Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 17 U 1348/19

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Oktober 2019 – 5 O 122/18 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Oktober 2019 – 5 O 122/18 – wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit dem Kauf eines von dem sog. „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeugs.
Die Beklagte stellte unter der Bezeichnung „EA 189“ einen Dieselmotor mit der Abgasnorm Euro 5 her, in dessen Motorsteuerung eine zuvor entwickelte Software zur Abgassteuerung installiert wurde. Diese Software verfügt über zwei unterschiedliche Betriebsmodi, welche die Abgasrückführung steuerten. In dem im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimierten „Modus 1“, der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ) automatisch aktiviert wird, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Bei im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen ist der partikeloptimierte „Modus 0“ aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt.
Der o.g. Dieselmotor wurde auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten nicht nur in diversen Fahrzeugtypen der Beklagten, wie ua in den hier in Streit stehenden V. Sharan mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … verbaut, sondern auch in solchen der zum V.-Konzern gehörenden Unternehmen.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2015 verfügte das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) gegenüber der Beklagten „zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der […] Typengenehmigung […] des Typs EA 189 EU5“ die „unzulässigen Abschalteinrichtungen“ zu entfernen und drohte damit, andernfalls „die Typengenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen“. Zugleich wurde die Beklagte verpflichtet, den technischen Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen der relevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden.
Bereits zuvor – nämlich am 22. September 2015 – veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG in der bis 1. Juli 2016 geltenden Fassung vom 15. September 2015, in der sie der Öffentlichkeit mitteilte, dass sie „die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck“ vorantreibe, wobei „Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen“ auffällig seien. Dabei hätten „[w]eitere bisherige interne Prüfungen […] ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des V. Konzerns vorhanden ist.“
Am 8. April 2016 erwarb die Klägerin das gebrauchte Fahrzeug der Marke V., Typ Sharan 2,0 l, Fahrzeugidentifikationsnummer … von der A. E. GmbH, H. zu einem Kaufpreis von 30.200,01 EUR brutto (LGU 3, Verbindliche Bestellung Anlage K 50). Das Fahrzeug wies zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 10.000 auf. In der Anlage zur verbindlichen Bestellung des Fahrzeugs vereinbarten die Parteien folgendes:
„An dem gebrauchten Fahrzeug (…) bestehen zum Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe durch den Verkäufernachstehend aufgeführte Sachmängel:
Wir informieren Sie darüber, dass der in diesem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor vom Typ EA189 von einer Software betroffen ist, die im Prüfstand (NEFZ) zu Änderungen von Stickoxidwerten (NOx) führt. Das Fahrzeug ist daher von einer V.-Serviceaktion betroffen, mit der diese Änderungen beseitigt werden. Hierzu ist ein Werkstattaufenthalt notwendig, über dessen Termin alle betroffenen Fahrzeughalter zu einem späteren Zeltpunkt informiert werden. Sollten Reparaturen notwendig sein, sind diese für den Kunden kostenfrei. Dieses Fahrzeug ist technisch sicher und fahrbereit.“
Am 20. Dezember 2016 bestätigte das KBA der Beklagten gegenüber für das streitgegenständliche Modell, dass die in Reaktion auf den Bescheid vom 15. Oktober 2015 von der Beklagten entwickelten technischen Maßnahmen (konkret: ein Softwareupdate) geeignet sind, die Vorschriftsmäßigkeit herzustellen. Mit der technischen Maßnahme wurde ein sog. „Thermofenster“ appliziert.
10 
Das Softwareupdate wurde beim Fahrzeug der Klägerin nach Übergabe aufgespielt.
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In der Folge beauftragte die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten mit der vorgerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche gegen die Beklagte. Die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche hatte keinen Erfolg.
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Erstinstanzlich hat die Klägerin zuletzt folgende Anträge gestellt:
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1. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs V. Sharan (Fahrzeugidentifikationsnummer: …) durch die Beklagtenpartei resultieren.
14 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.419,08 EUR freizustellen.
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Zur Begründung hat die Klägerin ua vorgetragen,
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das Inverkehrbringen des von der Klägerin erworbenen Fahrzeugs, das einen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung enthalte, stelle eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung dar. Hätte sie – die Klägerin – von dem Einsatz der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerung in dem Fahrzeug gewusst, hätte sie das Fahrzeug nicht erworben. Das Softwareupdate habe nicht zu einer Mangelbeseitigung geführt. Die zulässigen Stickoxidwerte der Euro-5-Norm seien auch nach Aufspielen des Softwareupdates nicht eingehalten. Zudem funktioniere das On-Board-Diagnose-System weiterhin nicht ordnungsgemäß. Außerdem sei zu befürchten, dass das Softwareupdate negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen, die Leistungsfähigkeit, den Verschleiß und die Lebensdauer des Motors haben werde. Der merkantile Minderwert des Fahrzeuges, der sich auch durch eine technisch einwandfreie Nachbesserung nicht beseitigen lasse, belaufe sich auf zwischen 20 und 25 % des Kaufpreises. Darüber hinaus enthalte das Softwareupdate neue unzulässige Abschalteinrichtungen.
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Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und ua geltend gemacht, sie habe die Klägerin nicht sittenwidrig geschädigt. Eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung durch die Installation der ursprünglich vorhandenen Software zur Abgassteuerung scheide schon deshalb aus, weil der Klägerin die nunmehr beanstandete Verwendung der Software zur Abgassteuerung im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses bekannt gewesen sei und sie sich in Kenntnis der Dieselthematik für den Kauf des Fahrzeuges entschieden habe. Das Softwareupdate habe im Übrigen nicht die von der Klägerin behaupteten negativen Auswirkungen. Insbesondere halte das Fahrzeug die geltenden Grenzwerte ein und verfüge über keine unzulässige Abschalteinrichtung.
