Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 4 W 52/19

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers (...) wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 30.04.2019 (7 O 156/19) abgeändert:

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für zulässig erklärt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 7.000 EUR

Gründe

 
I.
Das klagende Land wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen eine vom Landgericht Stuttgart gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG ausgesprochene Rechtswegverweisung.
1.
Der hiesige Beklagte erhob beim Landgericht Stuttgart gegen das Land Baden-Württemberg eine Klage auf Feststellung von dessen Schadensersatzpflicht wegen behaupteter Amtspflichtverletzungen des Finanzamts Ludwigsburg im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Einkommens- und Umsatzsteuerforderungen (Az. 7 O 225/18). Die Parteien streiten insbesondere über die Wirkungen eines rechtskräftig bestätigten Insolvenzplans. Das Land ist der Auffassung, dieser hindere die Zwangsvollstreckung nicht, weil der hiesige Beklagte im Rahmen des über sein Vermögen eröffneten Insolvenzverfahrens vorsätzlich Vermögenswerte nicht oder in zu geringer Höhe angegeben habe. Das Land beruft sich auf eine Anfechtung seiner Zustimmung zum Insolvenzplan wegen arglistiger Täuschung und auf § 826 BGB.
Das Land hat Widerklage erhoben mit dem Hauptantrag, festzustellen, dass der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des hiesigen Beklagten bestätigte Insolvenzplan nichtig ist. Hilfsweise hat es die Feststellung beantragt, dass seine als lfd. Tabellenblatt-Nr. 26 und 30 festgestellten Forderungen nicht durch den Erlass- oder Verzichtsvertrag gemäß C. II. des Insolvenzplans ganz oder teilweise erloschen sind und die Durchsetzbarkeit dieser Forderungen durch den Insolvenzplan nicht beseitigt worden ist; höchst hilfsweise die Feststellung, dass der hiesige Beklagte aus dem Insolvenzplan gegen das Land keine Rechte herleiten kann, insbesondere sich nicht auf den Erlassverzichtsvertrag gemäß C. II. des Insolvenzplans und/oder die Vorschriften der §§ 254, 227 InsO berufen kann. Für die Einzelheiten der Antragstellung wird auf S. 2/3 des Beschlusses des Landgerichts vom 30.04.2019 (Az.: 7 O 156/19, Bl. 450 f.) verwiesen.
2.
Nach Gewährung rechtlichen Gehörs (S. 2 des Protokolls vom 14.03.2019, Bl. 398) hat das Landgericht mit Beschluss vom 08.04.2019 (Bl. 446 f.) gem. § 145 ZPO die Widerklage abgetrennt, die nunmehr unter dem Aktenzeichen 7 O 156/19 geführt wird und hat anschließend mit Beschluss vom 30.04.2019 (Bl. 449 ff.) für das Verfahren 7 O 156/19 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Finanzgericht Baden-Württemberg verwiesen (Tenor Ziff. 1 und 2, Bl. 449).
Zur Begründung hat es ausgeführt, bei dem die Widerklage betreffenden Rechtsstreit handle es sich um eine öffentlich-rechtliche Abgabenangelegenheit i. S. v. § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO, weil das Land diese Feststellungen beantrage, um sodann Steuerforderungen beitreiben zu können. Die Widerklageanträge stellten eine Zwischenfeststellungsklage i. S. v. § 256 Abs. 2 ZPO dar; das Land begehre einen rechtskräftigen Ausspruch über ein für die Hauptklage vorgreifliches Rechtsverhältnis. Es handle sich um eine Abgabeangelegenheit i. S. v. § 33 Abs. 2 FGO. Komme es auf der Stufe des Erhebungsverfahrens von Steuern zu Streitigkeiten, welche die Verwirklichung der Steueransprüche beträfen, entscheide darüber nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt, der die für die Beteiligten verbindliche Feststellung zum Inhalt habe, ob und inwieweit der festgesetzte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bereits verwirklicht (= erfüllt) oder noch zu verwirklichen sei. Ob ein Anspruch erloschen sei oder noch bestehe, sei mithin durch Abrechnungsbescheid und ggf. im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen diesen zu klären.
