten Schwerpunktsetzungen - von rationaler Zeiteinteilung keine Rede sein...“ , „...völlig unproblematischer ...verschwendet hätte... ohne weiteres in angemessenem Umfang der wirklich relevanten... widmen können“, „immerhin wird ...zutreffend festgestellt... - allerdings auch unproblematisch -...“, „...enthält Grundansätze, wenngleich die gutachtenwidrige Eingangsbehauptung...nicht geeignet ist, in den Meinungsstreit einzuführen“, „immerhin wird - freilich wieder ohne annähernd tiefgehende...“, „immerhin...- diesmal! - konsequent“, „ganz unnötig breit...“, „...bleibt ganz im Dunkeln“, „...mit apodiktisch knapper und inhaltlich grob falscher...“, „... das eigentlich interessante... vollständig übersehen - eine weitere eklatante Lücke der Bearbeitung! Neben der Sache liegt schließlich ..., die bezeichnenderweise früheren Mustern folgend...“, „nur randstellig sei bemerkt...völlig verkannt wird“, „...bleibe ich uneingeschränkt...bestenfalls Grundansätze zu verzeichnen...ergänze dies um die Feststellung...“, „...Grundansätze zur...verhindern insoweit immerhin die Einschätzung als völlig unbrauchbar“, „vielleicht ließe sich bei wohlwollender Betrachtung...rechtfertigen“, „... bei weitem nicht adäquat bewältigt...“, „bezeichnenderweise wird die vermeintliche...“, „...machen ganz deutlich, dass eine zielführende Prüfung...“, „... überzeugt keinesfalls“, „...auch nicht annähernd sauber umzusetzen“, „...wird die einzeilige Behauptung...den Anforderungen an ein ...in keiner Weise gerecht“, „...zum wiederholten Male...dort, wo wirklich zu diskutieren wäre...eine - auch noch hochproblematische! - Ergebnisbehauptung...“, „...mag ja noch vertretbar sein...auch nur annähernd tragfähige...sauber hinterfragende Begründung ist freilich...“, „...bezeichnenderweise greift der Widerspruchsführer… zu den inhaltlich ganz verfehlten…..“ usw.
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Der Prüfer hat eine Neubewertung der Klausurbearbeitung vorzunehmen und sich hierbei nicht nur dem äußeren (verbalen) Anschein nach um Objektivität zu bemühen, sondern sich mit dem oben Dargelegten - auch selbstkritisch - auseinanderzusetzen und sich bei den Anforderungen an den Prüfling an objektiven Bewertungsmaßstäben zu orientieren.
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e) Auch hinsichtlich der Bewertung von Aufsichtsarbeit Nr. 6 greifen die Beanstandungen der Klägerin teilweise durch. Bei dieser Arbeit aus dem Öffentlichen Recht stand folgender Sachverhalt zur Bearbeitung: Die Landesregierung plant, angesichts mutmaßlicher verstärkter Einflussnahme diverser Sekten auf die Landespolitik die Einfügung eines neuen Art. 35 b in die Landesverfassung zur Bestellung eines Sektenausschusses durch den Landtag. Die Vorlage, die die Landesregierung nicht selbst einbringen will, wird von Abgeordneten der beiden Regierungsfraktionen eingebracht und von mehr als zwei Dritteln der Abgeordneten verabschiedet. Zwei Jahre später hegt die X-Fraktion erhebliche Zweifel an der Verfassungsgemäßheit und möchte ein Verfassungsgericht einschalten. Zu erstellen war ein Gutachten zur förmlichen und sachlichen Vereinbarkeit des Verfassungsartikels mit dem Grundgesetz und/oder der Landesverfassung. Erst- und Zweitprüfer bewerteten die Arbeit der Klägerin jeweils mit 4,0 Punkten.
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Die Klägerin hat insoweit gerügt, die prozessualen Vorschriften des Landesverfassungsrechts seien nicht Gegenstand des Prüfungsstoffs nach der JAPrO; Prüfungsstoff sei vielmehr nur Verfassungsrecht im Überblick, so dass Einzelwissen gerade nicht habe vorausgesetzt werden dürfen. Dies trifft teilweise zu. Nach § 8 Nr. 9 JAPrO ist Prüfungsgegenstand „Verfassungsrecht … im Überblick“ und „Verfassungsprozessrecht“. Dazu gehört entgegen der Auffassung der Klägerin die Problematik des „verfassungswidrigen Verfassungsrechts“; diese muss stichwortartig einem Prüfling des Ersten juristischen Staatsexamens bekannt sein. Soweit von den Prüfern allerdings auch die Diskussion einer sog. „verkappten Regierungsvorlage“ verlangt wurde, geht dies deutlich über die mit den Kenntnissen „im Überblick“ verlangten Grundkenntnisse hinaus, zumal sich dieser Begriff, soweit ersichtlich, in den einschlägigen Lehrbüchern so nicht findet und im Übrigen bei der Landesgesetzgebung im Gegensatz zur Bundesgesetzgebung kaum Relevanz haben dürfte. Die Prüfer haben daher ihre Wertung unter Berücksichtigung dieses Punktes neu zu bewerten.
