Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 12 U 30/13
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 13.12.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Siegen in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23.1.2013 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 1) und zu 2) als Gesamtgläubiger 17.700 €, an die Klägerin zu 3) 12.500 € und an die Klägerin zu 4) 17.700 € zu zahlen.
Die Beklagte bleibt verurteilt, die Hoffläche des Grundstücks B-Straße, ##### B2, mit einem Zaun nebst Zufahrtstor einzufrieden.
Die Beklagte bleibt weiter verurteilt, den Hausflur des Hauses B-Straße, ##### B2, neu streichen zu lassen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Kläger und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner 7 %, die Kläger zu 1), 2) und 4) als Gesamtschuldner weitere 3 % und die Beklagte 90 %.
Die Beklagte trägt ferner 90 % der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer erster und zweiter Instanz. Im Übrigen tragen diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert erster Instanz wird für die Zeit bis zum 14.11.2012 auf 108.384,60 € (Klage: 55.384,60 €, Widerklage: 53.000 €) und für die Zeit ab dem 15.11.2012 auf 116.284,60 € (Klage: 63.284,60 €, Widerklage: 53.000 €) festgesetzt.
Der Streitwert zweiter Instanz wird auf 116.284,60 € (Berufung der Kläger: 61.384,60 €, Berufung der Beklagten: 54.900 €) festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Kläger sind Wohnungseigentümer des Hausgrundstücks B-Straße in B2. Weitere Eigentümerin war zunächst die Sparkasse C, die im Erdgeschoss des Hauses eine Filiale betrieb.
4Im Jahre 2006 wurden Planungen angestellt, den an das Grundstück angrenzenden Bereich umzugestalten und u.a. mit einem D-Markt zu bebauen. Bauherrin hierfür wollte die Beklagte sein. Sie nahm daraufhin Gespräche mit den Klägern wegen der Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Wohnungseigentumsanlage auf. Auf Seiten der Beklagten traten dabei der Streithelfer zu 2) im Namen der Streithelferin zu 1) und ein planender Architekt auf.
5In zwei Besprechungsterminen am 18.9. und 2.10.2006 verhandelten die Parteien über die Durchführung des Bauvorhabens und in diesem Zusammenhang über die Neugestaltung der Wohnungseigentumsanlage. Das Ergebnis der Verhandlungen hielt der Streithelfer zu 2) in seinen jeweils den Klägern übersandten Schreiben vom 25.10.2006 fest.
6Danach sollten Grundstücksteilflächen getauscht werden. Den Miteigentumsanteilen der Kläger zu 1) und 2) sowie der Klägerin zu 3) und der Klägerin zu 4) sollte jeweils eine in den ehemaligen Sparkassenräumen herzurichtende Garage zugewiesen und im Grundbuch eingetragen werden. Die Garagen sollten eine Zufahrt von der B aus erhalten und mit elektrischen Sektionaltoren mit Fernbedienung ausgestattet werden. Den Wohneinheiten der Kläger zu 1) und 2) sowie der Klägerin zu 4) sollte ferner jeweils ein im Lageplan markierter Kellerraum zugewiesen werden. Die Hoffläche sollte mit einem vorhandenen Zaun nebst Zufahrtstor eingefriedet werden; Wasser, Ölabscheider und Elektroanschluss im Hof sollten erhalten bleiben. Der Hausflur des Gebäudes sollte gestrichen werden. Der Zugang zum Heizungskellerraum sollte wieder geöffnet und der Wasseranschluss sollte getrennt werden. Ferner war die Zahlung von 17.000 € an die Kläger zu 1) und 2) sowie 19.000 € an die Klägerin zu 3) und 17.500 € an die Klägerin zu 4) vorgesehen. Das Schreiben lautet abschließend:
7„Sie erhalten dieses Schreiben zweifach. Eine Ausfertigung wollen Sie bitte zum Zeichen Ihrer Zustimmung unterschreiben. Dann werden wir den Notar bitten, die notwendigen Verträge vorzubereiten und Ihnen zur Durchsicht zuzuschicken.“
8Im Zuge der Ausführung des angrenzenden Bauvorhabens erwarb die Beklagte die Miteigentumsanteile der Sparkasse.
9Mit notarieller Urkunde vom 12.12.2006 bevollmächtigten die Kläger die Beklagte, sie bei der Änderung, Aufhebung und Neubegründung der Teilungserklärung, die zur Umsetzung eines Teils der getroffenen Vereinbarung notwendig war, zu vertreten.
10Im Laufe des Bauvorhabens kam es zu Unstimmigkeiten wegen einer Grenzbebauung des D-Marktes, weshalb die Parteien unter dem 23.7.2007 eine Entschädigung von weiteren jeweils 10.000 € für die Kläger vereinbarten, die von der Beklagten gezahlt wurde.
11Unter dem 28.11.2007 erfolgten der notariell beurkundete Tausch von Grundstücksteilen und der Erwerb von Grundstücksteilen durch die Beklagte. Am 3.4.2008 zahlte die Beklagte die in den Schreiben vom 25.10.2006 jeweils genannten Geldbeträge an die Kläger. Ferner verhandelte sie mit den Klägern über eine abweichende Handhabung der über die Garagen getroffenen Vereinbarung. Die Verhandlungen scheiterten im September 2008. Im November 2008 nahm die Beklagte schließlich – auch in Vollmacht der Kläger – die notarielle Änderung der Teilungserklärung vor.
12Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die teilweise Erfüllung der in den von ihnen jeweils unterzeichneten Schreiben vom 25.10.2006 aufgeführten weiteren Vereinbarungen sowie statt der Erfüllung teilweise Schadensersatz und im Übrigen Nutzungsausfallentschädigung und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
13Sie haben behauptet, dass die Beklagte bei den Verhandlungen und der getroffenen Vereinbarung von der Streithelferin zu 1) wirksam rechtsgeschäftlich vertreten worden sei. Die Vereinbarung bedürfe nicht der notariellen Form, jedenfalls nicht hinsichtlich der Punkte, die kein Grundstücksgeschäft betreffen. Im Übrigen sei ein Berufen auf einen etwaigen Formmangel insgesamt treuwidrig, zumal die Beklagte aufgrund der ihr erteilten notariellen Vollmacht vom 12.12.2006 dazu in der Lage gewesen sei, alle notwendigen grundbuchmäßigen Änderungen zu veranlassen. Die Beklagte sei deshalb zur Erfüllung der in den Schreiben vom 25.10.2006 genannten offenen Punkte verpflichtet. Spätestens Ende des Jahres 2006 sei sie mit dieser Verpflichtung in Schuldnerverzug geraten, weshalb sie angefallene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 3.384,60 € sowie einen Nutzungsausfallschaden für die drei nicht errichteten Garagen i.H.v. 3.000 € (20 Monate zu je 150 €) zu ersetzen habe. Hilfsweise für den Fall der Formunwirksamkeit der Grundstücksgeschäfte habe die Beklagte auch insoweit Schadensersatz wegen vorwerfbarer Verhinderung eines formgerechten Vertragsschlusses zu leisten. Überdies sei für eine durch die Neugestaltung des angrenzenden Einkaufszentrums verursachte Wertminderung des Miteigentums der Kläger eine Gesamtentschädigung von mindestens 100.000 € zu zahlen.
14Die Parteien haben den Rechtsstreit im Hinblick auf einen von der Beklagten herzustellenden Zugang zum Heizungskeller übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
15Ferner haben die Kläger statt der zunächst begehrten Herstellung von drei Garagen im Erdgeschoss des Hauses und der Herrichtung je eines Kellerraumes für die Kläger zu 1) und 2) sowie für die Klägerin zu 4) die zunächst hilfsweise verfolgten Schadensersatzansprüche als Hauptforderungen geltend gemacht und die Klage insoweit teilweise zurückgenommen.
16Hiernach haben die Kläger beantragt,
171. die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz zu leisten, und zwar an die Kläger zu 1) und zu 2) i.H.v. 17.700 €, an die Klägerin zu 3) i.H.v. 12.500 € und an die Klägerin zu 4) i.H.v. 17.700 €.
182. die Beklagte zu verurteilen, die Hoffläche des Grundstücks B-Straße, ##### B2, mit einem Zaun einzufrieden und mit einem Zufahrtstor zu versehen,
193. die Beklagte zu verurteilen, auf ihre Kosten den Hausflur des Hauses B-Straße, ##### B2, neu streichen zu lassen,
204. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gläubiger zur gesamten Hand einen Betrag von 3.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen,
215. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den vorgerichtlichen Kosten der Vertretung in dieser Angelegenheit durch Herrn Rechtsbeistand T und Herrn Rechtsanwalt T2 in Höhe von 3.384,60 € freizustellen,
226. die Beklage zu verurteilen, für jedes Wohnungseigentum eine Wasseruhr zwischenzuschalten und einen Wasseranschluss im Hof des Anwesens B-Straße, ##### B2, herzurichten, der für alle Wohnungseigentümer zugänglich ist.
23Weiter hilfsweise haben die Kläger wegen einer Wertminderung ihres Eigentums einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 100.000 € geltend gemacht und ihre Zahlungsbegehren hierauf gestützt.
24Die J GmbH und Herr E sind dem Rechtsstreit auf Klägerseite beigetreten. Sie haben beantragt,
25der Beklagten die ihnen entstandenen Kosten aufzuerlegen.
26Die Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie hat das Klagevorbringen als unsubstantiiert zurückgewiesen. Ansprüche ließen sich den an die Kläger gerichteten Schreiben vom 25.10.2006 nicht entnehmen. Die Beklagte sei nicht etwa von den Streithelfern rechtsgeschäftlich wirksam vertreten worden. Im Übrigen sei eine etwaige Vereinbarung formunwirksam. Die Voraussetzungen für eine hieraus folgende Schadensersatzverpflichtung der Beklagten seien nicht gegeben. Danach seien die in den vorgenannten Schreiben jeweils ausgewiesenen Geldbeträge von 17.000 €, 19.000 € und 17.500 € in Erwartung des Zustandekommens einer erst noch abzuschließenden Vereinbarung rechtsgrundlos gezahlt worden und deshalb von den Klägern zu erstatten.
