a) an die Klägerin 3.054,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2005 zu zahlen,
b) zu erklären, dass sie,
aa) die ihr abgetretenen Lohn- oder Gehaltsansprüche der Klägerin gegenüber der Stadt Berlin,
bb) die ihr abgetretenen Rechte und Ansprüche der Klägerin aus den mit der V. Versicherung abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen zu den Nummern
T6757371.4 und VL7332747.4
an die Klägerin zurückabtritt,
c) die Versicherungsscheine über die zwischen der Klägerin und der V. Versicherung abgeschlossenen Lebensversicherungen zu den Nummern
T6757371.4 und VL7332747.4
an die Klägerin herauszugeben.
Die Verurteilungen gemäß a) bis c) erfolgen Zug um Zug gegen Übergabe einer schriftlichen Erklärung an die Beklagte, dass die Klägerin der Beklagten ihren Gesellschaftsanteil an der A. GbR 10 abtritt,
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem mit der Klägerin geschlossenen Darlehensvertrag vom 26.9.1997, Kontonummer 621 287 697, abgesehen von den gemäß dem vorstehenden Tenor Ziff. 1 zurückzuzahlenden Zinsen (Zinsen, die die Klägerin bis einschließlich Oktober 2005 gezahlt hat) keine weiteren Rechte zustehen (Zahlung weiterer, nach dem 31.10.2005 fälliger Zinsen; Zahlung des Darlehensbetrages am Ende der Darlehenslaufzeit).
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
a) wegen der Ansprüche der Klägerin gemäß Ziff. 1 Buchst. a und c des Tenors ohne Sicherheitsleistung,
b) wegen des Kostenerstattungsanspruchs gemäß Ziff. 3 des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist mit notariell beurkundetem Eintrittsvertrag vom 29.9./15.10.1997 der A. GbR 10, einem geschlossenen Immobilienfonds, als Gesellschafterin beigetreten. Ihre Einlage betrug 30.000 DM. Gründungsgesellschafter und Initiatoren des Fonds waren Herr E. B. und die A. Treuhand GmbH. Die Gesellschaftereinlage wurde von der beklagten Sparkasse finanziert. Finanziert wurde ein Betrag von 31.500 DM (30.000 DM Gesellschaftereinlage + 1.500 DM Vermittlungsprovision, die die A. Marketing und Vertriebs GmbH der Klägerin berechnet hat). Die Bruttokreditsumme betrug 34.239,13 DM, was nach Abzug eines Disagios von 2.739,13 DM (8 % des Bruttokredits) den Nettokreditbetrag von 31.500 DM ergab. Der Kredit wurde als Festkredit gegeben. Die Tilgung sollte in erster Linie durch zwei Lebensversicherungen mit Versicherungssummen über 9.313 DM und 10.341 DM erfolgen, die die Klägerin schon früher abgeschlossen hatte (im November 1990 und Oktober 1992) und die (abgesehen vom vorzeitigen Eintritt des Todesfalls) am 1.1.2006 bzw. am 1.12.2007 fällig werden sollten. Für das Darlehen wurde ein Nominalzins von 5,85 % vereinbart. Der Zinssatz wurde bis zum 25.9.2007 festgeschrieben. Als Sicherheiten wurden der Beklagten abgetreten: die Lohn-/Gehaltsansprüche der Klägerin, der Gesellschaftsanteil an der A.-IMMO-GbR und die Rechte aus der Lebensversicherung (erstrangige Teilbeträge in Höhe von 14.000 DM und 7.000 DM). Die Beklagte hat die Nettodarlehenssumme, wie vorgesehen, an Herrn E. B., der von der Fondsgesellschaft als Treuhänder der Anleger vorgesehen war, überwiesen. Dieser hat die Beträge an die Endempfänger - die Fondsgesellschaft und die A. Marketing und Vertriebs GmbH - weitergeleitet.
2
Mit der Klage macht die Klägerin die Rückabwicklung der von der Beklagten finanzierten Beteiligung an der Fondsgesellschaft geltend. Sie hat das Rückabwicklungsbegehren zunächst auf einen Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz gestützt. Später hat sie noch geltend gemacht (dies nach einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis), dass der Darlehensvertrag der Formanforderung des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG (Angabe des Gesamtbetrags aller vom Kreditnehmer zur Tilgung des Kredits und zur Tilgung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen) nicht entspreche und daher gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig sei. Der Darlehensvertrag und der mit dem Darlehen finanzierte Fondsbeitritt, so meint die Klägerin, seien ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG mit der Folge, dass das formnichtige Darlehensgeschäft nicht isoliert rückabzuwickeln sei, sondern eine Rückabwicklung des Gesamtgeschäfts zu erfolgen habe dergestalt, dass die Beklagte Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteiligung die bisherigen Zinszahlungen zu erstatten hat - nach Abzug der laufenden Gewinnausschüttungen der Fondsgesellschaft und in Euro umgerechnet insgesamt 3.054,46 EUR - und weitere Zahlungen aus dem Darlehensvertrag (künftige Zinsen; Darlehensrückzahlung) nicht mehr verlangt werden können. Dazu, dass der Darlehensvertrag und der Erwerb der Fondsbeteiligung ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG seien, trägt die Klägerin vor, dass die Fondsinitiatoren und die Beklagte sich derselben Vermittlungsbeauftragten bedient hätten: der ...-Firmengruppe, die wiederum Untervermittler auf Provisionsbasis eingesetzt habe, im vorliegenden Fall den im Land Brandenburg wohnhaften Untervermittler J. M.. Herr M. habe ihr bei den Vermittlungsgesprächen zunächst einen formlosen Eintrittsantrag und eine für das Kreditinstitut bestimmte Selbstauskunft vorgelegt, die er dann über den ... der Beklagten zugeleitet habe. Er habe mit ihr die Finanzierung im Einzelnen besprochen und habe die Beklagte als Finanzierungsinstitut vorgeschlagen. Später habe er die Unterzeichnung der von der Beklagten übermittelten unterschriftsreifen Vertragsentwürfe veranlasst (Darlehensvertrag, Gehaltsabtretung, Abtretung der Lebensversicherungsansprüche, Verpfändung des Fondsanteils) und habe die Unterlagen an die Beklagte zurückgeschickt. Sie (die Klägerin) habe mit der Beklagten keinen unmittelbaren Kontakt gehabt.
3
Die Klägerin, die zunächst einen Zinsrückzahlungsanspruch in Höhe von 2.386,07 EUR geltend gemacht und diese Forderung später auf 3.054,46 EUR erweitert hat, hat zuletzt die Anträge gestellt,
4
1. die Beklagte zu verurteilen,
5
a) an die Klägerin 3.054,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2005 zu zahlen,
6
b) zu erklären, dass sie,
7
aa) die ihr abgetretenen Lohn- oder Gehaltsansprüche der Klägerin gegenüber der Stadt Berlin,
8
bb) die ihr abgetretenen Rechte und Ansprüche der Klägerin aus den mit der V. Versicherung abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen zu den Nummern
T6757371.4 und VL7332747.4
9
an die Klägerin zurückabtritt,
10
c) den Versicherungsschein über die zwischen der Klägerin und der V. Versicherung abgeschlossenen Lebensversicherungen zu den Nummern
T6757371.4 und VL7332747.4
an die Klägerin herauszugeben,
11
die Verurteilungen gemäß a) bis c) Zug um Zug gegen Übergabe einer schriftlichen Erklärung an die Beklagte, dass die Klägerin der Beklagten ihren Gesellschaftsanteil an der A. GbR 10 abtritt,
12
2. festzustellen, dass der Beklagten aus dem mit der Klägerin geschlossenen Darlehensvertrag vom 26.9.1997, Kontonummer 621 287 697, abgesehen von den gemäß dem vorstehenden Tenor Ziff. 1 zurückzuzahlenden Zinsen (Zinsen, die die Klägerin bis einschließlich Oktober 2005 gezahlt hat) keine weiteren Rechte zustehen (Zahlung weiterer, nach dem 31.10.2005 fälliger Zinsen; Zahlung des Darlehensbetrages am Ende der Darlehenslaufzeit).
13
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
14
Sie hält das Rückabwicklungsbegehren für unbegründet. Soweit die Klage auf das Haustürwiderrufsgesetz gestützt ist, bestreitet sie, dass eine Haustürsituation vorgelegen habe, und ferner, dass das diesbezügliche Verhalten des Vermittlers ihr zuzurechnen sei, sowie, dass die etwaige Haustürsituation zu Beginn der Verhandlungen für den späteren Darlehensvertrag noch ursächlich gewesen sei. Ferner macht sie geltend, dass die Klägerin über ihr Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden sei, weshalb die einwöchige Widerrufsfrist gemäß § 1 Abs. 1 HaustürWG gelte. Hinsichtlich der behaupteten Vertragsnichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 i. Verb. m. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG beruft sich die Beklagte u. a. darauf, dass im Darlehensvertrag ein Gesamtbetrag der Kreditkosten angegeben sei und dass, wenn dieser Betrag die laufend zu zahlenden Lebensversicherungsprämien nicht enthält (darauf hatte das Gericht hingewiesen), dies nicht zu einer fehlenden Angabe des Gesamtbetrags führe, wie in § 6 Abs. 1 VerbrKrG vorausgesetzt, sondern nur zu einer fehlerhaften Angabe. Weiter macht sie geltend, dass eine etwaige Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG durch die Auszahlung der Darlehensvaluta an den Treuhänder, der die Einlagesumme an die Fondsgesellschaft weitergeleitet hat, gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG geheilt worden sei. Die Beklagte stellt auch in Abrede, dass der Fondsbeitritt und das Darlehen ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG seien. Sie habe sich nicht der von der Fondsgesellschaft eingeschalteten Vermittler bedient. Vielmehr habe die Klägerin den Vermittler beauftragt, mit einem Kreditinstitut Verbindung aufzunehmen. Zur Höhe der Rückzahlungsforderung wendet die Beklagte ein, dass die Klägerin die sich aus dem Anlagegeschäft ergebenden Steuervorteile nicht berücksichtigt habe.
15
Das Gericht hat Herrn J. M. als Zeugen vernommen.
16
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2005 und auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
17
Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die Rückabwicklung der kreditfinanzierten Beteiligung an der A.-Immo-10-GbR sowohl nach dem Haustürwiderrufsgesetz als auch wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 i. Verb. m. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG verlangen.
18
1. Die Voraussetzungen eines wirksamen Widerrufs der Darlehensvertragserklärung der Klägerin nach dem Haustürwiderrufsgesetz (hier anwendbar in der bis zum 30.9.2000 gültigen Fassung) sind gegeben.
19
a) Die Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes finden auf den Darlehensvertrag der Parteien Anwendung, obwohl der Vertrag zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllt und § 5 Abs. 2 HWiG für diesen Fall grundsätzlich bestimmt, dass ausschließlich die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes anzuwenden sind. Der Bundesgerichtshof legt § 5 Abs. 2 HWiG im Anschluss an das zur Haustürgeschäftsrichtlinie 85/577/EWG ergangene Urteil des EuGH vom 13.12.2001 - C-481/99 -, NJW 2202, 281 richtlinienkonform dahin aus, dass Kreditverträge nicht zu den Geschäften gehören, die im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG „die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz“ erfüllen, soweit das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht einräumt wie das Haustürwiderrufsgesetz (BGH, Urt. v. 9.4.2002 - XI ZR 91/99 - BGHZ 150, 249; Urt. v. 10.9.2002 - XI ZR 151/99 - NJW 2003, 199; Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 334 f.; Urt. v. 14.6.2002 - II ZR 395/ 01 - BGHZ 159, 281, 283). Ein solches Zurückbleiben des Verbraucherkreditgesetzes hinter dem Haustürwiderrufsgesetz, das zum Ausschluss der Subsidiarität des Haustürwiderrufsgesetzes führt, hat der Bundesgerichtshof bejaht im Hinblick auf den Ausschluss des Widerrufsrechts bei Realkreditverträgen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG (BGHZ 150, 249; NJW 2003, 199; BGHZ 152, 331, 334 f.) und im Hinblick auf die einschränkende Bestimmung des § 7 Abs. 3 VerbrKrG, dass das Widerrufsrecht nach Empfang des Darlehens erlischt, wenn der Kreditnehmer das Darlehen nicht binnen zweier Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt (BGHZ 159, 281, 288). Im Streitfall kommen diese beiden Widerrufsbeschränkungen zwar nicht zur Anwendung; denn es liegt weder ein Realkreditvertrag gemäß § Abs. 2 Nr. 3 VerbrKrG vor, noch kommt § 7 Abs. 3 VerbrKrG zum Zuge, da das Darlehen und der durch das Darlehen finanzierte Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 und 4 VerbrKrG bilden (nachstehend unter I 3 b) und in diesem Fall § 7 Abs. 3 VerbrKrG nicht anwendbar ist (§ 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG). Es verbleibt aber noch die weitere beim Haustürwiderruf nicht vorgesehene Beschränkung, die für das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz gilt, dass nämlich das Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG spätestens ein Jahr nach Abgabe der Darlehensvertragserklärung des Kreditnehmers erlischt (vgl. dazu, dass § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG auf das Haustürwiderrufsrecht auch nicht analog anwendbar ist BGH, Urt. v. 18.10.2004 - II ZR 352/04 - NJW-RR 2005, 180). Wegen dieses Zurückbleibens der Verbraucherkreditgesetzes gegenüber den haustürgeschäftlichen Regelungen greift die Ausschlussvorschrift des § 5 Abs. 2 HaustürWG auch im vorliegenden Fall nicht ein, und die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes finden Anwendung.
20
b) Gemäß § 1 HWiG besteht ein Widerrufsrecht, wenn die Vertragserklärung des Kunden durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist und die Verhandlungen, auf denen der Abschluss des Vertrages beruht, nicht auf vorhergehende Bestellung des Kunden geführt worden sind. Dieser Tatbestand ist hier gegeben.
21
Wie der als Zeuge gehörte Vermittler M. glaubhaft angegeben hat, hat er die Klägerin (die er schon in den beiden Vorjahren in Vermögensangelegenheiten beraten hatte, ohne dass es zu einem konkreten Geschäftsabschluss gekommen war) in der ersten Septemberhälfte 1997 angerufen und mit ihr ein Beratungsgespräch in der Wohnung der Klägerin für den 16.9.1997 vereinbart. Bei dem Gespräch am 16.9.1997, in dem es um Vermögensanlage und Altersvorsorge ging, schlug er die darlehensfinanzierte Beteiligung an der A.-Immo-10-GbR vor. Vor dem Gespräch hatte er sich bei der Allgemeine Immobilien- und Service-Gesellschaft mbH (A. I. M. S.), der für das vorliegende Objekt zuständigen Vertriebsgesellschaft der ...-Gruppe - die ...-Gruppe war von den Fondsinitiatoren mit dem Vertrieb der A.-Immo-Beteiligungen beauftragt worden -, erkundigt, dass die Beklagte das Objekt geprüft hatte und bereit war, Beteiligungen an dem Fonds zu finanzieren. Er hatte auch die aktuellen Darlehenskonditionen der Beklagten in Erfahrung gebracht, mit denen er am 16.9. die Sache mit der Klägerin durchrechnete. Herr M. veranlasste die Klägerin, eine Beitrittserklärung zu unterzeichnen und füllte mit ihr zusammen eine „Selbstauskunft zur Beantragung der Finanzierung“ aus, die er über die A. I. M. S. der Beklagten zuleitete. Die Beklagte prüfte die gewünschte Finanzierung und machte am 26.9.1997 (einem Freitag) die das Darlehen betreffenden Erklärungen und Unterlagen fertig (Darlehensvertrag, Abtretung der Rechte aus den Lebensversicherungen, Gehaltsabtretung, Verpfändung der A.-Immo-Beteiligung), die zur Unterzeichnung nach Berlin geschickt wurden (ob an die Klägerin oder an den Vermittler M., war den Beteiligten nicht mehr erinnerlich). Am Montag, dem 29.9.1997, wurde die Vertragserklärung der Klägerin, dass sie der Immobilienfondsgesellschaft beitritt, notariell beurkundet. Der Notartermin war von Herrn M. vereinbart worden, nachdem er über die A. I. M. S. telefonisch erfahren hatte, dass die Fondsgesellschaft und die Beklagte das Geschäft genehmigt hatten. Unmittelbar vor dem Termin oder kurz danach (dies konnte der Zeuge M. nicht mehr genau angeben) wurden der Darlehensantrag und die sonstigen von der Beklagten übersandten Schriftstücke entsprechend den Erläuterungen von Herrn M. von der Klägerin unterzeichnet (wie die Klägerin angibt, ebenfalls in ihrer Wohnung). Herr M. schickte die Unterlagen an die Beklagte zurück, die dann mit Schreiben vom 17.10.1997 der Klägerin die für sie bestimmten Durchschriften übersandte.
22
Der vorstehende Sachverhalt ergibt, dass die dem Darlehensvertrag vorangehenden Vermittlungsverhandlungen am 16.9.1997 Verhandlungen in einer „Haustürsituation“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG waren und dass durch sie die Klägerin zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung Ende September oder Anfang Oktober 1997 bestimmt worden ist. Letzteres, das Bestimmtsein zum Abschluss des Darlehensvertrages durch die Haustürgeschäfts-Verhandlungen am 16.9.1997 wird von der Beklagten zu Unrecht bestritten.
23
aa) Die Tatbestandsvoraussetzung, dass der Kunde durch die Haustürgeschäfts-Situation gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG zu der Vertragserklärung „bestimmt“ worden ist, bringt - ähnlich wie das Bestimmtsein durch eine arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung gemäß § 123 Abs. 1 BGB - das Erfordernis des Kausalzusammenhangs zwischen der besonderen Haustürgeschäfts-Situation und der Abgabe der Vertragserklärung zum Ausdruck. Ausreichend ist eine Mitursächlichkeit. Es ist nicht erforderlich, dass die besonderen Umstände der ersten Kontaktaufnahme die entscheidende Ursache darstellen; es genügt, dass sie einen unter mehreren Beweggründen ausmachen, sofern nur ohne sie der später geschlossene Vertrag nicht oder nicht so wie geschehen zustandegekommen wäre. Auch ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen Verhandlungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG und der Vertragserklärung wird vom Gesetz nicht gefordert (BGH, Urt. v. 16.1.1996 - XI ZR 116/95 - BGHZ 131, 385, 392; Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 460/02 - NJW-RR 2004, 1126; Urt. v. 8.6.2004 - XI ZR 167/02 - NJW 2004, 2744; Urt. v. 18.10.2004 - II ZR 352/02 - NJW-RR 2005, 180, 181). Bei alledem ist die tatsächliche Vermutung, dass die Abgabe der Vertragserklärung auf den besonderen Umständen der ersten Kontaktaufnahme beruht, umso stärker, je kürzer der zeitliche Abstand zwischen beiden ist (BGHZ 131, 392).
24
bb) Im Streitfall lag zwischen den Haustürgeschäfts-Verhandlungen am 16.9.1997 und der Abgabe der Darlehensvertragserklärung Ende September/Anfang Oktober 1997 nur der verhältnismäßig kurze Zeitraum von etwa zwei Wochen. Noch entscheidender ist, dass die Klägerin gleich am 16.9.1997 eine formularmäßige „Beitrittserklärung“ unterzeichnet hat, in der es heißt:
25
„Ich/Wir schließe/n mit dem Treuhänder, Herrn Dipl.-Kfm. E. B., ... den Treuhandvertrag in dem Umfang und Wortlaut ab, wie dieser als Anlage Nr. 4 der Basisurkunde (Emissions-Prospekt Teil 2) abgedruckt ist. Gleichzeitig erteilen wir die dort enthaltene Vollmacht in deren Umfang und Wortlaut.
26
Ich/Wir erkenne/n den im Emissions-Prospekt Teil 2 abgedruckten Gesellschaftsvertrag, samt der darin enthaltenen Vollmachten für die Geschäftsführung der A. IMMO GbR 10 als Bestandteil dieser Beitrittserklärung verbindlich an und bestätige/n den zweiteiligen Emissions-Prospekt erhalten zu haben.
27
Ich/Wir verpflichte/n mich/uns, die notariell beurkundeten Vertragsangebote zum Beitritt in die Gesellschaft und auf Abschluß eines Treuhandvertrages nachzureichen.“
28
Durch die Unterzeichnung dieser Erklärung musste sich die Klägerin rechtlich gebunden fühlen. Und eine solche rechtliche Bindung bestand auch tatsächlich. Denn der Eintritt in die Fondsgesellschaft bedurfte nicht der notariellen Beurkundung (Palandt, BGB, 65. Aufl., § 311b Rn. 9), und rechtliche Überlegungen, wie lange eine einseitige, vom Vertragsgegner nicht sofort angenommene Verpflichtungserklärung gemäß § 147 Abs. 2 BGB bindend ist, werden von einem juristischen Laien, jedenfalls zunächst, nicht angestellt. Der Abschluss des Darlehensvertrages mit der Beklagten ist in der Erklärung vom 16.11.1997 noch nicht genannt. Da die Beklagte aber die einzuzahlenden 30.000 DM nicht in bar besaß, war die Darlehensaufnahme zwingend, wobei als Kreditinstitut von vornherein nur die Beklagte im Gespräch war und die Klägerin keine andere Bank kannte, die zur Finanzierung der A.-IMMO-Beteiligung bereit war.
29
cc) Die Beklagte beruft sich auf von ihr vorgelegte Entscheidungen von Oberlandesgerichten, die in Fällen eines kürzeren Zeitraums zwischen haustürgeschäftlichen Erstverhandlungen und Darlehensvertrag den Kausalzusammenhang verneint haben, wenn vor der Darlehensvertragserklärung das zu finanzierende Anlagegeschäft notariell beurkundet worden ist, wobei mit § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG (kein Widerspruchsrecht, wenn die Willenserklärung von einem Notar beurkundet worden ist) argumentiert wird (OLG Jena, Urt. v. 8.1., 13.1. und 18.5.2004 - 5 U 101/03, 5 U 250/03 und 5 U 893/03; OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.4.2004 - 16 U 25/03; KG, Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 29.11.2005 - 21 U 49/04). Abgesehen davon, dass vorliegend nicht mehr eindeutig zu klären sein dürfte, ob die Darlehensvertragserklärung von der Klägerin vor oder nach der notariellen Beurkundung des Beitritts zur Fondsgesellschaft unterzeichnet worden ist, kann der Rechtsansicht, die in den genannten Oberlandesgerichtsentscheidungen vertreten wird, nicht gefolgt werden (ebenso im Ergebnis BGH, Urt. v. 21.1.2003 - XI ZR 125/02 - ZIP 2003, 432, 433). Die notarielle Beurkundung schließt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG den Widerruf nur hinsichtlich derjenigen Willenserklärung aus, die notariell beurkundet worden ist, und das war vorliegend nur die Übernahme der Gesellschafterbeteiligung, nicht auch die Darlehensvertragserklärung. § 1 Abs. 2 Nr.3 HWiG über seinen Wortlaut hinaus irgendwie erweiternd oder mittelbar anzuwenden, besteht kein Anlass. Dies nicht nur, weil ein lediglich den Sacherwerb beurkundender Notar keinen Anlass hat, aufklärende Hinweise auch zu der etwa notwendigen Finanzierung zu geben, sondern auch und vor allem, weil § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG eine rechtspolitisch verfehlte, an den tatsächlichen Verhältnissen vorbeigehende Vorschrift ist. Bei darlehensfinanzierten Immobilienerwerbs- oder -beteiligungsgeschäften, die in einer Haustürsituation angebahnt wurden, bieten Beurkundungen durch Notare, die der Immobilienverkäufer oder die Fondsinitiatoren oder die von diesen beauftragten Vermittler ausgesucht haben (im Fachjargon als „Mitternachtsnotare“ bezeichnet, vgl. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427, 431), keinerlei Gewähr, dass der vom Haustürvermittler überfahrene Kunde, der die erheblichen Risiken des Geschäfts im Regelfall nicht ermessen kann, vom Notar aufgeklärt und beraten und insoweit ein hinreichendes Gegengewicht gegen die Haustürgeschäfts-Überrumpelung geschaffen wird (vgl. Gallois, BB 1990, 2062, 2063 ff.). Bezeichnend für die Situation im vorliegenden Fall ist, dass die Klägerin sich ausweislich der vorgelegten notariellen Urkunde damit einverstanden erklärt hatte, dass die Beurkundung „im Rahmen einer Sammelbeurkundung gemeinsam mit vier weiteren Beurkundungen“ erfolgt.
