Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 6 U 36/16

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.1.2016 in Bezug auf die Entscheidung über die Widerklage (Ziff. 4 der Urteilsformel) wie folgt abgeändert:

Die Kläger werden im Wege der Widerklage verurteilt, an die Beklagte als Gesamtschuldner 52.428,04 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Bewilligung der Löschung der als Sicherheit für das Darlehen in Abteilung III, …, eingetragenen Grundschuld in Höhe von Euro 190.000, mit 15 % Zinsen jährlich. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung der Kläger und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

______________________________________

Streitwert in beiden Rechtszügen: bis 95.000 EUR.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit und die Folgen des Widerrufs zweier durch Grundschulden gesicherter Darlehensverträge, die die Kläger zur Finanzierung ihres Eigenheims im Jahr 2008 mit der Beklagten geschlossen hatten.
1.
Zwischen den Parteien kam am 5.3.2008 ein Darlehensvertrag (Nr. …375) über einen Nettokredit von 60.000 EUR und am 17.3.2008 ein weiterer Darlehensvertrag (Nr. …935) über einen Nettokredit von 130.000 EUR zustande. Die den Darlehensverträgen beigefügten Widerrufsbelehrungen enthalten zum Beginn der Widerrufsfrist und zu finanzierten Geschäften in Auszügen folgende Hinweise:
Widerrufsrecht
[…] Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.[…]
Widerrufsfolgen
[…]
Finanzierte Geschäfte
Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgehen und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. […]
Im Jahr 2012 lösten die Kläger das Darlehen mit der Endnummer 935 vorzeitig ab. Nachdem sie den Vertrag zunächst gekündigt hatten, schlossen sie mit der Beklagten am 2./6.7.2012 eine Aufhebungsvereinbarung (Anlage B3), in deren Vollzug sie am 20.7.2012 an die Beklagte ein Aufhebungsentgelt in Höhe von 13.962,94 EUR zahlten.
10 
Mit Schreiben vom 29.8.2014 (Anl. K2-1) machte der Prozessbevollmächtigte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, dass beide Darlehensverträge wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrungen noch widerruflich seien. In Bezug auf den Darlehensvertrag mit der Endnummer 935 erklärte er namens der Kläger den Widerruf und forderte die Beklagte auf, die geleistete Vorfälligkeitsentschädigung bis 12.9.2014 zu erstatten. Hinsichtlich des Darlehensvertrages mit der Endnummer 375 enthält das Schreiben keine Widerrufserklärung, vielmehr wurde der Beklagten insoweit ein Vergleichsangebot unterbreitet. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 8.9.2014 eine außergerichtliche Einigung ab (Anl. K 13-2).
11 
Daraufhin richteten die Kläger am 18.9.2014 eine Deckungsanfrage an ihren Rechtsschutzversicherer. Nach Korrespondenz zur Höhe des Gegenstandswertes erteilte der Versicherer am 4.12.2014 zunächst nur eine Deckungszusage für die außergerichtliche Rechtsverfolgung. Mit Schreiben vom 9.1.2015 äußerte sich der Versicherer abschließend zum Umfang des gewährten Deckungsschutzes. Durch Anwaltsschreiben vom 15.1.2015 erfolgte daraufhin auch der Widerruf des noch laufenden Darlehensvertrages. Die Beklagte wurde aufgefordert, bis zum 29.1.2015 die Löschungsbewilligung für die als Sicherheit bestellte Grundschuld zu erteilen und schriftlich anzuerkennen, dass über die Restvaluta des Darlehens hinaus aus dem Darlehensvertrag keine weiteren Ansprüche bestehen. Zug um Zug gegen Erfüllung dieser Ansprüche boten die Kläger in dem Schreiben die Rückzahlung offener Restvaluta in Höhe von 56.244,88 EUR an. Weitere Zahlungen wurden unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung erbracht.
12 
Mit der Klage machen die Kläger geltend, die Verträge seien wirksam widerrufen und begehren in Bezug auf das Darlehen mit der Endnummer 935 die Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 13.962,94 EUR zuzüglich Verzugszinsen seit dem 13.9.2014 sowie weitere 1.406,20 EUR nebst Prozesszinsen als Nutzungsentschädigung für die geleistete Vorfälligkeitsentschädigung auf der Basis einer Verzinsung mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. In Bezug auf den Darlehensvertrag mit der Endnummer 375 begehren sie die Feststellung, dass der Vertrag wirksam widerrufen wurde sowie die weitere Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des nach dem Widerruf des Darlehensvertrages seitens der Kläger geschuldeten Rückabwicklungssaldos in Annahmeverzug befinde.
13 
Die Beklagte macht geltend, die Widerrufsbelehrung sei wirksam, weil sie gemäß § 14 BGB-InfoV Vertrauensschutz genieße. In Bezug auf das Darlehen mit der Endnummer 935 stehe bereits die getroffene Aufhebungsvereinbarung dem Widerruf entgegen. Im Übrigen verstoße die Ausübung des Widerrufsrechts gegen Treu und Glauben und erfülle insbesondere den Tatbestand der Verwirkung.
14 
Hinsichtlich des Darlehens mit der Endnummer 375 hat die Beklagte hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Widerruf für wirksam hält, die Aufrechnung erklärt und zwar gegenüber einem Anspruch der Kläger auf Rückzahlung erbrachter Zinsleistungen mit dem Anspruch auf Wertersatz für die Überlassung der Darlehensvaluta und gegenüber dem Anspruch der Kläger auf Rückzahlung von erbrachten Tilgungsleistungen mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta. Ferner hat sie sich mit einer Hilfswiderklage verteidigt, die unter der Bedingung erhoben ist, dass das Gericht den Feststellungsantrag zur Wirksamkeit des Widerrufs des Darlehens mit der Endnummer 375 für begründet hält. Gerichtet ist die Hilfswiderklage auf die Erstattung der unter Berücksichtigung der weiteren Zahlungen zum 1.7.2015 offenen Darlehensvaluta (54.871,02 EUR) nebst Verzugszinsen seit dem 15.10.2014.
15 
Die Kläger haben die Abweisung der Widerklage beantragt. Sie berufen sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der gestellten Sicherheit. Da sich die Beklagte in Annahmeverzug befinde, könne sie nach dem Widerruf keinen Wertersatz für die Überlassung des Darlehens verlangen. Auch Verzugs- oder Prozesszinsen schuldeten sie wegen des Annahmeverzugs der Beklagten nicht.
16 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.9.2015 vor dem Landgericht hat der Klägervertreter der Beklagten die Zahlung der restlichen Darlehensvaluta in Höhe von 54.871,02 EUR angeboten.
17 
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
2.
18 
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Beide Darlehensverträge seien von den Klägern wirksam widerrufen worden, ohne dass dies gegen Treu und Glauben verstoße.
19 
In Bezug auf das abgewickelte Darlehen stehe die vereinbarte Vertragsaufhebung dem Widerruf nicht entgegen. Die Beklagte schulde deshalb die Erstattung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung (13.962,94 EUR) nebst Verzugszinsen seit dem 13.9.2014 sowie eine Nutzungsentschädigung in Höhe von lediglich 656,83 EUR, da die Kläger nur eine Verzinsung mit zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beanspruchen könnten.
20 
Hinsichtlich des noch nicht abgewickelten Darlehens hat das Landgericht festgestellt, dass sich der Vertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis gewandelt hat. Soweit die Kläger die weitere Feststellung beantragt haben, die Beklagte befinde sich in Annahmeverzug, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die Kläger – obwohl zur Vorleistung verpflichtet – ihre Leistung von der Rückgabe der Sicherheiten abhängig gemacht hätten. Entsprechend hat das Landgericht die Kläger auf die Hilfswiderklage vorbehaltlos zur Zahlung von 54.871,02 EUR nebst Verzugszinsen seit 15.2.2015 unter Abweisung des weitergehenden Zinsanspruchs verurteilt.
3.
21 
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihren Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs weiter und begehren die Abweisung der Hilfswiderklage. Sie meinen, die Hilfswiderklage sei bereits nicht schlüssig, weil die Beklagte bei der Berechnung den von ihr geschuldeten Nutzungswertersatz nicht berücksichtigt habe. Der Betrag, den das Landgericht der Beklagten zuerkannt habe, sei zu hoch. Ihren Anspruch auf Wertersatz für die Nutzungen, die die Beklagte aus den Annuitäten auf das Darlehen mit der Endnummer 375 bis zum Widerruf am 15.1.2015 gezogen habe, haben die Kläger mit 2.753,32 EUR beziffert. Die Kläger haben in der Berufungsbegründung die Aufrechnung mit dem Rückgewähranspruch der Kläger gegen denjenigen der Beklagten erklärt. Zudem müssten die weiteren von einschließlich 30.3.2015 bis 30.12.2016 quartalsweise geleisteten Zahlungen von jeweils 897,14 EUR berücksichtigt werden. Auch insoweit ist die Aufrechnung erklärt. Unzutreffend sei zudem die Annahme des Landgerichts, nach Widerruf schuldeten sie der Beklagten noch Wertersatz für das noch nicht zurückgeführte Darlehen. Dem stehe entgegen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befunden habe und sie sich deshalb auch nicht in Schuldnerverzug befunden hätten. Allenfalls könne die Beklagte nach dem Widerruf eine Verzinsung in marktüblicher Höhe verlangen, die maximal 2,45 % betrage. Danach bestehe zum 7.3.2017 nur noch ein Schuldsaldo in Höhe von 49.685,72 EUR. Im Übrigen schuldeten sie Zahlungen allenfalls Zug um Zug gegen Freigabe der Grundschuld.
