Urteil vom Verwaltungsgericht Minden - 7a K 739/21
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage - sinngemäß - zurückgenommen hat.
Das beklagte Land wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des K. vom 3. Februar 2021 verpflichtet, der Klägerin für den Arbeitnehmer B. C. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 eine Erstattung in Höhe von 762,35 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 383,14 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen, sowie auf diesen Betrag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu leisten.Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen nach dem Infektionsschutzgesetz.
3Die Klägerin war von 2008 bis 2020 in der Fleischverarbeitung sowie der Fleischkonservierung tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit war sie mit der U. GmbH & Co. KG, J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück (im Folgenden: Firma U. ) bzw. einer Rechtsvorgängerin geschäftlich verbunden.
4Mit Werkvertrag vom 1. Juni 2009 verpflichtete sich die Klägerin als Werkunternehmerin gegenüber der Firma U. zur Herstellung von Fleischteilstücken und Zerlegenebenprodukten. Die Werkleistung wird nach den vertraglichen Bestimmungen (§ 2 Nr. 1) auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück erbracht. Räumlichkeiten und Betriebsmittel (mit Ausnahme von Messern, Wetzstählen, Arbeits- und Schutzkleidung) werden von dieser zur Verfügung gestellt.
5Gemäß § 2 Nr. 4 Werkvertrag haben die - Klägerin als - Werkunternehmerin und die Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer werkvertraglichen Leistungen bedient, u.a. Weisungen der Hygienebeauftragen der Bestellerin Folge zu leisten. Nach § 2 Nr. 5 Werkvertrag ist die Werkunternehmerin verpflichtet, gemäß § 8 Abs. 1 ArbSchG ihre Beschäftigten über Gefahren und Risiken für Sicherheit und Gesundheit sowie über Schutzmaßnahmen vor Arbeitsaufnahme zu unterweisen. Weiter ist sie verpflichtet, ihre Beschäftigten vor Arbeitsaufnahme nach der Betriebseinweisung Personalhygiene FB HY 8-01 in der jeweils gültigen Version zu schulen. Der Nachweis über die stattgefundenen Unterweisungen ist schriftlich von den Beschäftigten per Unterschrift zu bestätigen und unaufgefordert vor Arbeitsaufnahme an das Lohnbüro der Bestellerin weiterzuleiten. Die Klägerin hat zudem nach § 2 Nr. 6 Werkvertrag gegenüber der Bestellerin einen verantwortlichen Vertreter zu benennen bzw. dafür Sorge zu tragen, dass ein verantwortlicher Vertreter bei der Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtungen präsent ist.
6Nach Art. 3 Nr. 1 des Nachtrages zum Werkvertrag vom 22. Juli 2014 versichert die Klägerin, dass sie bei der Ausführung des Werkvertrags nicht gegen das Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz oder gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz verstößt; dass sie die deutschen Arbeitsschutzvorschriften und das Arbeitszeitgesetz einhält; und dass sie ihren Verpflichtungen zur Abführung von Sozialversicherungsbeitragen in der Bundesrepublik Deutschland und im Heimatland sowie ihren Verpflichtungen zur Zahlung an die Berufsgenossenschaften und die Finanzbehörden ordnungsgemäß und vollständig nachkommt. In Art. 1 der Ergänzung verpflichten sich die Vertragsparteien zur Einhaltung des bundeseinheitlichen Tarifvertrags zur Regelung der Mindestbedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft in der jeweils gültigen Fassung.
7Im Rahmen dieses Werkvertrags setzte die Klägerin in Juni 2020 ihren Arbeitnehmer B. C. als Fleischverarbeiter am Band „Lachse“ (Veredelung von Fleischstücken/Entfernung von Fett und Sehnen) auf dem Betriebsgelände der Firma U. ein. Der Arbeitnehmer war ausweislich des vorliegenden Arbeitsvertrags vom 26. August 2019 seit dem 2. September 2019 bei der Klägerin beschäftigt. Es wurde ein Bruttostundenlohn von 9,20 € sowie eine zusätzliche monatliche Prämie von 150 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart (§§ 4 und 5 des Arbeitsvertrags). Der Arbeitnehmer war bzw. ist unter der Adresse L. in 59077 Hamm wohnhaft.
8Im Rahmen einer am 16. Juni 2020 durchgeführten Reihentestung stellte das Gesundheitsamt des Kreises Gütersloh bei 730 von 1.106 Abstrichen von in der „Zerlegung“ auf dem Werksgelände der Firma U. tätigen Mitarbeitern einen positiven Befund auf das Coronavirus SARS-CoV-2 fest.
9Der Landrat des Kreises Gütersloh ordnete daraufhin am 17. Juni 2020 zunächst mündlich die Schließung des Betriebsstandortes der U. Unternehmensgruppe in Rheda-Wiedenbrück an. Unter dem 10. August 2020 bestätigte er gegenüber der U. & Co. KG die Allgemeinverfügung zur Schließung des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ schriftlich.
10Mit Allgemeinverfügung zur fortbestehenden Schließung und den Voraussetzungen einer schrittweise möglichen Wiederaufnahme des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ vom 2. Juli 2020 verfügte der Bürgermeister der Stadt Rheda-Wiedenbrück eine weitere Schließung bis zum 17. Juli 2020. Überdies wurden Regelungen zur schrittweisen Wiederaufnahme des Betriebs getroffen.
11Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 18. Juni 2020 ordnete der Landrat des Kreises Gütersloh in Ziffer 1 die Absonderung in häusliche Quarantäne gegenüber allen im Betrieb der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück in der Produktion tätigen Personen an. Ziffer 2 enthielt einen Ausnahmetatbestand für alle seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes negativ getesteten Personen, die auch bei Erhalt des Testergebnisses noch keinerlei Symptome aufwiesen. Gleichzeitig wurde der Fall geregelt, dass der Betroffene zwar negativ getestet worden ist, aber im Rahmen der Kontaktnachverfolgung als Kontaktperson der Kategorie 1 nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts ermittelt wurde. In diesem Fall sollte das Gesundheitsamt mitteilen, bis wann die Absonderung zu erfolgen hat.
12Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 20. Juni 2020 hob der Landrat des Kreises Gütersloh die Allgemeinverfügung vom 18. Juni 2020 auf und ordnete für alle auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 2. Juli 2020, 24:00 Uhr, an. Zugleich erließ er Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personen die auf dem Gelände der Firma U. tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst.
13Außerdem ordnete das Gesundheitsamt der Stadt Hamm die Absonderung des Arbeitnehmers C. in häusliche Quarantäne vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 an.
14Mit Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber im Betrieb der Firma U. am Standort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen durch Absonderung in häuslicher Quarantäne vom 1. Juli 2020 ordnete das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) ab dem 3. Juli 2020, 00:00 Uhr, gegenüber allen Personen, die im Zeitraum vom 3. Juni 2020 bis zum 17. Juni 2020 an mindestens einem Tag auf dem Betriebsgelände der Firma U. am Standort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätig waren, unabhängig davon, ob sie unmittelbar bei dieser Firma, einem Subunternehmer oder einer Leiharbeitsfirma angestellt sind oder für diese tätig waren, die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 17. Juli 2020, 24.00 Uhr an. Zugleich erließ das MAGS Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personengruppen, die auf dem Gelände der Firma U. tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst. Die Absonder-ungsverpflichtung endete für Personen, die im Rahmen der seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes Gütersloh durchgeführten Testungen positiv getestet worden sind, frühestens 14 Tage nach labordiagnostischem Erstnachweis des Erregers zu dem Zeitpunkt, an dem die Person 48 Stunden symptomfrei ist.
15Am 3. September 2020 beantragte die Klägerin die „Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen bei Verdienstausfall eines Arbeitnehmers auf Grund behördlich angeordneter Quarantäne (Absonderung) oder Tätigkeitsverbot nach § 56 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“ für den Arbeitnehmer „B. C. “. Dazu erklärte sie u.a., dass der Arbeitnehmer sich aufgrund einer Anordnung des Gesundheitsamtes der Stadt Hamm vom 18. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 in Quarantäne befunden habe, er in diesem Zeitraum keinen genehmigten Urlaub gehabt habe, er nicht aufgrund eines kranken Kindes arbeitsbefreit gewesen sei und er in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB, auf Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, sonstige Zuschüsse, zusätzliches Einkommen aus Ersatztätigkeiten gehabt habe. Der Betrieb des Arbeitnehmers sei vom 18. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2021 geschlossen gewesen. Die Frage, ob der Arbeitnehmer während der Absonderung arbeitsunfähig krank gewesen sei, verneinte die Klägerin.
16Mit Bescheid vom 3. Februar 2021 lehnte der K. (K. ) den Antrag auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Herrn B. C. ab. Zur Begründung führte der K. aus, dass die Klägerin beim Einsatz ihres Arbeitnehmers Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben verletzt habe. Aus diesem Grund habe der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin, sodass ein Verdienstausfall i.S.v. § 56 Abs. 1 IfSG und damit ein entsprechender Erstattungsanspruch nicht vorlägen. Der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer eingesetzt gewesen sei, sei vom 16. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen gewesen. Ein Einsatz des Arbeitnehmers sei somit bereits aus betrieblichen Gründen nicht möglich gewesen. Im Zeitraum der Betriebsschließung habe bereits aus diesem Grund kein Verdienstausfall vorgelegen, da der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin gehabt habe, sodass ein möglicher Entschädigungsanspruch entfalle.
17Die Klägerin hat am 3. März 2021 Klage erhoben.
18Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, vorrangige Ansprüche, die einen Entschädigungsanspruch ausschlössen, lägen nicht vor. Insbesondere bestehe kein Lohnfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG, da Herr C. nicht infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei. Zwar sei er am 17. Juni 2010 positiv auf das Coronavirus getestet worden, er habe aber keine Symptome gehabt.
19Auch die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB lägen nicht vor, da Herr C. über einen erheblichen Zeitraum abgesondert gewesen sei, insbesondere vor dem Hintergrund des Beginns der Beschäftigung erst am 2. September 2019. Ein nicht erheblicher Zeitraum seien nur wenige Tage, in Ansehung von § 2 PflegeZG allenfalls 10 Tage.
20Der Anspruch sei insbesondere nicht wegen Verstößen gegen Gesundheits- und Arbeitsvorschriften oder Hygienevorgaben ausgeschlossen. Der Behördenakte lasse sich weder der vom K. behauptete Verstoß entnehmen, noch sei ersichtlich, dass die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Arbeitnehmers C. geprüft worden seien. Auch in den Begründungen der Allgemeinverfügungen über die Absonderung in häusliche Quarantäne seien keine Verstöße gegen Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften zum Zeitpunkt der Anordnung festgestellt worden. In der Verfügung des Kreises Gütersloh vom 18. Juni 2020 werde auf Seite 4 von einem „unklaren Ausbruchsgeschehen“ ausgegangen und nach den Ausführungen auf Seite 3 werde es nur als „sehr naheliegend“ erachtet, dass die infizierten Beschäftigten aus der Zerlegung der Firma U. weitere in der Produktion tätige Personen durch Kontakte am Arbeitsplatz, in der gemeinsamen Unterkunft oder auf dem gemeinsamen Transportweg infiziert hätten.
21Im Übrigen habe sie beim Einsatz ihrer Arbeitnehmer auf dem Betriebsgelände der Firma U. auch keine Verstöße begangen. Seitens ihrer Bestellerin seien seit Beginn der Corona-Pandemie Präventionsmaßnahmen und Hygienekonzepte eingeführt worden, die auch von ihr - als auf dem Betriebsgelände tätige Subunternehmerin - umgesetzt worden seien. Sie habe ihre Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf die Pandemie angepasst und Maßnahmen ergriffen. Sie habe Masken und Desinfektionsmittel gekauft. Ihre Mitarbeiter seien über die (sich ändernden) einzuhaltenden Maßnahmen informiert und angewiesen worden, sich an diese Anordnungen zu halten. Der Objektleiter L. A. sei zuständig gewesen für Schulungen und Informationen vor Ort. Über einzuhaltende Schutzmaßnahmen seien die Arbeitnehmer - auch Herr C. - unterrichtet worden. Die Informationen seien auch schriftlich in unterschiedlichen Sprachen an die Mitarbeiter verteilt worden. Bei den von ihr organisieren Transporten der Arbeitnehmer von Bielefeld nach Rheda-Wiedenbrück - bei denen der Arbeitnehmer C. wegen seines Wohnsitzes in Hamm nicht befördert worden sei - seien in den beiden Kleinbussen Schutzmasken getragen worden. Zudem seien regelmäßig Amtsärzte vor Ort gewesen, die lebensmittelrechtliche Kontrollen durchgeführt hätten. Hinweise auf Verstöße gegen Hygienevorschriften hätten die Kontrolleure nicht festgestellt. Sämtliche Arbeitnehmer in der Produktion hätten z.B. Schutzkleidung getragen und sich vor dem Betreten der Arbeitsbereiche Hände und Schuhe desinfiziert. Auch die Kontrollen durch die Gewerbeaufsicht seien im Hinblick auf den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers C. beanstandungslos geblieben.
22Sie habe dem Arbeitnehmer C. auch die Wohnung nicht vermittelt. Es habe sich dabei nicht um eine Firmenunterkunft gehandelt.
23Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids des K. vom 3. Februar 2021 zu verpflichten, ihr für den Mitarbeiter B. C. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 17. Juli 2020 eine Erstattung in Höhe von 1.645,60 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 660,72 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen, sowie das beklagte Land zu verpflichten, an sie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.
24Die Klägerin beantragt nunmehr,
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1. das beklagte Land unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des K. vom 3. Februar 2021 zu verpflichten, ihr für den Mitarbeiter B. C. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 eine Erstattung in Höhe von 762,35 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 383,14 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen,
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2. das beklagte Land zu verpflichten, an sie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diese Forderung seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Es trägt im Wesentlichen vor, ein Tätigkeitsverbot durch die Stadt Hamm sei nicht belegt. Es sei außerdem eine Absonderung nur vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 ersichtlich. Der Arbeitnehmer C. habe keinen Verdienstausfall erlitten, da ihm gegen die Klägerin ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung zustehe. Er könne auch ohne Symptome als Kranker und insoweit als Entgeltfortzahlungsberechtigter angesehen werden.
31Dem Arbeitnehmer stehe ein Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin auch nach § 616 Satz 1 BGB zu. Die Geltung dieser Vorschrift sei nicht abbedungen. Die Absonderung als Ansteckungsverdächtiger stelle ein persönliches Leistungshindernis dar. Insbesondere betreffe eine Absonderung von 15 Tagen eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer im Januar 2022 nunmehr über 2 Jahre und 4 Monate bei der Klägerin beschäftigt sei. Die Absonderung sei mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, sodass nach dem Rechtsgedanken des Entgeltfortzahlungsgesetzes einen Fortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen bestehe. Die gesetzgeberischen Motive stellten klar, dass ein Quarantäne-Pflichtiger in ähnlicher Weise betroffen sei wie eine erkrankte Person. § 2 PflegeZG könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da der dortige Hinderungsgrund nicht in der Person des Arbeitnehmers begründet sei.