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f) Die Klägerin dringt auch zum Teil mit ihren Einwendungen gegen die Bewertung von Aufsichtsarbeit Nr. 7 durch. Mit dieser Klausur aus dem Bereich des Öffentlichen Rechts wurde folgender Sachverhalt zur Bearbeitung gestellt: Der verstorbene V wurde, da zunächst Angehörige nicht ermittelbar waren, von der Gemeinde auf dem Hauptfriedhof erdbestattet. Die Kosten beliefen sich nach der Gebührensatzung auf 882,- EUR. Schließlich will die Gemeinde die ausfindig gemachten Kinder S (unehelich) und T (der die Erbschaft ausgeschlagen hatte) auf Kostenerstattung für im Verhältnis zur Feuerbestattung teureren Erdbestattung einschließlich der Folgekosten für Grabpflege in Anspruch nehmen. Aufgabe war, ein Gutachten zu erstellen im wesentlichen zu den Fragen, auf welcher Rechtsgrundlage beide Kinder ggf. in Anspruch genommen werden könnten sowie, ob die Bestattung eine Vollstreckungsmaßnahme dargestellt habe. Schließlich wird S mittels Kostenbescheid in Anspruch genommen. Er beauftragt Rechtsanwältin A, die mit E-Mail Widerspruch erhebt. Auch insoweit war ein Gutachten samt Vorschlag für ein weiteres Vorgehen zu erstellen. Beide Prüfer bewerteten die Klausurbearbeitung der Klägerin mit der Note „mangelhaft“ (2,0 und 3,0 Punkte).
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Soweit die Klägerin rügt, Bestattungsrecht gehöre nicht zum Prüfungsstoff, kann sie damit allerdings nicht durchdringen. Gegenstand war vielmehr im wesentlichen (besonderes) Polizeirecht in der Form des Bestattungsrechts sowie Vollstreckungs- und Verfahrensrecht. Auch ihre Rüge, das Widerspruchsverfahren gehöre gleichfalls nicht zum Prüfungsstoff, greift nicht, denn es wurde nicht das Widerspruchsverfahren als solches verlangt, sondern lediglich die Anwendung der einschlägigen Normen aus dem prüfungsrelevanten Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 8 Nr. 9 JAPrO).
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Hingegen greift der Einwand der Klägerin hinsichtlich der vom Erstprüfer im Überdenkungsverfahren bemängelten fehlenden Prüfung des § 31 Abs. 2 BestattG als eigenständiger Anspruchsgrundlage durch. Sie hat nämlich auf S. 6 und 7 ihrer Ausarbeitung ausdrücklich diese Anspruchsgrundlage genannt und angeprüft. Zwar hat sie, wie vom Prüfer bemängelt, das Verhältnis von Satzung und § 31 Abs. 2 BestattG nicht diskutiert, sondern § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Gebührensatzung zusätzlich als eigenständige Anspruchsgrundlage abgehandelt. Dies ist aber vertretbar (- siehe insoweit die Bewertung des Zweitprüfers -) und vom Erstprüfer daher bei seiner Neubewertung zu berücksichtigen.
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Nicht gehört werden kann die Klägerin hingegen mit ihren Einwendungen gegen die Kritik des Prüfers zu ihren Ausführungen zu § 8 PolG und § 25 LVwVG. Denn aus ihrer Ausarbeitung auf S. 10 bis 13 wird eine Trennung zwischen beiden Vorschriften nicht deutlich. Vielmehr lassen ihre Ausführungen in der Einleitung auf S. 10 oben („Kostenerstattung… nach § 8 PolG i.V.m. § 25 LVwVG“) und auf S. 12 den Schluss zu, dass sie das Verhältnis der beiden Vorschriften zueinander nicht zutreffend gesehen hat. Auch hat sie, worauf der Prüfer hingewiesen hat, nicht geprüft, worin der Grundverwaltungsakt im Sinne des § 25 LVwVG liegen soll.
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Zu Unrecht hat der Prüfer jedoch im Rahmen von Aufgabe 2 bemängelt, dass die Klägerin bei ihren Ausführungen zur Zulässigkeit des Widerspruchs auf S. 17 nicht erörtert hat, welchem Recht die Adressatentheorie entstammt. Insoweit hat er im Überdenkungsverfahren ausgeführt, dass der Hinweis auf diese Theorie nicht ausreiche, weil nicht deutlich werde, woraus diese Theorie „eigentlich abgeleitet“ werde. Was er damit rügen will, wird nicht deutlich. Die Adressatentheorie gehört im Zusammenhang mit der Widerspruchsbefugnis zwischenzeitlich zum Allgemeingut des Verwaltungsprozessrechts, in dessen Rahmen sich die Ausführungen der Klägerin auch bewegten. Ihre Herleitung bzw. Ausführungen – wohl – zur Entstehungsgeschichte können im Ersten juristischen Staatsexamen nicht verlangt werden. Dies ergibt sich sowohl daraus, dass dieser Begriff ein feststehender Rechtsbegriff ist, als auch insbesondere daraus, dass die Prozessvoraussetzungen nach § 8 Nr. 10 JAPrO lediglich „im Überblick“ zum Prüfungsstoff gehören. Der Prüfer hat mit dieser offenbar in die Bewertung eingeflossenen Kritik anerkannte Bewertungsgrundsätze verkannt und diesbezüglich seinen durch die Prüfungsordnung eingeschränkten Bewertungsspielraum bei weitem überzogen. Der Prüfer hat mithin die Ausführungen der Klägerin auf S. 17 oben als korrekt zu werten.