29Nach zwischenzeitlicher Rückzahlung eines Betrags von 500 € hat die Beklagte im Wege der Widerklage nach teilweiser Zurücknahme der Widerklage beantragt,
301. die Kläger zu 1) und 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 17.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
312. die Klägerin zu 3) zu verurteilen, an sie 19.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
323. die Klägerin zu 4) zu verurteilen, an sie 17.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
33Die Kläger haben beantragt,
34die Widerklage abzuweisen.
35Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Zahlungen aufgrund wirksamer Vereinbarung vom 25.10.2006 und daher mit Rechtsgrund geleistet worden seien. Es habe sich um eine erste Entschädigung für Unannehmlichkeiten durch Baumaßnahmen, für Wertminderung sowie für die Zustimmung zur Grenzbebauung des D-Marktes gehandelt. Sollte die Vereinbarung formunwirksam sein, stehe § 814 BGB einer Rückforderung entgegen. Hilfsweise haben die Kläger gegen die Widerklageforderung die Aufrechnung mit dem geltend gemachten Entschädigungsanspruch wegen Wertminderung ihres Eigentums in Höhe von 100.000 € erklärt.
36Das Landgericht hat zur Wertminderung wegen fehlender Garagen und Kellerräume sowie zu einem allgemeinen Wertverlust des Eigentums ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Architekt P vom 23.8.2010 eingeholt. Zu einer etwaigen Wertsteigerung durch die Errichtung des angrenzenden Einkaufszentrums hat das Landgericht ein weiteres schriftliches Gutachten des Sachverständigen vom 22.11.2011 eingeholt.
37Mit dem am 13.12.2012 verkündeten Urteil, im Tenor und in den Entscheidungsgründen berichtigt durch Beschluss vom 23.1.2013, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Kläger zu 1) und 2) als Gesamtgläubiger und an die Klägerin zu 4) jeweils 700 € zu zahlen. Die Klägerin zu 3) hat das Landgericht verurteilt, an die Beklagte 6.500 € nebst Zinsen zu zahlen. Ferner hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, die Hoffläche des Grundstücks mit einem Zaun und einem Zufahrtstor einzufrieden und den Hausflur des Hauses neu streichen zu lassen. Im Übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen und die teilweise Erledigung festgestellt.
38Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die zwischen den Parteien am 25.10.2006 getroffene Vereinbarung hinsichtlich der nicht mit Grundstücksgeschäften im Zusammenhang stehenden Abreden wirksam sei. Ein einheitliches und daher insgesamt notariell formbedürftiges Rechtsgeschäft sei nicht gegeben. Die vereinbarten Grundstücksgeschäfte seien als rein schuldrechtliche Abreden wirksam, so dass den Klägern aus der Nichterfüllung insoweit ein Schadensersatzanspruch zustehe. Dieser belaufe sich für jede der drei nicht erstellten Garagen auf 12.500 € und für jeden der zwei für die Kläger zu 1) und 2) und für die Klägerin zu 4) nicht hergerichteten Kellerräume auf 5.200 €. Damit sei ein etwaiger Nutzungsausfallschaden für die drei Garagen abgegolten. Mit den ihnen zustehenden Schadensersatzansprüchen sei von den Klägern wirksam die Aufrechnung gegen die Widerklageforderungen erklärt worden. Diese seien aus Bereicherungsrecht begründet, weil die gemäß der getroffenen Vereinbarung von der Beklagten geleisteten Zahlungen rechtsgrundlos erfolgt seien. Hiernach verblieben zugunsten der Kläger zu 1) und 2) und zugunsten der Klägerin zu 4) sowie zugunsten der Beklagten die zuerkannten Zahlungsansprüche. Nach dem Inhalt der insoweit hinreichend bestimmt getroffenen Vereinbarung habe die Beklagte ferner die Hoffläche des Hausgrundstücks mit einem Zaun nebst Zufahrtstor einzufrieden und auch den Hausflur des Gebäudes neu streichen zu lassen. Demgegenüber lasse sich der Vereinbarung ein Anspruch der Kläger auf Zwischenschaltung von Wasseruhren und Erstellung eines für alle zugänglichen Wasseranschlusses im Hof nicht entnehmen. Auch ein Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Wohnungseigentumsanlage bestehe nicht.
39Gegen diese Entscheidung richten sich die wechselseitigen Berufungen der Kläger und der Beklagten.