30
dd) Bei den darlehensfinanzierten Immobilienerwerbs- und -beteiligungsgeschäften, die als Haustürgeschäfte angebahnt werden, ist im Übrigen ganz allgemein davon auszugehen, dass das Bestimmtsein der endgültigen Vertragserklärungen durch die Besonderheiten der Haustürgeschäfts-Anbahnung auch dann zu bejahen ist, wenn zwischen der ersten Werbung und dem Abschluss des Vertrages ein längerer, u. U. mehrmonatiger Zeitraum liegt. Die genannten Immobiliengeschäfte unterscheiden sich nämlich von den normalen Haustürgeschäften in einem wesentlichen Punkt. Die üblichen Haustürgeschäfte sind, was den Vertragsgegenstand und -inhalt betrifft, Geschäfte, die dem Kunden geläufig sind; es handelt sich im allgemeinen um Gebrauchsgüter- oder Verbrauchsgüterkaufverträge oder übliche Werkverträge, die auch von den weniger Geschäftsgewandten - das ist normalerweise die Kundschaft der Haustürgeschäfte (vgl. die amtl. Begr. zum HaustürWG, BT-Drucks. 10/2876 S. 6) - in gleicher oder ähnlicher Art immer wieder geschlossen werden. Das aber bedeutet: Das Defizit aufgrund der haustürgeschäftlichen Werbung hinsichtlich geschäftsvorbereitender Überlegungen und Prüfungen, verglichen mit dem normalen, eigeninitiierten Geschäftsabschluss, verringert sich bei diesen der Art nach bekannten Geschäften, wenn nach der haustürgeschäftlichen Erstwerbung eine Überlegungspause eingeschaltet wird, in der die Sache nochmals überdacht und im Rahmen der vorhandenen Erfahrung Qualität und Preiswürdigkeit des Haustürangebots überprüft werden kann, und der Kunde kontrahiert, wenn später der Vertrag geschlossen wird, kaum weniger informiert und eigenbestimmt, als wenn er von vornherein von sich aus die Dinge in Gang gebracht und den Verkäufer aufgesucht hätte. Und bei diesen Gegebenheiten konnte der Gesetzgeber, der derartige Alltagsgeschäfte als Haustürgeschäfte vor Augen hatte, das dem Kunden eingeräumte Widerrufsrecht zeitlich begrenzen, und es ist entsprechend die tatsächliche Vermutung gerechtfertigt, dass das Bestimmtsein des Geschäftsabschlusses durch die Besonderheiten der haustürgeschäftlichen Werbung nach einer gewissen Zeitspanne nicht mehr anzunehmen ist. Ganz anders verhält es sich in dieser Hinsicht aber bei den auf Kreditbasis geschlossenen Immobiliengeschäften, die als Haustürgeschäfte zustande kommen. Diese Geschäfte liegen gänzlich außerhalb des Horizonts des normalen Haustürgeschäftkunden. Sie sind komplex und setzen ein erhebliches, außerhalb der Alltagsgeschäfte liegendes Erfahrungswissen voraus, das auch weit über das Wissen bei einfachen Vermögensanlagen (Spar- oder Bausparverträge, Lebensversicherungen, Erwerb verhältnismäßig risikofreier Wertpapiere) hinausgeht. Wer hier geschäftlich agieren und imstande sein will, die Vor- und Nachteile einigermaßen vernünftig abzuwägen und die Risiken zu beurteilen, braucht ein Minimum an Immobilienmarkterfahrung, übliche Vermieterkenntnisse, Erfahrungen hinsichtlich Miteigentümer- oder Gesellschafterbeteiligungen bei derartigen Publikumsgesellschaften oder -immobiliengemeinschaften, ferner ein Minimum an Kenntnissen hinsichtlich Finanzierungen (vor allem auch im Hinblick auf die komplizierten mehrgleisigen Finanzierungen, die bei derartigen Vermögensanlagen ohne Eigenkapital weithin angeboten werden) und ein gewisses Abschätzenkönnen der steuerlichen Folgen. Da dem Haustürgeschäftskunden dies alles völlig fern liegt und unzugänglich ist, ergibt sich bei der Frage des Kausalzusammenhangs zwischen erster Haustürgeschäftswerbung und späterem Vertragsschluss: Erstens: Das Geschäft ist bei diesen Kunden nur als Haustürgeschäft denkbar; aus eigener Initiative, d. h. ohne haustürgeschäftliche Werbung würden sie sich niemals an derartige spekulative Vermögensanlagen, die sie nicht im Entferntesten beurteilen können, heranwagen. Und zweitens: Auch ein nachträgliches Aufholen des bei Haustürgeschäften üblichen ersten Wissens- und Überlegungsdefizits innerhalb der Zeitspanne bis zur endgültigen Vertragserklärung scheidet bei diesen Geschäften aus; denn es fehlen alle Voraussetzungen, sich nachträglich ergänzend zu informieren und dadurch „schlauer“ zu werden. Neues ergibt sich erst, und erst dann merkt der Haustürgeschäfts-Immobilienanleger etwas, wenn später beim Anlageobjekt die Dinge schief laufen oder wenn sich im Hinblick auf die eigene persönliche und wirtschaftliche Situation die Finanzbelastung auf die Dauer als inadäquat erweist. Das heißt: Dass die Haustürgeschäftswerbung conditio sine qua non und wesentlich mitbestimmend im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG für den Vertragsabschluss ist, ist im Regelfall auch noch nach längerer Zeit zu bejahen.
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c) Sind die haustürgeschäftlichen Verhandlungen nicht vom Leistungsanbieter selbst (hier: der Beklagten), sondern über einen Vermittler geführt worden, ist nach herrschender Auffassung, insbesondere auch nach der Rechtsprechung des XI. und des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, für die Anwendung des § 1 HWiG erforderlich, dass die haustürgeschäftlichen Verhandlungen dem vertragsschließenden Unternehmen „zuzurechnen“ sind, wobei auf die Grundsätze abgestellt wird, die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB entwickelt worden sind (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01 - ZIP 2003, 22, 24 f. = NJW 2003, 424, 425; Urt. v. 15.7.2003 - XI ZR 162/00 - ZIP 2003, 1741, 1743; Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 460/02 - ZIP 2004, 500, 502; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 281, 285 und öfter). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen; dass die Haustürsituation dem Unternehmen als Empfänger der Vertragserklärung des Kunden entsprechend § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB zuzurechnen ist, ist nach dem Gesetz nicht notwendig (ebenso für die EG-Haustürgeschäfts-Richtlinie 85/577/EWG: EuGH, NJW 2005, 3555, Abschn. 41 - 44). Der Wortlaut des § 1 HWiG stellt nur auf die objektiv bestehende Haustürgeschäftssituation ab, und auch die Auslegung nach dem objektiven Sinn und Zweck der Vorschrift führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB, den der Bundesgerichtshof heranzieht, geht es um die Zurechnung eines unrechtmäßigen Verhaltens, das nach dem Gesetz Voraussetzung für die Anfechtung aufgrund eines Motivirrtums ist, der normalerweise rechtlich unbeachtlich ist und den Bestand des Vertrages nicht in Frage stellt. Ein solches unrechtmäßiges Verhalten spielt bei der Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes keine Rolle. Vielmehr steht hier der Schutz vor übereilten Geschäften in Frage, weil das Gesetz den Kunden, der in der Haustürsituation eine Willenserklärung abgibt, ähnlich behandelt wie einen, der zunächst nicht im Vollbesitz der für eine privatautonome rechtsgeschäftliche Bindung notwendigen Kenntnisse und Eigeninteressenwahrnehmungsmöglichkeiten ist, also quasi wie einen beschränkt Geschäftsfähigen, bei dem es ebenfalls nur auf die objektive Situation und nicht darauf ankommt, ob der Vertragsgegner die beschränkte Geschäftsfähigkeit kennt oder kennen muss. Eindeutig unzutreffend ist im übrigen, wenn der Bundesgerichtshof in der Entscheidung ZIP 2003, 22, auf Seite 25 bei seiner Argumentation darauf verweist, das Erfordernis der Zurechnung einer Haustürsituation nach den Grundsätzen des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB finde eine Stütze in der amtlichen Begründung des Haustürwiderrufgesetzes, wo zur Auslegung des § 1 HWiG ausdrücklich auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 123 BGB verwiesen werde. In der genannten amtlichen Begründung (BT-Drucks. 10/2876 S. 11; abgedruckt auch in ZIP 1985, 376 ff.) wird zwar § 123 BGB erwähnt, aber nur § 123 Abs. 1, der die beiden Anfechtungstatbestände arglistige Täuschung und Drohung enthält, während die Zurechnung eines rechtswidrigen Drittverhaltens in § 123 Abs. 2 Satz 1 geregelt ist und die diesbezügliche Regelung nur für die arglistige Täuschung gilt. Außerdem wird § 123 Abs. 1 BGB in der amtlichen Begründung nur im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal „bestimmt worden ist“ erwähnt, bei dem es um die Kausalität der Täuschung oder Drohung geht (vgl. Palandt, BGB, § 123 Rn. 24), nicht um die Zurechnung des Verhaltens eines Dritten.
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2. Bei einem Haustürgeschäft, das im Streitfall nach alledem vorliegt, wird die Vertragserklärung des Kunden erst wirksam, wenn der Kunde sie nicht binnen einer Woche schriftlich widerruft (§ 1 Abs. 1 HWiG ). Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn die andere Vertragspartei dem Kunden eine drucktechnisch deutlich gestaltete schriftliche Belehrung über sein Recht zum Widerruf einschließlich Namen und Anschrift des Widerrufsempfängers sowie der Bestimmung des Satzes 1 (zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung) ausgehändigt hat (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG ). Die Belehrung darf keine anderen Erklärungen enthalten und ist vom Kunden zu unterschreiben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG ). Vorliegend ist der Anforderung, dass die Belehrung keine anderen Erklärungen enthalten darf, nicht genügt, weswegen die einwöchige Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt worden ist. Die von der Beklagten unterschriebene Belehrung über ihr Widerrufsrecht (Anlage B 12, 4. Blatt unterer Teil) enthält nämlich außer dem Belehrungstext gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 HWiG noch die beiden Sätze, die etwas kleiner gedruckt sind:
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„Im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts kommt auch das finanzierte Geschäft nicht wirksam zustande.
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Im gleichen Umfang kann der Mithaftende seine Mithaftungserklärung widerrufen, soweit diese nicht im Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit steht.“
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Der erste dieser beiden Sätze gibt die Rechtslage bei einem Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 1 VerbrKrG, wenn Kreditvertrag und finanziertes Geschäft ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG sind, wieder (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG). Dieselbe Rechtsfolge (Nichtzustandekommen auch des finanzierten Geschäfts bei Widerruf der Darlehensvertragserklärung) gilt aber entsprechend - insoweit ist § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG analog anzuwenden -, wenn die Darlehensvertragserklärung bei einem Verbunddarlehen gemäß § 1 HWiG widerrufen wird (vgl. nachstehend unter I 3 a), und es ist nahe liegend, auch die diesbezügliche, in § 9 Abs. 2 Satz 2 HWiG für den Verbraucherkreditgesetz-Widerruf geregelte Belehrungserweiterung bei der Belehrung über den Haustürgeschäfts-Widerruf gemäß § 2 Abs. 1 HWiG entsprechend anzuwenden. Die Frage braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn der Anforderung des § 2 Abs. 1 Satz 3 HaustürWG (keine anderen Erklärungen bei der Widerrufsbelehrung) ist vorliegend auf jeden Fall durch den hinzugefügten zweiten Satz nicht genügt: „Im gleichen Umfang kann der Mithaftende seine Mithaftungserklärung widerrufen, soweit diese nicht im Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit steht.“ Dieser Satz mag richtig und zur rechtlichen Erläuterung vielleicht nützlich sein. Aber er ist nicht notwendig, um die elementare und für jedes Verständnis wesentliche Tragweite des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung klarzustellen. Derartige, vielleicht nützliche, aber nicht zwingend erforderliche Zusätze will § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG ausschließen. Die Vorschrift will möglichst gewährleisten, dass der Kunde den essentiellen Belehrungstext wirklich liest und aufnimmt, und dieses wirkliche Lesen und Verstehen wird durch das Hinzutreten jedes weiteren Satzes gefährdet, da mehr oder weniger ein Textkonglomerat entsteht, das der Kunde, wie er es bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen gewohnt ist, aus zeitökonomischen Gründen, und weil er die juristisch-abstrakten Sätze im Zweifel doch nicht versteht, normalerweise von vornherein nicht zur Kenntnis nimmt. Insofern ist nach dem Gesetz, das hier im Interesse einer einfachen und eindeutigen Rechtsanwendung formell sein muss, schon ein einziger zusätzlicher Satz schädlich, mag er auch, wie im Streitfall, kleiner gedruckt sein, als der in § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG vorgeschriebene Belehrungstext.
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Dass die erteilte Widerrufsbelehrung der Anforderung des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG nicht entspricht, hat zur Folge, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag zu keinem Zeitpunkt wirksam geworden ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Nichtbeachtung der Vorschrift darauf beruht, dass bei Abschluss des Darlehensvertrages § 5 Abs. 2 HWiG nach herrschender Auffassung entsprechend seinem Wortlaut dahin ausgelegt wurde, dass das Haustürwiderrufsgesetz bei Verbraucherkrediten keine Anwendung findet, und die jetzige restriktive Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG im Hinblick auf die EG-Haustürgeschäfts-Richtlinie (vgl. vorstehend unter 1 a) erst seit dem BGH-Urteil vom 9.4.2002 - XI ZR 91/99 - BGHZ 150, 249 gilt (BGH, Urt. v. 8.6.2004 - XI ZR 167/02 - NJW 2004, 2744 f.; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 280, 287).
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3. Die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages, der nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen worden ist, sind unterschiedlich je nachdem, ob Darlehen und darlehensfinanziertes Geschäft ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG sind oder nicht.
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a) Liegt ein verbundenes Geschäft vor, so erfolgt die Darlehensrückabwicklung nicht isoliert derart, dass der Kreditnehmer gemäß § 3 Abs. 1 Satz HWiG die bisher bezahlten Zinsen zurückfordern kann, während die Bank Anspruch auf die Darlehenssumme hat und für die Zeit, für die der Kreditnehmer die Darlehensvaluta zur Verfügung hatte, einen Nutzungsersatz gemäß § 3 Abs. 3 HWiG in Höhe marktüblicher Zinsen beanspruchen kann (vgl. BGHZ 152, 331, 335 f.). Sondern bei der Rückabwicklung werden Darlehen und finanziertes Geschäft als Einheit behandelt, so als wären die Verbundpartner - der Leistende, der beim finanzierten Geschäft die Sachleistung erbracht hat, und der Darlehensgeber - ein und dieselbe Person und als hätten sie ihre Leistung im Rahmen eines einzigen Vertrages erbracht, der nunmehr als unwirksam behandelt wird. War das im Verbund finanzierte Geschäft eine Beteiligung an einem Immobilienfonds und wird die Gesamtrückabwicklung nach Auszahlung der Kreditsumme an die Fondsgesellschaft gegenüber dem Darlehensgeber geltend gemacht (letzteres entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 4 VerbrKrG), bedeutet dies: Vom Anleger empfangen und nunmehr zurückzugewähren ist nicht das Darlehen, sondern die Fondsbeteiligung, die er, samt den gezogenen Nutzungen (Gewinnausschüttungen der Fondsgesellschaft), an die Bank herauszugeben hat, während er selbst von seinen noch nicht erbrachten Leistungen - spätere Zahlung der Kreditsumme; Zahlung der künftig fälligen Zinsen - frei wird und die schon erbrachten Leistungen (die bisher gezahlten Zinsen) zurückfordern kann. Diese typische Verbundabwicklung, d. h. die einheitliche Unwirksamkeitsbehandlung von Sachleistungs- und Darlehensvertrag und die Zusammenfassung der Verträge bei den zurückzugewährenden Leistungen, hat, soweit der Unwirksamkeitsgrund das Darlehen betrifft, ihren gesetzlichen Ausdruck in § 9 Abs. 2 VerbrKrG gefunden; danach ist bei einer gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG noch widerruflichen Darlehensvertragserklärung auch das finanzierte Geschäft, solange der Darlehensvertrag widerruflich ist, nicht als wirksam zu behandeln, und bei der Rückabwicklung tritt in diesem Fall, wenn der Kreditbetrag dem Sachleistungsunternehmer zugeflossen ist, der Kreditgeber in die Rechte und Pflichten des Sachleistungsunternehmers ein. § 9 Abs. 2 VerbrKrG ist aber Ausdruck eines übergreifenden, der Verbundregelung des Verbraucherkreditgesetzes zugrunde liegenden Rechtsgedankens: Der Zweck der das Darlehen betreffenden Unwirksamkeitsnorm, soweit diese dem Schutz des Verbrauchers dient und ihn vor der Vertragsbindung bewahren soll, würde vielfach nicht erreicht, und der Verbraucher könnte die Unwirksamkeitsrechtsfolgen nicht in freier Entscheidung geltend machen, wenn er isoliert zur Darlehensrückzahlung verpflichtet wäre und sich seine Rechte und Pflichten gegenüber dem Vertragspartner des finanzierten Geschäfts unabhängig von der das Darlehen betreffenden Unwirksamkeitsregelung bestimmen würden, dies trotz der gesetzlichen Regelung und Wertung des § 9 VerbrKrG, dass die formelle, in der Regel einem wirtschaftlich unterlegenen Vertragspartner offerierte Aufspaltung in zwei Verträge, während aus der Sicht des Verbrauchers die Leistungen des Sachleistungsunternehmers und des Darlehensgebers als einheitliche Leistung erscheinen, eine - gemessen an den Gegenseitigkeits- und Zug-um-Zug-Regelungen der normalen, einvertraglichen Vertragsbeziehung - unbillige Benachteiligung des Verbrauchers bedeutet. „Der Verbraucher“, so heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 9 VerbrKrG (bezogen auf den Fall, dass der im Verbundgeschäft finanzierte Vertrag ein Kaufvertrag ist), „soll durch die rechtliche Aufspaltung nicht schlechter gestellt werden, als wenn ihm - wie bei einem einfachen Abzahlungskauf - nur ein Vertragspartner gegenüberstünde“ (BT-Drucks. 11 5462 S. 23). Dieses gesetzliche Prinzip, das der nur partiellen Regelung des § 9 Abs. 2 VerbrKrG zugrunde liegt, muss vollständig zur Anwendung gebracht werden, auch dort, und zwar im Rahmen einer Rechtsanalogie, wo das Gesetz zu eng gefasst ist und es, gemessen an der Ratio legis, nur eine Teilregelung enthält. Entsprechend diesen Erwägungen hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher, und zwar wiederum sowohl der II. Zivilsenat wie auch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, soweit über andere das Darlehen betreffende Unwirksamkeitsgründe außerhalb des § 9 Abs. 2 VerbrKrG zu entscheiden war, die typische, dem Ein-Vertrags-Prinzip folgende Verbundrückabwicklung angewandt (so für den Fall der Widerruflichkeit des Darlehensvertrages nach dem HaustürWG: BGH, Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 164/65 - BGHZ 133, 255, 259 ff.; Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 197/95 - ZIP 1996, 1943, 1944 f. = NJW 1996, 3416, 3417; Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 337 unter bb; Urt. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 281, 287 ff.; und für den Fall, dass der Darlehensvertrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und § 6 VerbrKrG unwirksam ist: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 309 ff.; BGH, Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843, 845).
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b) Im Streitfall bilden Fondsbeitritt und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG:
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aa) Ein derartiger Verbund liegt gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG vor, wenn beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, was nach Satz 2 unwiderleglich vermutet wird, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02 - BGH 156, 46, 51; Urt. v. 23.9.2003 - XI ZR 135/02 - ZIP 2003, 2011, 2013; Urt. v. 14.6. 2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 281, 289). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bereits bevor die Fondsanleger geworben wurden, hatten sich die Initiatoren des Fonds und die Beklagte wegen der Finanzierung der Fondsbeteiligungen zusammengetan. Die Beklagte hatte das Objekt geprüft und die Finanzierung der von den Anlegern zu erbringenden Einlagen, vorbehaltlich der Kreditwürdigkeitsprüfung im Einzelfall, grundsätzlich zugesagt. Die Geschäftsanbahnung lief über die von den Fondsinitiatoren beauftragte A.I.M.S., eine Gesellschaft der ...-Firmengruppe, die ihrerseits Untervermittler einsetzte. Die Vermittler - dies hat der Zeuge M. im einzelnen geschildert - ließen sich, wenn sie neue Kunden ansprachen, die aktuellen Kreditkonditionen der Beklagten mitteilen, anhand deren sie dann die Finanzierung erläuterten und mit dem Kunden durchrechneten. Auch die für die Kreditwürdigkeitsprüfung notwendigen persönlichen Kundendaten wurden vom ...-Untervermittler in einer „Selbstauskunft zur Beantragung der Finanzierung“ aufgenommen und über die A.I.M.S. der Beklagten übermittelt. Darüber hinaus wurden vorliegend die später von der Beklagten übersandten Vertragserklärungen (Darlehensvertrag, Abtretung der Rechte aus den Lebensversicherungen usw.) vor Ort im Beisein der Untervermittlers und von diesem erläutert von der Klägerin unterschrieben und dann vom Vermittler zurückgeschickt. Geschäftsanbahnende Kontakte unmittelbar zwischen der Beklagten, die ihren Sitz in Baden-Württemberg hat, und der in Berlin wohnenden Klägerin gab es nicht; alle notwendigen Erläuterungen gegenüber der Klägerin erfolgten durch den vor Ort eingesetzten Untervermittler. Dass gerade die Beklagte die Fondseinlage der Klägerin finanzierte, war zwar nicht unbedingt notwendig; ein anderes Kreditinstitut, das sich zur Finanzierung bei diesem Objekt bereit erklärt hatte, ist aber der Klägerin nicht benannt worden, und erst recht stand nicht in Frage, dass die Klägerin selbst sich um den notwendigen Kredit bemüht. All diese Umstände zusammengenommen erfüllen zweifelsfrei die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit von Kreditvertrag und finanziertem Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG und den in § 9 Abs. 1 Satz 2 genannten Tatbestand, dass der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient. Dass die Beklagte die von den Fondsinitiatoren eingesetzten Vermittler ihrerseits ausdrücklich beauftragt oder ihnen eine Vermittlungsvergütung bezahlt hat, ist nicht erforderlich.
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Nur am Rande sei noch darauf hingewiesen, erstens, dass die Beklagte selbst beim Abschluss des Darlehensvertrages, wie die von ihr gewählte Widerrufsbelehrung unter Berücksichtigung des § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG zeigt, von einem Verbundgeschäft ausgegangen ist, und zweitens, dass soweit die Beteiligungen an der Fondsgesellschaft finanziert wurden, die Finanzierungen - dies dürfte dem zweitletzten Absatz des Gesellschafterversammlungsprotokolls vom 23.11.2000 (Anlage K 13) zu entnehmen sein - wohl ausnahmslos durch die Beklagte erfolgten.
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bb) Die Verbundrechtsfolgen des § 9 VerbrKrG gelten gemäß § 9 Abs. 1 zunächst für den Fall, dass das finanzierte Geschäft, das mit dem Kreditvertrag eine wirtschaftliche Einheit bildet, ein Kaufvertrag ist. § 9 Abs. 4 bestimmt sodann, dass die Rechtsfolgen entsprechend für Kredite gelten, die zur Finanzierung des Entgelts für eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache gewährt werden, und in der Rechtsprechung der hier maßgebenden Senate des Bundesgerichtshofs - des II. und des XI. Zivilsenats - ist anerkannt, dass unter § 9 Abs. 4 auch der kreditfinanzierte Erwerb einer Gesellschafterbeteiligung an einem Immobilienfonds fällt (BGH, Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 164/95 - BGHZ 133, 254 und BGH, Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 197/95 - ZIP 1996, 1943 [beide Entscheidungen noch für Vertragsabschlüsse vor der Geltung des Verbraucherkreditgesetzes, als aber die Rechtsprechung bereits die § 9 VerbrKrG entsprechenden Verbundrechtsfolgen, gestützt auf § 6 AbzG, herausgearbeitet hatte]; BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02 - BGHZ 156, 46, 50; BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 280, 289; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 39302 - BGHZ 159, 295, 309 ff. und öfter).
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c) Die danach sich ergebende Verbundrückabwicklung zwischen den Parteien, d.h. dass der Darlehensgeberin wegen der Nichtigkeit des Darlehensvertrags auch eine sich daraus ergebende Unwirksamkeit des Sachleistungsgeschäfts entgegengesetzt werden darf und dass die Rückgewähr der Darlehensgeber-Leistungen durch die Rückgewähr der Leistungen aus dem Sachleistungsvertrag (Fondsbeitritt) ersetzt wird, gilt vorliegend nicht nur für das eigentliche Entgelt für den Erwerb der Fondsbeteiligung: die Gesellschaftereinlage in Höhe von 30.000 DM, sondern auch für die bei der Geschäftsanbahnung angefallene und von der Beklagten mitfinanzierte Vermittlungsprovision in Höhe von 1.500 DM, die der Klägerin von der A. Marketing und Vertriebs GmbH in Rechnung gestellt wurde. Dieses Nebenentgelt war wirtschaftlich eine Vergütung für Leistungen der Fondsinitiatoren. Die Fondsbeteiligung wurde von ihnen in der Weise „verkauft“, dass der Anleger zusätzlich an eine ihrer Gesellschaften eine „Vermittlungs-Agio“ bezahlen musste. Nach dem Schutzzweck des § 9 VerbrKrG sind solche im Konzept des Sachleistungsvertrages mit enthaltene Nebenzahlungen in die einheitlich zwischen Verbraucher und Kreditinstitut durchzuführende Verbundrückabwicklung einzubeziehen.
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II. Abgesehen von der Unwirksamkeit nach dem Haustürwiderrufsgesetz ist der Darlehensvertrag auch gemäß § 6 Abs. 1 i. Verb. m. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b VerbrKrG (das Verbraucherkreditgesetz ebenfalls anwendbar in der bis zum 30.9.2000 gültigen Fassung) nichtig.
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1. Der mit der Beklagten geschlossene Kreditvertrag genügt nicht dem Formerfordernis des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG.