18 
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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Das Landgericht hat festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des erworbenen Fahrzeuges durch die Beklagte resultieren, und die Beklagte verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 EUR freizustellen.
20 
Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie verfolgt mit ihrer Berufung ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter.
22 
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung der Beklagten und verteidigt das angegriffene Urteil, soweit das Landgericht die Beklagte verurteilt hat, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie beantragt unter teilweiser Bezifferung des Schadens zuletzt:
23 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 30.200,01 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, abzüglich einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs V. Sharan (Fahrzeugidentifikationsnummer: …) und Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs V. Sharan (Fahrzeugidentifikationsnummer: …).
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2. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für weitere Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs V. Sharan (Fahrzeugidentifikationsnummer: …) durch die Beklagtenpartei resultieren.
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3. Hilfsweise für den Fall, dass der Antrag Ziffer 2 unzulässig sein sollte:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger weiteren, von dem Klageantrag Ziff. 1 nicht umfassten Schadensersatz zu leisten hat für Schäden, die aus der Installation derjenigen Software in der Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motors EA189 resultieren, bei der es sich nach Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes gemäß Bescheid vom 15.10.2015 um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, und aus der Installation der unzulässigen Abschalteinrichtungen, z. B. in Form eines Thermofensters, im Software-Update, das durch die Freigabebestätigung vom 12.12.2016 freigegeben wurde.
26 
Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Klägerin:
27 
Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.419,08 EUR freizustellen.
28 
Die Beklagte beantragt, die Klage hinsichtlich der geänderten Klageanträge abzuweisen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
30 
Während die zulässige Berufung der Beklagten begründet ist, ist die zulässige Anschlussberufung der Klägerin unbegründet. Die im Berufungsrechtszug in zulässiger Weise geänderten Klageanträge (1.) sind teilweise unzulässig (2.) und – soweit sie zulässig sind – unbegründet. (3.) Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
31 
1. Die Zulässigkeit der Klageänderung begegnet keinen Bedenken. Die Änderung der Klageanträge unterliegt nicht den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 533 ZPO. Die Vorschrift des § 533 ZPO findet auf Änderungen des Klageantrages im Sinne von § 264 ZPO, die keine Klageänderung nach § 263 ZPO darstellen, keine Anwendung (BGH, Urteil vom 22. April 2010 – IX ZR 160/09, NJW-RR 2010, 1286 Rn. 6). Dies gilt sowohl für den hier erfolgten Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2005 – VI ZR 83/04 –, juris Rn. 58 und Senat, Urteil vom 8. Juni 2021 – 17 U 52/20 –, nv, mwN) als auch für den Übergang von der isolierten zur weiteren Feststellungsklage. Insoweit findet jeweils § 264 Nr. 2 ZPO Anwendung.
32 
Dass die Änderung der Klageanträge erst mit Schriftsatz vom 2. Mai 2022 nach Ablauf der Frist zur Anschlussberufung (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) erfolgt ist, steht der Zulässigkeit der Änderung im Berufungsverfahren nicht entgegen. Zwar muss sich die in erster Instanz in vollem Umfang erfolgreiche Berufungsbeklagte ebenso wie ein Berufungsbeklagter, der selbst keine zulässige Berufung eingelegt hat, grundsätzlich der Berufung der Gegenseite innerhalb der Frist zur Berufungserwiderung anschließen, wenn sie die von ihr im ersten Rechtszug gestellten Anträge erweitern oder auf einen neuen Klagegrund stellen will (siehe dazu BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812, Rn. 28 ff. mwN sowie Urteile vom 24. Februar 1988 – IV b ZR 45/87, NJW-RR 1988, 1465 f. und vom 7. Dezember 2007 – V ZR 210/06, NJW 2008, 1953, Rn. 20 ff.). Jedoch sind Ausnahmen von der zeitlichen Beschränkung der Klageänderungsmöglichkeiten zuzulassen, wenn die Klageänderung eine Reaktion auf eine nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung oder gar erst nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist eingetretene Veränderung der Umstände darstellt (offengelassen in BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812 Rn. 33).
33 
So liegt der Fall hier. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 (juris Rn. 29 mwN) und damit nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Feststellungsklage geäußert. Von daher hat der Senat, der dies in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit anders gesehen hatte (vgl. Senat, Urteile vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 72 ff. und vom 21. Januar 2020 – 17 U 2/19 –, juris Rn. 97 ff.), die Klägerin auf die Änderung der Rechtsprechung zur Feststellungsklage hinweisen und ihr bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung Gelegenheit geben müssen, eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Antragsumstellung vorzunehmen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, juris Rn. 58, vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15 –, juris Rn. 39 mwN und vom 14. März 2017 – XI ZR 442/16 –, juris Rn. 32).
34 
Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f.). Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Eingangsgericht nach den § 525 Satz 1, § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und seinen Vortrag, sondern ebenso auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt. Hält das Berufungsgericht einen solchen Antrag abweichend vom Ausspruch der Vorinstanz für unzulässig, so muss es auf eine Heilung dieses Mangels hinwirken. Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen (BGH, Beschluss vom 23. April 2009 – IX ZR 95/06 –, juris Rn. 5).
35 
2. Die Feststellungsanträge (neue Anträge Ziffer 2 und 3) sind – unabhängig von der Frage, ob sie hinreichend bestimmt sind – unzulässig mangels Vorliegens des erforderlichen Feststellungsinteresses iSd § 256 ZPO. Über den Antrag Ziffer 3, der hilfsweise für den Fall gestellt wurde, dass der Senat den Antrag Ziffer 2 für unzulässig hält, ist nach Eintritt des Eventualfalls zu entscheiden.