32Zudem sei der Vergütungsanspruch wegen der Regelung des § 615 Sätze 1 und 3 BGB nicht untergegangen. Dies sei zunächst der Fall, weil es sich bei dem der Absonderung des Herrn C. zu Grunde liegenden Ansteckungsverdacht um ein Betriebsrisiko handele. Die Absonderung beruhe auf einem Ansteckungsverdacht, der wiederrum wohl aus der arbeitsvertraglich geschuldeten Erbringung der Arbeitsleistung des Herrn C. auf dem U. -Betriebsgelände resultiere. Hätte der Arbeitnehmer nicht am Betriebsstandort in Rheda-Wiedenbrück gearbeitet, wäre der Grund für die Absonderung entfallen. Die Klägerin könne sich nicht auf ein Unvermögen ihres Arbeitnehmers infolge der Absonderung berufen. Ein aus der Absonderung folgendes Unvermögen zum Erbringen der Arbeitsleistung stamme gerade aus der Sphäre der Klägerin, nämlich dem ihren unternehmerischen Interessen dienenden Einsatz des Arbeitnehmers am Betriebsstandort. Würde man aufgrund der Absonderung von einem einen Anspruch aus § 615 BGB ausschließenden Unvermögen des Arbeitnehmers ausgehen, bürdete man ihm so - entgegen der gesetzlichen Wertung in § 615 Satz 3 BGB - letztendlich das in der Sphäre der Klägerin liegende Betriebsrisiko auf.
33Darüber hinaus stehe dem Arbeitnehmer C. der Lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 Sätze 1 und 3 BGB aufgrund der behördlich angeordneten Schließung des Betriebsstandorts zu. Diese Schließung sei dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzurechnen, da sie auf eine erhebliche Begünstigung der Virus-Verbreitung durch die betrieblichen Verhältnisse - insbesondere baulicher und betriebsorganisatorischer Natur - zurückzuführen sei. Diese Umstände müsse sich die Klägerin als Werkunternehmerin zurechnen lassen. Irrelevant sei, inwiefern die Klägerin ein Verschulden treffe.
34Des Weiteren sei der Arbeitnehmer C. seines Vergütungsanspruchs nach § 615 Sätze 1 und 3 BGB nicht verlustig gegangen, weil die Klägerin bei dessen Einsatz Gesundheits- und Arbeitsvorschriften verletzt habe. Unter das Betriebsrisiko fielen auch Verstöße gegen die den Arbeitgeber treffende Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. 1 BGB; auf ein Verschulden komme es dabei nicht an. Die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht werde durch die öffentlich-rechtlichen Schutzmaßnahmen konkretisiert, wobei diese lediglich das Mindestmaß festlegten. Diese Bestimmungen des Arbeitsschutzes seien im Hinblick auf die ausgebrochene Covid-19-Pandemie dahingehend auszulegen, dass der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes seiner Arbeitnehmer zu ergreifen habe, um eine Infektion mit dem neuartigen Virus zu vermeiden und Infektionsrisiken so zu minimieren.
35Ein Infektionsgeschehen, wie es in der Begründung zur Allgemeinverfügung des Bürgermeisters der Stadt Rheda-Wiedenbrück vom 2. Juli 2020 dargelegt sei, biete hinreichend belastende Anhaltspunkte dafür, dass die Verbreitung insbesondere durch die baulichen und betriebsorganisatorischen Verhältnisse begünstigt worden sei; im Falle eines funktionierenden und dem Pandemiegeschehen angepassten Hygieneplans sei ein derartiges Infektionsgeschehen schlechterdings nicht denkbar. Entsprechende Verstöße ergäben sich zudem aus den Begründungen der Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh und der Stadt Rheda-Wiedenbrück, in denen von einem großen, unklaren Ausbruchsgeschehen die Rede sei und dargelegt werde, dass sich das Coronavirus, begünstigt durch die betrieblichen Verhältnisse, von der Zerlegung in andere Bereiche durch Kontakte am Arbeitsort, in den Unterkünften und auf dem Transportweg verbreitet habe. Im Übrigen seien im Rahmen der Besichtigung am 15. Mai 2020 aller Abteilungen und Bereiche der Unternehmensgruppe U. durch die Bezirksregierung Detmold gravierende Mängel im Hinblick auf die Vorgaben der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und damit Verstöße gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes festgestellt worden. Auch ein bei YouTube veröffentlichtes Video zeige die Verhältnisse in der Kantine, in der Mindestabstände nicht eingehalten worden seien.
36Zudem seien im Zusammenhang mit der Unterbringung des Arbeitnehmers Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften verletzt worden. Unter der Anschrift des Arbeitnehmers würden zahlreiche andere Arbeitnehmer der Fleischindustrie wohnen, was dem beklagten Land aus anderen Verfahren bekannt sei. Es sei daher nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft oder Werkswohnung handele, die zumindest von der Klägerin vermittelt worden sei. Als Gemeinschaftsunterkunft hätte infektionsschutzrechtlich ein Hygieneplan vorliegen und an den Ausbruch der Pandemie angepasst werden müssen. Auch aus dem für solche Gemeinschaftsunterkünfte außerhalb des Betriebsgeländes geltenden Arbeitsschutzrecht habe die Klägerin Maßnahmen zum Gesundheitsschutz ergreifen müssen. Entsprechendes habe die Klägerin nicht getan.
37Die Absonderungsverfügung sei nicht kausal für den geltend gemachten Verdienstausfall, da der Arbeitnehmer C. bereits aufgrund der Betriebsschließung vom 17. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 nicht habe arbeiten können.
38Des Weiteren wirkten sich die werkvertraglichen Bestimmungen auf den geltend gemachten Erstattungsanspruch aus. Soweit die Klägerin nachweise, dass sie sich nicht vertragswidrig verhalten habe, könne sie gegenüber der Bestellerin einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Zwar sei der Entschädigungsanspruch werkvertraglich ausgeschlossen, das Entschädigungsrecht diene aber nicht dazu, ausgeschlossene Schadensersatzansprüche zu kompensieren. Dies gelte umso mehr, als dass eine Entschädigung im Vergütungsanspruch enthalten sei.
39Jedenfalls müsse sich die Klägerin ein weit überwiegendes Mitverschulden anrechnen lassen, das den Erstattungsanspruch ausschließe. Die Pflichtverstöße der Klägerin als Arbeitgeberin gegenüber ihren Arbeitnehmern betreffend deren Gesundheitsschutz seien derart erheblich und führten zu einer großen Infektionsgefahr, die letztlich nur durch eine flächendeckende Allgemeinverfügung zur Absonderung der am Betriebsstandort in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen sowie durch eine mehrwöchige Betriebsschließung eingedämmt werden konnte.
40Die Kammer hat den Arbeitnehmer C. als Zeugen gehört. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom heutigen Tage verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs.
41Entscheidungsgründe:
42Das Verfahren war gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin durch die Beschränkung ihres Klageantrags auf die Erstattung für den Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 die Klage bezüglich des darüber hinaus gehenden Zeitraums - sinngemäß - zurückgenommen hat.
43Die danach noch anhängige Klage hat Erfolg.
44Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des beklagten Landes vom 3. Februar 2021 ist - soweit er noch angegriffen ist - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ihr steht ein Anspruch auf Erstattung der an ihren Arbeitnehmer B. C. gezahlten Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 762,35 Euro (Netto-Verdienstausfall) (A.) zuzüglich Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 383,14 Euro (B.) für den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Des Weiteren hat die Klägerin einen Anspruch auf die geltend gemachten Prozesszinsen (C.).
45A. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung einer Erstattung der an ihren Arbeitnehmer B. C. geleisteten Aufwendungen in Höhe von 762,35 Euro aus § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 IfSG.
46I. Maßgeblich ist insoweit die ab dem 23. Mai 2020 gültige Gesetzesfassung, dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Entschädigung.
47Aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich für die Frage des richtigen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus dem Prozessrecht nur, dass ein Kläger im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit ebenso mit einem Aufhebungsbegehren wie mit einem Verpflichtungsbegehren nur dann Erfolg haben kann, wenn er im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung des Verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte Leistung hat. Ob ein solcher Anspruch jedoch besteht, d.h. ob ein belastender Verwaltungsakt den Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 VwGO rechtswidrig in seinen Rechten verletzt oder die Ablehnung eines begehrten Verwaltungsakts im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO rechtswidrig ist, beurteilt sich nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsgrundlage oder eines Anspruchs selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
48Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 31. März 2004 - 8 C 5.03 -, juris Rn. 35; VG Bayreuth, Urteil vom 21. Juni 2021 - B 7 K 21.110 -, juris Rn. 22, jeweils m.w.N.; vgl. auch Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 20a, m.w.N. zum Streitstand.
49Nach diesen Grundsätzen ist hier jedenfalls § 56 IfSG in der vom 23. Mai bis zum 18. November 2020 gültigen Fassung anzuwenden. Denn der insoweit maßgebliche Anspruch des Arbeitnehmers, der hier durch die Klägerin als Arbeitgeberin geltend gemacht wird (§ 56 Abs. 5 Sätze 1 und 2 IfSG), war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden. Dies ergibt sich aus der damals gültigen Fassung des § 56 Abs. 6 Satz 1 IfSG, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch unverändert fort gilt. Danach richtet sich die Fälligkeit der Entschädigungsleistungen bei Arbeitnehmern nach der Fälligkeit des aus der bisherigen Tätigkeit erzielten Arbeitsentgelts. § 614 BGB bestimmt dabei, dass die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten ist (Satz 1) und dass, soweit die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen ist, diese nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist (Satz 2). Die Klägerin hatte mit ihrem Arbeitnehmer einen Stundenlohn und eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart (§ 4 und 5 Nr. 1 Arbeitsvertrag). Danach wurde der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers zum Ende jeder Arbeitswoche fällig - ungeachtet des Umstands, dass ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnungen offensichtlich eine monatliche Abrechnung/Auszahlung erfolgte.
50Vgl. Maties, in: BeckOGK, BGB, Stand: 1. August 2021, § 614 Rn. 54 f.
51Da der letzte Absonderungstag, für den hier noch Erstattung beansprucht wird, Donnerstag, der 2. Juli 2020 gewesen ist, war der Anspruch spätestens zu Beginn der nächsten Woche am 6. Juli 2020 fällig und damit auch jedenfalls entstanden. Dabei braucht hier nicht entscheiden werden, ob der Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers bereits zum Zeitpunkt der Absonderung entstanden sein könnte, da die im Zeitpunkt der Fälligkeit gültige Fassung bereits während der Absonderung gültig war.
52II. Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor.
53Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG i.d.F. vom 19. Mai 2020 erhält eine Entschädigung in Geld, wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können.
54Satz 3 des § 56 Abs. 1 IfSG bestimmt zudem, dass eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.
55Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen (Satz 1). Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (Satz 2). Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt (Satz 3).
56Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG sind erfüllt
571. Der für den Erstattungsanspruch der Klägerin primär erforderliche ursprüngliche Entschädigungsanspruch des B. C. gegen das beklagte Land nach § 56 Abs. 1 IfSG liegt vor.
58a. Einschlägig ist hier § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG (Entschädigung aufgrund einer Absonderung). Soweit die Klägerin im Verwaltungsverfahren noch angegeben hatte, es sei auch ein Tätigkeitsverbot durch die Stadt Hamm angeordnet worden, wurde dies nicht durch die Vorlage einer entsprechenden Verfügung bestätigt. Entsprechendes hat auch der als Zeuge vernommene Arbeitnehmer nicht berichtet.
59aa. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an, da sich der Arbeitnehmer C. ausweislich der vorgelegten Bestätigung der Stadt Hamm vom 19. Juni 2020 (Bl. 158 GA) jedenfalls aufgrund dortiger individueller Anordnung vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 in Absonderung i.S.d. § 30 IfSG (Quarantäne) befand. Am Wahrheitsgehalt dieses behördlichen Schreibens bestehen keine Zweifel, auch wenn es offensichtlich zur Vorlage an den Arbeitgeber bestimmt war. Der Arbeitnehmer war dabei als eine von § 56 Abs. 1 Satz 2 erfassten Person abgesondert worden, nämlich jedenfalls als Ausscheider i.S.v. § 2 Nr. 6 IfSG.
60Der Arbeitnehmer ist entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht als Kranker i.S.v. § 2 Nr. 4 IfSG anzusehen, der vom Anwendungsbereich des § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG nach dessen Intention und insoweit eindeutigen Wortlauts nicht erfasst wäre.
61Vgl. nur Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, , § 56 Rn. 27 f.
62Kranker ist nach § 2 Nr. 4 IfSG eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist. Dies setzt Krankheitssymptome voraus.
63Vgl. Gerhardt, IfSG, 5. Auflage 2021, § 2 Rn. 33; Kießling, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 2 Rn. 21; Gabriel, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 2 Rn. 25; VG Minden, Beschluss vom 3. November 2020 - 7 L 915/20 -.
64Zwar wurde der Kläger nach seinen eigenen Angaben am 17. Juni 2020 - offenbar im Rahmen der Testungen der Belegschaft der Firma U. durch den Kreises Gütersloh - positiv auf das Virus SARS-CoV-2 getestet. Krankheitssymptome hatte er danach jedoch keine. Im Gegensatz zu weiteren Aussagen im Verlauf der Vernehmung hat die Kammer keinen Anlass, am Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu zweifeln. Asymptomatische Infektionen werden seit Beginn der Pandemie beobachtet. Außerdem bestehen insoweit keine Belastungstendenzen, da die Positivtestung und die Asymptomatik der Klägerin keinen Vorteil, sondern einen Nachteil hinsichtlich des Erstattungsanspruchs verschafft. Denn unter diesen Umständen war der Arbeitnehmer im Anschluss an die Verfügung der Stadt Hamm von keiner weiteren Absonderungsverfügung mehr betroffen, insbesondere nicht von der des MAGS vom 1. Juli 2021. Nach deren Ziffer 3 Spiegelstrich 1 endete die dort verfügte Absonderung für den Arbeitnehmer bereits am 2. Juli 2020, also bereits vor Beginn der dort angeordneten Absonderung, was die Klägerin im Zuge der mündlichen Verhandlung zur - sinngemäßen - Klagerücknahme bezüglich des darüber hinausgehenden Zeitraums veranlasste.
65Vielmehr war der Arbeitnehmer als von § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG erfasster Ausscheider i.S.v. § 2 Nr. 6 IfSG anzusehen. Dies ist eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein. Darunter fallen insbesondere asymptomatisch Infizierte.
66Vgl. Kießling, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 2 Rn. 25.
67Da andere Schutzmaßnahmen nicht angeordnet wurden, konnte der Arbeitnehmer offensichtlich auch solche nicht befolgen (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 IfSG).
68Unabhängig von alldem unterlag der Arbeitnehmer ausweislich der Allgemeinverfügungen vom 18. Juni 2020 und 20. Juni 2020 des Kreises Gütersloh „zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne“ vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 als unmittelbar vor Erlass der ersten Absonderungsverfügung auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätiger Fleischverarbeiter als Ansteckungsverdächtiger (§ 2 Nr. 7 IfSG) einer behördlich angeordneten Absonderung (i.S.d. § 30 IfSG).
69bb. Da § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der Absonderungsverfügung nicht voraussetzt, genügt tatbestandlich eine wirksame Maßnahme.