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Hingegen vermag die Klägerin nicht durchzudringen, soweit sie einwendet, es habe nicht verlangt werden können, im Rahmen der Widerspruchsfrist Ausführungen zu den rechtlich erheblichen Begriffen des Zugangs und der Bekanntgabe zu machen. Dies drängte sich aber nach dem Sachverhalt auf, denn dort war ausgeführt, dass nach der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ein Widerspruch „innerhalb eines Monats nach Zugang“ erhoben werden müsse. Daraus wird deutlich, dass hier aus der Rechtsbehelfsbelehrung ein so wörtlich enthaltener Teil zitiert war. Nachdem die Klägerin aber die Norm des § 70 Abs. 1 VwGO richtig erkannt und dessen Vorgaben richtig zitiert hatte, hätte sich ihr die Auseinandersetzung und damit auch die Frage, ob die Belehrung richtig war, aufdrängen müssen.
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Allerdings lassen die Ausführungen des Prüfers erkennen, dass er die Ausführungen der Klägerin zu Aufgabe 2 wegen der beanstandeten Punkte nicht weiter in die Bewertung miteinbezogen hatte. Damit verstößt er gegen Bewertungsgrundsätze. Fehlende Teile führen regelmäßig nicht zu einer vollständigen Entwertung der gemachten Ausführungen. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin die einschlägigen Normen der §§ 68ff. VwGO gesehen und – mit Lücken – geprüft. Will der Prüfer diesen Ausführungen keine Bedeutung im Rahmen der Bewertung beimessen – wobei er allerdings zu berücksichtigen hat, dass Kenntnisse im Verwaltungsprozessrecht lediglich im Überblick verlangt werden - , muss er dies deutlich machen und vor allem auf die Gewichtung eingehen. Insoweit wird auf die Ausführungen am Schluss des Urteils verwiesen. Auch dies hat der Prüfer bei seiner Neubewertung zu berücksichtigen. Insgesamt hat er zu berücksichtigen, dass eine Prüfungsarbeit, die mit lediglich 2,0 Punkten bewertet ist, voraussetzt, dass annähernd keine substantiellen Kenntnisse vorhanden sind. Davon aber kann nach dem Ausgeführten nicht ausgegangen werden.
72 
Nachdem der Zweitprüfer sich mit seiner Bewertung – wegen des vertretbaren Ansatzes im Gebührenrecht und einzelner „Lichtblicke“ – dem Erstprüfer angeschlossen hatte, hat auch er eine Neubewertung unter Beachtung der oben genannten Gesichtspunkte vorzunehmen. Soweit er bemängelt hatte, dass keine Ausführungen zur in der Aufgabe wesentlichen Klärung des Verhältnisses zu § 31 Abs. 2 BestattG gemacht worden seien, ist zu berücksichtigen, dass die Klausurbearbeitung sich nicht allein darin erschöpfte und auch eine Arbeit von 4,0 Punkten deutliche Lücken und Mängel aufweist.
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Im Übrigen gibt das Gericht für die Neubewertung durch die Prüfer noch Folgendes vor: Im Hinblick auf die höchstrichterlich festgelegten Entscheidungsmaßstäbe, wonach das Gericht einerseits nicht die eigenen Maßstäbe an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen darf, andererseits aber der Prüfling Anspruch auf effektiven Rechtsschutz hat (Art. 19 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG), müssen die Prüfer ihre Bewertungen so begründen, dass eine gerichtliche Überprüfung möglich ist. Aus dieser Begründung muss sich das Bewertungssystem eines Prüfers nachvollziehen lassen. Denn dieses Bewertungssystem ist der Prüfungsmaßstab für das Gericht, einen anderen Prüfungsmaßstab hat es nicht. Das Gericht kann weder die Vorlage der Musterlösung verlangen noch darf es eigene Lösung der Prüfungsfälle zum Maßstab nehmen. Dies erfordert insgesamt, dass die Prüfer - im Einzelnen - Fehlendes darlegen und dem Vorhandenen gegenüberstellen. Ein allgemeiner Hinweis auf vorhandene Fehler und Mängel genügt insoweit nicht. Darüber hinaus muss auch die Gewichtung der positiven Inhalte einer Klausurbearbeitung einerseits und der fehlenden bzw. nicht zureichend bearbeiteten andererseits dargelegt werden. Diesen Anforderungen müssen die Prüfer ansonsten grundsätzlich spätestens im Überdenkungsverfahren gerecht werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

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