Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 17 U 180/04

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 16.07.2004 - 9 O 158/04 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Herausgabe eines 15 Jahre alten Porsche 928, den ihr der Beklagte geschenkt habe. Der Beklagte wendet ein, sein Schenkungsversprechen vom Februar 2001 sei nicht vollzogen worden, die Klägerin nicht Eigentümerin des Fahrzeugs geworden.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Änderungen oder Ergänzungen sind nicht geboten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, welche ihre erstinstanzlichen Klaganträge in vollem Umfang weiter verfolgt. Sie macht auch im Berufungsverfahren geltend, zusammen mit der Schenkungsurkunde habe sich in ihrem Briefkasten der Kraftfahrzeugbrief und ein Fahrzeugschlüssel befunden. Sie habe das Schenkungsangebot durch ihre Unterschrift auf der Urkunde angenommen. Der Beklagte habe das Fahrzeug und einen Fahrzeugschlüssel bei sich behalten, um noch eine Reparatur vornehmen zu lassen.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe Eigentum am Pkw durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 BGB) erlangt. Wer in solcher Weise seinen Pkw verschenke und ihn noch reparieren lassen wolle, habe den Willen, ihn einstweilen verwahren, oder jedenfalls einstweilen sonst für sich behalten. Der Beschenkte solle somit mittelbaren Besitz erlangen.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil vom 16.07.2004 des LG Mannheim - 9 O 158/04 - aufzuheben;
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin den Pkw Porsche 928, Fahrgestellnummer ..., Erstzulassung 27.04.1989, nebst einem Kfz-Schlüssel herauszugeben, im Unbeibringlichkeitsfalle 10.000,00 EUR zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend macht er geltend, die Klägerin habe das Schenkungsangebot nicht rechtzeitig im Sinne von § 147 Abs. 2 BGB angenommen. Er habe auch nicht gemäß § 151 BGB auf Zugang der Annahmeerklärung verzichtet. Die Parteien hätten auch zu keinem Zeitpunkt ein Besitzkonstitut vereinbart und die Schenkung vollzogen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
13 
Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
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Ein Herausgabeanspruch hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs gegen den Beklagten steht der Klägerin weder aus Verwahrung oder Leihe (§§ 695, 604 BGB) noch aus Eigentum am Fahrzeug (§ 985 BGB) zu. Eine solche vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien ist nicht zustande gekommen. Die Klägerin ist mangels wirksamer Übereignung des Pkw auch nicht Eigentümerin des Fahrzeugs geworden.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin das in ihrem Briefkasten vorgefundene schriftliche Schenkungsangebot des Beklagten rechtzeitig durch Hinzufügung ihrer Unterschrift angenommen und die Annahme des Angebots dadurch hinreichend dokumentiert hat und ob der Zugang der Annahmeerklärung beim Beklagten hier nach § 151 BGB entbehrlich gewesen ist. Denn das Schenkungsversprechen des Beklagten ist jedenfalls formunwirksam und damit nichtig (§ 125 Satz 1 BGB), weil die - nach § 518 Abs. 1 BGB erforderliche - Form der notariellen Beurkundung nicht eingehalten ist.
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Der Formmangel ist nicht durch Bewirken der versprochenen Leistung geheilt worden (§ 518 Abs. 2 BGB). Die Klägerin hat das Eigentum an dem streitgegenständlichen Kraftfahrzeug nicht erlangt.
17 
Eine Übergabe des Fahrzeugs im Sinne von § 929 Satz 1 BGB hat unstreitig zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Dass der Klägerin durch die Übersendung eines Fahrzeugschlüssels eine Zugriffsmöglichkeit auf den Pkw eröffnet gewesen sein könnte, reicht zur Begründung eines Besitzübergangs im Sinne des § 929 BGB nicht aus (BGH NJW-RR 2005, 280, 281). Die Übergabe ist auch nicht dadurch ersetzt worden, dass die Parteien ein Rechtsverhältnis vereinbart hätten, durch das die Klägerin mittelbaren Besitz erlangt hätte (§ 930 BGB).
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Die Klägerin hat die Übereignung des Pkw unter Vereinbarung eines Besitzkonstituts im Sinne von § 930 BGB nicht hinreichend dargetan. Zu einer persönlichen Besprechung der Parteien über diese Angelegenheit ist es im Anschluss an die schriftliche Schenkungsofferte nicht gekommen. Die Klägerin hat bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben, dass sie den Beklagten nach Erhalt des Vertrages nicht mehr auf diese Angelegenheit oder darauf angesprochen habe, ihr das Fahrzeug zu geben. Er habe während dieser Zeit bis zum Ende ihrer Beziehung das Fahrzeug nicht aus der Reparaturwerkstatt zurückgeholt. Soweit die Klägerin ihn mehrfach auf die Durchführung der Reparatur angesprochen haben will, lässt dies keine Deutung dahingehend zu, die Parteien hätten sich nunmehr mündlich auf ein Besitzkonstitut geeinigt.
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Das übersandte Schriftstück allein, wonach der Beklagte der Klägerin das Fahrzeug „mit sofortiger Wirkung“ schenke, reicht nicht aus, ein Besitzkonstitut, etwa in Form eines Verwahrungsvertrags, zwischen den Parteien als vereinbart anzusehen.
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Dem Wortlaut „mit sofortiger Wirkung“ und dem sonstigen Text des Schreibens lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass und aus welchen Gründen die Übergabe des Pkw gleichwohl nicht habe sofort erfolgen sollen. Da es, wie bereits ausgeführt, zu einem Gespräch der Parteien über die Schenkung nicht gekommen ist, kann maßgeblich nur auf den Wortlaut des Schenkungsangebots, auszulegen nach dem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB), abgestellt werden. Dort finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass - statt sofortiger Übergabe des Fahrzeugs bei Abholung durch die Klägerin - ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen den Parteien hätte begründet werden sollen, demzufolge der Beklagte das Fahrzeug zunächst weiter bei sich behalten und besitzen sollte. Eine allgemeine Abrede, der Veräußerer solle künftig für den Erwerber besitzen, wäre ungenügend für die Verschaffung von Eigentum nach § 930 BGB. Hierfür muss ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis im Sinne von § 868 BGB zumindest stillschweigend begründet werden (Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 930 Rn. 8). Dazu hätte es einer näheren Absprache bedurft, für welchen Zeitraum der Beklagte weiter im Besitz des Fahrzeugs bleiben sollte, ob er das Fahrzeug noch für sich nutzen durfte oder nicht, ggf. welche Arbeiten er auf wessen Kosten veranlassen sollte und ob und wann das Fahrzeug voraussichtlich der Klägerin überstellt und endgültig überlassen werden wird. Daran fehlt es, wie auch an jedem sonstigen besitzbegründenden Rechtsverhältnis (BGH NJW-RR 2005, 280, 281). Die Klägerin bietet für ihre vom Beklagten bestrittenen Behauptungen auch keinen Beweis an. Ihrer Parteivernehmung hat der Beklagte nicht zugestimmt. Die Voraussetzungen von § 447 ZPO liegen damit nicht vor.
21 
Die Übergabe des Fahrzeugbriefs ist zur Verschaffung des Eigentums am Fahrzeug weder erforderlich noch hinreichend (BGH NJW 1978, 1854; Palandt/Bassenge, § 929 Rn. 21). Sie kann die Übergabe des Fahrzeugs selbst als Voraussetzung der Übereignung gemäß § 929 BGB nicht ersetzen. Der Fahrzeugbrief ist kein Wertpapier im Sinne von § 793 BGB. Vielmehr findet auf ihn § 952 BGB entsprechende Anwendung (BGH NJW 1978, 1854; OLG Köln NJOZ 2004, 3700, 3701; Palandt/Bassenge, § 952 Rn. 7).
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Eine Übergabe des Fahrzeugs nach § 929 BGB war auch nicht aus anderen Gründen ausnahmsweise entbehrlich. Dass der Klägerin durch die Übersendung eines Fahrzeugschlüssels die Möglichkeit eingeräumt worden sei, sich selbst in den Besitz des Fahrzeugs zu bringen, hat sie nicht behauptet. Nach ihren Angaben im Senatstermin ist auch nicht ersichtlich, dass sie durch Kenntnis des genauen Standorts des Fahrzeugs hierzu ohne weitere Mitwirkung des Beklagten in der Lage gewesen wäre. Außerdem hat die Klägerin hiervon jedenfalls keinen Gebrauch gemacht.
23 
Soweit die Klägerin für den „Unbeibringlichkeitsfall“ beantragt hatte, den Beklagten zur Zahlung von 10.000 EUR zu verurteilen, ist die Klage an sich unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Klage auf bedingte künftige Leistung gemäß § 259 ZPO sind nicht dargetan. Eine Fristbestimmung gemäß § 255 ZPO ist nicht verlangt. Gleichwohl erscheint die Sachabweisung auch insoweit gerechtfertigt, weil schon ein Herausgabeanspruch nicht besteht und damit auch ein künftiger Anspruch auf Leistung von Schadensersatz wegen Nichtherausgabe des Fahrzeugs von vornherein ausscheidet (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 259 Rn. 3 und § 256 Rn. 7).
24 
Demnach war die Berufung der Klägerin vollumfänglich zurückzuweisen.
III.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
26 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
27 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.
28 
Gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG war der Streitwert festzusetzen.

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