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a) Nach dieser Vorschrift muss die vom Kreditnehmer unterzeichnete Vertragserklärung den Gesamtbetrag aller vom Kreditnehmer zur Tilgung des Kredits sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen angeben, wenn der Gesamtbetrag bei Abschluss des Kreditvertrags für die gesamte Laufzeit der Höhe nach feststeht; bei Krediten mit veränderlichen Bedingungen, die in Teilzahlungen getilgt werden, ist ein Gesamtbetrag auf der Grundlage der bei Abschluss des Vertrages maßgeblichen Kreditbedingungen anzugeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die nach diesen Bestimmungen vorgeschriebene Angabe des Gesamtbetrags der Kreditnehmeraufwendungen auch bei Krediten, bei denen das Darlehen bis zum Ende der Laufzeit tilgungsfrei ist, sofern an Stelle der Darlehenstilgung Versicherungsprämien für eine Kapitallebensversicherung mit laufender Prämienzahlung zu entrichten sind und die später fälligen Leistungen aus der Versicherung (die Versicherungssumme und die gutgeschriebenen Überschussbeteiligungen) nach der übereinstimmenden Vorstellung der Parteien zur gänzlichen oder teilweisen Darlehensrückzahlung verwendet werden sollen dergestalt, dass die laufenden Prämienzahlungen wirtschaftlich regelmäßigen Tilgungsleistungen an das darlehensgewährende Kreditinstitut gleichstehen (BGH, Urt. v. 18.12.2001 - XI ZR 156/01 - BGHZ 149, 302; Urt. v. 8.6.2004 - XI ZR 150/03 - BGHZ 159, 270; Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04 - ZIP 2004, 2180). Vorliegend ist eine solche lebensversicherungsfinanzierte Darlehenstilgung zwischen den Parteien vereinbart worden. Verwendet wurden die beiden bis zum 1.12.2005 bzw. 1.10.2007 laufenden Lebensversicherungen der Klägerin bei der V. Lebensversicherung AG über 9.313 DM und 10.341 DM. Die betreffenden Verträge wurden zwar nicht erst anlässlich der Finanzierung der Fondsbeteiligung der Klägerin geschlossen; sie liefen schon seit Dezember 1990 bzw. Oktober 1992. Die Versicherungen wurden aber in der Weise in die Darlehensabwicklung eingebunden, dass neben den aufgrund der bisherigen Prämienzahlungen zu beanspruchenden Leistungen auch die weiteren Versicherungsleistungen entsprechend den künftigen, ab der Darlehensaufnahme zu zahlenden Prämien für die Darlehenstilgung zu verwenden waren. In der Anlage zum Darlehensvertrag „Besondere Vereinbarungen“ wurde festgelegt, dass die Tilgung durch die Auszahlungen aus den Versicherungen erfolgt (ein verbleibender Restbetrag war aus den Eigenmitteln der Klägerin zu erbringen) und dass die Klägerin sich auch gegenüber der Beklagten verpflichtete, die weiteren Prämien an die Versicherung zu zahlen, mit dem Recht der Beklagten, bei Prämienzahlungsverzug den Darlehensvertrag zu kündigen. Zusätzlich verknüpft wurden Darlehen und Versicherungsverträge durch die Abtretung der Rechte aus den Versicherungen in Höhe erstrangiger Teilbeträge von 7.000 DM und 14.000 DM.
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b) Dass die Rechtsprechung, wenn ein tilgungsfreies Darlehen mit einer Tilgungsversicherung verbunden wird, § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG entsprechend anwendet, führt in diesen Fällen zur sinngemäßen Erweiterung der Vorschrift dahin, dass der anzugebende Gesamtbetrag der Kreditaufwendungen auch die den Aufwand erhöhenden und vermindernden Zahlungen der Lebensversicherung umfassen muss. D.h. neben der Rückzahlungssumme und den Zinsen und Kosten des Darlehens sind mit zu berücksichtigen die Versicherungsprämien und, als Abzugsposten, die zur Tilgung zu verwendende Versicherungssumme. Ob als weiterer Abzugsposten auch die dem Versicherungsnehmer gutzuschreibenden Überschussbeteiligungen in die Rechnung einzubeziehen sind - gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b Satz 2 VerbrKrG wohl angesetzt entsprechend der Ausschüttungshöhe zur Zeit des Abschlusses des Darlehensvertrages - (dies wäre folgerichtig, bedürfte für die Praxis allerdings noch der richterlichen Konkretisierung), kann hier offen bleiben. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG ist nämlich vorliegend in keinem Fall genügt, da im Darlehensvertrag zwar ein Gesamtbetrag der Kreditaufwendungen genannt ist (54.269,02 DM), dieser Betrag aber, wie bereits in der gerichtlichen Verfügung vom 6.10.2005 ausgeführt, nur die kostenrelevanten Positionen des Darlehens, nicht auch der Lebensversicherung berücksichtigt.
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c) Die Nichtberücksichtigung der Additions- und Subtraktionsbeträge, die aufgrund der Lebensversicherung anfallen, führt gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG zur Nichtigkeit des Kreditvertrages. Allerdings sieht die Vorschrift, wenn den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis f und Nr. 2 Buchst. a bis e genannten Anforderungen nicht genügt ist, die Vertragsnichtigkeit nur vor, wenn eine der nach diesen Vorschriften erforderlichen Angaben fehlt, während eine nur fehlerhafte Angabe, wie im Streitfall, grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit führt (BGH, Urt. v. 4.10.2003 - XI ZR 134/02 - NJW 2004, 154, 155 [die Entscheidung betraf den Fall der unrichtigen Angabe der Vermittlerkosten gemäß Nr. 1 Buchst. c]; Staudinger, BGB, §§ 491 - 507, Bearbeitung 2004, § 494 Rn. 9). In der Kommentarliteratur wird aber zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Nichtigkeitssanktion bei nur fehlerhaften Angaben ausnahmsweise bei schwerwiegenden Fehlern eingreift (so z.B. Ulmer, in: Münchener Kommentar BGB, 4. Aufl. § 496 Rn. 12), was Wagner-Wieduwilt (in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG, § 6 Rn. 11) für die Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b annimmt, wenn wesentliche Kostenpositionen nicht in den Gesamtbetrag eingeflossen sind. Dem ist nach Auffassung des Gerichts zu folgen, und es ist hinsichtlich der geforderten Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b die Vertragsnichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG anzunehmen, wenn, wie vorliegend, sämtliche Aufwandserweiterungs- und -minderungsposten der mit dem Darlehen verbundenen Tilgungsversicherung unberücksichtigt geblieben sind. Ohne eine solche über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Auslegung würde § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b VerbrKrG in Fällen wie hier völlig leer laufen, und der Schutzzweck der Vorschrift, dass dem Kunden die wirtschaftliche Gesamtbelastung aus der Kreditaufnahme möglichst transparent vor Augen geführt und ihm eine Basis für einen Vergleich mit Kreditangeboten anderer Kreditgeber gegeben wird, würde gänzlich verfehlt.
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2. Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG führt, soweit beiderseits Leistungen erbracht worden sind, zur Rückabwicklung gemäß §§ 812 ff. BGB. Allerdings ist auch hier, ebenso wie bei der Unwirksamkeit des Vertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz, der Verbund von Darlehen und finanziertem Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG zu beachten mit der Folge, dass die Rückabwicklung sich nicht auf die darlehensvertraglichen Leistungen beschränkt, vielmehr so erfolgt, als wären der Darlehensgeber und der Leistende des Sachleistungsgeschäfts ein und dieselbe Person und als hätten sie die Leistungen im Rahmen eines einzigen Vertrages erbracht. Die Schutzerwägungen, die § 9 VerbrKrG zugrunde liegen und die im Verbundfall auch bei einer Unwirksamkeit nach dem Haustürwiderrufsgesetz zur entsprechenden Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz VerbrKrG führen (vorstehend unter I 3 a), gelten entsprechend, soweit der Darlehensvertrag gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig ist, und führen auch hier wieder zu den Abwicklungsfolgen: Der Kreditnehmer kann die auf das Darlehen gezahlten Zinsen zurückverlangen. Abzusetzen sind die Vorteile, die er bisher aus der mit dem Darlehen finanzierten Fondsbeteiligung gehabt hat, d.h. die bisherigen laufenden Gewinnausschüttungen, die von der Fondsgesellschaft direkt an die Beklagte gezahlt wurden und von dieser beim Einzug der Zinsbeträge betragsmindernd berücksichtigt worden sind. Des weiteren ist die sicherheitshalber erfolgte Übertragung von Rechten auf die Beklagte, insbesondere die Sicherungsabtretung des Lebensversicherungsrechte, rückgängig zu machen, da wegen der Vertragsnichtigkeit zu sichernde Ansprüche der Beklagten nicht bestehen. Die Klägerin andererseits muss der Beklagten ihre Fondsbeteiligung abtreten. Diese beiderseitigen Rückgewährpflichten sind Zug um Zug zu erfüllen (vgl. BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 309; Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843, 845).
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3. Daraus, dass der Fondsbeitritt und die Darlehensgewährung ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG bilden, ergibt sich die weitere Rechtsfolge, dass die Auszahlung der Darlehensvaluta an die Fondsgesellschaft über den Treuhänder B. nicht zur Heilung der gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG anzunehmenden Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach der Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG geführt hat. § 6 Abs. 2 Satz 1 regelt, dass der Kreditvertrag in den Fällen des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 gültig wird, soweit der Kreditnehmer „das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt“. Dies liegt im Normalfall vor, nicht nur, wenn das Kreditinstitut den Darlehensbetrag an den Darlehensnehmer selbst, sondern auch, wenn es ihn auf dessen Anweisung an einen Dritten zahlt; die Anweisungszahlung ist in gleicher Weise eine Leistung im Deckungsverhältnis Anweisender / Angewiesener wie eine Zahlung an den Anweisenden, mit der dieser seinen Gläubiger im Valutaverhältnis befriedigt (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 336 f. sowie für die Frage bei der Anwendung des § 7 Abs. 3 VerbrKrG, ob der Verbraucher das Darlehen empfangen hat: BT-Drucks. 11/5462 S. 22). Etwas anderes gilt aber, wenn die Darlehensvaluta auf Anweisung des Kreditnehmers wie hier - sei es unmittelbar, sei es, wie vorliegend, mittelbar (über den Treuhänder B.) - an den Unternehmer eines Sachleistungsgeschäfts gezahlt wird, das mit dem Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG bildet. Die Besonderheit der Leistungsbeziehungen zwischen den am Verbundgeschäft Beteiligten bringt es, wie vorstehend unter I 3 und II 2 ausgeführt, mit sich, dass der Darlehensnehmer im Verhältnis zum Darlehensgeber, wenn es um die Verbundrückabwicklung geht, so behandelt wird, als habe er nicht das Darlehen, sondern die vom Unternehmer des Sachleistungsgeschäfts erbrachte Leistung empfangen (so bei der Anwendung des früheren § 1d AbzG beim Widerruf des Kreditvertrags im Falle eines verbundenen Geschäfts: BGH, Urt. v. 29.3.1984 - III ZR 24/83 - BGHZ 91, 9, 17 f.; und die vorstehend unter I 3 a bereits genannten Entscheidungen BGHZ 133, 255, 259; BGHZ 152, 331, 337 unter bb und ZIP 2004, 1402, 1404 [zu § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG] und BGHZ 159, 295, 309 sowie WM 2005, 843, 844 [zur Rückabwicklung gemäß § 812 BGB i. Verb. m. §§ 4, 6 VerbrKrG]). Damit trifft § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG schon nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht zu: der Verbraucher hat kein Darlehen empfangen und keinen Kredit in Anspruch genommen.
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Entscheidender noch ist der Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG: An sich wäre, wenn der Kreditvertrag nicht den in § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG genannten Anforderungen entspricht, die endgültige Nichtigkeit des Vertrages die sachgerechte Sanktion zur Durchsetzung des vom Gesetz (§ 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1) gewollten Verbraucherschutzes. Diese Sanktion würde aber im Einzelfall, wenn das Darlehen ausbezahlt worden ist, den Verbraucher schlechter stellen, als er bei gültigem Darlehensvertrag stünde; er müsste gemäß § 812 BGB die Darlehensvaluta alsbald an die Bank zurückzahlen (BT-Drucks. 11/5462 S. 21, erster Absatz der Begründung zu § 5) und müsste dafür einen Kredit aufnehmen, den er anderweit u. U. entweder überhaupt nicht oder nur zu ungünstigeren Bedingungen bekommt. Aus diesem Grund ist in § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG angeordnet, dass mit der Auszahlung der Darlehensvaluta die gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG zunächst geltende Nichtigkeit des Kreditvertrages geheilt wird. Die sich damit ergebende erhebliche Einschränkung der Durchsetzung des gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 und § 6 Abs. 1 VerbrKrG an sich gewollten Verbraucherschutzes ist aber dann nicht notwendig, wenn der Darlehensvertrag zusammen mit dem finanzierten Sachleistungsvertrag ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG bildet und in diesem Fall die dargestellte typische Verbundrückabwicklung eingreift, die zur vollständigen Leistungsbefreiung des Kreditnehmers gegenüber beiden am Verbundgeschäft beteiligten Vertragsgegnern führt. Da insoweit der Gesetzeszweck des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG entfällt, muss die Vorschrift entsprechend dem rechtlichen Grundsatz „cessante ratione cessat lex ipsa“ einschränkend ausgelegt werden. Einer solchen einschränkenden Auslegung lässt sich nicht etwa entgegenhalten, dass das Gesetz in § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 für gewisse Fälle der Nichterfüllung der Formerfordernisse des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1, wenn gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 die Nichtigkeit geheilt wird, Ersatzsanktionen vorsieht: im Falle der Nichtangabe des Gesamtbetrages der Kreditaufwendungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b die Ersatzsanktion, dass sich der vertraglich vereinbarte Zins auf den gesetzlichen Zinssatz ermäßigt. Diese Rechtsfolgen des § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 sind eben nur ersatzweise, dem Gesetzesverstoß weniger adäquate Sanktionen, die vom Gesetz nur notgedrungen in Kauf genommen werden; denn als erstes sieht § 6 Abs. 1 entsprechend der allgemeinen gesetzlichen Regelung bei Formverstößen (§ 125 BGB) die Nichtigkeit des Vertrages vor und lässt die sekundären Rechtsfolgen des § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 erst eingreifen, wenn mit der Auszahlung der Darlehensvaluta die Vertragsnichtigkeit normalerweise, damit der zu schützende Verbraucher nicht geschädigt wird, entfallen muss. Die restriktive Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 1 in den Fällen des Verbundgeschäfts gemäß § 9 VerbrKrG entspricht nach alledem der in § 6 Abs. 1 zum Ausdruck gekommenen Gesetzesintention, die bei der Rechtsanwendung soweit möglich zur Geltung zu bringen ist.
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Dass § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG bei Kreditauszahlungen an den Unternehmer des Sachleistungsvertrages nicht anzuwenden ist, wenn Darlehen und Sachleistungsvertrag ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG bilden, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der II. Zivilsenat hat dies speziell für den hier in Frage stehenden Fall des Erwerbs einer Immobilienfondsbeteiligung entschieden (Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 306 f.; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 407/02 - WM 2004, 1536, 1540; Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843, 844). Eine davon abweichende Rechtsprechung des XI. Zivilsenats - jedenfalls eine Rechtsprechung, die sich mit den Entscheidungen des II. Senats auseinandergesetzt hat - liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor. Im Gegenteil: In der vorstehend zitierten Entscheidung BGHZ 133, 255, 259 hat der XI. Senat für die Frage der Rückabwicklung eines nach dem HaustürWG widerruflichen Kreditvertrags ausgeführt, dass, wenn Kreditvertrag und Sachleistungsvertrag verbundene Geschäfte sind (im damals zu entscheidenden Fall galt noch nicht § 9 VerbrKrG, sondern die Vorgängervorschrift des § 6 AbzG), „empfangen“ im Sinne des § 3 Abs. 1 HaustürWG nicht das Darlehen ist, sondern die Leistung des Sachleistungsgeschäfts (damals, wie hier, eine Immobilienfondsbeteiligung), und es liegt nahe, dass der XI. Zivilsenat unter Berücksichtigung des von ihm dargelegten Grundgedankens der Verbundrückabwicklung ebenso entschieden hätte, wenn er bei der nunmehr anzuwendenden Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG die tatbestandliche Voraussetzung „Empfang des Darlehens durch den Verbraucher“ zu prüfen gehabt hätte. Ebenso hat der XI. Zivilsenat im Urteil vom 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 337 im Zusammenhang mit der Heilungsvorschrift des § 7 Abs. 3 VerbrKrG ausgeführt, dass normalerweise, wenn das Darlehen auf Anweisung des Kreditnehmers an einen Dritten ausgezahlt wird, das Darlehen als vom Darlehensnehmer als empfangen anzusehen ist, dass aber eine andere Beurteilung geboten ist, wenn es sich bei dem Darlehen und dem darlehensfinanzierten Geschäft um ein verbundenes Geschäft handelt, d.h. dass in diesem Fall, wie ja auch in § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG ausdrücklich geregelt, die Heilung des gemäß § 7 Abs. 1 VerbrKrG zunächst als unwirksam zu behandelnden Kreditvertrags durch die Empfangnahme und nicht alsbaldige Rückzahlung des Darlehens nicht eingreift. In den Urteilen vom 8.6. und 14.9.2004 aber (BGHZ 159, 270 und ZIP 2004, 2180), auf die sich die Beklagte beruft (neben weiteren gleichzeitig oder kurz danach ergangenen Entscheidungen des XI. Senats), hat der XI. Zivilsenat bei gemäß §§ 4, 6 Abs. 1 VerbrKrG formnichtigen Verbunddarlehen (finanziert war wiederum eine Immobilienfondsbeteiligung) allein die sich aus § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG ergebenden Rechtsfolgen geprüft. In den dortigen Fällen waren die Parteien jeweils übereinstimmend von einer Heilung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG ausgegangen, und der Bundesgerichtshof hat dies, ohne irgendwelche Ausführungen zur Anwendung der Vorschrift, einfach übernommen: entweder weil die sich hier ergebende Rechtsfrage übersehen wurde, oder vielleicht aufgrund der stillschweigenden (in den Entscheidungsgründen allerdings nicht niedergelegten) Erwägung, dass, wenn der Darlehensnehmer bei einem gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtigen Vertrag die Rechtsfolgen des § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG geltend macht, also auf die Rückabwicklung des Gesamtgeschäfts verzichtet, dieser Verzicht - sei es unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung oder des Verbots eines nachfolgenden widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium), sei es aufgrund einer sinngemäßen restriktiven Auslegung des § 6 Abs. 1 u. Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG - für alle Vertragsbeteiligten rechtlich beachtlich und bindend ist. Wie immer man die genannten Urteile des XI. Zivilsenats verstehen mag, fest steht, dass der Senat in diesen Entscheidungen die Frage der Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG nicht im Rahmen einer üblichen Gesetzessubsumtion geprüft hat. Wäre es anders gewesen und hätte er, insoweit eine zwischen den Parteien streitige Frage entscheidend, eine Heilung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG abweichend vom II. Zivilsenat bejahen wollen, hätte er - dies gilt für die zweite Entscheidung vom 14.9.2004, die nach den Urteilen des II. Senats vom 14.6.2004 ergangen ist - die Frage gemäß § 132 Abs. 2 GVG dem Großen Senat für Zivilsachen vorlegen müssen.
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Abgesehen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Beklagte in anderen beim erkennenden Gericht anhängigen Fällen sich noch auf Landgerichts- und Oberlandesgerichtsentscheidungen berufen, u.a. auf das Urteil OLG Dresden, BKR 2005, 190, 192 f. und auf die (soweit ersichtlich, unveröffentlichten) Urteile des Kammergerichts vom 3.5. und 28.6.2005 Az. 4 U 128/04 und 4 U 77/03, die jeweils, unter Berufung auf Literaturstellen, eine Heilung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG im Falle der Auszahlung der Darlehensvaluta an den Unternehmer des finanzierten Geschäfts bejahen, auch wenn Sachleistungsvertrag und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft bilden. Diese Entscheidungen vermögen jedoch schon deswegen nicht zu überzeugen, weil sich in ihnen Erwägungen zum Gesetzeszweck des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG, wie vorstehend erörtert, nämlich dass dieser Zweck (Schutz vor einer sofortigen Darlehensrückzahlung gemäß § 812 BGB) entfällt, wenn der Darlehensnehmer im Falle der typischen Verbundrückabwicklung auch bei nichtigem und nichtig bleibendem Darlehensvertrag zur Darlehensrückzahlung nicht verpflichtet ist, nicht finden. Statt dessen wird beispielsweise im Urteil des OLG Dresden der Fall der Darlehensauszahlung beim finanzierten Autokauf erörtert und dabei das Urteil BGH, NJW 1995, 3386, 3388 zitiert, in dem es bei der Prüfung des § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG um den Empfang der Kreditsumme durch den Verkäufer ging, während vorliegend bei den Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG der Empfang des Darlehens durch den Verbraucher in Frage steht.
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III. Zu den Ansprüchen im einzelnen, die sich aus der Geschäftsrückabwicklung ergeben, ist auszuführen:
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1. Der Zinsrückzahlungsanspruch in Höhe des jetzt geltend gemachten Betrages von 3.054,64 EUR ist begründet. Nachdem die Klägerin die abgebuchten Zinsbeträge im einzelnen aufgelistet hat (Anlage K 7), ist der von ihr geltend gemachte Betrag nicht mehr streitig. Soweit die Beklagte zur Höhe der Zahlungsforderung einwendet, die Klägerin habe die Steuervorteile aus der Geldanlage nicht berücksichtigt, ist dem entgegenzuhalten, dass die Steuervorteile nur bedeutsam sind, soweit die vom Kreditnehmer geforderte Rückabwicklung des Verbundgeschäfts auf Schadensersatz gestützt wird, dies im Rahmen der bei der Schadensermittlung grundsätzlich notwendigen Vorteilsanrechnung (vgl. für die Fälle einer rückabzuwickelnden Immobilienfondsbeteiligung die Urteile des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 14.6.2004: WM 2004, 1518, 1521 unter II; ZIP 2004, 1402, 1407 unter II 3; ZIP 2004, 1407, 1408 unter 2; ZIP 2004, 1394, 1400 unter II 1 d; WM 2004, 1536, 1542 unter II 3). Vorliegend steht jedoch eine Rückabwicklung gemäß § 3 HWiG und gemäß § 812 BGB i. Verb. m. § 6 VerbrKrG in Frage. Bei diesen Rückabwicklungsvorschriften spielen nur die Leistungen eine Rolle, die im Verhältnis der an dem Verbundgeschäft Beteiligten geflossen sind. Dazu gehören etwaige Steuervorteile des Anlegers nicht (so für den Fall der Rückabwicklung nach § 3 HWiG ausdrücklich: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 385/02 - WM 2004, 1527, 1529 sowie Strohn, WM 2005, 1441, 1448 bei Fn. 86, und im Ergebnis ohne nähere Ausführungen: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 280, 287 ff. unter I 2, und für den Fall der Rückabwicklung gemäß § 812 BGB: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 309 ff. unter I 3; BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 407/02 - WM 2004, 1536, 1540 f. unter I 3 und BGH, Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843 unter I am Anfang, im Unterschied zu S. 846 unter II 2).
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2. Nicht durchgreifend ist des weiteren auch die Verjährungseinrede, die die Beklagte gestützt auf § 197 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung gegenüber der klägerischen Zahlungsforderung erhoben hat, soweit die Rückzahlung von Zinsen verlangt wird, die von der Klägerin bis Ende 1999 gezahlt wurden. § 197 BGB a.F. sah eine nur vierjährige Verjährungsfrist vor für Ansprüche auf Zinsen (mit Einschluss etwaiger laufender Tilgungen), Ansprüche auf Miet- und Pachtzinsen und Ansprüche auf Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen, Wartegelder, Ruhegehälter, Unterhaltsbeiträge und alle anderen wiederkehrenden Leistungen. Die Beklagte beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in der Entscheidung BGHZ 98, 174 und im Urteil vom 14.9.2004 - XI ZR 11/04 - ZIP 2004, 2180, 2182 bei rechtsgrundlos gezahlten Zinsen die laufend entstehenden Zinsrückzahlungsansprüche als Ansprüche auf „andere wiederkehrende Leistungen“ gemäß § 197 a.F. bewertet und auf diese Ansprüche die vierjährige Verjährung angewendet hat. In den genannten Entscheidungen ging es aber um einseitige gemäß § 812 BGB bestehende Zinsrückzahlungsansprüche:
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- im Fall BGHZ 98, 174 um Zinsrückzahlungen bei einem wegen sittenwidrig überhöhter Zinsen nichtigen Darlehensvertrag, bei dem der Kreditnehmer zwar zur Rückzahlung der Darlehenssumme verpflichtet bleibt, jedoch gemäß § 812 BGB die gezahlten Zinsen zurückfordern kann, während dem Darlehensgeber im Hinblick auf § 817 Satz 2 BGB einen Wertersatzanspruch gemäß § 812 BGB für die Kapitalnutzung nicht zusteht,
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- im Fall BGH, ZIP 2004, 2180 um die Rückzahlung jeweils zu viel gezahlter Zinsen bei einem nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG genügenden, jedoch gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG wirksam gewordenen Darlehen, für das die Sanktion gilt, dass sich der zu zahlende Zins auf den gesetzlichen Zinssatz ermäßigt.
