Urteil vom Oberlandesgericht Rostock (4. Zivilsenat) - 4 U 16/20
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 30.12.2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 18.904,72 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 543,12 € jeweils zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.01.2019 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz einschließlich derjenigen des selbständigen Beweisverfahrens tragen die Kläger zu 70 Prozent, der Beklagte zu 30 Prozent.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahren wird auf bis zu 19.000,00 € festgesetzt.
Gründe
- 1
(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)
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I. Die zulässige Berufung ist weitestgehend unbegründet.
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1. Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von (mindestens) 18.904,27 € als Kostenvorschuss für eine Mängelbeseitigung gemäß § 631 Abs. 1, 1. Halbsatz, 633 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB, 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 und 3 BGB.
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a. Unstreitig sind zwischen den Parteien Werkverträge über eine von dem Beklagten durchzuführende Dachsanierung und Verschindelung von drei Schornsteinen zustande gekommen, wofür jeweils ein Pauschalpreis vereinbart war.
- 5
b. Ebenso unbestritten hat der Beklagte die betreffenden Arbeiten mangelhaft ausgeführt, weil sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignen und keine Beschaffenheit aufweisen, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann; dies hat der Beklagte nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils schon im ersten Rechtszug nicht mehr bestritten. Vor diesem Hintergrund ist der Beklagte nicht deshalb ausnahmsweise von seiner Mängelhaftung befreit, weil er seine Prüfungs- und Hinweispflichten gegenüber den Klägern erfüllt hätte; soweit sich der Beklagte auch in seiner Berufungsbegründung auf diesen Einwand beschränkt und ihm hierzu die Darlegungs- und Beweislast obliegt (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2007, Az.: VII ZR 183/05, - zitiert nach juris -, Rn. 21 und 26 m. w. N.), ist er den danach bestehenden Anforderungen nicht gerecht geworden.
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aa. Die Prüfungs- und Anzeigepflicht des Unternehmers folgt ganz allgemein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, weil ohne ein „Mitdenken“ des Unternehmers der Vertragszweck gefährdet wäre. § 4 Abs. 3 VOB/B konkretisiert dies nur und stellt für die Anzeige das Erfordernis der Schriftform auf. Die Prüfungs- und Anzeigepflicht des Unternehmers ist jedoch auch ohne Vereinbarung der VOB/B im gesamten Baubereich anzuerkennen (vgl. Staudinger-Peters, BGB, Neubearbeitung 2019, § 633 Rn. 63 m. w. N.).
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(1) Hängen die dabei zu stellenden Anforderungen unter anderem von der Sachkunde des Unternehmers ab, können nicht allein die auf seiner Seite tatsächlich vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten maßgeblich sein. Wer nämlich die Herstellung eines Werks als Unternehmer übernimmt, bringt damit zum Ausdruck, die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu besitzen. Soweit nicht besondere Umstände dagegen sprechen, kann der Auftraggeber daher von ihrem Vorhandensein ausgehen, so dass insoweit - wie auch sonst - ein objektiver, durch den Gegenstand des Vertrags bestimmter Maßstab zugrunde zu legen ist (vgl. BGH, Urteil vom 02.11.1995, Az.: X ZR 81/93, - zitiert nach juris -, Rn. 25 m. w. N.). Notfalls muss sich der Unternehmer die erforderliche Sachkunde verschaffen (vgl. Staudinger-Peters, a. a. O., § 633 Rn. 67 m. w. N.).