22 
Die Kläger beantragen:
23 
I. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart – 6 O 77/15 –, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.9.2015 am 28.1.2016 verkündet, wird
24 
1. festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des nach dem Widerruf des Darlehensvertrages mit der Nr. …375 über 60.000 EUR vom 5.3.2008 seitens der Kläger geschuldeten Rückabwicklungssaldos in Annahmeverzug befindet.
25 
2. die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen.
26 
II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
27 
Die Beklagte beantragt:
28 
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.1.2016 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
29 
1. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
30 
2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Widerruf der Kläger zu dem Darlehensverhältnis Konto-Nr. …375 für wirksam hält und dem Klageantrag Nr. 2 aus der Klageschrift vom 23.4.2015 stattgibt:
31 
Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 54.871,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.10.2014 zu bezahlen.
32 
II. Die Berufung der Kläger wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
33 
Sie will mit ihrer Berufung weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.2.2017 – XI ZR 467/15 – hält sie die Feststellungsklage wegen Vorrangs einer Leistungsklage für unzulässig. Im Falle der erklärten Aufrechnung bestehe erst recht kein Feststellungsinteresse, zumal die Kläger sich gegen die Hilfswiderklage verteidigen könnten.
34 
Die Beklagte wiederholt und vertieft in der Sache ihr erstinstanzliches Vorbringen und betont, dass nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Verwirkungseinwand begründet sei, wenn der Darlehensvertrag auf Wunsch des Darlehensnehmers vorzeitig beendet und das Darlehen abgelöst sei. Mehr als zwei Jahre nach Ablösung des Darlehens habe sie nicht mehr mit einem Widerruf rechnen müssen. In Bezug auf den noch laufenden Darlehensvertrag hätten sich die Kläger zudem widersprüchlich verhalten, da sie trotz der seit August 2014 bestehenden Kenntnis von dem Widerrufsrecht den Vertrag vorbehaltlos weiter bedient hätten.
35 
Soweit das Landgericht der Hilfswiderklage stattgegeben hat, seien die Angriffe der Kläger unbegründet. Die Kläger hätten in erster Instanz den offenen Saldo ausdrücklich unstreitig gestellt. Bereits in erster Instanz sei dargelegt worden, dass den Klägern der erst mit der Berufung geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen nicht zustehe. Zudem unterliege ein Anspruch auf Nutzungsherausgabe der Kapitalertragssteuer, so dass die Beklagte davon 25 % Kapitalertragsteuer und 5,5 % Solidaritätszuschlag an die Steuerbehörden abführen müsste. Zu berücksichtigen sei, dass ihr auch nach Widerruf noch ein Anspruch auf Wertersatz zustehe. Zutreffend sei auch das Landgericht davon ausgegangen, dass die Kläger gemäß §§ 357 Abs. 1, 286 Abs. 3 BGB in Verzug geraten seien. Da ein wörtliches Angebot ohnehin unzureichend sei und die Kläger ihre Leistung trotz bestehender Vorleistungspflicht nur Zug um Zug gegen Freigabe der Grundschuld angeboten hätten, sei sie auch nicht in Annahmeverzug geraten.
36 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
37 
Der Senat hat mit Beschluss vom 16.2.2017 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.
II.
38 
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Wirksamkeit des Widerrufs des Darlehensvertrages vom 17.3.2008 über 130.000 EUR (Nr. …935) und die daraus vom Landgericht abgeleiteten Folgen wendet.
1.
39 
Den Klägern stand bei Erklärung des Widerrufs am 29.8.2014 noch ein Widerrufsrecht gemäß § 495 BGB zu, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung noch nicht abgelaufen war (§ 355 Abs. 2 BGB) und die vorzeitige Beendigung des Vertrages dem Widerruf nicht entgegensteht.
a)
40 
Maßgeblich sind die bei Abschluss des Vertrages geltenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über Verbraucherverträge nach den Änderungen durch das OLG - Vertretungsänderungsgesetz vom 23.7.2002 (BGBl. I S. 2850) in der bis zum 10.6.2010 gültigen Fassung (Art 229 § 9 Abs.1 Nr.2 und § 22 Abs. 2 EGBGB).
b)
41 
Eine Widerrufsbelehrung genügt nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn sie den Hinweis enthält, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 564/15, Rn. 18; v. 9.12.2009 - VIII ZR 219/08 Rn. 13, 15; v. 29.04.2010 - I ZR 66/08 Rn. 21; v. 1.12.2010 - VIII ZR 82/10 Rn. 12; v. 2.2.2011 - VIII ZR 103/10 Rn. 14; v. 28.06.2011 - XI ZR 349/10 Rn. 34).
c)
42 
Die Widerrufsbelehrung ist nicht gemäß § 14 Abs. 1 der BGB-InfoV als gesetzeskonform zu behandeln, da die Beklagte den Text der Musterbelehrung einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat.
43 
aa) Ein Unternehmer kann die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Erfolg geltend machen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Greift der Unternehmer hingegen in das ihm zur Verfügung gestellte Muster durch eigene Bearbeitung ein, tritt die Wirkung des § 14 Abs.1 BGB-InfoV nicht ein und zwar unabhängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen Änderungen (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 564/15 ; v. 28.6.2011 - XI ZR 349/10 Rn. 37 ff.; v. 9.12.2009 - VIII ZR 219/08; v. 1.3.2012 - III ZR 83/11; v. 18.3.2014 - II ZR 109/13).
44 
bb) Die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung entspricht nicht vollständig dem Muster und wurde einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, weil der Belehrungstext unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ als „Sammelbelehrung“ ausgestaltet ist und damit von den Vorgaben des Gestaltungshinweises Nr. 9 der Musterbelehrung abweicht. Kombiniert der Darlehensgeber in seiner Belehrung über verbundene Verträge den allgemein geltenden Hinweis zum Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit mit der Information über die besonderen Kriterien des Verbunds beim finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts, stellt dies einen Eingriff in die Musterbelehrung dar, der die Schutzwirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV entfallen lässt (BGH v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15 Rn. 27).
d)
45 
Der Umstand, dass die Parteien den Darlehensvertrag einvernehmlich beendet haben, steht dem späteren Widerruf nicht entgegen. Die Beendigung des Vertragsverhältnisses und die beiderseits vollständige Leistungserbringung lässt das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers nicht entfallen (BGH v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15 Rn. 28; v. 24.11.2009 - XI ZR 260/08; v. 7.5.14 - IV ZR 76/11; v. 29.7.15 - IV ZR 384/14, Rn. 30). Als Rechtsgrund für die ausgetauschten Leistungen besteht das durch den Vertrag begründete Rechtsverhältnis fort und kann auch nach Beendigung noch widerrufen werden. Durch die Aufhebungsvereinbarung wurde auch kein selbständiger, von den ursprünglichen Vertragsbeziehungen losgelöster Schuldgrund geschaffen, der durch den Widerruf nicht berührt wäre. Der Annahme, dass mit der Aufhebungsvereinbarung ein neuer Schuldgrund geschaffen wurde, der das Widerrufsrecht der Kläger abschneiden würde, steht zudem entgegen, dass die Bestimmungen des Verbraucherkreditrechts zum Schutz des Verbrauchers halbzwingend sind (§ 506 Abs.1 BGB).
2.
46 
Es stellt keinen Rechtmissbrauch (§ 242 BGB) dar, dass die Kläger den Widerruf erst im Jahr 2014 erklärt haben.
47 
Selbst wenn der Widerruf des Verbrauchers von dem Motiv getragen ist, sich nach langer Zeit wegen des gegenwärtig niedrigen Zinsniveaus von dem Darlehensvertrag zu lösen, steht das der Ausübung des Widerrufsrechts nicht entgegen. Da das Gesetz es dem freien Willen des Verbrauchers überlässt, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (BGH v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15 Rn. 23).
48 
Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, wie gravierend der Mangel der Widerrufsbelehrung war und ob er sich im Fall des Klägers überhaupt konkret ausgewirkt hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Wirksamkeit des Widerrufs nicht voraus, dass der Mangel der Belehrung ursächlich dafür war, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Das Gesetz knüpft unabhängig davon, ob der Verbraucher durch die unzureichende Belehrung tatsächlich einer Fehlvorstellung über das Bestehen und die Modalitäten der Ausübung eines Widerrufsrechts unterlag, allein an die objektive Gesetzeswidrigkeit der Widerrufsbelehrung die Sanktion eines nicht befristeten Widerrufsrechts des Verbrauchers. Entscheidend ist, dass die erteilte Belehrung generell - ohne Rücksicht auf die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers im Einzelfall - geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (BGH v. 23.6.2009 - XI ZR 156/08 Rn.25). Das Widerrufsrecht besteht selbst dann, wenn feststeht, dass der Widerruf auch bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht rechtzeitig ausgesprochen worden wäre, weil andernfalls das Ziel des Gesetzes unterlaufen würde, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht anzuhalten (BGH v. 13.1.1983 - III ZR 30/82).
