Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.9.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 6 O 176/08 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 43.500,- EUR - nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
aus 1.500,-- EUR seit dem 3.1.2008,
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.2.2008,
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.3.2008,
- nebst Zinsen in Höhe von 17,25%
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.4.2008,
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.5.2008,
aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.4.2008,
aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.5.2008,
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.6.2008,
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.7.2008,
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.8.2008,
aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.9.2008,
aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.6.2008,
aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.7.2008,
aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.8.2008 und
aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.9.2008
zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn der Kläger leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
IV. Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
V. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung im Nachverfahren an das Landgericht Saarbrücken zurückverwiesen.
VI. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
Der Kläger nimmt die Beklagte aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrags auf Zahlung rückständiger Pacht einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen in Anspruch.
Mit schriftlichem Pachtvertrag vom 15.1.2008 (GA 5 ff.) verpachtete der Kläger der Beklagten unter § 1 des Vertrags näher bezeichnete Geschäftsräume im Anwesen in zum Betrieb eines Hotel-G. mit Pilsstube. Nach § 3 des Pachtvertrags beginnt das Pachtverhältnis am 1.1.2008 und endet am 31.12.2012. Danach verlängert es sich um jeweils ein Jahr, wenn es nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf der Pachtzeit von einer der Parteien gekündigt wird. Ebenfalls unter § 3 des Pachtvertrags wird der Beklagten für den Fall der Veräußerung der Immobilie ein Vorkaufsrecht eingeräumt, dessen Einzelheiten die Parteien in einer am selben Tag abgeschlossenen Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag (GA 29) geregelt haben. Darin heißt es, dass beabsichtigt ist, die Immobilie, in der sich das Pachtobjekt befindet, im Lauf des Jahres 2017 zu veräußern, sich die Parteien im Hinblick darauf, dass „der Pächter beabsichtigt, in nicht unerheblichem Umfang in die Immobilie zu investieren“, für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts auf einen Kaufpreis in Höhe von 1.350.000,-- EUR „nach heutiger Kaufkraft“ einigen und das Vorkaufsrecht auch zugunsten des Geschäftsführers der Beklagten als natürlicher Person gilt. Nach § 4 des Pachtvertrags beträgt der monatliche Pachtzins im ersten Vertragsjahr 5.000,-- EUR, die monatliche Nebenkostenvorauszahlung 1.500,-- EUR. § 20 des Pachtvertrags enthält eine salvatorische Klausel, nach der, wenn eine Bestimmung des Pachtvertrags unwirksam sein sollte, hierdurch die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen nicht berührt wird.
In der Folgezeit zahlte die Beklagte, die sich seit dem 5.1.2008 im Besitz des Pachtobjekts befindet, lediglich für die Monate Januar bis März 2008 die vereinbarte Pacht von 5.000,-- EUR/Monat. Weitere Leistungen erbrachte sie nicht.
Mit seiner im Urkundenprozess erhobenen Klage hat der Kläger die vertraglich vereinbarte Pacht für die Monate April bis September 2008 in Höhe von 30.000,-- EUR (6 x 5.000,-- EUR) sowie die vertraglich vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung für die Monate Januar bis September 2008 in Höhe von 13.500,-- EUR (9 x 1.500,-- EUR), insgesamt somit 43.000,-- EUR zuzüglich Verzugszinsen geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Pachtvertrag sei selbst dann, wenn die Vorkaufsrechtsvereinbarung wegen fehlender notarieller Beurkundung nichtig sei, gültig. Hierzu hat er behauptet, die Vereinbarung des Vorkaufsrechts sei nicht Voraussetzung für den Abschluss des Pachtvertrags gewesen. Zur Einräumung des Vorkaufsrechts sei es erst nach Abschluss der Vertragsverhandlungen auf Nachfrage der Beklagten gekommen. Ferner hat der Kläger gemeint, der Beklagten sei jedenfalls die Berufung auf die Formnichtigkeit des Pachtvertrags nach Treu und Glauben verwehrt.