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(2) Seiner Bedenkenhinweispflicht genügt der Werkunternehmer weiterhin nur dann, wenn er dem Besteller die nachteiligen Folgen sowie die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret dargelegt und ihn solcher Art in die Lage versetzt hat, die Tragweite einer Nichtbefolgung klar zu erkennen. Die Pflicht, auf Bedenken hinzuweisen, soll dem Auftraggeber die notwendige Aufklärung über die Fehlerhaftigkeit seiner bindenden Anordnungen oder der Vorleistungen oder der gegebenen Bauteile gewährleisten. Dieser Bedenkenhinweis des Auftragnehmers kann, soweit es sich - wie hier - um einen BGB-Bauvertrag ohne Einbeziehung der VOB/B handelt, zwar auch mündlich erfolgen; er muss aber in jedem Fall inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend sein und insbesondere die Gefahren aufzeigen, die im Hinblick auf die Erreichung des angestrebten Werkerfolges bei Beibehaltung der verbindlichen Vorgaben bestehen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015, Az.: 21 U 62/16, - zitiert nach juris -, Rn. 72 m. w. N.). Wie konkret ein Bedenkenhinweis sein muss, kann im Übrigen davon abhängen, wie verständig der Bauherr ist (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 18.07.2018, Az.: 12 U 8/18, - zitiert nach juris -, Rn. 105 ff.).
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bb. Die Prüfungs- und Anzeigepflicht des Beklagten war nach diesen Maßgaben weder wegen seiner eigenen oder der baufachlichen Qualifikation der Kläger oder aber deren Anliegen einer preisgünstigen Sanierung reduziert, noch hat der Beklagte die inhaltlichen Anforderungen an eine nach den Umständen veranlasste Bedenkenanzeige erfüllt.
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(1) Der Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, die Kläger hätten aufgrund der bereits zuvor bestehenden persönlichen Bekanntschaft gewusst, dass er und seine Helfer keine im herkömmlichen Sinne ausgebildeten und versierten Handwerker gewesen seien. Es ist nicht ersichtlich und auch der Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass die Kläger deshalb von vornherein im Sinne einer konkludenten Haftungsbeschränkung Abstriche bei der Qualität der Leistungen in Kauf genommen hätten. Indem der Beklagte die streitgegenständlichen Aufträge übernahm, hat er signalisiert, zu deren Durchführung in der Lage zu sein. Fehlten ihm die dafür nötigen Kenntnisse, musste er sich diese gegebenenfalls verschaffen; dies hat er offenbar - vergeblich - durch die Hinzuziehung des Zeugen ......................... versucht, der nach seinen Angaben eine Baufirma im Dachdeckerbereich hatte und nach dessen Anweisungen ausweislich der Aussage des Zeugen .......................... gearbeitet wurde.
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(2) Entgegen der Darstellung des Beklagten in der Berufungsbegründung haben die Kläger in erster Instanz in ihrem Schriftsatz vom 12.04.2019 unter Ziffer 1) im ersten Absatz vorgetragen, dass sie baufachliche Laien seien, und der Beklagte hat dies bis zum Abschluss des Rechtszuges auch nicht bestritten. Soweit er in dem vorliegenden Berufungsverfahren nun etwas Abweichendes geltend macht, verweist er allein auf einen "Anschein, dass die Kläger tatsächlich fachlich einigermaßen versiert" gewesen seien, weil sie bei einer Baustofffirma über ein Konto verfügten, was regelmäßig gewerblichen Firmen vorbehalten sei. Welcher Art die Sachkunde der Kläger im Baugewerbe konkret sein soll, ergibt sich daraus aber nicht. Die Listung bei der Baustofffirma belegt zudem nur das Interesse des Bauherrn, günstiger einkaufen zu können.
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(3) Wenn der Beklagte mit einer preisgünstigen Sanierung unter Verwendung bereits vorhandener (Alt)Materialien einhergehende Schwierigkeiten anführt, verringerte dies die Anforderungen an seine Prüfungs- und Hinweispflichten nicht; vielmehr bedingen die sich aus solchen Umständen ergebenden Risiken gerade, dass der Unternehmer ihm gemachte Vorgaben einer Kontrolle unterzieht und den Besteller auf bestehende Bedenken aufmerksam macht.