70Vgl. Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 20, m.w.N.; zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 34, m.w.N.
71Gegen die Wirksamkeit der Verfügung bestehen keine Bedenken, solche wurden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen.
72Ungeachtet dessen bestehen - unter Berücksichtigung der o.g. Umstände - auch keine (durchgreifenden) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Absonderungsanordnung.
73b. Unabhängig davon, ob § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG in seiner hier maßgeblichen Fassung über die dort ausdrücklich geregelten Fälle dahingehend zu verstehen ist, dass allgemein bei Vermeidbarkeit der Absonderung durch den Abgesonderten die Entschädigung ausscheidet,
74vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 94,
75ist hier nicht zu erkennen, dass die Absonderung vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 für den Arbeitnehmer vermeidbar gewesen sein könnte. Insbesondere bestand nach den Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh vom 18. und 20. Juni 2020 keine Möglichkeit einer Freitestung für positive getestete Personen wie den Arbeitnehmer. Dass dies bei der individuellen Verfügung der Stadt Hamm der Fall gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich.
76c. Der Arbeitnehmer hat außerdem in dem Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 den erforderlichen Verdienstausfall erlitten.
77Nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ (§ 326 Abs. 1 BGB) stand dem Arbeitnehmer im Zeitraum der Absonderung, in dem er seine Wohnung nicht verlassen durfte, kein Anspruch aus seinem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB auf Zahlung seines Arbeitslohns zu.
78Vgl. dazu z.B.: Maties, in: BeckOGK, BGB, 1. August 2021, § 611a Rn. 1670 ff.; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198.
79Er konnte seine Tätigkeit als „Fleischverarbeiter“ offenkundig auch nicht im Home-Office erbringen.
80Vgl. zur arbeitsorganisatorischen Umstellung auch: Eckart/Kruse, BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 35.
81Es lag kein Fall vor, in dem die Klägerin gegenüber dem Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur Lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter Arbeit verpflichtet gewesen wäre.
82aa. Die Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB liegen nicht vor.
83Der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB im Arbeitsrecht steht § 615 BGB nicht entgegen. Die dienstvertraglichen Regeln des Annahmeverzugs verdrängen § 326 BGB nicht. Vielmehr ergänzen sich beide.
84Vgl. im Einzelnen z.B.: BAG, Urteil vom 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 -, juris Rn. 26; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 5, m.w.N.; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 6.
85Nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Arbeitgeber für den Umstand, auf Grund dessen der Arbeitnehmer nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist.
86Es fehlt an der danach erforderlichen Verantwortlichkeit der Klägerin, denn es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin allein oder weit überwiegend verantwortlich ist für den Grund der - wegen des Fixschuldcharakters der nach wöchentlicher Arbeitszeit bemessenen Arbeitsleistung (§ 5 Arbeitsvertrag) -,
87vgl. BAG, Urteile vom 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 -, juris Rn. 47, und vom 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 -, juris Rn. 26; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 611a Rn. 675; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 275 Rn. 49, 52, zur Einzelfallbetrachtung,
88absonderungsbedingten Unmöglichkeit. Verantwortlichkeit im vg. Sinne erfasst nach der hier maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Vertretenmüssen i.S.d. §§ 276, 278 BGB, d.h. mindestens fahrlässiges Handeln.
89Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 19. August 2015 - 5 AZR 975/13 -, juris Rn. 29; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 95 Rn. 2.
90Soweit darüber hinaus vertreten wird, dass sich eine - auch verschuldensunabhängige - Verantwortlichkeit des Gläubigers für bestimmte Risiken ergeben kann,
91vgl. z.B. Ulber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 326, Rn. 26 ff.; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 326 Rn. 53 ff., jeweils m.w.N.,
92bedarf es einer solchen erweiternden Auslegung im Arbeitsverhältnis nicht, da derartige Konstellationen über die Grundsätze der Betriebsrisikolehre zu lösen sind (§ 615 Satz 3 BGB).
93Vgl. Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C56.
94Dessen ungeachtet ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch vertragliche oder gesetzliche Regelungen einer besonderen Risikoübernahme unterliegt.
95Der Gläubiger ist allein oder weit überwiegend verantwortlich i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB, wenn unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 254 BGB eine Verantwortungsquote von 90% vorliegt.
96Vgl. z.B. Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 187, m.w.N.; Stadler, in: Jauernig, BGB, 18. Auflage 2021, § 326 Rn. 14; Dauner-Lieb, in: NK-BGB, 4. Auflage 2021, § 326 Rn. 13; vgl. auch BT-Drs. 14/6040, 187: Vielmehr muss der Gläubiger zumindest „weit“ überwiegend für die Entstehung des Rücktrittsgrundes mit verantwortlich sein. Damit soll ein Grad der Mitverantwortung umschrieben werden, der über § 254 auch einen Schadensersatzanspruch ausschließen würde; a.M. Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 326 Rn. 9 und § 254 Rn. 64.
97Eine eigene (mindestens) weit überwiegende Verantwortlichkeit der Klägerin ist nicht gegeben, weder bezüglich der Infektion ihres Arbeitnehmers noch bezüglich des erheblichen Ausbruchsgeschehens auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück. Zwar hat es von der Klägerin zu verantwortende Verstöße gegen Arbeitsschutzregeln gegeben (1.). Dass die Klägerin damit jedoch weit überwiegend verantwortlich sein könnte, ist nicht ersichtlich (2.).
98(1.) Die Klägerin hat gegen Arbeitsschutzpflichten verstoßen.
99(a.) Nach den der Kammer zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen sind der Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum Verstöße gegen ihre arbeitsschutzrechtlichen Pflichten vorzuwerfen.
100Maßgeblich für die Beurteilung etwaiger Verstöße ist aus Sicht der Kammer der Zeitraum ab Mitte Mai 2020. Denn eine am 7. Mai 2020 vom MAGS veranlasse Reihentestung auf das Coronavirus in allen Schlachtbetrieben Nordrhein-Westfalens,
101vgl. Bericht für den Ausschuss Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags Nordrhein-Westfalens „SARS-CoV-2/COVID-19 Ausbruchsgeschehen in Schlachtbetrieben“, 13. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-3441.pdf,
102hat nur vereinzelt positive Befunde (4 von 6.289) unter den auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätigen Personen (im Wesentlichen wohl vom 11. Mai bis zum 18. Mai 2020) ergeben. Diese mit dem Coronavirus infizierten Personen waren nicht in die Fleischverarbeitung involviert und wurden als wahrscheinlich voneinander unabhängig beurteilt.
103Vgl. so: F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020.
104Erst danach kam es zu dem hier maßgeblichen Ausbruchsgeschehen.
105Gemäß § 618 Abs. 1 BGB hat der Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.
106Der Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber nach § 618 BGB im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen, wird dabei durch die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen konkretisiert, insbesondere durch das Arbeitsschutzgesetz. Sie transformieren dabei den technischen Arbeitsschutz in den Arbeitsvertrag.
107Vgl. BAG, Urteil vom 12. August 2008 - 9 AZR 1117/06 -, juris Rn. 13; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 14.
108Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten 1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie 2. Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können (Absatz 2).
109Gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Des Weiteren hat der Arbeitgeber die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG). Die Klägerin war dabei durch den Einsatz ihrer Mitarbeiter auf dem (fremden) Betriebsgelände der Firma U. nicht von ihren arbeitsschutzrechtlichen Pflichten entbunden.
110Vgl. Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 95, m.w.N.; Wiebauer, Arbeitsschutz in Fremdfirmen, in: ZfA 2014, 49 f.; vgl. auch Art. 3 Nr. 1 der Ergänzung des Werkvertrags.
111Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, sind die Arbeitgeber nach § 8 Abs. 1 ArbSchG verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten (Satz 1). Soweit dies für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit erforderlich ist, haben die Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen (Satz 2).
112Im Hinblick auf die Coronapandemie hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 20. April 2020 die sog. SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards (IIIb4-34503) festgelegt. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein verbindliches Regelwerk. Es ist aber bei der Ermittlung der vom Arbeitgeber zu beachtenden Schutzpflichten einzubeziehen.
113Vgl. z.B. Wilrich, Der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard des BMAS, in: NZA 2020, 634 (637).
114Dies berücksichtigend ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Klägerin sich ihrer arbeitsschutzrechtlichen Pflichten bewusst war und Maßnahmen zum Schutz ihrer Beschäftigten ergriffen hat. Insbesondere hat es die erforderliche Gefährdungsbeurteilung und Implementierung von Schutzmaßnahmen (Bl. 257 ff. GA) sowie die Unterrichtung der Mitarbeiter gegeben (Bl. 272 ff. GA). Nach den Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin kann außerdem davon ausgegangen werden, dass sie hinsichtlich der Schutzmaßnahmen bezüglich des Coronavirus SARS-CoV‑2 mit der Firma U. zusammengearbeitet hat. Für die Kontrolle der Schutzmaßnahmen im Bestellerbetrieb sei ein eigener Leiter der Klägerin zuständig gewesen. Dass diese Angaben unrichtig sind, ist nicht ersichtlich. Insoweit hat auch der Zeuge C. erklärt, dass er und seine Kollegen von der Klägerin über einzuhaltende Hygieneregeln unterrichtet worden seien. Die Belehrungen seien insbesondere in seiner Muttersprache Türkisch erfolgt. Die Behauptung der Klägerin über ihre Einbeziehung in das Hygienekonzept der Firma U. wird ebenfalls durch andere Erkenntnisse gestützt. In diesem Sinne ist - auch dem beklagten Land aus anderen Verfahren - bekannt, dass der „Corona-Krisenstab“ der Firma U. unter der Leitung von Herrn Dr. B. die erarbeiteten Schutzmaßnahmen u.a. auch an die Betriebs- und Abteilungsleiter der „Dienstleister“ weitergegeben hat. Die Beteiligung ist im Übrigen offenkundig notwendig gewesen, weil die Klägerin im Rahmen des mit der Firma U. geschlossenen Werkvertrags die Räumlichkeiten - inklusive z.B. der Kantine oder der Sanitärräume, dazu sogleich unter Ziffer (2.) - und Betriebsmittel der Bestellerin genutzt hat. In diesem Rahmen hat es insbesondere auch die erforderliche Gefährdungsbeurteilung gegeben, da das von den Betriebs- und Werksleitern an den jeweiligen Standorten umzusetzende Hygienekonzept zur Corona-Risiko-Minimierung vom 12. Mai 2020, das in der Folgezeit mehrfach angepasst worden ist, u.a. auf der „Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards, Branche: Fleischwirtschaft“ der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) vom 29. April 2020 basiert.
115Sofern davon ausgegangen wird, dass § 8 Abs. 1 ArbSchG auch eine Koordinierung der Klägerin mit den anderen Werkvertragspartnern und Dienstleistern der Firma U. verlangt, die auf dem Gelände ebenfalls Arbeitnehmer eingesetzt haben, ist dies jedenfalls mittelbar über die Abstimmung mit der Firma U. erfolgt.
116Nach der Vernehmung des Arbeitnehmers C. geht die Kammer jedoch davon aus, dass nicht alle Schutzmaßnahmen konsequent um- bzw. durchgesetzt wurden. Soweit dessen Aussage die Einhaltung der Schutzmaßnahmen, insbesondere des Abstandsgebots am „Lachseband“ angeht, (vgl. Nr. 1 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards und unter 3.2. der Gefährdungsbeurteilung), ist sie nicht glaubhaft. Dabei erweist sich die Angabe, es hätten „so 29 Personen“ dort gearbeitet, für eine mit eigenen Zweifeln behaftete Aussage als zu präzise. Dabei entspricht die Zahl im Übrigen genau der Angabe der Klägerin im Schriftsatz vom 25. Januar 2022 (Bl. 226 GA). Außerdem konnte der Arbeitnehmer auch auf Nachfrage nicht genau präzisieren, ob die Abstände auch vor dem Ausbruchsgeschehen eingehalten wurden, was nicht nachvollziehbar ist. Ohne, dass es darauf entscheidungserheblich ankäme, erscheint es außerdem nicht glaubhaft, dass der Arbeitnehmer erst spontan am Abend des der mündlichen Verhandlung vorausgehenden Tages vom Büro der Klägerin gebeten wurde, an dem Termin teilzunehmen. Denn seine Anwesenheit wurde unter Vorlage einer Mietbescheinigung vom 17. Januar 2022 bereits mit Schriftsatz vom 24. Januar 2022 angekündigt (Bl. 210 GA). Schutzalternativen wie das Anbringen von Abtrennungen oder das Tragen einer FFP2-Maske wurden nicht eingehalten (vgl. Nr. 1 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards i.V.m. der Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung für die Fleischwirtschaftsbranche sowie die Vorgaben zur Verhaltensweise in den Produktionsbereichen des Hygienekonzepts zur Corona-Risiko-Minimierung). Aus der von F. /H1. erstellten „Hygienisch-medizinischen Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh“ vom 27. Juli 2020 ergibt sich, dass keine Barrieren zwischen den Mitarbeitern der Schweinezerlegung zur Verhinderung einer direkten Tröpfcheninfektion etabliert waren und das Tragen von FFP2-Masken mit der dort verrichteten schweren körperlichen Arbeit nicht vereinbar war.
117(b.) Darüber hinaus fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass von der Klägerin weitere Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften verletzt worden sind.
118Dies gilt insbesondere für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Kantinennutzung. Belegt werden solche jedenfalls nicht durch ein im Juni 2020 bei YouTube eingestelltes Video (https://www.youtube.com/watch?v=HQagACah_V0), das eine vollbesetzte Kantine auf dem Betriebsgelände der Firma U. zeigen soll. Das Video hat aus Sicht der Kammer keinerlei Beweiswert. Es ist schon gar nicht klar, wann diese Aufnahme erstellt worden ist. Zudem lässt sich nicht feststellen, ob Mitarbeiter der Klägerin zu sehen sind oder diese die Kantine in dem hier relevanten Zeitraum unter Verstoß gegen das Abstandsgebot genutzt haben. Auch die Aussage des Zeugen C. indiziert insoweit keinen Verstoß gegen die Corona(arbeits‑)schutzmaßnahmen. Vorgesehen war ausweislich des Hygienekonzepts vom 12. Mai 2020 (und bereits zuvor) nämlich eine Trennung der Abteilungen bzw. Unterabteilungen in der Kantine und im Übrigen während der Pausen außerhalb der Kantine die Einhaltung von Sicherheitsabständen bzw. im Falle des fehlenden Sicherheitsabstands das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung.
119Soweit das beklagte Land geltend macht, es seien im Zusammenhang mit der Unterbringung des Arbeitnehmers von der Klägerin zu beachtende Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften verletzt worden, fehlt es dafür ebenfalls an jedwedem Anhalt. Dass es im Juni 2020 entsprechende Ermittlungen der Aufsichtsbehörden bei von der Klägerin z.B. vermieteten Wohnungen oder betriebenen Sammelunterkünften gegeben hat,
120vgl. zu entsprechenden Ermittlungen in Coesfeld und Rheda-Wiedenbrück z.B.: Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll APr 17/1065 vom 25. Juni 2020, S. 6 f.,
121auf deren Ergebnisse nunmehr zurückgegriffen werden könnte, ist weder bekannt noch vom beklagten Land, dem die staatliche Arbeitsschutzverwaltung obliegt, vorgetragen worden.