49 
Es stellt danach keinen Rechtsmissbrauch dar, sondern ist von der Ausgestaltung des Widerrufsrechts durch das Gesetz und die höchstrichterliche Rechtsprechung gedeckt, wenn ein Verbraucher dieses Recht nach längerer Zeit ausübt, obwohl er nicht konkret durch den Mangel der Belehrung an der fristgerechten Ausübung gehindert war. Genauso wenig handelt er missbräuchlich, wenn er, nachdem er von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangt hat, eine mittlerweile eingetretene Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Anlass nimmt, sich durch Widerruf von dem nachteilhaft gewordenen Vertrag zu lösen (Senat v. 24.11.2015 - 6 U 140/14; v. 6.10.2015 - 6 U 148/14).
3.
50 
Unter den gegebenen Umständen des hier zu entscheidenden Einzelfalles können auch die Voraussetzungen einer Verwirkung des Widerrufsrechts (§ 242 BGB) nicht festgestellt werden (so bereits Senat v. 24.1.2017 – 6 U 96/16 zu einem vergleichbaren Fall).
a)
51 
Der Einwand der Verwirkung kommt auch gegenüber dem Widerrufsrecht gemäß § 495 BGB in Betracht und setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Das Widerrufsrecht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15; v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15 Rn. 40; v. 12.7.2016 - XI ZR 564/15 Rn. 37). Der bloße Zeitablauf vermag den Vorwurf, der Kläger handle illoyal, nicht zu begründen (vgl. BGH v. 18.10.2004 - II ZR 352/02, Rn. 24).
b)
52 
Zwar ist angesichts des Vertragsschlusses im Jahr 2008 ein erhebliches Zeitmoment gegeben. Der vorliegende Sachverhalt rechtfertigt aber nicht die Feststellung, dass sich die Beklagte wegen der Untätigkeit der Kläger über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten durfte, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen würden.
53 
aa) Dass die Kläger das Darlehen bis zu dessen vorzeitiger Ablösung vertragsgemäß bedient haben, macht den Widerruf nicht treuwidrig. Allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers kann der Unternehmer ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher werde seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden, und zwar ungeachtet der Frage, wie gewichtig der Fehler ist, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führt. Das Risiko, dass ein Fehler der Widerrufsbelehrung erst nachträglich aufgedeckt wird, trägt nicht der Verbraucher, sondern die Bank. Die Bank wird dadurch nicht unbillig belastet. Es ist ihr während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar, durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (BGH v. 12.7.2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39-41).
54 
Solange der Darlehensnehmer selbst nicht davon ausgeht, den Vertrag widerrufen zu dürfen, liegt in der Vertragserfüllung auch kein widersprüchliches Verhalten (vgl. dazu Senat v. 6.12.2016 - 6 U 95/16, juris).
55 
bb) Auch wenn berücksichtigt wird, dass der Darlehensvertrag auf Wunsch der Kläger vorzeitig einvernehmlich beendet wurde, steht hier nicht fest, dass die Beklagte darauf vertrauen durfte, die Kläger würden den Darlehensvertrag nicht mehr widerrufen.
56 
(1) Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Nachbelehrung nach Vertragsbeendigung nicht mehr sinnvoll möglich ist (BGH v. 11.10.2016 XI ZR 482/15 Rn. 30; v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15 Rn. 41), kann bei einem beendeten Darlehensvertrag das Vertrauen des Darlehensgebers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrages auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (BGH v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15 Rn. 41; v. 11.10.2016 XI ZR 482/15 Rn. 30).
57 
Auch bei einem vorzeitig abgelösten Darlehen ist aber der vom Bundesgerichtshof formulierte Obersatz anzuwenden, wonach eine Verwirkung nur in Betracht kommt, wenn sich aus dem Sachverhalt besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände ergeben, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGH v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15; v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15 Rn. 40; v. 12.7.2016 - XI ZR 564/15 Rn. 37). Dass bereits die auf Wunsch des Darlehensnehmers erfolgte vorzeitige Beendigung des Vertrages dieses notwendige Tatbestandsmerkmal ausfüllen soll, ergibt sich aus den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht.
58 
(2) Die Feststellung, dass die Beklagte aus dem gesamten Verhalten der Kläger den Schluss ziehen durfte, von dem auch nach Vertragsbeendigung fortbestehenden Widerrufsrecht werde kein Gebrauch mehr gemacht, kann der Senat im vorliegenden Fall nicht treffen. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Vertrag auf Wunsch der Kläger vorzeitig abgewickelt wurde, rechtfertigte das Verhalten der Kläger aus Sicht der Beklagten nicht die Annahme, sie würden ein bestehendes Widerrufsrecht nicht mehr ausüben.
59 
Diesen Schluss konnte die Beklagte aus dem Verhalten der Kläger nicht ziehen, weil sie damit rechnen musste, dass den Klägern ihr Widerrufsrecht bei Ablösung des Kredits und auch in der Zeit danach nicht bekannt war. Für die Beklagte bestand kein Anlass, zu unterstellen, dass die Kläger das Bestehen eines Widerrufsrechts geprüft oder auch nur in Betracht gezogen haben. Aus der maßgeblichen Sicht der Bank ist das Fortbestehen des Widerrufsrechts für den Verbraucher gerade dann nicht ohne weiteres erkennbar, wenn die Widerrufsbelehrung - wie hier - den Anschein der Richtigkeit und Vollständigkeit erweckt (BGH v. 12.7. 2016 - XI ZR 564/15 Rn. 40). Es gab für die Beklagte auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Kläger seien insoweit rechtlich beraten gewesen.
60 
Zwar ist der Einwand der Verwirkung nicht generell ausgeschlossen, wenn dem Berechtigten sein Recht nicht bekannt ist (BGH v. 16.3.2007 - V ZR 190/06; v. 27.6.1957 - II ZR 15/56). Soweit die Verwirkung aber an das Tatbestandsmerkmal geknüpft wird, dass der Verpflichtete aus dem Verhalten des Berechtigten das Vertrauen geschöpft hat, dieser werde sein Recht nicht mehr ausüben, spricht es gegen die Annahme dieses Vertrauenstatbestandes, wenn der Schuldner davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (vgl. BGH v. 15.9.1999 - I ZR 57/97, Rn. 24; Grüneberg in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 242 Rn. 95 und Rn. 107). Denn wenn aus Sicht der Beklagten zu unterstellen war, dass die Kläger die Aufhebungsvereinbarung geschlossen und erfüllt haben, ohne einen Widerruf überhaupt in Erwägung gezogen zu haben, gab es keinen Grund für die Annahme, die Kläger übten ihr Widerrufsrecht derzeit bewusst nicht aus und würden deshalb davon auch künftig keine Gebrauch machen. Es gab auch keine aus dem Verhalten der Kläger abzuleitenden Anhaltspunkte dafür, dass sie mutmaßlich auch dann nicht widerrufen würden, wenn sie von ihrem Gestaltungsrecht später Kenntnis erlangen würden. Die Beklagte musste vielmehr in Rechnung stellen, dass die Bereitschaft der Kläger, den Kredit gegen ein Aufhebungsentgelt vorzeitig zurückzuzahlen, Ausdruck der Vorstellung war, an den Vertrag unwiderruflich gebunden zu sein. Das Verhalten der Kläger war demnach hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit eines späteren Widerrufs vollkommen neutral, und die Beklagte konnte sich dadurch nicht in der Annahme bestärkt sehen, ein Widerruf werde nicht mehr erklärt. Insofern hatte das Versprechen der Kläger, mit der Vorfälligkeitsentschädigung das Interesse der Beklagten an der weiteren Erfüllung des Vertrages auszugleichen, in Bezug auf die Frage, ob sie ihr Widerrufsrecht noch ausüben würden, hier keine weitergehende Aussagekraft als ihr vertragstreues Verhalten während der Vertragslaufzeit, das – wie oben ausgeführt – den Einwand der Verwirkung für sich genommen nicht zu begründen vermag.
61 
Es fehlt deshalb an auf dem Verhalten der Kläger beruhenden Umständen, die ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten hätten begründen können. Wurde aber bei der Beklagten kein den Klägern aufgrund ihres Verhaltens zurechenbares Vertrauen geweckt, ist der Vorwurf, die Kläger würden sich wegen des späten Widerrufs illoyal verhalten, ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht gerechtfertigt.