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Demgegenüber geht es vorliegend um die Gesamtrückabwicklung eines gegenseitigen Vertrages mit beiderseitigen Rückgewährpflichten (auf der Darlehensgeberseite die Rückgewährpflicht verbunden mit der Nicht-weiter-Verfolgbarkeit der noch offenen eigenen Ansprüche) - hier mit der Besonderheit, dass auf der Seite des einen Vertragsteils die verbundenen Leistungen des Kreditgebers und des Unternehmers des Sachleistungsvertrages stehen und insoweit eine Verbundrückabwicklung entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG eingreift - und dass bei alledem die Rückgewährpflichten der einen Partei (hier: des Darlehensgebers) auch Zinsrückzahlungen umfassen. Auf einen solchen Fall lässt sich die genannte BGH-Rechtsprechung nicht übertragen. Wesentlicher gesetzlicher Grund für die verhältnismäßig kurze Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. war und ist es, zu verhindern, dass regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen sich mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, dessen Aufbringung dem Schuldner immer schwerer fällt (BGHZ 98, 174, 184). Diese Ratio legis trifft in den Gesamtrückabwicklungsfällen mit beiderseitigen Rückgewährpflichten nicht zu. Denn in diesen Fällen ist der zur Zinsrückzahlung verpflichtete Vertragsteil, wenn bei ihm die Rückzahlungsbeträge ohne kürzerfristige Verjährung eine größere Summe erreichen, nicht einseitig betroffen, und er wird nicht ausschließlich nur belastet; vielmehr steht ihm in einer Zug-um-Zug-Verknüpfung die Rückabwicklungsleistung des anderen Teils zu, die u.U. sogar wertvoller ist als das, was er, auch wenn keine Verjährung eingreift, zurückzahlen muss. Und auf der anderen Seite, nämlich aus der Sicht des Rückzahlungsgläubigers, wäre es, insbesondere bei einer Verbundrückabwicklung wie hier, unbillig, wenn ein Teil der Rückgewährpflichten aus dem Gefüge der gegenseitigen Rückleistungen unter Verjährungsgesichtspunkten gleichsam herausgebrochen würde und der Darlehensnehmer, der das Nicht-mehr-Bestehen der weiteren Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag geltend macht, hierfür die vom Unternehmer des Sachleistungsvertrages erbrachte Leistung (vorliegend: den Fondsanteil) zurückgeben muss, ohne die von ihm schon erbrachten Leistungen aus dem Darlehensvertrag, soweit eine Verjährung eingreifen würde, zurückverlangen zu können. Stellt man auf den Wortlaut des § 197 BGB a.F. ab, lässt sich die verjährungsrechtliche Verschiedenbehandlung je nachdem, ob die Zinsrückzahlungsansprüche als einseitige Ansprüche oder als Ansprüche innerhalb einer Gesamtrückabwicklung mit beiderseitigen Rückgewähransprüchen in Frage stehen, auch so begründen: In den Fällen mit einseitiger Zinsrückzahlungspflicht ist mit jeder Zinszahlung sogleich ein uneingeschränkt fälliger Rückzahlungsanspruch entstanden, im Nacheinander dieser Fälligkeiten also ein Anspruch auf „regelmäßig wiederkehrende“ (= regelmäßig fällig werdende) Leistungen. In den Fällen des insgesamt rückabzuwickelnden Vertrages mit beiderseitigen Rückgewährpflichten hingegen entstehen, wenn die Zinsen laufend gezahlt werden, jeweils Rückgewähransprüche, die noch nicht vollfällig sind, da sie unter dem Zug-um-Zug-Vorbehalt der eigenen Rückgewährleistung stehen, und es handelt sich, wenn man auf die für die Verjährung bedeutsame Fälligkeit ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt abstellt, nicht um „wiederkehrende“ (= wiederkehrend fällige) Leistungen, sondern um eine einzige, erst wenn die Zug-um-Zug-Voraussetzung erfüllt ist, auf einmal fällige Leistung.
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Die verjährungsrechtliche Unterscheidung zwischen einseitigen Ansprüchen, die als Ansprüche auf „wiederkehrende Leistungen“ im Sinne des § 197 BGB a.F. anzusehen sind, und entsprechenden nicht unter § 197 BGB a.F. fallenden Ansprüchen bei der Gesamtrückabwicklung eines gegenseitigen Vertrages gilt im übrigen nicht nur bei Zinszahlungen und den entsprechenden Rückgewähransprüchen. Nimmt man etwa den Fall eines Grundstücksverkaufs gegen Gewährung einer Leibrente, so würde, wenn es um die Anwendbarkeit des § 197 BGB a.F. geht, diese Vorschrift Anwendung finden, a) auf die einseitigen Rentenzahlungsansprüche des Käufers und b) die einseitigen Rückzahlungsansprüche des Verkäufers, der laufend einen zu hohen Rentenbetrag gezahlt hat. Hingegen wäre § 197 BGB a.F. nicht anzuwenden auf Rentenrückzahlungen, wenn sich beispielsweise zehn Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages die Unwirksamkeit des Vertrages herausstellt und nunmehr das Grundstück zurückzuübereignen ist und alle gezahlten Rentenbeträge zurückgezahlt werden müssen.
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3. Dem klägerischen Rückabwicklungsanspruch kann auch nicht etwa der Verwirkungseinwand entgegengehalten werden im Hinblick auf die rund sechsjährige Zeitspanne zwischen dem Erwerb der Fondsbeteiligung und der erst mit klägerischem Anwaltsschreiben vom 6.12.2004 geltend gemachten Rückabwicklung. Insoweit fehlt es schon an dem für die Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand, wenn, wie hier, der Gegner davon ausgehen muss, dass der Berechtigte keine Kenntnis von dem ihm zustehenden Recht hatte (BGH, Urt. v. 15.9.1999 - I ZR 57/97 - NJW 2000, 140). Vorliegend hat sich die Möglichkeit der Rückabwicklung einer darlehensfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung bei vollem Wegfall der Darlehensobligationen gestützt auf Haustürwiderruf und Nichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG erstmals durch Urteile des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 14.6.2004 (insbesondere die Entscheidungen BGHZ 159, 280 und 295) ergeben.
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4. Mit der Zahlungsklage macht der Kläger außer der Hauptforderung Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2005 geltend. Dieser Zinsanspruch ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Allerdings ist die Klagerweiterung mit der jetzigen Forderung über 3.054,46 EUR erst am 7.11.2005 zugestellt worden. Dies wird aber mehr als ausgeglichen dadurch, dass die ursprüngliche Zahlungsklage über 2.386,07 schon am 16.2.2005 rechtshängig geworden ist und auch aus diesem Betrag nur Zinsen ab 31.10.2005 verlangt werden. Dass die Rückzahlung nur Zug um Zug gegen die Übertragung des Fondsanteils des Kläger auf die Beklagte geschuldet wird, hindert die Verzinsung gemäß § 291 BGB nicht (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 170; Palandt, BGB, 65. Aufl., § 291 Rn. 5).
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IV. Da der Klage bereits aufgrund der Anspruchsgrundlagen „Haustürwiderruf“ und „Darlehensnichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG“ stattzugeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob der klägerische Rückabwicklungsanspruch noch auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt werden kann, darauf nämlich, dass die hier in Rede stehenden Verträge, der Eintritt in die Fondsgesellschaft und der Darlehensvertrag, wegen Sittenwidrigkeit nichtig sind. Es ist anerkannt, dass Haustürgeschäfte, bei denen unerfahrene Kunden zu für sie völlig unangemessenen Verträgen veranlasst worden sind, gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoßen können (Palandt, BGB, 65. Aufl., § 138 Rn. 18), und es ist naheliegend, dies bei kreditfinanzierten Immobilienanlagegeschäften wie hier anzunehmen, soweit solche Geschäfte Personen der unteren und mittleren Einkommensschichten haustürgeschäftlich vermittelt werden, denen Verträge dieser Art völlig fremd sind. Bei diesen Verträgen kommen mehrere Umstände zusammen, die zusammen betrachtet zu der Sittenwidrigkeitsprüfung Anlass geben:
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1. Die im Rahmen von Treuhändermodellen angebotenen Immobilienanlagen - Gesellschaftsanteile an Immobilienfondsgesellschaften oder Eigentumswohnungen, die in einem Pool treuhänderisch verwaltet werden - sind sehr risikoträchtig. Die Immobilien bzw. Beteiligungen werden vielfach zu stark überhöhten Preisen angeboten. Hinzu kommen in der Regel erhebliche - teils den Initiatoren, teil den Vermittlern zugute kommende - Provisionen und sonstige Nebenentgelte. Nicht selten ist es auch so, dass die Immobilie oder Beteiligung zu einem Zeitpunkt angeboten wird, zu dem der Initiator oder eine für das Projekt wesentliche Gesellschaft (etwa wenn von dieser eine Mietgarantie übernommen wurde) schon, insbesondere nach bereits verlustreichen früheren Projekten, unmittelbar vor der Insolvenz steht. Selbst wenn es aber der Kunde mit Verkäufern zu tun hat, die seriös sind und zu angemessenen Preisen anbieten: Der Immobilienmarkt als solcher ist sehr risikoreich; Immobiliennachfrage, Grundstückspreise und Mieten können sich (nach Jahren einer guten Konjunktur u.U. sehr überraschend) stark nach unten bewegen.
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2. Zum erheblichen Risiko kommt bei den vorliegenden haustürvermittelten Vermögensanlagen hinzu, dass sie auf Kreditbasis finanziert werden, und zwar nicht bei Kapitalanlegern, die an sich vermögend sind und die Kreditfinanzierung nur aus steuerlichen Gründen wählen, sondern bei Personen, die nichts haben und aus diesem Grund den Kredit aufnehmen müssen. Dieses Moment der kreditierten Spekulation macht die Geschäfte besonders bedenklich und bringt sie in einen Bereich, in dem der Privatautonomie sittlich-rechtliche Schranken gesetzt sind. Denn bei risikoreich-spekulativen Verträgen, die schon mehr oder weniger aleatorische Züge tragen, wird stärker oder weniger stark die Wertung des § 762 BGB relevant: Wer spielt, mag den vorhandenen Einsatz verspielen; Spielschulden werden von der Rechtsordnung nicht als verbindlich anerkannt. Und insofern macht es sittlich-rechtlich auch einen wesentlichen Unterschied, ob es ein vermögender Anleger ist, der sich an einer „ Abschreibungs “-Gesellschaft oder einem sonstigen sehr risikoreichen Projekt beteiligt und der den etwa eintretenden Verlust tatsächlich „abschreiben“ kann, oder ob der Partner des Wagnisgeschäfts einer ist, der nichts hat, um den Minusposten des eventuellen späteren Verlusts auszugleichen, und mit diesem für die Zukunft belastet bleibt, zu Lasten seiner elementaren Bedürfnisse, eventuell sogar zu Lasten Dritter.
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3. Ein drittes Moment der vorliegenden Vermögensanlagen - in gewisser Weise mit dem Risikocharakter zusammenhängend, aber doch ein eigener Umstand, der dem Geschäft wiederum den Stempel der wirtschaftlichen Unüblichkeit und Unangemessenheit aufdrückt - ist die sich für den Anleger ergebende langdauernde Bindung. In dieser Hinsicht ist von Bedeutung, dass es sich aus der Sicht des Kunden, und so wird das Geschäft ausdrücklich angeboten, um einen Vertrag handelt, der der künftigen Vermögensbildung durch Aufbringung laufender Sparraten dient. Bei derartigen Anspar-Vermögensbildungen ist es üblich und selbstverständlich, dass sie für die Zukunft jederzeit beendet werden können; denn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können sich ändern, und dann muss die Entscheidung, wie das laufende Einkommen vorrangig zu verwenden ist, neu getroffen werden können. Dementsprechend sind Spar- und Bausparverträge nach den üblichen Vertragsbedingungen jederzeit kündbar, und für die Kapitallebensversicherung mit laufender Prämienzahlung ist in den §§ 165, 174, 178 VVG die jederzeitige Kündbarkeit sogar zwingend vorgeschrieben: eine wesentliche gesetzliche Wertung, die bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung gemäß § 138 BGB nicht außer Betracht bleiben kann (vgl. zur Berücksichtigung anderweitiger gesetzlicher Wertentscheidungen bei der Anwendung des § 138 BGB: Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 138 Rn. 41). Diese jederzeit freie Kündbarkeit aber ist bei den vorliegenden kreditfinanzierten Immobilienanlagen, die wirtschaftlich Ansparverträge sein sollen, nicht gegeben. Von den laufenden Kreditraten (den Zinsen und Tilgungsbeträgen bzw. Prämien der etwa geschlossenen Tilgungsversicherung) kann sich der Immobilienanleger mit Kreditfinanzierung nicht unmittelbar durch eine vorzeitige Kündigung befreien. Er kann nur versuchen, das von ihm erworbene Objekt, das finanziert worden ist, zu veräußern. Das ist aber, auch wo rechtlich keine Hindernisse bestehen (z.B. Erfordernis der Zustimmung der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft bei der Übertragung einer Immobilienfondsbeteiligung), häufig aus wirtschaftlichen Gründen stark eingeschränkt oder unmöglich, soweit nämlich die Immobilie oder der Gesellschaftsanteil nur mit erheblichem Verlust zu veräußern ist. Dann bleibt der Anleger mit seiner Verpflichtung zur Aufbringung der laufenden Sparraten (mit denen allerdings nur noch teilweise „gespart“ wird und ansonsten Verluste ausgeglichen werden) auf Jahre gebunden.
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4. Diese nach allem in der Regel von vornherein nachteiligen, allzu stark einengenden und auf jeden Fall äußerst riskanten Anlageverträge werden nun zwischen Parteien geschlossen, die, was geschäftliche Erfahrung, Beurteilungsvermögen und Fähigkeit zur Interessenwahrnehmung betrifft, in krassester Weise ungleich sind. Insoweit gibt die haustürgeschäftliche Werbung den Geschäftsabschlüssen das entscheidende Gepräge. Wie ausgeführt, sind die Haustürgeschäftskunden fast ausnahmslos Menschen aus einfachen Verhältnissen, denen kreditfinanzierte Immobilienanlagen völlig fern liegen und die die erheblichen Gefahren der für sie meist unsinnigen Geschäfte nicht im entferntesten ahnen und beurteilen können; Kapitalanleger, für die nach ihrer geschäftlichen Erfahrung und ihren Vermögensverhältnissen derartige Immobilienanlagen richtigerweise in Betracht kommen, wählen sich ihre Anlageberater selbst und würden sich auf diesbezügliche Haustürgeschäfte von vornherein nicht einlassen. Wer aber sind die Kontrahenten dieser unwissenden, gänzlich unvorbereiteten Kunden? Nicht etwa, was bei derart weitreichenden, komplizierten Verträgen unbedingt notwendig wäre, seriöse, auch bei einem eigenen Interesse am Vertragsschluss einigermaßen objektiv beratende Verhandlungspartner, wie es z.B. bei beratenden Bankmitarbeitern im allgemeinen vorausgesetzt werden kann (die Kreditinstitute halten sich hier aus dem Feld der Verhandlungen völlig heraus und prüfen und kontrahieren ausschließlich „aus der Ferne“). „Berater“ und Verhandelnde sind die typischen Haustürvermittler, die im Rahmen der „Strukturvertriebe“, für die sie tätig sind , was die Kundenüberrumpelung bei den vorliegenden Geschäften betrifft, bestens geschult und mit Argumentationsmaterial versehen sind (vgl. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427 , 430 f.) und die wegen ihres unmittelbaren Provisionsinteresses das Geschäft ohne Rücksicht auf die Belange des von ihnen „Beratenen“ um jeden Preis zustande bringen wollen. Der Kunde hat den verlockenden Anpreisungen dieser Vermittler (Prestigeargument „Immobilienbesitz“; Steuerersparnis; der Erwerber muss sich um nichts kümmern; alles wird durch einen über jeden Zweifel erhabenen Treuhänder erledigt; alles bankgeprüft; todsichere Vermögensanlage; jederzeit verkäuflich; Mietgarantie usw.; vgl. Fuellmich/Rieger a.a.O.), weil das außerhalb seiner Erfahrung liegt, nichts entgegenzusetzen. Ganz abgesehen von den hier gängigen betrügerischen Zusagen und Aufklärungsunterlassungen, die später, wenn es zur rechtlichen Auseinandersetzung kommt, mangels neutraler Zeugen in der Regel nicht nachweisbar sind.
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5. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung müssen die Zivilgerichte vornehmlich bei der Auslegung und Anwendung von Generalklauseln wie § 138 und § 242 BGB die grundrechtliche Gewährleistung der Privatautonomie in Art. 2 Abs. 1 GG beachten. Daraus folgt ihre Pflicht zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die einen der beiden Vertragspartner außergewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sind. Dass die Zivilrechtsordnung bei Vertragsfolgen, die für den unterlegenen Vertragsteil ungewöhnlich belastend sind, reagieren und Korrekturen ermöglichen muss, folgt des weiteren aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) (BVerfGE 81, 242, 254 ff.; BVerfG, ZIP 1994, 1516). Gerade mit den sozialstaatlichen Anforderungen ist die Zulassung der hier in Rede stehenden Haustürgeschäfte schwer in Einklang zu bringen. Erfordert das Sozialstaatsgebot schon in gewissem Umfang einen Ausgleich und Hilfen zu Gunsten des sozial Schwächeren, so ist es mit sozialem Denken und im übrigen mit jeder Moral sicherlich unvereinbar, zivilrechtlich zu tolerieren und in Anwendung des „pacta sunt servanda“ zu sanktionieren, dass der sozial Schwächere durch aggressive Vertriebe, die seine Eigensphäre und seinen Freiheitsbereich missachten, dominiert wird und er durch Verträge, die für ihn viel zu riskant und seinen Verhältnissen nicht angemessen sind, geschädigt und u.U. in Not gebracht wird. In diesem Zusammenhang gebrachte Argumente wie „mündiger Bürger“ oder „volenti non fit iniuria“ verkennen in extremer Weise die völlige Unterlegenheit und das Ausgeliefertsein einfacher Menschen gegenüber ausgeklügelter Werbung und der Verkäufereloquenz und Scheinseriosität geschickter Vermögensanlage- und Kreditvermittler.
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6. Falls all dies zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der kreditfinanzierten Anlagegeschäfte, die als Haustürgeschäfte zustande kommen, führt, lässt sich diesem Ergebnis nicht entgegenhalten, dass das frühere Verbot des Abschlusses und der Vermittlung von Darlehensverträgen im Reisegewerbe gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, aufgrund dessen haustürvermittelte Darlehensverträge von der Rechtsprechung grundsätzlich gemäß § 134 BGB als nichtig behandelt wurden (BGHZ 71, 358; weitere Nachweise bei Sack, in: Staudinger, BGB, §§ 134 - 163, Bearbeitung 1996, § 134 Fußnote zu Rn. 233), durch das Verbraucherkreditgesetz mit Wirkung ab 1.1.1991 aufgehoben worden ist, und zwar aufgehoben mit der Begründung, das befristete Widerrufsrecht des § 7 VerbrKrG entspreche den Interessen des Verbrauchers besser als „die schematische Annahme der Nichtigkeit“ des Kreditvertrages gemäß § 134 BGB i. Verb. m. § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, und mit der Einführung dieser Vorschrift sei das Bedürfnis für § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO weitgehend entfallen (BT-Drucks. 11/8274 S. 23; ebenso im Hinblick auf das bereits seit 1986 geltende Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz: BGH, Urt. v. 16.1. 1996 - XI ZR 116/95 - BGHZ 131, 385, 389).
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Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es hier nicht um haustürvermittelte Darlehen schlechthin geht, sondern um haustürvermittelte Immobilienanlagen im Rahmen von Treuhandmodellen, die darlehensfinanziert sind. Diese kombinierten Verträge sind für den Haustürkunden weit gefährlicher und um vieles undurchschaubarer als ein normales Darlehen, und speziell bei ihnen ist - dies wurde schon ausgeführt (vorstehend unter I 1 b dd), und dies gilt auch gegenüber dem Argument, die Materie sei durch das Haustürwiderrufsgesetz abschließend geregelt - die kurze, einwöchige Widerrufsfrist ein absolut unzureichender Schutz. Abgesehen aber von dem danach ganz unterschiedlichen Anwendungsbereich der jeweiligen Vertragsnichtigkeit - die Nichtigkeit gemäß § 138 BGB bei den haustürvermittelten kreditfinanzierten Immobilienanlagen ein Spezialfall gegenüber der Nichtigkeit sämtlicher haustürvermittelter Darlehensverträge nach dem früheren § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO i. Verb. m. § 134 BGB wie auch gegenüber der beschränkten Unwirksamkeitsregelung des Haustürwiderrufsgesetzes bei den normalen Haustürgeschäften -, hindert die Aufhebung einer gesetzlichen Verbotsvorschrift nicht, im selben oder in einem ähnlichen Bereich nunmehr § 138 BGB anzuwenden, diese elementare der Vertragsfreiheit Schranken setzende Generalnorm (in Frage steht dann auch die Anwendung der §§ 826 und 817 Satz 2 BGB), in die auch grundgesetzliche Wertungen einfließen; dies zumal, wenn sich nachträglich neue Erkenntnisse ergeben haben. Zum letzteren ist bedeutsam, dass sich das Unwesen der haustürvermittelten kreditfinanzierten Immobilienanlageverträge, die mit Personen der unteren Einkommensklassen geschlossen werden, als Massenphänomen erst in den letzten anderthalb Jahrzehnten entwickelt hat (offensichtlich seit der Aufhebung des früheren § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO) und dass erst in den letzten Jahren offenbar geworden ist, nachdem diese Verträge in größerem Umfang notleidend geworden und vor die Gerichte gekommen sind, welche Schäden hier angerichtet werden und in welchem Ausmaß in verantwortungsloser Weise Angehörige der einfachen Bevölkerungsschichten in Schwierigkeiten und Bedrängnis gebracht werden (vgl. u.a. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427 ff. u. 469 ff.). Eine zweite Erfahrung gerade aufgrund der Rechtsanwendung der letzten Jahre ist: Ein Teil der Gerichte, denen das Festhalten der Haustürkunden an den ihnen aufgedrängten Anlage- und Kreditverträgen nicht hinnehmbar erscheint, sind bestrebt, hier zu „helfen“, und zwar mit formellen Vorschriften des Verbraucherschutzrechts - insbesondere den auch vorliegend herangezogenen Belehrungsvorschriften des Haustürwiderrufgesetzes und mit § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG -, die teilweise sehr extensiv angewendet werden. Dieser Weg ist jedoch letztlich ein unzureichender Notbehelf. Dies nicht nur, weil derartige nachträgliche Entdeckungen formaler Defizite (für die Kreditinstitute in der Regel völlig überraschend) nur zeitweilig Abhilfe schaffen - die rechtlich beratenen Immobilienverkäufer und Kreditinstitute werden künftig derartige formellen Pannen vermeiden -, sondern vor allem auch, weil die Zuflucht zu solchen Formalien, die sich mehr oder weniger zufällig anbieten und die eigentlich für andere Zwecke geschaffen wurden, zu einer verhältnismäßig komplizierten, in vielen Punkten zweifelhaften und streitigen Rechtsanwendung führen, die die Gerichte teilweise überfordert und deren Ergebnisse eben weitgehend zufällig sind. Insofern dürfte es richtiger sein, das rechtlich für geboten Gehaltene statt auf verwinkelten Umwegen durch die einfache und direkte Anwendung des § 138 BGB zu verwirklichen.
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Zum Argument, das mit den Widerrufsrechten des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes eingeräumte Wahlrecht sei für den Kunden interessengerechter als die zwingende Rechtsfolge der Vertragsnichtigkeit, ist zu sagen: Soweit man diesen Einwand überhaupt für gewichtig hält (dem Kunden hilft im Fall der Vertragsnichtigkeit weitgehend schon die Verbundrückabwicklung, und insofern dürfte sich die Auffassung vertreten lassen, dass auch § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, soweit er die Verbundrechtsfolgen ausschließt, im Falle der Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit nicht anwendbar ist), kann ihm ohne weiteres durch eine teleologisch einschränkende Anwendung des § 138 BGB Rechnung getragen werden (vgl. zur Frage der teleologischen Reduktion des 138 BGB nach dem Normzweck im Einzelfall: Sack, in: Staudinger, BGB, §§ 134 - 163, Bearbeitung 2003, § 138 Rn. 94): Eine angenommene Sittenwidrigkeit bei den vorliegenden Verträgen zum Schutz des Kunden führt analog § 135 Abs. 1 Satz 1 BGB zur relativen Unwirksamkeit des Vertrages (für dieses Ergebnis im Hinblick auf die frühere angenommene Vertragsnichtigkeit gemäß § 134 i. Verb. m. § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO: u.a. Hopt, NJW 1985, 1665, 1668). D.h. die Verträge sind als unwirksam zu behandeln, solange der Haustürkunde sie nicht (nach Kenntnis der Vertragsunwirksamkeit) bestätigt hat: der Sache nach ein Widerrufsrecht des Kunden, das aber, anders als die Widerrufsrechte nach dem Haustürwiderrufsgesetz und dem Verbraucherkreditgesetz, unbefristet ist. Zur Vermeidung einer den Vertragsgegnern nicht zumutbaren dauernden schwebenden Unwirksamkeit dürfte es richtig sein, ihnen analog §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2 BGB das Recht zu Setzung einer Frist einzuräumen, innerhalb deren sich der Kunde zur Fortdauer der Unwirksamkeit zu erklären hat.