40Zur Begründung ihres Rechtsmittels führen die Kläger aus, dass der Beklagten nach den Ausführungen des Landgerichts, die Vereinbarung vom 25.10.2006 sei hinsichtlich der nicht grundstücksbezogenen Geschäfte wirksam, ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch in Höhe der geleisteten Zahlungen folgerichtig nicht zustehen könne. Denn in diesem Falle sei die getroffene Vereinbarung Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen der Beklagten. Das Landgericht habe ferner eine Nutzungsentschädigung für drei Garagen zu Unrecht versagt. Hierzu behaupten die Kläger, dass im Hof ursprünglich vorhandene Garagen auf Veranlassung der Beklagten im Zuge der Baumaßnahme für das angrenzende Einkaufszentrum im Juni 2007 versetzt worden seien. Ab diesem Zeitpunkt seien die Garagen nur noch eingeschränkt bis gar nicht nutzbar gewesen. Der hierdurch entgangene Nutzungsausfallschaden i.H.v. 3.000 € sei von der Beklagten zu ersetzen. Auch sei gemäß Ziff. 6 der Vereinbarung vom 25.10.2006 für jedes Wohnungseigentum eine Wasseruhr zwischenzuschalten. Das sei der Auslegung der Vereinbarung in Verbindung mit der Aktennotiz des Architekten F vom 9.10.2006 zu entnehmen und sei nicht etwa unstreitig mit unangemessen hohen und deshalb unzumutbaren Aufwendungen verbunden. Es müssten hierfür nicht die Wasserleitungen für sämtliche Wohneinheiten neu und getrennt verlegt werden. Aus Ziff. 3 der Vereinbarung vom 25.10.2006 in Verbindung mit der Aktennotiz des Architekten F vom 9.10.2006 ergebe sich ferner, dass die Beklagte einen Wasseranschluss im Hof einzurichten habe, der für alle Wohnungseigentümer zugänglich ist. Das sei im Übrigen auch gemäß §§ 280 BGB, 14 WEG im Wege des Schadensersatzes von der Beklagten geschuldet. Denn sie habe den zuvor vorhandenen Wasseranschluss im Zuge der Bauarbeiten für das angrenzende Einkaufszentrum beschädigt und stillgelegt. Den früheren Zustand habe sie gemäß § 249 BGB wieder herzustellen. Schließlich habe die Beklagte auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 3.184,60 € zu ersetzen, nachdem die Kosten anteilig von den Klägern bezahlt worden seien. Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei erforderlich gewesen, weil sich die Beklagte vorwerfbar nicht an die Vereinbarung vom 25.10.2006 gehalten habe. Die Kosten seien deshalb zurechenbar von der Beklagten verursacht und im Wege des Schadensersatzes von ihr zu erstatten.
41Die Kläger beantragen unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten abändernd,
421. die Widerklage abzuweisen,
432. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 1) und zu 2) als Gesamtgläubiger 17.700 €, an die Klägerin zu 3) 12.500 € und an die Klägerin zu 4) 17.700 € zu zahlen,
443. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 3.000 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung,
454. die Beklagte zu verurteilen, wegen der entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Vertretung in dieser Angelegenheit durch den Rechtsbeistand T und Rechtsanwalt T2 an die Kläger zu 1) und zu 2) als Gesamtgläubiger 1.128,20 €, an die Klägerin zu 3) 1.128,20 € und an die Klägerin zu 4) 1.128,20 € zu zahlen, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Berufungsbegründung,
465. die Beklagte zu verurteilen, für jedes Wohnungseigentum eine Wasseruhr zwischenzuschalten und einen Wasseranschluss im Hof des Anwesens B-Straße, ##### B2 herzurichten, der für alle Wohnungseigentümer zugänglich ist.
47Die Beklagte beantragt, unter Zurückweisung der Berufung der Kläger abändernd die Abweisung der Klage sowie auf die Widerklage,
48die Kläger zu 1) und 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 17.000 €, die Klägerin zu 3) zu verurteilen, an sie 19.000 € und die Klägerin zu 4) zu verurteilen, an sie 17.000 € zu zahlen, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
49Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass die Vereinbarung vom 25.10.2006 ein einheitliches Rechtsgeschäft darstelle und deshalb insgesamt der notariellen Form bedurft habe. Die an die Kläger geleisteten Zahlungen seien rechtsgrundlos erfolgt und mithin zurück zu gewähren. Das Herauslösen einzelner Punkte sei nach den damaligen Überlegungen der Vertragsbeteiligten nicht gewollt gewesen. Die Wirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen sei zudem unter Berücksichtigung des Schutzgedankens des § 311b BGB nicht gerechtfertigt. Ferner sei unberücksichtigt geblieben, dass die Regelungen unbestimmt und schon deshalb nicht durchsetzbar seien. Ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich unwirksamer grundstücksbezogener Geschäfte komme nur ausnahmsweise in Frage. Die dahingehenden Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Insbesondere fehle es an einem Verschulden der Beklagten. Denn von den Klägern seien immer wieder neue Forderung erhoben worden. Hierzu wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen zu den von ihr im Rahmen der Verhandlungen an die Kläger geleisteten Zahlungen und zu der eingetretenen Wertsteigerung des Grundstücks. Schließlich erklärt sie hilfsweise die Verrechnung mit weiteren von ihr im Jahr 2007 bereits an die Kläger geleisteten Zahlungen.
50II.
51Die zulässige Berufung der Kläger ist in dem zuerkannten Umfang begründet. Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
521. Aus den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1, 428 S. 1 BGB steht den Klägern zu 1) und zu 2) als Gesamtgläubiger sowie der Klägerin zu 4) jeweils in Höhe von 17.700 € und der Klägerin zu 3) in Höhe von 12.500 € ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu.
53a. Die Parteien haben mit dem in den drei Schreiben vom 25.10.2006 jeweils genannten Inhalt eine Vereinbarung über den Ausgleich für die angrenzende Baumaßnahme geschlossen und in dem Zusammenhang Regelungen über die Neugestaltung der Wohnungseigentumsanlage getroffen. Dem lagen zwei Besprechungen vom 18.9. und 2.10.2006 zugrunde, über die sich die von dem Architekten F angefertigte Aktennotiz vom 9.10.2006 verhält.
54Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob bereits mündlich am 18.9./2.10.2006 oder erst durch Unterzeichnung und Rücksendung der Schreiben vom 25.10.2006 eine dahingehende Vereinbarung zustande gekommen ist. Denn jedenfalls sollte es sich nach dem beiderseitigen Willen der Parteien um eine bindende Einigung handeln. Nach dem vorprozessualen Schriftverkehr fühlte sich die Beklagte ersichtlich daran gebunden. Die getroffene Vereinbarung ist zudem teilweise umgesetzt worden.
55b. Die wirksame rechtsgeschäftliche Vertretung der Beklagten durch die Streithelfer hat das Landgericht zutreffend festgestellt. Dagegen werden von der Beklagten keine Einwendungen erhoben. Es bestehen auch keine Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Denn schon nach ihrem eigenen Vortrag hat die Beklagte den Streithelfer zu 2) bei den Verhandlungen eingesetzt und sich bewusst seiner Hilfe bedient. Damit hat sie zurechenbar den Anschein einer Bevollmächtigung gesetzt.
56c. Die vertraglichen Regelungen über die Zuordnung und Grundbucheintragung zusätzlicher Garagen und Kellerräume bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Denn es geht in der Sache jeweils um Grundstücksgeschäfte im Sinne des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB, nämlich um die Verpflichtung zur Übertragung von Miteigentum und die Begründung von Sondernutzungsrechten nach dem WEG bzw. um die Verpflichtung zur Vornahme darauf gerichteter Rechtsgeschäfte. In diesem Umfang sind die vertraglichen Vereinbarungen, die bislang nicht umgesetzt worden sind, deshalb gemäß § 125 S. 1 BGB formnichtig.
57d. Die auf den Abschluss eines notariell zu beurkundenden Vertrags gerichteten Vertragsverhandlungen begründen jedoch ein Schuldverhältnis mit wechselseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten. Derjenige, der Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abbricht, kann sich daher im Einzelfall schadensersatzpflichtig machen. Wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit und bei notariell zu beurkundenden Verträgen auch wegen des Schutzwecks der gesetzlichen Formvorschriften müssen aber besondere Voraussetzungen vorliegen.
58Erforderlich ist, dass der Abbruch der Verhandlungen ohne triftigen Grund erfolgt. An einen solchen rechtfertigenden sachlichen Grund sind wegen der noch fehlenden vertraglichen Bindung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Der Vertragsschluss muss zudem als sicher dargestellt worden sein. Hiernach muss die eine Partei ein schutzwürdiges Vertrauen der anderen Partei begründet haben, der Vertrag werde mit Sicherheit zustande kommen. Schließlich muss der Abbruch der Verhandlungen sich als besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflichtverletzung darstellen (vgl. BGH NJW 2013, 928, Tz. 8; NJW-RR 2001, 381, Tz. 11; OLG Saarbrücken, Urteil vom 6.3.2014, 4 U 435/12, Tz. 23 ff.; OLG Celle BauR 2012, 1793, Tz. 24 f., 46; OLGR Bremen 2008, 385, Tz. 42 ff.).
59Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.
60aa. Der Abschluss der formell notwendigen notariellen Verträge zur Umsetzung der vorgesehenen Regelungen über die Zuordnung und Grundbucheintragung zusätzlicher Garagen und Kellerräume ist von der Beklagten als sicher dargestellt worden. Sie hat mit den an die Kläger gerichteten Schreiben vom 25.10.2006 in Aussicht gestellt, die Notarverträge vorbereiten zu lassen und diese zur Durchsicht zu übersenden. Aus der maßgeblichen Sicht der Kläger bedurfte es nur noch der von der Beklagten zu veranlassenden notariellen Form. Auch in dem nachfolgenden Schriftverkehr hat die Beklagte mehrfach zum Ausdruck gebracht, sich an die getroffene Vereinbarung halten zu wollen. Deren vereinbarungsgemäße Umsetzung hat sie nicht in Frage gestellt. Soweit sie eine abweichende Handhabung hinsichtlich der Garagen gewünscht hat, ist dies erst ab Februar 2008 und mithin erhebliche Zeit nach der am 25.10.2006 getroffenen Vereinbarung zwischen den Parteien thematisiert worden. Die Beklagte ist dabei selbst nicht davon ausgegangen, dass die ursprüngliche Regelung keine Geltung mehr haben sollte. Vielmehr hat sie zur Umsetzung der von ihr gewünschten abweichenden Handhabung hinsichtlich der Garagen eine Änderung der aus ihrer Sicht bindenden Vereinbarung angestrebt und dahingehende Verhandlungen geführt.
61bb. Die Parteien befanden sich hiernach ab dem 25.10.2006 nicht mehr in der Verhandlungsphase im engeren Sinne. Denn beide – auch die Beklagte – haben die getroffene Vereinbarung über einen erheblichen Zeitraum als verbindlich angesehen und teilweise auch umgesetzt. Hinsichtlich der Grundstücksgeschäfte ging es für beide allein noch um deren formgerechten notariellen Abschluss. Dem diente die der Beklagten erteilte notarielle Vollmacht vom 12.12.2006, mit der sie es in der Hand hatte, die Grundstücksgeschäfte einseitig formell wirksam umzusetzen.