62 
Anders könnte der Fall etwa zu beurteilen sein, wenn die Beklagte aus dem Verhalten der Kläger hätte schließen dürfen, dass ihnen die Möglichkeit des Widerrufs bekannt sei. Hätten die Kläger vor diesem Hintergrund die vorzeitige Beendigung des Vertrages gewünscht und wären sie nach Ablösung des Kredits längere Zeit untätig geblieben, könnte der Schluss der Beklagten, mit einem Widerruf müsse nicht mehr gerechnet werden, nach den weiteren Umständen des Falles berechtigt sein. So liegt der Fall indes nicht.
c)
63 
Es kann offenbleiben, ob der Einwand der Verwirkung ohne Rücksicht auf einen konkreten Vertrauenstatbestand berechtigt sein kann, wenn dem Verpflichteten während der Zeit der Untätigkeit des Berechtigten und als deren Folge ein unzumutbarer Nachteil entstanden ist.
64 
Das kommt in Betracht, weil die beiderseits vollständige und beanstandungsfreie Vertragsabwicklung dazu führen kann, dass der Gläubiger eines Rückabwicklungsanspruchs auf die Belange des Schuldners ausnahmsweise Rücksicht nehmen muss, etwa wenn die Rückabwicklung existenzgefährdende Auswirkungen hat (BGH v. 29.7. 2008 - XI ZR 387/06 Rn. 18 zu einem Bereicherungsanspruch). Dem Sachvortrag der Beklagten kann aber nicht entnommen werden, dass sie sich in der Erwartung, der Vertrag habe Bestand, so eingerichtet hat, dass ihr ein unzumutbarer Nachteil entstanden wäre. Die Tatsache, dass der Darlehensgeber die Ansprüche des Darlehensnehmers aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis erfüllen muss, ist die regelmäßige gesetzliche Konsequenz des Widerrufs und stellt deshalb keinen unzumutbaren Nachteil dar (BGH, v. 12.7.2016 - XI ZR 564/15 zum Rechtsmissbrauch). Es kann offen bleiben, ob sich aus einer Freigabe der für das Darlehen bestellten Sicherheiten ein Nachteil ergeben kann, denn die Beklagte hat die Grundschuld im Hinblick auf das weitere, noch laufende Darlehen behalten.
65 
Da hier weder festzustellen ist, dass die Beklagte schutzwürdiges Vertrauen in das Unterbleiben des Widerrufs bilden durfte, noch ein unzumutbarer Nachteil dargetan ist, kann auch die Frage auf sich beruhen, ob ein solcher Nachteil ein notwendiges Merkmal des Verwirkungstatbestandes ist - wovon der Senat bislang ausgegangen ist (vgl. zuletzt Senat v. 27.9.2016 - 6 U 46/16 -, Rn. 77 und 84 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen) - oder ob es sich dabei lediglich um einen der Gesichtspunkte handelt, die im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung für das Eingreifen der Verwirkung sprechen können.
4.
66 
Das Landgericht hat die Rechtsfolgen des Widerrufs zutreffend beurteilt.
a)
67 
Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben die Kläger einen Anspruch auf Erstattung des Aufhebungsentgelts in Höhe von 13.962,94 EUR (§§ 357 Abs.1 S.1, 346 BGB) nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe seit 13.9.2014 (§§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB). Das im Zuge der vorzeitigen einvernehmlichen Ablösung gezahlte Aufhebungsentgelt ist eine Leistung in Erfüllung einer sich aus dem Darlehensvertrag ergebenden Verpflichtung mit der Folge, dass es im Falle eines wirksamen Widerrufs der Darlehensverträge als empfangene Leistung nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren ist (BGH v. 11.10.2016 – XI ZR 482/15, Rn. 33).
b)
68 
Ferner schuldet die Beklagte den nicht um einen Steuerabzug geminderten Wertersatz für gezogene Nutzungen in Höhe von 656,83 EUR (§§ 346 Abs. 1 und 2 BGB) sowie die hierauf vom Landgericht gemäß §§ 291, 288 BGB zuerkannten Prozesszinsen.
69 
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schuldet der Darlehensgeber als Folge des wirksamen Widerrufs eines Verbraucherdarlehens die Herausgabe der Nutzungen, die er aus überlassenen Zins- und Tilgungsraten gezogen hat (BGH v. 22.9.2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7; 12.1.2016 - XI ZR 366/15, Rn. 18 ff.). Bei Immobiliardarlehensverträgen ist widerleglich zu vermuten, dass diese Nutzungen der Höhe nach einer Verzinsung mit zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entsprechen (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 564/15, Rn. 58). Da die Kläger nur die Nutzungen aus der Vorfälligkeitsentschädigung herausverlangen, muss nicht entschieden werden, ob der Darlehensgeber auch dann zur Herausgabe von Nutzungen aus der zurückbezahlten Valuta verpflichtet ist, wenn die Vertragsparteien abweichend vom Vertrag eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens vereinbart und damit die Rückabwicklung insoweit vorweggenommen haben.
70 
Das Landgericht hat den Nutzungsersatz danach auf einer zutreffenden Berechnungsgrundlage ermittelt. Der vorliegende Darlehensvertrag war durch ein Grundpfandrecht gesichert und die Konditionen entsprachen unstreitig dem Marktüblichen, sodass es sich um einen Immobiliardarlehensvertrag gemäß § 492 Abs. 1a S.2 BGB handelt, bei dem mit einer Verzinsung mit zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu rechnen ist. Fehler der Berechnung sind nicht ersichtlich und werden von den Parteien auch nicht geltend gemacht.
71 
bb) Der Betrag ist nicht um eine möglicherweise anfallende Kapitalertragssteuer zu kürzen. Unterstellt, die Nutzungen unterliegen der Steuer, lässt das Abzugsverfahren gemäß §§ 43 Abs.1, 44 Abs. 1 S. 3 EStG als besondere Art des Besteuerungsverfahrens den vertraglichen Anspruch auf Zahlung unberührt. Die besondere Form der Steuererhebung ändert nichts daran, dass der Bruttobeitrag geschuldet ist und die Forderung in vollem Umfang gerichtlich durchsetzbar bleibt (Senat v. 24.11.2016 - 6 U 140/14 in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Lohnanspruch: BGH v. 21.4.1966 – VII ZB 3/66; BAG, v. 7.3.2001 – GS 1/00, Rn. 13; ferner BGH v. 17.7.2001 – X ZR 13/99, Rn. 10 zum umsatzsteuerlichen Abzugsverfahren).
III.
72 
In Bezug auf den Darlehensvertrag vom 5.3.2008 über 60.000 EUR mit der End-Nr. 375 wendet sich die Beklagte erfolglos gegen die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat. Auf die Berufung der Kläger ist das Urteil des Landgerichts nur insofern abzuändern, als der Saldo aufgrund der weiter in den Rechtsstreit eingeführten Ansprüche neu zu berechnen ist und ein Zurückbehaltungsrecht der Kläger in Bezug auf die Freigabe der gestellten Grundschuld anzuerkennen ist.
1.
73 
Die auf diesen Vertrag bezogenen Feststellungsanträge der Kläger sind teilweise unzulässig.
a)
74 
Der nach seinem Wortlaut auf die Wirksamkeit des Widerrufs gerichtete Feststellungsantrag ist in der Auslegung durch das Landgericht gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
75 
aa) Das Landgericht hat den Antrag der Kläger, die Wirksamkeit des Widerrufs festzustellen, zutreffend dahin ausgelegt, dass Gegenstand der begehrten Feststellung die Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis ist.
76 
Den Inhalt des Klagebegehrens hat das Gericht durch Auslegung zu bestimmen. Dabei ist nicht allein der Wortlaut des Antrags maßgebend, sondern auch die Begründung der Klage. Wegen des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör ist im Zweifel das als gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der erklärenden Partei entspricht (BGH v. 17.6.2016 – V ZR 272/15, Rn.9 f.; v. 21.6.2016 – II ZR 305/14, Rn. 12 m.w.N.).
77 
Zwar ist die Wirksamkeit des Widerrufs selbst kein statthafter Gegenstand einer Feststellungsklage, weil es sich dabei nur um eine Vorfrage für die Rechtsfolgen handelt, die sich aus dem Widerruf ergeben (BGH v. 29.9.2009 – XI ZR 37/08). In der Klage kommt aber hinreichend zum Ausdruck, dass es den Klägern darum geht, die an einen wirksamen Widerruf unmittelbar geknüpfte Rechtsfolge feststellen zu lassen. Die beantragte Feststellung, dass der Vertrag wirksam widerrufen wurde, stellt lediglich eine abgekürzte Ausdrucksweise dieses Begehrens dar.
78 
Die unmittelbare Folge der Ausübung des Widerrufsrechts ist nicht die Aufhebung des Darlehensvertrages, sondern seine inhaltliche Umgestaltung mit den sich aus den §§ 357, 346, 347 BGB ergebenden Rechtsfolgen (BGH v. 13.4.2011 – VIII ZR 220/10; v. 17.3.2004 – VIII ZR 265/03; v. 10.7.1998 – V ZR 360/96; v. 14.3.2000 - X ZR 115/98; Senat v. 6.10.2015 – 6 U 148/14). Das Landgericht ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellungsklage auf diese Rechtsfolge gerichtet ist.