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7. Das erkennende Gericht will vorliegend die Sittenwidrigkeitsfrage nicht entscheiden und zur Urteilsgrundlage machen; hier wäre vor allem auch zu prüfen, ab welcher Größenordnung der Vermögensanlage § 138 BGB anzuwenden ist (nur beim Erwerb einer Eigentumswohnung oder auch bei Immobilienfondsbeteiligungen, die in den 90er Jahren vielfach ab einer Gesellschaftereinlage von 20.000 DM oder 30.000 DM angeboten wurden; unerheblich dürfte wohl sein, ob das Geschäft in concreto tatsächlich sehr nachteilig und risikoreich war und ob sich nachträglich Verluste ergeben haben). Nach der vorliegend vertretenen Rechtsauffassung gibt es schon die zwei anderen Anspruchsgründe (Haustürwiderrufsgesetz und Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG), die zum Erfolg der Klage führen, und auf den Gesichtspunkt der möglichen Sittenwidrigkeit ist bisher nicht, wie gemäß § 139 Abs. 2 ZPO erforderlich, hingewiesen worden, was verfahrensrechtlich trotz der jetzt schon gegebenen Entscheidungsreife zur Wiedereröffnung der Verhandlung führen müsste. Die Frage der Sittenwidrigkeit wird aber, falls die Beklagte Rechtsmittel einlegt und bezüglich der vorliegend bejahten Anspruchsgrundlagen der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht gefolgt wird, von den höheren Instanzen zu prüfen und zu entscheiden sein.
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V. 1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO
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2. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 709 ZPO. Hinsichtlich der Sicherheitsleistung gilt insoweit:
75
a) Ziff. 1 Buchst b und Ziff. 2 des Urteilstenors haben die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung, die erst mit Rechtskrafteintritt als abgegeben gilt (§ 894 ZPO), bzw. eine Feststellung zum Gegenstand. Bei diesen Teilen des Urteilstenors kommt eine vorläufige Vollstreckbarkeit und eine für diesen Fall notwendige Sicherheitsleistungsanordnung nicht in Betracht.
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b) Was die in Ziff. 1 Buchst. a und c titulierten Leistungsansprüche betrifft, ist die Beklagte gegenüber Nachteilen der Vollstreckung aus dem nur vorläufigen Titel schon dadurch gesichert, dass eine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgt ist und die Kläger, bevor sie vollstreckt, ihren Immobilienfondsanteil an die Beklagte abtreten muss. Der Sicherheitswert dieses Anteils ist ausreichend. Die Klägerin ist mit nominell 30.000 DM an der Fondsgesellschaft beteiligt, und es ist nicht geltend gemacht, dass sich seit 1997 bei der Gebäudevermietung und den Mieteinnahmen besondere Verluste ergeben hätten. Der in den Kommentaren zum Teil vertretenen Auffassung, bei einer Verurteilung Zug um Zug habe bei der Frage, ob und wie die Sicherheitsleistung festzulegen ist, die vom Gläubiger zu erbringende Gegenleistung außer Betracht zu bleiben (Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 709 Rn. 3; Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 709 Rn. 6; Münchener Kommentar ZPO, 2. Aufl., § 709 Rn. 7; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 709 Rn. 5), kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Durch die Sicherheitsleistung bei der vorläufigen Vollstreckbarkeit soll der Schuldner davor geschützt werden, dass er bei einer etwaigen späteren Aufhebung des Urteils mit dem sich dann ergebenden Ersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 u. 3 ZPO ausfällt. Einen dahingehenden Schutz kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch die Gegenleistung bei der Zug-um-Zug-Verurteilung bieten. Vorliegend ist das, wie das Gericht im Rahmen des durch § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingeräumten Ermessens meint, der Fall. Zwar ist die Abtretungserklärung des Klägers allein noch nicht ausreichend, den Gesellschaftsanteil auf die Beklagte zu übertragen. Soweit die Beklagte die Abtretungserklärung noch annehmen muss, ist dies aber eine in ihrer Macht stehende Rechtshandlung. Und soweit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c des Gesellschaftsvertrags der Fondsgesellschaft die Abtretung eines Gesellschafteranteils der Zustimmung der Geschäftsführung bedarf, ergibt eine interessengerechte Auslegung gemäß § 157 BGB, dass dieses Zustimmungserfordernis nicht gilt, soweit eine durch ein Verbunddarlehen gemäß § 9 VerbrKrG finanzierte Gesellschafterbeteiligung wegen eines rechtlichen Mangels beim Beteiligungserwerb (eines Mangels des Beitritts- oder des Darlehensvertrags) zurückzuübertragen ist und die Rückübertragung nach den für die Rückabwicklung gemäß § 9 VerbrKrG geltenden Rechtsgrundsätzen an das Kreditinstitut zu erfolgen hat.
Gründe
17
Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die Rückabwicklung der kreditfinanzierten Beteiligung an der A.-Immo-10-GbR sowohl nach dem Haustürwiderrufsgesetz als auch wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 i. Verb. m. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG verlangen.
18
1. Die Voraussetzungen eines wirksamen Widerrufs der Darlehensvertragserklärung der Klägerin nach dem Haustürwiderrufsgesetz (hier anwendbar in der bis zum 30.9.2000 gültigen Fassung) sind gegeben.
19
a) Die Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes finden auf den Darlehensvertrag der Parteien Anwendung, obwohl der Vertrag zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllt und § 5 Abs. 2 HWiG für diesen Fall grundsätzlich bestimmt, dass ausschließlich die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes anzuwenden sind. Der Bundesgerichtshof legt § 5 Abs. 2 HWiG im Anschluss an das zur Haustürgeschäftsrichtlinie 85/577/EWG ergangene Urteil des EuGH vom 13.12.2001 - C-481/99 -, NJW 2202, 281 richtlinienkonform dahin aus, dass Kreditverträge nicht zu den Geschäften gehören, die im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG „die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz“ erfüllen, soweit das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht einräumt wie das Haustürwiderrufsgesetz (BGH, Urt. v. 9.4.2002 - XI ZR 91/99 - BGHZ 150, 249; Urt. v. 10.9.2002 - XI ZR 151/99 - NJW 2003, 199; Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 334 f.; Urt. v. 14.6.2002 - II ZR 395/ 01 - BGHZ 159, 281, 283). Ein solches Zurückbleiben des Verbraucherkreditgesetzes hinter dem Haustürwiderrufsgesetz, das zum Ausschluss der Subsidiarität des Haustürwiderrufsgesetzes führt, hat der Bundesgerichtshof bejaht im Hinblick auf den Ausschluss des Widerrufsrechts bei Realkreditverträgen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG (BGHZ 150, 249; NJW 2003, 199; BGHZ 152, 331, 334 f.) und im Hinblick auf die einschränkende Bestimmung des § 7 Abs. 3 VerbrKrG, dass das Widerrufsrecht nach Empfang des Darlehens erlischt, wenn der Kreditnehmer das Darlehen nicht binnen zweier Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt (BGHZ 159, 281, 288). Im Streitfall kommen diese beiden Widerrufsbeschränkungen zwar nicht zur Anwendung; denn es liegt weder ein Realkreditvertrag gemäß § Abs. 2 Nr. 3 VerbrKrG vor, noch kommt § 7 Abs. 3 VerbrKrG zum Zuge, da das Darlehen und der durch das Darlehen finanzierte Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 und 4 VerbrKrG bilden (nachstehend unter I 3 b) und in diesem Fall § 7 Abs. 3 VerbrKrG nicht anwendbar ist (§ 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG). Es verbleibt aber noch die weitere beim Haustürwiderruf nicht vorgesehene Beschränkung, die für das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz gilt, dass nämlich das Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG spätestens ein Jahr nach Abgabe der Darlehensvertragserklärung des Kreditnehmers erlischt (vgl. dazu, dass § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG auf das Haustürwiderrufsrecht auch nicht analog anwendbar ist BGH, Urt. v. 18.10.2004 - II ZR 352/04 - NJW-RR 2005, 180). Wegen dieses Zurückbleibens der Verbraucherkreditgesetzes gegenüber den haustürgeschäftlichen Regelungen greift die Ausschlussvorschrift des § 5 Abs. 2 HaustürWG auch im vorliegenden Fall nicht ein, und die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes finden Anwendung.
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b) Gemäß § 1 HWiG besteht ein Widerrufsrecht, wenn die Vertragserklärung des Kunden durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist und die Verhandlungen, auf denen der Abschluss des Vertrages beruht, nicht auf vorhergehende Bestellung des Kunden geführt worden sind. Dieser Tatbestand ist hier gegeben.
21
Wie der als Zeuge gehörte Vermittler M. glaubhaft angegeben hat, hat er die Klägerin (die er schon in den beiden Vorjahren in Vermögensangelegenheiten beraten hatte, ohne dass es zu einem konkreten Geschäftsabschluss gekommen war) in der ersten Septemberhälfte 1997 angerufen und mit ihr ein Beratungsgespräch in der Wohnung der Klägerin für den 16.9.1997 vereinbart. Bei dem Gespräch am 16.9.1997, in dem es um Vermögensanlage und Altersvorsorge ging, schlug er die darlehensfinanzierte Beteiligung an der A.-Immo-10-GbR vor. Vor dem Gespräch hatte er sich bei der Allgemeine Immobilien- und Service-Gesellschaft mbH (A. I. M. S.), der für das vorliegende Objekt zuständigen Vertriebsgesellschaft der ...-Gruppe - die ...-Gruppe war von den Fondsinitiatoren mit dem Vertrieb der A.-Immo-Beteiligungen beauftragt worden -, erkundigt, dass die Beklagte das Objekt geprüft hatte und bereit war, Beteiligungen an dem Fonds zu finanzieren. Er hatte auch die aktuellen Darlehenskonditionen der Beklagten in Erfahrung gebracht, mit denen er am 16.9. die Sache mit der Klägerin durchrechnete. Herr M. veranlasste die Klägerin, eine Beitrittserklärung zu unterzeichnen und füllte mit ihr zusammen eine „Selbstauskunft zur Beantragung der Finanzierung“ aus, die er über die A. I. M. S. der Beklagten zuleitete. Die Beklagte prüfte die gewünschte Finanzierung und machte am 26.9.1997 (einem Freitag) die das Darlehen betreffenden Erklärungen und Unterlagen fertig (Darlehensvertrag, Abtretung der Rechte aus den Lebensversicherungen, Gehaltsabtretung, Verpfändung der A.-Immo-Beteiligung), die zur Unterzeichnung nach Berlin geschickt wurden (ob an die Klägerin oder an den Vermittler M., war den Beteiligten nicht mehr erinnerlich). Am Montag, dem 29.9.1997, wurde die Vertragserklärung der Klägerin, dass sie der Immobilienfondsgesellschaft beitritt, notariell beurkundet. Der Notartermin war von Herrn M. vereinbart worden, nachdem er über die A. I. M. S. telefonisch erfahren hatte, dass die Fondsgesellschaft und die Beklagte das Geschäft genehmigt hatten. Unmittelbar vor dem Termin oder kurz danach (dies konnte der Zeuge M. nicht mehr genau angeben) wurden der Darlehensantrag und die sonstigen von der Beklagten übersandten Schriftstücke entsprechend den Erläuterungen von Herrn M. von der Klägerin unterzeichnet (wie die Klägerin angibt, ebenfalls in ihrer Wohnung). Herr M. schickte die Unterlagen an die Beklagte zurück, die dann mit Schreiben vom 17.10.1997 der Klägerin die für sie bestimmten Durchschriften übersandte.
22
Der vorstehende Sachverhalt ergibt, dass die dem Darlehensvertrag vorangehenden Vermittlungsverhandlungen am 16.9.1997 Verhandlungen in einer „Haustürsituation“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG waren und dass durch sie die Klägerin zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung Ende September oder Anfang Oktober 1997 bestimmt worden ist. Letzteres, das Bestimmtsein zum Abschluss des Darlehensvertrages durch die Haustürgeschäfts-Verhandlungen am 16.9.1997 wird von der Beklagten zu Unrecht bestritten.
23
aa) Die Tatbestandsvoraussetzung, dass der Kunde durch die Haustürgeschäfts-Situation gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG zu der Vertragserklärung „bestimmt“ worden ist, bringt - ähnlich wie das Bestimmtsein durch eine arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung gemäß § 123 Abs. 1 BGB - das Erfordernis des Kausalzusammenhangs zwischen der besonderen Haustürgeschäfts-Situation und der Abgabe der Vertragserklärung zum Ausdruck. Ausreichend ist eine Mitursächlichkeit. Es ist nicht erforderlich, dass die besonderen Umstände der ersten Kontaktaufnahme die entscheidende Ursache darstellen; es genügt, dass sie einen unter mehreren Beweggründen ausmachen, sofern nur ohne sie der später geschlossene Vertrag nicht oder nicht so wie geschehen zustandegekommen wäre. Auch ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen Verhandlungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG und der Vertragserklärung wird vom Gesetz nicht gefordert (BGH, Urt. v. 16.1.1996 - XI ZR 116/95 - BGHZ 131, 385, 392; Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 460/02 - NJW-RR 2004, 1126; Urt. v. 8.6.2004 - XI ZR 167/02 - NJW 2004, 2744; Urt. v. 18.10.2004 - II ZR 352/02 - NJW-RR 2005, 180, 181). Bei alledem ist die tatsächliche Vermutung, dass die Abgabe der Vertragserklärung auf den besonderen Umständen der ersten Kontaktaufnahme beruht, umso stärker, je kürzer der zeitliche Abstand zwischen beiden ist (BGHZ 131, 392).
24
bb) Im Streitfall lag zwischen den Haustürgeschäfts-Verhandlungen am 16.9.1997 und der Abgabe der Darlehensvertragserklärung Ende September/Anfang Oktober 1997 nur der verhältnismäßig kurze Zeitraum von etwa zwei Wochen. Noch entscheidender ist, dass die Klägerin gleich am 16.9.1997 eine formularmäßige „Beitrittserklärung“ unterzeichnet hat, in der es heißt:
25
„Ich/Wir schließe/n mit dem Treuhänder, Herrn Dipl.-Kfm. E. B., ... den Treuhandvertrag in dem Umfang und Wortlaut ab, wie dieser als Anlage Nr. 4 der Basisurkunde (Emissions-Prospekt Teil 2) abgedruckt ist. Gleichzeitig erteilen wir die dort enthaltene Vollmacht in deren Umfang und Wortlaut.
26
Ich/Wir erkenne/n den im Emissions-Prospekt Teil 2 abgedruckten Gesellschaftsvertrag, samt der darin enthaltenen Vollmachten für die Geschäftsführung der A. IMMO GbR 10 als Bestandteil dieser Beitrittserklärung verbindlich an und bestätige/n den zweiteiligen Emissions-Prospekt erhalten zu haben.
27
Ich/Wir verpflichte/n mich/uns, die notariell beurkundeten Vertragsangebote zum Beitritt in die Gesellschaft und auf Abschluß eines Treuhandvertrages nachzureichen.“
28
Durch die Unterzeichnung dieser Erklärung musste sich die Klägerin rechtlich gebunden fühlen. Und eine solche rechtliche Bindung bestand auch tatsächlich. Denn der Eintritt in die Fondsgesellschaft bedurfte nicht der notariellen Beurkundung (Palandt, BGB, 65. Aufl., § 311b Rn. 9), und rechtliche Überlegungen, wie lange eine einseitige, vom Vertragsgegner nicht sofort angenommene Verpflichtungserklärung gemäß § 147 Abs. 2 BGB bindend ist, werden von einem juristischen Laien, jedenfalls zunächst, nicht angestellt. Der Abschluss des Darlehensvertrages mit der Beklagten ist in der Erklärung vom 16.11.1997 noch nicht genannt. Da die Beklagte aber die einzuzahlenden 30.000 DM nicht in bar besaß, war die Darlehensaufnahme zwingend, wobei als Kreditinstitut von vornherein nur die Beklagte im Gespräch war und die Klägerin keine andere Bank kannte, die zur Finanzierung der A.-IMMO-Beteiligung bereit war.
29
cc) Die Beklagte beruft sich auf von ihr vorgelegte Entscheidungen von Oberlandesgerichten, die in Fällen eines kürzeren Zeitraums zwischen haustürgeschäftlichen Erstverhandlungen und Darlehensvertrag den Kausalzusammenhang verneint haben, wenn vor der Darlehensvertragserklärung das zu finanzierende Anlagegeschäft notariell beurkundet worden ist, wobei mit § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG (kein Widerspruchsrecht, wenn die Willenserklärung von einem Notar beurkundet worden ist) argumentiert wird (OLG Jena, Urt. v. 8.1., 13.1. und 18.5.2004 - 5 U 101/03, 5 U 250/03 und 5 U 893/03; OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.4.2004 - 16 U 25/03; KG, Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 29.11.2005 - 21 U 49/04). Abgesehen davon, dass vorliegend nicht mehr eindeutig zu klären sein dürfte, ob die Darlehensvertragserklärung von der Klägerin vor oder nach der notariellen Beurkundung des Beitritts zur Fondsgesellschaft unterzeichnet worden ist, kann der Rechtsansicht, die in den genannten Oberlandesgerichtsentscheidungen vertreten wird, nicht gefolgt werden (ebenso im Ergebnis BGH, Urt. v. 21.1.2003 - XI ZR 125/02 - ZIP 2003, 432, 433). Die notarielle Beurkundung schließt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG den Widerruf nur hinsichtlich derjenigen Willenserklärung aus, die notariell beurkundet worden ist, und das war vorliegend nur die Übernahme der Gesellschafterbeteiligung, nicht auch die Darlehensvertragserklärung. § 1 Abs. 2 Nr.3 HWiG über seinen Wortlaut hinaus irgendwie erweiternd oder mittelbar anzuwenden, besteht kein Anlass. Dies nicht nur, weil ein lediglich den Sacherwerb beurkundender Notar keinen Anlass hat, aufklärende Hinweise auch zu der etwa notwendigen Finanzierung zu geben, sondern auch und vor allem, weil § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG eine rechtspolitisch verfehlte, an den tatsächlichen Verhältnissen vorbeigehende Vorschrift ist. Bei darlehensfinanzierten Immobilienerwerbs- oder -beteiligungsgeschäften, die in einer Haustürsituation angebahnt wurden, bieten Beurkundungen durch Notare, die der Immobilienverkäufer oder die Fondsinitiatoren oder die von diesen beauftragten Vermittler ausgesucht haben (im Fachjargon als „Mitternachtsnotare“ bezeichnet, vgl. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427, 431), keinerlei Gewähr, dass der vom Haustürvermittler überfahrene Kunde, der die erheblichen Risiken des Geschäfts im Regelfall nicht ermessen kann, vom Notar aufgeklärt und beraten und insoweit ein hinreichendes Gegengewicht gegen die Haustürgeschäfts-Überrumpelung geschaffen wird (vgl. Gallois, BB 1990, 2062, 2063 ff.). Bezeichnend für die Situation im vorliegenden Fall ist, dass die Klägerin sich ausweislich der vorgelegten notariellen Urkunde damit einverstanden erklärt hatte, dass die Beurkundung „im Rahmen einer Sammelbeurkundung gemeinsam mit vier weiteren Beurkundungen“ erfolgt.
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dd) Bei den darlehensfinanzierten Immobilienerwerbs- und -beteiligungsgeschäften, die als Haustürgeschäfte angebahnt werden, ist im Übrigen ganz allgemein davon auszugehen, dass das Bestimmtsein der endgültigen Vertragserklärungen durch die Besonderheiten der Haustürgeschäfts-Anbahnung auch dann zu bejahen ist, wenn zwischen der ersten Werbung und dem Abschluss des Vertrages ein längerer, u. U. mehrmonatiger Zeitraum liegt. Die genannten Immobiliengeschäfte unterscheiden sich nämlich von den normalen Haustürgeschäften in einem wesentlichen Punkt. Die üblichen Haustürgeschäfte sind, was den Vertragsgegenstand und -inhalt betrifft, Geschäfte, die dem Kunden geläufig sind; es handelt sich im allgemeinen um Gebrauchsgüter- oder Verbrauchsgüterkaufverträge oder übliche Werkverträge, die auch von den weniger Geschäftsgewandten - das ist normalerweise die Kundschaft der Haustürgeschäfte (vgl. die amtl. Begr. zum HaustürWG, BT-Drucks. 10/2876 S. 6) - in gleicher oder ähnlicher Art immer wieder geschlossen werden. Das aber bedeutet: Das Defizit aufgrund der haustürgeschäftlichen Werbung hinsichtlich geschäftsvorbereitender Überlegungen und Prüfungen, verglichen mit dem normalen, eigeninitiierten Geschäftsabschluss, verringert sich bei diesen der Art nach bekannten Geschäften, wenn nach der haustürgeschäftlichen Erstwerbung eine Überlegungspause eingeschaltet wird, in der die Sache nochmals überdacht und im Rahmen der vorhandenen Erfahrung Qualität und Preiswürdigkeit des Haustürangebots überprüft werden kann, und der Kunde kontrahiert, wenn später der Vertrag geschlossen wird, kaum weniger informiert und eigenbestimmt, als wenn er von vornherein von sich aus die Dinge in Gang gebracht und den Verkäufer aufgesucht hätte. Und bei diesen Gegebenheiten konnte der Gesetzgeber, der derartige Alltagsgeschäfte als Haustürgeschäfte vor Augen hatte, das dem Kunden eingeräumte Widerrufsrecht zeitlich begrenzen, und es ist entsprechend die tatsächliche Vermutung gerechtfertigt, dass das Bestimmtsein des Geschäftsabschlusses durch die Besonderheiten der haustürgeschäftlichen Werbung nach einer gewissen Zeitspanne nicht mehr anzunehmen ist. Ganz anders verhält es sich in dieser Hinsicht aber bei den auf Kreditbasis geschlossenen Immobiliengeschäften, die als Haustürgeschäfte zustande kommen. Diese Geschäfte liegen gänzlich außerhalb des Horizonts des normalen Haustürgeschäftkunden. Sie sind komplex und setzen ein erhebliches, außerhalb der Alltagsgeschäfte liegendes Erfahrungswissen voraus, das auch weit über das Wissen bei einfachen Vermögensanlagen (Spar- oder Bausparverträge, Lebensversicherungen, Erwerb verhältnismäßig risikofreier Wertpapiere) hinausgeht. Wer hier geschäftlich agieren und imstande sein will, die Vor- und Nachteile einigermaßen vernünftig abzuwägen und die Risiken zu beurteilen, braucht ein Minimum an Immobilienmarkterfahrung, übliche Vermieterkenntnisse, Erfahrungen hinsichtlich Miteigentümer- oder Gesellschafterbeteiligungen bei derartigen Publikumsgesellschaften oder -immobiliengemeinschaften, ferner ein Minimum an Kenntnissen hinsichtlich Finanzierungen (vor allem auch im Hinblick auf die komplizierten mehrgleisigen Finanzierungen, die bei derartigen Vermögensanlagen ohne Eigenkapital weithin angeboten werden) und ein gewisses Abschätzenkönnen der steuerlichen Folgen. Da dem Haustürgeschäftskunden dies alles völlig fern liegt und unzugänglich ist, ergibt sich bei der Frage des Kausalzusammenhangs zwischen erster Haustürgeschäftswerbung und späterem Vertragsschluss: Erstens: Das Geschäft ist bei diesen Kunden nur als Haustürgeschäft denkbar; aus eigener Initiative, d. h. ohne haustürgeschäftliche Werbung würden sie sich niemals an derartige spekulative Vermögensanlagen, die sie nicht im Entferntesten beurteilen können, heranwagen. Und zweitens: Auch ein nachträgliches Aufholen des bei Haustürgeschäften üblichen ersten Wissens- und Überlegungsdefizits innerhalb der Zeitspanne bis zur endgültigen Vertragserklärung scheidet bei diesen Geschäften aus; denn es fehlen alle Voraussetzungen, sich nachträglich ergänzend zu informieren und dadurch „schlauer“ zu werden. Neues ergibt sich erst, und erst dann merkt der Haustürgeschäfts-Immobilienanleger etwas, wenn später beim Anlageobjekt die Dinge schief laufen oder wenn sich im Hinblick auf die eigene persönliche und wirtschaftliche Situation die Finanzbelastung auf die Dauer als inadäquat erweist. Das heißt: Dass die Haustürgeschäftswerbung conditio sine qua non und wesentlich mitbestimmend im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG für den Vertragsabschluss ist, ist im Regelfall auch noch nach längerer Zeit zu bejahen.