62cc. Das Verhalten der Beklagten stellt sich unter Berücksichtigung der gegebenen Besonderheiten als treuwidrig dar. An der Vereinbarung über die Zuordnung und Grundbucheintragung zusätzlicher Garagen und Kellerräume will die Beklagte ohne sachlich rechtfertigenden Grund nicht mehr festhalten.
63Dabei fällt ins Gewicht, dass die angrenzende Baumaßnahme, an deren Durchführung die Beklagte ein besonderes wirtschaftliches Interesse hatte, inzwischen nach ihren Vorstellungen realisiert werden konnte. Die Beklagte hat mithin die Vorteile aus der Vereinbarung vom 25.10.2006, mit der die plangemäße Ausführung des Bauvorhabens sichergestellt werden sollte, ihrerseits gezogen. Der damit im Zusammenhang stehende Interessenausgleich sollte zugunsten der Kläger durch die teilweise Neugestaltung des Wohnungseigentums erfolgen. Die einseitige Verweigerung des beiderseits vorgesehenen wirtschaftlichen Ausgleichs beeinträchtigt das von der Beklagten zurechenbar geschaffene schutzwürdige Vertrauen der Kläger in den Bestand der getroffenen Vereinbarung. Allein der Umstand, dass die Beklagte nunmehr eine andere, für sich wirtschaftlich vorteilhaftere Nutzung der vormaligen Sparkassenräume anstrebt, stellt vor diesem Hintergrund einen berücksichtigungsfähigen sachlichen Grund nicht dar.
64e. Den Klägern ist durch die Treuepflichtverletzung der Beklagten ein Schaden in erstinstanzlich zuerkannter Höhe entstanden.
65Das Landgericht ist nicht zu beanstandend den Feststellungen des Sachverständigen P in seinem schriftlichen Gutachten vom 23.8.2010 gefolgt. Der zu ersetzende Schaden ist vorliegend in der unterbliebenen Durchführung der Vereinbarung über die Zuordnung und Grundbucheintragung zusätzlicher Garagen und Kellerräume zu sehen. Die hierdurch entstandene wirtschaftliche Beeinträchtigung der Miteigentumsanteile der Kläger zu 1) und 2) sowie der Klägerin zu 4) hat der Sachverständige mit jeweils 12.500 € für die Garagen und mit 5.200 € für die Kellerräume bemessen, insgesamt mithin in Höhe von 17.700 €. Für die Klägerin zu 3) ist allein der auf die Garage entfallende Betrag von 12.500 € zugrunde zu legen, da die Zuordnung eines Kellerraums nicht vereinbart war.
662. Der Schadensersatzanspruch ist nicht gemäß § 389 BGB durch die in der Berufung hilfsweise von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit Rückzahlungsforderungen der im Jahr 2007 an die Kläger geleisteten Zahlungen erloschen. Denn dahingehende Gegenansprüche stehen der Beklagten nicht zu.
67a. Die Zahlung von 3 x 10.000 € auf die Vereinbarung vom 23.7.2007 ist ersichtlich mit Rechtsgrund erfolgt. Es ist nicht erkennbar, dass die Abrede unwirksam sein könnte. Dass die Beklagte, um das angrenzende Bauvorhaben durchführen zu können, zu der Abrede genötigt worden ist, ist nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden.
68b. Gleiches gilt für die von der Beklagten geleistete Zahlung einer weiteren Entschädigung in Höhe von 12.480 €, die gemäß Vereinbarung der Parteien vom 2.11.2007 dem Ausgleich einer weiteren Wertminderung der Miteigentumsanteile diente.
69c. Auch die Bezahlung des Grundstückskaufpreises in Höhe von 6.240 €, statt des ursprünglich vorgesehenen Flächentausches, ist auf vertraglicher Grundlage erfolgt. Es ist nicht erkennbar, dass der notarielle Grundstückskaufvertrag unwirksam sein könnte und die Zahlung deshalb rechtsgrundlos erfolgt ist.
70d. Schließlich hat die Beklagte auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie Architekten- und Vermessungskosten in Höhe von 5.431 € aufgrund vertraglicher Vereinbarung übernommen und bezahlt.
713. Der Schadensersatzanspruch der Kläger ist nicht im Wege der von ihnen erklärten Hilfsaufrechnung gegen die Widerklageforderung nach § 389 BGB erloschen.
72Die mit der Widerklage verfolgten Rückzahlungsansprüche stehen der Beklagten nicht aus den §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, S. 2 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB und auch aus keinem anderen Rechtsgrund gegen die Kläger zu.
73a. Durch die von der Beklagten am 3.4.2008 geleisteten Zahlungen haben die Kläger zu 1) und zu 2) i.H.v. 17.000 €, die Klägerin zu 3) i.H.v. 19.000 € und die Klägerin zu 4) i.H.v. 17.500 € jeweils entsprechende Auszahlungsansprüche gegen ihren Prozessbevollmächtigen gemäß den §§ 667, 662, 675 BGB erlangt. Darin ist ein vermögenswerter Vorteil im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB zu sehen.
74Unstreitig sind 500 € inzwischen zurückgezahlt worden, so dass insoweit eine Entreicherung – der Klägerin zu 4) – gemäß § 818 Abs. 3 BGB bzw. Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist. Die Beklagte hat in diesem Umfang die Widerklage zurückgenommen.