Die Beklagte hat dem geltend gemachten Anspruch widersprochen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Pachtvertrag sei insgesamt nichtig, da die wegen fehlender notarieller Beurkundung nichtige Vorkaufsrechtsvereinbarung Grundvoraussetzung für den Abschluss des Pachtvertrags gewesen sei.
Durch das angefochtene Urteil (GA 55 - 60), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Pachtvertrag vom 15.1.2008 nebst Zusatzvereinbarung vom selben Tag sei wegen fehlender notarieller Beurkundung des vereinbarten Vorkaufsrechts insgesamt nichtig. Die Vorkaufsrechtsvereinbarung sei – wie sich aus den Urkunden selbst ergebe – getroffen worden, um die Beklagte wegen der von ihr in nicht unerheblicher Höhe beabsichtigten Investitionen in das Pachtobjekt abzusichern und damit eine Art Ausgleich für die Investitionen zu schaffen. Im Hinblick auf das erhebliche wirtschaftliche Interesse der Beklagten an der Vorkaufsrechtsvereinbarung sei anzunehmen, dass die Beklagte den Pachtvertrag nicht ohne die Vorkaufsrechtsvereinbarung geschlossen hätte, so dass das Rechtsgeschäft gemäß § 139 BGB insgesamt nichtig sei. Daran ändere auch die unter § 10 des Pachtvertrags vereinbarte salvatorische Klausel nichts.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Zahlungsanträge unter gleichzeitiger Erklärung der Abstandnahme vom Urkundenprozess weiter. Er macht geltend, das Landgericht habe unter Verstoß gegen seine Aufklärungs- und Hinweispflicht eine Überraschungsentscheidung getroffen, indem es ohne vorherige rechtliche Erörterung die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen habe. Hätte das Landgericht einen entsprechenden Hinweis erteilt, so hätte er bereits erstinstanzlich vom Urkundenprozess Abstand genommen. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrag. Die Nichtigkeit der Vorkaufsrechtsvereinbarung führe nicht zur Gesamtnichtigkeit des Pachtvertrags. Die Parteien hätten den Pachtvertrag auch ohne die Einräumung des Vorkaufsrechts vereinbart. Hierzu trägt der Kläger unbestritten vor, dass anlässlich zweier Besichtigungen des Pachtobjekts durch den Geschäftsführer der Beklagten und bei erneuten Gesprächen in den Kanzleiräumen des Klägers über alle wesentlichen Punkte des Pachtvertrags zwischen den Parteien Einigkeit erzielt worden sei, ohne dass hierbei von der Einräumung eines Vorkaufsrechts die Rede gewesen sei. Sodann sei der Beklagten der Vertragsentwurf zugesandt worden. Erst später, „als ein Vertragsschluss zwischen den Parteien bereits zustande gekommen“ sei, habe der Kläger der Beklagten, nachdem diese geäußert habe, sie wolle 250.000,-- EUR investieren, von sich aus, ohne dass die Beklagte dieses Thema angesprochen habe, im Hinblick auf die im Jahr 2017 beabsichtigte Veräußerung des Pachtobjekts die Einräumung eines Vorkaufsrechts angeboten. Jedenfalls sei der Beklagten die Berufung auf die Nichtigkeit des Pachtvertrags im Hinblick darauf, dass sie – was unstreitig ist – das Pachtobjekt seit dem 5.1.2008 und trotz einer von ihr mit Anwaltsschreiben vom 5.8.2008 vorsorglich erklärten fristlosen Kündigung des Pachtvertrags auch weiterhin bewirtschafte, aber gleichwohl bis auf die für Januar bis März 2008 gezahlte Pacht wegen angeblicher Mängel jegliche Zahlung verweigere, nach Treu und Glauben verwehrt.
Der Kläger beantragt (GA 71 f., 92),
die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter Zurückverweisung der Sache hinsichtlich des Nachverfahrens an das Landgericht zu verurteilen, an den Kläger
1. 17.500,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.500,-- EUR seit 3.1.2008, aus weiteren 1.500,-- EUR seit 3.2.2008, aus weiteren 1.500,-- EUR seit 3.3.2008, aus weiteren 1.500,-- EUR Zinsen in Höhe von 17,25% seit 3.4.2008, aus weiteren 1.500,-- EUR Zinsen in Höhe von 17,25% seit 3.5.2008, aus weiteren 5.000,-- EUR Zinsen in Höhe von 17,25% seit 3.4.2008, aus weiteren 5.000,-- EUR Zinsen in Höhe von 17,25% seit 3.5.2008,
2. weitere 26.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 17,25% aus 1.500,-- EUR seit dem 3.6.2008, aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.7.2008, aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.8.2008, aus weiteren 1.500,-- EUR seit dem 3.9.2008, aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.6.2008, aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.7.2008, aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.8.2008 und aus weiteren 5.000,-- EUR seit dem 3.9.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt (GA 80, 93),
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer früheren Argumente entgegen. Sie meint, die Berufung sei bereits unzulässig, da die Berufungsschrift von einer unbekannten, im Briefkopf der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht aufgeführten Person unterzeichnet sei. Die angefochtene Entscheidung sei nicht überraschend gewesen, da die Formbedürftigkeit eines Vertrags mit Vorkaufsrecht zum juristischen Grundwissen zähle und über die Frage der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses gerade gestritten worden sei. Die Abstandnahme vom Urkundenprozess, der nicht zugestimmt werde, sei in der Berufungsinstanz nicht zulässig. Im Übrigen sei die Berufung des Klägers auch im Falle der Fortführung des Prozesses im ordentlichen Verfahren unbegründet, da der Beklagten Gegenforderungen aus Investitionen, die Sache des Klägers gewesen seien, in Höhe von mindestens 70.000,-- EUR zustünden und – was unstreitig ist – der Kläger seit Januar 2008 keinerlei Nebenkosten für das Anwesen zahle, so dass die Beklagte, um das Abschalten von Gas, Strom und Wasser durch die Stadtwerke zu vermeiden, diese Kosten selbst übernommen habe.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Sitzungsniederschrift vom 10.9.2009 (GA 92 - 94) sowie auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 28.9.2009 (Bl. 95 ff.) Bezug genommen.
B.
Die Berufung des Klägers ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist mithin zulässig. Gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen auch unter den Gesichtspunkten der Postulationsfähigkeit (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und der Vertretungsmacht der Rechtsanwältin S., die die Berufungsschrift unterzeichnet hat, keine Bedenken. Sie ist – wie sich aus dem amtlichen Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer ( www.rechtsanwaltsregister.org ) ergibt – seit dem 2.7.2008 bei der Rechtsanwaltskammer des Saarlandes als Rechtsanwältin zugelassen und war daher bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der Berufungsschrift vom 6.10.2008 postulationsfähig. Die von dem Kläger erteilte Prozessvollmacht (GA 85) erstreckt sich auch auf die Rechtsanwältin S..
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Zwar ist die von dem Kläger in der Berufungsinstanz erklärte Abstandnahme vom Urkundenprozess nicht zulässig. Die Klage ist jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts im Urkundenprozess zulässig und auch begründet.
I.
Die in der Berufungsinstanz erklärte Abstandnahme vom Urkundenprozess ist unzulässig mit der Folge, dass der Rechtsstreit als Urkundenprozess anhängig bleibt. Nach § 596 ZPO kann der Kläger, ohne dass es der Einwilligung des Beklagten bedarf, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung von dem Urkundenprozess in der Weise abstehen, dass der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig bleibt.
1. Vor dem Inkrafttreten der ZPO-Reform am 1.1.2002 entsprach es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Abstandnahme vom Urkundenprozess nach § 596 ZPO auch noch in der Berufungsinstanz in entsprechender Anwendung der für die Klageänderung maßgeblichen Bestimmung des § 263 ZPO zulässig ist, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet, und zwar mit der Wirkung, dass der Rechtsstreit im zweiten Rechtszug nunmehr im ordentlichen Verfahren anhängig ist (vgl. BGH NJW 1965, 1599 Rdnr. 13, zit. nach juris; NJW 2000, 143 ff. Rdnr. 19, zit. nach juris; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 21. Aufl., § 596 Rdnr. 5).
2. Ob dies auch noch nach der ZPO-Reform gilt, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie im Schrifttum umstritten. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang ausdrücklich offen gelassen (vgl. BGHZ 157, 224 ff. Rdnr. 28, zit. nach juris). In dem von ihm entschiedenen Fall hatte sich die Klägerin nicht darauf beschränkt, in der Berufungsinstanz vom Scheckprozess abzustehen, sondern darüber hinaus den Klageanspruch ausgewechselt, indem sie ihre Klage nicht mehr auf Forderungen aus dem Scheck, sondern auf solche aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag gestützt hat, so dass die Zulässigkeit der darin liegenden Klageänderung unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Abstandnahme vom Scheckprozess am Maßstab des § 533 ZPO zu prüfen war.
a) Nach einer Ansicht ist das Abstehen vom Urkundenprozess in der Berufungsinstanz seit dem Inkrafttreten der ZPO-Reform nicht mehr zulässig mit der Folge, dass der Rechtsstreit als Urkundenprozess anhängig bleibt (vgl. OLG Düsseldorf IHR 2003, 81 ff. Rdnr. 39 ff. zit. nach juris: jedenfalls nicht mehr im Scheckprozess; OLG Celle MDR 2006, 111: „regelmäßig“, allerdings § 533 ZPO prüfend; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 596 Rdnr. 4). Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass das Berufungsverfahren keine Wiederholung der Tatsacheninstanz darstelle, sondern der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung diene. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel könnten nur noch ausnahmsweise zugelassen werden und auch die Zulässigkeit einer Klageänderung sei an die Berücksichtigungsfähigkeit des zugrunde liegenden Tatsachenstoffs geknüpft.
b) Nach anderer Auffassung ist die Abstandnahme vom Urkundenprozess in der Berufungsinstanz auch nach der ZPO-Reform unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig (vgl. KG, Urt. v. 18.12.2007 – 6 U 63/07 Rdnr. 14, zit. nach juris, allerdings ohne Begründung; im Ergebnis ebenso OLG Celle, MDR 2006, 111).
c) Eine weitere Ansicht differenziert nach der Art des erstinstanzlich ergangenen Urteils (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 162 Rdnr. 17: bei Abweisung der Klage als unbegründet Abstandnahme auch ohne Einwilligung des Beklagten möglich, bei Vorbehaltsurteil Aufhebung und Zurückverweisung, bei Abweisung der Klage als im Urkundenprozess unstatthaft Abstandnahme mit Einwilligung des Beklagten möglich; MünchKomm.ZPO/Braun, 3. Aufl., § 596 Rdnr. 3: Abstandnahme jedenfalls in den Fällen eines erstinstanzlich erlassenen Vorbehaltsurteils mit der Maßgabe zuzulassen, dass das Vorbehaltsurteil ohne weiteres aufgehoben und der Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 ZPO an die erste Instanz zurückverwiesen wird).
d) Schließlich wird die Auffassung vertreten, dass die Abstandnahme vom Urkundenprozess nach § 596 ZPO auch noch in der Berufungsinstanz ohne Einschränkung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich sei (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 7. Aufl., § 596 Rdnr. 1, 7; Saenger/Eichele, ZPO, § 596 Rdnr. 4), wobei das Berufungsgericht allerdings die Möglichkeit einer Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 ZPO habe (vgl. Musielak/Voit, a. a. O., § 596 Rdnr. 7; a. A.: Saenger/Eichele, a. a. O., § 596 Rdnr. 6). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Situation mit derjenigen bei einer Klageänderung nicht vergleichbar sei, da bei der Abstandnahme derselbe Streitgegenstand anhängig bleibe. Auch auf § 533 ZPO könne nicht abgestellt werden, da damit eine Abstandnahme in zweiter Instanz ausgeschlossen sei, wenn der Kläger noch Beweismittel einführen möchte, die er wegen der Einschränkungen des Urkundenprozesses erstinstanzlich nicht habe vorbringen können. Dies widerspreche der Konzeption des Urkundenprozesses, dem Kläger einen einfachen und durch die Abstandnahme zugleich risikolosen Weg der Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen.
3. Der Senat schließt sich derjenigen Ansicht an, die die Abstandnahme vom Urkundenprozess in der Berufungsinstanz unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 533 ZPO für zulässig erachtet. Sie entspricht der bisherigen, auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer Klageänderung abstellenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit der Abstandnahme vom Urkundenprozess in der Berufungsinstanz unter Berücksichtigung der weiteren Einschränkungen der Zulässigkeit einer zweitinstanzlichen Klageänderung seit der ZPO-Reform. Die Auffassung, die nach der ZPO-Reform eine Abstandnahme vom Urkundenprozess in der Berufungsinstanz generell nicht mehr für zulässig erachtet, ist abzulehnen. Gegen sie spricht schon, dass § 596 ZPO trotz der seit Jahrzehnten bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Abstandnahme vom Urkundenprozess (unter den Voraussetzungen der Klageänderung) auch noch in der Berufungsinstanz möglich ist, im Rahmen der ZPO-Reform unangetastet geblieben ist. Zwar trifft es zu, dass das Berufungsverfahren seit der Reform in erster Linie der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung dient. Allerdings ist unter den Voraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht geboten und sind unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz auch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen. Schließlich sind unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO auch eine Klageänderung, eine Aufrechnung und eine Widerklage in der Berufungsinstanz zulässig. Die Berufungsinstanz ist daher im Gegensatz zur Revisionsinstanz Tatsacheninstanz geblieben (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a. a. O., § 529 Rdnr. 1). Die Konzeption des Berufungsverfahrens nach der ZPO-Reform spricht daher nicht dafür, in diesem die Abstandnahme vom Urkundenprozess generell nicht mehr zuzulassen. Andererseits besteht kein vernünftiger Grund dafür, die Abstandnahme vom Urkundenprozess auch noch in der Berufungsinstanz einschränkungslos bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zuzulassen. In diesem Fall bestünde das Risiko, dass das Berufungsgericht über einen völlig neuen Streitstoff zu verhandeln und zu entscheiden hätte, zumal nach § 538 Abs. 2 ZPO nur eingeschränkte Möglichkeiten der Zurückverweisung bestehen. Die entsprechende Anwendung des § 533 ZPO eröffnet hingegen mit den dort geregelten Zulassungsvoraussetzungen die Möglichkeit einer auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnittenen sachgerechten Behandlung der in der Berufungsinstanz erklärten Abstandnahme vom Urkundenprozess und ist daher der nach der Art des erstinstanzlich ergangenen Urteils differenzierenden Ansicht vorzuziehen.