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c) Sind die haustürgeschäftlichen Verhandlungen nicht vom Leistungsanbieter selbst (hier: der Beklagten), sondern über einen Vermittler geführt worden, ist nach herrschender Auffassung, insbesondere auch nach der Rechtsprechung des XI. und des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, für die Anwendung des § 1 HWiG erforderlich, dass die haustürgeschäftlichen Verhandlungen dem vertragsschließenden Unternehmen „zuzurechnen“ sind, wobei auf die Grundsätze abgestellt wird, die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB entwickelt worden sind (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01 - ZIP 2003, 22, 24 f. = NJW 2003, 424, 425; Urt. v. 15.7.2003 - XI ZR 162/00 - ZIP 2003, 1741, 1743; Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 460/02 - ZIP 2004, 500, 502; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 281, 285 und öfter). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen; dass die Haustürsituation dem Unternehmen als Empfänger der Vertragserklärung des Kunden entsprechend § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB zuzurechnen ist, ist nach dem Gesetz nicht notwendig (ebenso für die EG-Haustürgeschäfts-Richtlinie 85/577/EWG: EuGH, NJW 2005, 3555, Abschn. 41 - 44). Der Wortlaut des § 1 HWiG stellt nur auf die objektiv bestehende Haustürgeschäftssituation ab, und auch die Auslegung nach dem objektiven Sinn und Zweck der Vorschrift führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB, den der Bundesgerichtshof heranzieht, geht es um die Zurechnung eines unrechtmäßigen Verhaltens, das nach dem Gesetz Voraussetzung für die Anfechtung aufgrund eines Motivirrtums ist, der normalerweise rechtlich unbeachtlich ist und den Bestand des Vertrages nicht in Frage stellt. Ein solches unrechtmäßiges Verhalten spielt bei der Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes keine Rolle. Vielmehr steht hier der Schutz vor übereilten Geschäften in Frage, weil das Gesetz den Kunden, der in der Haustürsituation eine Willenserklärung abgibt, ähnlich behandelt wie einen, der zunächst nicht im Vollbesitz der für eine privatautonome rechtsgeschäftliche Bindung notwendigen Kenntnisse und Eigeninteressenwahrnehmungsmöglichkeiten ist, also quasi wie einen beschränkt Geschäftsfähigen, bei dem es ebenfalls nur auf die objektive Situation und nicht darauf ankommt, ob der Vertragsgegner die beschränkte Geschäftsfähigkeit kennt oder kennen muss. Eindeutig unzutreffend ist im übrigen, wenn der Bundesgerichtshof in der Entscheidung ZIP 2003, 22, auf Seite 25 bei seiner Argumentation darauf verweist, das Erfordernis der Zurechnung einer Haustürsituation nach den Grundsätzen des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB finde eine Stütze in der amtlichen Begründung des Haustürwiderrufgesetzes, wo zur Auslegung des § 1 HWiG ausdrücklich auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 123 BGB verwiesen werde. In der genannten amtlichen Begründung (BT-Drucks. 10/2876 S. 11; abgedruckt auch in ZIP 1985, 376 ff.) wird zwar § 123 BGB erwähnt, aber nur § 123 Abs. 1, der die beiden Anfechtungstatbestände arglistige Täuschung und Drohung enthält, während die Zurechnung eines rechtswidrigen Drittverhaltens in § 123 Abs. 2 Satz 1 geregelt ist und die diesbezügliche Regelung nur für die arglistige Täuschung gilt. Außerdem wird § 123 Abs. 1 BGB in der amtlichen Begründung nur im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal „bestimmt worden ist“ erwähnt, bei dem es um die Kausalität der Täuschung oder Drohung geht (vgl. Palandt, BGB, § 123 Rn. 24), nicht um die Zurechnung des Verhaltens eines Dritten.
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2. Bei einem Haustürgeschäft, das im Streitfall nach alledem vorliegt, wird die Vertragserklärung des Kunden erst wirksam, wenn der Kunde sie nicht binnen einer Woche schriftlich widerruft (§ 1 Abs. 1 HWiG ). Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn die andere Vertragspartei dem Kunden eine drucktechnisch deutlich gestaltete schriftliche Belehrung über sein Recht zum Widerruf einschließlich Namen und Anschrift des Widerrufsempfängers sowie der Bestimmung des Satzes 1 (zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung) ausgehändigt hat (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG ). Die Belehrung darf keine anderen Erklärungen enthalten und ist vom Kunden zu unterschreiben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG ). Vorliegend ist der Anforderung, dass die Belehrung keine anderen Erklärungen enthalten darf, nicht genügt, weswegen die einwöchige Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt worden ist. Die von der Beklagten unterschriebene Belehrung über ihr Widerrufsrecht (Anlage B 12, 4. Blatt unterer Teil) enthält nämlich außer dem Belehrungstext gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 HWiG noch die beiden Sätze, die etwas kleiner gedruckt sind:
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„Im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts kommt auch das finanzierte Geschäft nicht wirksam zustande.
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Im gleichen Umfang kann der Mithaftende seine Mithaftungserklärung widerrufen, soweit diese nicht im Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit steht.“
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Der erste dieser beiden Sätze gibt die Rechtslage bei einem Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 1 VerbrKrG, wenn Kreditvertrag und finanziertes Geschäft ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG sind, wieder (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG). Dieselbe Rechtsfolge (Nichtzustandekommen auch des finanzierten Geschäfts bei Widerruf der Darlehensvertragserklärung) gilt aber entsprechend - insoweit ist § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG analog anzuwenden -, wenn die Darlehensvertragserklärung bei einem Verbunddarlehen gemäß § 1 HWiG widerrufen wird (vgl. nachstehend unter I 3 a), und es ist nahe liegend, auch die diesbezügliche, in § 9 Abs. 2 Satz 2 HWiG für den Verbraucherkreditgesetz-Widerruf geregelte Belehrungserweiterung bei der Belehrung über den Haustürgeschäfts-Widerruf gemäß § 2 Abs. 1 HWiG entsprechend anzuwenden. Die Frage braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn der Anforderung des § 2 Abs. 1 Satz 3 HaustürWG (keine anderen Erklärungen bei der Widerrufsbelehrung) ist vorliegend auf jeden Fall durch den hinzugefügten zweiten Satz nicht genügt: „Im gleichen Umfang kann der Mithaftende seine Mithaftungserklärung widerrufen, soweit diese nicht im Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit steht.“ Dieser Satz mag richtig und zur rechtlichen Erläuterung vielleicht nützlich sein. Aber er ist nicht notwendig, um die elementare und für jedes Verständnis wesentliche Tragweite des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung klarzustellen. Derartige, vielleicht nützliche, aber nicht zwingend erforderliche Zusätze will § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG ausschließen. Die Vorschrift will möglichst gewährleisten, dass der Kunde den essentiellen Belehrungstext wirklich liest und aufnimmt, und dieses wirkliche Lesen und Verstehen wird durch das Hinzutreten jedes weiteren Satzes gefährdet, da mehr oder weniger ein Textkonglomerat entsteht, das der Kunde, wie er es bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen gewohnt ist, aus zeitökonomischen Gründen, und weil er die juristisch-abstrakten Sätze im Zweifel doch nicht versteht, normalerweise von vornherein nicht zur Kenntnis nimmt. Insofern ist nach dem Gesetz, das hier im Interesse einer einfachen und eindeutigen Rechtsanwendung formell sein muss, schon ein einziger zusätzlicher Satz schädlich, mag er auch, wie im Streitfall, kleiner gedruckt sein, als der in § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG vorgeschriebene Belehrungstext.
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Dass die erteilte Widerrufsbelehrung der Anforderung des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG nicht entspricht, hat zur Folge, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag zu keinem Zeitpunkt wirksam geworden ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Nichtbeachtung der Vorschrift darauf beruht, dass bei Abschluss des Darlehensvertrages § 5 Abs. 2 HWiG nach herrschender Auffassung entsprechend seinem Wortlaut dahin ausgelegt wurde, dass das Haustürwiderrufsgesetz bei Verbraucherkrediten keine Anwendung findet, und die jetzige restriktive Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG im Hinblick auf die EG-Haustürgeschäfts-Richtlinie (vgl. vorstehend unter 1 a) erst seit dem BGH-Urteil vom 9.4.2002 - XI ZR 91/99 - BGHZ 150, 249 gilt (BGH, Urt. v. 8.6.2004 - XI ZR 167/02 - NJW 2004, 2744 f.; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 280, 287).
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3. Die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages, der nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen worden ist, sind unterschiedlich je nachdem, ob Darlehen und darlehensfinanziertes Geschäft ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG sind oder nicht.
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a) Liegt ein verbundenes Geschäft vor, so erfolgt die Darlehensrückabwicklung nicht isoliert derart, dass der Kreditnehmer gemäß § 3 Abs. 1 Satz HWiG die bisher bezahlten Zinsen zurückfordern kann, während die Bank Anspruch auf die Darlehenssumme hat und für die Zeit, für die der Kreditnehmer die Darlehensvaluta zur Verfügung hatte, einen Nutzungsersatz gemäß § 3 Abs. 3 HWiG in Höhe marktüblicher Zinsen beanspruchen kann (vgl. BGHZ 152, 331, 335 f.). Sondern bei der Rückabwicklung werden Darlehen und finanziertes Geschäft als Einheit behandelt, so als wären die Verbundpartner - der Leistende, der beim finanzierten Geschäft die Sachleistung erbracht hat, und der Darlehensgeber - ein und dieselbe Person und als hätten sie ihre Leistung im Rahmen eines einzigen Vertrages erbracht, der nunmehr als unwirksam behandelt wird. War das im Verbund finanzierte Geschäft eine Beteiligung an einem Immobilienfonds und wird die Gesamtrückabwicklung nach Auszahlung der Kreditsumme an die Fondsgesellschaft gegenüber dem Darlehensgeber geltend gemacht (letzteres entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 4 VerbrKrG), bedeutet dies: Vom Anleger empfangen und nunmehr zurückzugewähren ist nicht das Darlehen, sondern die Fondsbeteiligung, die er, samt den gezogenen Nutzungen (Gewinnausschüttungen der Fondsgesellschaft), an die Bank herauszugeben hat, während er selbst von seinen noch nicht erbrachten Leistungen - spätere Zahlung der Kreditsumme; Zahlung der künftig fälligen Zinsen - frei wird und die schon erbrachten Leistungen (die bisher gezahlten Zinsen) zurückfordern kann. Diese typische Verbundabwicklung, d. h. die einheitliche Unwirksamkeitsbehandlung von Sachleistungs- und Darlehensvertrag und die Zusammenfassung der Verträge bei den zurückzugewährenden Leistungen, hat, soweit der Unwirksamkeitsgrund das Darlehen betrifft, ihren gesetzlichen Ausdruck in § 9 Abs. 2 VerbrKrG gefunden; danach ist bei einer gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG noch widerruflichen Darlehensvertragserklärung auch das finanzierte Geschäft, solange der Darlehensvertrag widerruflich ist, nicht als wirksam zu behandeln, und bei der Rückabwicklung tritt in diesem Fall, wenn der Kreditbetrag dem Sachleistungsunternehmer zugeflossen ist, der Kreditgeber in die Rechte und Pflichten des Sachleistungsunternehmers ein. § 9 Abs. 2 VerbrKrG ist aber Ausdruck eines übergreifenden, der Verbundregelung des Verbraucherkreditgesetzes zugrunde liegenden Rechtsgedankens: Der Zweck der das Darlehen betreffenden Unwirksamkeitsnorm, soweit diese dem Schutz des Verbrauchers dient und ihn vor der Vertragsbindung bewahren soll, würde vielfach nicht erreicht, und der Verbraucher könnte die Unwirksamkeitsrechtsfolgen nicht in freier Entscheidung geltend machen, wenn er isoliert zur Darlehensrückzahlung verpflichtet wäre und sich seine Rechte und Pflichten gegenüber dem Vertragspartner des finanzierten Geschäfts unabhängig von der das Darlehen betreffenden Unwirksamkeitsregelung bestimmen würden, dies trotz der gesetzlichen Regelung und Wertung des § 9 VerbrKrG, dass die formelle, in der Regel einem wirtschaftlich unterlegenen Vertragspartner offerierte Aufspaltung in zwei Verträge, während aus der Sicht des Verbrauchers die Leistungen des Sachleistungsunternehmers und des Darlehensgebers als einheitliche Leistung erscheinen, eine - gemessen an den Gegenseitigkeits- und Zug-um-Zug-Regelungen der normalen, einvertraglichen Vertragsbeziehung - unbillige Benachteiligung des Verbrauchers bedeutet. „Der Verbraucher“, so heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 9 VerbrKrG (bezogen auf den Fall, dass der im Verbundgeschäft finanzierte Vertrag ein Kaufvertrag ist), „soll durch die rechtliche Aufspaltung nicht schlechter gestellt werden, als wenn ihm - wie bei einem einfachen Abzahlungskauf - nur ein Vertragspartner gegenüberstünde“ (BT-Drucks. 11 5462 S. 23). Dieses gesetzliche Prinzip, das der nur partiellen Regelung des § 9 Abs. 2 VerbrKrG zugrunde liegt, muss vollständig zur Anwendung gebracht werden, auch dort, und zwar im Rahmen einer Rechtsanalogie, wo das Gesetz zu eng gefasst ist und es, gemessen an der Ratio legis, nur eine Teilregelung enthält. Entsprechend diesen Erwägungen hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher, und zwar wiederum sowohl der II. Zivilsenat wie auch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, soweit über andere das Darlehen betreffende Unwirksamkeitsgründe außerhalb des § 9 Abs. 2 VerbrKrG zu entscheiden war, die typische, dem Ein-Vertrags-Prinzip folgende Verbundrückabwicklung angewandt (so für den Fall der Widerruflichkeit des Darlehensvertrages nach dem HaustürWG: BGH, Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 164/65 - BGHZ 133, 255, 259 ff.; Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 197/95 - ZIP 1996, 1943, 1944 f. = NJW 1996, 3416, 3417; Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 337 unter bb; Urt. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 281, 287 ff.; und für den Fall, dass der Darlehensvertrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und § 6 VerbrKrG unwirksam ist: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 309 ff.; BGH, Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843, 845).
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b) Im Streitfall bilden Fondsbeitritt und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG:
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aa) Ein derartiger Verbund liegt gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG vor, wenn beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, was nach Satz 2 unwiderleglich vermutet wird, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02 - BGH 156, 46, 51; Urt. v. 23.9.2003 - XI ZR 135/02 - ZIP 2003, 2011, 2013; Urt. v. 14.6. 2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 281, 289). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bereits bevor die Fondsanleger geworben wurden, hatten sich die Initiatoren des Fonds und die Beklagte wegen der Finanzierung der Fondsbeteiligungen zusammengetan. Die Beklagte hatte das Objekt geprüft und die Finanzierung der von den Anlegern zu erbringenden Einlagen, vorbehaltlich der Kreditwürdigkeitsprüfung im Einzelfall, grundsätzlich zugesagt. Die Geschäftsanbahnung lief über die von den Fondsinitiatoren beauftragte A.I.M.S., eine Gesellschaft der ...-Firmengruppe, die ihrerseits Untervermittler einsetzte. Die Vermittler - dies hat der Zeuge M. im einzelnen geschildert - ließen sich, wenn sie neue Kunden ansprachen, die aktuellen Kreditkonditionen der Beklagten mitteilen, anhand deren sie dann die Finanzierung erläuterten und mit dem Kunden durchrechneten. Auch die für die Kreditwürdigkeitsprüfung notwendigen persönlichen Kundendaten wurden vom ...-Untervermittler in einer „Selbstauskunft zur Beantragung der Finanzierung“ aufgenommen und über die A.I.M.S. der Beklagten übermittelt. Darüber hinaus wurden vorliegend die später von der Beklagten übersandten Vertragserklärungen (Darlehensvertrag, Abtretung der Rechte aus den Lebensversicherungen usw.) vor Ort im Beisein der Untervermittlers und von diesem erläutert von der Klägerin unterschrieben und dann vom Vermittler zurückgeschickt. Geschäftsanbahnende Kontakte unmittelbar zwischen der Beklagten, die ihren Sitz in Baden-Württemberg hat, und der in Berlin wohnenden Klägerin gab es nicht; alle notwendigen Erläuterungen gegenüber der Klägerin erfolgten durch den vor Ort eingesetzten Untervermittler. Dass gerade die Beklagte die Fondseinlage der Klägerin finanzierte, war zwar nicht unbedingt notwendig; ein anderes Kreditinstitut, das sich zur Finanzierung bei diesem Objekt bereit erklärt hatte, ist aber der Klägerin nicht benannt worden, und erst recht stand nicht in Frage, dass die Klägerin selbst sich um den notwendigen Kredit bemüht. All diese Umstände zusammengenommen erfüllen zweifelsfrei die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit von Kreditvertrag und finanziertem Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG und den in § 9 Abs. 1 Satz 2 genannten Tatbestand, dass der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient. Dass die Beklagte die von den Fondsinitiatoren eingesetzten Vermittler ihrerseits ausdrücklich beauftragt oder ihnen eine Vermittlungsvergütung bezahlt hat, ist nicht erforderlich.
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Nur am Rande sei noch darauf hingewiesen, erstens, dass die Beklagte selbst beim Abschluss des Darlehensvertrages, wie die von ihr gewählte Widerrufsbelehrung unter Berücksichtigung des § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG zeigt, von einem Verbundgeschäft ausgegangen ist, und zweitens, dass soweit die Beteiligungen an der Fondsgesellschaft finanziert wurden, die Finanzierungen - dies dürfte dem zweitletzten Absatz des Gesellschafterversammlungsprotokolls vom 23.11.2000 (Anlage K 13) zu entnehmen sein - wohl ausnahmslos durch die Beklagte erfolgten.
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bb) Die Verbundrechtsfolgen des § 9 VerbrKrG gelten gemäß § 9 Abs. 1 zunächst für den Fall, dass das finanzierte Geschäft, das mit dem Kreditvertrag eine wirtschaftliche Einheit bildet, ein Kaufvertrag ist. § 9 Abs. 4 bestimmt sodann, dass die Rechtsfolgen entsprechend für Kredite gelten, die zur Finanzierung des Entgelts für eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache gewährt werden, und in der Rechtsprechung der hier maßgebenden Senate des Bundesgerichtshofs - des II. und des XI. Zivilsenats - ist anerkannt, dass unter § 9 Abs. 4 auch der kreditfinanzierte Erwerb einer Gesellschafterbeteiligung an einem Immobilienfonds fällt (BGH, Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 164/95 - BGHZ 133, 254 und BGH, Urt. v. 17.9.1996 - XI ZR 197/95 - ZIP 1996, 1943 [beide Entscheidungen noch für Vertragsabschlüsse vor der Geltung des Verbraucherkreditgesetzes, als aber die Rechtsprechung bereits die § 9 VerbrKrG entsprechenden Verbundrechtsfolgen, gestützt auf § 6 AbzG, herausgearbeitet hatte]; BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02 - BGHZ 156, 46, 50; BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 280, 289; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 39302 - BGHZ 159, 295, 309 ff. und öfter).
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c) Die danach sich ergebende Verbundrückabwicklung zwischen den Parteien, d.h. dass der Darlehensgeberin wegen der Nichtigkeit des Darlehensvertrags auch eine sich daraus ergebende Unwirksamkeit des Sachleistungsgeschäfts entgegengesetzt werden darf und dass die Rückgewähr der Darlehensgeber-Leistungen durch die Rückgewähr der Leistungen aus dem Sachleistungsvertrag (Fondsbeitritt) ersetzt wird, gilt vorliegend nicht nur für das eigentliche Entgelt für den Erwerb der Fondsbeteiligung: die Gesellschaftereinlage in Höhe von 30.000 DM, sondern auch für die bei der Geschäftsanbahnung angefallene und von der Beklagten mitfinanzierte Vermittlungsprovision in Höhe von 1.500 DM, die der Klägerin von der A. Marketing und Vertriebs GmbH in Rechnung gestellt wurde. Dieses Nebenentgelt war wirtschaftlich eine Vergütung für Leistungen der Fondsinitiatoren. Die Fondsbeteiligung wurde von ihnen in der Weise „verkauft“, dass der Anleger zusätzlich an eine ihrer Gesellschaften eine „Vermittlungs-Agio“ bezahlen musste. Nach dem Schutzzweck des § 9 VerbrKrG sind solche im Konzept des Sachleistungsvertrages mit enthaltene Nebenzahlungen in die einheitlich zwischen Verbraucher und Kreditinstitut durchzuführende Verbundrückabwicklung einzubeziehen.
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II. Abgesehen von der Unwirksamkeit nach dem Haustürwiderrufsgesetz ist der Darlehensvertrag auch gemäß § 6 Abs. 1 i. Verb. m. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b VerbrKrG (das Verbraucherkreditgesetz ebenfalls anwendbar in der bis zum 30.9.2000 gültigen Fassung) nichtig.
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1. Der mit der Beklagten geschlossene Kreditvertrag genügt nicht dem Formerfordernis des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG.
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a) Nach dieser Vorschrift muss die vom Kreditnehmer unterzeichnete Vertragserklärung den Gesamtbetrag aller vom Kreditnehmer zur Tilgung des Kredits sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen angeben, wenn der Gesamtbetrag bei Abschluss des Kreditvertrags für die gesamte Laufzeit der Höhe nach feststeht; bei Krediten mit veränderlichen Bedingungen, die in Teilzahlungen getilgt werden, ist ein Gesamtbetrag auf der Grundlage der bei Abschluss des Vertrages maßgeblichen Kreditbedingungen anzugeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die nach diesen Bestimmungen vorgeschriebene Angabe des Gesamtbetrags der Kreditnehmeraufwendungen auch bei Krediten, bei denen das Darlehen bis zum Ende der Laufzeit tilgungsfrei ist, sofern an Stelle der Darlehenstilgung Versicherungsprämien für eine Kapitallebensversicherung mit laufender Prämienzahlung zu entrichten sind und die später fälligen Leistungen aus der Versicherung (die Versicherungssumme und die gutgeschriebenen Überschussbeteiligungen) nach der übereinstimmenden Vorstellung der Parteien zur gänzlichen oder teilweisen Darlehensrückzahlung verwendet werden sollen dergestalt, dass die laufenden Prämienzahlungen wirtschaftlich regelmäßigen Tilgungsleistungen an das darlehensgewährende Kreditinstitut gleichstehen (BGH, Urt. v. 18.12.2001 - XI ZR 156/01 - BGHZ 149, 302; Urt. v. 8.6.2004 - XI ZR 150/03 - BGHZ 159, 270; Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04 - ZIP 2004, 2180). Vorliegend ist eine solche lebensversicherungsfinanzierte Darlehenstilgung zwischen den Parteien vereinbart worden. Verwendet wurden die beiden bis zum 1.12.2005 bzw. 1.10.2007 laufenden Lebensversicherungen der Klägerin bei der V. Lebensversicherung AG über 9.313 DM und 10.341 DM. Die betreffenden Verträge wurden zwar nicht erst anlässlich der Finanzierung der Fondsbeteiligung der Klägerin geschlossen; sie liefen schon seit Dezember 1990 bzw. Oktober 1992. Die Versicherungen wurden aber in der Weise in die Darlehensabwicklung eingebunden, dass neben den aufgrund der bisherigen Prämienzahlungen zu beanspruchenden Leistungen auch die weiteren Versicherungsleistungen entsprechend den künftigen, ab der Darlehensaufnahme zu zahlenden Prämien für die Darlehenstilgung zu verwenden waren. In der Anlage zum Darlehensvertrag „Besondere Vereinbarungen“ wurde festgelegt, dass die Tilgung durch die Auszahlungen aus den Versicherungen erfolgt (ein verbleibender Restbetrag war aus den Eigenmitteln der Klägerin zu erbringen) und dass die Klägerin sich auch gegenüber der Beklagten verpflichtete, die weiteren Prämien an die Versicherung zu zahlen, mit dem Recht der Beklagten, bei Prämienzahlungsverzug den Darlehensvertrag zu kündigen. Zusätzlich verknüpft wurden Darlehen und Versicherungsverträge durch die Abtretung der Rechte aus den Versicherungen in Höhe erstrangiger Teilbeträge von 7.000 DM und 14.000 DM.
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b) Dass die Rechtsprechung, wenn ein tilgungsfreies Darlehen mit einer Tilgungsversicherung verbunden wird, § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG entsprechend anwendet, führt in diesen Fällen zur sinngemäßen Erweiterung der Vorschrift dahin, dass der anzugebende Gesamtbetrag der Kreditaufwendungen auch die den Aufwand erhöhenden und vermindernden Zahlungen der Lebensversicherung umfassen muss. D.h. neben der Rückzahlungssumme und den Zinsen und Kosten des Darlehens sind mit zu berücksichtigen die Versicherungsprämien und, als Abzugsposten, die zur Tilgung zu verwendende Versicherungssumme. Ob als weiterer Abzugsposten auch die dem Versicherungsnehmer gutzuschreibenden Überschussbeteiligungen in die Rechnung einzubeziehen sind - gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b Satz 2 VerbrKrG wohl angesetzt entsprechend der Ausschüttungshöhe zur Zeit des Abschlusses des Darlehensvertrages - (dies wäre folgerichtig, bedürfte für die Praxis allerdings noch der richterlichen Konkretisierung), kann hier offen bleiben. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG ist nämlich vorliegend in keinem Fall genügt, da im Darlehensvertrag zwar ein Gesamtbetrag der Kreditaufwendungen genannt ist (54.269,02 DM), dieser Betrag aber, wie bereits in der gerichtlichen Verfügung vom 6.10.2005 ausgeführt, nur die kostenrelevanten Positionen des Darlehens, nicht auch der Lebensversicherung berücksichtigt.