79 
Selbst wenn anzunehmen wäre, dass das Landgericht die Grenzen der Auslegung überschritten und den Klägern damit entgegen § 308 ZPO etwas anderes als beantragt zugesprochen hätte, wäre auch in diesem Fall der Entscheidung im Berufungsverfahren der vom Landgericht angenommene Gegenstand der Feststellungsklage zugrunde zu legen. Denn es wäre davon auszugehen, dass sich die Kläger den Inhalt des Urteils durch ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung zu eigen gemacht haben (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 308 ZPO, Rn. 7).
80 
bb) Mit diesem Inhalt ist die Feststellungsklage statthaft. Das ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO der Fall, wenn die beantragte Feststellung auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis der Parteien gerichtet ist. Ein solches Rechtsverhältnis kann ein einzelner Anspruch sein, der aus einem Vertrag als umfassendem Rechtsverhältnis abgeleitet wird. Aber auch der Vertrag selbst stellt ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO dar. Eine Feststellungsklage kann deshalb insbesondere auch auf die Wirksamkeit oder den Bestand eines Vertrages (BGH v. 27.5.2008 - XI ZR 132/07, Rn. 48; v. 29.9.1999 – XII ZR 313/98, Rn. 44) oder dessen Inhalt (z. B. BGH v. 18.10.2000 - XII ZR 179/98) gerichtet werden. Gegenstand der Feststellungsklage kann darüber hinaus die Frage sein, welcher Art oder Natur ein unstreitig bestehendes Vertragsverhältnis ist (RGZ 144, 54; Becker-Eberhard, ZPO, 5. Aufl., § 256 Rn.11; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rn. 22). In diesem Sinne hat der Senat eine Feststellungsklage wie die vorliegende bisher dahin interpretiert, dass der klagende Darlehensnehmer rechtskräftig geklärt wissen will, ob der unstreitig geschlossene Darlehensvertrag unverändert fortbesteht oder ob er durch den Widerruf seine Natur gewandelt hat und fortan nicht mehr auf die wechselseitige primäre Vertragserfüllung, sondern gemäß §§ 357, 346 BGB als Rückabwicklungsschuldverhältnis besteht.
81 
Nach Sinn und Zweck eines Antrags, der auf die Feststellung der Art eines Vertragsverhältnisses gerichtet ist, verfolgt der Kläger damit das Rechtsschutzziel, eine präjudiziell wirkende richterliche Feststellung zu erreichen, um dem Beklagten gegenüber gerade die sich aus der behaupteten Vertragsart ergebenden Rechte geltend machen zu können (RGZ 144, 54, 57). Im Zweifel ist dabei anzunehmen, dass sich das über den eigentlichen Streitgegenstand hinausreichende Interesse des Klägers auf sämtliche ihm günstigen Rechtsfolgen bezieht, die sich aus der behaupteten Natur des Rechtsverhältnisses ergeben. Die dem Darlehensnehmer günstigen Rechtsfolgen, die sich daraus ergeben, dass der Darlehensvertrag durch den Widerruf in das Stadium der Rückabwicklung übergeht, liegen zum einen in der Entstehung von Erstattungsansprüchen gemäß §§ 357, 346 BGB. Weiter bewirkt die Umwandlung des Vertrages, dass die Verpflichtung der Vertragsparteien entfällt, die noch ausstehenden Primärleistungen zu erbringen (BGH v. 10.7.1998 – V ZR 360/96 –, Rn. 10; Gaier in Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl., vor § 346 Rn.3). Steht rechtskräftig fest, dass der Darlehensvertrag nur noch als Rückabwicklungsschuldverhältnis fortbesteht, steht auch fest, dass der Darlehensgeber keine primäre Erfüllung des Darlehensvertrages mehr beanspruchen kann. Darüber hinaus führt die Begründung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses dazu, dass die Schuld des Darlehensnehmers auf Rückzahlung der offenen Valuta sofort erfüllbar ist, was im Hinblick auf eine notwendige Umschuldung und die dazu erforderliche Freigabe der Sicherheiten von wesentlicher Bedeutung sein kann.
82 
Gegenstand der Feststellungsklage ist danach das Vertragsverhältnis selbst und sind nicht die daraus folgenden Einzelansprüche, hinsichtlich derer die Rechtskraft des beantragten Feststellungsurteils lediglich präjudiziell wirkt. Dass der Bestand des Rückabwicklungsschuldverhältnisses insofern eine Vorfrage darstellt, ändert nichts an der Einordnung als Rechtsverhältnis, das einer Feststellungsklage zugänglich ist und an dessen Feststellung der Darlehensnehmer angesichts der vielfältigen Rechtswirkungen des Widerrufs nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats auch ein berechtigtes Interesse hat (anders wohl die Auslegung im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.1.2017 – XI ZR 183/15 Rn. 17: „Da die Kläger (…) der Sache nach die Feststellung des Bestehens von Leistungspflichten nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zum Gegenstand ihrer Feststellungsklage gemacht haben (…)“).
83 
cc) Ob angesichts der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an der oben beschriebenen Auslegung der Klage festzuhalten ist, kann hier offen bleiben, weil ein berechtigtes Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung auch auf der Grundlage des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 24.1.2017 – XI ZR 183/15 – zu bejahen ist.
84 
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH v. 13.1.2010 – VIII ZR 351/08, Rn. 12). Da die Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet, liegen diese Voraussetzungen vor.
85 
Dem Rechtsschutzbedürfnis steht nicht der Vorrang einer Leistungsklage entgegen. Dieser greift ein, wenn hinsichtlich des positiv festzustellenden Anspruchs bereits die Leistungsklage zulässig ist, der Kläger also dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (BGH v. 3.7.2002 – XII ZR 234/99 Rn. 8). Es kann offen bleiben, ob sich das durch Auslegung zu bestimmende Rechtsschutzziel der Kläger wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen deckt und deshalb eine Leistungsklage dieses Rechtsschutzziel erschöpfen würde, was der Bundesgerichtshof bei einer Klage auf Feststellung der Umwandlung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis als regelmäßig gegeben ansieht (BGH v. 24.1.2017 – XI ZR 183/15 Rn. 15). Denn der Vorrang der Leistungsklage gilt nur, solange die Erstattungsansprüche des Darlehensnehmers nicht durch eine Aufrechnung erloschen sind (BGH v. 24.1.2017 – XI ZR 183/15 Rn. 13).
86 
Sowohl die Beklagte als auch die Kläger haben während des Rechtsstreits die Aufrechnung mit den gegenseitigen Ansprüchen aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis erklärt, wodurch unstreitig ein Schuldsaldo zugunsten der Beklagten begründet wurde. Soweit die Kläger eine Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage, in welcher Höhe dieser Saldo besteht, durch eine negative Feststellungsklage herbeiführen könnten, schließt diese Möglichkeit jedenfalls unter den gegebenen Umständen die positive Feststellungsklage nicht aus. Denn im Rahmen der von der Beklagten erhobenen Hilfswiderklage ist die Höhe der Zahlungsansprüche ohnehin zu klären. Zu entscheiden ist über diese Hilfswiderklage aber nur dann, wenn der Feststellungsklage stattgegeben wird, sodass die Erhebung der Hilfswiderklage das Feststellungsinteresse der Kläger nicht entfallen lässt. Jedenfalls in dieser Konstellation bleibt die Feststellungsklage auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig (BGH v. 24.1.2017 – XI ZR 183/15 Rn. 16).
b)
87 
Nicht statthaft ist die Feststellungsklage allerdings, soweit sie auf einen Verzug der Beklagten mit der Annahme des nach dem Widerruf des Darlehensvertrages seitens der Kläger geschuldeten Rückabwicklungssaldos gerichtet ist.
88 
Zwar können auch einzelne Rechte und Pflichten, die sich aus einem Rechtsverhältnis ergeben, zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Beim Verzug des Gläubigers oder des Schuldners handelt es sich nicht um ein Rechtsverhältnis, sondern um eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen und damit lediglich um eine Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Statthaft ist die Klage auf Feststellung des Annahmeverzugs nur in dem Ausnahmefall, dass sie mit einer Klage auf eine Zug um Zug zu erfüllende Leistung verbunden wird, um den für die Zwangsvollstreckung erforderlichen Nachweis des Annahmeverzuges bereits im Erkenntnisverfahren zu erlangen (BGH v. 19.11.2014 – VIII ZR 79/14 Tz. 23; v. 31.5.2000 – XII ZR 41/98 Tz. 22 ff.; v. 19.4.2000 – XII ZR 332/97). Eine solche Leistungsklage haben die Kläger nicht erhoben.
2.
89 
In der Sache hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass sich der Darlehensvertrag vom 5.3.2008 über 60.000 EUR aufgrund des Widerrufs in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat. Den Klägern stand ein Widerrufsrecht gemäß § 495 BGB zu, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung noch nicht abgelaufen war (§ 355 Abs. 2 BGB). Die Ausübung des Widerrufsrechts verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)
a)
90 
Die erteilte Widerrufsbelehrung genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Insoweit kann auf die Ausführungen unter II. 1. a) bis d) Bezug genommen werden.
b)
91 
Die Ausübung des Widerrufsrechts ist nach den Umständen des vorliegenden Falles nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig (§ 242 BGB).