Die gestaltende Wirkung des Insolvenzplans nach §§ 227 Abs. 1, 254 Abs. 1 InsO führe nicht zu einem Erlöschen der Steuerforderungen i. S. v. § 47 AO, berühre also nicht deren Bestand, sondern hindere nur deren Durchsetzbarkeit.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sei auch die Nichtigkeit eines Insolvenzplans oder die Durchsetzbarkeit der von diesem erfassten Steuerforderungen durch Abrechnungsbescheid zu klären. Das Land könne sich nicht über das in der AO vorgegebene Verfahren hinwegsetzen und stattdessen eine Entscheidung vor den Zivilgerichten erwirken. Auch bürgerlich-rechtliche Vorfragen könnten von den Finanzgerichten entscheiden werden und dann nicht Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage sein. Für die im Insolvenzplan festgesetzte Forderung sei gem. § 251 Abs. 2 Satz 2 AO die Finanzbehörde nach Beendigung des Insolvenzverfahrens berechtigt, im Fall des § 257 AO im Verwaltungsrechtsweg zu vollstrecken. Dadurch habe der Gesetzgeber klargestellt, dass die nachinsolvenzrechtliche Beitreibung der festgestellten Steuerforderung nicht nach den Regeln des zivilprozessualen Vollstreckungsrechts erfolgen müsse, sondern im Verwaltungszwangsverfahren erfolgen könne. Diese müsse dann erst recht für den hier vorliegenden Fall der nachinsolvenzrechtlichen Beitreibung einer Insolvenzforderung aufgrund der behaupteten Nichtigkeit des Insolvenzplans oder der behaupteten fortbestehenden Durchsetzbarkeit von Forderungen gelten.
Einer Zwischenfeststellungsklage fehlte das Rechtsschutzbedürfnis, weil das Land sich durch Erlass eines Abrechnungsbescheids mit entsprechenden Feststellungen selbst einen entsprechenden Titel verschaffen könne.
Für die weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen auf S. 3 ff. des angefochtenen Beschlusses unter II. (Bl. 451 ff.) verwiesen.
3.
10 
Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 03.05.2019 (EB nach Bl. 455) zugestellten Beschluss wendet sich das Land mit seiner am 14.05.2019 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde (Bl. 456 ff.), der das Landgericht durch Beschluss vom 05.06.2019 (Bl. 474 ff.) nicht abgeholfen hat.
a)
11 
Zur Begründung bringt das Land im Wesentlichen vor, bei Rechtsstreitigkeiten zwischen den Insolvenzgläubigern und dem Insolvenzschuldner über die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit eines Insolvenzplans handle es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit i. S. v. § 13 GVG.
12 
Maßgebend sei der Gegenstand der Streitigkeit, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstelle. Der geltend gemachte Feststellungsanspruch sei bürgerlich-rechtlicher Natur, weil auf die Feststellung der Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit des Insolvenzplans gerichtet. In dem durch den Insolvenzplan begründeten Rechtsverhältnis stünden die Parteien nicht in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung. Im Insolvenzverfahren und auch dem Insolvenzplanverfahren sei der Fiskus einfacher Insolvenzgläubiger und „Gleicher unter Gleichen“ als Konsequenz des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 1 InsO). Auch beim Zustandekommen des Insolvenzplans sei der Fiskus „den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen“ der InsO unterstellt; das konkrete, streitige Rechtsverhältnis werde demzufolge durch Vertrag und nicht durch Verwaltungsakt gestaltet. Denn der Insolvenzplan sei ein Vertrag mit Doppelnatur (materiell-rechtlicher Vertrag und Prozessvertrag), und die aus dieser Doppelnatur abgeleiteten dogmatischen Rechtsfragen wie Zustandekommen und Rechtsbeständigkeit eines Plans, Planauslegung und Leistungsmodalitäten seien geradezu „Klassiker“ einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit, ebenso wie die Frage, ob der unter C. II. des Plans gefasste Erlassvertrag wirksam sei (Grundlage des streitigen Forderungsverzichts sei ein Erlassvertrag gemäß § 397 BGB und nicht ein Verwaltungsakt gemäß §§ 227 ff. AO); auch die §§ 254, 227 InsO und § 826 BGB seien Normen des Zivilrechts.
13 
Darauf, was das Land nach einem Erfolg der Feststellungsklage künftig beabsichtige („Durchsetzung von Steuerforderungen“), komme es nicht an, weil sich die Rechtswegzuständigkeit ausschließlich nach dem konkreten Klagantrag und dem konkreten Streitgegenstand richte. Abgesehen davon sei die Feststellungsklage nicht nur zur Durchsetzung von Steuerforderungen erhoben worden, sondern auch, um sich gegen die anhängige und ggf. noch weitere Amtshaftungsklagen zur Wehr zu setzen. Durch sie solle der Vorwurf, das Land habe sich unberechtigt über den bestätigten Insolvenzplan hinweggesetzt, endgültig widerlegt werden.
14 
Bei seinen Ausführungen zum Steuererhebungsverfahren verkenne das Landgericht, dass es mit der Widerklage nicht um die „Geltendmachung von Steuerforderungen aus dem Steuerschuldverhältnis“ gehe, denn das „zur Feststellung begehrte Rechtsverhältnis“ sei weder im Steuerfestsetzungs- noch Steuererhebungsverfahren begründet worden, sondern durch den Insolvenzplan.
