Urteil vom Oberlandesgericht Rostock (3. Zivilsenat) - 3 U 73/12

Tenor

1.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 06.07.2012 - 9 O 719/11 - abgeändert und die Beklagte unter Zurückweisung der Klage im übrigen verurteilt, an die Klägerin 46.635,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 5.680,00 € ab 04.03.2011, 05.04.2011, 05.05.2011, 05.06.2011, 05.07.2011, 05.08.2011 und 05.09.2011 sowie aus 5.683,01 € seit dem 09.09.2014 zu zahlen.

2.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 64% und die Beklagte zu 36%.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen sich jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die andere Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 131.058,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.

2

Die Klägerin vermietete mit Vertrag vom 27.12.2010/07.01.2011 Räumlichkeiten in einer Größe von ca. 710 qm im Geschäftshaus W. G. in R. an die I. B. GmbH in R. Letztere ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten. Der Mietvertrag wurde für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2017 geschlossen. Monatlich waren für Miete, Verwaltungs- und Nebenkostenvorauszahlungen 7.405,30 € vereinbart. Die Miete in Höhe von 5.680,00 € war der Mieterin für Januar und Februar 2011 erlassen worden. Gemäß § 3.3 des Mietvertrages hatte die Mieterin eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten zu leisten. Darüber hinaus heißt es in § 3.3 des Vertrages:

3

"Der Mieter kann die Barkaution in Höhe von drei Monatsmieten jederzeit durch eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines deutschen Kreditinstitutes ersetzen unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage (§§ 768, 770, 771 BGB). Die Bürgschaft muss unter Verzicht auf die Befreiung durch Hinterlegung auf erstes Anfordern in Anspruch genommen werden können. Bürge: Zusätzlich zu der vorgenannten Kaution bürgt der Gesellschafter des Mieters, die I. F. und M. GmbH, K., R., für sämtliche Verpflichtungen des Mieters aus diesem Mietvertrag. Die Bürgschaftserklärung des Gesellschafters wird in Anlage 4 von diesem bestätigt und Bestandteil dieses Mietvertrags.“

4

Die Bürgschaftserklärung der Beklagten datiert auf den 23.12.2010. Wegen des Inhalts wird auf die Anlage K2 Bezug genommen. Die unterzeichnete Bürgschaftserklärung ging bei der Klägerin am 12.01.2011 nach vorausgegangener Mahnung der Klägerin ein. Die Bürgschaftserklärung hatte der auf Seiten der Klägerin tätige Zeuge S. mit dem Mietvertragsentwurf per E-Mail übersandt.

5

Am 08.02.2011 unterzeichneten ein Mitarbeiter der für die Klägerin tätigen Hausverwaltung und der Geschäftsführer der Mieterin ein Übergabeprotokoll, in welchem verschiedene Mängel aufgelistet sind (vgl. Anlage B1).

6

Die Mieterin leistete die mit ihr vereinbarte Kaution nicht. In den Monaten Januar, Februar und März zahlte sie die Verwaltungs- und Betriebskostenvorauszahlungen. Ab April 2011 leistete sie keine Zahlungen. Mit Beschluss vom 01.06.2011 wurde über das Vermögen der Mieterin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Mietverhältnis zum 30.09.2011.

7

Mit Schreiben vom 15.04.2011 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche aus der Bürgschaft geltend, die diese zurückwies.

8

Erstinstanzlich hat die Klägerin einerseits die Kaltmiete für März und andererseits für April und Mai die Miete nebst Verwaltungs- und Betriebskostenvorauszahlungen verlangt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Bürgschaft sei wirksam. Die Bürgschaft und der Mietvertrag seien zwischen den Parteien ausgehandelt worden. Auch handele es sich bei der Bürgschaft nicht um ein für eine Vielzahl von Verträgen verwandtes Muster. Ggf. sei die Bürgschaft im Wege der geltungserhaltenden Reduktion als normale Bürgschaft anzusehen. Die im Übergabeprotokoll aufgeführten Mängel seien beseitigt worden.

9

Sie hat beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.490,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 5.680,00 € seit dem 04.03.2011, auf 7.405,30 € seit dem 05.04.2011 und auf 7.405,30 € ab 05.05.2011 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Sie hat die Bürgschaft für unwirksam gehalten. Es handele sich bei der Bürgschaft um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Mietvertrag und Bürgschaft seien nicht verhandelt worden. Mieterin und Klägerin hätten allein darüber verhandelt, welche Räume angemietet werden sollten. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern könne allgemein nicht vereinbart werden. Die Bürgschaft lasse auch offen, ob der Betrag ggf. zurückgefordert werden könne. Die Auslegung der Bürgschaft ergebe auch, dass § 768 BGB abbedungen sei, weshalb sie als AGB ebenfalls unwirksam sei. Die Bürgschaft sei auch ihrem Umfang nach unangemessen und daher unwirksam. In der Praxis seien Kautionen im Umfang von sechs Monatsmieten als wirksam angesehen worden. Die Bürgschaft umfasse jedoch 84 Monatsmieten. Zusätzlich sei noch eine Kaution von drei Monatsmieten zu stellen gewesen. Die Bürgschaft könne man aber auch dahin verstehen, dass sie nur die von der zu zahlenden Kaution nicht abgedeckten Mieten erfassen sollte, so dass der im Streit stehende Betrag nicht erfasst würde.

14

Die Beklagte habe die Bürgschaft dahin verstanden, dass sie als Ablöse für die zu stellende Kaution hätte dienen sollen. Das habe wohl auch die Klägerin so verstanden, da die Räume ohne Leistung der Kaution überlassen worden seien. Über die im Übergabeprotokoll aufgeführten Mängel hinaus würden auch 22 Türen nicht ordnungsgemäß schließen. Die Mängel würden eine Minderung von 60 % der Miete rechtfertigen.

15

Mit Urteil vom 06.07.2012 hat das Landgericht Rostock die Klage abgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe und der weitergehenden erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil Bezug.

16

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin zunächst ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Sie hält das angefochtene Urteil für rechtsfehlerhaft.

17

Das Landgericht gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass die streitgegenständliche Bürgschaftserklärung unwirksam sei. Zutreffend lege das Landgericht zugrunde, dass es sich um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt. Zutreffend sei auch, dass es sich nicht um eine Kautionsbürgschaft handele, sondern sich die Beklagte mit dieser verpflichtet habe, für sämtliche Zahlungsverpflichtungen der eigentlichen Mieterin aus dem Mietvertrag einzustehen. Rechtsfehlerhaft führe das Landgericht jedoch aus, dass die Bürgschaftsvereinbarung zwischen den Parteien aufgrund einer formularmäßigen Erklärung deswegen nicht wirksam vereinbart worden sei, weil die Beklagte nicht zu jenen Unternehmen gezählt werden könne, zu deren Geschäftsbereich derartige Bürgschaftsübernahmen üblicherweise gehören. Letzteres sei zwar grundsätzlich zutreffend, weil es sich bei der Beklagten um ein Bildungsunternehmen handele.