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c) Die Nichtberücksichtigung der Additions- und Subtraktionsbeträge, die aufgrund der Lebensversicherung anfallen, führt gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG zur Nichtigkeit des Kreditvertrages. Allerdings sieht die Vorschrift, wenn den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis f und Nr. 2 Buchst. a bis e genannten Anforderungen nicht genügt ist, die Vertragsnichtigkeit nur vor, wenn eine der nach diesen Vorschriften erforderlichen Angaben fehlt, während eine nur fehlerhafte Angabe, wie im Streitfall, grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit führt (BGH, Urt. v. 4.10.2003 - XI ZR 134/02 - NJW 2004, 154, 155 [die Entscheidung betraf den Fall der unrichtigen Angabe der Vermittlerkosten gemäß Nr. 1 Buchst. c]; Staudinger, BGB, §§ 491 - 507, Bearbeitung 2004, § 494 Rn. 9). In der Kommentarliteratur wird aber zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Nichtigkeitssanktion bei nur fehlerhaften Angaben ausnahmsweise bei schwerwiegenden Fehlern eingreift (so z.B. Ulmer, in: Münchener Kommentar BGB, 4. Aufl. § 496 Rn. 12), was Wagner-Wieduwilt (in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG, § 6 Rn. 11) für die Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b annimmt, wenn wesentliche Kostenpositionen nicht in den Gesamtbetrag eingeflossen sind. Dem ist nach Auffassung des Gerichts zu folgen, und es ist hinsichtlich der geforderten Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b die Vertragsnichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG anzunehmen, wenn, wie vorliegend, sämtliche Aufwandserweiterungs- und -minderungsposten der mit dem Darlehen verbundenen Tilgungsversicherung unberücksichtigt geblieben sind. Ohne eine solche über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Auslegung würde § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst b VerbrKrG in Fällen wie hier völlig leer laufen, und der Schutzzweck der Vorschrift, dass dem Kunden die wirtschaftliche Gesamtbelastung aus der Kreditaufnahme möglichst transparent vor Augen geführt und ihm eine Basis für einen Vergleich mit Kreditangeboten anderer Kreditgeber gegeben wird, würde gänzlich verfehlt.
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2. Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG führt, soweit beiderseits Leistungen erbracht worden sind, zur Rückabwicklung gemäß §§ 812 ff. BGB. Allerdings ist auch hier, ebenso wie bei der Unwirksamkeit des Vertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz, der Verbund von Darlehen und finanziertem Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG zu beachten mit der Folge, dass die Rückabwicklung sich nicht auf die darlehensvertraglichen Leistungen beschränkt, vielmehr so erfolgt, als wären der Darlehensgeber und der Leistende des Sachleistungsgeschäfts ein und dieselbe Person und als hätten sie die Leistungen im Rahmen eines einzigen Vertrages erbracht. Die Schutzerwägungen, die § 9 VerbrKrG zugrunde liegen und die im Verbundfall auch bei einer Unwirksamkeit nach dem Haustürwiderrufsgesetz zur entsprechenden Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz VerbrKrG führen (vorstehend unter I 3 a), gelten entsprechend, soweit der Darlehensvertrag gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig ist, und führen auch hier wieder zu den Abwicklungsfolgen: Der Kreditnehmer kann die auf das Darlehen gezahlten Zinsen zurückverlangen. Abzusetzen sind die Vorteile, die er bisher aus der mit dem Darlehen finanzierten Fondsbeteiligung gehabt hat, d.h. die bisherigen laufenden Gewinnausschüttungen, die von der Fondsgesellschaft direkt an die Beklagte gezahlt wurden und von dieser beim Einzug der Zinsbeträge betragsmindernd berücksichtigt worden sind. Des weiteren ist die sicherheitshalber erfolgte Übertragung von Rechten auf die Beklagte, insbesondere die Sicherungsabtretung des Lebensversicherungsrechte, rückgängig zu machen, da wegen der Vertragsnichtigkeit zu sichernde Ansprüche der Beklagten nicht bestehen. Die Klägerin andererseits muss der Beklagten ihre Fondsbeteiligung abtreten. Diese beiderseitigen Rückgewährpflichten sind Zug um Zug zu erfüllen (vgl. BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 309; Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843, 845).
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3. Daraus, dass der Fondsbeitritt und die Darlehensgewährung ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG bilden, ergibt sich die weitere Rechtsfolge, dass die Auszahlung der Darlehensvaluta an die Fondsgesellschaft über den Treuhänder B. nicht zur Heilung der gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG anzunehmenden Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach der Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG geführt hat. § 6 Abs. 2 Satz 1 regelt, dass der Kreditvertrag in den Fällen des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 gültig wird, soweit der Kreditnehmer „das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt“. Dies liegt im Normalfall vor, nicht nur, wenn das Kreditinstitut den Darlehensbetrag an den Darlehensnehmer selbst, sondern auch, wenn es ihn auf dessen Anweisung an einen Dritten zahlt; die Anweisungszahlung ist in gleicher Weise eine Leistung im Deckungsverhältnis Anweisender / Angewiesener wie eine Zahlung an den Anweisenden, mit der dieser seinen Gläubiger im Valutaverhältnis befriedigt (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 336 f. sowie für die Frage bei der Anwendung des § 7 Abs. 3 VerbrKrG, ob der Verbraucher das Darlehen empfangen hat: BT-Drucks. 11/5462 S. 22). Etwas anderes gilt aber, wenn die Darlehensvaluta auf Anweisung des Kreditnehmers wie hier - sei es unmittelbar, sei es, wie vorliegend, mittelbar (über den Treuhänder B.) - an den Unternehmer eines Sachleistungsgeschäfts gezahlt wird, das mit dem Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG bildet. Die Besonderheit der Leistungsbeziehungen zwischen den am Verbundgeschäft Beteiligten bringt es, wie vorstehend unter I 3 und II 2 ausgeführt, mit sich, dass der Darlehensnehmer im Verhältnis zum Darlehensgeber, wenn es um die Verbundrückabwicklung geht, so behandelt wird, als habe er nicht das Darlehen, sondern die vom Unternehmer des Sachleistungsgeschäfts erbrachte Leistung empfangen (so bei der Anwendung des früheren § 1d AbzG beim Widerruf des Kreditvertrags im Falle eines verbundenen Geschäfts: BGH, Urt. v. 29.3.1984 - III ZR 24/83 - BGHZ 91, 9, 17 f.; und die vorstehend unter I 3 a bereits genannten Entscheidungen BGHZ 133, 255, 259; BGHZ 152, 331, 337 unter bb und ZIP 2004, 1402, 1404 [zu § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG] und BGHZ 159, 295, 309 sowie WM 2005, 843, 844 [zur Rückabwicklung gemäß § 812 BGB i. Verb. m. §§ 4, 6 VerbrKrG]). Damit trifft § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG schon nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht zu: der Verbraucher hat kein Darlehen empfangen und keinen Kredit in Anspruch genommen.
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Entscheidender noch ist der Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG: An sich wäre, wenn der Kreditvertrag nicht den in § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG genannten Anforderungen entspricht, die endgültige Nichtigkeit des Vertrages die sachgerechte Sanktion zur Durchsetzung des vom Gesetz (§ 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1) gewollten Verbraucherschutzes. Diese Sanktion würde aber im Einzelfall, wenn das Darlehen ausbezahlt worden ist, den Verbraucher schlechter stellen, als er bei gültigem Darlehensvertrag stünde; er müsste gemäß § 812 BGB die Darlehensvaluta alsbald an die Bank zurückzahlen (BT-Drucks. 11/5462 S. 21, erster Absatz der Begründung zu § 5) und müsste dafür einen Kredit aufnehmen, den er anderweit u. U. entweder überhaupt nicht oder nur zu ungünstigeren Bedingungen bekommt. Aus diesem Grund ist in § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG angeordnet, dass mit der Auszahlung der Darlehensvaluta die gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG zunächst geltende Nichtigkeit des Kreditvertrages geheilt wird. Die sich damit ergebende erhebliche Einschränkung der Durchsetzung des gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 und § 6 Abs. 1 VerbrKrG an sich gewollten Verbraucherschutzes ist aber dann nicht notwendig, wenn der Darlehensvertrag zusammen mit dem finanzierten Sachleistungsvertrag ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG bildet und in diesem Fall die dargestellte typische Verbundrückabwicklung eingreift, die zur vollständigen Leistungsbefreiung des Kreditnehmers gegenüber beiden am Verbundgeschäft beteiligten Vertragsgegnern führt. Da insoweit der Gesetzeszweck des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG entfällt, muss die Vorschrift entsprechend dem rechtlichen Grundsatz „cessante ratione cessat lex ipsa“ einschränkend ausgelegt werden. Einer solchen einschränkenden Auslegung lässt sich nicht etwa entgegenhalten, dass das Gesetz in § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 für gewisse Fälle der Nichterfüllung der Formerfordernisse des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1, wenn gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 die Nichtigkeit geheilt wird, Ersatzsanktionen vorsieht: im Falle der Nichtangabe des Gesamtbetrages der Kreditaufwendungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b die Ersatzsanktion, dass sich der vertraglich vereinbarte Zins auf den gesetzlichen Zinssatz ermäßigt. Diese Rechtsfolgen des § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 sind eben nur ersatzweise, dem Gesetzesverstoß weniger adäquate Sanktionen, die vom Gesetz nur notgedrungen in Kauf genommen werden; denn als erstes sieht § 6 Abs. 1 entsprechend der allgemeinen gesetzlichen Regelung bei Formverstößen (§ 125 BGB) die Nichtigkeit des Vertrages vor und lässt die sekundären Rechtsfolgen des § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 5 erst eingreifen, wenn mit der Auszahlung der Darlehensvaluta die Vertragsnichtigkeit normalerweise, damit der zu schützende Verbraucher nicht geschädigt wird, entfallen muss. Die restriktive Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 1 in den Fällen des Verbundgeschäfts gemäß § 9 VerbrKrG entspricht nach alledem der in § 6 Abs. 1 zum Ausdruck gekommenen Gesetzesintention, die bei der Rechtsanwendung soweit möglich zur Geltung zu bringen ist.
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Dass § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG bei Kreditauszahlungen an den Unternehmer des Sachleistungsvertrages nicht anzuwenden ist, wenn Darlehen und Sachleistungsvertrag ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 VerbrKrG bilden, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der II. Zivilsenat hat dies speziell für den hier in Frage stehenden Fall des Erwerbs einer Immobilienfondsbeteiligung entschieden (Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 306 f.; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 407/02 - WM 2004, 1536, 1540; Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843, 844). Eine davon abweichende Rechtsprechung des XI. Zivilsenats - jedenfalls eine Rechtsprechung, die sich mit den Entscheidungen des II. Senats auseinandergesetzt hat - liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor. Im Gegenteil: In der vorstehend zitierten Entscheidung BGHZ 133, 255, 259 hat der XI. Senat für die Frage der Rückabwicklung eines nach dem HaustürWG widerruflichen Kreditvertrags ausgeführt, dass, wenn Kreditvertrag und Sachleistungsvertrag verbundene Geschäfte sind (im damals zu entscheidenden Fall galt noch nicht § 9 VerbrKrG, sondern die Vorgängervorschrift des § 6 AbzG), „empfangen“ im Sinne des § 3 Abs. 1 HaustürWG nicht das Darlehen ist, sondern die Leistung des Sachleistungsgeschäfts (damals, wie hier, eine Immobilienfondsbeteiligung), und es liegt nahe, dass der XI. Zivilsenat unter Berücksichtigung des von ihm dargelegten Grundgedankens der Verbundrückabwicklung ebenso entschieden hätte, wenn er bei der nunmehr anzuwendenden Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG die tatbestandliche Voraussetzung „Empfang des Darlehens durch den Verbraucher“ zu prüfen gehabt hätte. Ebenso hat der XI. Zivilsenat im Urteil vom 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331, 337 im Zusammenhang mit der Heilungsvorschrift des § 7 Abs. 3 VerbrKrG ausgeführt, dass normalerweise, wenn das Darlehen auf Anweisung des Kreditnehmers an einen Dritten ausgezahlt wird, das Darlehen als vom Darlehensnehmer als empfangen anzusehen ist, dass aber eine andere Beurteilung geboten ist, wenn es sich bei dem Darlehen und dem darlehensfinanzierten Geschäft um ein verbundenes Geschäft handelt, d.h. dass in diesem Fall, wie ja auch in § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG ausdrücklich geregelt, die Heilung des gemäß § 7 Abs. 1 VerbrKrG zunächst als unwirksam zu behandelnden Kreditvertrags durch die Empfangnahme und nicht alsbaldige Rückzahlung des Darlehens nicht eingreift. In den Urteilen vom 8.6. und 14.9.2004 aber (BGHZ 159, 270 und ZIP 2004, 2180), auf die sich die Beklagte beruft (neben weiteren gleichzeitig oder kurz danach ergangenen Entscheidungen des XI. Senats), hat der XI. Zivilsenat bei gemäß §§ 4, 6 Abs. 1 VerbrKrG formnichtigen Verbunddarlehen (finanziert war wiederum eine Immobilienfondsbeteiligung) allein die sich aus § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG ergebenden Rechtsfolgen geprüft. In den dortigen Fällen waren die Parteien jeweils übereinstimmend von einer Heilung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG ausgegangen, und der Bundesgerichtshof hat dies, ohne irgendwelche Ausführungen zur Anwendung der Vorschrift, einfach übernommen: entweder weil die sich hier ergebende Rechtsfrage übersehen wurde, oder vielleicht aufgrund der stillschweigenden (in den Entscheidungsgründen allerdings nicht niedergelegten) Erwägung, dass, wenn der Darlehensnehmer bei einem gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtigen Vertrag die Rechtsfolgen des § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG geltend macht, also auf die Rückabwicklung des Gesamtgeschäfts verzichtet, dieser Verzicht - sei es unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung oder des Verbots eines nachfolgenden widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium), sei es aufgrund einer sinngemäßen restriktiven Auslegung des § 6 Abs. 1 u. Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG - für alle Vertragsbeteiligten rechtlich beachtlich und bindend ist. Wie immer man die genannten Urteile des XI. Zivilsenats verstehen mag, fest steht, dass der Senat in diesen Entscheidungen die Frage der Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG nicht im Rahmen einer üblichen Gesetzessubsumtion geprüft hat. Wäre es anders gewesen und hätte er, insoweit eine zwischen den Parteien streitige Frage entscheidend, eine Heilung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG abweichend vom II. Zivilsenat bejahen wollen, hätte er - dies gilt für die zweite Entscheidung vom 14.9.2004, die nach den Urteilen des II. Senats vom 14.6.2004 ergangen ist - die Frage gemäß § 132 Abs. 2 GVG dem Großen Senat für Zivilsachen vorlegen müssen.
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Abgesehen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Beklagte in anderen beim erkennenden Gericht anhängigen Fällen sich noch auf Landgerichts- und Oberlandesgerichtsentscheidungen berufen, u.a. auf das Urteil OLG Dresden, BKR 2005, 190, 192 f. und auf die (soweit ersichtlich, unveröffentlichten) Urteile des Kammergerichts vom 3.5. und 28.6.2005 Az. 4 U 128/04 und 4 U 77/03, die jeweils, unter Berufung auf Literaturstellen, eine Heilung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG im Falle der Auszahlung der Darlehensvaluta an den Unternehmer des finanzierten Geschäfts bejahen, auch wenn Sachleistungsvertrag und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft bilden. Diese Entscheidungen vermögen jedoch schon deswegen nicht zu überzeugen, weil sich in ihnen Erwägungen zum Gesetzeszweck des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG, wie vorstehend erörtert, nämlich dass dieser Zweck (Schutz vor einer sofortigen Darlehensrückzahlung gemäß § 812 BGB) entfällt, wenn der Darlehensnehmer im Falle der typischen Verbundrückabwicklung auch bei nichtigem und nichtig bleibendem Darlehensvertrag zur Darlehensrückzahlung nicht verpflichtet ist, nicht finden. Statt dessen wird beispielsweise im Urteil des OLG Dresden der Fall der Darlehensauszahlung beim finanzierten Autokauf erörtert und dabei das Urteil BGH, NJW 1995, 3386, 3388 zitiert, in dem es bei der Prüfung des § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG um den Empfang der Kreditsumme durch den Verkäufer ging, während vorliegend bei den Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG der Empfang des Darlehens durch den Verbraucher in Frage steht.
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III. Zu den Ansprüchen im einzelnen, die sich aus der Geschäftsrückabwicklung ergeben, ist auszuführen:
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1. Der Zinsrückzahlungsanspruch in Höhe des jetzt geltend gemachten Betrages von 3.054,64 EUR ist begründet. Nachdem die Klägerin die abgebuchten Zinsbeträge im einzelnen aufgelistet hat (Anlage K 7), ist der von ihr geltend gemachte Betrag nicht mehr streitig. Soweit die Beklagte zur Höhe der Zahlungsforderung einwendet, die Klägerin habe die Steuervorteile aus der Geldanlage nicht berücksichtigt, ist dem entgegenzuhalten, dass die Steuervorteile nur bedeutsam sind, soweit die vom Kreditnehmer geforderte Rückabwicklung des Verbundgeschäfts auf Schadensersatz gestützt wird, dies im Rahmen der bei der Schadensermittlung grundsätzlich notwendigen Vorteilsanrechnung (vgl. für die Fälle einer rückabzuwickelnden Immobilienfondsbeteiligung die Urteile des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 14.6.2004: WM 2004, 1518, 1521 unter II; ZIP 2004, 1402, 1407 unter II 3; ZIP 2004, 1407, 1408 unter 2; ZIP 2004, 1394, 1400 unter II 1 d; WM 2004, 1536, 1542 unter II 3). Vorliegend steht jedoch eine Rückabwicklung gemäß § 3 HWiG und gemäß § 812 BGB i. Verb. m. § 6 VerbrKrG in Frage. Bei diesen Rückabwicklungsvorschriften spielen nur die Leistungen eine Rolle, die im Verhältnis der an dem Verbundgeschäft Beteiligten geflossen sind. Dazu gehören etwaige Steuervorteile des Anlegers nicht (so für den Fall der Rückabwicklung nach § 3 HWiG ausdrücklich: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 385/02 - WM 2004, 1527, 1529 sowie Strohn, WM 2005, 1441, 1448 bei Fn. 86, und im Ergebnis ohne nähere Ausführungen: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01 - BGHZ 159, 280, 287 ff. unter I 2, und für den Fall der Rückabwicklung gemäß § 812 BGB: BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02 - BGHZ 159, 295, 309 ff. unter I 3; BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 407/02 - WM 2004, 1536, 1540 f. unter I 3 und BGH, Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02 - WM 2005, 843 unter I am Anfang, im Unterschied zu S. 846 unter II 2).
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2. Nicht durchgreifend ist des weiteren auch die Verjährungseinrede, die die Beklagte gestützt auf § 197 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung gegenüber der klägerischen Zahlungsforderung erhoben hat, soweit die Rückzahlung von Zinsen verlangt wird, die von der Klägerin bis Ende 1999 gezahlt wurden. § 197 BGB a.F. sah eine nur vierjährige Verjährungsfrist vor für Ansprüche auf Zinsen (mit Einschluss etwaiger laufender Tilgungen), Ansprüche auf Miet- und Pachtzinsen und Ansprüche auf Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen, Wartegelder, Ruhegehälter, Unterhaltsbeiträge und alle anderen wiederkehrenden Leistungen. Die Beklagte beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in der Entscheidung BGHZ 98, 174 und im Urteil vom 14.9.2004 - XI ZR 11/04 - ZIP 2004, 2180, 2182 bei rechtsgrundlos gezahlten Zinsen die laufend entstehenden Zinsrückzahlungsansprüche als Ansprüche auf „andere wiederkehrende Leistungen“ gemäß § 197 a.F. bewertet und auf diese Ansprüche die vierjährige Verjährung angewendet hat. In den genannten Entscheidungen ging es aber um einseitige gemäß § 812 BGB bestehende Zinsrückzahlungsansprüche:
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- im Fall BGHZ 98, 174 um Zinsrückzahlungen bei einem wegen sittenwidrig überhöhter Zinsen nichtigen Darlehensvertrag, bei dem der Kreditnehmer zwar zur Rückzahlung der Darlehenssumme verpflichtet bleibt, jedoch gemäß § 812 BGB die gezahlten Zinsen zurückfordern kann, während dem Darlehensgeber im Hinblick auf § 817 Satz 2 BGB einen Wertersatzanspruch gemäß § 812 BGB für die Kapitalnutzung nicht zusteht,
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- im Fall BGH, ZIP 2004, 2180 um die Rückzahlung jeweils zu viel gezahlter Zinsen bei einem nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG genügenden, jedoch gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG wirksam gewordenen Darlehen, für das die Sanktion gilt, dass sich der zu zahlende Zins auf den gesetzlichen Zinssatz ermäßigt.
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Demgegenüber geht es vorliegend um die Gesamtrückabwicklung eines gegenseitigen Vertrages mit beiderseitigen Rückgewährpflichten (auf der Darlehensgeberseite die Rückgewährpflicht verbunden mit der Nicht-weiter-Verfolgbarkeit der noch offenen eigenen Ansprüche) - hier mit der Besonderheit, dass auf der Seite des einen Vertragsteils die verbundenen Leistungen des Kreditgebers und des Unternehmers des Sachleistungsvertrages stehen und insoweit eine Verbundrückabwicklung entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG eingreift - und dass bei alledem die Rückgewährpflichten der einen Partei (hier: des Darlehensgebers) auch Zinsrückzahlungen umfassen. Auf einen solchen Fall lässt sich die genannte BGH-Rechtsprechung nicht übertragen. Wesentlicher gesetzlicher Grund für die verhältnismäßig kurze Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. war und ist es, zu verhindern, dass regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen sich mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, dessen Aufbringung dem Schuldner immer schwerer fällt (BGHZ 98, 174, 184). Diese Ratio legis trifft in den Gesamtrückabwicklungsfällen mit beiderseitigen Rückgewährpflichten nicht zu. Denn in diesen Fällen ist der zur Zinsrückzahlung verpflichtete Vertragsteil, wenn bei ihm die Rückzahlungsbeträge ohne kürzerfristige Verjährung eine größere Summe erreichen, nicht einseitig betroffen, und er wird nicht ausschließlich nur belastet; vielmehr steht ihm in einer Zug-um-Zug-Verknüpfung die Rückabwicklungsleistung des anderen Teils zu, die u.U. sogar wertvoller ist als das, was er, auch wenn keine Verjährung eingreift, zurückzahlen muss. Und auf der anderen Seite, nämlich aus der Sicht des Rückzahlungsgläubigers, wäre es, insbesondere bei einer Verbundrückabwicklung wie hier, unbillig, wenn ein Teil der Rückgewährpflichten aus dem Gefüge der gegenseitigen Rückleistungen unter Verjährungsgesichtspunkten gleichsam herausgebrochen würde und der Darlehensnehmer, der das Nicht-mehr-Bestehen der weiteren Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag geltend macht, hierfür die vom Unternehmer des Sachleistungsvertrages erbrachte Leistung (vorliegend: den Fondsanteil) zurückgeben muss, ohne die von ihm schon erbrachten Leistungen aus dem Darlehensvertrag, soweit eine Verjährung eingreifen würde, zurückverlangen zu können. Stellt man auf den Wortlaut des § 197 BGB a.F. ab, lässt sich die verjährungsrechtliche Verschiedenbehandlung je nachdem, ob die Zinsrückzahlungsansprüche als einseitige Ansprüche oder als Ansprüche innerhalb einer Gesamtrückabwicklung mit beiderseitigen Rückgewähransprüchen in Frage stehen, auch so begründen: In den Fällen mit einseitiger Zinsrückzahlungspflicht ist mit jeder Zinszahlung sogleich ein uneingeschränkt fälliger Rückzahlungsanspruch entstanden, im Nacheinander dieser Fälligkeiten also ein Anspruch auf „regelmäßig wiederkehrende“ (= regelmäßig fällig werdende) Leistungen. In den Fällen des insgesamt rückabzuwickelnden Vertrages mit beiderseitigen Rückgewährpflichten hingegen entstehen, wenn die Zinsen laufend gezahlt werden, jeweils Rückgewähransprüche, die noch nicht vollfällig sind, da sie unter dem Zug-um-Zug-Vorbehalt der eigenen Rückgewährleistung stehen, und es handelt sich, wenn man auf die für die Verjährung bedeutsame Fälligkeit ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt abstellt, nicht um „wiederkehrende“ (= wiederkehrend fällige) Leistungen, sondern um eine einzige, erst wenn die Zug-um-Zug-Voraussetzung erfüllt ist, auf einmal fällige Leistung.
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Die verjährungsrechtliche Unterscheidung zwischen einseitigen Ansprüchen, die als Ansprüche auf „wiederkehrende Leistungen“ im Sinne des § 197 BGB a.F. anzusehen sind, und entsprechenden nicht unter § 197 BGB a.F. fallenden Ansprüchen bei der Gesamtrückabwicklung eines gegenseitigen Vertrages gilt im übrigen nicht nur bei Zinszahlungen und den entsprechenden Rückgewähransprüchen. Nimmt man etwa den Fall eines Grundstücksverkaufs gegen Gewährung einer Leibrente, so würde, wenn es um die Anwendbarkeit des § 197 BGB a.F. geht, diese Vorschrift Anwendung finden, a) auf die einseitigen Rentenzahlungsansprüche des Käufers und b) die einseitigen Rückzahlungsansprüche des Verkäufers, der laufend einen zu hohen Rentenbetrag gezahlt hat. Hingegen wäre § 197 BGB a.F. nicht anzuwenden auf Rentenrückzahlungen, wenn sich beispielsweise zehn Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages die Unwirksamkeit des Vertrages herausstellt und nunmehr das Grundstück zurückzuübereignen ist und alle gezahlten Rentenbeträge zurückgezahlt werden müssen.