15 
Während das materielle Steuerrecht durch die Regelungen der InsO nicht beeinflusst werde, gelte für das formelle Steuerrecht, also die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis und deren Durchsetzung nach Maßgabe der AO, der Grundsatz, dass das Insolvenzrecht dem Steuerrecht vorgehe (§ 251 Abs. 1 Satz 1 InsO). Grundsätzlich stünden die rechtsgestaltenden und abschließenden Regelungen des Insolvenzplans einer nachträglichen Änderung der Steuerfestsetzung entgegen. Die entscheidende Frage, ob dies auch im Fall eines rechtsmissbräuchlich erschlichenen Insolvenzplans gelte, ob er also auch in einem solchen Fall „die allein maßgebliche Grundlage für die gesamte Vermögens- und Haftungsabwicklung“ darstelle, beurteile sich nach den Vorschriften der Insolvenzordnung, während materielles Steuerrecht hierfür jedenfalls irrelevant sei.
16 
Für die Eröffnung des Zivilrechtswegs spreche auch das Kriterium der besonderen Sachnähe, dem nach der Rechtsprechung des BGH bei der Abgrenzung der Rechtswege besondere Bedeutung zukomme, denn die Insolvenzgerichte seien Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Hinzu komme, dass er sein Feststellungsbegehren auch auf die vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entwickelte Unzulässigkeit materieller Präklusionsregeln stütze (Bl. 155 f.); es wäre grotesk, die Frage, ob die Unzulässigkeit materieller Präklusionsregeln zur Nichtigkeit des Insolvenzplans führe oder ob diese mit Rechtskraft des Planbestätigungsbeschlusses geheilt werde, vom BFH und nicht vom BGH entscheiden zu lassen.
17 
Mit der Zuweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit werde auch eine nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermeidende unerwünschte Aufspaltung der Rechtswegzuständigkeit vermieden. Zu einer solchen käme es, wenn Klagen auf die Nichtigkeit eines Insolvenzplans von der jeweiligen Fachgerichtsbarkeit zu entscheiden wären. Die Anknüpfung an die Rechtsnatur der im Insolvenzverfahren vom jeweiligen Gläubiger angemeldeten Forderung sei mithin ungeeignet; das durch den Insolvenzplan zu allen Gläubigergruppen einheitlich begründete Rechtsverhältnis sei auch einheitlich dem bürgerlichen Recht zuzurechnen.
18 
Schließlich sprächen auch verfahrensökonomische Argumente gegen die Verweisung an das Finanzgericht, da die begehrten Feststellungen für die vom Beklagten im Verfahren 7 O 225/18 geltend gemachten Amtshaftungsansprüche vorgreiflich seien.
19 
Es fehle auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage, denn durch einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO könne die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des Insolvenzplans nicht rechts- bzw. bestandskräftig festgestellt werden.
b)
20 
Der hiesige Beklagte (frühere Widerbeklagte) hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert; vor Erlass des Verweisungsbeschlusses hat er wie das Land die Auffassung vertreten, für die Widerklage sei der ordentliche Rechtsweg und nicht der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet (S.  10 des Schriftsatzes vom 09.04.2019, Bl. 413).
II.
21 
Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist (§ 17a Abs.4 Satz 3 i. V. m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist für die im Verfahren 7 O 225/18 erhobene Feststellungswiderklage des Landes, die nach ihrer gem. § 145 ZPO erfolgten Abtrennung (weshalb der Senat das Aktivrubrum entsprechend geändert hat) „gewöhnliche“ Feststellungsklage mit dem widerklagenden Land als Kläger geworden ist (Vertauschung der Parteirollen, siehe Zöller-Greger, ZPO, 32. Aufl., § 145 Rn. 9; Thomas/Putzo-Seiler, ZPO, 40. Aufl., § 145 Rn. 5), der ordentliche Rechtsweg gegeben, weil es sich bei ihr um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit (Zivilsache) i. S. v. § 13 GVG und nicht um eine Streitigkeit in einer öffentlich-rechtlichen Abgabeangelegenheit i. S. v. § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO handelt:
1.
22 
Die Frage, ob eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit (Zivilsache) i. S. v. § 13 GVG vorliegt und damit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist, bestimmt sich nach der wahren Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klaganspruch hergeleitet wird, also nach der wahren Natur des geltend gemachten Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt und nicht, ob sich dieser auf eine zivilrechtliche (oder öffentlich-rechtliche) Anspruchsgrundlage beruft (BGHZ 67, 81 juris Rn. 36; BGHZ 108, 284 juris Rn. 8; BGH MDR 2009, 1885 = NVwZ 2009, 1054 Rn. 7; Zöller-Lückemann, a.a.O., § 17a GVG Rn. 4 m.w.N.). Dieser Grundsatz bestimmt nicht nur die Auslegung von § 13 GVG, sondern auch die der weiteren Rechtswegzuweisungen außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit wie etwa von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 51 Abs. 1 SGG (BGHZ 102, 280 juris Rn. 10; BGH MDR 2009, 1185 Rn. 7). Es ist mithin zu fragen, durch welche Rechtssätze der Sachverhalt entscheidend geprägt wird und welche Rechtssätze für die Beurteilung des Klagebegehrens in Anspruch genommen werden können (Zöller-Lückemann, ebenda).