92 
aa) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH v. 12.7.2016 - XI ZR 564/15, Rn. 43, m. w. N.). Eine Rechtsausübung kann insbesondere unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, v. 7.5.2014 - IV ZR 76/11, Rn. 40; v. 15.11.2012 - IX ZR 103/11, Rn. 12; v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15 -, Rn. 20).
93 
Bezogen auf den Widerruf eines Verbraucherdarlehens kommt dies in Betracht, wenn der Darlehensnehmer in Kenntnis seines Widerrufsrechts und trotz der aus seiner Sicht bestehenden Lösungsmöglichkeit vom Vertrag diesen zunächst vorbehaltlos weiter bedient hat, um dann im Widerspruch hierzu aus der Widerruflichkeit des Vertrages doch noch Rechtsfolgen abzuleiten, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die das Zuwarten mit dem Widerruf und die vorbehaltlose Weiterzahlung im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung vernünftig und nachvollziehbar erscheinen lassen (Senat v. 6.12.2016 - 6 U 95/16; v. 7.2.2017 – 6 U 40/16)
94 
bb) Dass die Kläger bereits seit August 2014 Kenntnis von der Widerruflichkeit des noch laufenden Darlehens hatten und auf dieses auch nach der endgültigen Ablehnung einer vergleichsweisen Einigung durch die Beklagte am 30.9.2014 und 30.12.2014 noch weitere Annuitäten zahlten, bis sie am 15.1.2015 schließlich den Widerruf erklärten, stellt angesichts der weiteren Umstände kein widersprüchliches Verhalten dar. Auf Grundlage der gebotenen objektiven Betrachtung bestanden besondere Umstände, die das Zuwarten mit dem Widerruf und die vorbehaltlose Weiterzahlung im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung vernünftig und nachvollziehbar erscheinen lassen.
95 
Nachdem die Beklagte eine außergerichtliche Einigung endgültig abgelehnt hatte, war der Widerruf aus Sicht der Kläger nur unter der Prämisse sinnvoll, dass das Widerrufsrecht und seine Folgen auch gerichtlich durchgesetzt werden können. Angesichts der damit verbundenen Kostenfolgen ist es deshalb nachvollziehbar, dass sie ihre Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrecht aufgeschoben haben, bis die Kostenübernahme durch den Rechtsschutzversicherer geklärt war. Hinzukommt, dass die Kläger bis zum Widerruf lediglich zwei weitere Raten in Höhe von jeweils 897,14 EUR gezahlt haben.
c)
96 
Die Ausübung des Widerrufsrechts stellt sich nicht als rechtsmissbräuchlich dar und erfüllt nicht den Tatbestand der Verwirkung (§ 242 BGB).
97 
Wegen des Einwands des Rechtsmissbrauchs kann auf die obigen Ausführungen unter II. 2. Bezug genommen werden.
98 
Auch der Tatbestand der Verwirkung ist nicht gegeben, weil der Darlehensgeber bei einem laufenden Darlehensvertrag allein aufgrund der Vertragserfüllung durch den Verbraucher kein schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden kann, der Verbraucher werde seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden. Es ist ihm während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar, durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (BGH v. 12.7.2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39-41).
99 
Es ist zwar denkbar, dass den Interessen des Darlehensgebers im Einzelfall Vorrang gebührt und er schutzwürdig ist, obwohl er eine Belehrung erteilt hat, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat und er auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine Nachbelehrung zu erteilen (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15 Rn. 41). Solche besonderen Umstände liegen hier aber nicht vor. Insbesondere ergeben sie sich nicht daraus, dass die Kläger bereits seit August 2014 von der Widerruflichkeit wussten und den Widerruf erst im Januar 2015 erklärt haben. Grundsätzlich kann sich aus der Tatsache, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht kennt, den Vertrag aber gleichwohl erfüllt, ein schutzwürdiges Vertrauen des Darlehensgebers ergeben, der Verbraucher werde von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen. Die Verwirkung setzt aber voraus, dass sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin darauf eingerichtet hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 501/15, Rn. 40).
100 
Nach den hier vorliegenden Umständen ist der Zeitraum zwischen der Kenntniserlangung von dem Widerrufsrecht und der Widerrufserklärung, in dem sich die Beklagte auf deren Ausbleiben einrichten konnte, zu kurz, um den Vorwurf einer illoyal verspäteten Rechtsausübung zu begründen. Aus Sicht der Beklagten war in Rechnung zu stellen, dass die Kläger nach der endgültigen Zurückweisung des Widerrufs am 8.9.2014 einen gewissen Zeitraum benötigen würden, das weitere Vorgehen zu klären, etwa eine Anschlussfinanzierung zu finden oder die Prozessfinanzierung zu regeln. Dass die Kläger hierfür etwas mehr als vier Monate benötigt haben, überschreitet den Rahmen des Üblichen nicht in einer Weise, dass die Beklagte sich hätte darauf einrichten dürfen, der Widerruf würde nicht mehr erklärt.
3.
101 
Die Hilfswiderklage, die wegen der begründeten Feststellungsklage zur Entscheidung anfällt, ist zulässig und zu dem im Berufungsverfahren maßgeblichen Sach- und Streitstand in Höhe von 52.428,04 EUR begründet, allerdings nur Zug um Zug gegen Freigabe der als Sicherheit bestellten Grundschuld.
a)
102 
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Widerrufsfolgen gemäß §§ 357 Abs.1, 346 BGB schuldet der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine bereits erfolgte (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB die Herausgabe von Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Dem stehen die Ansprüche des Darlehensnehmer auf Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen (§ 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB) und von Nutzungsersatz (§ 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB) wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber (BGH v. 22.9.2015 – XI ZR 116/15; v. 16.1.2016 – XI ZR 366/15).
b)
103 
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der von ihr behauptete Schuldsaldo nicht als unstreitig der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Unstreitig war in erster Instanz lediglich die Berechnung des Saldos zum 1.7.2015 unter der Prämisse, dass der Beklagten auch nach dem Widerruf noch Wertersatz für die Kapitalüberlassung zusteht. Das haben die Kläger jedoch in Abrede gestellt.
c)
104 
Soweit die Kläger meinen, die Hilfswiderklage sei bereits deshalb von Anfang an unschlüssig gewesen und sei dies noch, weil die Beklagte die ihnen gegenüber bestehende Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen nicht anspruchsmindernd berücksichtigt habe, trifft dies nicht zu. Der Widerruf hat keine automatische Saldierung der wechselseitigen Ansprüche zur Folge. Eine Verrechnung erfolgt erst aufgrund einer Aufrechnungserklärung einer der Vertragsparteien (BGH v. 12.1.2016 – XI ZR 366/15 Rn. 16). Eine Aufrechnung mit ihrem Anspruch auf Nutzungsersatz haben die Kläger erst im Berufungsverfahren erklärt, sodass die Beklagte dies bei ihrer Widerklage nicht berücksichtigen musste (zu den Folgen dieser Aufrechnung unten).
d)
105 
Im Hinblick darauf, dass die von beiden Parteien erklärte Aufrechnung gemäß § 389 BGB auf den Zeitpunkt des Widerrufs zurückwirkt (BGH v. 12.1.2016 – XI ZR 366/15 Rn. 16), bildet der Schuldsaldo der Kläger zu diesem Stichtag (15.1.2015) den Ausgangspunkt der weiteren Berechnung. Dabei hat die Rückwirkung nach § 389 BGB die weitere Konsequenz, dass auch Folgeansprüche nachträglich wegfallen, die sich in der Zeit zwischen dem Widerruf und der Aufrechnungserklärung aus der Nichterfüllung von gemäß § 389 BGB ganz oder teilweise erloschenen Ansprüchen der Kläger auf Erstattung von Zins- und Tilgungsleistungen oder der Beklagten auf Rückzahlung der Valuta ergeben haben. Denn die Regelung des § 389 BGB schützt das Vertrauen des Schuldners, im Umfang der ihm selbst zustehenden Forderung von seinem Gläubiger nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Deshalb entzieht § 389 BGB den Rechtsfolgen, die an das Unterbleiben der Leistung nach Entstehen der Aufrechnungslage anknüpfen, die Grundlage (Staudinger/Gursky (2016) BGB § 389, Rn. 21).