75b. Die Bereicherung beruht auf einer Leistung der Beklagten zum Zwecke der Erfüllung der in Ziff. 8/9 der Schreiben vom 25.10.2006 jeweils vereinbarten Ausgleichzahlungen.
76Maßgebend für den Leistungszweck ist der objektivierte Empfängerhorizont. Danach durften die Kläger davon ausgehen, dass Leistungszweck die Erfüllung der vorgesehenen Zahlungspflichten gemäß Ziff. 8/9 der Schreiben vom 25.10.2006 war. Denn die Zahlung hatten die Kläger unter Bezugnahme auf die Vereinbarung mit Anwaltsschreiben vom 25.3.2008 unter Fristsetzung bis zum 4.4.2008 angemahnt. Hierauf hat die Beklagte ohne nähere Angaben am 3.4.2008 gezahlt. Das ließ sich aus der Sicht der Kläger dahin verstehen, dass die in Rede stehende Verbindlichkeit erfüllt werden sollte.
77c. Eine beiderseits als bindend gewollte Vereinbarung über die von der Beklagten zu leistenden Ausgleichszahlungen haben die Parteien mit dem Inhalt der Ziff. 8/9 der Vereinbarung vom 25.10.2006 getroffen. Diese vertragliche Vereinbarung ist Rechtsgrund für die von der Beklagten geleisteten Zahlungen.
78Es kann dahingestellt bleiben, ob die Zahlungsvereinbarung aufgrund ihres Zusammenhangs mit den notariell formbedürftigen Grundstücksgeschäften der notariellen Beurkundung bedurft hat und sie deshalb nach § 125 S. 1 BGB formnichtig ist. Denn auf eine etwaige Formunwirksamkeit kann sich die Beklagte gemäß § 242 BGB ausnahmsweise nicht berufen, weil ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung vorliegt.
79Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Verstoß gegen § 242 BGB bei Berufen auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts dann angenommen werden, wenn das Scheitern des Geschäfts an der Formnichtigkeit zu einem für die betroffene Partei schlechthin untragbaren Ereignis führt (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1415, juris Tz. 5; NJW 2004, 3330, juris Tz. 13).
80Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
81Die Beklagte hat in der Zeit nach dem 25.10.2006 mehrfach zum Ausdruck gebracht, sich an die getroffenen Vereinbarungen halten zu wollen. Den Bestand der Nebenabreden – sowohl die Zahlungsvereinbarung als auch die Vereinbarung über die Einfriedung der Hoffläche und den Neuanstrich des Hausflures – hat sie zu keiner Zeit in Frage gestellt. Über einen erheblichen Zeitraum haben beide Parteien sowohl die Nebenabreden als auch das Gesamtgeschäft als verbindlich angesehen und teilweise auch umgesetzt. Die Beklagte hat das angrenzende Bauvorhaben nach ihren Vorstellungen realisieren können und einzelne Grundstücksgeschäfte – Tausch und Erwerb von Teilflächen – unter Inanspruchnahme der ihr erteilten notariellen Vollmacht umgesetzt. Den Vorteil daraus, dass die Kläger nach ihrem Vorbringen ein Gesamtgeschäft wollten und deshalb die Nebenabreden den Formanforderungen der Grundstücksgeschäfte unterliegen können, zieht nunmehr allein die Beklagte. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Nebenabreden jede für sich allein formlos vereinbart werden konnten. Deren einseitige Verweigerung stellt sich als treuwidrige Beeinträchtigung des von der Beklagten zurechenbar geschaffenen schutzwürdigen Vertrauens der Kläger in den Bestand der getroffenen Nebenabreden dar.
824. Über den Schadensersatzanspruch für die unterbliebene Durchführung der Vereinbarung über die Zuordnung und Grundbucheintragung zusätzlicher Garagen hinausgehend können die Kläger keinen weitergehenden Ersatz eines Nutzungsausfallschadens verlangen.
83a. Den erstinstanzlich geltend gemachten Nutzungsausfallschaden für die nicht errichteten drei Garagen für 20 Monate (ab Ende 2006) hat das Landgericht zutreffend verneint. Denn neben dem berücksichtigten Schaden, der in der Nichterrichtung der Garagen besteht, ist kein schadenserhöhender Nutzungsausfall entstanden.
84Im Übrigen lässt sich nicht erkennen, dass die drei Garagen zum Ende des Jahres 2006 fertigzustellen waren und deshalb ab dieser Zeit ein Nutzungsausfall zu ersetzen sein könnte. Immerhin sollten notarielle Verträge vorbereitet, zur Kenntnis überlassen und dann abgeschlossen werden. Auch mussten die Umbauarbeiten ausgeführt werden. Ferner ist unstreitig geblieben, dass die Sparkasse die Räumlichkeiten, die zu Garagen umgebaut werden sollten, erst am 30.4.2008 geräumt hat. Insoweit ist eine von der Beklagten zu verantwortende Verzögerung nicht festzustellen.