a)
23 
Für die Abgrenzung zivilrechtlicher (bürgerlich-rechtlicher) Streitigkeiten von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (BGHZ 102, 280 juris Rn. 10; BGHZ 97, 312 juris Rn. 11; Zöller-Lückemann, a.a.O., § 17a GVG Rn. 6 m.w.N.). Auf das dem Rechtsstreit zugrunde liegende konkrete Rechtsverhältnis kommt es an, weil aus einem öffentlich-rechtlichen Grundverhältnis dem Privatrecht zuzurechnende Rechtsbeziehungen folgen können, wozu auch das durch Gleichordnung gekennzeichnete Prozessrechtsverhältnis gehören kann (BGHZ 78, 127 juris Rn. 13; Zöller-Lückemann, ebenda).
b)
24 
In Zweifelsfällen ist mit der Gesichtspunkt der Sachnähe heranzuziehen. Es sollen möglichst die Gerichte entscheiden, die für die betreffende Rechtsmaterie besondere Sachkunde besitzen (BGHZ 102, 343 juris Rn.18; BGHZ 67, 81 juris Rn. 33). Dieses Kriterium wird insbesondere dann bedeutsam, wenn öffentlich-rechtliche und bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnisses ineinander verzahnt sind; dann ist entscheidend, welches Rechtsverhältnis für die Entscheidung des Rechtsstreits im Mittelpunkt steht (Zöller-Lückemann, a.a.O., § 17a GVG Rn. 7, 8).
c)
25 
Schließlich sollte eine unerwünschte Aufspaltung der Rechtswegzuständigkeit vermieden werden (BGHZ 67, 81 juris Rn. 34).
2.
26 
In Anwendung dieser Grundsätze und Kriterien ist für die Feststellungsklage des Landes (abgetrennte Widerklage) der ordentliche Rechtsweg eröffnet, weil diese eine Zivilsache i. S. v. § 13 GVG zum Gegenstand hat:
a)
27 
Gegenstand des Hauptantrags wie der Hilfsanträge sind die Rechtsbeständigkeit des vom Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplans (Hauptantrag) bzw. von diesem ausgehende Wirkungen (Hilfsanträge: Beseitigung der Durchsetzbarkeit oder gar des Bestands der festgestellten Insolvenzforderungen des Landes durch Teil C. II. des Plans; Recht, des Beklagten, also früheren Insolvenzschuldners, sich auf die Wirkungen des Insolvenzplans, insbesondere gem. C. II. des Plans und/oder die §§ 254, 227 InsO, also die Befreiung des Insolvenzschuldners von den Restverbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern, zu berufen - siehe nur Uhlenbruck-Lüer/Streit, InsO, 15. Aufl., § 227 Rn. 3). Dabei handelt es seiner Natur nach um ein zivilrechtliches, der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuzuordnendes Rechtsverhältnis. Denn die den Sachverhalt entscheidend prägenden, für die Beurteilung der Feststellungsbegehren heranzuziehenden Rechtssätze sind solche des Insolvenzrechts (als Teil des Wirtschaftsprivatrechts) und des allgemeinen bürgerlichen Rechts, nicht solche des materiellen oder formellen Steuerrechts:
aa)
28 
Bei einem Insolvenzplan handelt es sich trotz der gerichtlichen Bestätigung nach Ansicht des Gesetzgebers um eine „...privatautonome, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Übereinkunft der mitspracheberechtigten Beteiligten über die Verwertung des haftenden Schuldnervermögens“ (BT-Drs. 12/2243 S. 91), was nahelegt, ihn als einen Vertrag zwischen dem Insolvenzschuldner und den Insolvenzgläubigern anzusehen (so MüKo InsO / Eidenmüller, 3. Aufl., § 217 Rn. 9, 13). Der Bundesgerichtshof sieht in ihm hingegen ein „spezifisch insolvenzrechtliches Instrument“, mit dem die Gläubigergesamtheit ihre Befriedigung