122Die Kammer hat - ungeachtet dessen - aber auch keine Anhaltspunkte für zurechenbare Pflichtverletzungen der Klägerin, insbesondere mit Blick auf die in § 618 Abs. 2 BGB, § 36 IfSG oder § 576 BGB geregelten Vorgaben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin für die Wohnverhältnisse des Arbeitnehmers verantwortlich sein könnte. Dabei ist nach dem Vortrag des Geschäftsführers der Klägerin und des Arbeitnehmers während der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer seine Wohnung in Hamm bereits Jahre zuvor persönlich angemietet hat. Aus der Mietbescheinigung der W. X. GmbH ergibt sich, dass der Arbeitnehmer jedenfalls seit 2011 unter dieser Anschrift wohnt. Für den Wahrheitsgehalt dieser Angabe spricht, dass der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsschluss mit der Klägerin unter der Adresse L. in Hamm gelebt hat und auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weiterhin dort wohnt. Allein der Umstand, dass dem beklagten Land aus anderen Verfahren bekannt sein mag, dass weitere Beschäftigte aus der Fleischwirtschaft unter der gleichen Anschrift wohnen, belegt keine Verantwortlichkeit der Klägerin, zumal deren Geschäftsführer auch angegeben hat, keine Wohnungen zu vermitteln. Daher ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin für die Wohnverhältnisse ihrer sonstigen Arbeitnehmer arbeits- oder infektionsschutzrechtlich verantwortlich sein könnte. Selbst wenn dies allerdings der Fall gewesen sein sollte, mag sie zwar im Sinne der vorbenannten Normen verantwortlich sein. Hinweise auf mit der (erhöhten) Verbreitung des Coronavirus relevante Pflichtverletzungen ihrerseits liegen aber jedenfalls nicht vor. Die Kammer sieht sich daher nicht veranlasst, weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. In diesem Zusammenhang weist die Kammer - wegen des in den Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh vom 18. und 20. Juni 2020 enthaltenen Hinweises auf eine Weiterverbreitung des Coronavirus in gemeinsamen Unterkünften der auf dem Betriebsgelände der Firma U. Beschäftigten - vorsorglich darauf hin, dass gemeinsames Wohnen mit Nahkontakten - was im Mai/Juni 2020 bereits bekannt war - zur Verbreitung des Coronavirus führt bzw. geführt hat, und dies auch ohne relevante Verstöße gegen spezielle Coronaschutzmaßnahmen. Zudem erhöht nicht jeder „Hygieneverstoß“ im Wohnumfeld das Verbreitungsrisiko des Virus. Zuletzt lässt der Umstand, dass v.a. in der Presse immer wieder von unzumutbaren Unterbringungsbedingungen ausländischer Arbeitnehmer „in der Fleischwirtschaft“ berichtet wird, weder im Sinne eines Anscheinsweises auf eine derartige Pflichtverletzung der Klägerin (als ein damals in der Fleischverarbeitungsbranche tätiges Unternehmen) schließen noch wird damit ein relevanter Verursachungsbeitrag der etwaigen Pflichtverletzung am erhöhten Infektionsrisiko belegt.
123Auch der Klägerin zurechenbare Verstöße gegen Schutzmaßnahmen im Rahmen der von ihr organisierten Transporte ihrer Mitarbeiter zwischen Bielefeld und der Betriebsstätte der Firma U. (vgl. Nr. 4 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards) sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen worden.
124(2.) Die danach festgestellten Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften führen nicht zu einer alleinigen oder weit überwiegenden Verantwortlichkeit der Klägerin, weder für das Ausbruchsgeschehen am Betriebsstandort der Firma U. , noch für die individuelle Infektion des Arbeitnehmers, so diese denn auf dieses Infektionsgeschehen zurückzuführen sein sollte.
125Das Ausbruchsgeschehen bei der Firma U. wurde maßgeblich durch Umstände beeinflusst (a.), auf die die Klägerin selbst keinen Einfluss hatte bzw. haben konnte (b.). Weitere mögliche Ursachenbeiträge führen zu keinem anderen Ergebnis ((c.) bis (g.)).
126(a.) Nach den gegenwärtigen Erkenntnissen gab es auf dem Betriebsgelände der Firma U. ein erstes (kleineres) Ausbruchsgeschehen ab dem 19. Mai 2020 in der Zerlegung. Die daraufhin angestellten Untersuchungen, an denen die Firma U. jedenfalls durch die Ermöglichung von Betriebsbegehungen und durch zur Verfügung gestellte Unterlagen beteiligt war, weisen darauf hin, dass die Umgebungsbedingungen in der Anlage, einschließlich niedriger Temperatur, geringer Luftaustauschraten und ständiger Umwälzung der Luft, zusammen mit relativ geringen Abständen zwischen den Arbeitern und der anstrengenden körperlichen Arbeit eine ungünstige Mischung aus Faktoren darstellt, die eine effiziente Aerosolübertragung von SARS-CoV-2-Partikeln begünstigen. Dagegen spielen die Unterbringung der Mitarbeiter in Gemeinschaftsunterkünften sowie Fahrgemeinschaften keine (große) Rolle während der ersten Phase des Ausbruchs. Es ist nach den Ergebnissen der Untersuchungen sehr wahrscheinlich, dass die erwähnten ungünstigen Faktoren für die seit Beginn der Coronapandemie eingetretenen Ausbrüche auch in anderen Fleischverarbeitungsbetrieben verantwortlich sind. Die Analysen deuten ferner darauf hin, dass es durch eine potenziell kontinuierliche Übertragung unter den Mitarbeitern zum zweiten - hier relevanten - großen Ausbruch im Juni 2020 gekommen ist. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch von den Mitarbeitern gemeinsam genutzte Wohnräume sowie Fahrgemeinschaften zur Arbeitsstelle zur Virusverbreitung beigetragen haben.
127Vgl. dazu: F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020.
128Nach diesen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verstoß der Klägerin eine überwiegende Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB (mindestens 90 %) begründet. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte einen maßgeblichen Anteil an der weitreichenden Verbreitung des Virus unter den auf dem Betriebsgelände tätigen Personen hatten, der jedenfalls über 10 % lag.
129(b.) Hinsichtlich dieser offenbar branchenüblichen Produktionsbedingungen in der Fleisch- und Fischverarbeitung,
130vgl. dazu: „Discussion“ bei F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296,
131trifft die Klägerin kein Verschulden, insbesondere nicht über eine Zurechnung nach § 278 BGB. Zwar dürfte die Firma U. bezüglich der insoweit bestehenden Arbeitsschutzpflicht ihr Erfüllungsgehilfe gewesen sein, ein Verschulden kann jedoch nicht festgestellt werden.
132Bezüglich der im Rahmen des On-Site Werkvertrags überlassenen Räumlichkeiten (Betriebsstätte) und Betriebsmittel dürfte die Firma U. als Bestellerin insbesondere mit Blick auf die für die Klägerin bestehenden Pflichten zum Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten bei der Arbeit (vgl. § 1 Abs. 1 ArbSchG) als Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB tätig geworden sein.
133Nach § 278 Satz 1 BGB hat der Schuldner u.a. ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Ein solcher Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird.
134Vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 373/08 -, juris Rn. 24, m.w.N.
135Entscheidend ist dabei der Wille der Klägerin als Schuldnerin der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten gegenüber ihren Arbeitnehmern. Nicht erforderlich ist, dass der Schuldner eine entsprechende Willenserklärung gegenüber dem Gläubiger oder der Hilfsperson abgibt. Es genügt, dass er den Willen, die Hilfsperson an der Erfüllung seiner Verbindlichkeit mitwirken zu lassen, tatsächlich hat. Entscheidend ist auch nicht, dass der Gehilfe weiß, dass eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn bestand oder dass er durch sein Handeln eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn erfüllte.
136Vgl. Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 278 Rn. 18 ff., m.w.N.
137Von einem derartigen Willen dürfte hier auszugehen sein. Die Klägerin und die Firma U. haben in ihrem Werkvertrag vereinbart, dass die Bestellerin die Räume und wesentliche Teile der Betriebsmittel zur Verfügung stellt (§ 2 Nr. 1 Werkvertrag). Dabei gingen die Vertragsparteien selbstverständlich davon aus, dass die Klägerin sich zur Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtung eigener Arbeitnehmer bedienen wird (vgl. nur § 1 Nr. 3, § 2 Nr. 4 und 5 Werkvertrag), die auch Kantine, Pausenräume oder Sanitäranlagen der Bestellerin genutzt haben.
138Vgl. dazu auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020, S. 17.
139Zwar unterlagen die Arbeitnehmer der Klägerin - wie im Werkvertrag üblich - grundsätzlich nicht den Weisungen der Bestellerin (§ 1 Nr. 3 Werkvertrag), eine Einschränkung wurde aber bezüglich der hier relevanten Weisungen des Hygienebeauftragen der Firma U. vereinbart (§ 2 Nr. 4 Werkvertrag), was aufgrund der Nutzung der Betriebsräume (u.a.) auch erforderlich erscheint. Gleichzeitig verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der Firma U. , die deutschen Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten (Art. 3 Nr. 1 Ergänzung Werkvertrag). Unter diesen Umständen dürfte die Klägerin jedenfalls den Willen gehabt haben, sich der Firma U. und ihrer Erfüllungsgehilfen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes zu Gunsten ihrer Arbeitnehmer bezüglich der ihr überlassenen Räumlichkeiten und Arbeitsmittel zu bedienen.
140Vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1995 - VII ZR 36/94 -, juris Rn. 12; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 618 Rn. 100; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 95 m.w.N.; a.A. Wiebauer, Arbeitsschutz im Fremdbetrieb, in: ZfA 2014, 29 (54 ff.).
141Ein relevanter Verschuldensvorwurf hinsichtlich der Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte trifft die Klägerin und ihre Bestellerin aber nicht.
142Dass die Belüftungssituation eine wesentliche Ursache der erheblichen „Infektionsgeneigtheit“ der betrieblichen Umgebung war, war nach den zum Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Firma U. - und damit erst Recht für die Klägerin - jedenfalls nicht in der Weise vorhersehbar, die eine angemessene Reaktion ermöglicht hätte. Bereits ein Fahrlässigkeitsvorwurf scheidet deshalb aus.
143Nach § 4 Abs. Nr. 3 ArbSchG hat der Arbeitgeber bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes den Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene meint dabei den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Gesundheitsschutz gesichert erscheinen lässt.
144Vgl. Kohte, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auflage 2021, § 4 Rn. 14 und 16, m.w.N. zur Verallgemeinerung dieser in § 2 Abs. 15 GefStoffV und § 2 Abs. 10 BetrSichV enthaltenen Definition.
145Gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse liegen vor, wenn sie methodisch abgesichert sind und von einer überwiegenden Meinung der beteiligten Fachkreise zugrunde gelegt werden.
146Vgl. Kohte, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auflage 2021, § 4 Rn. 19; Roloff, in; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, ArbSchG, 22. Auflage 2022, § 4 Rn. 3; siehe auch BAG, Beschluss vom 13. August 2019 - 1 ABR 6/18 -, juris Rn. 63.
147Vor diesem Hintergrund ist der Firma U. wegen des dynamischen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns hinsichtlich des Coronavirus SARS-CoV-2, welcher der Kammer aus eigener Spruchpraxis bekannt ist, kein arbeitsschutzrechtlicher Fahrlässigkeitsverstoß i.S.v. § 278 BGB bezüglich der Belüftungssituation in den hier maßgeblichen Betriebsräumen vorzuwerfen.
148Dass es in der Fleischindustrie zu erheblichen Ausbruchsgeschehen kommen kann, musste der Firma U. spätestens nach dem Ausbruch bei der Großschlachterei X...... in Coesfeld,
149vgl. dazu z.B. Lebensmittelpraxis, X......, Mitarbeiter mit Corona infiziert, 6. Mai 2020, abrufbar unter: https://lebensmittelpraxis.de/industrie-aktuell/27263-westfleisch-mitarbeiter-mit-corona-infiziert-2020-05-06-11-02-24.html,
150und in einem von X...... betriebenen Fleisch-Zerlegebetrieb in Dissen jeweils im Mai 2020 bekannt gewesen sein.
151Vgl. dazu z.B. Rundschau für den Lebensmittelhandel, X......: Weiterer Standort von Corona-Infektionen betroffen, 18. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.rundschau.de/artikel/westfleisch-weiterer-standort-von-corona-infektionen-betroffen.
152Der Ausbruch in Coesfeld hat dann auch zu der vom MAGS veranlassten - und bereits erwähnten - Reihentestung im Betrieb der Firma U. geführt.
153Im Zuge des - nach Abschluss der Reihentestung beginnenden - ersten, kleineren Ausbruchsgeschehens Mitte Mai 2020 bei der Firma U. , welches bereits am 2. Juni 2020 durch Prof. Dr. C…… auf dem Betriebsgelände untersucht wurde, konnte nach dem betrieblichen Hygienekonzept vom 10. Juni 2020 offensichtlich auch die Erkenntnis gewonnen werden, dass die „klimatischen Bedingungen in den Produktionsräumen der Zerlegung eine Übertragung zu begünstigen [scheinen]“. Aus dieser wagen Erkenntnis jedoch unmittelbar konkrete Handlungsgebote ableiten zu wollen, überspannt die dargelegten arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen. Denn nicht einmal diese - zumindest mit Unterstützung der Firma U. stattfindende - initiale wissenschaftliche Untersuchung der Infektionsgeneigtheit in der Fleischindustrie war zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Die Studienergebnisse wurden erst im Juli 2020 auf dem Preprint-Server veröffentlicht und hatten zu dieser Zeit auch noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen, waren also noch nicht von anderen unabhängigen Wissenschaftlern geprüft worden. Von der Firma U. konnte bei der Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten nicht verlangt werden, den insoweit maßgeblichen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn vorherzusehen und im Vorgriff auf etwaige Ergebnisse konkrete Handlungen vorzunehmen.
154Vgl. dazu auch: MAGS NRW, Protokoll des Behördentreffens zwischen MAGS NRW, Bezirksregierung Detmold, Kreis Gütersloh und Stadt Rheda-Wiedenbrück mit Vertretern der Unternehmensgruppe U. am 26. April 2021 zum Thema Antrag auf Aufhebung von Ordnungsverfügungen seitens der Unternehmensgruppe U. , in dem festgehalten worden ist: „Mit Blick auf die rechtliche Einordnung stellt Herr M. fest, dass die Unternehmensgruppe U. deutliche Ausstrahlung in die Bevölkerung habe, Struktur und Situation gingen deutlich über den Schutz der Arbeitnehmer hinaus. Hier sei die Zielrichtung der Maßnahmen auch der Bevölkerungsschutz. Seinerzeit waren beim Ausbruch im Unternehmen zwei Kreise unter Quarantäne gestellt worden. Inzwischen sei wohl anzunehmen, dass dem Unternehmen U. kein schuldhafter Vorwurf zu machen sei, sondern vordringlich die unbekannte Aerosolproblematik zum Ausbruch führte.“; vgl. zudem: Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll Apr 17/1065 vom 25. Juni 2020: „StS I. (MAGS): [...] Es ist dann sofort die Zusammenarbeit mit Professor F. in Bonn und mit Fachleuten vom RKI gesucht worden, die sich bei der Ursachensuche vor allem mit der Frage der Belüftung befasst haben. Die Spekulation oder das, was man vorab in Erwägung gezogen hat und nun auch definitiv überprüfen will, ist, ob die Aerosolbelastung - also nicht die Tröpfchenbelastung, für die ja die 1,5-m-Abstandsregelung und der Mundschutz gelten, sondern die Schwebstoffe in der Luft - neben der Tröpfchenbelastung eine wesentliche Rolle bei einem solchen Infektionsgeschehen spielen kann. Dazu sind Fragen zu beantworten, die wissenschaftlich noch nicht definitiv beantwortet sind, beispielsweise wie lange die Viren als Aerosole in diesem Schwebezustand verbleiben können, wie die Luftverteilung in dem Zerlegebetrieb aussieht. Die Leute arbeiten dort bei einer Temperatur von 8 bis 10 Grad. Die Luft wird in einem Umluftsystem auf diese 8 bis 10 Grad gekühlt. Durch diese Kühlung - wer einmal in einem Zerlegebetrieb war, der weiß, dass die Schlangen oben unter der Decke hängen - wird die Luft zugleich breit verteilt.“
155Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass unmittelbar vor dem bzw. im Zuge des ersten Ausbruchsgeschehens zweimal die Einhaltung der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards des BMAS auf dem Betriebsgelände von der zuständigen Bezirksregierung Detmold kontrolliert wurde. Bei der ersten Überprüfung aller Abteilungen und Bereiche des Schlachthofes am 15. Mai 2020,
156vgl. Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz - Besichtigung am 15. Mai 2020: „Bei der Begehung wurden alle Abteilungen und Bereiche des Schlachthofes besichtigt, inklusive der von der U. GmbH und U. GmbH & Co. KG genutzten Räumlichkeiten.“
157wurden Mängel hinsichtlich der Umsetzung des - im Einklang mit den Arbeitsschutzstandards - stehenden Hygienekonzepts,
158vgl. Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz - Besichtigung am 15. Mai 2020: „Die BMAS SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards sind der Firma bekannt und werden berücksichtigt. […] Grundlage für all diese Maßnahmen ist das von der Firma U. erstellte „Hygienekonzept zur Corona-Risiko-Minimierung“ (siehe Anhang). In diesem Konzept, das sich im absoluten Einklang mit den Arbeitsschutzstandards des BMAS befindet, werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die zum Coronaschutz in der Firma umgesetzt werden sollen. […]“.
159festgestellt, insbesondere hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung und mangelnden Abstands in der Kantine.
160Vgl. Aktenvermerk der Bezirksregierung Detmold vom 16. Mai 2020 und Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz-Besichtigung am 15. Mai 2020.
161Ein Verstoß bezüglich der Belüftungssituation wurde nicht festgestellt, zumal auch Nr. 3 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass das Übertragungsrisiko über raumlufttechnische Anlagen insgesamt als gering einzustufen sei. Ebenso sieht die „Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards, Branche: Fleischwirtschaft“ der BGN vom 29. April 2020 insoweit nur eine Wartung und Reinigung der Lüftungsanlagen bzw. raumlufttechnischen Anlagen durch eine Fachfirma in den erforderlichen Intervallen vor.
162Nach fristgerechter unternehmensseitiger Erläuterung der im Rahmen der Begehung am 15. Mai 2020 erörterten Aspekte kam es am 29. Mai 2020 zu einer erneuten unangekündigten behördlichen Kontrolle der Betriebsbereiche, in denen nach Auffassung der Bezirksregierung Detmold zuvor zum Teil gravierende Mängel in Bezug auf die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards festgestellt worden waren. Zusammenfassend kam die Bezirksregierung zu dem Ergebnis, dass die vormals aufgezeigten Mängel beseitigt oder zumindest soweit beseitigt wurden, dass die SARS-CoV2 Arbeitsschutzstandards eingehalten sind. Da auch weitere Verbesserungen hinsichtlich der Kantine bereits in Planung waren, wurde vom Erlass weiterer arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen seitens der Bezirksregierung abgesehen.
163Vgl. Aktenvermerk der Bezirksregierung Detmold vom 29. Mai 2020.
164Wurde die Belüftungssituation danach schon von der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht als arbeitsschutzrechtlich problematisch angesehen, konnte dies erst Recht nicht von der Firma U. erwartet werden. Gleichwohl hatte die Firma U. dem Kreis Gütersloh noch am 16. Juni 2020 mitgeteilt, auch in dieser Hinsicht - im Hinblick auf den noch nicht definitiven wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn - weitere Maßnahmen (u.a. Einbau einer UVC-Luftentkeimung, Erhöhung des Luftaustausch, mobile Belüftungssysteme zur Erhöhung der Frischluftzufuhr) ergriffen zu haben.
165(c.) Eine überwiegende Verantwortlichkeit der Klägerin ist auch nicht durch andere, ihr ggf. zurechenbare Verstöße der Firma U. gegeben. Zwar mag man nach den Feststellungen der Bezirksregierung Detmold bei der Betriebsbegehung am 15. Mai 2020 davon ausgehen, dass das Hygienekonzept insbesondere hinsichtlich der Abstands- und Maskenpflicht nicht vollständig durchgesetzt wurde. Diese Verstöße führen jedoch - ebenso wie der arbeitsschutzrechtliche Verstoß der Klägerin selbst - nicht dazu, die mitursächliche Belüftungssituation in der für § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB erforderlichen Weise zu negieren. Dies gilt auch dann, wenn die Verstöße der Firma U. und die der Klägerin gemeinsam betrachtet werden.
166Soweit das beklagte Land meint, zu dem Ausbruchsgeschehen im Juni 2020 konnte es nur wegen der am 15. Mai 2020 festgestellten Verstöße kommen, ist dem entgegenzuhalten, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse ein fehlerhaftes Coronamanagement auf dem Betriebsgelände der Firma U. nicht erkennbar ist. Die vom MAGS im Mai 2020 veranlasste Reihentestung hat lediglich „vereinzelt“ positive Befunde hervorgebracht. Etwaige Verstöße gegen coronavirusbezogene Arbeitsschutzvorschriften haben offenbar keine Konsequenzen gehabt. Der Positivfall, der letztlich als Initiator des ersten Ausbruchsgeschehens im Mai 2020 gilt, wurde entsprechend der damaligen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zunächst als Kontaktperson mit geringem Infektionsrisiko eingestuft und nach positiver Testung am 20. Mai 2020 im häuslichen Umfeld separiert. Entsprechendes gilt für den zweiten in diesem Zusammenhang entdeckten Positivfall. Nachdem eine daran anschließende Reihentestung der Kollegen der Frühschicht in der Rinderzerlegung am 25. Mai 2020 im Folgenden weitere positive Befunde hervorgebracht hatte, haben auch diese sich am 27. Mai 2020 in häusliche Absonderung begeben. Probleme, diese Mitarbeiter wegen fehlender Adressen ausfindig zu machen, hat es (jedenfalls zu diesem Zeitpunkt) nicht gegeben. Durch weitere Testungen des Gesundheitsamts wurden Infektionen in verschiedenen Bereichen des Werks identifiziert und letztlich ein Ausbruch in der Schweinezerlegung am 9. Juni 2020 festgestellt. Die Studienergebnisse deuten letztlich auf ein anhaltendes, sich weiterverbreitendes Ausbruchsgeschehen mit einem Übergang vom ersten Ausbruch im Mai zum zweiten größeren Ausbruch im Juni 2020. Gemeinsames Wohnen und Fahrgemeinschaften der Beschäftigten sind dabei auch Faktoren für die Weiterverbreitung gewesen.
167Vgl. F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020; Robert Koch Institut, Kontaktpersonennachverfolgung bei respiratorischen Erkrankungen durch das Coronavirus, Stand: 16. April 2020; Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll APr 17/1065 vom 25. Juni 2020, S. 12 f.
168Dass die festgestellten Verstöße, insbesondere gegen die Abstands- und Maskenpflicht, aber die entscheidende Ursache für den hier maßgeblichen Ausbruch waren, kann nicht festgestellt werden. Entsprechende Belege oder Indizien (an die eine weitere gerichtliche Aufklärung anknüpfen könnte) wurden auch nicht vom beklagten Land geliefert, das mit Hilfe der Bezirksregierung die Arbeitsschutzverwaltung durchführt und damit über die notwendigen Informationen verfügen müsste.
169Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass etwaige Verstöße gegen Coronaschutz- und Hygienemaßnahmen der Firma U. oder der U. Unternehmensgruppe mit Blick auf die etwaige Unterbringung oder den Transport ihrer Mitarbeiter der Klägerin schon nicht zurechenbar sind.
170(d.) Zu einem anderen Ergebnis gelangt die Kammer auch dann nicht, wenn etwaige Arbeitsschutzverstöße anderer auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätigen Subunternehmen in die Würdigung des Verschuldensbeitrags einbezogen würden. Diese Unternehmen sind keine Erfüllungsgehilfen der Klägerin bezüglich der ihr obliegenden arbeitsschutzrechtlichen Pflichten. Für deren etwaiges Fehlverhalten hat sie nicht einzustehen. Für die Annahme, die Klägerin habe den insoweit erforderlichen Willen gehabt, diese Unternehmen bei der Erfüllung des Arbeitsschutzes bezüglich der eigenen Mitarbeiter einzubeziehen, fehlt es mangels vertraglicher oder anderer rechtlicher Verknüpfungen an jedweden Anhaltspunkten. Ohne solche wird man der Klägerin einen entsprechenden Willen auch nicht unterstellen können, da ihr keinerlei Einflussmöglichkeiten zur Auswahl der weiteren mit der Firma U. verbundenen Subunternehmen auf dem Betriebsgelände zustehen und sie im Zweifel auch keine Kenntnis über diese Unternehmen hat.
171Unabhängig von der Frage, ob andere Subunternehmen als Erfüllungsgehilfen der Firma U. wiederum die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten der Klägerin miterfüllen und dieser etwaige Verstöße zuzurechnen sein könnten, kommt es auch dann nicht zu einer überwiegenden Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB. Als Erfüllungsgehilfen des Erfüllungsgehilfen kommen diese Unternehmen von vornherein nur in Betracht, soweit ihr Verhalten in den Betriebsräumen der Firma U. in Rede steht. Denn nur diesbezüglich besteht nach den obigen Ausführungen der Wille der Klägerin, die Firma U. in ihre arbeitsschutzrechtliche Verantwortung miteinzubeziehen. Soweit die anderen Subunternehmer bei sonstigen Gelegenheiten - etwa im Rahmen der Unterbringung oder des Transports ihrer Arbeitnehmer - Arbeitsschutzpflichten verletzt haben, berühren diese Verstöße das von der Klägerin begehrte schützende Verhalten durch die Firma U. auf deren Betriebsgelände nicht. Allein die Betriebsstätte betrachtet ist jedoch - wie oben bereits dargelegt - der Verursachungsbeitrag durch die Belüftungssituation derart gewichtig, dass selbst bei Zurechnung etwaiger dort begangener Verstöße der anderen Werkvertragsunternehmen keine überwiegende Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB gegeben wäre.
172Dass aufgrund der aufgezeigten Zersplitterung der arbeitsschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten bei den sogenannten On-Site-Werkverträgen allenfalls über die Einschränkungen des § 278 BGB eine Verantwortlichkeit der Werkunternehmer untereinander zu begründen ist, mag im Hinblick auf die Durchsetzung der Arbeitnehmer(schutz)rechte zu missbilligen sein. Dies rechtfertigt jedoch kein anderes Ergebnis, da nicht zu erkennen ist, dass die Klägerin oder die Firma U. zum Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens bei der Gestaltung der Arbeitsabläufe mit solchen Werkverträgen den Rahmen der Rechtsordnung verlassen hätte. Denn der politische Wille zu Einschränkungen des Einsatzes von Fremdpersonal in der Fleischwirtschaft wurde mit § 6a des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) erst mit Wirkung zum 1. Januar 2021 gefunden, obwohl die Auswirkungen derartiger Verträge bereits lange zuvor bekannt gewesen sind.
173Vgl. Zimmer: Das Verbot des Fremdpersonaleinsatzes in der Fleisch-wirtschaft und dessen Anwendungsbereich, in: NZA 2022, 4, u.a. mit Bezugnahme auf MAGS NRW, Überwachungsaktion, „Faire Arbeit in der Fleischindustrie“, Abschlussbericht, Dezember 2019, abrufbar unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/191220_abschlussbericht_fleischindustrie_druckdatei.pdf.
174(e.) Anders als das beklagte Land meint, bietet auch die Größe des Infektionsgeschehens als solches keine hinreichend belastenden Anhaltspunkte für die Annahme eines weit überwiegenden Pflichtenverstoßes der Klägerin. Die Ausführungen zu den Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte belegen, dass ein nach damaligen Erkenntnissen aufgestelltes Hygienekonzept nicht ausreichend war, um die Verbreitung des Coronavirus unter den Mitarbeitern zu verhindern. Im Übrigen gab es weltweit Ausbrüche dieser Art, die jedenfalls mit Blick auf die ermittelte Rate von Positivfällen mit dem hier streitgegenständlichen Geschehen vergleichbar waren.
175(f.) Steht danach fest, dass die Unmöglichkeit jedenfalls zu einem nicht unerheblichen Teil nicht durch die Klägerin oder ihr zurechenbare Personen, sondern durch zufällige Umstände verursacht wurde, verbleibt es nach § 326 BGB hinsichtlich der Primärleistungspflicht bei dem synallagmatischen Grundsatz - ohne Leistung keine Gegenleistung (§ 326 Abs. 1 BGB).
176Vgl. OLG München, Urteil vom 7. August 2015 - 25 U 546/15 -, juris Rn. 35 ff.; Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6
177(g.) Ohne dass es nach den obigen Ausführungen für den Ausgang des Verfahrens darauf ankäme, sei darauf hingewiesen, dass im Übrigen völlig unklar ist, ob und in welchem Ausmaß etwaige eigene bzw. der Klägerin zurechenbare Arbeitsschutzverstöße kausal für die Infektion des Arbeitnehmers bzw. das stattgefundene Infektionsgeschehen gewesen sind.
178Vgl. zu diesem Erfordernis im Rahmen des § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB vgl. Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6 und C16.
179bb. Ein Lohnfortzahlungsanspruch des Herrn C. gegen die Klägerin besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Annahmeverzugs (§§ 293 ff. BGB) der Klägerin gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB, § 615 Satz 1 BGB oder § 615 Satz 3 BGB.
180Nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn der von ihm nicht zu vertretene Umstand, auf Grund dessen er nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Arbeitgeber im Verzug der Annahme ist.
181Speziell für Arbeitsverträge (u.a.) regelt § 615 Satz 1 BGB, dass der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.
182Satz 3 des § 615 BGB bestimmt zudem, dass u.a. Satz 1 entsprechend in den Fällen gilt, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
183Alle drei Vorschriften sind im vorliegenden Fall im Grundsatz anwendbar, da sie zwischen der Klägerin und Herrn C. nicht abbedungen wurden.
184Ungeachtet der Frage, nach welchen Kriterien § 326 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB, § 615 Satz 1 BGB und § 615 Satz 3 BGB im Einzelnen voneinander abzugrenzen sind,
185vgl. dazu z.B. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 14 ff.; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 8, m.w.N.; Fischinger/Straub, Ohne Arbeit kein Lohn?, in: JuS 2016, 208 (209),
186verlangen alle drei Vorschriften grundsätzlich einen Annahmeverzug des Arbeitgebers.
187Ein solcher erfordert jedenfalls, dass der Arbeitnehmer während des gesamten Verzugszeitraums leistungsbereit, d.h. leistungsfähig und leistungswillig, ist (§ 297 BGB). Der Annahmeverzug des Arbeitgebers endet für die Zukunft (ex-nunc), wenn eine dieser Voraussetzungen fortfällt. Unerheblich ist dabei die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie z.B. Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt.
188Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 28. September 2016 - 5 AZR 224/16 -, juris Rn. 23; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 31; Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 615 Rn. 7; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 68.
189Das grundsätzliche Erfordernis des Annahmeverzugs ergibt sich für § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB - als Regelung des allgemeinen Schuldrechts - und für § 615 Satz 1 BGB - als arbeitsrechtliche Norm, die den Lohnfortzahlungszahlung im Falle der Leistungsstörung bei Realisierung des Wirtschaftsrisikos betrifft -,
190vgl. dazu: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 121 a.E.; Waas/Palonka, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, BGB, 4. Auflage 2017, § 615 Rn. 33,
191bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Die wohl vorherrschende - arbeitsrechtliche - Auffassung nimmt dieses Erfordernis ebenfalls bei Anwendung des als Rechtsgrundverweisung ausgestalteten § 615 Satz 3 BGB an. Dem arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmer bleibt im Falle der Annahmeunmöglichkeit der Vergütungsanspruch aufrechterhalten, wenn der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
192Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 20; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 6; Tillmanns, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 5. Auflage 2021, § 76 Rn. 82; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 97; Kruse, in: Henssler/Willemsen, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 121; Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 615 Rn. 21: Leistungsfähiger und Leistungsbereiter Arbeitnehmer erforderlich; jedenfalls zur Anwendbarkeit von § 297 BGB (Leistungsfähigkeit) bei Betriebsrisikofällen: Gräf/Rögele: Zusammentreffen von Betriebs- und Wegerisiko, in: NZA 2013, 1120, 1123; a.M. dagegen: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, 615 Rn. 122; Preis/Mazurek/Schmid, Rechtsfragen der Entgeltfortzahlung in der Pandemie, in: NZA 2020, 1137 (1144).
193Nur der leistungsfähige und leistungswillige Arbeitnehmer hat im doppelten Sinne des Wortes das Entgelt „verdient“.
194Vgl. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 12.
195Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs liegen nicht vor. Der Arbeitnehmer C. war im hier maßgeblichen Zeitraum vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 wegen der behördlichen Anordnungen zur häuslichen Absonderung nicht leistungsfähig. Er hatte offenkundig keine Möglichkeit, die geschuldete Tätigkeit als Fleischverarbeiter in der eigenen Häuslichkeit (Homeoffice) zu erbringen.
196(1.) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass gegenüber der U. & Co. KG mit mündlicher Verfügung des Kreises Gütersloh vom 17. Juni 2020, schriftlich bestätigt am 10. August 2020, der Betriebsstandort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ der Unternehmensgruppe U. (Betriebsstandort) mit sofortiger Wirkung geschlossen worden ist (Betriebsschließung) und alle nicht ausnahmsweise zugelassenen betrieblichen Tätigkeiten auf dem Betriebsstandort untersagt worden sind. Gegenüber der Klägerin, deren Unternehmenssitz sich unter der Adresse „H. , 33615 Bielefeld“ befindet, also nicht am Betriebsstandort der Unternehmensgruppe U. , ist keine Schließungsanordnung ergangen. Die Verfügung des Kreises Gütersloh vom 17. Juni 2020 war auch nicht an sie gerichtet. Dass ihr gegenüber eine entsprechende Anordnung ergangen ist, ist weder ersichtlich noch von den Beteiligten - mit entsprechenden Belegen - geltend gemacht worden.
197Auch der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen eines On-Site-Werkvertrags im Juni und Juli 2020 verpflichtet war, am Betriebsstandort der Firma U. (vgl. § 2 Nr. 1 Werkvertrag) in einem Leistungsverzeichnis näher aufgelistete Fleischteilstücke und Zerlegenebenprodukte herzustellen, ändert nichts. Aufgabengebiet und Arbeitsort des Arbeitnehmers C. waren ausweislich des Arbeitsvertrags nicht auf eine Tätigkeit am Betriebsstandort der Firma U. unter der Adresse „J...... in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ beschränkt. Insbesondere war ein (auch kurzfristiger) Einsatz in einem anderen (auch kleinen) Betrieb nicht ausgeschlossen. Im Übrigen konnte die Klägerin dem Arbeitnehmer ausweislich der vertraglichen Regelungen anderweitige, seinen Fähigkeiten entsprechende gleichwertige oder höherwertige Tätigkeiten übertragen (§ 3 Arbeitsvertrag). Dass diese Überlegungen eher theoretisch sind, ist dem Umstand geschuldet, dass ein derartiger Einsatz wegen der häuslichen Absonderung schon nicht in Frage kam.
198(2.) Des Weiteren ist die Klägerin nicht wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Leistungsunfähigkeit ihres Arbeitnehmers C. zu berufen. Zwar wird vertreten, dass derartiges dem Gläubiger nach § 242 BGB verwehrt sei, wenn er die Leistungsunfähigkeit seines Schuldners herbeigeführt habe.
199Vgl. Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 297 Rn. 2; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 297 Rn. 2; Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 297 Rn. 2.
200Diese Auffassung ist im Grundsatz aber abzulehnen, weil dadurch ein Wertungswiderspruch zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB entsteht, der - wie dargelegt - eine Lohnfortzahlung nur bei alleinigem oder weit überwiegendem Verschulden des Gläubigers vorsieht.
201Vgl. Dötterl, in: BeckOGK, BGB, 15. Juli 2021, § 297 Rn. 7; vgl. auch: LAG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 1976 - 16 (3) Sa 340/75 -, in: DB 77, 547 f.
202Ein solcher Verschuldensbeitrag ist ausweislich der Ausführungen zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB gerade nicht gegeben.
203Zudem würde eine Haftung auf Sekundärebene nach Verschuldensbeiträgen, die im Rahmen der Prüfung eines Lohnfortzahlungsanspruchs wegen fehlender Anwendbarkeit des § 254 BGB keine Berücksichtigung finden könnten, unterlaufen.
204Vgl. zur Anwendbarkeit des § 254 BGB: Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 1.
205Der Klägerin ist es auch nicht wegen der Umstände des Einzelfalls verwehrt,
206vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1967 - 2 AZR 64/66 -, juris Rn. 22,
207sich auf die Leistungsunfähigkeit des Herrn C. zu berufen. Ein missbräuchliches Verhalten,
208vgl. dazu z.B. Schubert, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 242 Rn. 199 ff.,
209ist unter Berücksichtigung der Ausführungen zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB nicht zu erkennen. Die aufgezeigten Sorgfaltspflichtverletzungen genügen insoweit nicht.
210(3.) Schließlich muss - speziell - § 615 Satz 3 BGB in Ansehung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm,
211OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris,
212mit Blick auf das Erfordernis einer Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht einschränkend ausgelegt werden. Das Oberlandesgericht Hamm geht in seiner Entscheidung - in der es um den Verdienstanspruch eines Lizenzfußballspielers im Zeitraum seiner coronabedingten Absonderungsverpflichtung wegen Ansteckungsverdachts geht - davon aus, dass sich die dortige Klägerin als Betreiberin der Lizenzspielerabteilung nicht auf das aus der Absonderung folgende Unvermögen zum Erbringen der im Arbeitsvertrag an sich vorgesehenen Arbeitsleistung ihres Spielers berufen könne, da dieses gerade aus ihrer Sphäre stamme, nämlich dem ihren unternehmerischen Interessen dienenden mannschaftsbezogenen Spiel- und Trainingsbetrieb, der die Grundlage für den Ansteckungsverdacht gebildet habe.
213Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 20; und zur Vorinstanz: LG Münster, Urteil vom 15. April 2021 - 8 O 345/20 -, juris Rn. 2.
214Der Übertragung dieser Rechtsprechung auf den streitgegenständlichen Sachverhalt stehen mehrere Gründe entgehen. Zunächst setzt die Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB grundsätzlich voraus, dass sich das Betriebsrisiko der Klägerin realisiert hat; dies ist vorliegend nicht der Fall (a.). Zudem dürfte die Unmöglichkeit der Leistungsverhinderung - als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer zu vertreten sein; auch diese Voraussetzung, auf die nicht im Wege der Auslegung verzichtet werden kann, ist nicht erfüllt (b.). Zuletzt mag die vorbenannte Wertung des OLG Hamm anhand der Risikosphären von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar einem allgemeinen Billigkeitsgefühl entsprechen. Ihr steht aber entgegen, dass die Betriebsrisikolehre mit Blick auf die andauernde Coronapandemie Gefahr läuft, überstrapaziert zu werden (c.).
215(a.) Voraussetzung des Lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB ist jedenfalls, dass die Arbeit infolge eines Umstandes ausfällt, für den der Arbeitgeber das Risiko (sog. Betriebsrisiko) trägt.
216Vgl. BAG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 5 AZR 810/07 -, juris Rn. 13; OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 17 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 69.
217Das Betriebsrisiko betrifft die Frage, ob der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet ist, wenn er zur Beschäftigung der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen nicht imstande ist. Zum Betriebsrisiko gehören die mit der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers im Zusammenhang stehenden und die Führung des Betriebs betreffenden Ereignisse. Die Feststellung, in wessen Gefahrenkreis das störende Ereignis fällt, hat in erster Linie nach dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen.
218Vgl. z.B. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 120; Eckart/Kruse, BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 37.3; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 96; BAG, Urteil vom 30. Mai 1963 - 5 AZR 282/62 -, juris Rn. 8; OLG Hamm, Urteil vom 29 Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 18; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 57.
219In Abgrenzung zum Betriebsrisiko ist das Wirtschaftsrisiko betroffen, das im Falle der Leistungsstörung nach § 615 Satz 1 BGB in direkter Anwendung zu behandeln wäre, wenn die Arbeitsleistung zwar möglich, für den Arbeitgeber aber nicht verwertbar ist.
220Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 120; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 98.
221Dies vorangestellt ist, anders als das OLG Hamm meint, eine wegen eines Ansteckungsverdachts mit dem Coronavirus ergangene Absonderungsverfügung nicht als betriebsbezogen i.S.d. § 615 Satz 3 BGB zu werten. Dies gilt auch dann nicht, wenn der Ansteckungsverdacht aus dem für das Unternehmen notwendigen Spiel- oder Trainingsbetrieb, Kundenkontakten oder Produktionsbedingungen resultiert.
222Der Betriebsrisikolehre liegen in der überwiegenden Anzahl der Fälle betriebliche Störungen, ein Versagen der Betriebsmittel oder aus der besonderen Art des Betriebs bedingte Verbote zu Grunde. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, Einwirkungen aus der betrieblichen Sphäre auf die Arbeitnehmer als personelle Mittel miteinzubeziehen.
223Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, BGB, § 615 Rn. 131 f., 132i.
224Dies dürfte jedoch eher den Fall betreffen, in denen eine mittelbare Betroffenheit des Personals vorliegt, weil z.B. ein Arbeitnehmer etwa auf die (Mit-)Arbeit eines anderen Kollegen angewiesen ist.
225Anders liegt der Fall aber bei der hier streitgegenständlichen infektionsrechtlichen Absonderungsverfügung, bei der es sich - auch im Falle einer Allgemeinverfügung -,
226vgl. dazu z.B. Hohenstatt/Krois, Lohnrisiko und Entgeltfortzahlung während der Corona-Pandemie, in; NZA 2020, 413 (415),
227um einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Verhinderungsgrund i.S.v. § 616 Satz 1 BGB handelt,
228vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 877/21 -, NRWE,
229was einer Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB entgegensteht.
230Vgl. Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 616 Rn. 16: Zu den für § 616 Satz 1 BGB unerheblichen objektiven Leistungshindernissen gehören deshalb regelmäßig solche Sachverhaltsgestaltungen, in denen entweder der Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 das Betriebsrisiko oder umgekehrt sein Vertragspartner nach allgemeinen Grundsätzen das Arbeitskampf- oder Wegerisiko zu tragen hat, und a.a.O. Fn. 59: Deshalb fallen z.B. behördliche Betriebsverbote oder Zerstörungen des Arbeitsplatzes nicht unter § 616 BGB; Oetker, in: Staudinger, Neubearbeitung 2019, BGB, § 616 Rn. 80: Des Weiteren zählen behördliche Betriebsverbote, Landestrauer, Smog-Alarm, Vernichtung des Arbeitsplatzes (Brand etc) und Verkehrshindernisse (Verkehrsstau, Ausfall der Nahverkehrsmittel, Demonstrationen, Flugverbot) zu den allgemeinen (objektiven) Leistungshindernissen; VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 25: Nicht erfasst sind demgegenüber objektive Leistungshindernisse, die betriebsbezogen sind und sich auf einen größeren Kreis von Arbeitnehmern beziehen.
231Dass der Grund des Leistungshindernisses (hier: Infektion mit dem Coronavirus als vom Arbeitnehmer ausgehendes Infektionsrisiko) - möglicherweise - in der betrieblichen Sphäre begründet wurde (hier: Ausbruchsgeschehen im Betrieb), ändert daran nichts. Die gegenteilige Sichtweise würde zu einer Überschneidung mit dem Anwendungsbereich des § 616 Satz 1 BGB führen, der bei in der Person des Arbeitnehmers liegenden Verhinderungsgründen - anders als § 615 Satz 3 BGB - eine zeitliche Haftungsgrenze (“verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“) des Arbeitgebers vorsieht.
232Des Weiteren würde eine über § 615 Satz 1 i.V.m. Satz 3 BGB angeordnete Lohnfortzahlungspflicht bei einem subjektivem Leistungshindernis in der Person des Arbeitnehmers, welches auf betriebliche Umstände zurückzuführen ist, besondere gesetzgeberische Wertungen umgehen. Namentlich gilt dies für die besonderen Regelungen zu Arbeitsunfällen - insbesondere die Regelungen zur krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nach § 3 EFZG und zum Verletztenentgelt in §§ 45 ff. SGB VII. Erfasst man das subjektive Leistungshindernis der Absonderung bei betriebsbedingten Ursachen als Betriebsrisiko, müsste man dies ohne Weiteres auch für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit wegen eines Arbeitsunfalls (§ 8 Abs. 1 SGB VII) annehmen. In diesem Fall soll nach den Wertungen des § 3 EFZG der Arbeitgeber für sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortzahlen - wenn ansonsten die dortigen Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere die entsprechende Vorbeschäftigungszeit (§ 3 Abs. 3 EFZG) und kein Verschulden des Arbeitnehmers - vorliegen.
233Vgl. Feddern, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB VII, 116. EL September 2021, § 45 Rn. 12.
234Anschließend erfolgt der Ersatz des Verdienstausfalls durch die Zahlung eines Verletztengeldes nach §§ 45 ff. SGB VII.
235Zu dieser Ersatzfunktion des Verletztengeldes vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 2 U 23/06 R -, juris Rn. 14 ff.
236Zahlungspflichtig ist dabei aber nicht der Arbeitgeber, sondern der Versicherungsträger (§ 114 SGB VII). Der Arbeitgeber soll dabei lediglich über seine Versicherungsbeiträge an der Aufbringung der erforderlichen Mittel beteiligt werden (§§ 150 ff. SGB VII). Dieses differenzierte Haftungsregime würde konterkariert, wenn die auf einem Arbeitsunfall beruhende, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit als Betriebsrisikos aufgefasst würde, das in der Rechtsfolge grundsätzlich nur eine zeitlich unbefristete Haftung des Arbeitgebers selbst kennt. Kann dieses „Musterbeispiel“ eines sich auf subjektiver Arbeitnehmerseite verwirklichenden Betriebsrisikos daher schon nicht unter § 615 Satz 3 BGB subsumiert werden, muss dies erst Recht für das - abgesehen von Zeiten einer Pandemie wohl eher seltene - subjektive Leistungshindernis der häuslichen Absonderung gelten.
237Dieser Ansicht kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Arbeitnehmer mangels entsprechender Ersatzregelungen für andere betrieblich begründete, aber in seiner Person liegende Gründe der Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf seinen Verdienstausfall schutzlos gestellt würde. Unabhängig davon, dass derartige Erwägungen bei der Beantwortung der Frage, ob ein Betriebsrisiko vorliegt, nicht von Bedeutung sind,
238vgl. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 34,
239sieht die Rechtsordnung in § 616 BGB für solche nicht speziell geregelten subjektiven Leistungshindernisse - ungeachtet des Umstandes, ob diese aus der betrieblichen Sphäre stammen oder nicht - grundsätzlich zumindest einen zeitlich begrenzten Lohnfortzahlungsanspruch vor. Im Hinblick auf das hier maßgebliche subjektive Leistungshindernis der Absonderung hat der Gesetzgeber im Übrigen mit den Entschädigungsregeln der §§ 56 ff. IfSG reagiert. Die gesetzgeberische Entscheidung, den Arbeitgeber - im Gegensatz zur betriebsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit - bei betriebsbedingter Absonderung abseits der allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen aus der Haftung für das Arbeitsentgelt vollständig zu entlassen und das Entgeltrisiko über die §§ 56 ff. IfSG letztlich der Allgemeinheit aufzuerlegen, ist dabei zu respektieren.
240Diese Abgrenzung von Betriebsrisiko einerseits und subjektivem Leistungshindernis andererseits steht nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts,
241BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 33,
242wonach der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB verpflichtet ist, wenn eine behördliche Maßnahme darauf abzielt, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen, etwa, weil die vom Arbeitgeber gewählten Produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende Arbeitsbedingungen (wie z.B. in Teilen der Fleischwirtschaft und bei Saisonkräften in der Landwirtschaft) eine besonders hohe Ansteckungsgefahr innerhalb der Belegschaft in sich bergen.
243Zum einen befasst sich das Gericht gar nicht mit der Frage der behördlichen Absonderung oder gar eines Zusammentreffens von Absonderung und Anordnung einer Betriebsschließung. Zum anderen wurde vorliegend - wie dargelegt - gegen die Klägerin keine Betriebsschließung verfügt. Die an die U. & Co. KG verfügte Schließungsverfügung des Standortes „J...... in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ betrifft nur das Verwendungs- bzw. Wirtschaftsrisiko der Klägerin, da der Einsatz ihres Arbeitnehmers in einem Fremdbetrieb wegen einer dort angesiedelten Betriebsstörung nicht möglich ist.
244Vgl. auch: BAG, Urteile vom 1. Februar 1973 - 5 AZR 382/72 -, juris Rn 27, und vom 7. November 1975 - 5 AZR 61/75 -, juris Rn. 18 f.; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 134; Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615, Rn. 118; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 108.1; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 108.
245Schließlich sprechen auch praktische Erwägungen - jedenfalls als Hilfsüberlegung - dagegen, die coronabedingte Absonderung dem Betriebsrisiko zuzuordnen. Ein aus arbeitsbezogenen Kontakten resultierender Ansteckungsverdacht entsteht (Fälle mit Kundenkontakt ausgeklammert) dadurch, dass jedenfalls ein Mitarbeiter sich außerhalb des Betriebs angesteckt hat und das Virus ggf. unter den Kollegen weiterverbreitet haben könnte. Für diese Person hat sich das Betriebsrisiko nicht realisiert. Handelt es sich bei diesem Arbeitnehmer um einen Ausscheider (§ 2 Nr. 6 IfSG), der ebenfalls unter die hier maßgeblichen Regelungen fällt, ist wegen der Vollzugsdefizite bei der Kontaktpersonennachverfolgung bzw. fehlender Sequenzierung oft gar nicht (mehr) feststellbar, wo sich diese Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, angesteckt hat - also innerhalb oder außerhalb eines Betriebs. Bezeichnenderweise ist hier nicht zweifelsfrei erkennbar, dass sich der Arbeitnehmer C. tatsächlich bei seiner Arbeit infiziert hat. Eine Feststellung, ob sich das Betriebsrisiko realisiert hat, dürfte daher in diesen Fällen in der Praxis kaum möglich sein.
246Zwar mag diese Erwägung angesichts der Vielzahl der von einer Absonderungsverfügung betroffenen Personen in der vorliegenden Konstellation unerheblich klingen. Auch mag der K. in der Vergangenheit gar nicht so differenziert vorgegangen sein und eine Erstattung von Aufwendungen bei einer Vielzahl von Arbeitgebern beanstandungslos geleistet haben. Rechtlicher Maßstab bei der Entscheidung darf diese Praxis, die davon abhängt, wie genau ein Sachverhalt ermittelt wird, aber nicht sein. Dies gilt umso mehr, als dass eine Beweislastregel zu Gunsten der Arbeitgeber immer dann greifen wird, wenn die Behörden besonders belastet sind und entsprechende Sachverhaltsaufklärungen nicht leisten können. Das erscheint aber willkürlich.
247(b.) Aber auch wenn man davon ausginge, dass die Absonderungsverfügung dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzuordnen wäre, verlangt eine Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB nach einhelliger Meinung, dass weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber die Unmöglichkeit der (betriebsbezogenen) Leistungsverhinderung zu vertreten haben.
248Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 30. Mai 1963 - 5 AZR 282/ 62 -, juris Rn. 8; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 12; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 96; Lakies, in: Kittner/Zwanziger u.a., Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis, 9. Auflage 2017, § 59 Rn. 14.
249Dies ist hier aber nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob den Arbeitnehmer C. eine Verantwortlichkeit am Erlass der Absonderungsverfügung trifft, weil er Mindestabstände von 1,5 Metern während seiner Tätigkeit in der Zerlegung nicht immer eingehalten hat. Jedenfalls trifft die Klägerin - wie dargelegt - eine (wenn auch nicht weit überwiegende) Verantwortlichkeit, wegen Verstoßes gegen Arbeitsschutzvorschriften.
250Nach Ansicht der Kammer kann § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB (insbesondere) nicht im Wege eines Erst-Recht-Schlusses dahingehend ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber auch dann zur Lohnfortzahlung verpflichtet bleibt, wenn ihn ein Verschuldensbeitrag unterhalb der Schwelle des alleinigen oder weit überwiegenden Verschuldens (i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB) trifft. Zwar mag es auf den ersten Blick nicht sachgerecht erscheinen, wenn diese Verantwortlichkeit des Arbeitgebers einen Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers ausschließt. Denn das bedeutet, dass er bei fehlendem Verschulden (und Realisierung des Betriebsrisikos) nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB zur Weiterzahlung verpflichtet wäre und nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB ebenso bei einer „alleinigen oder weit überwiegenden Verantwortlichkeit“ der Leistungsunmöglichkeit des Arbeitnehmers, nicht hingegen bei Vorliegen eines einfachen Verschuldensbeitrags. Allerdings entstünden durch einen solchen Erst-Recht-Schluss Wertungswidersprüche zum allgemeinen Schuldrecht. So lässt sich mit Blick auf die mit der Betriebsrisikolehre verbundenen Präventionsanreize und der Gesamtwohlfahrtoptimierung,
251vgl. Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 114,
252nicht rechtfertigen, dass der vorliegende Fall anders zu bewerten ist, als dies nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben bei mangelnder alleiniger oder überwiegender Gläubigerverantwortlichkeit der Fall wäre, nach denen es gerade bei dem Grundsatz des § 326 Abs. 1 BGB (Ohne Arbeit kein Lohn) verbliebe.
253Vgl. z.B. OLG München, Urteil vom 7. August 2015 - 25 U 546/15 -, juris Rn. 37 f.; vgl. auch: Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 209 ff.
254Das Bestreben des Gesetzgebers mit dem Tatbestandsmerkmal der weit überwiegenden Verantwortlichkeit des Gläubigers in § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB die Schadensersatz- und Rücktrittsregelungen und den Wegfall der Gegenleistungspflicht zu harmonisieren,
255vgl. Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 187,
256würde durchbrochen. Ein interessengerechter Ausgleich ließe sich auch nicht durch eine Quotelung erreichen. Eine Anwendung von § 254 BGB scheidet wegen der Anrechnungsregelung in Satz 2 des § 615 BGB aus.
257Vgl. Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 615 Rn. 62, 55; vgl. aber Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6, wonach die Lohnzahlungspflicht in Höhe des Verantwortungsbeitrages bestehen bleibt.
258Dagegen entsteht keine Schutzlücke, wenn an dem Erfordernis fehlenden Verschuldens von Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgehalten wird. Der Arbeitgeber ist - grundsätzlich - zur Lohnfortzahlung nach § 616 BGB für einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum weiterhin verpflichtet. Im Übrigen können Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder einen sonstigen an der Verursachung beteiligten Dritten - welche nach § 56 Abs. 10 IfSG auch auf das zur Gewährung der Entschädigung verpflichtete Land übergehen würden - einen gerechten Ausgleich erwirken.
259(c.) Schließlich mag - wenn man zum einen davon ausginge, dass die Absonderungsverfügung dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzuordnen wäre und § 615 Satz 3 BGB zum anderen ausnahmsweise auch bei einer vom Arbeitgeber und ggf. Arbeitnehmer verschuldeten Leistungsunmöglichkeit anwendbar wäre - die an der Risikosphäre von Arbeitgeber und Arbeitnehmer anknüpfende Auslegung des OLG Hamm (zum Erfordernis einer Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers) einem allgemeinen Billigkeitsgefühl entsprechen. Ihr steht aber entgegen, dass die Betriebsrisikolehre mit Blick auf die andauernde Coronapandemie Gefahr läuft, überstrapaziert zu werden. Wenn der Arbeitgeber - wie in der Entscheidung des OLG Hamm - für potenziell infektiöse Kontakte im Rahmen eines gemeinsamen (Fußball-)Spiel- und Trainingsbetriebs zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist, so müsste dies - anders als in § 616 Satz 1 BGB - zeitlich unbefristet auch bei Arbeitnehmern gelten, die in besonderen Risikobereichen, z.B. mit viel „Kundenverkehr“ wie Kellner, Erzieher und Pflegekräfte, eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es weitere Branchen, wie beispielsweise das Baugewerbe, in denen eine Zusammenarbeit mehrerer Mitarbeiter ohne Abstand und wegen körperlicher Arbeit zwingend erforderlich erscheint. Dieses Problem dürfte sich mit Blick auf die sich gegenwärtig verbreitende Omikron-Variante des Coronavirus noch verschärfen, weil soziale Kontakte wegen der höheren Infektiosität der Mutation nunmehr noch gefahrenträchtiger erscheinen.
260Eine andere Sichtweise lässt sich - wiederrum - nicht mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts,
261BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 33,
262rechtfertigen, wonach behördlich angeordnete Betriebsschließungen dem Betriebsrisiko zuzuordnen sind, wenn sie darauf abzielen, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen. Denn zur Frage, ob die weiteren Voraussetzungen des Lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB (Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, fehlendes Verschulden von Arbeitnehmer und Arbeitgeber) in diesen Fällen ausnahmsweise nicht anspruchsbegründend sein sollen, verhalten sich die Urteilgründe nicht. Im Gegenteil, das BAG hält in seiner Entscheidung an seiner Auffassung fest, dass es sich bei § 615 Satz 3 BGB um eine Rechtsgrundvereisung handelt, mit der Folge, dass (nur) dem leistungsfähigen und leistungswilligen Arbeitnehmer der Vergütungsanspruch verbleibt.
263cc. Ein Vergütungsanspruch folgt nicht aus § 3 EFZG. Danach hat ein Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.
264Ausweislich der insoweit nachvollziehbaren Angaben der Klägerin und des Arbeitnehmers war letzterer im streitgegenständlichen Zeitraum mangels irgendwelcher Symptome nicht arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Vortrag wurde auch vom beklagten Land nicht durchgreifend in Frage gestellt.
265dd. Dem Arbeitnehmer C. stand gegen die Klägerin kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 Satz 1 BGB zu.
266Nach dieser Regelung wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
267Die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB liegen nicht vor. Zwar wurde die Regelung zwischen der Klägerin und Herrn C. nicht abbedungen. Es handelt sich bei der Absonderung, die für den Arbeitnehmer C. als Ausscheider angeordnet worden ist, auch um einen in seiner Person liegenden Grund. Allerdings bestand seine Leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen Zeitraum.
268Die Regelung des § 616 Satz 1 BGB wurden zwischen der Klägerin und Herrn C. nicht im Rahmen des vorliegenden Arbeitsvertrags abbedungen. Die Klägerin hat auch weder vorgetragen noch ist anderweitig ersichtlich, dass sich eine Unanwendbarkeit z.B. aus Tarifvertrag ergeben könnte.
269Es handelt sich bei der - streitgegenständlichen - Absonderungsanordnung um ein subjektiv persönliches Hindernis.
270Vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 877/21 -, NRWE.
271Die dortigen Ausführungen zu einer Absonderung aufgrund eines an das Betriebsumfeld des Arbeitnehmers anknüpfenden Ansteckungsverdachts mit dem SARS-CoV‑2 Coronavirus sind auf eine entsprechende Absonderung als Ausscheider zu übertragen. Außerdem handelt es sich nach den dort genannten Maßstäben erst Recht um ein rein subjektives Hindernis, sollte die Infektion des Arbeitnehmers nicht in dessen Betriebsumfeld erfolgt sein.
272Allerdings bestand die Leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen Zeitraum.
273Der Arbeitnehmer befand sich vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 in häuslicher Absonderung. Die Absonderung beruhte auf den Allgemeinverfügungen vom 18. Juni 2020 und 20. Juni 2020 des Kreises Gütersloh „zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne“ im Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2021 sowie der individuellen Verfügung der Stadt Hamm.
274Bei einem Absonderungszeitraum von 15 Tagen handelt es sich im vorliegenden Fall um einen erheblichen Zeitraum.
275Wie der unbestimmte Rechtsbegriff der verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit zu konkretisieren ist, ist umstritten. Aus dem Wortlaut des § 616 Satz 1 BGB „verhältnismäßig“ folgt zunächst, dass eine Festlegung auf eine feste Tageszahl,
276vgl. zu den in der Literatur festgelegten Konkretisierungshilfen z.B. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 14; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 616 Rn. 37,
277wegen der Verschiedenartigkeit der in Betracht kommenden Sachverhalte nicht möglich ist.
278Vgl. z.B. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 28; Besgen/Jüngst u.a., in: Handbuch Betrieb und Personal, 248. Lieferung 2021, Stand: 204. Lieferung 05/16, ZWEITES KAPITEL Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung, Rn. 271.
279Zudem darf die Praktikabilität derartiger Richtwerte nicht über ihre fehlende normative Verankerung hinwegtäuschen.
280Vgl. Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 106.
281Im Schrifttum wird im Sinne einer ereignisbezogenen Sichtweise die Erheblichkeit der Verhinderungszeit nach dem zur Arbeitsverhinderung führenden Grund sowie danach beurteilt, ob der Arbeitgeber erfahrungsgemäß mit einer derartigen Nichtleistung über einen bestimmten Zeitraum rechnen konnte, sodass er den Ausfall einzukalkulieren hat. Als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit sei daher auch bei schwerwiegenden Ereignissen nur eine Dauer von wenigen Tagen anzusehen. Die nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für erkrankte Arbeitnehmer geltende Sechs-Wochen-Frist könne danach grundsätzlich nicht als Maßstab herangezogen werden.
282Vgl. Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616, Rn. 41; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 14, 16; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 67 f.; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 102 f.
283Demgegenüber soll nach der Rechtsprechung im Sinne einer belastungsbezogenen Betrachtungsweise bei der Bewertung des Verhinderungszeitraums - ungeachtet etwaiger Ausnahmen für bestimmte hier nicht relevante Fallgruppen -,
284z.B. BAG, Urteile vom 25. Oktober 1973 - 5 AZR 156/73 -, juris Rn. 12 f., und vom 19. April 1978 - 5 AZR 834/76 -, juris Rn. 22,
285- auf die gesamten Umstände des Einzelfalles abgestellt werden, insbesondere auf das Verhältnis zwischen der Dauer der Verhinderung und der Länge der bisherigen Beschäftigung. Daneben werden (insbesondere) zusätzliche Abreden sowie die Eigenart des Arbeitsverhältnisses und dessen voraussichtliches Fortbestehen berücksichtigt.
286Vgl. z.B. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37; BAG, Urteil vom 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 -, juris Rn. 43; Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 40; Grimm, in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Auflage 2021, B. Entgeltfortzahlung, Rn. 87; Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 616 Rn. 46; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 66; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 100.
287Die zeitliche Höchstgrenze dürfte regelmäßig bei einer Leistungsunfähigkeit von sechs Wochen liegen.
288Vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37; BAG, Urteile vom 20. Juli 1977 - 5 AZR 325/76 -, juris Rn. 12, und vom 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 -, juris Rn. 43.
289Auch wenn Ausscheider i.S.d. § 2 Nr. 6 IfSG bzw. Ansteckungsverdächtige i.S.d. § 2 Nr. 7 IfSG nach den Motiven des BSeuchG-Gesetzgebers vom Schicksal in ähnlicher Weise betroffen sind wie Kranke,
290vgl. BT-Drs. 3/1888, S. 10, 27 zu § 48 BSeuchG (Entschädigung in besonderen Fällen), und BT-Drs. III/2662, S. 3 ebenfalls zu § 48 BSeuchG
291muss bei der Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs,
292vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37,
293berücksichtigt werden, dass der Entscheidung § 616 BGB in der Fassung vom 28. August 1975 zu Grunde lag. In dessen Absatz 2 Satz 2 wurde der Sechs-Wochen-Zeitraum zwar als verhältnismäßig nicht erheblich anerkannt, der Gesetzgeber bediente sich aber mit Blick auf den Fortzahlungsanspruch im Krankheitsfall der Regelungstechnik der Fiktion („Hierbei gilt als verhältnismäßig nicht erheblich eine Zeit von sechs Wochen, wenn nicht durch Tarifvertrag eine andere Dauer bestimmt ist.“). Nunmehr fehlt in § 616 BGB jeglicher Anhaltspunkt für eine Gleichstellung mit dem - nunmehr geltenden - § 3 EFZG.
294Vgl. dazu: Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 15; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 103, m.w.N.
295Überdies liegen den Lohnfortzahlungsansprüchen in § 616 Satz 1 BGB und § 3 EFZG unterschiedliche Normzwecke zu Grunde. Während § 616 Satz 1 BGB seine Grundlage - nach der Rechtsprechung - überwiegend in dem Gedanken der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers findet (bzw. nach „neuerem“ Ansatz in der Literatur der Gedanke, dass personengebundenen Tätigkeiten das Risiko eines Ausfalls des Dienstverpflichteten stets immanent ist und es daher sachgerecht erscheint, unerhebliche Verhinderungen bereits bei der Bemessung des Entgelts einzukalkulieren - „minima non curat praetor“),
296vgl. z.B. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 2 f., 14; Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 616 Rn. 46 f.; Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 40; Riesenhuber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 616 Rn. 2; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616, Rn. 9, 100 f.; BAG, Urteil vom 25. Oktober 1973 - 5 AZR 156/73 -, juris Rn. 12 f.,
297dient § 3 EFZG eher der Entlastung der Krankenkassen.
298Vgl. Temming, in: Kluckert, Das neue Infektionsschutzrecht, § 16 Rn. 21; Reinhard, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, EFZG, 22. Auflage 2022, § 3 Rn. 1 f.; Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, EFZG, § 3 Rn. 2; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 181 ff.
299Angesichts dessen und unter Berücksichtigung des gesetzlichen Wortlauts,
300vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 30,
301geht die Kammer davon aus, dass bei der Beurteilung der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ (auch) im Falle der Absonderung eines ansteckungsverdächtigen bzw. ausscheidenden Arbeitnehmers in erster Linie das Verhältnis zwischen bisheriger Dauer des Arbeitsverhältnisses und Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich ist. Daneben werden weitere Umstände des Einzelfalls berücksichtigt.
302Nach dieser Maßgabe überschreitet der Absonderungszeitraum von 15 Tagen die Erheblichkeitsschwelle. Insoweit ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer C. erst etwa neun Monate bei der Klägerin beschäftigt war, als die Absonderung angeordnet worden ist. Allein der Umstand, dass der Arbeitsvertrag unbefristet abgeschlossen worden ist und sich im laufenden Klageverfahren die Prognose einer längerfristig fortdauernden Beschäftigung bestätigt haben mag, ändert an dieser Einschätzung nichts. Auch rechtfertigen weder die Eigenart des Arbeitsverhältnisses noch die Eigenart der Verhinderung im vorliegenden Fall eine andere Beurteilung. Dabei spielt es im vorliegende Fall keine Rolle, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Ausscheider i.S.d. § 2 Nr. 6 IfSG - also eine asymptomatisch infizierte Person - handelt, bei der die Entwicklung von arbeitsunfähig machenden Symptomen und damit die Erlangung der Vorteile des § 3 EFZG vom Zufall abhängt. Denn insoweit sprechen jedenfalls bei noch nicht einmal ein Jahr bestehenden Arbeitsverhältnissen derartige Umstände (noch) nicht dafür, die Beurteilung der verhältnismäßigen Dauer des Arbeitsausfalls zu Gunsten des Arbeitnehmers zu beeinflussen.
303Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 32,
304d. Die Kausalität („dadurch“),
305vgl. dazu Eckart/Kruse, BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 38,
306zwischen Absonderung und Verdienstausfall ist gegeben. Andere Gründe für den Wegfall des Lohnanspruchs sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere bleibt die Schließung des Betriebs der Bestellerin ohne Einfluss. Der Einsatz des Arbeitnehmers als Fleischverarbeiter in einem anderen Betrieb wäre ohne Absonderungsanordnung - wie bereits dargelegt - grundsätzlich möglich gewesen.
307e. Ungeachtet der Frage, ob in entsprechender Anwendung von § 254 BGB ggf. über die gesetzlich geregelten Fälle insbesondere in § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG und § 56 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG ein Mitverschulden des Anspruchsberechtigten anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein könnte,
308vgl. zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 41 ff., m.w.N.; Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 27 ff., m.w.N.,
309kann ein bezifferbares anspruchsminderndes Mitverschulden des Herrn C. nicht festgestellt werden. Dabei mag schon in Zweifel gezogen werden, ob es bereits als pflichtwidrig angesehen werden kann, unter den gegebenen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses auf die Einhaltung des Mindestabstands am Lachseband gegenüber seinem Arbeitgeber zu beharren. Letztendlich bedarf dies aber keiner abschließenden Entscheidung, denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang dieser Verstoß die eigene Infektion bzw. das Infektionsgeschehen in den Betriebsräumen verursacht hat. Da nicht erkennbar ist, wie sich der Verursachungsbeitrag - nicht zuletzt aufgrund des Zeitablaufs - zuverlässig ermitteln lassen soll, sieht sich die Kammer auch nicht veranlasst, von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen. In dieser Situation des sog. non liquet trägt das beklagte Land die materielle Beweislast für die den Anspruch ausschließenden bzw. mindernden Umstände, sodass die Unaufklärbarkeit zu seinen Lasten geht.
310Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 28. Oktober 2021 - 13 A 1376/17 -, juris Rn. 57 m.w.N.
3112. Die Voraussetzungen von § 56 Abs. 5 IfSG sind erfüllt. Unstreitig hat die Klägerin die Entschädigung während des streitgegenständlichen Zeitraums an den Arbeitnehmer C. ausgezahlt, § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG. Einen (formwirksamen) Erstattungsantrag (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG) hat sie am 3. September 2020 beim K. (§ 54 IfSG i.V.m. § 11 Abs. 1 IfSBG-NRW) gestellt.
3123. Der Erstattungsanspruch ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch nicht - nach Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung - ausgeschlossen, weil der Klägerin ggf. ein Schadensersatzanspruch in Höhe des gezahlten Lohns gegenüber der Bestellerin zustehen könnte.
313Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass die Klägerin keinen Lohn an Herrn C. gezahlt hat, sondern den für diesen Arbeitnehmer entstandenen Entschädigungsanspruch infolge eines Verdienstausfalls. Der Lohnanspruch bestand im hier maßgeblichen Zeitraum der Absonderung - wie dargelegt - nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ nicht.
314Aber auch mit Blick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Firma U. wegen der gezahlten Entschädigungsleistung und ungeachtet der Frage, ob ein solcher Sekundäranspruch nicht schon nach § 3 Nr. 6 Werkvertrag abbedungen ist, scheidet eine teleologische Reduktion des § 56 Abs. 3 IfSG aus. Die Klägerin fungiert hier nämlich allein als Auszahlungsstelle. Dieses Verfahren soll eine schnelle und unbürokratische Entschädigungsgewährung sicherstellen.
315Vgl. Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2022, IfSG § 56 Rn. 73; Gerhardt, in: Gerhardt, Infektionsschutzgesetz, 5. Auflage 2021, IfSG, § 56 Rn. 25.
316Dieser gesetzgeberische Wille ergibt sich auch im Umkehrschluss aus der Legalzession des § 56 Abs. 10 IfSG, da insoweit nur Schadensersatzansprüche des „Entschädigungsberechtigten“ auf das Land übergehen. In diesem Sinne sind in § 56 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 8 IfSG auch nur Leistungen benannt, die „auf die Entschädigung“ anzurechnen sind.
317Das vorbenannte System würde unterlaufen, ließe man darüber hinaus auch im Verhältnis zwischen entschädigungspflichtigem Land und auszahlungsverpflichtetem Arbeitgeber weitere „Anrechnungstatbestände“ zu. In diese Überlegung ist einzustellen, dass der Erstattungsantrag fristgebunden ist (vgl. § 56 Abs. 11 IfSG). Bei der vom beklagten Land vertretenen Vorgehensweise wird dem Arbeitgeber nicht nur das Prozess- und Insolvenzrisiko auferlegt, sondern auch das Erfordernis bei einem ggf. langwierigen Zivilprozess mit Instanzenzug vorsorglich entsprechende Erstattungsansprüche beim K. zu stellen, sodass weitere - ggf. unnötige - Kosten auf beiden Seiten entstehen und für die Bearbeitung Arbeitskraft gebunden wird.
318Auch andere Schadensersatzansprüche, insbesondere Ansprüche des Arbeitnehmer C. gegen die Klägerin oder die Firma U. sind im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen. Ungeachtet der Frage, ob - erstens - ein Schadensersatzanspruch des entschädigungsberechtigten Arbeitnehmers C. gegen die Klägerin als frühere Arbeitgeberin entstanden und fällig ist, - zweitens - dieser ggf. entstandene und fällige Anspruch nach § 15 Arbeitsvertrag (Ausschlussfristen / Verfallklausel) wieder verfallen ist und - drittens - gemäß § 56 Abs. 10 IfSG auf das beklagte Land übergegangen ist, hat das beklagte Land jedenfalls nicht die Aufrechnung erklärt,
319vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1987 - 3 C 22/86 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 28. Januar 1994 - 3 TG 2026/93 -, juris; VG Minden, Beschluss vom 31. Januar 1996 - 2 K 2333/95 -,
320sodass eine Berücksichtigung im hiesigen Verfahren ausscheidet.
321Sofern dem Arbeitnehmer C. ein Ersatzanspruch z.B. aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter gegen die Firma U. als Bestellerin zusteht, so könnte dieser - ungeachtet der Frage seiner Entstehung, Fälligkeit und Höhe - dem Erstattungsanspruch der Klägerin nicht entgegengehalten werden, weil diese nicht Schuldnerin der ggf. auf das beklagte Land übergegangenen Forderung ist.
3224. Das vom beklagten Land behauptete, anspruchsausschließende (überwiegende) Mitverschulden der Klägerin an der Absonderung ihres Arbeitnehmers ist im Rahmen des § 56 Abs. 3 IfSG selbst nicht zu berücksichtigen, sondern nur - wie geschehen - im Rahmen der Prüfung des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB oder etwaiger zur Aufrechnung gestellter übergegangener Schadensersatzansprüchen gegen die Klägerin. Dies folgt ebenfalls aus der - zuvor bereits dargelegten - Funktion als Auszahlstelle.
3235. Die Höhe des Erstattungsbetrages von 762,35 Euro Nettoverdienstausfall ist von den Beteiligten unter Berücksichtigung von § 56 Abs. 3 IfSG in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden. Die Kammer hat keine Veranlassung, von sich aus an der Richtigkeit der zugrunde liegenden Berechnung zu zweifeln.
324B. Der Klägerin steht auch der Anspruch auf Erstattung der von ihr verauslagen und der Höhe nach ebenfalls unstreitig gestellten Sozialabgaben i.H.v. 383,14 Euro nach Maßgabe des § 57 IfSG zu.
325C. Die Klage ist auch begründet, soweit die Klägerin aus dem Erstattungsbetrag von 1.145,49 Euro die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verlangt. Die Voraussetzungen von §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog liegen seit dem 3. März 2021 (§ 90 VwGO) vor.
326Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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