85b. Die Kläger stützten ihren Anspruch in der Berufung hierauf auch nicht. Vielmehr sehen sie den zu ersetzenden Nutzungsausfall jetzt darin, dass die Beklagte drei im Hof vorhandene Garagen im Zuge der Baumaßnahme für das angrenzende Einkaufszentrum im Juni 2007 versetzt habe. Ab diesem Zeitpunkt seien die Garagen nur noch eingeschränkt bis gar nicht nutzbar gewesen.
86Das hat die Beklagte zu Recht als verspätetes neues Vorbringen gerügt und inhaltlich bestritten. Die Zulassungsvoraussetzungen nach § 531 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Kläger sind von der Beklagten schon erstinstanzlich darauf hingewiesen worden, dass ihnen drei Garagen im Hof zur Verfügung stehen. Insoweit hatten die Kläger Veranlassung dazu, zu einer etwaigen entgangenen Nutzung dieser Garagen vorzutragen.
875. Ein Anspruch gegen die Beklagte, einen für alle Wohnungseigentümer zugänglichen Wasseranschluss im Hof herzurichten und für jedes Wohnungseigentum eine Wasseruhr zwischenzuschalten, besteht nicht.
88a. Den Klägern steht insoweit kein Schadensersatzanspruch zu. Ihr Berufungsvorbringen, die Beklagte habe einen ursprünglich vorhandenen Wasseranschluss im Hof im Zuge der Bauarbeiten für das angrenzende Einkaufszentrum beschädigt und stillgelegt, ist neu und von der Beklagten in Abrede gestellt worden. Die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
89b. Ein Anspruch auf Herstellung eines für alle Wohnungseigentümer zugänglichen Wasseranschlusses im Hof lässt sich der Ziff. 3 der Vereinbarung vom 25.10.2006 nicht entnehmen. Auch unter Berücksichtigung des Inhalts der Aktennotiz des Architekten F vom 9.10.2006 ergibt sich lediglich, dass die Hoffläche wieder hergerichtet und außerhalb des Gebäudes vorhandene Wasseranschlüsse versetzt werden sollen. Ein hinreichend konkretisierter Herstellungsanspruch gegen die Beklagte folgt hieraus nicht.
90c. Hinsichtlich der Zwischenschaltung von Wasseruhren stützen sich die Kläger auf Ziff. 6 der Vereinbarung vom 25.10.2006 und ziehen die Aktennotiz des Architekten F vom 9.10.2006 ergänzend heran. Danach ist zwischen den Parteien zwar besprochen worden, dass die Wasserversorgung so umgestaltet werden soll, dass der Wasserverbrauch für jeden Sondereigentumsbereich separat gezählt werden kann. Weiter heißt es, dass Zählereinrichtungen dann installiert werden. Die Kosten soll „die Bauherrschaft“ tragen, mithin die Beklagte.
91Allerdings ist dieser Inhalt in den drei Schreiben vom 25.10.2006 gerade nicht genannt. Auch steht die Maßnahme in der in Bezug genommenen Aktennotiz unter dem Vorbehalt, dass „das durch technische Veränderungen im UG möglich ist“. Hiernach waren jedenfalls keine umfangreichen Baumaßnahmen zur Trennung des Wasserleitungssystems vorgesehen. Solche sind aber nach den im Senatstermin vorgelegten Lichtbildern erforderlich, um eine Verbrauchserfassung zu ermöglichen. Denn die Wohneinheiten werden nicht über getrennte Wasserleitungen versorgt, die lediglich der Zwischenschaltung von Zählern (Wasseruhren) bedürfen.
926. Den Klägern stehen die ihnen erstinstanzlich zuerkannten Ansprüche auf Einfriedung der Hoffläche und Anstrich des Hausflurs gegen die Beklagte zu.
93a. Die Einfriedung der Hoffläche und den Anstrich des Hausflurs haben die Parteien in Ziff. 3 und 5 der Schreiben vom 25.10.2006 ausdrücklich vereinbart. Dem entspricht die Aktennotiz des Architekten F vom 9.10.2006 über die der Vereinbarung zugrunde liegenden Gespräche der Parteien. Die Regelungen sind hinreichend bestimmt. Die Beklagte ist von den Streithelfern wirksam vertreten worden.
94b. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarungen aufgrund ihres Zusammenhangs mit den notariell formbedürftigen Grundstücksgeschäften ihrerseits der notariellen Beurkundung bedurft haben und sie deshalb nach § 125 S. 1 BGB formnichtig sind. Denn die Beklagte kann sich aus den bereits genannten Gründen auf eine etwaige Formunwirksamkeit gemäß § 242 BGB ausnahmsweise nicht berufen, weil ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung vorliegt.
957. Ein Anspruch auf Ersatz der im Rahmen der Vertragsverhandlungen entstandenen Rechtsanwaltskosten steht den Klägern nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht zu.
96Die Beklagte hat in der Zeit nach dem 25.10.2006 eine bindende Vereinbarung nicht generell in Abrede gestellt. Vielmehr hat sie in ihrem vorprozessualen Schriftverkehr an einer Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen dem Grunde nach festgehalten. Soweit in der Folgezeit zwischen den Parteien weitergehende Verhandlungen geführt wurden, insbesondere über die abweichende Handhabung der Garagen, steht die anwaltliche Tätigkeit mit diesen Vertragsverhandlungen im Zusammenhang und lässt sich nicht einem konkreten pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten zuordnen.
97III.
98Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
99Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor.
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