aus dem Schuldnervermögen organisiere; die Gläubigergemeinschaft hat nicht aus freiem Willen zusammengefunden; sie sei vielmehr eine durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zusammengefügte Schicksalsgemeinschaft (ZIP 2014, 330 = NZI 2014, 262 Rn. 15 und 25 ZIP 2006, 39 = NZI 2006, 100 Rn. 15). Da der Wille eines einzelnen Gläubigers durch Mehrheitsentscheid überwunde werden könne, sei der Insolvenzplan kein Vertrag im herkömmlichen Sinne, auch wenn seine Annahme weitgehend auf dem Willen der Beteiligten beruhe (ZIP 2006, 39 Rn 15). In jedem Falle handelt es sich mithin um ein Rechtsinstitut, dessen Voraussetzungen, Zustandekommen (§§ 218 ff. InsO) und Wirkungen (§§ 254 ff. InsO, § 227 InsO) durch das Insolvenzrecht geregelt werden. Beim Insolvenzrecht handelt es sich aber um einen zentralen Teil des Wirtschaftsprivatrechts (siehe nur Uhlenbruck/Pape, a.a.O., § 4 Rn. 1) - und nicht des öffentlichen Rechts-, weshalb auch beim Insolvenzplan ergänzend allgemeine Regelungen und Grundsätze des bürgerlichen Rechts herangezogen werden können (vgl. nur BGH ZIP 2006, 39 Rn. 16 und ZIP 2015, 1346 Rn. 26 für die Auslegung des Insolvenzplans: Geltung von §§ 133, 157 BGB und den dazu entwickelten Grundsätzen; BGH ZIP 2018, 1142 Rn. 42; Anwendbarkeit von § 158 Abs. 1 BGB; Nerlich/Römermann-Braun, a.a.O., vor §§ 217 – 269 InsO Rn, 82: Anwendbarkeit von §§ 270 f., 284 ff. BGB), und das Insolvenzverfahrensrecht ist Zivilverfahrensrecht (primär Vollstreckungsverfahren als Teil der streitigen Zivilgerichtsbarkeit, siehe nur Uhlenbruck/Pape, ebenda, m.w.N.), weshalb nach § 4 InsO auch ergänzend die Vorschriften der ZPO gelten. Vorschriften des materiellen oder formellen Steuerrechts sind hingegen für den Insolvenzplan irrelevant.
bb)
29 
Auch die Einwendungen, aus denen das Land die Begründetheit seiner Feststellungsbegehren ableitet, sind nach bürgerlich-rechtlichen und insolvenzrechtlichen Rechtssätzen zu beurteilen, so die geltend gemachte Nichtigkeit des Insolvenzplans infolge Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§§ 123 Abs. 1 Alt. 1; 142 Abs. 1 BGB) – auch die Frage, ob eine solche Anfechtung durch die Rechtskraft des Insolvenzplans ausgeschlossen ist (denn dies ist spezifisches Insolvenzrecht, vgl. dazu Nerlich/Römermann-Braun, a.a.O., vor §§ 217 – 269 Rn. 83; MüKo InsO / Eidenmüller, a.a.O., § 217 Rn. 37 f.); die Nichtigkeit der Regelung in C. II. des Insolvenzplans wegen Verstoßes gegen das aus §§ 222 Abs. 1 Satz 1, 226 Abs. 1 InsO abzuleitende Verbot von gewillkürten Präklusionsregeln im Insolvenzplan, durch welche die Insolvenzgläubiger, die sich am Insolvenzverfahren nicht beteiligt haben, mit ihren Forderungen in Höhe der vorgesehenen Quote ausgeschlossen werden sollen (vgl. BGH ZIP 2015, 1346 Rn. 15 und ZIP 2016, 85 Rn. 2; Uhlenbruck-Lüer/Streit, a.a.O., § 254b Rn. 8) – auch die Frage einer Heilung des Mangels durch die Rechtskraft des Planbestätigungsbeschlusses (so Uhlenbruck-Lüer/Streit, a.a.O., § 254b Rn. 15 m.w.N.) oder ob infolgedessen gem. § 139 BGB der ganze Plan nichtig ist; die Frage, ob sich der hiesige Beklagte wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung i. S. v. § 826 BGB dem Land gegenüber nicht auf die Wirkungen des Plans (§ 254 Abs. 1 i. V. m. § 227 InsO) berufen kann.
b)
30 
Eine andere Einordnung des Rechtsverhältnisses ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil es sich beim Land um einen Hoheitsträger (Träger öffentlicher Gewalt) handelt. Denn für das hier in Rede stehende Rechtsverhältnis stehen das Land und der Beklagte nicht in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung und das Land bedient sich in dem hier zu beurteilenden Rechtsverhältnis auch nicht besonderer ihm zugeordneter Rechtssätze des öffentlichen Rechts (Steuerrechts):
aa)
31 
Im Insolvenzverfahren ist der Hoheitsträger mit seinen Steuerforderungen „gewöhnlicher“ Insolvenzgläubiger und damit auch vorliegend das Land für seine als lfd. Nummern 26 und 30 festgestellten Steuerforderungen. Ihm sind dabei verglichen mit anderen Insolvenzgläubigern keine öffentlich-rechtlichen Sonderrechte verliehen; es hat seine Forderungen wie jeder andere Insolvenzgläubiger zur Tabelle anzumelden. Denn das Steuerrecht regelt die Frage des Entstehens und der Höhe der Forderung, während das Insolvenzrecht deren Einordnung und Behandlung in der Insolvenz regelt (Uhlenbruck-Sinz, a.a.O., § 38 Rn. 67). Dies folgt (auch) aus § 251 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach die Vorschriften der InsO unberührt bleiben; sie gehen mithin den Regelungen der AO vor („Insolvenzrecht geht vor Steuerrecht“: BFHE 247, 250 = ZIP 2015, 141 Rn.15; Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 156. Lieferung 04.2019, § 251 AO Rn. 5). Das gilt auch, wenn wie vorliegend ein Insolvenzplan beschlossen und rechtskräftig bestätigt wird, denn dann gilt die Wirkung des § 254 Abs. 1 InsO auch für die betroffenen Abgabenforderungen (Steuerforderungen), unterliegen mithin auch diese nur noch den Festlegungen des Insolvenzplans, weil die Finanzbehörden mit ihren mit ihren Forderungen mangels abweichender gesetzlicher Regelungen im Insolvenzplanverfahren wie andere Insolvenzgläubiger behandelt werden (BFH, a.a.O., Rn. 15 und 17; MüKo InsO / Huber, a.a.O., § 254 Rn. 16).
bb)
32 
An dieser Einordnung änderte sich auch nichts dadurch, wenn man mit dem Landgericht annimmt, die Finanzbehörde könne nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO einen Abrechnungsbescheid erlassen, der in der Höhe über den Betrag hinausgeht, der sich aus der im Insolvenzplan festgeschriebenen Quote ergibt, und bei dessen Erlass und ggf. im Rahmen eines gegen ihn vom Beklagten angestrengten Rechtsbehelfsverfahrens könnten und müssten die - offenbar auch nach Auffassung des Landgerichts (vgl. S. 5 des angefochtenen Beschlusses unter 5., Bl. 453) bürgerlich-rechtlichen, jedenfalls insolvenzrechtlichen und nicht steuerrechtlichen – Fragen, ob der Insolvenzplan nichtig ist oder ob der Beklagte sich jedenfalls nicht auf dessen Wirkungen gegenüber dem Land berufen kann, als Vorfragen geprüft werden (S. 4 und S. 5 des angefochtenen Beschlusses unter 3. und 5. der Gründe):
(1)
33 
Allerdings vertritt Lückemann (in. Zöller, a.a.O., § 13 GVG Rn. 32) die Auffassung, zivilrechtliche Vorfragen einer öffentlich-rechtlichen Forderung begründeten den Zivilrechtsweg nicht. Es erscheint zweifelhaft, ob dem in dieser Allgemeinheit gefolgt werden kann. Jedenfalls lässt sich dies dem von Lückemann für seine Auffassung angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.12.1972 (III ZR 213/70, NJW 1973, 468) so nicht entnehmen. Denn Gegenstand dieser Entscheidung (und des dort angeführten Beschlusses vom 22.01.1971, I ARZ 324/70, NJW 1971, 1271) war (nur) die Frage, ob für die Feststellung des Konkursvorrechts nach § 61 Nr. 1 oder Nr. 2 KO immer der ordentliche Rechtsweg gegeben ist oder der Rechtsweg zu den Gerichten, die über die Forderung nach Grund und Höhe zu entscheiden haben; letzteres hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf § 146 Abs. 5 KO (jetzt § 185 InsO) bejaht, da das Konkursvorrecht einer Forderung einer dieser Forderung zugehörige Eigenschaft sei, die an der rechtlichen Natur der Forderung teilhabe.
34 
Vor allem aber können die Fragen, ob der Insolvenzplan nichtig ist, ob er die Durchsetzbarkeit der Steuerforderungen des Landes beseitigt hat und ob der frühere Insolvenzschuldner (hiesige Beklagte) sich im Verhältnis zum Land auf dessen Wirkungen (insbesondere §§ 254, 227 InsO) berufen kann, vorliegend schon gar nicht als bloße Vorfragen der (öffentlich-rechtlichen, steuerrechtlichen) Frage angesehen werden, ob auch hinsichtlich des über die aus dem Insolvenzplan ergebende Quote hinaus ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO ergehen darf. Denn bei der Beurteilung, ob eine Vorfrage oder Hauptfrage betroffen ist, kommt es auf den jeweiligen Streitgegenstand an, also das Klagbegehren, das die Hauptsache bildet (Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl., § 13 Rn. 22). Hauptsache in diesem Sinne ist aber hier das Feststellungsbegehren des Landes, das nur einen zivilrechtlichen (insolvenzrechtlichen) Gegenstand hat. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man auf den Zeitraum vor Abtrennung der Widerklage abstellt und diese als Zwischenfeststellungs(wider)klage i. S. v. § 256 Abs. 2 ZPO ansieht. Denn dann wäre für diese der Zivilrechtsweg nur dann nicht gegeben, wenn – wie nicht - ihr Gegenstand öffentlich-rechtliche Vorfragen gewesen wären (Zöller-Lückemann, a.a.O., § 13 Rn. 31 a. E.).