106 
Zutreffend und von den Parteien nicht angegriffen geht das Landgericht davon aus, dass sich der Anspruch der Beklagten auf Wertersatz für die Kapitalüberlassung bis zum Widerruf und der Anspruch der Kläger auf Erstattung geleisteter Zinsen infolge der (Hilfs-)Aufrechnung der Beklagten gegenseitig aufheben, weil der vereinbarte Marktzins unstreitig marktüblich war (§ 346 Abs. 2 S. 2 BGB). Die weitere Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung der Valuta gegen die Forderung der Kläger auf Erstattung erbrachter Tilgungsleistungen, führt dazu, dass zum Stichtag des Widerrufs noch ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung restlicher Valuta besteht. Nach dem unstreitigen Parteivortrag betrug die Darlehensrestschuld zum 30.12.2014 noch 55.339,94 EUR. Unter Berücksichtigung des Wertersatzanspruchs der Beklagten in Höhe des Vertragszinses bis einschließlich 15.1.2015 waren noch 55.461,23 EUR offen.
e)
107 
Davon in Abzug zu bringen ist infolge der Aufrechnung der Kläger der ungekürzte Betrag der von der Beklagten bis zum Widerruf aus Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger gezogenen Nutzungen in Höhe von 1.310,31 EUR, sodass noch von einem Kapitalsaldo zum 15.1.2015 zugunsten der Beklagten von 54.150,92 EUR auszugehen ist.
108 
aa) Die in der Berufungsbegründung der Kläger erklärte Aufrechnung ist nach § 533 ZPO zulässig. Sie kann auf Tatsachen gestützt werden, die dem Berufungsurteil ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen sind (§ 533 Nr. 1 ZPO). Der zugrunde liegende Sachverhalt war von den Klägern bereits in erster Instanz vorgetragen und ist auch unstreitig; im Streit ist lediglich die rechtliche Beurteilung des Anspruchs. Die Zulassung der Aufrechnung erweist sich auch zur Erledigung der zwischen den Parteien bestehenden Streitpunkte unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie als sachdienlich (§ 533 Nr. 2 ZPO).
109 
bb) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, ein Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen sei insgesamt ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Darlehensnehmer Nutzungsersatz aus § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB sowohl für überlassene Zins- als auch Tilgungsleistungen beanspruchen (BGH v. 12.1. 2016 – XI ZR 366/15; v. 22.9.2015 – XI ZR 116/15). Da der Bundesgerichtshof die dagegen angeführten Argumente nicht für durchgreifend erachtet hat, wendet der Senat diese Grundsätze im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung beim Widerruf nicht vorzeitig abgewickelter Darlehensverträge an.
110 
cc) Ungeachtet der Frage, ob die Nutzungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Kapitalertragssteuer unterliegen, können die Kläger mit dem vollen Betrag ihrer Forderung aufrechnen.
111 
Soweit das KG Berlin eine Aufrechnungslage unter Hinweis auf arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur umgekehrten Konstellation der Aufrechnung durch den zum Steuerabzug verpflichteten Arbeitgeber verneint, weil es an der Gegenseitigkeit gleichartiger Ansprüche fehle (KG Berlin v. 20.2.2017 – 8 U 31/16, Rn. 86 m.w.N.), vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.
112 
Die aufgerechneten Ansprüche sind jeweils auf eine Geldzahlung gerichtet und damit gleichartig. Unterschiede in den Leistungsmodalitäten stehen der Annahme der Gleichartigkeit der Forderungen nicht entgegen (Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Aufl., § 387 Rn. 8). Die Aufrechnung ist demnach nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Kläger nur an die Beklagte leisten dürfen, während diese im Falle der Steuerbarkeit der Kapitalerträge – aber auch im Hinblick auf eine insoweit zweifelhafte Rechtslage – befugt ist, die Erfüllung teilweise auch durch Zahlung an die Steuerbehörden zu bewirken.
113 
Auch die nach § 387 BGB notwendige Gegenseitigkeit der Forderungen ist gegeben. Die Kläger sind Gläubiger der Forderung auf Herausgabe gezogener Nutzungen. Ihnen fehlt auch nicht die Empfangszuständigkeit bzw. die Befugnis, die Forderung in vollem Umfang einzuziehen. Wie bereits oben ausgeführt, müssten sie auch eine Zahlungsklage im Umfang der abzuführenden Steuer nicht auf Zahlung an das Finanzamt richten, denn das Besteuerungsverfahren lässt den vertraglichen Anspruch auf Zahlung unberührt. Die besondere Form der Steuererhebung ändert nichts daran, dass der Bruttobeitrag geschuldet ist und die Forderung in vollem Umfang gerichtlich durchsetzbar bleibt. Auch in der Zwangsvollstreckung aus einem solchen Urteil kann der Gläubiger den gesamten Betrag beitreiben (BGH v. 21.4.1966 – VII ZB 3/66; BAG, v. 7.3.2001 – GS 1/00, Rn. 13). Könnten die Kläger den vollen Forderungsbetrag auch im Wege der Zwangsvollstreckung erlangen, ist kein Grund ersichtlich, warum sie die Erfüllung ihrer Forderung nicht auch im Wege der Aufrechnung bewirken können sollen.
114 
Die Wirksamkeit der Aufrechnung in voller Höhe hat auch für die Beklagte keine unzumutbaren Folgen. Eine Haftung der Beklagten wegen der nicht abgeführten Steuer ist gemäß § 44 Abs. 5 S. 1 EStG nur dann gegeben, wenn es sich als zumindest grob fahrlässiger Verstoß gegen die Pflicht die Steuer abzuführen darstellten würde, dass sie damit im Hinblick auf den offenen Prozessausgang abgewartet hat (vgl. Lindberg in Blümich, EStG, 135. Aufl., § 44 Rn. 26).
115 
dd) Da es sich auch bei diesem Vertrag um einen Immobiliardarlehensvertrag handelt, ist widerleglich zu vermuten, dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die der Höhe nach einer Verzinsung mit zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entsprechen (BGH v. 12.7.2016 – XI ZR 564/15, Rn. 58). Auf dieser Basis haben die Kläger einen Anspruch auf Nutzungswertersatz in Höhe von 1.310,31 EUR errechnet. Die Beklagte hat diese Berechnung nicht in Zweifel gezogen.
116 
Da der Anspruch mit dem Widerruf entstanden ist, wirkt die Aufrechnung auf den Stichtag 15.1.2015 zurück und reduziert den Saldo, sodass zu diesem Zeitpunkt noch 54.150,92 EUR an Valuta offen waren.
f)
117 
Ausgehend von dem zum Zeitpunkt des Widerrufs bestehenden Schuldsaldo führt die Berücksichtigung der nach dem Widerruf entstandenen Ansprüche zu einer Restschuld der Kläger in Höhe von 52.428,04 EUR.
118 
aa) Dabei sind die von den Klägern zur Aufrechnung gebrachten Ansprüche auf Erstattung der nur unter Vorbehalt auf den Vertrag bis 30.12.2016 quartalsweise weiter gezahlten Annuitäten in Höhe von jeweils 897,14 EUR zu berücksichtigen, wobei im Ergebnis offen bleiben kann, ob sich die Anspruchsgrundlage aus § 346 Abs. 1 BGB oder aus § 812 Abs.1 S.1 BGB ergibt (für letzteres BGH, v. 21.2.2017 – XI ZR 398/16, Rn. 3).
119 
bb) Soweit sich die mit der Widerklage geltend gemachte Forderung der Beklagten dadurch reduziert, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihre Klage für die Zeit nach Widerruf ergänzend auf ihren Anspruch auf Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 S.1 Nr. 1 und S. 2 BGB) stützt.
120 
(1) Dieser Anspruch der Beklagten besteht auch nach dem Zeitpunkt des Widerrufs bis zur Beendigung der Gebrauchsüberlassung durch die vollständige Rückführung der Valuta.
121 
Soweit der Bundesgerichtshof annimmt, der Anspruch auf Erstattung von Leistungen, die der Darlehensnehmer nach dem Widerruf erbracht hat, falle nicht in das Rückgewährschuldverhältnis gemäß §§ 346 ff. BGB, sondern sei nach Bereicherungsrecht zu beurteilen (BGH, v. 21.2.2017 – XI ZR 398/16, Rn. 3), lässt sich dies nicht dahin verallgemeinern, dass auf die wechselseitigen Ansprüche für den Zeitraum nach Widerruf insgesamt die Vorschriften über eine ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) anzuwenden wären. Der Wertersatzanspruch ist in seiner Entstehung § 346 Abs. 2 BGB zuzuordnen, denn bei der Kapitalüberlassung handelt es sich um eine Leistung, die in Vollzug des noch nicht widerrufenen Vertrages erbracht wurde. Die bis 31.12.2001 geltende Regelung des § 361a Abs. 2 S. 6 BGB a.F., wonach der Wert einer Gebrauchsüberlassung lediglich bis zu dem Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufs zu vergüten war, wurde im Rahmen der Schuldrechtsreform nicht übernommen. Das hier anwendbare Recht enthält keine Anhaltspunkte für eine solche Zäsur, weshalb davon auszugehen ist, dass der mit dem Rückabwicklungsschuldverhältnis begründete Anspruch auf Wertersatz für eine Gebrauchsüberlassung nach § 346 Abs. 2 S.1 Nr. 1 und S. 2 BGB erst dann erlischt, wenn die Gebrauchsüberlassung durch Vollzug der Rückabwicklung in Form der Rückgabe des überlassenen Gegenstandes endet. Das entspricht auch dem geltenden § 357a Abs. 3 S. 1 BGB (vgl. Masuch in Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 357 Rn 36; ebenso KG Berlin v. 6.10.2016 – 8 U 228/15, Rn. 104; OLG Karlsruhe v. 10.2.2016 – 17 U 77/15, Rn. 43; OLG Frankfurt, v. 27.4.2016 – 23 U 50/15, Rn. 75; OLG Brandenburg v. 1.6.2016 – 4 U 125/15, Rn. 131; OLG Düsseldorf v. 17.1.2013 - 6 U 64/12 Tz.37).