36 
a) Das Feststellungsinteresse als besondere Ausformung des Rechtsschutzinteresses ist das schutzwürdige Interesse der Klägerin an baldiger Feststellung. Soweit der Klägerin ein einfacherer oder zumindest gleich effektiver Weg zur Erreichung seines Rechtsschutzziels zur Verfügung steht, entfällt das Feststellungsinteresse. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es der Klägerin möglich und zumutbar ist, eine ihr Rechtsschutzziel erschöpfende Klage auf Leistung zu erheben. Denn durch diese könnte sie im Sinn einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären. Die auf Feststellung des Anspruchs gerichtete Klage ist dann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzulässig (vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15 –, juris Rn. 14 mwN; Versäumnisurteil vom 2. März 2012 – V ZR 159/11 –, juris Rn. 14 mwN).
37 
Allerdings ist ein Kläger grundsätzlich nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Denn es besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Dementsprechend kann die Klägerin nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1983 – VIII ZR 3/82 –, juris Rn. 27 mwN; Urteil vom 19. April 2016 – VI ZR 506/14 –, juris Rn. 6 mwN).
38 
Befürchtet die Klägerin den Eintritt eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden reinen Vermögensschadens, hängt die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ab (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92 –, juris Rn. 77 mwN; Urteil vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03 –, juris Rn. 27 mwN; Urteil vom 10. Juli 2014 – IX ZR 197/12 –, juris Rn. 11 mwN). Ist ein Vermögens(teil)schaden – wie hier durch den Abschluss des Kaufvertrages – bereits entstanden, genügt abweichend hiervon die Möglichkeit eines künftigen weiteren Schadenseintritts für die Zulässigkeit der Feststellungsklage (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 – VI ZR 136/20 –, juris Rn. 27 f. mwN). In diesen Fällen ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden möglich ist. An der Möglichkeit weiterer Schäden fehlt es allerdings, wenn aus Sicht der Klägerin bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 – VI ZR 136/20 –, juris Rn. 28 mwN).
39 
b) Nach diesen allgemeinen Maßstäben scheitert die Zulässigkeit sowohl des Haupt- als auch des Hilfsfeststellungsantrags am Vorrang der Leistungsklage. Da der von der Klägerin geltend gemachte Schaden aus §§ 826, 249 BGB in der Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit zu sehen ist, stünde ihr gegen die Beklagte – im Falle des Bestehens eines Anspruchs dem Grunde nach – entweder ein bezifferter Anspruch auf Ersatz der für den Kaufvertrag getätigten Aufwendungen gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten zu (sog. großer Schadensersatzanspruch) oder ein Anspruch auf Ersatz des Betrages, um den sie den Kaufgegenstand – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben hat (sog. kleiner Schadensersatz, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 7. Juli 2021 – VI ZR 40/20 –, juris).
40 
Der Vortrag der Klägerin zu angeblich zu erwartenden (weiteren) Schäden rechtfertigt nicht die Annahme des notwendigen Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO. Denn welche anderen oder weiteren – ersatzfähigen – Schäden die insoweit darlegungsbelastete (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19 –, juris Rn. 29 mwN) Klägerin aus dem Fahrzeugerwerb befürchtet (hat), dass solche Schäden heute – mehr als sechs Jahre nach Erwerb des Fahrzeugs und nach Installation des von dem KBA zuvor geprüften und freigegebenen Softwareupdates – zu erwarten sind und ob auch insoweit die materiellen Haftungsvoraussetzungen des § 826 BGB (oder einer anderen Anspruchsgrundlage) erfüllt wären, lässt sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen.
41 
aa) Einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Gebühren einer Hauptuntersuchung, Inspektions- und Wartungskosten einschließlich Verbrauchsmaterialien (Schmierstoffe, Filter etc.) sowie die Kosten des Austausches von Verschleißteilen einschließlich der Kosten für einen Service-Ersatzwagen hat die Klägerin nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, juris Rn. 24; Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 8/20 –, juris Rn. 16).
42 
bb) Soweit die Klägerin zur Begründung des Feststellungsinteresses auf Steuernachforderungen abstellt, sind solche Forderungen mehr als sechs Jahre nach Bekanntwerden der Manipulation der Motorsteuerungssoftware durch die Beklagte nicht zu erwarten. Dem (speziell für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche der Erwerber von Kraftfahrzeugen mit dem Motor EA 189, die auf die Überschreitung von angegebenen Abgasgrenzwerten gestützt werden, in den nordbadischen Landgerichtsbezirken zuständigen, mit Hunderten vergleichbarer Fälle betrauten) erkennenden Senat ist kein Fall bekannt geworden, in dem ein Erwerber eines mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs nachträglich mit einer höheren Kfz-Steuer belastet worden ist.
43 
cc) Da sich die Klägerin im Berufungsverfahren entschieden hat, von der Beklagten nicht den Ersatz eines etwaigen Minderschadens (sog. „kleiner Schadensersatz“) zu verlangen, sondern die Rückabwicklung des Kaufvertrages, kann das erforderliche Feststellungsinteresse nicht damit begründet werden, es sei insoweit noch keine abschließende Entscheidung gefallen. Auf die Frage, ob ein Minderwert des Fahrzeugs abschließend zu beziffern ist, kommt es im Hinblick auf diese Entscheidung nicht mehr an.
44 
dd) Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin das von dem KBA freigegebene Softwareupdate bereits vor Klageerhebung hat durchführen lassen, kann das erforderliche Feststellungsinteresse nicht mit zu erwartenden Kosten im Zusammenhang mit einer befürchteten Stilllegung des Fahrzeugs durch die Zulassungsbehörde wegen der ursprünglich installierten unzulässigen Abgassteuerungssoftware begründet werden.
45 
Dasselbe gilt, soweit die Klägerin behauptet, mit dem Aufspielen des Softwareupdates sei erneut eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert worden, weshalb (erneut) die Stilllegung des Fahrzeugs drohe. Anhaltspunkte für ein solches Vorgehen der Zulassungsbehörden sind im Streitfall nicht ersichtlich, nachdem das KBA das für das hier in Streit stehende Fahrzeug entwickelte Softwareupdate nach Prüfung desselben nicht nur zur Installation freigegeben, sondern sogar ausdrücklich bescheinigt hat, dass die vorhandenen Abschalteinrichtungen zulässig sind.
46 
ee) Mit ihren pauschalen, weder auf das von ihr erworbene Fahrzeug noch auf vergleichbare Fahrzeuge des erworbenen Fahrzeugtyps V. Sharan 2.0 TDI bezogenen Ausführungen zu angeblich negativen Auswirkungen des Softwareupdates trägt die Klägerin ferner nicht substantiiert vor, dass ein anderer oder weiterer – ersatzfähiger – Schadenseintritt möglich ist.
47 
ff) Die grundsätzlich vorrangige Leistungsklage tritt – entgegen der Ansicht der Klägerin – schließlich vorliegend nicht deshalb ausnahmsweise hinter der Feststellungsklage zurück, weil die Beklagte die Erwartung rechtfertigte, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 256 Rn. 8 mwN). Denn zwischen den Parteien war von Anfang an nicht nur die Haftung der Beklagten dem Grunde nach streitig, sondern sie stritten auch über den Umfang der der Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung zustehenden Ansprüche (vgl. nur die Ausführungen der Klägerin zur anzurechnenden Nutzungsentschädigung in der Klageschrift, dort S. 84 und 87 ff. = I 84, 87 ff. einerseits und der Beklagten hierzu in der Klageerwiderung S. 179 ff = I 329 ff. andererseits). Daran hat sich nichts geändert. Vielmehr ist erst Recht nicht zu erwarten, dass die Beklagte jegliche – von der Klägerin noch nicht einmal der Größenordnung nach konkretisierte – weitere Schäden auf ein Feststellungsurteil hin ohne Beanstandungen regulieren wird. Damit führte ein dem klägerischen Feststellungsantrag rechtskräftig stattgebendes Urteil zu keiner endgültigen Klärung des Streitstoffs zwischen den Parteien.
48 
3. Im Übrigen ist die Klage, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach keinen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung (neuer Klageantrag Ziffer 1). (Vor-)Vertragliche Ansprüche (a)) scheiden ebenso aus wie deliktische. Einen deliktischen Anspruch hat die Klägerin weder deshalb, weil die Motorsteuerung des Fahrzeugs ursprünglich werksseitig mit einer Software ausgestattet war, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb beeinflusste (b)), noch im Hinblick auf Ausgestaltung und Folgen des nach dem Kauf installierten Softwareupdates (c)). Bei dieser Sachlage hat die Klägerin schon mangels Bestehens eines Anspruchs in der Hauptsache keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen in Form von Zinsen (neuer Klageantrag Ziffer 1) und die verlangte Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (landgerichtlicher Tenor Ziffer 2). Dementsprechend ist die Anschlussberufung, mit der die Klägerin die Freistellung von weiteren Rechtsanwaltskosten begehrt, unbegründet.
49 
a) Ein Schadenersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 311, 241 Abs. 2 BGB wegen einer (vor)vertraglichen Pflichtverletzung scheidet aus. Die Beklagte war weder mittelbar noch unmittelbar an den Vertragsverhandlungen zum Abschluss des Kaufvertrags über den Gebrauchtwagen beteiligt. Soweit in Ausnahmefällen eine Haftung eines Dritten (respektive eines Vertreters) in Betracht kommt, wenn dieser ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Vertragsschluss hat oder durch Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat (vgl. nur Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 311 Rn. 60), liegen diese Voraussetzungen im Streitfall nicht vor. Dass die Klägerin auf konkrete (Prospekt-)Angaben der Beklagten zum Schadstoffausstoß und zum Kraftstoffverbrauch vertraut hätte, ist noch nicht einmal behauptet. Dass die Beklagte nach § 6 Abs. 1 EG-FGV für das Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt hat, reicht für die Annahme einer Sachwalterhaftung nicht aus. Denn eine solche Erklärung ist Voraussetzung für das Inverkehrbringen jedes neuen Fahrzeuges (vgl. § 27 Abs. 1 EG-FGV) und kein Ausdruck besonderer Gewährsübernahme (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Urteil vom 30. Oktober 2020 – 17 U 296/19 –, juris Rn. 44 mwN, rk, nachdem der Bundesgerichtshof die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 19. Mai 2021 – VII ZR 229/20 – zurückgewiesen hat).
50 
b) Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht der Klägerin nicht deshalb zu, weil die Motorsteuerung des Fahrzeugs ursprünglich werksseitig mit einer Software ausgestattet war, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb beeinflusste. Insoweit kommt ein Anspruch weder aus §§ 826, 31 analog BGB (aa)) oder aus §§ 831 Abs. 1 Satz 1, 826 BGB (bb)) in Betracht noch aus §§ 823 Abs. 2, 31 analog BGB iVm § 263 StGB (cc)) oder aus §§ 823 Abs. 2, 31 analog BGB iVm §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung; nachfolgend: EG-FGV) in der Fassung vom 3. Februar 2011 oder Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (nachfolgend: VO (EG) 715/2007) (dd)).
51 
aa) Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses im April 2016– und damit nach Bekanntwerden des sog. Abgasskandals – scheidet eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 analog BGB nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Senat, Urteile vom 9. Januar 2020 – 17 U 107/19 –, vom 9. Januar 2020 – 17 U 133/19 – und vom 30. Oktober 2020 – 17 U 296/19 –, jeweils juris; sowie Urteile vom 12. Oktober 2021 – 17 U 391/19 –, – 17 U 798/19 –, – 17 U 831/19 –, – 17 U 1143/19 – und vom 14. Dezember 2021 – 17 U 602/19 –, jew. nv) und des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urteile vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 – [zu einem Fahrzeug der Marke V.], vom 8. Dezember 2020 – VI ZR 244/20 – [zu einem Fahrzeug der Marke A.], Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20 – [zu einem Fahrzeug der Marke V.], Urteil vom 23. März 2021 – VI ZR 1180/20 – [zu einem Fahrzeug der Marke Š.] und Beschlüsse vom 14. September 2021 – VI ZR 491/20 – [zu einem Fahrzeug der Marke V.] sowie vom 23. September 2021 – III ZR 200/20 [zu einem Fahrzeug der Marke V.], jeweils juris) aus. Schon die Mitteilung der Beklagten vom 22. September 2015 war objektiv geeignet, das Vertrauen potenzieller Käufer von Gebrauchtwagen mit V.-Dieselmotoren des Typs EA 189 in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören, diesbezügliche Arglosigkeit also zu beseitigen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 – VI ZR 244/20 –, juris Rn. 15). Die Klägerin zeigt keine der Entscheidung zu Grunde zu legenden Umstände auf, die Anlass geben, von den in den genannten Urteilen dargelegten Grundsätzen abzuweichen.
52 
(1) Der Umstand, dass mit dem Softwareupdate – wie die Klägerin behauptet – negative Auswirkungen (zB ein höherer Kraftstoffverbrauch, ein deutlicher Anstieg der CO2-Emissionen, eine Minderleistung, ein stärkerer Verschleiß des AGR-Ventils sowie eine Verkürzung der Lebensdauer des Dieselpartikelfilters und des Motors, s. Klageschrift, dort S. 57 f. = I 57 f. und Schriftsatz vom 26. Juli 2019, dort S. 11 = I 348 und S. 23 f. = I 360 f.) verbunden sein mögen, reicht nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren (BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20 –, juris Rn. 30).
53 
(2) Die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten setzte sich auch nicht deshalb bis zum Abschluss des Kaufvertrages in lediglich veränderter Form fort (siehe dazu BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20 –, juris Rn. 23 ff.), weil das Softwareupdate – wie die Klägerin behauptet – den Mangel angeblich nicht behoben habe, da nach dem Update weder die Grenzwerte der Euro-5-Abgasnorm eingehalten seien noch das On-Board-Diagnose-System ordnungsgemäß funktioniere, oder weil die Beklagte mit dem Softwareupdate neue unzulässige Abschalteinrichtungen implementiert haben soll. Dabei kann sowohl dahingestellt bleiben, ob das Softwareupdate tatsächlich zu keiner oder einer nur unvollständigen Mangelbeseitigung geführt hat und ob es sich bei dem unstreitig in das Fahrzeug verbauten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt oder ob dieses aus Gründen des Motorschutzes und zum sicheren Betrieb des Fahrzeugs notwendig und daher nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) VO (EG) 715/2007 zulässig ist. Denn die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten hätte sich, selbst wenn die Behauptungen der Klägerin zuträfen, nur dann in veränderter Form fortgesetzt, wenn im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Softwareupdates weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen (BGH, Beschlüsse vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20 –, juris Rn. 25 ff. und vom 18. Mai 2021 – VI ZR 486/20 –, juris Rn. 18). Solche Umstände stehen nach dem der Entscheidung zu Grunde zu legenden Sach- und Streitstand nicht fest.
54 
(a) Der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 26. Juli 2019 (dort S. 25 f = I 362) zu einer erneuten Manipulation im Zusammenhang mit dem Update bei 1,2 l-Modellen, die zur Folge habe, dass sich das Abgasverhalten nach Ablauf der für einen Abgastest benötigten Zeit von 1200 Sekunden ändere, vermag schon deshalb keine neuerliche Täuschung im Zusammenhang mit dem Softwareupdate zu begründen, weil in das erworbene Fahrzeug kein 1,2 l-Motor, sondern ein 2 l-Motor verbaut ist.
55 
(b)Ebenso wenig lässt sich auf die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe mit dem Softwareupdate eine neue unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters in das Fahrzeug implementiert (Schriftsatz vom 26. Juli 2019, dort S. 26 ff. = I 363 ff.), eine fortgesetzt sittenwidrige Handlung im Zusammenhang mit dem Softwareupdate stützen. Zwar hat die Klägerin unter Beweisantritt behauptet, die Beklagte habe die Behörden sowohl bei der ursprünglichen Genehmigung als auch beim Softwareupdate über unzulässige Abschalteinrichtungen getäuscht und die Abschalteinrichtungen bei der Updatefreigabe nicht gegenüber dem KBA offengelegt. Ein fortgesetzt sittenwidriges Handeln der Beklagten lässt sich aber hiermit unabhängig davon nicht begründen, dass die Beklagte – gegen ein heimliches und manipulatives Vorgehen sprechend – vorgetragen hat, das KBA habe das Thermofenster, das in sämtlichen in den letzten Jahren in der EU produzierten Dieselfahrzeugen enthalten sei, als zulässig angesehen. Jedenfalls fehlt es an ausreichendem Vortrag der Klägerin zu den subjektiven Voraussetzungen einer Haftung nach §§ 826, 31 analog BGB bezüglich des Einsatzes des Thermofensters.