35 
Aus dem Grundsatz, dass für die Beurteilung, ob eine Vorfrage oder eine Hauptfrage betroffen ist, der jeweiligen Streitgegenstand maßgeblich ist, ergibt sich auch zwanglos die vom Bundesgerichtshof in seinen oben angeführten Erkenntnissen aus den Jahren 1971 und 1972 angenommene Eröffnung des Rechtswegs zu den Gerichten, die über Grund und Höhe der Konkursforderung zu entscheiden haben (§ 146 Abs. 5 KO), hinsichtlich die Frage, ob diese Forderungen nach § 61 Nr. 1 oder Nr. 2 KO bevorrechtigt sind. Denn die Frage, ob das Konkursvorrecht besteht, war dort jeweils Hauptfrage (Streitgegenstand der (Feststellungs-)Klage). Sollte die Kommentierung von Lückemann (a.a.O., Rn. 32) dahin zu verstehen sein, dass für zivilrechtliche Vorfragen einer öffentlich-rechtlichen Forderung der ordentliche Rechtsweg generell nicht eröffnet sei, gäben die genannten BGH-Erkenntnisse für diese Ansicht mithin nichts her.
(2)
36 
Auch Lückemann (ebenda) bejaht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.10.1094, IX ZR 110/83, NJW 1985, 976) die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs, wenn die Frage der Insolvenzbefangenheit einer öffentlich-rechtlichen Forderung unmittelbar Gegenstand des Rechtsstreits sei, denn dann sei die (insolvenzrechtliche) Streitfrage Hauptfrage und nicht Vorfrage. Dem vergleichbar erscheint nach Auffassung des Senats die hier zur Entscheidung stehende Frage, ob eine öffentlich-rechtliche Forderung (Abgaben-/Steuerforderung) den mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses unmittelbar für und gegen alle Beteiligten eintretenden materiellen Wirkungen des Insolvenzplans gem. §§ 254, 227 InsO unterliegt oder eben nicht (etwa, weil dieser nichtig ist).
(3)
37 
Dies muss jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem die Frage, ob die Wirkungen des Insolvenzplans eingetreten sind (und fortbestehen) nicht nur Vorfrage für die Durchsetzbarkeit (Beitreibbarkeit) von öffentlich-rechtlichen Forderungen (hier: Steuerforderungen) ist. Hiervon geht zwar das Landgericht aus (S. 3 des angefochtenen Beschlusses unter II.), mit Recht macht die Beschwerde aber geltend, dass die mit der (ehemals Wider-)Klage begehrten Feststellungen auch eine Vorfrage für den vom hiesigen Beklagten eingeklagten zivilrechtlichen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB) darstellt, da den Bediensteten des Landes als Amtspflichtverletzung vorgeworfen wird, sich bei den in Rede stehenden Amtshandlungen unberechtigt über den bestätigten Insolvenzplan hinweggesetzt zu haben, und Ziel der Erhebung der Widerklage gewesen ist, sich gegen die anhängige Amtshaftungsklage zur Wehr zu setzen und dieser (und evtl. noch folgenden hierauf gestützten Amtshaftungsklagen) durch eine rechtskraftfähige Feststellung den Boden zu entziehen.
cc)
38 
Im Übrigen begegnet die Ansicht des Landgerichts, dass durch einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO die Frage der Unwirksamkeit des Insolvenzplans im Verhältnis der Parteien geklärt werden kann, erhebliche Bedenken: denn der Insolvenzplan bewirkt nach §§ 254 Abs. 1, 227 Abs. 1 InsO – wie auch das Landgericht richtig gesehen hat (S. 4 unten / 5 oben des angefochtenen Beschlusses unter 4.) - kein Erlöschen der restlichen Steuerforderungen nach § 47 AO, sondern nur den Ausschluss von deren Durchsetzbarkeit (BFH NJW 2019, 951 = ZIP 2019, 427 Rn. 18 und ZIP 2013, 1732 Rn. 13); sie bestehen als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung möglich bleibt, aber nicht erzwungen werden kann (BGH NJW-RR 2011, 1142 = ZIP 2011, 1271 Rn. 8 m.w.N.). Zum Regelungsgegenstand eines Abrechnungsbescheids gehört nun zwar, ob ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist, aber gerade nicht, ob bestehende Steueransprüche vollstreckbar sind (BFHE 194, 338 = ZIP 2001, 1549 juris Rn. 18; Klein-Rüsken, AO, 14. Aufl., § 218 Rn. 13; Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 156. Lieferung 04.2019, § 218 AO Rn. 17).