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3. Dem klägerischen Rückabwicklungsanspruch kann auch nicht etwa der Verwirkungseinwand entgegengehalten werden im Hinblick auf die rund sechsjährige Zeitspanne zwischen dem Erwerb der Fondsbeteiligung und der erst mit klägerischem Anwaltsschreiben vom 6.12.2004 geltend gemachten Rückabwicklung. Insoweit fehlt es schon an dem für die Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand, wenn, wie hier, der Gegner davon ausgehen muss, dass der Berechtigte keine Kenntnis von dem ihm zustehenden Recht hatte (BGH, Urt. v. 15.9.1999 - I ZR 57/97 - NJW 2000, 140). Vorliegend hat sich die Möglichkeit der Rückabwicklung einer darlehensfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung bei vollem Wegfall der Darlehensobligationen gestützt auf Haustürwiderruf und Nichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG erstmals durch Urteile des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 14.6.2004 (insbesondere die Entscheidungen BGHZ 159, 280 und 295) ergeben.
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4. Mit der Zahlungsklage macht der Kläger außer der Hauptforderung Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2005 geltend. Dieser Zinsanspruch ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Allerdings ist die Klagerweiterung mit der jetzigen Forderung über 3.054,46 EUR erst am 7.11.2005 zugestellt worden. Dies wird aber mehr als ausgeglichen dadurch, dass die ursprüngliche Zahlungsklage über 2.386,07 schon am 16.2.2005 rechtshängig geworden ist und auch aus diesem Betrag nur Zinsen ab 31.10.2005 verlangt werden. Dass die Rückzahlung nur Zug um Zug gegen die Übertragung des Fondsanteils des Kläger auf die Beklagte geschuldet wird, hindert die Verzinsung gemäß § 291 BGB nicht (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 170; Palandt, BGB, 65. Aufl., § 291 Rn. 5).
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IV. Da der Klage bereits aufgrund der Anspruchsgrundlagen „Haustürwiderruf“ und „Darlehensnichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG“ stattzugeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob der klägerische Rückabwicklungsanspruch noch auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt werden kann, darauf nämlich, dass die hier in Rede stehenden Verträge, der Eintritt in die Fondsgesellschaft und der Darlehensvertrag, wegen Sittenwidrigkeit nichtig sind. Es ist anerkannt, dass Haustürgeschäfte, bei denen unerfahrene Kunden zu für sie völlig unangemessenen Verträgen veranlasst worden sind, gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoßen können (Palandt, BGB, 65. Aufl., § 138 Rn. 18), und es ist naheliegend, dies bei kreditfinanzierten Immobilienanlagegeschäften wie hier anzunehmen, soweit solche Geschäfte Personen der unteren und mittleren Einkommensschichten haustürgeschäftlich vermittelt werden, denen Verträge dieser Art völlig fremd sind. Bei diesen Verträgen kommen mehrere Umstände zusammen, die zusammen betrachtet zu der Sittenwidrigkeitsprüfung Anlass geben:
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1. Die im Rahmen von Treuhändermodellen angebotenen Immobilienanlagen - Gesellschaftsanteile an Immobilienfondsgesellschaften oder Eigentumswohnungen, die in einem Pool treuhänderisch verwaltet werden - sind sehr risikoträchtig. Die Immobilien bzw. Beteiligungen werden vielfach zu stark überhöhten Preisen angeboten. Hinzu kommen in der Regel erhebliche - teils den Initiatoren, teil den Vermittlern zugute kommende - Provisionen und sonstige Nebenentgelte. Nicht selten ist es auch so, dass die Immobilie oder Beteiligung zu einem Zeitpunkt angeboten wird, zu dem der Initiator oder eine für das Projekt wesentliche Gesellschaft (etwa wenn von dieser eine Mietgarantie übernommen wurde) schon, insbesondere nach bereits verlustreichen früheren Projekten, unmittelbar vor der Insolvenz steht. Selbst wenn es aber der Kunde mit Verkäufern zu tun hat, die seriös sind und zu angemessenen Preisen anbieten: Der Immobilienmarkt als solcher ist sehr risikoreich; Immobiliennachfrage, Grundstückspreise und Mieten können sich (nach Jahren einer guten Konjunktur u.U. sehr überraschend) stark nach unten bewegen.
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2. Zum erheblichen Risiko kommt bei den vorliegenden haustürvermittelten Vermögensanlagen hinzu, dass sie auf Kreditbasis finanziert werden, und zwar nicht bei Kapitalanlegern, die an sich vermögend sind und die Kreditfinanzierung nur aus steuerlichen Gründen wählen, sondern bei Personen, die nichts haben und aus diesem Grund den Kredit aufnehmen müssen. Dieses Moment der kreditierten Spekulation macht die Geschäfte besonders bedenklich und bringt sie in einen Bereich, in dem der Privatautonomie sittlich-rechtliche Schranken gesetzt sind. Denn bei risikoreich-spekulativen Verträgen, die schon mehr oder weniger aleatorische Züge tragen, wird stärker oder weniger stark die Wertung des § 762 BGB relevant: Wer spielt, mag den vorhandenen Einsatz verspielen; Spielschulden werden von der Rechtsordnung nicht als verbindlich anerkannt. Und insofern macht es sittlich-rechtlich auch einen wesentlichen Unterschied, ob es ein vermögender Anleger ist, der sich an einer „ Abschreibungs “-Gesellschaft oder einem sonstigen sehr risikoreichen Projekt beteiligt und der den etwa eintretenden Verlust tatsächlich „abschreiben“ kann, oder ob der Partner des Wagnisgeschäfts einer ist, der nichts hat, um den Minusposten des eventuellen späteren Verlusts auszugleichen, und mit diesem für die Zukunft belastet bleibt, zu Lasten seiner elementaren Bedürfnisse, eventuell sogar zu Lasten Dritter.
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3. Ein drittes Moment der vorliegenden Vermögensanlagen - in gewisser Weise mit dem Risikocharakter zusammenhängend, aber doch ein eigener Umstand, der dem Geschäft wiederum den Stempel der wirtschaftlichen Unüblichkeit und Unangemessenheit aufdrückt - ist die sich für den Anleger ergebende langdauernde Bindung. In dieser Hinsicht ist von Bedeutung, dass es sich aus der Sicht des Kunden, und so wird das Geschäft ausdrücklich angeboten, um einen Vertrag handelt, der der künftigen Vermögensbildung durch Aufbringung laufender Sparraten dient. Bei derartigen Anspar-Vermögensbildungen ist es üblich und selbstverständlich, dass sie für die Zukunft jederzeit beendet werden können; denn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können sich ändern, und dann muss die Entscheidung, wie das laufende Einkommen vorrangig zu verwenden ist, neu getroffen werden können. Dementsprechend sind Spar- und Bausparverträge nach den üblichen Vertragsbedingungen jederzeit kündbar, und für die Kapitallebensversicherung mit laufender Prämienzahlung ist in den §§ 165, 174, 178 VVG die jederzeitige Kündbarkeit sogar zwingend vorgeschrieben: eine wesentliche gesetzliche Wertung, die bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung gemäß § 138 BGB nicht außer Betracht bleiben kann (vgl. zur Berücksichtigung anderweitiger gesetzlicher Wertentscheidungen bei der Anwendung des § 138 BGB: Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 138 Rn. 41). Diese jederzeit freie Kündbarkeit aber ist bei den vorliegenden kreditfinanzierten Immobilienanlagen, die wirtschaftlich Ansparverträge sein sollen, nicht gegeben. Von den laufenden Kreditraten (den Zinsen und Tilgungsbeträgen bzw. Prämien der etwa geschlossenen Tilgungsversicherung) kann sich der Immobilienanleger mit Kreditfinanzierung nicht unmittelbar durch eine vorzeitige Kündigung befreien. Er kann nur versuchen, das von ihm erworbene Objekt, das finanziert worden ist, zu veräußern. Das ist aber, auch wo rechtlich keine Hindernisse bestehen (z.B. Erfordernis der Zustimmung der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft bei der Übertragung einer Immobilienfondsbeteiligung), häufig aus wirtschaftlichen Gründen stark eingeschränkt oder unmöglich, soweit nämlich die Immobilie oder der Gesellschaftsanteil nur mit erheblichem Verlust zu veräußern ist. Dann bleibt der Anleger mit seiner Verpflichtung zur Aufbringung der laufenden Sparraten (mit denen allerdings nur noch teilweise „gespart“ wird und ansonsten Verluste ausgeglichen werden) auf Jahre gebunden.
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4. Diese nach allem in der Regel von vornherein nachteiligen, allzu stark einengenden und auf jeden Fall äußerst riskanten Anlageverträge werden nun zwischen Parteien geschlossen, die, was geschäftliche Erfahrung, Beurteilungsvermögen und Fähigkeit zur Interessenwahrnehmung betrifft, in krassester Weise ungleich sind. Insoweit gibt die haustürgeschäftliche Werbung den Geschäftsabschlüssen das entscheidende Gepräge. Wie ausgeführt, sind die Haustürgeschäftskunden fast ausnahmslos Menschen aus einfachen Verhältnissen, denen kreditfinanzierte Immobilienanlagen völlig fern liegen und die die erheblichen Gefahren der für sie meist unsinnigen Geschäfte nicht im entferntesten ahnen und beurteilen können; Kapitalanleger, für die nach ihrer geschäftlichen Erfahrung und ihren Vermögensverhältnissen derartige Immobilienanlagen richtigerweise in Betracht kommen, wählen sich ihre Anlageberater selbst und würden sich auf diesbezügliche Haustürgeschäfte von vornherein nicht einlassen. Wer aber sind die Kontrahenten dieser unwissenden, gänzlich unvorbereiteten Kunden? Nicht etwa, was bei derart weitreichenden, komplizierten Verträgen unbedingt notwendig wäre, seriöse, auch bei einem eigenen Interesse am Vertragsschluss einigermaßen objektiv beratende Verhandlungspartner, wie es z.B. bei beratenden Bankmitarbeitern im allgemeinen vorausgesetzt werden kann (die Kreditinstitute halten sich hier aus dem Feld der Verhandlungen völlig heraus und prüfen und kontrahieren ausschließlich „aus der Ferne“). „Berater“ und Verhandelnde sind die typischen Haustürvermittler, die im Rahmen der „Strukturvertriebe“, für die sie tätig sind , was die Kundenüberrumpelung bei den vorliegenden Geschäften betrifft, bestens geschult und mit Argumentationsmaterial versehen sind (vgl. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427 , 430 f.) und die wegen ihres unmittelbaren Provisionsinteresses das Geschäft ohne Rücksicht auf die Belange des von ihnen „Beratenen“ um jeden Preis zustande bringen wollen. Der Kunde hat den verlockenden Anpreisungen dieser Vermittler (Prestigeargument „Immobilienbesitz“; Steuerersparnis; der Erwerber muss sich um nichts kümmern; alles wird durch einen über jeden Zweifel erhabenen Treuhänder erledigt; alles bankgeprüft; todsichere Vermögensanlage; jederzeit verkäuflich; Mietgarantie usw.; vgl. Fuellmich/Rieger a.a.O.), weil das außerhalb seiner Erfahrung liegt, nichts entgegenzusetzen. Ganz abgesehen von den hier gängigen betrügerischen Zusagen und Aufklärungsunterlassungen, die später, wenn es zur rechtlichen Auseinandersetzung kommt, mangels neutraler Zeugen in der Regel nicht nachweisbar sind.
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5. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung müssen die Zivilgerichte vornehmlich bei der Auslegung und Anwendung von Generalklauseln wie § 138 und § 242 BGB die grundrechtliche Gewährleistung der Privatautonomie in Art. 2 Abs. 1 GG beachten. Daraus folgt ihre Pflicht zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die einen der beiden Vertragspartner außergewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sind. Dass die Zivilrechtsordnung bei Vertragsfolgen, die für den unterlegenen Vertragsteil ungewöhnlich belastend sind, reagieren und Korrekturen ermöglichen muss, folgt des weiteren aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) (BVerfGE 81, 242, 254 ff.; BVerfG, ZIP 1994, 1516). Gerade mit den sozialstaatlichen Anforderungen ist die Zulassung der hier in Rede stehenden Haustürgeschäfte schwer in Einklang zu bringen. Erfordert das Sozialstaatsgebot schon in gewissem Umfang einen Ausgleich und Hilfen zu Gunsten des sozial Schwächeren, so ist es mit sozialem Denken und im übrigen mit jeder Moral sicherlich unvereinbar, zivilrechtlich zu tolerieren und in Anwendung des „pacta sunt servanda“ zu sanktionieren, dass der sozial Schwächere durch aggressive Vertriebe, die seine Eigensphäre und seinen Freiheitsbereich missachten, dominiert wird und er durch Verträge, die für ihn viel zu riskant und seinen Verhältnissen nicht angemessen sind, geschädigt und u.U. in Not gebracht wird. In diesem Zusammenhang gebrachte Argumente wie „mündiger Bürger“ oder „volenti non fit iniuria“ verkennen in extremer Weise die völlige Unterlegenheit und das Ausgeliefertsein einfacher Menschen gegenüber ausgeklügelter Werbung und der Verkäufereloquenz und Scheinseriosität geschickter Vermögensanlage- und Kreditvermittler.
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6. Falls all dies zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der kreditfinanzierten Anlagegeschäfte, die als Haustürgeschäfte zustande kommen, führt, lässt sich diesem Ergebnis nicht entgegenhalten, dass das frühere Verbot des Abschlusses und der Vermittlung von Darlehensverträgen im Reisegewerbe gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, aufgrund dessen haustürvermittelte Darlehensverträge von der Rechtsprechung grundsätzlich gemäß § 134 BGB als nichtig behandelt wurden (BGHZ 71, 358; weitere Nachweise bei Sack, in: Staudinger, BGB, §§ 134 - 163, Bearbeitung 1996, § 134 Fußnote zu Rn. 233), durch das Verbraucherkreditgesetz mit Wirkung ab 1.1.1991 aufgehoben worden ist, und zwar aufgehoben mit der Begründung, das befristete Widerrufsrecht des § 7 VerbrKrG entspreche den Interessen des Verbrauchers besser als „die schematische Annahme der Nichtigkeit“ des Kreditvertrages gemäß § 134 BGB i. Verb. m. § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, und mit der Einführung dieser Vorschrift sei das Bedürfnis für § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO weitgehend entfallen (BT-Drucks. 11/8274 S. 23; ebenso im Hinblick auf das bereits seit 1986 geltende Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz: BGH, Urt. v. 16.1. 1996 - XI ZR 116/95 - BGHZ 131, 385, 389).
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Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es hier nicht um haustürvermittelte Darlehen schlechthin geht, sondern um haustürvermittelte Immobilienanlagen im Rahmen von Treuhandmodellen, die darlehensfinanziert sind. Diese kombinierten Verträge sind für den Haustürkunden weit gefährlicher und um vieles undurchschaubarer als ein normales Darlehen, und speziell bei ihnen ist - dies wurde schon ausgeführt (vorstehend unter I 1 b dd), und dies gilt auch gegenüber dem Argument, die Materie sei durch das Haustürwiderrufsgesetz abschließend geregelt - die kurze, einwöchige Widerrufsfrist ein absolut unzureichender Schutz. Abgesehen aber von dem danach ganz unterschiedlichen Anwendungsbereich der jeweiligen Vertragsnichtigkeit - die Nichtigkeit gemäß § 138 BGB bei den haustürvermittelten kreditfinanzierten Immobilienanlagen ein Spezialfall gegenüber der Nichtigkeit sämtlicher haustürvermittelter Darlehensverträge nach dem früheren § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO i. Verb. m. § 134 BGB wie auch gegenüber der beschränkten Unwirksamkeitsregelung des Haustürwiderrufsgesetzes bei den normalen Haustürgeschäften -, hindert die Aufhebung einer gesetzlichen Verbotsvorschrift nicht, im selben oder in einem ähnlichen Bereich nunmehr § 138 BGB anzuwenden, diese elementare der Vertragsfreiheit Schranken setzende Generalnorm (in Frage steht dann auch die Anwendung der §§ 826 und 817 Satz 2 BGB), in die auch grundgesetzliche Wertungen einfließen; dies zumal, wenn sich nachträglich neue Erkenntnisse ergeben haben. Zum letzteren ist bedeutsam, dass sich das Unwesen der haustürvermittelten kreditfinanzierten Immobilienanlageverträge, die mit Personen der unteren Einkommensklassen geschlossen werden, als Massenphänomen erst in den letzten anderthalb Jahrzehnten entwickelt hat (offensichtlich seit der Aufhebung des früheren § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO) und dass erst in den letzten Jahren offenbar geworden ist, nachdem diese Verträge in größerem Umfang notleidend geworden und vor die Gerichte gekommen sind, welche Schäden hier angerichtet werden und in welchem Ausmaß in verantwortungsloser Weise Angehörige der einfachen Bevölkerungsschichten in Schwierigkeiten und Bedrängnis gebracht werden (vgl. u.a. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427 ff. u. 469 ff.). Eine zweite Erfahrung gerade aufgrund der Rechtsanwendung der letzten Jahre ist: Ein Teil der Gerichte, denen das Festhalten der Haustürkunden an den ihnen aufgedrängten Anlage- und Kreditverträgen nicht hinnehmbar erscheint, sind bestrebt, hier zu „helfen“, und zwar mit formellen Vorschriften des Verbraucherschutzrechts - insbesondere den auch vorliegend herangezogenen Belehrungsvorschriften des Haustürwiderrufgesetzes und mit § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG -, die teilweise sehr extensiv angewendet werden. Dieser Weg ist jedoch letztlich ein unzureichender Notbehelf. Dies nicht nur, weil derartige nachträgliche Entdeckungen formaler Defizite (für die Kreditinstitute in der Regel völlig überraschend) nur zeitweilig Abhilfe schaffen - die rechtlich beratenen Immobilienverkäufer und Kreditinstitute werden künftig derartige formellen Pannen vermeiden -, sondern vor allem auch, weil die Zuflucht zu solchen Formalien, die sich mehr oder weniger zufällig anbieten und die eigentlich für andere Zwecke geschaffen wurden, zu einer verhältnismäßig komplizierten, in vielen Punkten zweifelhaften und streitigen Rechtsanwendung führen, die die Gerichte teilweise überfordert und deren Ergebnisse eben weitgehend zufällig sind. Insofern dürfte es richtiger sein, das rechtlich für geboten Gehaltene statt auf verwinkelten Umwegen durch die einfache und direkte Anwendung des § 138 BGB zu verwirklichen.
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Zum Argument, das mit den Widerrufsrechten des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes eingeräumte Wahlrecht sei für den Kunden interessengerechter als die zwingende Rechtsfolge der Vertragsnichtigkeit, ist zu sagen: Soweit man diesen Einwand überhaupt für gewichtig hält (dem Kunden hilft im Fall der Vertragsnichtigkeit weitgehend schon die Verbundrückabwicklung, und insofern dürfte sich die Auffassung vertreten lassen, dass auch § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, soweit er die Verbundrechtsfolgen ausschließt, im Falle der Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit nicht anwendbar ist), kann ihm ohne weiteres durch eine teleologisch einschränkende Anwendung des § 138 BGB Rechnung getragen werden (vgl. zur Frage der teleologischen Reduktion des 138 BGB nach dem Normzweck im Einzelfall: Sack, in: Staudinger, BGB, §§ 134 - 163, Bearbeitung 2003, § 138 Rn. 94): Eine angenommene Sittenwidrigkeit bei den vorliegenden Verträgen zum Schutz des Kunden führt analog § 135 Abs. 1 Satz 1 BGB zur relativen Unwirksamkeit des Vertrages (für dieses Ergebnis im Hinblick auf die frühere angenommene Vertragsnichtigkeit gemäß § 134 i. Verb. m. § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO: u.a. Hopt, NJW 1985, 1665, 1668). D.h. die Verträge sind als unwirksam zu behandeln, solange der Haustürkunde sie nicht (nach Kenntnis der Vertragsunwirksamkeit) bestätigt hat: der Sache nach ein Widerrufsrecht des Kunden, das aber, anders als die Widerrufsrechte nach dem Haustürwiderrufsgesetz und dem Verbraucherkreditgesetz, unbefristet ist. Zur Vermeidung einer den Vertragsgegnern nicht zumutbaren dauernden schwebenden Unwirksamkeit dürfte es richtig sein, ihnen analog §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2 BGB das Recht zu Setzung einer Frist einzuräumen, innerhalb deren sich der Kunde zur Fortdauer der Unwirksamkeit zu erklären hat.
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7. Das erkennende Gericht will vorliegend die Sittenwidrigkeitsfrage nicht entscheiden und zur Urteilsgrundlage machen; hier wäre vor allem auch zu prüfen, ab welcher Größenordnung der Vermögensanlage § 138 BGB anzuwenden ist (nur beim Erwerb einer Eigentumswohnung oder auch bei Immobilienfondsbeteiligungen, die in den 90er Jahren vielfach ab einer Gesellschaftereinlage von 20.000 DM oder 30.000 DM angeboten wurden; unerheblich dürfte wohl sein, ob das Geschäft in concreto tatsächlich sehr nachteilig und risikoreich war und ob sich nachträglich Verluste ergeben haben). Nach der vorliegend vertretenen Rechtsauffassung gibt es schon die zwei anderen Anspruchsgründe (Haustürwiderrufsgesetz und Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG), die zum Erfolg der Klage führen, und auf den Gesichtspunkt der möglichen Sittenwidrigkeit ist bisher nicht, wie gemäß § 139 Abs. 2 ZPO erforderlich, hingewiesen worden, was verfahrensrechtlich trotz der jetzt schon gegebenen Entscheidungsreife zur Wiedereröffnung der Verhandlung führen müsste. Die Frage der Sittenwidrigkeit wird aber, falls die Beklagte Rechtsmittel einlegt und bezüglich der vorliegend bejahten Anspruchsgrundlagen der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht gefolgt wird, von den höheren Instanzen zu prüfen und zu entscheiden sein.
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V. 1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO
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2. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 709 ZPO. Hinsichtlich der Sicherheitsleistung gilt insoweit:
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a) Ziff. 1 Buchst b und Ziff. 2 des Urteilstenors haben die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung, die erst mit Rechtskrafteintritt als abgegeben gilt (§ 894 ZPO), bzw. eine Feststellung zum Gegenstand. Bei diesen Teilen des Urteilstenors kommt eine vorläufige Vollstreckbarkeit und eine für diesen Fall notwendige Sicherheitsleistungsanordnung nicht in Betracht.
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b) Was die in Ziff. 1 Buchst. a und c titulierten Leistungsansprüche betrifft, ist die Beklagte gegenüber Nachteilen der Vollstreckung aus dem nur vorläufigen Titel schon dadurch gesichert, dass eine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgt ist und die Kläger, bevor sie vollstreckt, ihren Immobilienfondsanteil an die Beklagte abtreten muss. Der Sicherheitswert dieses Anteils ist ausreichend. Die Klägerin ist mit nominell 30.000 DM an der Fondsgesellschaft beteiligt, und es ist nicht geltend gemacht, dass sich seit 1997 bei der Gebäudevermietung und den Mieteinnahmen besondere Verluste ergeben hätten. Der in den Kommentaren zum Teil vertretenen Auffassung, bei einer Verurteilung Zug um Zug habe bei der Frage, ob und wie die Sicherheitsleistung festzulegen ist, die vom Gläubiger zu erbringende Gegenleistung außer Betracht zu bleiben (Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 709 Rn. 3; Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 709 Rn. 6; Münchener Kommentar ZPO, 2. Aufl., § 709 Rn. 7; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 709 Rn. 5), kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Durch die Sicherheitsleistung bei der vorläufigen Vollstreckbarkeit soll der Schuldner davor geschützt werden, dass er bei einer etwaigen späteren Aufhebung des Urteils mit dem sich dann ergebenden Ersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 u. 3 ZPO ausfällt. Einen dahingehenden Schutz kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch die Gegenleistung bei der Zug-um-Zug-Verurteilung bieten. Vorliegend ist das, wie das Gericht im Rahmen des durch § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingeräumten Ermessens meint, der Fall. Zwar ist die Abtretungserklärung des Klägers allein noch nicht ausreichend, den Gesellschaftsanteil auf die Beklagte zu übertragen. Soweit die Beklagte die Abtretungserklärung noch annehmen muss, ist dies aber eine in ihrer Macht stehende Rechtshandlung. Und soweit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c des Gesellschaftsvertrags der Fondsgesellschaft die Abtretung eines Gesellschafteranteils der Zustimmung der Geschäftsführung bedarf, ergibt eine interessengerechte Auslegung gemäß § 157 BGB, dass dieses Zustimmungserfordernis nicht gilt, soweit eine durch ein Verbunddarlehen gemäß § 9 VerbrKrG finanzierte Gesellschafterbeteiligung wegen eines rechtlichen Mangels beim Beteiligungserwerb (eines Mangels des Beitritts- oder des Darlehensvertrags) zurückzuübertragen ist und die Rückübertragung nach den für die Rückabwicklung gemäß § 9 VerbrKrG geltenden Rechtsgrundsätzen an das Kreditinstitut zu erfolgen hat.