Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Sa 419/11

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 4. Mai 2011, Az.: 2 Ca 2078/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Mit seiner am 22.09.2010 erhobenen Klage, die er mehrfach geändert hat, macht der Kläger - teilweise im Wege der Stufenklage - Schadensersatzansprüche wegen entgangener Provisionen und Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbings geltend.

2

Der Kläger (geb. am 09.10.1956, verheiratet) ist mit einem GdB von 50 schwerbehindert. Er ist seit dem 01.05.2002 bei der Beklagten als Automobilverkäufer zu einem Monatsfestgehalt von zuletzt € 2866,00 brutto beschäftigt. Daneben erhält er Provisionen nach der Provisionsregelung für Z.-Verkäufer. Die Beklagte beschäftigt ca. 20 Arbeitnehmer, darunter 5 Verkäufer.

3

Im schriftlichen Formulararbeitsvertrag ist unter anderem folgendes geregelt:

4

„§ 12 Erlöschen von Ansprüchen

5

§ 12.1 Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind wie folgt geltend zu machen:

6

Ansprüche auf Zuschläge aller Art sowie auf Mehrarbeitsvergütung sofort, spätestens innerhalb zwei Monaten nach Abrechnung der Lohn/ Gehaltsperiode, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen.

7

§ 12.2 Alle übrigen beiderseitigen Ansprüche jeglicher Art aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

8

Die Geltendmachung eines Anspruchs nach Ablauf der vorgenannten Frist ist ausgeschlossen, es sei denn, dass die Einhaltung dieser Frist wegen eines unabwendbaren Ereignisses nicht möglich gewesen ist.“

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.05.2011 (dort Seite 2-7 = Bl. 224-229 d. A.) Bezug genommen.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über die in der Zeit vom 01.01.2008 bis 19.05.2010 verkauften Gebrauchtwagen unter Angabe des jeweiligen Fahrzeugtyps sowie unter Angabe des jeweiligen Netto- und Bruttopreises,

12

die Beklagte zu verurteilen, ihm über die anlässlich der in Ziff. 1) genannten Verkäufe ausgezahlten Provisionen einen Buchauszug zu erteilen,

13

die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern,

14

die Beklagte zu verurteilen, die sich nach der Auskunft ergebenden Provisionen an ihn zu zahlen,

15

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für das Geschäftsjahr 2009/2010 einen CSI-Bonus in Höhe von € 1.500,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2010 zu zahlen,

16

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von € 4.657,07 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

17

die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über die in der Zeit ab dem 01.08.2010 in den Zulassungsgebieten Y.-Stadt und X.-Stadt sowie bei den Bestandskunden des Klägers verkauften Neuwagen unter Angabe des jeweiligen Fahrzeugtyps sowie unter Angabe des jeweiligen Netto- und Bruttopreises,

18

die Beklagte zu verurteilen, ihm über die anlässlich der in Ziff. 6) genannten Verkäufe ausgezahlten Provisionen einen Buchauszug zu erteilen,

19

die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Auskünfte gemäß den Ziff. 6) und 7) an Eides statt zu versichern,

20

die Beklagte zu verurteilen, die sich nach der Auskunft ergebenden Provisionen an ihn zu zahlen,

21

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag von € 16.000,00 nicht unterschreiten sollte, zu zahlen.

22

Die Beklagte hat beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage mit Ausnahme des Antrags zu 5) aus dem Schriftsatz vom 15.04.2011 mit Teil-Urteil vom 04.05.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Anträge zu 1) bis 4) seien unbegründet, weil etwaige Ansprüche aufgrund der im schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschlussklausel in § 12.2 verfallen seien. Die Klausel umfasse alle übrigen beiderseitigen Ansprüche jeglicher Art. Der Antrag zu 6) sei unbegründet, weil der Kläger für die Neuwagenverkäufe an die Kunden W., Prof. Dr. U. und Fa. T. GmbH keine Provision bzw. Schadensersatz beanspruchen könne. Er habe keinen Anspruch auf eine Bezirksprovision i.S.d. § 87 Abs. 2 HGB, weil diese Regelung nicht für Arbeitsverhältnisse gelte. Die Anträge zu 7) bis 10) seien unbegründet. Mit diesen Anträgen wolle der Kläger letztlich für die Zeit ab 01.08.2010 eine Bezirksprovision i.S.d. § 87 Abs. 2 HGB für etwaige ohne seine Mitwirkung abgeschlossenen Geschäfte durchsetzen. Es fehle jedoch an einer zusätzlichen Provisionsvereinbarung. Schließlich sei auch der Antrag zu 11) unbegründet. Dem Kläger stehe kein Schmerzensgeld wegen Mobbings zu. Sein Vortrag im Schriftsatz vom 10.01.2011 sei nicht ausreichend, um ein Mobbing anzunehmen. Der Vortrag im Schriftsatz vom 15.04.2011 zum behaupteten Mobbing sei verspätet und gemäß § 56 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 8 bis 16 (Bl. 230-238 d.A.) des erstinstanzlichen Teil-Urteils vom 04.05.2011 Bezug genommen.

25

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 21.06.2011 zugestellt worden. Er hat mit am 19.07.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 22.08.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet.

26

Er macht geltend, die Annahme des Arbeitsgerichts, die mit den Klageanträgen zu 1) bis 4) geltend gemachten Ansprüche seien verfallen, sei unzutreffend. Vorsätzliche Vertragsverletzungen seien aus dem Anwendungsbereich des § 12.2 des Arbeitsvertrages herauszunehmen. Insoweit habe eine teleologische Reduktion zu erfolgen. Andernfalls stelle die Klausel eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar. Im Übrigen seien die Ansprüche erst mit Rechtskraft des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.05.2010 in dem Rechtsstreit 1 Ca 1393/09 entstanden, die am 12.08.2010 eingetreten sei. Die Annahme des Arbeitsgerichts, es handele sich bei dem mit Klageantrag zu 6) (zweitinstanzlich zu 5)) geltend gemachten Anspruch um eine Bezirksprovision i.S.d. § 87 Abs. 2 HGB sei unzutreffend. Er verlange keine Bezirksprovision, sondern Schadensersatz wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung, weil ihm in rechtswidriger Weise drei Neuwagengeschäfte entzogen worden seien. Auch bei den Anträgen zu 7) bis 10) (zweitinstanzlich zu 6) bis 9)) gehe das Arbeitsgericht rechtsirrig davon aus, dass er eine Bezirksprovision i.S.d. § 87 Abs. 2 HGB durchsetzen wolle. Er mache jedoch einen Schadensersatzanspruch geltend. Es bestehe der begründete Verdacht, dass die Beklagte auch ab dem 01.08.2010 Neuwagengeschäfte, die in seinen Zuständigkeitsbereich fielen, anderweitig abgewickelt habe. Schließlich habe das Arbeitsgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen des mit dem Antrag zu 10) geltend gemachten Schmerzensgeldanspruches verkannt. Es habe den Sachvortrag im Schriftsatz vom 15.04.2011 zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen. Er sei seit Januar 2008 einem als „Bossing/Mobbing“ zu bezeichnenden Verhalten ausgesetzt. Der Geschäftsführer der Beklagten verletzte ihn in besonders schwerwiegender Weise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die von ihm behaupteten - im Einzelnen streitigen - Mobbing-Handlungen stellt der Kläger wie folgt dar:

27

Wiederholung aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10.01.2011:

28

Der Geschäftsführer habe in den bestehenden Arbeitsvertrag eingegriffen, indem er ihm die Aufgabe, Gebrauchtwagen zu verkaufen, zum 01.01.2008 entzogen habe. Auf Grundlage des rechtskräftigen Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.05.2010 (Az.: 1 Ca 1393/09) stehe fest, dass der Entzug dieser Aufgabe rechtswidrig gewesen sei.

29

Der Geschäftsführer habe in einer Verkäuferbesprechung am 22.07.2008 wörtlich folgende Drohung ausgesprochen: „Ich ziehe Ihnen den Hals zu“.

30

Auf Veranlassung des Geschäftsführers sei ihm im Februar 2009 die Teilnahme an einer Präsentationsveranstaltung auf S.-Land untersagt worden. Er habe als einziger Verkäufer der Beklagten nicht an dieser Veranstaltung teilgenommen.

31

Am Abend des 09.04.2009 (Gründonnerstag) habe sich der Geschäftsführer um 18.00 Uhr von den anwesenden Mitarbeitern verabschiedet und ihnen ein frohes Osterfest gewünscht. Von ihm habe er sich nicht verabschiedet und ihm auch kein frohes Osterfest gewünscht.

32

Der Geschäftsführer habe ihm ausdrücklich die Teilnahme an einer Panamera-Präsentation in R.-Land vom 30.06.2009 bis 06.07.2009 verweigert. Er habe als einziger Verkäufer der Beklagten nicht an dieser Veranstaltung teilgenommen.

33

Der Geschäftsführer habe in einer Besprechung am 15.06.2009 angewiesen, dass er nicht die Motorsportveranstaltung „Q.-P.“ am N. betreuen soll, obwohl er sämtliche Motorsportkunden der Beklagten betreue.

34

Am Samstag, dem 20.06.2009 habe er auf Anweisung des Geschäftsführers als einziger Verkäufer im Geschäftslokal Dienst machen sollen, obwohl im normalen Samstagsdienst zwei Verkäufer und eine Telefonistin anwesend seien. Der Geschäftsführer habe seinen Wunsch, einen zweiten Verkäufer abzustellen, ausdrücklich abgelehnt. Der Geschäftsführer und die anderen Verkäufer weilten am 20.06.2009, ab 9:30 Uhr auf dem Golfplatz M.-Stadt (Z. L. Cup).

35

Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 05.08.2009 eine Abmahnung erteilt. Die Beklagte sei mit rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.05.2010 (Az.: 1 Ca 2570/09) verurteilt worden, diese zurückzunehmen und aus seiner Personalakte zu entfernen.

36

Die Beklagte habe ihm Neuwagenverkäufe aus seinem Zuständigkeitsbereich entzogen.

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Wiederholung aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 15.04.2011:

38

Während eines sog. Werkstattabends am 01.04.2010 habe der Kunde K. J. geäußert, dass er künftig von ihm betreut werden möchte. Der Kunde sei jedoch gegen seinen Wunsch einem anderen Verkäufer zugewiesen worden.

39

Bei Einstellungsgesprächen mit Verkäufern habe sich der Geschäftsführer mehrfach abfällig über ihn geäußert:

40

er habe im Juni 2009 gegenüber dem Zeugen I. H. geäußert: „Da unten ist noch ein Störenfried, aber das Thema hat sich bald erledigt“,

41

im Juni 2010 habe er sich gegenüber dem Zeugen G. F. gleichlautend geäußert.

42

Seit Beginn der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen im Monat Mai 2009 gehe der Geschäftsführer grußlos an seinem Büro vorbei, während er die anwesenden Kollegen morgens in der Regel persönlich begrüße.

43

In einer Verkäuferbesprechung am 30.08.2010 habe der Geschäftsführer zugegeben, dass er ihn (den Kläger) heimlich im Betrieb fotografiert habe.

44

Während des Werkstattabends am 01.04.2010 sei der Kollege E. den Mitgliedern des Z. Clubs Mittelrhein als Clubverantwortlicher vorgestellt worden, obwohl er selbst Gründungsmitglied dieses Clubs sei, viele Mitglieder geworben und sich stets um die Belange des Clubs gekümmert habe.

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Mit Schreiben vom 29.11.2010 habe ihm die Beklagte eine weitere Abmahnung erteilt. Die Klage sei beim Arbeitsgericht Koblenz anhängig (Az.: 2 Ca 427/11) gewesen. Die Beklagte habe die Abmahnung zurückgenommen, weil sie wegen unrichtiger Tatsachenbehauptungen zu Unrecht erfolgt sei.

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Mit Schreiben vom 18.02.2011 habe die Beklagte eine weitere Abmahnung erklärt. Sie habe sich in einem Vergleich vom 23.03.2011 (Az.: 2 Ca 427/11) verpflichtet, auch diese Abmahnung wegen unrichtiger Tatsachenbehauptungen aus der Personalakte zu entfernen.

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Berufungsbegründungsschrift vom 22.08.2011 (teilweise neu nummeriert):

48

Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 10.08.2011 eine weitere Abmahnung erteilt. Die Abmahnung enthalte unrichtige Tatsachenbehauptungen und sei daher zu Unrecht erfolgt. Er werde gegen diese Abmahnung ggf. gerichtlich vorgehen.

49

(3) Er habe von Juni 2007 bis einschließlich November 2008 ein Bruttogehalt von € 4.700,00 erhalten. Im November 2008 habe die Beklagte das Gehalt auf € 2.680,00 gekürzt.

50

(4) Am 10.11.2008 habe ihm der Geschäftsführer einen neuen Arbeitsvertrag vorgelegt, der gravierende Verschlechterungen enthalte. Der Geschäftsführer habe unter anderem beabsichtigt, ihm seine Nebentätigkeit als Architekt zu verbieten, die ihm der frühere Geschäftsführer ausdrücklich genehmigt habe.

51

zweitinstanzlicher Schriftsatz vom 11.11.2011 (alphabetisch):

52

In der 47. KW 2011 finde die Markteinführung des Z. Za. 000 in Zb.-Stadt statt. Er sei für eine Teilnahme nicht vorgesehen.

53

Die Beklagte habe ihm innerhalb kürzester Zeit sieben Bestandskunden willkürlich entzogen und auf andere Verkäufer umgebucht:

54

am 29.08.2011 Zc. Zd.

55

am 10.10.2011 Ze. Zf.

56

am 27.09.2011 Fa. Zg. GmbH

57

am 06.09.2011 Zh. Zi.

58

am 24.08.2011 Zj. Zk.

59

am 26.08.2011 Zc. Zl.

60

am 26.08.2011 Zm. Zn.

61

zweitinstanzlicher Schriftsatz vom 05.12.2011:

62

Die Beklagte habe ihm weitere sechs Bestandskunden entzogen und auf andere Verkäufer umgebucht:

63

am 03.11.2011 Zo. Zp.

64

am 25.01.2011 Zq. Zr.

65

am 07.12.2010 Zs. Zt.

66

am 19.01.2011 Zu. Zv.

67

am 08.12.2010 Zw. Zx.

68

am 04.11.2011 Zy. Zz.

69

des Weiteren habe ihm der Geschäftsführer weitere Neuwagenverkäufe aus seinen Zulassungsgebieten (Y.-Stadt und X.-Stadt) entzogen und auf andere Verkäufer übertragen:

70

am 04.01.2011 Verkauf an Kunden Zj. Ya., X.-Stadt

71

am 16.03.2011 Verkauf an Kunden Dr. Yb. Yc., Yd.-Stadt

72

Nov. 2010 Verkauf an Kunden Ye. Yf., Yg.-Stadt

73

Mündliche Verhandlung vom 12.01.2012:

74

Die Beklagte habe ihm den Bestandskunden Dr. Yh. Yi. entzogen und am 25.11.2011 umgebucht.

75

Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 22.08.2011 (Bl. 316-349 d.A.), vom 11.11.2011 (Bl. 406-423 d.A.), vom 05.12.2011 (Bl. 424-429 d.A.) und vom 04.01.2012 (Bl. 484-492 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

76

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

77

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.05.2011, Az.: 2 Ca 2078/10, abzuändern und

78

die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über die in der Zeit vom 01.01.2008 bis 19.05.2010 verkauften Gebrauchtwagen unter Angabe des jeweiligen Fahrzeugtyps sowie unter Angabe des jeweiligen Netto- und Bruttopreises,

79

die Beklagte zu verurteilen, ihm über die anlässlich der in Ziff. 1) genannten Verkäufe ausgezahlten Provisionen einen Buchauszug zu erteilen,

80

die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern,

81

die Beklagte zu verurteilen, den sich nach der Auskunft ergebenden Betrag als Schadensersatz an ihn zu zahlen,

82

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von € 4.657,07 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

83

die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über die in der Zeit ab dem 01.08.2010 in den Zulassungsgebieten Y.-Stadt und X.-Stadt sowie bei den Bestandskunden des Klägers verkauften Neuwagen unter Angabe des jeweiligen Fahrzeugtyps sowie unter Angabe des jeweiligen Netto- und Bruttopreises,

84

die Beklagte zu verurteilen, ihm über die anlässlich der in Ziff. 6) genannten Verkäufe ausgezahlten Provisionen einen Buchauszug zu erteilen,

85

die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Auskünfte gemäß den Ziff. 6) und 7) an Eides statt zu versichern,

86

die Beklagte zu verurteilen, den sich nach der Auskunft ergebenden Betrag als Schadensersatz an ihn zu zahlen,

87

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag von € 16.000,00 nicht unterschreiten sollte, zu zahlen.

88

Die Beklagte beantragt,

89

die Berufung zurückzuweisen.

90

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 20.09.2011 (Bl. 376-394 d.A.) und vom 21.12.2011 (Bl. 430-449 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Sie bestreitet die Mobbingvorwürfe des Klägers.

91

Ergänzend wird auf die zur Sitzungsniederschrift vom 12.01.2012 (Bl. 521-524 d.A.) getroffenen Feststellungen Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akten des Arbeitsgerichts Koblenz mit den Az.: 1 Ca 1393/09, 1 Ca 2570/09 und 2 Ca 427/11.

Entscheidungsgründe

92

I. Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

93

II. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nicht zu.

94

Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des angefochtenen Teil-Urteils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

95

1. Anträge zu 1) bis 4):

96

Das Arbeitsgericht hat die Stufenklage auf Auskunft, Erteilung eines Buchauszugs, eidesstattliche Versicherung und Zahlung im Zusammenhang mit den Gebrauchtwagenverkäufen in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 19.05.2010 im Autohaus der Beklagten zu Recht - in allen Stufen - abgewiesen. Die Stufenklage ist zwar zulässig (§ 254 ZPO), aber insgesamt unbegründet.

97

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eventuelle Ansprüche des Klägers nach der in § 12.2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussklausel verfallen sind. Danach müssen alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis jeglicher Art innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend gemacht werden.

98

Entgegen der Ansicht der Berufung werden die Rechte auf Auskunft und zur Erteilung eines Buchauszugs nach § 87 c Abs. 2 HGB vom Wortlaut und Sinn der Ausschlussklausel erfasst. Auch Hilfsansprüche unterliegen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, Verfallfristen (vgl. z.B. BAG Urteil vom 23.03.1982 - 3 AZR 637/79 - AP Nr. 18 zu § 87 c HGB). Die Klausel in § 12.2 des Arbeitsvertrages spricht von "beiderseitigen" Ansprüchen. Sie betrifft damit auch Hilfsansprüche wie diejenigen des Handlungsgehilfen auf Auskunft zur Vorbereitung seiner Entgeltansprüche. Es kann sich, wie im Text ausdrücklich hervorgehoben wird, um Ansprüche "jeglicher Art" handeln, sofern sie nur "aus dem Arbeitsverhältnis" herrühren.

99

Entgegen der Ansicht der Berufung sind vorsätzliche Vertragsverletzungen nicht aus dem Anwendungsbereich der in § 12.2 des Formulararbeitsvertrages geregelten Klausel herauszunehmen. Für eine teleologische Reduktion, die der Kläger befürwortet, besteht kein Anlass. Die Klausel, die nach ihrem Wortlaut “Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” erfasst, umfasst auch Ansprüche aus vorsätzlich unerlaubter Handlung. Dem steht die seit 01.01.2002 geltende Vorschrift des § 202 Abs. 1 BGB, der zufolge die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann, nicht entgegen. Zu den Ansprüchen „aus dem Arbeitsverhältnis“ zählen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung (vgl. ausführlich: BAG Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mobbing; BAG Urteil vom 30.10.2008 - 8 AZR 886/07 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 192; jeweils m.w.N.).

100

Die Klausel unterliegt hinsichtlich ihrer Wirksamkeit keinen Bedenken. Sie hält entgegen der Ansicht der Berufung einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Ausschlussfristen können grundsätzlich auch in Formulararbeitsverträgen vereinbart werden. Die Verfallklausel ist weder überraschend noch ungewöhnlich i.S.d. § 305 c Abs. 1 BGB; auch das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht verletzt. Bereits in der Überschrift von § 12 „Erlöschen von Ansprüchen“ wird deutlich, dass es sich um eine Verfallklausel handelt. Auch im Text heißt es ausdrücklich, dass Ansprüche verfallen, wenn sie nicht rechtzeitig erhoben werden. Damit lässt die Klausel die mit ihr verbundenen Nachteile deutlich erkennen. § 12.2 der Verfallklausel hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Sie benachteiligt den Kläger nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAG Urteil vom 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 - AP Nr. 10 zu § 305 BGB, m.w.N.), der die Berufungskammer folgt, ist eine Mindestfrist von drei Monaten für die schriftliche Geltendmachung nicht unangemessen kurz. Diese Grenze wird in § 12.2 des Arbeitsvertrages nicht unterschritten.

101

Der Kläger hat die Verfallfrist nicht gewahrt. Er hat die Ansprüche nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend gemacht. Entgegen der Ansicht der Berufung sind die Ansprüche nicht erst mit Rechtskraft des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.05.2010 in dem Rechtsstreit 1 Ca 1393/09 fällig geworden. Fälligkeit tritt bei Schadensersatzansprüchen ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist, also sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte erlangen können. Der Kläger begehrt Ersatz entgangener Provisionen aus dem Verkauf von Gebrauchtwagen vom 01.01.2008 bis zum 19.05.2010. Zur Vorbereitung einer bezifferten Zahlungsklage macht er Hilfsansprüche auf Auskunft und Buchauszugserteilung im Wege der Stufenklage geltend. Dass ihm Provisionen entgangen sind, war dem Kläger seit Erteilung der Provisionsabrechnungen für die jeweiligen Monate bekannt. Auf den Eintritt der formellen Rechtskraft des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.05.2010 in dem Rechtsstreit 1 Ca 1393/09 kommt es weder für die Fälligkeit der Hilfsansprüche noch des Zahlungsanspruchs an, den der Kläger damit vorbereiten will. Das Arbeitsgericht hat im Teil-Urteil vom 19.05.2010 (Az.: 1 Ca 1393/09) auch keinen Schadensersatzanspruch rechtskräftig festgestellt, sondern die Beklagte in Ziff. 1) des Tenors verurteilt, den Kläger „als Automobilverkäufer für den Verkauf von Neufahrzeugen, Vorführwagen und Gebrauchtwagen zu beschäftigen“. Dieses Beschäftigungsurteil ist für die Fälligkeit des im vorliegenden Rechtsstreit begehrten Schadensersatzanspruchs sowie für die Fälligkeit der Hilfsanträge rechtlich unerheblich.

102

2. Antrag zu 6) (zweitinstanzlich zu 5):

103

Das Arbeitsgericht hat den bezifferten Klageantrag auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 4.657,07 zu Recht als unbegründet abgewiesen.

104

Der Kläger kann von der Beklagten keinen Schadensersatz in Höhe entgangener Provisionen für folgende drei Geschäfte verlangen: Verkauf eines Neuwagens am 05.11.2009 durch einen anderer Verkäufer der Beklagten an den Kunden Zc. W., der im Zulassungsgebiet Y.-Stadt wohnt (Einzelbetrag: € 1.458,00); Verkauf eines Neuwagens am 12.07.2010 durch einen anderen Verkäufer der Beklagten an den Kunden Prof. Dr. Yj. U., obwohl es sich nach dem streitigen Vorbringen des Klägers um einen sog. Bestandskunden handelt (Einzelbetrag: € 1.604,35); Verkauf eines Neuwagens am 09.07.2010 durch einen anderer Verkäufer der Beklagten an die Firma Yk. T. GmbH, obwohl diese Firma ihren Sitz im Zulassungsgebiet Y.-Stadt hat (Einzelbetrag: € 1.594,72).

105

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Bezirksprovision im Sinne des § 87 Abs. 2 HGB hat. Nach dieser Vorschrift hat ein Handelsvertreter Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirkes oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind, wenn ihm ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen ist. Eine derartige Bezirksprovision kann der Kläger nicht bereits deshalb beanspruchen, weil er für Verkäufe in den Zulassungsgebieten Y.-Stadt und X.-Stadt sowie an sog. Bestandskunden für zuständig erklärt worden ist. Denn der Kläger ist kein selbständiger Handelsvertreter, sondern Arbeitnehmer der Beklagten. Die Regelung des § 87 Abs. 2 HGB für Handelsvertreter gilt nicht für Arbeitsverhältnisse. § 65 HGB nimmt Bezug auf § 87 Abs. 1 und 3 sowie auf §§ 87a bis 87c HGB, jedoch nicht auf § 87 Abs. 2 HGB. Das bedeutet, dass beim Arbeitnehmer - anders als beim Handelsvertreter - die Zuweisung eines bestimmten Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises allein nicht zum Entstehen eines Anspruchs auf Bezirksprovision führt. Hierzu sind weitere Abreden erforderlich. Bei einem Arbeitnehmer setzt ein Anspruch auf Bezirksprovision voraus, dass neben der Zuweisung des Bezirks oder/und eines bestimmten Kundenkreises eine Provisionsvereinbarung hinsichtlich der Zahlung einer Bezirksprovision getroffen wird (LAG Hamm vom 02.10.1991 - 15 Sa 605/91 - LAGE § 65 HGB Nr. 1; BeckOK/Hagen, HGB [Stand: 01.12.2011], § 87 Rn. 27, jeweils m.w.N.).

106

Zwischen den Parteien ist keine gesonderte Bezirksprovisionsvereinbarung und keine Kundenkreisschutzvereinbarung geschlossen worden. Deswegen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Schadensersatz für Geschäfte, die andere Automobilverkäufer in den Zulassungsgebieten Y.-Stadt und X.-Stadt oder mit Kunden getätigt haben, die er als seine Bestandskunden ansieht. Auch dies hat das Arbeitsgericht vollkommen zutreffend erkannt.

107

3. Anträge zu 7) bis 10) (zweitinstanzlich zu 6) bis 9)):

108

Das Arbeitsgericht hat die Stufenklage auf Auskunft, Erteilung eines Buchaus-zugs, eidesstattliche Versicherung und Zahlung im Zusammenhang mit den Neuwagenverkäufen in der Zeit ab 01.08.2010 in den Zulassungsbezirken Y.-Stadt und X.-Stadt sowie bei den sog. Bestandskunden des Klägers im Autohaus der Beklagten zu Recht - in allen Stufen - abgewiesen. Die Stufenklage ist zwar zulässig (§ 254 ZPO), aber insgesamt unbegründet.

109

Der Kläger kann keinen Schadensersatz beanspruchen, weil ihm in der Zeit ab 01.08.2010 Provisionen bei Neuwagenverkäufen in den Zulassungsgebieten Y.-Stadt und X.-Stadt sowie an sog. Bestandskunden entgangen sind. Wie bereits oben (unter 2.) im Einzelnen ausgeführt, ist zwischen den Parteien keine Bezirksprovisionsvereinbarung und keine Kundenkreisschutzvereinbarung geschlossen worden. Deswegen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Schadensersatz für Geschäfte, die andere Automobilverkäufer in den Zulassungsgebieten Y.-Stadt und X.-Stadt oder mit Kunden getätigt haben, die er als seine Bestandskunden ansieht.

110

4. Antrag zu 11) (zweitinstanzlich zu 10)):

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Der Klageantrag zu 11) ist ebenfalls unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aus §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB bzw. §§ 823 ff., 253 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des sog. Mobbings hat.

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4.1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den - auch von der Berufungskammer geteilten - Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Haftung des Arbeitgebers in sog. Mobbing-Fällen (insb. BAG Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mobbing; zuletzt Urteil vom 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Mobbing; jeweils m.w.N.) ausgegangen.

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Danach ist „Mobbing“ kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte oder Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund Mobbings geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung i.S.d. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG Urteil vom 28.10.2010 - 8 AZR 546/09, a.a.O.).

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Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, muss aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, als sozialadäquates und daher folgenloses Verhalten grundsätzlich hinzunehmen sind. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und nachgeordneten Mitarbeitern erfüllt die Voraussetzungen einer Persönlichkeitsrechts-, Ehr- oder gar Gesundheitsverletzung. Vielmehr ist es dem täglichen Zusammenarbeiten mit anderen Menschen immanent, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese Ausdruck des Ziels sind, den anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen. Zugrunde zu legen ist bei der Beurteilung eine objektive Betrachtungsweise, ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers. Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, können nur in seltenen Fällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen (BAG Urteil vom 24.04.2008 - 8 AZR 347/07 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers; BAG Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06, a.a.O.). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen auch in sog. Mobbing-Fällen der Arbeitnehmer; mithin hier der Kläger.

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4.2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass sowohl das erstinstanzliche als auch das zweitinstanzlich nochmals erweiterte Vorbringen des Klägers keinen Anspruch auf Schmerzensgeld unter dem Gesichtspunkt des Mobbings rechtfertigt. Weder aus den vom Kläger angeführten einzelnen Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lässt sich der Schluss ziehen, er sei vom Geschäftsführer der Beklagten systematisch schikaniert und diskriminiert worden, selbst wenn man seinen bestrittenen Vortrag als zutreffend unterstellt.

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Die Berufungskammer teilt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass der Kläger aus dem Entzug des Verkaufs von Gebrauchtwagen mit Wirkung ab Januar 2008 keinen Mobbing-Vorwurf ableiten kann. Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Beklagte mit rechtskräftigem Teil-Urteil vom 19.05.2010 in dem Rechtsstreit 1 Ca 1393/09, den der Kläger mit Klageschrift vom 29.05.2009 eingeleitet hatte, verurteilt, den Kläger als Automobilverkäufer (auch) mit dem Verkauf von Gebrauchtwagen zu beschäftigen. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, dem Kläger kraft ihres Direktionsrechts den Verkauf von Gebrauchtwagen zu entziehen. Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, stellt die Überschreitung des Direktionsrechts noch kein Mobbing dar. Die Beklagte hat im Verfahren 1 Ca 1393/09 sachlich nachvollziehbare Erwägungen vorgetragen, weshalb sie sich entschlossen hatte, den Gebrauchtwagenverkauf vom Neuwagenverkauf organisatorisch und personell zu trennen. Im Übrigen, auch hierauf hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend abgestellt, handelte es ich bei der Neuverteilung der Verkaufsaufgaben um eine allgemeine Maßnahme, die auch die anderen Automobilverkäufer der Beklagten betraf. Der Gebrauchtwagenverkauf sollte in die Hände eines Verkäufers gelegt werden, der aus Sicht der Beklagten über besondere Erfahrungen und Kenntnisse im Gebrauchtwagenbereich verfügt. Ein zielgerichtetes willkürliches und schikanöses Verhalten gerade gegen den Kläger ist nicht erkennbar.

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Der Kläger kann auch aus der bestrittenen Behauptung, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm in einer Verkäuferbesprechung am 22.07.2008 mit den Worten gedroht: "Ich ziehe Ihnen den Hals zu" keinen Mobbing-Vorwurf ableiten. In dieser Verkäuferbesprechung wurde über den Vorschlag der Z. Yl. GmbH, die für den Vertrieb von neuen und gebrauchten Fahrzeugen zuständig ist, diskutiert, das Verkaufsgebiet der Beklagten neu einzuteilen. Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, kann eine derartige Diskussion zu Konfliktsituationen führen. Sollte es im Verlauf der Besprechung zu der behaupteten verbalen Entgleisung des Geschäftsführers gekommen sein, handelt es sich um einen Einzelfall, der keine Systematik erkennen lässt. Im Übrigen lag der bestrittene Vorfall vom 22.07.2008 bei Erhebung der vorliegenden Schmerzensgeldklage mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 10.01.2011 fast 2 ½ Jahre zurück. Eine vergleichbare Äußerung ist nicht mehr gefallen. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen. Soweit die Berufung einwendet, die Beklagte habe die „Bossing-/Mobbinghandlungen“ bis 2011 fortgesetzt, entspricht dies dem subjektiven Empfinden des Klägers. Bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise lässt sich jedoch eine vergleichbare Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten nicht feststellen.

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Soweit der Kläger geltend macht, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm im Jahr 2009 die Teilnahme an zwei Präsentationsveranstaltungen (im Februar auf S.-Land, Ende Juni in R.-Land) verweigert, ihm im Juni 2009 nicht die Betreuung der Motorsportveranstaltung am N. „Q.-P.“ übertragen und ihn am 19.06.2009 als einzigen Verkäufer zum Samstagsdienst im Autohaus eingeteilt, während die anderen am Golfplatz weilten, liegen ebenfalls keine Mobbing-Handlungen vor. Die Berufungskammer teilt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass die Beklagte kraft ihres Direktionsrechts berechtigt war, zu bestimmen, wer an den Präsentationsveranstaltungen auf S.-Land, in R.-Land, am N. oder am Golfplatz M.-Stadt teilnehmen muss bzw. darf. Dieses Direktionsrecht hat sie gemäß § 106 Satz 1 GewO nach billigem Ermessen auszuüben. Dabei darf sie den Kläger gegenüber den anderen Automobilverkäufern nicht aufgrund sachfremder Differenzierung schlechter stellen oder gegen das Maßregelungsverbot (§ 612 a BGB) verstoßen. Es kann dahinstehen, ob die personellen Auswahlentscheidungen, die der Geschäftsführer der Beklagten zu treffen hatte, bei rechtlicher Prüfung in jedem Einzelfall billigem Ermessen i.S.v. § 315 Abs. 1 BGB Stand gehalten hätten. Sie waren jedenfalls nicht eindeutig rechtswidrig oder schikanös.

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Soweit der Kläger bemängelt, dass ihm der Geschäftsführer der Beklagten am Gründonnerstag, dem 09.04.2009, kein frohes Osterfest gewünscht habe, lässt sich daraus kein Mobbing-Vorwurf herleiten. Selbst wenn die bestrittene Behauptung zutreffen sollte, ist nicht erkennbar, dass der unterlassene Festtagswunsch allein dazu diente, den Kläger persönlich zu kränken.

120

Soweit der Kläger auf die Abmahnung der Beklagten vom 05.08.2009 abstellt, liegt auch aus Sicht der Berufungskammer keine Mobbinghandlung vor. Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Beklagte mit Urteil vom 19.05.2010 (Az.: 1 Ca 2570/09) verurteilt, diese Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Beklagte habe - nach Durchführung der beantragten Parteivernehmung des Klägers - nicht zu beweisen vermocht, dass sie ihm nicht gestattet habe, ein Fahrzeug an einen Schweizer Kunden zum Nettorechnungsbetrag auszuliefern, obwohl er keine Sicherheitsleistung für die Umsatzsteuer hinterlegt hat. Die Abmahnung vom 05.09.2009 ist nicht willkürlich und ohne jeden vertretbaren Anlass ausgesprochen worden. Der Ausspruch von Abmahnungen ist ein im Arbeitsleben durchaus üblicher und unter Umständen notwendiger Vorgang. Eine gezielte Herabwürdigung oder Persönlichkeitsverletzung des Klägers lässt sich dem Abmahnungsschreiben nicht entnehmen.

121

Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe ihm Neuwagenverkäufe aus seinem Zuständigkeitsbereich entzogen, folgt die Berufungskammer dem Arbeitsgericht auch darin, dass hieraus eine bewusste und systematische Schikanierung nicht hergeleitet werden kann. Das Arbeitsgericht hat in dem Rechtsstreit 1 Ca 1393/09 mit Teil-Urteil vom 19.05.2010 rechtskräftig festgestellt, dass die Neueinteilung der Gebiete mit der jeweiligen Zuweisung an die Automobilverkäufer vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt war. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält keine Konkretisierung hinsichtlich seiner örtlichen bzw. räumlichen Tätigkeitsbereiche. Da der Kläger mit der Beklagten weder eine Bezirksprovisionsvereinbarung noch eine Kundenkreisschutzvereinbarung getroffen hat, ist es nicht gerechtfertigt, den vom Kläger beanstandeten „Entzug von Neuwagenverkäufen“ als Mobbing zu qualifizieren.

122

Das Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 15.04.2011, den das Arbeitsgericht als verspätet zurückgewiesen hat, vermag den Mobbingvorwurf nicht zu begründen. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Zurückweisung aller angeführten Mobbing-Vorfälle zu Recht erfolgt ist.

123

Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe dem Kunden K. J. während eines sog. Werkstattabends am 01.04.2010 die Bitte abgeschlagen, künftig von ihm betreut zu werden, kann hieraus keine Schikanierung des Klägers hergeleitet werden.

124

Auch die bestrittene Behauptung des Klägers, der Geschäftsführer der Beklagten habe in Einstellungsgesprächen mit den Verkäufern H. und F. geäußert: „Da unten ist noch ein Störenfried, aber das Thema hat sich bald erledigt“, lässt nicht den Schluss zu, dass der Kläger systematisch gemobbt wird. Es erscheint eher so, dass die Äußerungen eine Reaktion auf die häufigen Konflikte, nicht aber Ausdruck einer geplanten und zielgerichteten Aktion zur Schikanierung des Klägers waren.

125

Mit dem Vorwurf, der Geschäftsführer der Beklagten gehe seit Beginn der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen im Mai 2009 grußlos an seinem Büro vorbei, während er die anwesenden Kollegen morgens „in der Regel“ persönlich begrüße, hat der Kläger eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht hinreichend dargetan. Die Beklagte hat das Nichtgrüßen bestritten und im Übrigen beanstandet, dass der Kläger den Geschäftsführer seinerseits nicht mehr grüße. Es entspricht den Höflichkeitsregeln, dass der Ankommende zuerst und der Mitarbeiter den Chef grüßt. Sollten diese Umgangsformen nicht immer genau eingehalten worden sein, führt dies zu keiner schwerwiegenden Rechtsgutverletzung, welche einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers begründen könnte.

126

Soweit der Kläger behauptet, der Geschäftsführer habe in einer Verkäuferbesprechung am 30.08.2010 zugegeben, dass er ihn heimlich im Betrieb fotografiert habe, bleibt unklar, bei welcher Gelegenheit und aus welchem Anlass der Kläger heimlich fotografiert worden sein soll. Für die Verletzung des Persönlichkeitsrechts bei heimlichen Bildaufnahmen sind die Intensität und der Anlass der Beeinträchtigung bedeutsam. Die Intensität der Beeinträchtigung hängt maßgeblich von der Dauer und der Art der Überwachungsmaßnahme ab. Hierfür fehlt jedweder Sachvortrag.

127

Soweit der Kläger der Beklagten vorwirft, während des Werkstattabends am 01.04.2010 sei der Autoverkäufer E. den Mitgliedern des Z. Clubs Mittelrhein als Clubverantwortlicher vorgestellt worden, obwohl er selbst Gründungsmitglied dieses Clubs sei, viele Mitglieder geworben und sich stets um die Belange des Clubs gekümmert habe, vermag die Berufungskammer eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts hierdurch nicht zu erkennen. Die Beklagte hatte eine Auswahlentscheidung unter den Automobilverkäufern zu treffen. Die Auswahl ist auf den Arbeitskollegen gefallen. Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Auswahl des Verkäufers E. sei willkürlich und nur mit dem Ziel erfolgt, ihn auszugrenzen und zu schikanieren.

128

Auch die Abmahnung der Beklagten vom 29.11.2010, die der Kläger im Rechtsstreit 2 Ca 427/11 vor dem Arbeitsgericht Koblenz gerichtlich angegriffen hat, kann nicht als Beleg einer fortgesetzten Diskriminierung angesehen werden. Der abgemahnte Vorwurf - Fehlkalkulation bei der Berechnung des Ablösewerts eines Leasingfahrzeugs - traf dem Grunde nach zu. Der vom Kläger verursachte Schaden belief sich jedoch nicht auf den berechneten Betrag von € 2.572,20, sondern auf € 1.761,56. Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Datum vom 18.02.2011 eine zweite Abmahnung, die einen Schadensbetrag von € 2.096,26 auswies. Weil in diesem Schadensbetrag fälschlicherweise die Mehrwertsteuer enthalten war, verpflichtete sich die Beklagte letztlich in einem gerichtlichen Vergleich vom 23.03.2011 (Az.: 2 Ca 427/11) die Abmahnungen vom 29.11.2010 und vom 18.02.2011 aus der Personalakte zu entfernen. Der Kläger erklärte sich mit einer berichtigten Abmahnung einverstanden, die nunmehr den zutreffenden Schadensbetrag von € 1.761,56 enthält. Die Beklagte hat ihre Fehler bei der Berechnung der Schadenshöhe zweimal korrigiert. Dieser Vorgang kann nicht als Beleg einer gezielten Herabwürdigung oder Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers angesehen werden.

129

Schließlich ist auch der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers nicht geeignet, den Mobbing-Vorwurf zu erhärten. Es kann offen bleiben, ob die zweitinstanzlich geschilderten Vorfälle nicht schon entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig in den Prozess eingeführt worden sind und dies auf grober Nachlässigkeit beruht, so dass § 67 Abs. 3 ArbGG die Zurückweisung dieses Vorbringens gerechtfertigt hätte. Eine irgendwie geartete Verzögerung des Rechtsstreits konnte bei Berücksichtigung des neuen Vorbringens nicht eintreten.

130

Soweit der Kläger auf eine weitere Abmahnung der Beklagten vom 10.08.2011 hinweist, lässt sich hieraus kein Anhaltspunkt dafür ableiten, dass die Beklagte sein Persönlichkeitsrecht gezielt verletzt haben könnte. Der Kläger behauptet pauschal, die Abmahnung enthalte unrichtige Tatsachenbehauptungen und sei daher zu Unrecht erfolgt; er werde gegen diese Abmahnung ggf. gerichtlich vorgehen. Selbst wenn sich bei einer gerichtlichen Prüfung herausstellen sollte, dass die Abmahnung vom 10.08.2011 unwirksam ist, führt dies nicht automatisch zur Annahme eines sog. Mobbings. Mit der Abmahnung übt der Arbeitgeber ein ihm zustehendes Rügerecht im Hinblick auf die Erbringung der Arbeitsleistung aus. Er begeht damit zunächst keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung als unberechtigt herausstellt. Eine offensichtlich nicht gerechtfertigte Kritik an seinem Arbeitsverhalten hat der Kläger nicht ansatzweise dargelegt.

131

Aus dem Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe sein Bruttogehalt im November 2008 von € 4.700,00 auf € 2.680,00 gekürzt, lässt sich keine Mobbing-Handlung ableiten. Die Parteien haben in § 3.1 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.05.2002 eine Vergütung nach Beschäftigungsgruppe K 4 des jeweils gültigen Tarifvertrages für die Angestellten des Kraftfahrzeuggewerbes vereinbart. Das Tarifgehalt nach K 4 belief sich im November 2008 auf € 2.680,00. Die Frage, welche Provisionen dem Kläger in der Zeit von Januar 2008 bis März 2010 über das Tarifgehalt hinaus zustanden, ist in dem Rechtsstreit 1 Ca 1393/09 vor dem Arbeitsgericht Koblenz durch Teil-Urteil vom 19.05.2010 rechtskräftig geklärt worden. Auseinandersetzungen über die Höhe der Provisionen von Vertriebsmitarbeitern stellen typische Konfliktsituationen im Arbeitsleben dar. Eine Missachtung des Persönlichkeitsrechts des Klägers kommt darin nicht zum Ausdruck.

132

Der Vorwurf, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm am 10.11.2008 einen neuen Arbeitsvertrag mit gravierenden Verschlechterungen vorgelegt, er habe unter anderem beabsichtigt, ihm seine Nebentätigkeit als Architekt zu verbieten, die ihm der frühere Geschäftsführer ausdrücklich genehmigt habe, lässt keinen Rückschluss auf Mobbing zu. Der Kläger hat den Abschluss des angebotenen Vertrages unstreitig abgelehnt. Allein das Ansinnen des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer ungünstigere Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, stellt für sich genommen kein Mobbing dar. Darin kann keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gesehen werden; auch fehlt es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

133

Der Kläger kann auch keinen Mobbing-Vorwurf daraus herleiten, dass seine Teilnahme an der Markteinführung des Z. Za. 000 in Zb.-Stadt, die in der 47. KW 2011 stattfand, nicht vorgesehen worden ist. Zum einen hat der Kläger keinen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Zum anderen war die Beklagte der Ansicht, dass der Kläger aufgrund einer Augenerkrankung keine lange Flugreise unternehmen könne. So hatte der Kläger unstreitig im Jahr 2007 wegen seines Augenleidens die Teilnahme an einer Veranstaltung in Ym. abgesagt. Der Kläger hat nunmehr durch Vorlage einer augenfachärztlichen Bescheinigung vom 03.01.2012 nachgewiesen, dass keine Einschränkungen hinsichtlich Flugreisen bestehen. Der Irrtum der Beklagten über die Flugtauglichkeit des Klägers auf Langstreckenflügen stellt keine Persönlichkeitsverletzung dar.

134

Schließlich rechtfertigen auch die Behauptungen des Klägers, die Beklagte habe ihm Bestandskunden willkürlich entzogen und auf andere Verkäufer umgebucht (Schriftsatz vom 11.11.2011: am 29.08.2011 Zc. Zd., am 10.10.2011 Ze. Zf., am 27.09.2011 Fa. Zg. GmbH, am 06.09.2011 Zh. Zi., am 24.08.2011 Zj. Zk., am 26.08.2011 Zc. Zl., am 26.08.2011 Zm. Zn.; Schriftsatz vom 05.12.2011: am 03.11.2011 Zo. Zp., am 25.01.2011 Zq. Zr., am 07.12.2010 Zs. Zt., am 19.01.2011 Zu. Zv., am 08.12.2010 Zw. Zx., am 04.11.2011 Zy. Zz.; mündliche Verhandlung vom 12.01.2012: am 25.11.2011 Dr. Yh. Yi.), des Weiteren habe ihm der Geschäftsführer weitere Neuwagenverkäufe aus seinen Zulassungsgebieten (Y.-Stadt und X.-Stadt) entzogen und auf andere Verkäufer übertragen (am 04.01.2011 Verkauf an Kunden Zj. Ya. aus X.-Stadt, am 16.03.2011 Verkauf an Kunden Dr. Yb. Yc. aus Yd.-Stadt, im Nov. 2010 Verkauf an den Kunden Ye. Yf. aus Yg.-Stadt) nicht den erhobenen Mobbing-Vorwurf. Wie oben bereits ausgeführt, enthält der Arbeitsvertrag des Klägers keine Konkretisierung hinsichtlich seiner örtlichen bzw. räumlichen Tätigkeitsbereiche. Auch eine Kundenkreisschutzvereinbarung wurde nicht getroffen. Die Beklagte hat zu jedem Kunden, den der Kläger benannt hat, konkreten Gegenvortrag geleistet. So hat die Beklagte u.a. zum Kunden Dr. Yi., dessen „Umbuchung“ auf einen anderen Verkäufer der Kläger noch in der mündlichen Berufungsverhandlung beanstandet hat, ausgeführt, dieser Kunde habe sich über den Kläger beschwert und darum gebeten, künftig nicht mehr von ihm betreut zu werden. Dieses Vorbringen hat der Kläger unter Hinweis auf eine Weihnachtskarte bestritten, die ihm Dr. Yi. persönlich geschrieben haben soll. Dem streitigen Vorbringen musste in keinem Einzelfall nachgegangen zu werden. Allein die Behauptung, die Beklagte habe ihm „willkürlich“ Bestandskunden entzogen, ist nicht geeignet, den begehrten Schmerzensgeldanspruch zu begründen. Dem Streit über die sog. Bestandskunden bzw. den Gebietsschutz liegen unterschiedliche Rechtspositionen über den Umfang des Direktionsrechts der Beklagten zu Grunde. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den Kläger planmäßig mit einer verwerflichen Motivation anfeindet oder schikaniert. Vielmehr handelt es sich bei derartigen Auseinandersetzungen um im Arbeitsleben typische Konflikte, die ggf. unter Zuhilfenahme der Arbeitsgerichte zu klären sind.

135

Auch bei einer Gesamtwürdigung aller behaupteten Vorkommnisse, die der Kläger in erster und zweiter Instanz geschildert hat, lässt sich eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers nicht feststellen. Ein gravierendes schikanöses Fehlverhalten des Geschäftsführers der Beklagten ist schon in keinem Einzelfall gegeben. Die Darlegungen des Klägers zu den angeblichen Schikanen und Anfeindungen durch den Geschäftsführer der Beklagten sind auch in der Gesamtschau nicht geeignet, um das Vorliegen einer einen Schmerzensgeldanspruch auslösenden Mobbingsituation zu bejahen. Auch insgesamt überwiegen die sachlichen Motive für die vom Kläger beanstandeten Anordnungen und Maßnahmen, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob sie in jedem Einzelfall einer rechtlichen Überprüfung standgehalten hätten. Nicht schon jeder Irrtum über die einem Arbeitgeber zustehenden Rechte begründet eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des betroffenen Arbeitnehmers.

136

III. Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

137

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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