dd)
39 
Dass die Finanzbehörde die durch § 257 Abs. 1 Satz 1 AO ermöglichte Vollstreckung aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle gem. § 251 Abs. 2 Satz 2 AO im Verwaltungszwangsverfahren durchführen darf, besagt entgegen der Ansicht des Landgerichts (S. 5 des angefochtenen Beschlusses im vorletzten Absatz) nichts für die Frage, ob es sich bei der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit (Unwirksamkeit) eines Insolvenzplans um eine zivilrechtliche Streitigkeit handelt.
c)
40 
Auch die gemäß den oben unter 1. b) und c) dargestellten Grundsätzen in Zweifelsfällen relevanten Gesichtspunkte der Sachnähe und der Vermeidung einer unerwünschten Aufspaltung der Rechtswegzuständigkeit sprechen für das Vorliegen einer Zivilsache i. S. v. § 13 GVG.
aa)
41 
Die besondere Sachkunde für die hier streitentscheidenden Normen des Insolvenzrechts und des allgemeinen bürgerlichen Rechts liegt, wie das Land mit Recht geltend macht, bei den Zivilgerichten und nicht den Finanzgerichten.
bb)
42 
Die vom Landgericht vertretene Auffassung bewirkte letztlich, dass für Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit eines Insolvenzplans, die ein Sozialversicherungsträger erhebt, der etwa Sozialversicherungsbeiträge als Insolvenzforderungen angemeldet hat, der Sozialrechtsweg, für solche von Arbeitnehmern, die ausstehenden Lohn angemeldet hat, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, für solche des Steuerfiskus, der Steuerforderungen angemeldet hat, der Rechtsweg zu den Finanzgerichten, für solche von sonstigen Hoheitsträgern, die sonstige öffentlich-rechtliche Forderungen angemeldet haben, der Verwaltungsrechtsweg und für Klagen sonstiger Insolvenzgläubiger der ordentliche Rechtsweg eröffnet wäre. Eine solche Aufspaltung der Rechtswegzuständigkeit sollte vermieden werden.
d)
43 
Die vom Landgericht auf S. 5 letzter Absatz des angefochtenen Beschlusses bejahte Frage, ob einer Zwischenfeststellungsklage des Landes das Rechtsschutzbedürfnis gem. § 256 Abs. 2 ZPO fehlte, ist für die Frage des richtigen Rechtswegs unerheblich. Denn auch über eine – unterstellt – mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässige Klage hat das Gericht des richtigen Rechtswegs zu entscheiden. Abgesehen davon begegnet die Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses wohl durchgreifenden Bedenken, nachdem erstens - wie oben unter b) cc) dargelegt - die Frage der (bei einem wirksamen Insolvenzplan entfallenden) Durchsetzbarkeit (Vollstreckbarkeit) einer Steuerforderung gerade nicht durch einen Abrechnungsbescheid entschieden werden dürfte und zweitens die Frage der (Un-)Wirksamkeit des Insolvenzplans nicht nur für die künftige Durchsetzung der Steuerforderungen, sondern auch für die vom hiesigen Beklagten erhobene Amtshaftungsklage erheblich ist.
III.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Wegen des eigenständigen Charakters des Verfahrens nach § 17a GVG als Zwischenstreit über eine Sachurteilsvoraussetzung ist eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren veranlasst. Da der prozessuale Kostenerstattungsanspruch allein auf das Obsiegen oder Unterliegen abstellt, sind dem Beschwerdegegner auch dann die Kosten aufzuerlegen, wenn er weder eine Verweisung des Rechtsstreits noch die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt hat (BGH NJW 1993, 2541, 2542; OLG Schleswig MDR 2009, 1129, 1130; Zöller-Lückemann, a.a.O., § 17b Rn. 4; Thomas/Putzo-Hüßtege, a.a.O., § 17a Rn. 10).
45 
Bei der nach § 17a Abs. 4 Satz 4 – 6 GVG möglichen sofortigen Beschwerde zum Bundesgerichtshof handelt es sich seit Inkrafttreten der ZPO-Reform um eine Rechtsbeschwerde i. S. v. §§ 574 ZPO. Diese war nach § 574 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO zuzulassen. Die Frage, ob für auf die Feststellung der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit eines Insolvenzplans gerichtete Klagen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auch dann eröffnet ist, wenn diese für den klagenden Hoheitsträger wegen der Durchsetzbarkeit einer ihm zustehenden öffentlich-rechtlichen Insolvenzforderung (hier. Steuerforderung) von Relevanz ist, bedarf einer grundsätzlichen Klärung, nachdem sie soweit ersichtlich nicht ausdrücklich entschieden ist und insbesondere die Ausführungen von Lückemann (in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 13 GVG Rn. 32) dahin verstanden werden könnten, in einem solchen Fall handle es sich um eine zivilrechtliche Vorfrage einer öffentlich-rechtlichen Forderung und diese begründe den Zivilrechtsweg nicht.

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