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(4) Zu Recht ist das Landgericht schließlich nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass eine ausreichende Bedenkenanzeige seitens des Beklagten gegenüber den Klägern nicht erfolgt ist. Das Berufungsgericht hat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Eine dahingehende Veranlassung ergibt sich im Hinblick auf die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht. Aus der ganz allgemein gehaltenen Darstellung des Zeugen ........................., dass man in ständigem Kontakt mit den Klägern gewesen sei und über jeden Schritt und jedes Detail im Einzelnen gesprochen habe, lässt sich zu der notwendigen Konkretisierung einer Bedenkenanzeige nach den Erläuterungen oben unter lit. aa(2) nicht ansatzweise etwas entnehmen. Aus der weiteren Schilderung, dass die Kläger zur Vermeidung eines Höhersetzens der Fenster eine Veränderung der Konterlattung nicht gewollt hätten, mag sich zwar ergeben, dass über eine solche Maßnahme gesprochen worden ist. Es ist dann allerdings wiederum nicht erkennbar, dass sie über die damit einhergehenden Nachteile und Risiken wie einen Feuchtigkeitsstau aufgrund der fehlenden Hinterlüftung aufgeklärt worden wären. Aus eben diesem Grund lassen sich letztlich auch keine Rückschlüsse zu Gunsten des Beklagten dahingehend ziehen, dass die Kläger selbst bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Beklagten zur Vermeidung eines ansonsten anfallenden zusätzlichen Kostenaufwandes im Hinblick auf den Innenausbau unmittelbar bei der Durchführung der streitgegenständlichen Baumaßnahme an einer Platzierung der Fenster festgehalten hätten. Denn sie hätten diese Konsequenz mit den späteren und gegebenenfalls ebenso kostenträchtigen Folgen eines Feuchtigkeitsanfalles in der Dachkonstruktion abzuwägen gehabt; in diesem Verhältnis hätten sich die Kläger für eine Inkaufnahme derartiger Nachteile aber von vornherein nur entscheiden können, wenn ihnen deren Möglichkeit überhaupt konkret verdeutlicht und damit bekannt gewesen wäre.
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c. Der Gewährleistungsanspruch der Kläger ist nicht gemäß § 640 Abs. 2 BGB a. F., Art. 229 § 39 EGBGB ausgeschlossen, weil ihnen die Mängel bei der Abnahme bekannt gewesen wären. Stellt der Beklagte in diesem Zusammenhang ebenfalls darauf ab, dass die Kläger keine baufachlichen Laien seien, kann auf das oben unter lit. b bb(2) Gesagte verwiesen werden. Der Beklagte als Unternehmer trägt ebenfalls die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis der Kläger von den Mängeln bei der Abnahme (vgl. Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Genius, jurisPK, 9. Aufl., 2020, § 640 Rn. 72 m. w. N.), wobei sich allein aus einer eigenen Sachkunde der Kläger ohnehin noch nicht ergäbe, dass sie die Mängel tatsächlich auch erkannt hätten.
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d. Die Kläger haben dem Beklagten mit dem anwaltlichen Schriftsatz ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 30.04.2015 erfolglos eine Nachbesserungsfrist gesetzt. Die Kläger sind nicht aufgrund einer entsprechenden Anwendung von § 162 BGB gehindert, sich auf deren fruchtlosen Ablauf zu berufen, weil sie eine Nacherfüllung durch den Beklagten verhindert oder erschwert hätten (vgl. dazu Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Voit, BeckOK BGB, Stand: 01.02.2019, § 636 Rn. 14 m. w. N.). Denn wer sich auf eine unredliche Beeinflussung durch den anderen Teil beruft, muss das treuwidrige Verhalten beweisen (vgl. Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Rövekamp, a. a. O., Stand: 01.11.2019, § 162 Rn. 12 m. w. N.). Der Beklagte hat sich für die von ihm behauptete Unterbindung eines Mangelbeseitigungsversuchs durch die Kläger zwar ebenfalls auf die Zeugen ....................... und .......................... bezogen, aus deren Aussagen sich hierzu jedoch nichts ergab; insbesondere der Zeuge Birkhahn hat erklärt, dass er (nur) „gehört“ habe, dass es ein Hausverbot gebe.