18

Unberücksichtigt habe das Landgericht jedoch die besondere Situation gelassen, dass die Beklagte als Vertragspartner eines Mietvertrages mit einer nahezu personenidentischen Gesellschaft gemessen an der personellen Zusammensetzung schon einmal die Verpflichtung übernommen habe, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern als Mietsicherheit zu stellen. Das Landgericht verkenne, dass sich im Rahmen dieses Vertrages die Beklagte bereits mit dem Problem der Bürgschaft auf erstes Anfordern haben befassen müssen. Wenn sich die Beklagte nicht mit der Bürgschaft auf erstes Anfordern auseinandergesetzt habe, streite dies nicht für ihre Behauptung, sie habe deren Bedeutung und Ausmaß aufgrund ihrer geschäftlichen Tätigkeit nicht kennen können. Die Bürgschaft sei für die Beklagte durch den Präsidenten der IHK R., H., unterschrieben worden, der in der Vergangenheit Artikel über Unternehmensfinanzierung und -förderung veröffentlicht habe.

19

Die Bürgschaft sei auch deshalb nicht unwirksam, da sie von dem Zeugen S. in der Art und Weise erstellt und übersandt wurde, wie er dies in seiner Zeugenaussage vorgetragen habe. Demnach habe es sich nicht um eine Kautionsbürgschaft gehandelt. Der Mieter habe sich neben der Kaution verpflichtet, die Bürgschaft des Gesellschafters zusätzlich beizubringen. Die Bürgschaft sei erst aufgrund einer Auskunft der Kreditreform über die Mieterin verlangt worden. Unmittelbar im Anschluss an die Auskunftserteilung der Kreditreform sei die Bürgschaftsurkunde vom Zeugen S. erstellt und am 22.12.2010 an die Mieterin übersandt worden. Der Text der Bürgschaft sei nicht in den Mietvertrag eingebunden gewesen, sondern als selbstständiges Schriftstück verfasst worden. Der Zeuge habe sie dann zusammen mit dem Mietvertrag per E-Mail an die Mieterin übersandt. Die Übersendung der Bürgschaft mit dem entsprechenden Anschreiben habe für die Beklagte die Möglichkeit eröffnet, die Bürgschaft zu verhandeln, was diese aber nicht getan habe. Auf zweite Nachfrage habe sie sie unterzeichnet zurückgesandt.

20

Fehlerhaft sei auch die Annahme des Landgerichts, die Bürgschaft sei für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden. Der Zeuge S. habe in seiner Vernehmung ausdrücklich erklärt, dass es sich bei der Formulierung der Bürgschaftserklärung um eine einmalige zuvor nie praktizierte Verfahrensweise gehandelt habe.

21

Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne auch der Umstand, dass der Zeuge S. in seiner Vernehmung einzelne Begriffe aus der Bürgschaftserklärung nicht habe juristisch korrekt erklären können, nicht belegen, dass die Erklärung nicht seiner Idee entsprungen sei. Auch sei nicht zu erkennen, warum der Zeuge die Begriffe als Nichtjurist mit seinen Laienformulierungen unzutreffend erklärt haben soll.

22

Die Rechtsprechung des BGH komme nicht zu dem Ergebnis, dass ein Bürgschaftsvertrag als Ganzes unwirksam sei, wenn er die Klausel zur Leistung auf erstes Anfordern enthalte. Vielmehr werde streng zwischen dem Vertrag auf selbstschuldnerische Bürgschaft und der Klausel auf erstes Anfordern unterschieden. Vorliegend gehe es allein um die Wirksamkeit der Klausel im Bürgschaftsvertrag und diesen selbst. Auf die Frage, ob die Bürgschaft auf erstes Anfordern als Individualvereinbarung wirksam sei, komme es nicht an, weil auf jeden Fall der Bürgschaftsvertrag unter Anwendung des § 306 Abs. 1 BGB als solcher als (normale) selbstschuldnerische Bürgschaft bestehen bleibe und der Klageanspruch damit begründet sei. Die Klägerin habe ihren Anspruch auch nie auf die Klausel des ersten Anforderns gestützt.

23

Zwischen der Klägerin und der Mieterin seien vor Vertragsschluss umfangreiche Verhandlungen geführt worden. Die Klägerin habe umfangreiche Umbauten und Einbauten im Wert von ca. 40.000,00 € vornehmen müssen. Daher sei es Ziel gewesen, einen langfristigen Vertrag zu schließen. Ursprünglich sei die Klägerin davon ausgegangen, dass der Mietvertrag mit der Beklagten geschlossen werden solle, da diese bereits einmal Mieterin bei der Klägerin gewesen sei und aufgrund ihres Jahresumsatzes wirtschaftlich gefestigt war. Es habe sich dann aber herausgestellt, dass Mieterin eine andere Firma aus dem Umfeld des Herrn H. werden sollte. Nach Einholung der Auskunft der Kreditreform habe der Zeuge S. die von der Beklagten unterzeichnete Bürgschaftserklärung entworfen, wobei er sich an die in § 3.3 Abs. 3 des Vertrages enthaltene Formulierung orientiert habe. Die Klausel "auf erstes Anfordern" sei von dem Zeugen erst in Absatz 3 der Bürgschaftserklärung eingefügt und kürzer als im Mietvertrag formuliert worden. Ein Formularbuch habe er nicht verwendet. Auch die Formulierung zum Bürgen sei individualvertraglich eingefügt worden.

24

Auf den Senatshinweis in der Sitzung vom 05.12.2013, dass die Bürgenhaftung mit Ablauf der Kündigungsfrist nach Ausübung des Sonderkündigungsrechts durch den Insolvenzverwalter ende, weil gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 InsO hierdurch ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch entstehe, die Bürgschaft aber ausdrücklich nur für vertragliche Ansprüche übernommen worden sei, führt die Klägerin aus, dass nach neuerer Rechtsprechung für das Werkvertragsrecht anerkannt sei, dass das Vertragsverhältnis durch die Nichterfüllungsentscheidung des Insolvenzverwalters nicht umgestaltet werde. Deshalb werde die Bürgenhaftung für die Werklohnforderung durch das insolvenzrechtliche Schicksal des Werkvertrages im Grundsatz nicht beeinflusst. Das könne im Mietrecht nicht anders sein. Wegen der Argumentation der Klägerin im Einzelnen nimmt der Senat auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19.11.2015 Bezug.

25

Mit Schriftsatz vom 25.10.2013 hat die Klägerin ihre Klage erweitert und beantragt,

1.

26

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.490,60 € nebst Zinsen von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus 5.680,00 € seit 04.03.2011, aus 7.405,30 € seit 05.04.2011 und aus 7.405,30 € seit 05.05.2011 zu zahlen,

2.

27

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Mietzins- und Nebenkostenausfall, welcher der Klägerin aus dem Mietvertrag zwischen ihr und der Firma I. B. GmbH vom 27.12.2010/07.01.2011 über das Mietobjekt im der Klägerin gehörenden Geschäftszentrum R. (B., W., R. über ca. 710 qm im 2. Obergeschoss) bis zum Ablauf des zeitlich befristeten Mietvertrags zum 31.12.2017 entsteht, zu erstatten, soweit durch anderweitige Vermietung des Mietobjekts diese Ansprüche nicht bzw. nicht vollständig abgedeckt werden können.

28

Mit Schriftsatz vom 01.08.2014 hat die Klägerin erneut ihre Klage umgestellt.

29

Unter I. 1. - 4. werde der in der Zeit 2011 bis 2013 entgangene Mietausfall geltend gemacht unter Einbeziehung der vereinbarten monatlichen Verwaltervergütung. Zur besseren Übersichtlichkeit werde die der Klägerin geschuldete Miete vom 01.03. bis 30.09.2011 (Zeitpunkt der Beendigung des Mietvertrags aufgrund Kündigung durch den Insolvenzverwalter) antragsmäßig separat geltend gemacht, und zwar in Ziffer I. 1. des Antrags mit € 40.952,80.

30

In Ziffer I. 2. werde der Mietzins als Schadensersatzanspruch für den Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2011 geltend gemacht, wobei ab diesem Zeitraum Einnahmen der Klägerin aus Teilvermietung der an die Mietschuldnerin vermieteten Flächen an die Firma F. berücksichtigt worden seien. In Ziffer I. 3 werde der Schadensersatz wegen Mietzinsausfall für das Jahr 2012 geltend gemacht, wobei auch hier die Einnahmen der Klägerin durch Teilvermietung in Abzug gebracht worden seien. In Ziffer 1. 4 des Antrags werde ebenfalls der Mietzinsausfall, und zwar für das Jahr 2013 geltend gemacht, ebenfalls unter Abzug der Einnahmen aus der Teilvermietung an Ersatzmieter. Ab 01.03.2013 sei erstmalig die gesamte an die Mietschuldnerin vermietete Fläche ersatzvermietet gewesen und ab diesem Zeitpunkt sei dann auch nahezu der gesamte mit der Mietschuldnerin vereinbarte Mietzins von der Klägerin erzielt worden.

31

Unter II. mache die Klägerin die Betriebskosten geltend, die sie zu tragen gehabt habe. Sie legt hierzu Betriebskostenabrechnungen vor.

32

Bis zum 30.09.2011 sei eine Ersatzvermietung nicht möglich gewesen, da der Mietvertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist noch bestanden habe. Ab 01.10.2011 sei der bestehende Untermietvertrag zwischen der Firma I. B. GmbH und der Firma F. durch die Klägerin als Vermieterin übernommen worden. Die Firma F. habe ab 01.10.2011 Miete gezahlt. Ab dem 01.01.2012 sei eine weitere Teilfläche an das D. R. K. vermietet worden. Ab dem 01.12.2012 sei die zusätzliche Vermietung eines weiteren Raums an das D. R. K. erfolgt. Zum 31.01.2013 habe das Mietverhältnis mit der Firma F. geendet. Die an diese vermietete Teilfläche habe bis 28.02.2013 leer gestanden. Ab 01.03.2013 sei die Vermietung der noch leeren Restfläche an die D. P. erfolgt. Seit dem 01.03.2013 sei deshalb die gesamte ursprüngliche Fläche des Mietvertrags zwischen der Klägerin und der Firma I. B. ersatzvermietet gewesen.

33

Im Rahmen der Ersatzvermietung seien notwendige Kosten für Vermietungsanzeigen, Vermietungsprovisionen, für Aufwendungen der Verwalterfirma H., Erstellung von Flächenaufmaßen für Teilflächen P., Änderung der Beschilderung, Teppichreinigung, Änderung von Wänden mit Anpassung der Bodenbeläge, Einbau einer zusätzlichen Küche, Einbau einer zusätzlichen Tür etc. entstanden. Die Kosten seien erforderlich gewesen und wären nicht angefallen, wenn die Firma I. B. den Mietvertrag erfüllt hätte. Der Klägerin seien für diese Maßnahmen im Rahmen der Neu- bzw. Ersatzvermietung im Zeitraum 2011 Kosten in Höhe von € 757,32, im Zeitraum 2012 Kosten von € 7.363,93 und im Zeitraum 2013 € 5.324,09, insgesamt € 13.445,34 entstanden.

34

Die Klägerin stellt nunmehr folgende Anträge:

I. 1.

35

Die Beklagte wird verurteilt, Mietzins sowie Verwaltergebühr für den Zeitraum März - einschließlich September 2011 in Höhe von € 40.952,80 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 5.680,00 ab 04.03.2011, 05.04.2011, 05.05.2011, 05.06.2011, 05.07.2011, 05.08.2011 und 05.09.2011 zu bezahlen.

2.

36

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2011 Mietausfallentschädigung in Höhe von € 14.904,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 4.968,00 ab 05.10.2011, 05.11.2011 und 05.12.2011 zu bezahlen.

3.

37

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2012 Mietausfallentschädigung in Höhe von € 24.099,64 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 2.024,38 ab 05.01.12, 05.02.12, 05.03.12, 05.04.12, 05.05.12, 05.06.12, 05.07.12, 05.08.12, 05.09.12, 05.10.12, 05.11.12 und aus € 1.831,46 ab 05.12.12 zu bezahlen.

4.

38

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2013 Mietausfallentschädigung in Höhe von € 8.183,42 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.831,46 seit 05.01.2013, aus € 2.742,26 seit 05.02.2013, aus € 360,97 seit 05.03.2013, aus € 360,97 seit 05.04.2013, aus € 360,97 seit 05.05.2013, aus € 360,97 seit 05.06.2013, aus € 360,97 seit 05.07.2013, aus € 360,97 seit 05.08.2013, aus € 360,97 seit 05.09.2013, aus € 360,97 seit 05.10.2013, aus € 360,97 seit 05.11.2013 und aus € 360,97 seit 05.012.2013 zu bezahlen.

II. 1.

39

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.01. bis 30.09.2011 Nebenkosten (Betriebskosten) in Höhe von € 5.683,01 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte zu bezahlen.

2.

40

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2011 Nebenkosten (Betriebskosten) für Teilfläche 9 in Höhe von € 1.683,59 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte zu bezahlen.

3.

41

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2011 Nebenkosten (Betriebskosten) für Teilfläche 13 in Höhe von € 1.143,41 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte zu bezahlen.

4.

42

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2012 Nebenkosten (Betriebskosten) in Höhe von € 5.726,56 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte zu bezahlen.

5.

43

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.01. bis 28.02.2013 Nebenkosten (Betriebskosten) für Teilfläche 13 in Höhe von € 1.102,69 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte zu bezahlen.

6.

44

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.02. bis 28.02.2013 Nebenkosten (Betriebskosten) für Teilfläche 14 in Höhe von € 272,19 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte zu bezahlen.

III.

45

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin dieser entstandene Kosten, die im Rahmen der Ersatzvermietungen im Zeitraum 2011 - 2013 angefallen sind, in Höhe von € 13.445,34 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte zu bezahlen.

IV.

46

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Mietzins- und Nebenkostenausfall welcher ihr aus dem Mietvertrag mit der Firma I. B. GmbH vom 27.12.2011/07.01.2011 über das Mietobjekt im der Klägerin gehörenden Geschäftszentrum R. (B., W. A., R. vom 01.01.2014 - 31.12.2017 entsteht, zu erstatten, soweit durch anderweitige Vermietung des Mietobjekts diese Ansprüche nicht bzw. nicht vollständig abgedeckt werden können.

47

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung sowie die Abweisung der erweiterten Klage. Die Bürgschaftserklärung sei unwirksam, da sie AGB-widrig, jedenfalls aber sittenwidrig sei. Dass nach dem ersten Anschein für die Bürgschaftserklärung von AGB auszugehen sei, habe die Beklagte bereits erstinstanzlich vorgetragen und das Landgericht habe hieran angeknüpft. Es sei Sache der Klägerin gewesen, diesen Anschein zu entkräften, was ihr nicht gelungen sei. Dass die die Klägerin vertretende F. T.- und S. mbH das Bürgschaftsmuster dreifach verwendet habe, ergebe sich bereits aus den Prozessakten. Im Wesentlichen gleichlautende Formulierungen würden sich neben dieser Erklärung in § 3.3 des Vertrages sowie in § 5 des als Anlage K9 abgereichten Mietvertrages finden. Für eine Vielzahlverwendung genüge es zudem, wenn die Klägerin selbst sie nur einmal hätte verwenden wollen, hierfür aber ein für eine Vielzahlverwendung entwickeltes Formular genutzt habe.

48

Die Bürgschaft sei auch deshalb unwirksam, weil das mit ihr verbundene Risiko unzumutbar hoch gewesen sei. Die Klägerin hätte die Beklagte unter verschiedenen denkbaren Konstellationen, in den ein Anspruch tatsächlich nicht bestanden hätte, zunächst in Anspruch nehmen können. Ihr Sicherungsinteresse sei aber begrenzt, denn bei ausbleibenden Zahlungen hätte sie das Mietverhältnis kündigen können. Auch der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten Präsident der IHK war, ändere nichts daran, dass der Beklagten die Instrumentarien der Bürgschaft auf erstes Anfordern und die hierdurch begründeten Risiken nicht bekannt gewesen seien. Der Beklagten sei nicht bekannt gewesen, dass sie aufgrund der Bürgschaft sofort zahlen müsse, ohne dass ihr Einwendungen aus dem Mietverhältnis zustünden.

49

Die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft ergebe sich daraus, dass die Beklagte nach dem Verständnis der Klägerin für 84 Monatsmieten je 7.405,30 € zzgl. Kaution, zzgl. sonstige Forderungen der Klägerin aus dem Mietverhältnis, etwa Schönheitsreparaturen, hafte.

50

Die Klageerweiterung und -umstellung hält sie gemäß § 533 ZPO für unzulässig.

51

§ 109 Abs. 1 Satz 3 InsO stelle klar, dass der Schadensersatzanspruch eine Insolvenzforderung darstelle, obwohl er durch eine Handlung des Insolvenzverwalters ausgelöst worden ist. Dieser sei zur Tabelle anzumelden. Da das Insolvenzverfahren noch nicht beendet sei, stehe die Quote noch offen und es sei damit auch offen, in welcher Höhe die Klägerin mit ihrer Forderung ausfalle. Die Zahlungsanträge seien derzeit nicht bezifferbar.

52

Die F. GmbH habe seinerzeit über eine Teilfläche von 111 qm einen Untermietvertrag geschlossen gehabt. Sie habe dann ab dem 01.10.2011 einen Mietvertrag mit der Klägerin geschlossen. Mit Schreiben vom 29.08.2011 und 15.09.2011 habe die F. GmbH der Klägerin angeboten, mit Wirkung zum 01.10.2011 einen Mietvertrag über die Gesamtfläche abzuschließen, welche bis dahin von der Mieterin genutzt wurde. Dieses Angebot habe die Klägerin abgelehnt und einen Mietvertrag mit der F. GmbH nur über die Teilfläche abgeschlossen, welche bis dahin untervermietet wurde. Daher treffe die Klägerin ein Mitverschulden.

53

Die von der Klägerin bezifferten Ansprüche bestreitet die Beklagte nach Grund und Höhe. Das Bestehen des verlangten Mietausfalls und die Ersatzaufwendungen werden bestritten, ebenso dass die verlangten Nebenkosten entstanden seien.

II.

54

Die zulässige Berufung und die im Berufungsverfahren erweiterte Klage haben im tenorierten Umfang Erfolg. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

1.

55

Die im Berufungsverfahren erfolgten Klagerweiterungen sind zulässig.

56

Eine in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung ist nicht an die Frist des § 520 ZPO gebunden (Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 520 Rn. 10 m.w.N.). Sie bedarf keiner Einwilligung des Gegners (Zöller/Heßler, § 531 Rn. 23).

57

§ 533 ZPO findet auf eine Klagerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO, welche auch der Wechsel von einer Feststellungs- zu einer Leistungsklage darstellt, keine Anwendung (BGH, Urt. v. 22.04.2010, IX ZR 160/09, MDR 2010, 1011). Daher ist es unschädlich, dass die Leistungsklage nun auf Tatsachen beruht, die der Entscheidung zuvor nicht zugrunde zu legen waren.

2.

58

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte dem Grunde nach Ansprüche aus dem Bürgschaftsvertrag i.V.m. §§ 765 ff. BGB zu.

a.

59

Dabei kann es offen bleiben, ob die Formulierung

60

"Bürge: Zusätzlich zu der vorgenannten Kaution bürgt der Gesellschafter des Mieters, die I. F. und M. GmbH, K., R., für sämtliche Verpflichtungen des Mieters aus diesem Mietvertrag. Die Bürgschaftserklärung des Gesellschafters wird in Anlage 4 von diesem bestätigt und Bestandteil dieses Mietvertrags."

61

eine Formularklausel oder eine Individualvereinbarung darstellt. Zum einen geht vorliegend nicht die Klägerin gegen die Mieterin aus dem Mietvertrag, sondern gegen die Beklagte aus dem Bürgschaftsvertrag vor. Daher könnte die Unwirksamkeit einer entsprechenden Sicherungsabrede im Mietvertrag allenfalls eine Einwendung der Mieterin darstellen, welcher sich die Beklagte als Bürgin allerdings gemäß § 768 Abs. 1 BGB bedienen könnte. Das aber kann der Senat offen lassen, weil die Beklagte einer solchen von der Mieterin abgeleiteten Einwendung nicht bedarf, um eine Leistung auf erstes Anfordern abwehren zu können (hierzu sogleich unter II. 1.b.).

62

Der Senat sieht zum anderen in der Formulierung in § 3.3 Abs. 5 des Mietvertrages auch keine Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der Mieterin. Sie hat aus Sicht des Senates ebenso, wie die Formulierung, dass die Gesellschafterbürgschaft als Anlage zum Vertrag genommen wird, informatorischen Charakter. Sie ist ihrem Wortlaut nach schon nicht geeignet, in dem Fall, dass die Beklagte die Bürgschaft nicht erbringt, eine Pflichtverletzung der Mieterin, auf die die Klägerin etwa eine Kündigung hätte stützen können, zu begründen, weil sie eine Pflicht der Mieterin zu einem Tun oder Unterlassen bereits nicht enthält.

b.

63

Auch wenn die Bürgschaftsurkunde eine Formulierung enthält, wonach es sich um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt, haben die Parteien wirksam einen Bürgschaftsvertrag nur über eine einfache selbstschuldnerische Bürgschaft geschlossen.

64

Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist dem Gesetz unbekannt. Sie ist von der Rechtsprechung geschaffen worden. Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern muss der Bürge ohne Rücksicht auf die materielle Berechtigung des Gläubigers zunächst zahlen und wird mit seinen nicht offensichtlichen oder liquide beweisbaren Einwendungen in den Rückforderungsprozess aus § 812 BGB verwiesen (Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., Vorbem. 14 vor § 765). Durch sie sollen dem Gläubiger sofort liquide Mittel zugeführt werden, wenn er den Bürgschaftsfall für eingetreten hält. Die Anforderungen an die Erklärung, welche die vorläufige Zahlungspflicht auslöst, sind streng formalisiert, d. h. sie beschränken sich auf das, was in der Verpflichtungserklärung als Voraussetzung der Zahlung genannt und für jeden ersichtlich ist. Wer auf Grund einer Bürgschaft auf erstes Anfordern Zahlung verlangt, braucht also nicht einmal schlüssig darzulegen, dass die Hauptforderung besteht und fällig ist. Der Bürge ist grundsätzlich ausgeschlossen mit allen Einwendungen, die den Bestand und die Höhe der Hauptschuld betreffen. Er wird damit nur gehört, wenn die Unbegründetheit der Hauptforderung ausnahmsweise klar auf der Hand liegt (Fischer, NZM 2003, 497).

65

Die weitreichenden Folgen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern führen dazu, dass eine individuell vereinbarte Bürgschaft auf erstes Anfordern interessengerecht auszulegen ist. Wenn der Gläubiger nicht erwarten durfte, der Bürge habe die besonderen rechtlichen Wirkungen einer solchen Verpflichtung erkannt, ist sie daher als einfache Bürgschaft auszulegen. Stellt der Gläubiger einer Bürgschaft dem Bürgen den Text für eine Bürgschaftserklärung auf erstes Anfordern zur Verfügung und durfte er nicht davon ausgehen, dass dieser den Begriff "auf erstes Anfordern" im bankenüblichen Sinne versteht, ist im Zweifel eine normale selbstschuldnerische Bürgschaft zustande gekommen. Gleiches gilt, wenn er erwartet, dass der Bürge die Reichweite einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht kennt und ihn hierauf auch nicht hinweist (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 12.03.1992, IX ZR 141/91, NJW 1992, 1446; Urt. v. 02.04.1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2280; Fischer, NZM 2003, 497). Es kommt also darauf an, was er bei Empfang der Bürgschaftserklärung als Erklärungsinhalt aus dem objektiven Empfängerhorizont heraus verstehen darf und versteht.

66

Vorliegend hat der für die Klägerin tätige Zeuge S. die Bürgschaftsurkunde erstellt, sie der Mieterin via E-Mail übermittelt, welche sie dann an die Beklagte weitergeleitet hat. Diese hat sie nach Mahnung durch den Zeugen unterzeichnet und an die Klägerin übersandt. Da der Zeuge S. die Urkunde erstellt und den Begriff "auf erstes Anfordern" in diese aufgenommen hat, konnte er aus der Unterzeichnung der Urkunde durch die Beklagte auch nur entnehmen, dass sich diese zu demjenigen verpflichten wollte, was auch der Zeuge S. hierunter verstand. Eine darüber hinausgehende Vereinbarung konnten die Parteien schon gemäß §§ 133, 157 BGB nicht treffen.

67

Der Zeuge hat in seiner erstinstanzlichen Vernehmung den Begriff dahin erklärt, dass man dann den Bürgen ohne vorher einen Rechtstreit führen zu müssen, in Anspruch nehmen könne. In seiner Vernehmung vor dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2015 hat der Zeuge hierzu ausgeführt:

68

"Die Worte "auf erstes Anfordern" habe ich hereingenommen, um eine Erleichterung für den Vermieter zu schaffen. Ich hatte mir darunter vorgestellt, dass etwa dann, wenn der Mieter die Miete nicht zahlt, der Bürge aus der Bürgschaft in Anspruch genommen werden kann, ohne dass ein Prozess geführt werden muss."

69

Dies aber entspricht nicht dem vorskizzierten Inhalt der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Es trifft zwar zu, dass vor der Inanspruchnahme des Bürgen nicht erst ein Prozess gegen den Hauptschuldner geführt werden muss. Das aber kann auch mit dem Verzicht auf die in § 771 BGB vorgesehene Vorausklage erreicht werden. Die Wirkung der Bürgschaft auf erstes Anfordern liegt in der nachhaltigen Beschränkung der Einwendungen, die der Bürge auch in einem Zahlungsprozess seiner Zahlungspflicht entgegen halten kann und er seinerseits darauf verwiesen ist, einen Rückforderungsprozess zu führen.

70

Die Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist im Rahmen von Formularklauseln Unternehmern vorbehalten, zu deren Geschäftsbereich derartige Bürgschaften gehören und die deshalb das Risiko hinreichend einschätzen können (Palandt/Sprau, a.a.O., Vorbem. 14 vor § 765). Dies trifft vor allem auf Kreditinstituten zu, denn Personen, die keine Bankgeschäfte betreiben, sind in der Regel nicht in der Lage, die besonderen Risiken einer solchen Bürgschaft zuerkennen und abzuschätzen (BGH, Urt. v. 05.07.1990, NJW-RR 1990, 1265 = ZIP 1990, 1186; BGH, Urt. v. 02.04.1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2280; Fischer, NZM 2003, 497). Die Beklagte aber betreibt weder ein Kreditinstitut, noch ist sie sonst gewerbsmäßig mit dem Betrieb von Bankgeschäften befasst. Auch der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten zumindest zeitweilig Präsident der IHK zu R. war und er Beiträge über Unternehmensfinanzierung verfasst haben mag, versetzt die Beklagte schon deshalb nicht in einen bankengleichen Status, weil sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ergibt, dass er sich im Rahmen dieser Tätigkeiten in einer der Beklagten zurechenbaren Art und Weise mit Inhalt und Risiken von derartigen Bürgschaften auch tatsächlich befasst hat. Dass diese etwa Gegenstand der verfassten Beiträge gewesen sei, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

71

Eine Klausel kann nach ständiger Rechtsprechung teilweise aufrechterhalten werden, wenn sie inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Bestandteile enthält und diese, bezogen auf die Vereinbarung der Parteien, einen vernünftigen Sinn ergeben (beispielhaft: BGHZ 106, 19 = NJW 1989, 831; BGHZ 109, 197 = NJW 1990, 576; BGHZ 145, 203 = NJW 2001, 292). Sprachlich lässt sich die Bestimmung ohne weiteres trennen: Entfallen die Worte "auf erstes Anfordern", bleibt eine Bürgschaft im gesetzlichen Sinne mit dem im rechtsgeschäftlichen Verkehr allgemein verstandenen Inhalt übrig. Eine solche Wirkung steht auch damit in Einklang, dass der BGH die Bürgschaft auf erstes Anfordern nur als eine qualifizierte Form der Bürgschaft und nicht als ein Sicherungsmittel eigener Art versteht (BGH, NJW 1999, 2280 = WM 1999, 895; BGH, NJW 2003, 352 = ZfIR 2003, 16). Soweit es die Rechtsprechung abgelehnt hat, die unwirksame Klausel, wonach der Besteller des Bauwerks 5% der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten darf und der Auftragnehmer die Sicherheit nur durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ablösen kann, in der Weise aufrecht zu erhalten, dass die Ablösung durch eine gewöhnliche Bürgschaft erfolgen kann, handelt es sich um eine hier nicht vergleichbare Fallkonstellation (vgl. hierzu ausführlich Fischer, NZM 2003, 497). Daher kann es im Ergebnis dahinstehen, ob es sich bei der hier streitgegenständlichen Bürgschaftsurkunde um eine Individualvereinbarung oder eine Formularklausel handelt.

72

Die Bürgschaft ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie einen Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, Aufrechenbarkeit und der Vorausklage (§§ 770, 771 BGB) enthält. Auch hier kann der Senat es wiederum offen lassen, ob es sich um eine lndividual- oder eine Formularvereinbarung handelt. Handelt es sich um eine Individualvereinbarung, stößt ein solcher Verzicht in Rechtsprechung und Literatur ohnehin nicht auf Bedenken. Handelt es sich hingegen um eine Formularvereinbarung, ist der Verzicht auf die Vorausklage bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil er in § 773 BGB bereits ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehen worden ist. Auch der formularmäßige Ausschluss der Einrede der Anfechtbarkeit (§ 770 Abs. 1 BGB) wird allgemeinhin für unbedenklich angesehen (vgl. nur OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.06.2014, 22 U 150/13, NJW-RR 2015, 307; LG Krefeld, Urt. v. 03.07.2013, 2 O 363/12, zitiert nach Juris). Als unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 BGB wird hingegen eine Formularklausel angesehen, mit welcher der Bürge auf die Einrede der Aufrechenbarkeit des § 770 Abs. 2 BGB verzichtet (BGH, Urteil vom 12.02.2009, VII ZR 39/08, BauR 2009, 308; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.06.2014, 22 U 150/13, NJW-RR 2015, 307; LG Krefeld, Urt. v. 03.07.2013, 2 O 363/12, zitiert nach Juris). Dies ist unwirksam, weil sie mit dem wesentlichen Grundgedanken der Subsidiarität der Bürgschaft nicht zu vereinbaren ist und den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben i.S.v. § 307 Abs 1, 2 Nr 1 BGB unangemessen benachteiligt.

73

Das führt aber nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Bürgschaft. Wie oben bereits ausgeführt, kann eine aus mehreren Bestandteilen bestehende Formularklausel bei Verstoß eines Teils der Regelung gegen die §§ 305 ff. BGB im übrigen Bestand haben, wenn sie sprachlich und inhaltlich teilbar ist. Die Formulierung in der hier zu beurteilenden Bürgschaftserklärung ist zwar nicht dergestalt aufgebaut, dass zunächst in einem Satz eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche Bürgschaft übernommen wird, und in einem Folgesatz die Verzichtserklärungen quasi angehängt worden sind. Gleichwohl kann das Wort Aufrechenbarkeit sprachlich ohne weiteres gestrichen werden. Soweit in einem Klammerzusatz auf § 770 BGB verwiesen wird, wird § 770 Abs. 2 BGB nicht ausdrücklich genannt, so dass von dem Verweis der Verzicht auf die Anfechtbarkeit ergriffen bleibt.

74

Auch inhaltlich wird für die Vertragserfüllungsbürgschaft anders als für die Gewährleistungsbürgschaft eine Teilbarkeit der Klausel dahin angenommen, dass eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche Bürgschaft ohne den Verzicht auf die Aufrechenbarkeit geschuldet ist (BGH, Urteil vom 12.02.2009, VII ZR 39/08, BauR 2009, 308; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.06.2014, 22 U 150/13, NJW-RR 2015, 307; LG Krefeld, Urt. v. 03.07.2013, 2 O 363/12, zitiert nach Juris). Dem Willen der Parteien, den Bürgschaftsgläubiger für die Vertragserfüllung abzusichern, wird bei Wegfall des Verzichtes auf die Einrede der Aufrechenbarkeit noch immer entsprochen. Der Bürge selbst wird hierdurch erstrecht nicht benachteiligt. Der Senat schließt sich diesen Erwägungen an.

d.

75

Die von der Beklagten übernommene Erfüllungsbürgschaft verstößt auch nicht gegen § 138 BGB. Zwar sieht § 551 BGB für die Wohnraummiete eine Begrenzung der Höhe einer Sicherheitsleistung des Mieters, die dieser auch durch Beibringung einer Bürgschaft leisten kann, vor. Auch in der Gewerberaummiete ist es anerkannt, dass die vom Mieter zu erbringende Sicherheitsleistung noch angemessen sein muss. Dies aber ist von der Erfüllungsbürgschaft, die ein Dritter gegenüber dem Vermieter erbringt, zu unterscheiden. Selbst in der Wohnraummiete ist es zulässig, wenn ein Dritter für den Mieter eine Erfüllungsbürgschaft in unbegrenzter Höhe abgibt (BGH Urt. v. 10.04.2013, VIII ZR 379/12, NJW 2013, 1876). Dann aber muss dies erst recht in der Gewerberaummiete Geltung beanspruchen, da der Wohnraummieter weit umfassender als der Gewerberaummieter unter den Schutz des Gesetzes gestellt worden ist. Im Rahmen einer Erfüllungsbürgschaft, die etwa im Interesse des Zustandekommens des Rechtsgeschäftes vereinbart wird, wird es regelmäßig hingenommen, dass der Bürge erhebliche Belastungen übernimmt. So wird eine Erfüllungsbürgschaft eines Minderheitsgesellschafter auch dann für wirksam angesehen, wenn er hierdurch krass überfordert wird (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 138 Rn. 38).

2.

76

Der Höhe nach ist die Haftung der Beklagten jedoch auf die Mieten für die Monate März bis September 2011 sowie den hierauf entfallenden Anteil des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 begrenzt.

77

Der Umfang der Haftung des Bürgen richtet sich zum einen nach der Haftung des Hauptschuldners (§ 767 BGB) und zum anderen danach, wofür er in der Bürgschaftserklärung die Haftung übernommen hat. Die Beklagte hat die Bürgschaft für sämtliche vertraglichen Ansprüche der Klägerin aus dem Mietverhältnis übernommen.

a.

78

Die vertraglichen Ansprüche der Klägerin gegen die Mieterin als Hauptschuldnerin werden jedoch durch das Wirksamwerden der Kündigung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Mieterin zum 30.09.2011 begrenzt. § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO räumt dem Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Mieters ein Sonderkündigungsrecht ein, um die Masse von der Fortzahlung der Miete entlasten zu können. Da das Gesetz dem Insolvenzverwalter somit ein Sonderkündigungsrecht einräumt, vermag dessen Ausübung keine Vertragspflichtverletzung zu begründen, die dem Vermieter einen auf den Kündigungsfolgeschaden gerichteten Schadensersatzanspruch verschaffen könnte. Somit fehlt es dem Vermieter im Falle der Kündigung durch den Insolvenzverwalter an einem vertraglichen Schadensersatzanspruch. Er kann einen Schadensersatz nur verlangen, wenn ihm das Gesetz einen solchen einräumt. Einen solchen gesetzlichen Schadensersatzanspruch gerichtet auf den Kündigungsfolgeschaden räumt § 109 Abs. 1 Satz 3 InsO dem Vermieter für den Fall der Kündigung durch den Insolvenzverwalter ein (KG, Urt. v. 15.03.2007, 8 U 165/06, ZMR 2007, 615; BGH, Urt. v. 06.06.1984, VIII ZR 65/83, ZIP 1984, 1114 = MDR 1985, 316, Rn. 28 f. für die Vorgängerregelung des § 19 Satz 3 KO). Da es sich bei diesem Anspruch um einen gesetzlichen Schadensersatzanspruch und nicht um einen vertraglichen Anspruch handelt, ist dieser von dem in der Bürgschaft erklärten Sicherungszweck nicht mehr erfasst.

79

Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung und Literatur betreffend den Fortbestand der Bürgenhaftung bei Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Auftragnehmers im Werkvertragsrecht verweist, ist diese für das Mietverhältnis nicht einschlägig. Im Werkvertragsrecht kann nämlich der InsoVerwalter den Vertrag nicht mittels eines Sonderkündigungsrechts beenden. Er kann lediglich die Erfüllung des Vertrages verweigern, wodurch der Vertrag an sich aber nicht beendet wird. Allein die Masse muss die Erfüllung des Vertrages durch den Gläubiger nicht hinnehmen und es entsteht als Gegenleistung keine Masseschuld. Die verbleibenden Vergütungs- und sonstigen vertraglichen Ansprüche des Gläubigers richten sich nunmehr gegen die Masse. Gleichwohl sind wegen des Fortbestandes des Vertrages auch vertragliche Ansprüche noch gegeben, gegen deren Ausfall die Bürgschaft Sicherheit bieten soll.

80

Von der Möglichkeit, sich vertragliche Schadensersatzansprüche durch eine die Kündigung des Insolvenzverwalters überholende fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges zu sichern, hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.

b.

81

Dessen unbeschadet wäre ein Schadensersatzanspruch für die Zeit ab dem 01.10.2011 gemäß § 254 BGB auch deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin an dem Eintritt des Kündigungsfolgeschadens ein so hohes Mitverschulden trifft, dass eine Haftung des Hauptschuldners und damit auch des Beklagten hierdurch verdrängt wird. Die Beklagte nämlich hat im Berufungsverfahren vorgetragen, die F. GmbH habe die volle Anmietung zur bisherigen Miete angeboten und hat entsprechende Angebotsschreiben vorgelegt. Die Klägerin habe den Abschluss eines Mietvertrages über die gesamte Mietfläche abgelehnt und statt dessen nur eine Teilfläche an die F. GmbH vermietet. Die Klägerin hat dies nicht bestritten. Somit hätte die Klägerin es in der Hand gehabt, den Eintritt eines Kündigungsfolgeschadens jedenfalls solange zu verhindern, wie das Mietverhältnis mit der F. GmbH bestanden hätte. Dass der Kläger ein solcher Vertragsschluss nicht zuzumuten gewesen wäre, hat diese nicht dargelegt. Die Haftung der bisherigen Mieterin - wie hier nicht - hätte jedoch nur aufleben können, wenn das Mietverhältnis mit der F. GmbH vor Ablauf der Befristung des Mietvertrages mit der bisherigen Mieterin sein Ende gefunden hätte.

c.

82

Die Beklagte kann gemäß § 767 BGB jedoch auch für die Zeit von März 2001 bis September 2011 nur in dem Umfang in Anspruch genommen werden, in dem ein Anspruch auch gegen die Hauptschuldnerin bestanden hat. Dabei kann sie dem Bürgschaftsgläubiger gemäß § 768 BGB die Einwendungen entgegenhalten, die auch dem Hauptschuldner zur Seite gestanden hätten.

83

Im Rahmen dessen wendet die Beklagte ein, es hätten umfangreiche Mängel bestanden, die eine Mietminderung von bis zu 60% der Miete gerechtfertigt hätten. Sie verweist hierzu auf eine dem Übergabeprotokoll vom 08.02.2011 beigefügte Mängelliste sowie darauf, dass weitere 22 Türen in den Räumlichkeiten mangelhaft gewesen seien.

84

Ist die Mietsache mit einem Mangel behaftet, mindert sich gemäß § 536 Abs. 1 BGB die zu zahlende Miete, wenn der Mieter im vertragsgemäßen Gebrauch nicht unerheblich beeinträchtigt wird. Hiervon ausgeschlossen sind solche Mängel, die der Mieter bei Übergabe der Mietsache kannte oder kennen musste (§ 536b BGB). Hiernach scheiden bereits die über das Übergabeprotokoll hinaus nunmehr angeführten 22 Innentüren aus, denn von diesen konnte die Mieterin im Rahmen der gemeinschaftlichen Begehung und Übergabe am 08.02.2011 Kenntnis nehmen. Rechte hat sie sich insoweit nicht vorbehalten.

85

Soweit die Beklagte ihre Minderung auf die in der Anlage zum Übergabeprotokoll aufgeführten Mängel stützen will, ist der Senat im Ergebnis der Vernehmung der Zeugin M. und des Zeugen G. davon überzeugt, dass diese Mängel im Wesentlichen teilweise schon vor dem Übergabetermin, teilweise zeitnahe hiernach beseitigt wurden oder aber eine Beseitigung durch die Mieterin vereinbart wurde (so etwa für Türstopper und WC-Beschilderung). Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen hegt der Senat nicht, denn ihre Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2015 ließen deutlich erkennen, dass sie sich an Erinnerungen und vorhandenen Aufzeichnungen orientierten und Wissenslücken einräumten, ohne sich zu bemühen, ihre fehlenden Erinnerungen anderweitig zu kompensieren.

86

Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat allein fest, dass dauerhaft die Tür zu Raum 213 fehlte sowie die Außenjalousie (Mangel Nr. 5) nicht funktionstüchtig war. Das Fehlen einer Reparatur der Lamellenjalousien hingegen hat die Klägerin durch Vorlage einer entsprechenden Rechnung ausgeräumt. Allerdings hat die Beklagte bezüglich der feststehenden Mängel nicht substantiiert dazu vorgetragen, inwieweit diese Mängel den Gebrauch der gesamten Mieträume erheblich beeinträchtigt haben. So ist schon nicht ersichtlich, ob das Fenster, an welchem die Außenjalousie gefehlt haben soll, auf der Sonnenseite des Hauses belegen war. Eine Beeinträchtigung der Nutzung hierdurch wäre zudem auch nur für die sonnenintensiven Monate nachvollziehbar.

87

Nicht ersichtlich ist auch, in welchem Umfang die Nutzung der Mietsache durch das Fehlen der Tür zu Raum 213 beeinträchtigt worden ist. Die Beklage selbst hat hierzu nicht vorgetragen. Der Zeuge G. hat hierzu zwar ausgeführt, dass dieser Raum für die Sozialarbeiter habe genutzt werden sollen, dort aber keine vertraulichen Gespräche hätten geführt werden können. Es ist bei einer Gesamtfläche des Mietobjektes von 710 qm bereits nicht ersichtlich, dass durch die eingeschränkte Nutzbarkeit eines Raumes, dessen Größe dem Senat nicht bekannt ist, eine erhebliche Nutzungsbeeinträchtigung eingetreten ist. Zudem erschließt es sich dem Senat bislang nicht, dass nicht auch ein anderer Raum für die Sozialarbeiter hätte genutzt werden und dieser Raum einer Nutzung hätte zugeführt werden können, die durch das Fehlen der Tür weniger beeinträchtigt worden wäre.

88

Im Ergebnis sieht der Senat daher für eine Minderung der Mieten für die Zeit von März bis September 2011 keinen Raum.

89

Die Klägerin kann mit Erfolg auch den auf die Zeit bis September 2011 entfallende Betriebskostenabrechnungssaldo aus der Betriebskostenabrechnung 2011 geltend machen. Dabei ist entgegen der Ansicht der Beklagten kein Abzug für den Monat Januar vorzunehmen, weil das Mietverhältnis bereits am 01.01.2011 begonnen hatte.

90

Soweit die Beklagte bestreitet, dass diese Kosten angefallen sind, genügt dies nicht. Es genügt nicht, den Anfall der Betriebskosten ins Blaue hinein zu bestreiten, da dem Mieter das Recht zur Belegeinsicht eröffnet ist und er sich so in die Lage versetzen kann, zu seinem Einwand vorzutragen (vgl. auch OLG Düsseldorf, GE 2006, 847).

3.

91

Im Ergebnis dessen hat die Klage nur mit den Anträgen zu I. 1. und II. 1. Erfolg. Ein Anspruch auf Verzugszinsen folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Da es sich bei der Leistung aufgrund einer Bürgschaft aber nicht um ein Entgelt handelt, sind die zugestandenen Forderungen der Klägerin nicht mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.06.2014, 22 U 150/13, NJW-RR 2015, 307; KG, Urt. v. 15.03.2007, 8 U 165/06, ZMR 2007, 615).

4.

92

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

93

Bei der Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren waren die bezifferten Anträge unter I. bis III. zu addieren. Dem war für den Feststellungsantrag ein Streitwert von 13.861,25 € hinzuzusetzen. Dabei hat der Senat für die streitbefangene Zeit von 48 Monaten die zuletzt geltendgemachte Mietdifferenz von 360,97 € und hiervon wiederum 80% in Ansatz gebracht.

5.

94

Anlass zur Zulassung der Revision sieht der Senat nicht.

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