4. Die danach für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Abstandnahme vom Urkundenprozess in der Berufungsinstanz maßgebenden Voraussetzungen des § 533 ZPO liegen im Streitfall nicht vor. Es fehlt bereits an der Zulassungsvoraussetzung des § 533 Nr. 1 ZPO, so dass nicht entschieden zu werden braucht, ob auch die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Beklagte hat in die von dem Kläger erklärte Abstandnahme vom Urkundenprozess ausdrücklich nicht eingewilligt. Sie ist auch nicht sachdienlich.
a) Sachdienlichkeit ist objektiv unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu beurteilen. Entscheidend ist, inwieweit die Zulassung den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem weiteren Prozess vorbeugt. Unter diesem Gesichtspunkt kommt es nicht auf die beschleunigte Erledigung des anhängigen Rechtsstreits, sondern auf die Erledigung der Streitpunkte zwischen den Parteien an. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Abstandnahme vom Urkundenprozess nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert würde. Die Sachdienlichkeit kann vielmehr bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise im allgemeinen nur dann verneint werden, wenn das Gericht bei Zulassung zur Beurteilung und Entscheidung eines völlig neuen, bis dahin zwischen den Parteien nicht erörterten Streitstoffs genötigt würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1076 f. Rdnr. 15 ff., zit. nach juris; NJW 2007, 2414 ff. Rdnr. 10 f., zit. nach juris; Zöller/Gummer/Heßler, a. a. O., § 533 Rdnr. 6 m. w. N.; Musielak/Ball, a. a. O., § 533 Rdnr. 5).
b) Ausgehend hiervon ist die Abstandnahme vom Urkundenprozess im Streitfall nicht sachdienlich. Sie würde den Senat zur Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffs nötigen, ohne dass es hierfür auf das Ergebnis der bisherigen Prozessführung ankäme. Die Parteien haben bislang nur um die Frage gestritten, ob der zwischen ihnen geschlossene Pachtvertrag wirksam und daher die im Urkundenprozess erhobene Klage zulässig ist. Der Streit um die Wirksamkeit des Pachtvertrags würde indessen, da die Beklagte im Falle der Unwirksamkeit jedenfalls gemäß den §§ 987 ff. BGB oder gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. mit § 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB Nutzungsersatz schuldet, im ordentlichen Verfahren allenfalls noch eine untergeordnete Rolle spielen. Vielmehr würde der Streit zwischen den Parteien in einem ordentlichen Verfahren schwerpunktmäßig darum gehen, ob und inwieweit der Beklagten wegen von ihr behaupteter Mängel der Pachtsache (vgl. hierzu das vorprozessuale anwaltliche Schreiben der Beklagten vom 25.4.2008, GA 10 ff.) ein Recht zur Minderung des Pachtzinses sowie zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzansprüche zustehen. Wegen dieser Gegenrechte, die sie im Urkundenprozess wegen der diesem immanenten Beweismittelbeschränkung (§ 598 ZPO) nicht geltend gemacht hat, hat die Beklagte bereits ein selbstständiges Beweisverfahren gegen den Kläger eingeleitet (6 OH 3/08 LG Saarbrücken).
II.
Die danach weiterhin im Urkundenprozess anhängige Klage ist – anders als das Landgericht gemeint hat – statthaft. Pachtzinsansprüche können im Urkundenprozess geltend gemacht werden (vgl. BGH NJW 1999, 1408; NJW 2005, 2701 ff. Rdnr. 5 ff., zit. nach juris). Der Kläger kann die von ihm geltend gemachten Pachtzinsansprüche auch im Wege des Urkundenbeweises, nämlich mit dem vorgelegten Pachtvertrag vom 15.1.2008, beweisen. Der zwischen den Parteien geschlossene Pachtvertrag ist entgegen der Auffassung des Landgerichts wirksam.
Zwar hätte die in § 3 des Pachtvertrags getroffene und in der Zusatzvereinbarung vom selben Tag näher geregelte Vereinbarung über ein Vorkaufsrecht der Beklagten an der Immobilie, in der sich das Pachtobjekt befindet, gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung bedurft (vgl. BGH NJW 2003, 1940 ff. Rdnr. 27, zit. nach juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 311b Rdnr. 11). Der Mangel der Form hat gemäß § 125 Satz 1 BGB die Nichtigkeit der Vorkaufsrechtsvereinbarung zur Folge. Dies führt jedoch – anders als das Landgericht gemeint hat – nicht gemäß § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Pachtvertrags.
1. Nach § 139 BGB führt die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts zu dessen Nichtigkeit insgesamt, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Insoweit kommt es maßgeblich darauf an, welche Bedeutung die nichtige Vorkaufsabrede für den Gesamtvertrag haben sollte, und ob angesichts dieser Bedeutung die Parteien den Vertrag – nach dem insoweit maßgeblichen hypothetischen Parteiwillen zur Zeit des Vertragsschlusses – auch ohne die Vorkaufsabrede geschlossen haben würden (vgl. BGH DWW 1994, 283 Rdnr. 3, zit. nach juris; MünchKomm.BGB/Busche, 5. Aufl., § 139 Rdnr. 29 ff.; Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 139 Rdnr. 14). Da nach § 139 BGB im Zweifel Gesamtnichtigkeit anzunehmen ist, trifft die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände, aus denen sich ergeben soll, dass ein Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre, grundsätzlich denjenigen, der die Gültigkeit des übrigen Geschäfts für sich in Anspruch nimmt (vgl. BGH DWW 1994, 283 Rdnr. 3, zit. nach juris; NZM 2001, 236 f. Rdnr. 13, zit. nach juris; MünchKomm.BGB/Busche, a. a. O., § 139 Rdnr. 35; Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 139 Rdnr. 14). Enthält der Vertrag hingegen – wie hier § 20 des zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrags – eine salvatorische Erhaltungsklausel, so kehrt sich die Darlegungs- und Beweislast um; darlegungs- und beweispflichtig ist in diesem Fall derjenige, der den ganzen Vertrag verwerfen will (vgl. BGH NJW 2003, 347 f. Rdnr. 14, zit. nach juris; NJW 2005, 2225 ff. Rdnr. 38, zit. nach juris; NJW-RR 2005, 1534 ff. Rdnr. 16, zit. nach juris; MünchKomm.BGB/Busche, a. a. O., § 139 Rdnr. 35; Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 139 Rdnr. 17).
2. Ausgehend hiervon kann im Streitfall nicht angenommen werden, dass der vereinbarten Vorkaufsabrede eine derart erhebliche Bedeutung zukommt, dass die Parteien den Pachtvertrag ohne die Vorkaufsabrede nicht wie geschehen abgeschlossen hätten. Vielmehr spricht aufgrund der in dem Pachtvertrag enthaltenen salvatorischen Erhaltungsklausel eine Vermutung für die Wirksamkeit der von der Vereinbarung des Vorkaufsrechts nicht betroffenen pachtvertraglichen Regelungen, die die Beklagte nicht widerlegt hat.
a) Der Pachtvertrag kann auch ohne die Vorkaufsabrede ohne weiteres als selbstständiges Rechtsgeschäft bestehen.
b) Allein der Umstand, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrags unstreitig die Vornahme erheblicher Investitionen in das Pachtobjekt beabsichtigte und dies – wie in der Zusatzvereinbarung selbst festgehalten – der Grund für die Vereinbarung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beklagten war, reicht für die Annahme, die Parteien hätten den Pachtvertrag ohne die Vorkaufsabrede nicht geschlossen, nicht aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (WuM 2005, 194 ff., zit. nach juris). Der jener Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich in zwei maßgeblichen Punkten, auf die das OLG Düsseldorf bei der von ihm angenommenen Gesamtnichtigkeit des dort in Rede stehenden Mietvertrags abgestellt hat, von dem vorliegend zur Entscheidung stehenden Sachverhalt. Zum einen war zwischen den dortigen Parteien unstreitig, dass sie die notwendige Form eingehalten hätten, wenn ihnen das Formerfordernis bewusst gewesen wäre. Diese von den Parteien erstrebte Einhaltung der gesetzlichen Formvorschrift sprach nach Auffassung des OLG Düsseldorf dafür, dass die Vereinbarung des Vorkaufsrechts für die Parteien ein maßgebender Vertragsbestandteil war. An einem entsprechenden Sachvortrag fehlt es im vorliegenden Fall. Zum anderen hatte sich in dem von dem OLG Düsseldorf entschiedenen Fall die dortige Mieterin zu erheblichen Umbaumaßnahmen verpflichtet (Umbau ehemaliger Fabrikräume in ein Büro- und Ateliergebäude). Eine derartige Verpflichtung hat die Beklagte im Streitfall nicht übernommen. Vielmehr hat sie es selbst in der Hand, ob und in welchem Umfang sie Investitionen in das gepachtete Objekt tätigt.