- 16
e. Die Höhe der für eine Mängelbeseitigung anfallenden Kosten ergibt sich aus dem im Rahmen des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens zu dem Aktenzeichen 4 OH 2/18 des Landgerichts Schwerin eingeholten und insofern in sich schlüssigen und nachvollziehbaren schriftlichen Gutachten des Sachverständigen .................................. sowie dessen ergänzender mündlicher Erläuterung in der ersten Instanz des vorliegenden Rechtsstreits; der Beklagte hat den danach für eine Nachbesserung entstehenden (Gesamt)Aufwand auch nicht bestritten. Fallen in diesem Zusammenhang so genannte Sowieso-Kosten an, die abzuziehen sind, hat das Landgericht dann zwar deren Bemessungsgrundlage verkannt; dies wirkt sich im Ergebnis jedoch ausschließlich zu Gunsten des Beklagten aus.
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aa. Bei Sowieso-Kosten handelt es sich um Kosten für Leistungen, die zur Herbeiführung des vertraglich vereinbarten Erfolgs an sich erforderlich gewesen wären, von beiden Parteien - zum Beispiel auf Grund einer Fehlplanung - jedoch von vornherein nicht berücksichtigt worden sind. Kein Fall von Sowieso-Kosten liegt dagegen vor, wenn der Unternehmer von vornherein zu einem bestimmten Preis einen bestimmten Erfolg versprochen hat, ohne dass daraus die Verpflichtung nur zu ganz bestimmten Leistungen resultiert. Dann hat der Unternehmer diesen Erfolg herbeizuführen, auch wenn sich die beabsichtigte Ausführungsart nachträglich als unzureichend erweist und aufwändigere als die kalkulierten Maßnahmen erforderlich werden (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 19.02.2015, Az.: 4 U 111/13, - zitiert nach juris -, Rn. 97 m. w. N.).
- 18
bb. Unter die Sowieso-Kosten fällt daher abweichend von der Herangehensweise des Landgerichts nicht bereits der gesamte Betrag, der die Summe aus dem mit dem Beklagten vereinbarten Pauschalpreis und den Abrisskosten übersteigt.
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(1) Nicht zuletzt steht dies im Widerspruch zu der demgegenüber für sich genommen zutreffenden Feststellung in dem angefochtenen Urteil, dass Materialkosten von dem für die Mängelbeseitigung zu leistenden Betrag nicht abzuziehen seien, weil die Kläger die Baustoffe gestellt hätten und diese nach dem notwendigen Totalabriss des Daches nicht mehr wiederverwendbar seien. Denn die als berechtigt angesehenen Nachbesserungskosten in Höhe von 18.904,27 € zuzüglich des von den Klägern vorgenommenen Einbehaltes in Höhe von 9.679,75 € ergeben in ihrer Addition (18.904,27 € + 9.679,75 € =) 28.584,02 € brutto, was exakt lediglich der Summe aus den Abrisskosten und dem mit dem Beklagten für die Dachsanierung vereinbarten Pauschalpreis in einer Gesamthöhe von (5.974,02 € Abrisskosten + 22.610,00 € Pauschalpreis =) 28.584,02 € entspricht. Damit verbliebe den Klägern bei einer Selbstvornahme der Mängelbeseitigung (doch) der gesamte Aufwand für das zu ersetzende bzw. neu zu beschaffende Material, obwohl gemäß § 635 Abs. 2 BGB der Unternehmer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen einschließlich der Materialkosten zu tragen hat.
- 20
(2) Vielmehr hätte den Klägern an Sowieso-Kosten nur der Aufwand zu verbleiben, der durch zusätzliches Material anfiele, das für eine ordnungsgemäße Herstellung des Daches erforderlich ist, von dessen Beschaffung im Zuge der von dem Beklagten durchgeführten und jetzt im Zuge der Nachbesserung abzureißenden Arbeiten jedoch abgesehen wurde. Der Sachverständige .......................... hat in seinem Gutachten derartige Sowieso-Kosten - wenn auch bei einem ebenfalls schiefen Verständnis des betreffenden Begriffs, das sich aber im Ergebnis nicht auswirkt - lediglich auf zusätzlichen Aufwand für die Laufsteganlage und die Eindeckrahmen der Dachflächenfenster bezogen. Er gelangt dabei zu Sowieso-Kosten in Höhe von lediglich (72.978,23 € Gesamtaufwand - 71.907,23 € Aufwand bei den genannten Abzügen für die Laufsteganlage und die Eindeckrahmen =) 1.071,00 € brutto.
- 21
f. Der den Klägern im ersten Rechtszug zugesprochene Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung ist nicht aufgrund einer ihnen zuzurechnenden Mitverantwortung analog § 254 Abs. 1 BGB zu reduzieren; auch wenn der Anspruch aus § 637 BGB kein Verschulden voraussetzt, findet die genannte Vorschrift nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zumindest entsprechende Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2018, Az.: VII ZR 45/17, - zitiert nach juris -, Rn. 50).
- 22
aa. Zum einen ist es nicht gerechtfertigt, dem Besteller einer Werkleistung schon dann eine Mitverantwortung an der Entstehung von Mängeln zuzurechnen, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Anzeige von Bedenken etwa nur inhaltlich nicht ausreichend nachgekommen ist. Denn es ist nicht Aufgabe des Bestellers, sich aufgrund eines solchen tatsächlich erfolgten, aber unzureichenden Hinweises nunmehr gegebenenfalls anderweitig zu informieren, um die mit einer dennoch unverändert fortgesetzten Durchführung von Arbeiten einhergehenden Risiken abschätzen zu können. Vielmehr ist der Unternehmer aufgrund des bestehenden Werkvertrages zu einer ausreichenden Aufklärung verpflichtet und sie ist von dem ihm geschuldeten Werklohn mit abgedeckt; obläge es dem Besteller aufgrund einer unklaren Bedenkenanzeige, sich statt dessen bei einem Dritten zu erkundigen, beließe man insbesondere die damit üblicherweise einhergehenden (zusätzlichen) Kosten bei ihm, obwohl bereits die mangelhafte Erfüllung der Aufklärungspflicht durch den Unternehmer eine Verletzung seiner werkvertraglichen Nebenpflichten darstellt. So wird die Frage einer Mitverantwortung des Bestellers in diesem Zusammenhang - soweit ersichtlich - selbst bei § 4 Abs. 3 VOB/B allein diskutiert, wenn die Belehrung zwar zuverlässig war, aber entgegen dem dortigen Schriftformgebot lediglich mündlich erfolgt ist (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.04.2003, Az.: 5 U 1687/02, - zitiert nach juris -, Rn. 23 m. w. N.).
- 23
bb. Zum anderen könnte eine Mitverantwortung der Kläger aufgrund eines zumindest erfolgten, aber inhaltlich unzureichenden Bedenkenhinweises jedenfalls nicht zu dem vollständigen Ausschluss einer Haftung des Beklagten führen. Ergibt sich aber aus den Ausführungen oben unter lit. e), dass das Landgericht bereits nur einen Anspruch in Höhe einer Quote von (28.584,02 € : 71.907,83 € =) knapp 40 Prozent und damit unterhalb der Hälfte des voraussichtlichen Mängelbeseitigungsaufwandes unter Anrechnung der Sowieso-Kosten angenommen hat, käme eine weitere Reduzierung aufgrund eines den Klägern zuzurechnenden Mithaftungsanteils in Abwägung der jeweiligen Mitverursachungsanteile von vornherein nicht in Betracht.
- 24
2. Die Kläger haben weiterhin einen Anspruch gegen den Beklagten auf die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 543,12 € gemäß §§ 631 Abs. 1, 1. Halbsatz, 633 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB.
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a. Als Anspruchsgrundlage für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch der Kläger ist hier der Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung heranzuziehen. Anknüpfungspunkt für die Pflichtverletzung ist die Mangelhaftigkeit der Werkleistung des Beklagten, die auch ohne Nachfristsetzung einen Schadensersatzanspruch aus Pflichtverletzung nach den genannten Vorschriften auslöst, soweit er sich auf einer Nachbesserung nicht zugängliche Vermögensschäden bezieht. Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung, die eine adäquat-kausale Folge der Mangelhaftigkeit des hergestellten Werkes sind, können vor diesem Hintergrund als Mangelfolgeschaden erstattet verlangt werden. Auf die gegebene Konstellation der Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe und Beratung bei Vorliegen eines Werkmangels übertragen bedeutet dies, dass die hierdurch verursachten Anwaltskosten als adäquat-kausale Folge allein des Bestehens des Mangels im Grundsatz erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung der Erstattungsfähigkeit ergibt sich nach dem Schutzzweck der Norm höchstens dann, wenn die Inanspruchnahme nicht erforderlich oder zweckmäßig war, was nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2009, Az.: 5 U 57/09, - zitiert nach juris -, Rn. 59 m. w. N.) und hier nicht ersichtlich ist.
- 26
b. Die Höhe des zugesprochenen Betrages begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Bei dem vorgerichtlich angenommenen Gegenstandswert von 10.000,00 € errechnen sich Rechtsanwaltsgebühren (sogar) in Höhe von (558,00 € x 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Ziffer 2300 VV-RVG + 558,00 € x 0,3 Erhöhung gemäß Ziffer 1008 VV-RVG + 20,00 € Auslagenpauschale gemäß Ziffer 7002 VV-RVG + 19 % MwSt. auf den Gesamtbetrag gemäß Ziffer 7008 VV-RVG =) 1.086,23 €. Es war den Kläger im Hinblick auf § 15a RVG unbenommen, alternativ auch diesen vollen Betrag klageweise geltend zu machen und eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG dem Kostenfestsetzungsverfahren vorzubehalten (vgl. Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 24. Aufl., 2019, § 15a Rn. 72 f. m. w. N.).
- 27
3. Letztlich haben die Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus der zuzusprechenden Hauptforderung sowie dem Betrag der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB jeweils (erst) seit dem 23.01.2019. Der Beklagte ist durch die Zustellung der Klageschrift in Verzug gekommen, wobei für den Beginn des Zinslaufes unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 187 Abs. 1 BGB auf den Tag abzustellen ist, welcher dem Eintritt des verzugsbegründenden Ereignisses (erst) folgt (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.1990, Az.: VIII ZR 296/88, - zitiert nach juris -, Rn. 25). Die Klageschrift ist dem Beklagten am 22.01.2019 zugestellt worden, während das Landgericht offenbar aufgrund eines Versehens von dem Datum des zunächst erfolglosen Zustellungsversuches am 09.01.2019 ausgegangen ist.
- 28
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für das Berufungsverfahren und auf §§ 92 Abs. 1 ZPO, 100 Abs. 1 für den ersten Rechtszug einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens. Soweit letzteres und der Hauptsacheprozess nach Streitgegenstand und Parteien – wie hier - identisch sind, ergeht zwar in dem Hauptsachverfahren eine umfassende einheitliche Kostenentscheidung und eines besonderen Ausspruches in der Kostengrundentscheidung bedarf es dazu grundsätzlich nicht (vgl. Rauscher/Krüger-Schulz, MüKo ZPO, 5. Aufl., 2019, §§ 91 Rn. 28, 103 Rn. 55 m. w. N.); eine entsprechende Ergänzung ist aber jedenfalls unschädlich und kann erneutem Streit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens vorbeugen (vgl. zu einer solchen Tenorierung etwa OLG Celle, Urteil vom 12.07.2001, Az.: 22 U 124/00; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.2015, Az.: 23 U 91/14; siehe auch OLG Naumburg, Urteil vom 30.12.2011, Az.: 10 U 10/11, Rn. 49, zur klarstellenden Ergänzung in der Berufungsentscheidung, jeweils zitiert nach juris).
- 29
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
- 30
IV. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
- 31
V. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 43 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO. Maßgeblich war der Hauptforderungsbetrag des bezifferten Zahlungsantrages der Kläger, dessen Abweisung der Beklagte (auch) im Umfang seiner erstinstanzlich erfolgten Verurteilung mit seinem Rechtsmittel erstrebte. Damit ergab sich die hier angenommene Gebührenstufe.
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