56 
(aa) Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt in subjektiver Hinsicht – wie der Senat bereits entschieden hat (Urteile vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 –, juris Rn. 104 ff. und vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 49 ff.) neben dem Schädigungsvorsatz ((aaa)) eines „verfassungsmäßig berufenen Vertreters“ ((bbb)) dessen Kenntnis von den Tatumständen voraus, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen ((ccc)). Die Klägerin trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast ((ddd)).
57 
(aaa) Der erforderliche Schädigungsvorsatz bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Dabei setzt § 826 BGB keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus. Vielmehr genügt für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Eventualvorsatz. Der Täter braucht nicht im Einzelnen zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, dass er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 309/10 –, juris Rn. 10 mwN; Urteil vom 20. November 2012 – VI ZR 268/11 –, juris Rn. 32; Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 402/02 –, juris Rn. 47 mwN; Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15 –, juris Rn. 25). Im Einzelfall kann sich aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns, insbesondere dem Grad der Leichtfertigkeit des Schädigers, die Schlussfolgerung ergeben, dass er mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2012 – VI ZR 268/11 –, juris Rn. 33). Dies kann insbesondere dann naheliegen, wenn der Schädiger sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des Rechtsguts durchgeführt hat und es dem Zufall überlässt, ob sich die erkannte Gefahr verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 309/10 –, juris Rn. 11 mwN).
58 
(bbb) Neben dem Schädigungsvorsatz erfordert der subjektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (BGH, Urteil vom 13. September 2004 – II ZR 276/02 –, juris Rn. 36).
59 
(ccc) Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt außerdem voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat, wobei der Begriff des „verfassungsmäßig berufenen Vertreters“ über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus weit auszulegen ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 28. Juni 2016 – VI ZR 541/15 –, juris Rn. 14 mwN; VI ZR 536/15 –, juris Rn. 13 mwN). Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit lässt sich dabei nicht dadurch begründen, dass unter Anwendung der Grundsätze der Wissenszurechnung und Wissenszusammenrechnung auf die „im Hause“ der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse abgestellt wird. Insbesondere lässt sich ein sittenwidriges Verhalten nicht durch mosaikartiges Zusammenrechnen der bei verschiedenen Mitarbeitern der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse konstruieren (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15 –, jurisRn. 23). Die erforderlichen Wissens- und Wollenselemente müssen vielmehr kumuliert bei einem Mitarbeiter vorliegen, der zugleich als „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ im Sinn des § 31 BGB anzusehen ist und auch den objektiven Tatbestand verwirklicht hat (vgl. BGH, aaO, Rn. 13 mwN).
60 
(ddd) Derjenige, der einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller dementsprechend auch darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 367/19 –, juris Rn. 15).
61 
(bb) Nach diesen allgemeinen Maßstäben scheidet die Annahme eines fortgesetzt sittenwidrigen Handelns der Beklagten im Zusammenhang mit dem durch das Softwareupdate implementierten Thermofenster aus. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat weder erst- noch zweitinstanzlich substantiiert zu den o.g. subjektiven Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach §§ 826, 31 analog BGB in Bezug auf das Thermofenster vorgetragen.
62 
Die Klägerin hat lediglich behauptet, dass weder die Täuschung noch der Täuschungsvorsatz der Beklagten durch das öffentliche Bekanntwerden des Abgasskandals entfallen seien (Berufungserwiderung, dort S. 19 ff. = II 89 ff.) und dass bei den Entscheidungen, „die vermeintlich der Beseitigung der Skandalsoftware dienten“, der Leiter der Entwicklungsabteilung und die für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zuständigen Vorstände sowie der Vorstandsvorsitzende M. M. von den Umständen Kenntnis hatten (Berufungserwiderung, dort S. 78 = II 148). Damit behauptet die Klägerin zwar, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten Kenntnis von den Tatumständen hatte, die zur angeblichen Unzulässigkeit des Thermofensters führen; sie behauptet jedoch nicht, dass dieselbe Person Kenntnis von etwaigen mit der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems verbundenen nachteiligen Auswirkungen des Softwareupdates einschließlich etwaiger zulassungsrechtlicher Nachteile hatte und diese ebenso wie den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hat (vgl. Senat, Urteil vom 9. Januar 2020 – 17 U 107/19 –, juris Rn. 57; BGH, Beschlüsse vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20 –, juris Rn. 28 und vom 18. Mai 2021 – VI ZR 486/20 –, juris Rn. 18 sowie BGH, Urteil vom 16. September 2021 – VII ZR 190/20 –, juris Rn. 16 ff.). Zudem hat die Klägerin nicht dargetan, weshalb sich den für die Beklagte verantwortlichen Personen die Gefahr einer Schädigung der Klägerin durch den Einsatz des Thermofensters hätte aufdrängen müssen, obwohl es diesbezüglich bis heute an einer behördlichen Stilllegung oder einem Zwang zu Umrüstungsmaßnahmen fehlt (BGH, Urteil vom 16. September 2021 – VII ZR 190/20 –, juris Rn. 32). Soweit die Klägerin erst- und zweitinstanzlich zu den subjektiven Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach §§ 826, 31 analog BGB weiter vorgetragen hat (vgl. Klageschrift, dort S. 9 ff. und 22 ff. = I 9 ff. und I 22 ff. sowie Schriftsatz vom 26. Juli 2019, dort S. 29 ff. = I 368 ff.), beziehen sich diese Ausführungen ausschließlich auf die ursprüngliche Software, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb optimierte, nicht jedoch auf das vom KBA freigegebene Softwareupdate (vgl. Senat, Urteil vom 9. Januar 2020 – 17 U 107/19 –, juris Rn. 57).
63 
Bei diesem der Entscheidung zu Grunde zu legenden Sach- und Streitstand kann eine (fortgesetzte) sittenwidrige vorsätzliche Handlung der Beklagten im Zusammenhang mit dem Softwareupdate nicht angenommen werden (vgl. nur Senat, Urteil vom 30. Oktober 2020 – 17 U 296/19 –, juris Rn. 58 ff. mwN; zuletzt: Urteil vom 12. Oktober 2021 – 17 U 1143/19 –, nv).
64 
(3) Unabhängig davon wäre eine – unterstellt – fortgesetzt sittenwidrige vorsätzliche Handlung der Beklagten durch Installation der ursprünglichen Prüfstandserkennungssoftware nicht adäquat kausal für den Abschluss des hier in Streit stehenden Kaufvertrages vom 8. April 2016.
65 
(a) Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin beim Erwerb des Fahrzeugs Kenntnis davon hatte, dass darin eine Motorsteuerungssoftware verwendet wurde, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb beeinflusste. Zwar hat das Landgericht festgestellt, dass die Klägerin keine Kenntnis von der Manipulation hatte. Es bestehen jedoch konkrete Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), weil das Landgericht die in der Anlage zur verbindlichen Bestellung des Fahrzeugs getroffene Zusatzvereinbarung nicht berücksichtigt hat.
66 
Die Parteien haben bei Vertragsschluss in der Anlage zur verbindlichen Bestellung eine gesonderte Vereinbarung über „nachfolgend aufgeführte Sachmängel“ unterzeichnet, wonach der in dem „Fahrzeug eingebaute Dieselmotor vorn Typ EA189 von einer Software betroffen ist, die im Prüfstand (NEFZ) zu Änderungen von Stickoxidwerten (NOx) führt“ und „das Fahrzeug (…) von einer V.-Serviceaktion betroffen“ ist. Die Klägerin konnte diese Vereinbarung, die sie am 8. April 2016 und damit Monate nach Bekanntwerden des Abgasskandals geschlossen hat, nur so verstehen (§§ 133, 157 BGB), dass das von ihr erworbene Fahrzeug von dem Skandal betroffen ist, zumal zu diesem Zeitpunkt bereits ausführlich in den Medien über die Manipulation der Motorsteuerungssoftware von Fahrzeugen in Form einer Prüfstandserkennung durch die Beklagte berichtet worden war.Danach hatte die Klägerin, die weder den Abschluss dieser Vereinbarung noch deren Inhalt in Abrede stellt, Kenntnis von der in ihrem Fahrzeug installierten Prüfstandserkennungssoftware.
67 
(b) Bei diesem der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt ist die sittenwidrige Handlung nicht adäquat kausal für den Abschluss des hier in Streit stehenden Kaufvertrages am 8. April 2016.
68 
Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der sittenwidrigen vorsätzlichen Handlung und dem Schaden ist nicht bereits dann gegeben, wenn – wie vorliegend – die schädigende Handlung im Sinne einer conditio sine qua non nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (vgl. zur Äquivalenztheorie nur BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 – VIII ZR 49/16 –, juris Rn. 17 mwN). Vielmehr setzt der erforderliche Kausalzusammenhang weiter voraus, dass die schädigende Handlung nicht nur unter ganz besonderen, außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegenden Umständen geeignet ist, den Schaden herbeizuführen (vgl. zur notwendigen Adäquanz nur BGH, Urteil vom 19. Oktober 2016 – IV ZR 521/14 –, juris Rn. 15 mwN; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., Vorb. v. § 249 Rn. 26 mwN). Die Adäquanztheorie dient der Ausgrenzung derjenigen Kausalverläufe, die dem Schädiger billigerweise rechtlich nicht mehr zugerechnet werden können.
69 
Der Schaden des Käufers, der unerkannt ein Fahrzeug erwirbt, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, ist in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit zu sehen, auch wenn der Kaufpreis dem Wert des Fahrzeugs entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 – juris Rn. 42 mwN; BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, BGHZ 225, 316-352, Rn. 46). Dieser Schaden ist die vorhersehbare Folge der schädigenden Handlung, da die §§ 823, 826 BGB unter anderem den Schutz der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit bezwecken.
70 
Im Unterschied dazu wusste die Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrages vorliegend nicht nur, dass das Fahrzeug, dessen Kauf sie anstrebte, von der Diesel-Thematik betroffen ist, sondern auch, dass der in dem Fahrzeug eingebaute Motor mit einer Software ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb optimiert. Damit ist der Abschluss des hier in Streit stehenden Kaufvertrages für die Klägerin keine ungewollte Verbindlichkeit gewesen, sondern Resultat einer in Kenntnis sämtlicher die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände getroffenen eigenverantwortlichen Entscheidung (vgl. Senat, Urteil vom 9. Januar 2020 – 17 U 133/19 –, juris Rn. 54, rk, nachdem der Bundesgerichtshof die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 13. April 2021 – VIII ZR 385/20 – zurückgewiesen hat; Senat, Urteil vom 12. Oktober 2021 – 17 U 831/19 – nv; ähnlich OLG Frankfurt, Urteil vom 27. November 2019 – 17 U 313/18 –, juris Rn. 30 f.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 13. November 2019 – 9 U 120/19 –, juris Rn. 16).
71 
bb) Eine Haftung der Beklagten aus §§ 831 Abs. 1 Satz 1, 826 BGB kommt im Streitfall aus den gleichen Gründen nicht in Betracht.
72 
cc) Eine deliktische Haftung der Beklagten wegen Betruges gemäß §§ 823 Abs. 2, 31 analog BGB iVm § 263 Abs. 1 StGB scheidet bereits dem Grunde nach aus (vgl. Senat, Urteil vom 9. Januar 2020 – 17 U 107/19 –, juris Rn. 43 ff.; ebenso BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 –, juris Rn. 17 ff.).
73 
dd) Schließlich besteht kein Schadenersatzanspruch der Klägerin aus §§ 823 Abs. 2, 31 analog iVm §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, aus Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 oder Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 715/2007.
74 
(1) Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob es sich bei den Vorschriften um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 9. Januar 2020 – 17 U 107/19 –, juris Rn. 46 ff. mwN; ebenso BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 73 ff.; Beschlüsse vom 15. Juni 2021 – VI ZR 566/20 –, juris Rn. 7 ff. und vom 7. Juli 2021 – VII ZR 218/21 –, juris Rn. 1 ff.; Urteil vom 20. Juli 2021 – VI ZR 1154/20 –, juris Rn. 21 mwN; Beschluss vom 29. September 2021 – VII ZR 127/21 –, juris Rn. 1 ff.; vgl. dazu auch die Schlussanträge des Generalanwalts A. R. vom 2. Juni 2022 in der Rechtssache C-100/21, juris). Denn selbst wenn dies der Fall wäre, scheidet ein Schadenersatzanspruch aus, weil die Klägerin das Fahrzeug in Kenntnis der Motorsteuerungssoftware, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb beeinflusste, erworben hat und die Schutzgesetzverletzung deshalb nicht adäquat kausal für den  mit dem Erwerb ggf. entstandenen Vermögensschaden ist (vgl. dazu die Ausführungen unter  aa) (3)(b)).
75 
(2) Darüber hinaus ist ein der Klägerin ggf. im Zusammenhang mit dem Erwerb des Fahrzeugs am 8. April 2016 entstandener Schaden nicht mehr vom Schutzzweck der Norm umfasst.
76 
Die Ersatzpflicht des Schädigers wird durch den Schutzzweck der Norm begrenzt. Dies gilt unabhängig davon, auf welche Bestimmung die Haftung gestützt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2006 – X ZR 46/04 –, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – VI ZR 157/11 –, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 20. Mai 2014 – VI ZR 381/13 –, BGHZ 201, 263-271, Rn. 10). Die Schadensersatzpflicht hängt zum einen davon ab, ob die verletzte Bestimmung überhaupt den Schutz Einzelner bezweckt und der Verletzte gegebenenfalls zu dem geschützten Personenkreis gehört. Zum anderen muss geprüft werden, ob die Bestimmung das verletzte Rechtsgut schützen soll. Darüber hinaus muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung bzw. der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen (BGH, Urteil vom 14. März 2006 – X ZR 46/04 –, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 20. Mai 2014 – VI ZR 381/13 –, BGHZ 201, 263-271, Rn. 10; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 29 f.). Vorliegend ist dies nicht der Fall.
77 
Selbst wenn man davon ausginge, dass die §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 oder Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 in Verbindung mit der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge grundsätzlich individuelle Vermögensinteressen schützen (vgl. dazu die Schlussanträge des Generalanwalts A. R. vom 2. Juni 2022 in der Rechtssache C-100/21, juris), bezwecken sie jedenfalls nicht den Schutz des Erwerbers eines Fahrzeugs, der dieses in Kenntnis der Ausstattung mit einer Software, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb optimiert, erwirbt. Denn ein Vertrauen darauf, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Herstellung allen in der Europäischen Union geltenden Rechtsvorschriften entsprochen hat und eine rechtmäßige EG-Typgenehmigung bestand, ist bei einem solchen Erwerber zum Zeitpunkt des Kaufs nicht mehr vorhanden. Die Entscheidungsfreiheit des Erwerbers wird zum Zeitpunkt des Erwerbs deshalb nicht mehr von einer Fehlvorstellung über die Fahrzeugbeschaffenheit beeinflusst, so dass dieser nicht mehr schutzwürdig ist.
78 
c) Der mit dem geänderten Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht der Klägerin nicht im Hinblick auf die Ausgestaltung und die Folgen des vom KBA am 20. Dezember 2016 freigegebenen Softwareupdates zu.
79 
Es fehlt jedenfalls an der für einen Anspruch aus § 826 BGB oder §§ 823 Abs. 2, 31 BGB analog iVm §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, aus Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 oder Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 erforderlichen Kausalität zwischen einer etwaigen neuen sittenwidrigen vorsätzlichen Handlung der Beklagten im Zusammenhang mit dem Softwareupdate einerseits und dem Abschluss des Kaufvertrages andererseits. Eine für den Abschluss des Kaufvertrages ursächliche Täuschung über Ausgestaltung und Folgen des Softwareupdates würde voraussetzen, dass der Abschluss des Kaufvertrages auf einem Irrtum der Klägerin über das Softwareupdate beruht (vgl. allg. zur Kausalität OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. November 2019 – 13 U 12/19, BeckRS 2019, 27013 Rn. 33). Das ist hier nicht der Fall (so bereits in vergleichbaren Fällen: Senat, Urteil vom 8. Juni 2021 – 17 U 1213/19 –, Beschlüsse vom 21. Juli 2021 – 17 U 278/20 – und vom 2. September 2021 – 17 U 625/20 – sowie Urteile vom 12. Oktober 2021 – 17 U 391/19 –, – 17 U 798/19 – und – 17 U 1143/19 –, jew. nv). Die Klägerin hat den Kaufvertrag nicht im Vertrauen auf die Funktionsweise und Tauglichkeit eines – von der Beklagten noch zu entwickelnden – Softwareupdates geschlossen. Vielmehr trägt sie trotz der vorgelegten Anlage zum Kaufvertrag selbst vor, dass sie das Fahrzeug erworben habe, ohne Kenntnis von der Softwaremanipulation – und der deshalb erforderlichen Installation des Softwareupdates – gehabt zu haben.
III.
80 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
81 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
82 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Das Berufungsurteil orientiert sich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

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