122 
Der Konsequenz, dass der Darlehensgeber den Vertragszins verlangen kann, obwohl der Vertrag widerrufen ist, kann der Darlehensnehmer entgehen, indem er den Darlehensgeber in geeigneter Weise in Annahmeverzug setzt. Denn danach schuldet er allenfalls in Anwendung des § 302 BGB die Herausgabe tatsächlich gezogener Gebrauchsvorteile, etwa in Form ersparter Zinsen wegen der Verzögerung der beabsichtigten Umschuldung. Einem vollständigen Wegfall der Zinszahlungspflicht gemäß § 301 BGB dürfte in diesem Fall entgegenstehen, dass der Schuldner durch diese Regelung entlastet, aber nicht bereichert werden soll (BGH, v. 25.10.1957 – I ZR 25/57; Hager in: Erman, BGB, 14. Aufl., § 301, Rn. 1)
123 
(2) Im vorliegenden Fall greift diese Wirkung allerdings nicht ein, denn die Beklagte ist nicht in Annahmeverzug geraten. Zu Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, dass angesichts der widersprüchlichen Einlassung der Kläger auf die Hilfswiderklage der Beklagten nicht von einem ernstlichen Angebot der Kläger auf Rückzahlung der offenen Valuta ausgegangen werden kann.
124 
Annahmeverzug tritt nur dann ein, wenn der Schuldner tatsächlich bereit ist, die angebotene Leistung zu erbringen (Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Aufl., § 293 Rn. 9). Trotz der im Schreiben vom 15.1.2015 und in der mündlichen Verhandlung vorbehaltlos angebotenen Zahlung haben die Kläger durch ihr weiteres Prozessverhalten zum Ausdruck gebracht, dass ihnen die notwendige Leistungsbereitschaft fehlte. Denn sie haben bereits in erster Instanz die vollständige Abweisung der Hilfswiderklage beantragt. Auch ihre Berufung haben sie nicht darauf beschränkt, dass eine Zahlung nur Zug um Zug gegen Freigabe der Grundschuld erfolgen müsse. Vielmehr machen sie mit der Berufung geltend, die Hilfswiderklage sei insgesamt abzuweisen, weil die Beklagte den von ihr geschuldeten Nutzungsersatz nicht von sich aus in Abzug gebracht habe, wobei sie einen von der Beklagten nicht geschuldeten Nutzungsersatz in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für sich beanspruchen. Entsprechend beantragen sie nach wie vor die vollständige Abweisung der Hilfswiderklage. Das belegt, dass sie gegenwärtig nicht leistungsbereit sind und rechtfertigt den vom Landgericht gezogenen Schluss, dass auch den zuvor abgegebenen wörtlichen Angeboten die Ernstlichkeit fehlte, weil sie nicht von der Bereitschaft getragen waren, den angebotenen Zahlungsbetrag ungekürzt auszugleichen.
125 
cc) Infolge der Aufrechnung der Kläger mit ihren Ansprüchen auf Erstattung der nach dem Widerruf geleisteten Annuitäten, sind diese Ansprüche wegen § 389 BGB jeweils zum Zeitpunkt ihrer Entstehung mit dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Schuldsaldo zu verrechnen, der sich aus der bestehenden Darlehensrestschuld und dem zwischenzeitlich aufgelaufenen Vertragszins als Wertersatz ergibt. Nachdem die Kläger eine Verrechnung gemäß der Tilgungsreihenfolge nach §§ 396 Abs. 2, 367 BGB zunächst gegen den Anspruch der Beklagten auf Wertersatz und danach auf die Erstattung restlicher Valuta vorgenommen haben, ergibt sich die nachfolgende Berechnung, bei der zunächst die Verzinsung („Zinsen“) der zum 15.1.2015 offenen Darlehensrestschuld („Restschuld“) mit dem Vertragszins („Zinssatz“) für die Zeit zwischen dem 15.1.2015 bis zur nächsten Zahlung am 30.3.2015 („Zinslauf in Tagen“) ermittelt wird. Die errechneten Zinsen werden von der geleisteten Rate („Zahlung“) zur Ermittlung des zur Tilgung der Restschuld eingesetzten Betrags („Tilgung“) in Abzug gebracht. Die zum 15.1.2015 bestehende Restschuld um diese Tilgung gemindert ergibt die zum 30.3.2015 offene Restschuld. Entsprechend erfolgt die weitere Berechnung bis zum 7.3.2017, dem Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, was einen Anspruch der Beklagten in Höhe von 52.428,04 EUR ergibt:
126 
        
Zahlung
Zinslauf in Tagen
Zinssatz
Zinsen
Tilgung
Restschuld
15.01.2015
                                            
54.150,92
30.03.2015
897,14
74    
4,8%   
526,97
370,17
53.780,75
30.06.2015
897,14
92    
4,8%   
650,67
246,47
53.534,28
30.09.2015
897,14
92    
4,8%   
647,69
249,45
53.284,83
30.12.2015
897,14
91    
4,8%   
637,67
259,47
53.025,36
30.03.2016
897,14
91    
4,8%   
634,56
262,58
52.762,78
30.06.2016
897,14
92    
4,8%   
638,36
258,78
52.504,00
30.09.2016
897,14
92    
4,8%   
635,23
261,91
52.242,09
30.12.2016
897,14
91    
4,8%   
625,19
271,95
51.970,13
07.03.2017
0,00   
67    
4,8%   
457,91
0,00
52.428,04
127 
dd) Auf diesen Saldo schulden die Kläger weder Verzugs- noch Prozesszinsen. Neben dem der Beklagten bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung zuerkannten Anspruch auf Wertersatz für die Überlassung der Valuta stehen der Beklagten Verzugs- oder Prozesszinsen nicht zu. Auch der Kläger, der einen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen verfolgt, kann darüber hinaus nicht auch Verzugs- oder Prozesszinsen verlangen, denn diese sollen den Nachteil ausgleichen, der sich aus der Vorenthaltung des geschuldeten Gelbetrags ergibt (BGH v. 12.5.1998 – XI ZR 79/97, Rn. 29 zu Prozesszinsen). Das ist auf den Wertersatzanspruch gemäß § 346 Abs. 2 S. 1 Nr.1 BGB übertragbar, denn dieser schafft ebenfalls einen Ausgleich für die vom Darlehensnehmer erlangten Gebrauchsvorteile. Da die Beklagte gemäß § 497 Abs. 1 S. 2 BGB nur Verzugszins in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszins verlangen könnte, deckt der Vertragszins diesen Betrag hier auch vollständig ab.
g)
128 
Die Kläger sind zur Zahlung des Restsaldos nur Zug um Zug gegen Bewilligung der Löschung der als Sicherheit bestellten Grundschuld verpflichtet, da ihnen insofern ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zusteht (so bereits Senat v. 26.7.2016 – 6 U 226/15), das sie im Prozess und bereits im Schreiben vom 15.1.2015 (K2-2) geltend gemacht haben.
129 
Zwar haben die Kläger derzeit keinen fälligen Anspruch auf Rückgabe der Sicherheit, den sie der Beklagten entgegenhalten könnten, weil sich der Anspruch auf Rückgabe der Sicherheit aus der schuldrechtlichen Sicherungsabrede durch die Tilgung der gesicherten Forderung aufschiebend bedingt ist (BGH v. 5.11.1976 – V ZR 5/75; v. 13.5.1982 – III ZR 164/80) und die Sicherungsabrede auch ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung regelmäßig nicht nur die eigentlichen Erfüllungsansprüche erfasst, sondern auch diejenigen, die als typische Folgeansprüche für den Fall einer sich im Laufe der Vertragsabwicklung herausstellenden Unwirksamkeit des Vertrages entstehen und damit auch die Ansprüche des Darlehensgebers aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis (BGH v. 17.1.2017 – XI ZR 170/16 Rn. 7; v. 16.5.2006 – XI ZR 48/04, v. 28.10.2003 – XI ZR 263/02, v. 26.11.2002 – XI ZR 10/00). Aber ungeachtet der Tatsache, dass die aufschiebende Bedingung, unter der die Kläger Rückgabe der Sicherheiten verlangen können, noch nicht eingetreten ist, steht den Klägern ein Zurückbehaltungsrecht zu, da die Anwendung des § 273 BGB nicht voraussetzt, dass der Gegenanspruch schon vor Leistung des Schuldners besteht und fällig ist; es genügt, dass er mit der Leistung entsteht und fällig wird (BGH v. 17.1.2017 – XI ZR 170/16 Rn. 7 m.w.N.).
IV.
130 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs.1 S.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
131 
Die Revision wird im Hinblick die teilweise abweichende Entscheidung des KG Berlin vom 20.2.2017 – 8 U 31/16 – insgesamt zugelassen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen