Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 U 76/13

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Halle vom 28. März 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Widerklage hinsichtlich der auf Herausgabe und Versicherung an Eides statt gerichteten Anträge als unbegründet zurückgewiesen wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung aus diesem Urteil wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über die Zahlung diverser Futtermittellieferungen und die Herausgabe von Mischprotokollen über die Futtermittelherstellung sowie über Schadensersatz.

2

Die Klägerin unterhielt bis Ende 2011 ein Futtermischwerk, das sie von der „T. AG“ übernommen hatte. Auf Kundenwunsch fertigte sie Spezialfuttermischungen an. Die Beklagte betreibt eine Sauenzuchtanlage. Entsprechend den Anforderungen der Beklagten hatte der vormalige Betreiber des Futtermischwerks, die „T. AG“, die Schweinefuttersorten „Royal Weaner I ...“ und „Royal Weaner II ...“ entwickelt. Die Zusammensetzung entsprach den von der Beklagten als Mischanweisung bezeichneten und als Anlagenkonvolut B1 (Mischanweisungen vom 5. und 13. Februar 2007) bzw. B2 (Mischanweisungen vom 6. Mai 2008) vorgelegten Ausdrucken, die der Beklagten auf Anforderung übersandt worden waren. Nach Übernahme des Futtermischwerkes durch die Klägerin kam es im Mai 2008 zu Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien über weitere Lieferungen der beiden Futtermittelsorten „Royal Weaner I und II ...“ für den Zeitraum Juni 2008 bis April 2009. Die Beklagte bat darum, ihr die Mischprotokolle wie in der Vergangenheit bei jedem geführten Futtermitteleinkaufsgespräch auszuhändigen. Dies lehnte die Klägerin ab. Sie übersandte der Beklagten den als Anlage B4 vorgelegten Verkaufskontrakt vom 26. Mai 2008, mit dem sie einen Vertragsabschluss auf Grundlage der dort aufgeführten Vereinbarungen bestätigte. Zugleich bat sie um Rücksendung einer unterzeichneten Kopie. Auf Bitte der Beklagten um Aufnahme weiterer Regelungen in den Verkaufskontrakt vom 26. Mai 2008 teilte die Klägerin mit E-Mail vom 30. Mai 2008 (Anlage B3) mit, dass die Geltung der Rezepturen und Mischanweisungen vom 13. Februar 2007 nach deren vorheriger Überprüfung zusätzlich aufgenommen werden könnte und dass Rezepturänderungen nur in vorheriger Absprache mit dem Käufer erfolgen würden. Ferner erklärte sie ihre Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Regelungen zur Lieferung, Zahlung und Verlängerungsoption. Darüber hinausgehende Änderungswünsche lehnte sie ab und bat zudem um Rücksprache, falls die Beklagte mit ihrem Vorschlag nicht einverstanden sei. Mit E-Mail vom 06. Juni 2008 (Anlage B5) teilte die Klägerin mit, dass in den Kontrakt eine Gestattung der Einsicht in die Mischprotokolle nach vorheriger Absprache aufgenommen werden könnte. Dieses Angebot änderte sie mit E-Mail vom 23. Juni 2008 (Anlage B6) dahingehend, dass in Ergänzung des Kontrakts eine Einsicht in die Mischprotokolle jeder Zeit nach vorheriger Rücksprache mit der Technisch Wissenschaftlichen Abteilung (TWA) in K. gewährt werde könnte und bat um Bestätigung und Rücksprache. Mit E-Mail vom 26. August 2008 übersandte die Klägerin der Beklagten die als Anlagenkonvolut B7 vorgelegte offene Deklaration der beiden Futtermittel „Royal Weaner I und II ... “. Auf deren Verlangen stellte die Klägerin der Beklagten mit weiterer E-Mail vom 26. August 2008 (Anlage B8) die vollständige Rezeptur der beiden Futtermittel zur Verfügung. In der Folge bezog die Beklagte die beiden Futtermittelsorten von der Klägerin. Im Dezember 2008 verhandelten die Parteien über Lieferungen für die Zeit von Mai 2009 bis September 2009. Im Oktober 2009 übersandte die Klägerin der Beklagten ein Angebot über den Lieferzeitraum Oktober 2009 bis März 2010 und unterbreitete der Beklagten auch nachfolgend diverse schriftliche Angebote. Die Beklagte bezog weiterhin von der Klägerin die beiden Futtermittelsorten, ohne die Angebote jemals zu unterzeichnen.

3

Am 15. Juli 2011 fand zwischen den Parteien wegen Zahlungsrückständen der Beklagten ein Treffen statt. Die Parteien einigten sich über die Preise für künftige und Preiskorrekturen für bereits erfolgte Lieferungen. Darüber hinaus sicherte die Klägerin der Beklagten auf deren Anforderung hin die Übergabe einer offenen Deklaration über die beiden Futtermittelsorten zu, welche die Beklagte mit E-Mail vom 19. August 2011 (Anlagenkonvolut B21) erhielt. Mit Fax vom 30. August 2011 übersandte die Klägerin der Beklagten für den Lieferzeitraum vom 1. September 2011 bis 31. Mai 2012 eine Kontraktbestätigung, der die Beklagte am 31. August 2011 widersprach, weil die im Jahre 2008 besprochenen Nebenabreden nicht enthalten seien. Mit E-Mail vom 2. September 2011 erläuterte die Beklagte, dass sie unter einer offenen Deklaration eine 100%ige Auflistung der Komponenten verstehe, weil die Rohwarenauswahl entscheidend sei. Ihre gleichzeitige Forderung zur Übersendung der kundenspezifischen Mischanweisungen lehnte die Klägerin am selben Tag ab.

4

Die Futtermittelanteile ausweislich der offenen Deklaration vom 19. August 2011 sowie der Deklarationen zu den Lieferungen vom 22. und 30. August 2011 entsprechen nicht den Mischanweisungen vom 5. und 13. Februar 2007, was die Beklagte erstmals mit ihrer Klageerwiderung vom 6. Februar 2012 gerügt hat.

5

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Bezahlung von Futtermittellieferungen in der Zeit vom 2. Dezember 2010 (ausweislich der ältesten teilweise offenen Rechnung vom 31. Dezember 2010) bis 30. August 2011 unter Berücksichtigung von Gutschriften gemäß der einvernehmlichen Preisabsprachen vom 15. Juli 2011 in Höhe von insgesamt 184.423,53 € sowie Erstattung der ihr durch die außergerichtliche Mahnung entstandenen Anwaltskosten von 2.280,70 €.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte mit etwaigen Gewährleistungsansprüchen jedenfalls nach § 377 Abs. 2 HGB ausgeschlossen sei.

7

Die Klägerin hat beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 184.423,53 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

9

auf

 65.891,35 € seit dem 31. August 2011,

auf

 21.947,63 € seit dem 02. September 2011,

auf

 22.098,92 € seit dem 08. September 2011,

auf

 4.489,83 € seit dem 15. September 2011,

auf

 4.568,68 € seit dem 15. September 2011,

auf

 5.512,32 € seit dem 15. September 2011,

auf

 3.505,53 € seit dem 15. September 2011,

auf

 3.359,16 € seit dem 15. September 2011,

auf

 6.694,35 € seit dem 15. September 2011,

auf

 431,97 € seit dem 16. September 2011,

auf

 1.102,21 € seit dem 16. September 2011,

auf

 21.971,17 € seit dem 22. September 2011,

auf

 22.126,42 € seit dem 30. September 2011 sowie

auf

 723,99 € seit dem 11. Oktober 2011

10

abzüglich der Gutschrift vom 24. August 2011 in Höhe von 1.808,30 €, abzüglich der Gutschrift vom 24. August 2011 in Höhe von 1.824,99 €, abzüglich der Gutschrift vom 24. August 2011 in Höhe von 1.808,30 €, abzüglich der Gutschrift vom 24. August 2011 in Höhe von 5.415,16 €, abzüglich der Gutschrift vom 24. August 2011 in Höhe von 1.820,82 € sowie zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 2.280,70 € zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen

12

und widerklagend im Wege der Stufenklage, die Klägerin zu verurteilen,

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1. die Mischprotokolle für die Futtermittellieferungen vom

14

2. Dezember 2010 (Lieferschein-Nr.: 80544646, 80544647),

15

9. Dezember 2010 (Lieferschein-Nr.: 80555695, 80555696),

16

16. Dezember 2010 (Lieferschein-Nr.: 80565179, 80565180),

17

20. Dezember 2010 (Lieferschein-Nr.: 80570001, 80570002),

18

29. Dezember 2010 (Lieferschein-Nr.: 80580278, 80580279),

19

4. Januar 2011 (Lieferschein-Nr.: 80585439, 80585440),

20

13. Januar 2011 (Lieferschein-Nr.: 80595946, 80595947),

21

26. Januar 2011 (Lieferschein-Nr.: 80609985, 80609986),

22

7. Februar 2011 (Lieferschein-Nr.: 80622901, 80622902),

23

16. Februar 2011 (Lieferschein-Nr.: 80634766, 80634768),

24

23. Februar 2011 (Lieferschein-Nr.: 80644124, 80644125),

25

14. März 2011 (Lieferschein-Nr.: 80676912, 80676913),

26

16. März 2011 (Lieferschein-Nr.: 80679797),

27

23. März 2011 (Lieferschein-Nr.: 80694282, 80694283),

28

28. März 2011 (Lieferschein-Nr.: 80703017, 80703019),

29

12. April 2011 (Lieferschein-Nr.: 80728851, 80728852, 80741661, 80741662),

30

18. April 2011 (Lieferschein-Nr.: 80760555, 80760556),

31

21.April 2011 (Lieferschein-Nr.: 80777104),

32

26. April 2011 (Lieferschein-Nr.: 80780170, 80780171),

33

3. Mai 2011 (Lieferschein-Nr.: 80797259, 80797260),

34

9. Mai 2011 (Lieferschein-Nr.: 80812424, 80812425),

35

17. Mai 2011 (Lieferschein-Nr.: 80828273, 80828274),

36

23. Mai 2011 (Lieferschein-Nr.: 80843295, 80843296),

37

26. Mai 2011 (Lieferschein-Nr.: 80851045, 80851046),

38

31. Mai 2011 (Lieferschein-Nr.: 80861832, 80861833),

39

7. Juni 2011 (Lieferschein-Nr.: 80873138, 80873139),

40

14. Juni 2011 (Lieferschein-Nr.: 80882936, 80882937),

41

23. Juni 2011 (Lieferschein-Nr.: 80900731, 80900732),

42

30. Juni 2011 (Lieferschein-Nr.: 80913023, 80913024),

43

4. Juli 2011 (Lieferschein-Nr.: 80917863, 80917864),

44

21. Juli 2011 (Lieferschein-Nr.: 80944136, 80944137),

45

25. Juli 2011 (Lieferschein-Nr.: 80947381, 80947382),

46

1. August 2011 (Lieferschein-Nr.: 80960700, 80960701),

47

8. August 2011 (Lieferschein-Nr.: 80972812, 80973487),

48

16. August 2011 (Lieferschein-Nr.: 80985986),

49

22. August 2011 (Lieferschein-Nr.: 80997497, 80997655) und

50

30. August 2011 (Lieferschein-Nr.: 81015939, 81016136) herauszugeben,

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2. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern,

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3. an sie Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2. Juli 2012 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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die Widerklage abzuweisen.

55

Die Beklagte hat die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB erhoben, da es an einer ordnungsgemäßen Erfüllung fehle. Sie habe die Lieferungen auch nicht als Erfüllung angenommen, da vereinbart worden sei, dass die Futtermittel den Mischanweisungen vom 5. und 13. Februar 2007 hätten entsprechen sollen. Ob dies der Fall sei, könne nur anhand der Mischprotokolle überprüft werden. Da die Klägerin deren Herausgabe trotz mehrfacher Aufforderungen verweigert habe, sei dieser klar gewesen, dass die Entgegennahme und der Verbrauch der Futtermittel nicht in Geltung einer ordnungsgemäßen Erfüllung erfolgt seien. Da die Klägerin hinsichtlich der Zusammensetzung der Futtermittel auf die offene Deklaration gemäß Anlage B21 verweise, die nicht den Mischanweisungen vom 5. und 13. Februar 2007 entspreche, sei davon auszugehen, dass die Lieferungen mangelhaft seien. Eine Untersuchung der Lieferungen sei aufgrund der jahrelangen Geschäftsbeziehung nicht tunlich gewesen. Auch könne die Einhaltung der Mischanweisungen vom 5. und 13. Februar 2007 durch labortechnische Untersuchungen gar nicht überprüft werden, da die Rohwarenauswahl wegen Verarbeitung im Nachhinein nicht mehr feststellbar sei. Sie hat daher die Beklagte im Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 für die Lieferungen in der Zeit vom 2. Dezember 2010  bis 30. August 2011 zur Nacherfüllung aufgefordert. Ferner stehe ihr nach ihrer Auffassung ein Schadensersatzanspruch zu, da Änderungen in der Zusammensetzung des Futters zu fehlender Schmackhaftigkeit und damit zu einer verringerten Gewichtszunahme der Ferkel führen könnten. Dieser Anspruch sei aber erst nach Vorlage der Mischprotokolle bezifferbar. Der Anspruch auf Herausgabe der Mischprotokolle ergebe sich aus einem stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag.

56

Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Widerklage als unzulässig abgewiesen. So könne sich die Beklagte gegenüber dem aus § 433 Abs. 2 BGB ergebenden Kaufpreisanspruch der Klägerin nicht auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB berufen. Denn sie habe die Lieferungen als Erfüllung angenommen, da sie durch ihr Verhalten, nämlich den Verbrauch der Futtermittel, zu erkennen gegeben habe, dass sie die Lieferungen als ordnungsgemäße Erfüllung gelten lassen wolle. Konkrete Sachmängel habe die Beklagte bei und nach Entgegennahme der Futtermittel vor deren Verbrauch zu keinem Zeitpunkt gerügt. In ihrem Verlangen nach Vorlage der Mischprotokolle liege keine konkrete Sachmängelrüge. Auch könne die Beklagte keinen Nachbesserungsanspruch gemäß §§ 437, 439 BGB entgegenhalten, da sie konkrete Sachmängel nicht dargelegt habe. So trage sie selbst vor, dass sich eine Abweichung von den Mischanweisungen vom 5. und 13. Februar 2007 nur durch einen Vergleich mit den Protokollen feststellen lasse.

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Soweit die Lieferungen entsprechend der offene Deklaration vom 19. August 2011 (Anlagenkonvolut B21) von den Mischanweisungen vom 5. und 13. Februar 2007 abwichen, liege gleichwohl kein Sachmangel vor. Denn zwischen den Parteien sei nicht vereinbart, dass die Zusammensetzung des Futters diesen Mischanweisungen entsprechen müsse. So hätten  die Parteien zwar im Sommer 2008 im Hinblick auf Lieferungen für die Zeit von Juni 2008 bis April 2009 darüber verhandelt, dass die Mischanweisungen vom Februar 2007 Geltung erlangen sollten. Zu einer abschließenden Vereinbarung sei es indes nicht bekommen. Einen bestätigten Kontrakt für die Futtermittellieferungen im Zeitraum von Juni 2008 bis April 2009 gebe es nicht. Wie die Beklagte selbst hervorgehoben habe, habe sie sich stets geweigert, schriftliche Angebote oder Kontrakte der Klägerin gegenzuzeichnen. Aber selbst wenn eine entsprechende Vereinbarung anzunehmen wäre, betreffe diese allein Futtermittellieferungen im Zeitraum 2008 bis April 2009. Denn nur hinsichtlich dieser Verhandlungen habe sich die Klägerin mit einer (möglichen) Geltung der Rezepturen aus Februar 2007 einverstanden erklärt. Vorliegend gehe es indessen um Futtermittellieferungen für die Monate Juli bis August 2011. Dass es auch hier eine entsprechende Vereinbarung wie im Sommer 2008 gegeben habe, sei von der Beklagten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Allein die Umstände, dass die Parteien in langjährigen Geschäftsbeziehung standen und es sich um ehemals von der T. AG für die Beklagte entwickelte Spezialfutter handelte, ließen nicht den Schluss zu, dass ohne gesonderte Vereinbarung jeder Lieferung diese Rezeptur zu Grunde liegen sollte. Dagegen würden zudem die zu diesem Punkt bewusst geführten Verhandlungen im Sommer 2008 sprechen.

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Die mit der Widerklage geltend gemachte Stufenklage sei unzulässig, da die von der Beklagten begehrte Vorlage der Protokolle nicht zur Bezifferung eines Schadensersatzanspruchs wegen angeblich mangelhafter Futterlieferungen erforderlich sei. So sollten mit der Vorlage ersichtlich allein vermutete Mängel belegt und Informationen zur Durchsetzung von Ansprüchen verschafft werden. Denn die verringerte Gewichtszunahme der Ferkel infolge mangelhaften Futters wäre, falls überhaupt eingetreten, der Beklagten ohne Weiteres bekannt und damit bezifferbar.

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Das nach Schluss der mündlichen Verhandlung in einem gesonderten Termin am 28. Mai 2013 verkündete Urteil ist von der Kammervorsitzenden sowie einem der beiden mitwirkenden Handelsrichter unterschrieben. Für den weiteren mitwirkenden Handelsrichter enthält das Urteil einen von der Kammervorsitzenden unterzeichneten Abwesenheitsvermerk mit dem Wortlaut „Handelsrichter Sch. ist wegen Abwesenheit an der Unterschriftsleistung verhindert“.

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Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags rügt sie einerseits, dass das Landgericht die Erhebung des von ihr angebotenen Sachverständigenbeweises insbesondere zu der Frage unterlassen habe, dass die Herausgabe der Mischprotokolle zur Bestimmung eines Mangels und Schadens erforderlich sei. Insoweit habe das Landgericht die Bedeutung der Protokolle verkannt. Andererseits sei das Landgericht fehlerhaft davon ausgegangen, dass es eines bestätigten Kontrakts für einen Anspruch auf Herausgabe der Protokolle bedürfte. Das Landgericht habe dabei nicht berücksichtigt, dass die Parteien in laufenden Geschäftsbeziehungen gestanden hätten. Die Abrede, nach der die Klägerin zur Vorlage der Mischanweisungen verpflichtet gewesen sei, hätte damit weiter gegolten. Zumindest sei zwischen den Parteien ein konkludenter Auskunftsvertrag begründet worden. Auch habe das Landgericht die Widerklage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen, da es mit seiner Beurteilung der Schadensermittlung eine simplifizierte Auffassung von der Ferkelzucht unterstellt und auch insoweit einen Beweisantritt übergangen habe. Schließlich rügt sie - in der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2013 - die fehlerhafte Ersetzung der Unterschrift eines mitwirkenden Richters unter dem Urteil.

61

Die Beklagte beantragt,

62

unter Abänderung des am 28. März 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle,

63

Gesch.Nr. 8 O 103/12

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die Klage abzuweisen und

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auf die Widerklage die Klägerin wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen.

66

Die Klägerin beantragt,

67

die Berufung zurückzuweisen.

68

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

69

Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

70

Zwar beruht die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546,  547 Nr. 6 ZPO). Denn es mangelt an der nach § 315 Abs. 1 ZPO erforderlichen Unterschrift aller an der Entscheidung mitwirkenden Richter. So hat für den mitwirkenden Handelsrichter Sch. die Kammervorsitzende unterschrieben, ohne dass aus dem Abwesenheitsvermerk die Gründe der Verhinderung ersichtlich sind. Auch wenn § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Ersetzung einer Unterschrift im Falle der Verhinderung eines Richters zulässt, setzt dies in dem zu fertigenden Vermerk die Angabe des Verhinderungsgrundes voraus. Die bloße Angabe der Abwesenheit genügt hierfür nicht (z. B. BGH NJW 1980, 1849, 1850). Ist der Abwesenheitsgrund aber nicht erkennbar, ist die fehlende Unterschrift nicht ordnungsgemäß ersetzt worden mit der Folge, dass es an der Unterschrift fehlt. In diesem Fall liegt grundsätzlich kein ordnungsgemäßes schriftliches Urteil (§ 315 Abs. 2 ZPO), sondern lediglich ein Urteilsentwurf vor (z. B. BGH a.a.O.). Wird allerdings ein Urteil verkündet (§ 310 ZPO), so genügt diese förmliche (§ 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO) öffentliche Bekanntgabe der Gerichtsentscheidung, um sie - notfalls auch ohne Unterschrift - als endgültigen, verbindlichen hoheitlichen Ausspruch erscheinen zu lassen. Demgemäß ist eine verkündete Gerichtsentscheidung kein Entwurf mehr, sondern auch ohne Unterschrift entstanden, wenngleich möglicherweise anfechtbar (z. B. BGH NJW 1998, 609, 610; BGH NJW 2006, 1881, 1882; Musielak, Rn. 10 zu § 315 ZPO). So handelt sich in diesem Fall um einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das nicht ordnungsgemäß unterschriebene Urteil gilt als nicht vollständig abgefasst zur Geschäftsstelle gelangt, so dass ihm die erforderlichen Entscheidungsgründe fehlen (z. B. BGH NJW 2006, 1881, 1883). Allerdings ist das Berufungsgericht in diesem Fall nicht zwangsläufig gehalten, das Verfahren nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf einen etwaigen - hier bereits nicht gestellten Antrag - der Beklagten zurückzuverweisen. Zwar ist es dem Berufungsgericht verwehrt, die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Jedoch kann es die erforderlichen Feststellungen selbst treffen. Es hat nach § 538 Abs. 1 ZPO grundsätzlich die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden und darf die Sache nach § Abs. 2 ZPO nur ausnahmsweise an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen (z. B. BGH NJW 2011, 769, 770).

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Unter diesen Voraussetzungen kann der Senat selbst in der Sache entscheiden. Unter Berücksichtigung der danach zugrunde zu legenden Tatsachen, die sich aus dem Vortrag der Parteien und den zur Akte gereichten Unterlagen ergeben, ist die Klage begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten den der Höhe nach unstreitigen Kaufpreis für die dem Umfang nach gleichfalls unstreitig erfolgten Futtermittellieferungen in voller Höhe verlangen (§ 433 Abs. 2 BGB). Der Beklagten steht die Einrede des nicht erfüllten Vertrags, etwa aufgrund unvollständiger Lieferung oder wegen Gewährleistungsrechten in Folge mangelhafter Lieferung (§§ 434, 437 BGB ff.), nach § 320 BGB nicht zu. Denn die Beklagte kann sich auf eine unvollständige oder mangelhafte Lieferung, wofür sie die Darlegungs- und Beweislast trägt, nicht berufen.

72

Die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten ergibt sich aus § 363 BGB. Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Beklagte sämtliche Lieferungen der Klägerin als Erfüllung angenommen hat. Eine Annahme als Erfüllung ist gegeben, wenn das Verhalten des Gläubigers bei oder nach Entgegennahme der Leistung erkennen lässt, dass er sie als eine im Wesentlichen ordnungsmäßige Erfüllung gelten lassen will (z. B. BGH NJW 1958, 1724). Eine ausdrückliche Erklärung des Gläubigers ist ebenso wenig erforderlich wie sein Wille, das Schuldverhältnis zum Erlöschen zu bringen (Münchener Kommentar/Fetzer, Rn. 3 zu § 363 BGB). Wann eine Annahme als Erfüllung vorliegt, ist aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Je nach Fallgestaltung kann sie schon zu bejahen sein z. B. bei längerem Schweigen (Münchener Kommentar/Fetzer, Rn. 3 zu § 363 BGB m. w. N.) oder bei Eigenverwendung, insbesondere Ingebrauchnahme (z. B. BGH NJW 1961, 115, 116). Danach ist das Verhalten der Beklagten als Annahme bei sämtlichen Lieferungen zu werten. Denn die Beklagte hat über einen Zeitraum von mehreren Jahren, nämlich seit Bestehen der Geschäftsbeziehungen mit der Beklagten im Jahr 2008, deren Lieferungen anstandslos entgegengenommen, verfüttert und - bis auf die streitgegenständlichen - bezahlt. Objektiv kann dies nur so verstanden werden, dass die Beklagte die Lieferungen als vertragsgerecht gebilligt hat. Dem steht auch ein etwaiger - von der Beklagten unter Bezugnahme auf die Mischanweisungen aus dem Jahr 2007 behaupteter - Vorbehalt nicht entgegen. Denn dass die Beklagte eine Annahme der einzelnen Lieferungen von einer jeweiligen vorherigen Überprüfung der Mischanweisung abhängig machen wollte, hat sie der Klägerin zu keinem Zeitpunkt angezeigt und letztlich durch ihr tatsächliches mehrjähriges Verhalten widerlegt. Ohnehin schließt ein allgemeiner Vorbehalt gegen die Vertragsmäßigkeit der Leistung eine Annahme als Erfüllung nicht aus (Beck’scher Online-Kommentar/Dennhardt, Rn. 5 zu § 363 BGB); etwas anderes gilt nur bei einem auf konkrete Mängel bezogenen Vorbehalt (z. B. BGH NJW 2009, 360, 361). Derartige Einwände hat die Beklagte jedoch vor Eingang ihrer Klageerwiderung unstreitig nicht geltend gemacht. Sie trägt damit die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Einrede des nicht erfüllten Vertrags.

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Weder kann die Beklagte eine unvollständige Lieferung einwenden, weil die Klägerin die jeweiligen Mischprotokoll nicht mit übergeben hat. Aus der Übung mit ihrem früheren Vertragspartner, der T. AG, kann die Beklagte gegenüber der Klägerin keine Rechte herleiten. Dies gilt - unabhängig von der Frage der Rechtsnachfolge - schon angesichts der Zäsur durch die Vertragsverhandlungen und neuen Vereinbarungen im Jahr 2008, in deren Rahmen die Klägerin deutlich zum Ausdruck brachte, sich an bisherige Handhabungen nicht gebunden zu fühlen. Eine in diesem Zusammenhang zustande gekommene Vereinbarung der Parteien, wonach die Klägerin vertraglich zur Übergabe der Mischprotokolle bei den jeweiligen Lieferungen verpflichtet gewesen sein sollte, ist aus dem Vortrag der Beklagten hingegen nicht ersichtlich. Selbst wenn die Klägerin mit E-Mail vom 23. Juni 2008 angeboten hat, Einsicht in die Mischprotokoll nach vorheriger Rücksprache mit der TWA in K. zu gewähren, ergäbe sich hieraus keine vertragliche Verpflichtung zur Übergabe der Protokolle. Unabhängig hiervon hat die Beklagte trotz der ausdrücklichen Bitte der Klägerin um Bestätigung und Rücksprache wegen dieses Angebotes hierauf unstreitig nicht reagiert und damit das dahingehende Angebot der Klägerin nicht angenommen.

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Noch kann sich die Beklagte auf etwaige Mängel der streitgegenständlichen Lieferungen berufen. Soweit sie unter konkreter Benennung der Inhaltsstoffe eine Abweichung der offenen Deklaration vom 19. August 2011 sowie der Lieferungen vom 22. und 30. August 2011 von den Mischanweisungen aus dem Jahr 2007 geltend macht, stehen ihr - selbst wenn die Mischanweisungen vertragliche Grundlage und deshalb die Lieferungen mangelhaft gewesen sein sollten - Gewährleistungsrechte nach § 377 Abs. 2 HGB nicht mehr zu. Diese Vorschrift findet Anwendung, da es sich für beide Parteien um ein Handelsgeschäft handelt (§§ 343 Abs. 1, 344, 6 HGB, 13 Abs. 3 GmbHG). Nach § 377 Abs. 1 HGB hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Zwar traf die Beklagte nicht ohne Weiteres - unabhängig von den von ihr behaupteten labortechnisch bedingten Einschränkungen - eine Untersuchungspflicht. Denn der Käufer, der in langjähriger Geschäftsbeziehung vom Verkäufer regelmäßig gleichartige, mangelfreie Ware bezieht, darf darauf vertrauen, dass der Verkäufer ihn auf Änderungen der Beschaffenheit der Ware hinweist. Ist der Käufer durch die Hinweispflicht des Verkäufers vor bewusster Änderung von Beschaffenheitsmerkmalen geschützt, so erscheint es nicht geboten, ihn, solange dieser Vertrauenstatbestand besteht, im selben Zuge mit einer Untersuchungsobliegenheit zu belasten, soweit diese dazu dient, Beschaffenheitsänderungen und ihre Auswirkungen auf den vertraglich vorgesehenen Gebrauch der Ware aufzuspüren (z. B. BGH NJW 1996, 1537, 1538). Dies betrifft aber nur die Untersuchungspflicht, nicht jedoch die Rügepflicht. Die Rügepflicht entfällt nicht, sondern entsteht, sobald der Käufer auch ohne Hinweis des Verkäufers die Beschaffenheitsänderung erkennt oder erkennen kann (BGH a. a. O.). In diesem Fall ist der Käufer nach § 377 Abs. 3 HGB zur unverzüglichen Anzeige - also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) - verpflichtet, andernfalls die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt gilt. So liegt es hier. Denn aus der ihr am 19. August 2011 übersandten Deklaration und den Lieferscheinen vom 22. August 2011 sowie 30. August 2011 waren - wie von ihr selbst vorgetragen - eindeutig Abweichungen von den ursprünglichen Mischanweisungen ersichtlich. Diese hätte die Beklagte - unabhängig von einer Hinweispflicht der Klägerin - sofort erkennen können und müssen, zumal sie die Deklaration ausdrücklich angefordert hat und hierüber umfangreicher Schriftverkehr per E-Mail geführt wurde. Diese Abweichungen hat sie jedoch unbestritten erstmals im Rechtsstreit mit ihrer Klageerwiderung vom 27. Februar 2012, also ein halbes Jahr später, gerügt. Dieser Zeitraum erfüllt offenkundig nicht mehr das Erfordernis der Unverzüglichkeit, ohne dass es näherer Erörterungen bedarf, welche Zeit vorliegend noch angemessen gewesen wäre.

75

Soweit sich die Beklagte über die vorgenannten, konkret bezeichneten Abweichungen von den Mischanweisungen auf eine generelle Mangelhaftigkeit beruft, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Schon dies geht zu Lasten der Beklagten. Allein ihr Vortrag, dass sie ohne Vorlage der Mischanweisungen der Klägerin zum Nachweis einer Mangelhaftigkeit nicht in der Lage sei, enthebt sie nicht ihrer Pflicht, zumindest ansatzweise überhaupt einen Mangel vorzutragen, zumal ihr durch die Lieferungen offenkundig kein Nachteil (als Folge eines etwaigen Mangels) entstanden ist. Unabhängig hiervon ist die Beklagte jedenfalls gem. § 377 Abs. 3 HGB mit dahingehenden Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen, da sie spätestens mit der offenen Deklaration vom 19. August 2011 sowie aufgrund der Lieferscheine vom 22. sowie 30. August 2011 Kenntnis über mögliche Abweichungen hatte und diese in diesem Zusammenhang, schon angesichts der zwischenzeitlichen Verfütterung und rügelosen Bezahlung von Rechnungen, hätte monieren müssen. Zwar muss bei einem Sukzessivlieferungsvertrag jede Rate für sich gerügt werden (z. B. BGHZ 191, 337, 339; Staub/Brüggemann, Rn. 118 zu § 377 HBG; Münchener Kommentar/Grunewald, Rn. 67 zu § 377 HGB). Versäumt der Käufer bei einer Teillieferung die Rügefrist, so gilt nur diese als genehmigt (Heymann/Emmerich/Hoffmann, Rn. 70 zu § 377 HGB), sofern jedenfalls spätere Mängel - also bei weiteren Lieferungen - auftreten (Ebenroth/Müller, Rn. 65 zu § 377 HGB). Demgegenüber besteht bei Teillieferungen die Pflicht zur Rüge der gesamten Lieferung, wenn sich aus einzelnen Lieferungen der Schluss auf eine Mangelhaftigkeit der gesamten Lieferung ergibt (z. B. BGH NJW 1989, 2583; Münchener Kommentar/Grunewald, Rn. 80 zu § 377 HGB). So liegt es auch hier, da die Beklagte trotz ihres Verdachts die weiteren streitgegenständlichen, vor dem 19. August 2011 liegenden Lieferungen nicht gerügt hat.

76

Auf Frage, ob die Mischanweisungen aus dem Jahr 2007 tatsächlich vertragliche Grundlage der streitgegenständlichen Lieferungen waren, wie auch auf die unter Sachverständigenbeweis gestellt Behauptung der Beklagten, dass die Feststellung eines Mangels zwingend die Vorlage der Mischprotokolle erfordere, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.

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Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie Zinsen folgt aus Verzug (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 3 BGB, für die Zinsen i. V. m. § 288 Abs. 2 BGB).

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Hingegen ist die widerklagend erhobene Stufenklage unzulässig. Denn eine Stufenklage kommt nur in Betracht, wenn die mit der ersten Stufe begehrte Auskunft dazu dient, den Leistungsantrag zu beziffern, nicht aber, wenn mit der Informationsklage lediglich Auskunft darüber erlangt werden soll, ob ein Hauptanspruch besteht, der Umfang vom Kläger dann aber selbst dargelegt werden kann (Zöller/Greger, Rn. 6 zu § 254 ZPO). Der erforderliche Zusammenhang zwischen Auskunfts- und Leistungsbegehren fehlt, wenn die Auskunft dem Kläger die Beurteilung ermöglichen soll, ob ihm dem Grunde nach ein Anspruch zusteht, ob also beispielsweise ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten des Beklagten vorliegt und ob dieses für einen dem Kläger entstandenen Schaden kausal ist (z. B. BGH NJW 2011, 1815, 1816). So liegt es hier: Die Beklagte begehrt die Herausgabe der Mischanweisungen, um einen vermeintlichen Mangel der Lieferungen zu beweisen. Hiervon völlig unabhängig wäre die - durch den Mangel veranlasste - Schadenshöhe wegen einer geringeren Gewichtszunahme der Ferkel, welche die Beklagte ohne Weiteres auch ohne die Mischanweisungen darlegen und beweisen könnte. Weshalb die Beklagte zur Ermittlung einer Gewichtsdifferenz und eines dadurch entstandenen Schadens nicht ohne die Mischprotokolle in der Lage sein sollte, hat sie auch mit ihrer Berufung nicht nachvollziehbar dargelegt.

79

Allerdings ist die als solche unzulässige Stufenklage in eine - zulässige - Klagehäufung i. S. des § 260 ZPO umzudeuten (z. B. BGH NJW 2011, 1815, 1817). Insoweit ist die Widerklage im Hinblick auf die begehrte Auskunft (in Gestalt des auf Herausgabe der Mischprotokolle gerichteten Antrags) und Versicherung an Eides statt zwar zulässig. Die Widerklage ist insoweit jedoch unbegründet. Denn die Beklagte hat für die streitgegenständlichen Lieferungen keinen Auskunftsanspruch und damit auch keinen Anspruch auf Versicherung an Eides statt. Denn es fehlt ihr an einem rechtlichen Interesse für die begehrte Auskunft, da sie diese lediglich zur Begründung eines ohnehin nicht bestehenden Schadensanspruchs verlangt. Mit einem Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB ist die Beklagte wegen Verletzung ihrer Rügepflicht - wie bereit erörtert - in jedem Falle ausgeschlossen. Zudem hat sie einen Schaden nicht dargelegt, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre.

80

Soweit die Widerklage insoweit statt - wie in der ersten Instanz geschehen - als unzulässig sondern als unbegründet zurückzuweisen ist, scheitert dies schließlich nicht am Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO. Denn durch die Abweisung als unbegründet wird die Beklagte nicht schlechter gestellt, weil ihr durch die vorherige Abweisung als unzulässig keine Rechtsposition irgendwelcher Art zugesprochen worden war (z. B. BGH NJW 1970, 1683).

81

Der widerklagend erhobene Zahlungsantrag ist hingegen auch im Falle einer objektiven Klagehäufung unzulässig. Denn es mangelt ihm mangels einer Bezifferung der Forderung an einer hinreichenden Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Danach sind Zahlungsanträge grundsätzlich zu beziffern. Hängt die Höhe des Anspruchs von einer Auskunft ab, darf nur im Fall der Stufenklage nach § 254 ZPO bis zur erteilten Auskunft von der Bezifferung abgesehen werden (Beck’scher Online-Kommentar/Bacher, Rn. 59 zu § 253 ZPO). Dieser Fall liegt hier - wie zuvor ausgeführt mangels Zulässigkeit der Stufenklage - nicht vor.

82

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 20. September 2013 hat dem Senat vorgelegen. Er gibt jedoch keinen Anlass, die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen.

III.

83

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO

84

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Für eine Zulassung der Revision keine Gründe ersichtlich. Denn der Rechtssache kommt weder eine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).


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