c) Hinzu kommt, dass der Pachtvertrag auf fünf Jahre befristet ist und – auch durch den Kläger – zum 31.12.2012 gekündigt werden kann. Welches Interesse die Beklagte in diesem Fall an dem Vorkaufsrecht, das ohnehin erst aufgrund der von dem Kläger im Jahr 2017 beabsichtigten Veräußerung hätte ausgeübt werden können, haben könnte, ist nicht ersichtlich. Die dem Einfluss der Beklagten entzogene Möglichkeit der Beendigung des Pachtvertrags durch den Kläger Jahre vor der in Frage stehenden Ausübung des Vorkaufsrechts reduziert dessen Bedeutung in erheblichem Maße.
d) Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass nach dem Vorbringen des Klägers erst zu einem Zeitpunkt, als bereits über alle übrigen Modalitäten des Pachtvertrags zwischen den Parteien Einigkeit erzielt war und die Vertragsverhandlungen abgeschlossen waren, die Sprache auf das Vorkaufsrecht kam, wobei die Initiative hierzu nach dem Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung vom 6.10.2008 (Seite 4 Mitte = GA 74) – was allerdings im Widerspruch zu seinem Vortrag in dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 9.9.2008 (Seite 2, letzter Absatz = GA 45) steht – von diesem selbst ausging. Auch dies spricht dagegen, dass die Parteien der Vereinbarung des Vorkaufsrechts eine so maßgebende Bedeutung beigemessen haben, dass der Pachtvertrag ohne die Vorkaufsabrede nicht abgeschlossen worden wäre. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist unstreitig. Erstinstanzlich hat die Beklagte lediglich bestritten, dass „die Änderungswünsche nachträglich eingearbeitet“ worden seien (vgl. Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 15.9.2008, Seite 2 = GA 49). Diesem Bestreiten lässt sich nicht entnehmen, dass der erstinstanzliche Sachvortrag des Klägers, die Beklagte habe erst nach Abschluss der mündlichen Vertragsverhandlungen um die Einräumung eines Vorkaufsrechts nachgesucht, bestritten werde soll. Auch aus dem Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz ergibt sich nicht, dass sie die detaillierten Ausführungen des Klägers zum Ablauf der Vertragsverhandlungen in dessen Berufungsbegründung, die – wie ausgeführt – lediglich hinsichtlich der Frage, von wem die Initiative für die Vereinbarung des Vorkaufsrechts ausging, im Widerspruch zu seinem erstinstanzlichen Sachvortrag stehen, bestreiten möchte. Ihre Erwiderung hierzu beschränkt sich darauf, dass sie weiteren, erstinstanzlich unstreitigen Sachvortrag als verspätet rügt. Das stellt kein ausreichendes Bestreiten des von dem Kläger geschilderten Ablaufs der Vertragsverhandlungen dar, so dass dessen diesbezügliches Vorbringen als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).
e) Sonstige Umstände, die gegen die Vermutung sprechen, die Parteien hätten den Pachtvertrag auch ohne die nichtige Vorkaufsabrede geschlossen, hat die Beklagte nicht dargetan. Insbesondere beinhaltet ihr erstinstanzliches Vorbringen, „der Pachtvertrag und die Zusatzvereinbarung wären nie unabhängig voneinander geschlossen worden durch die Beklagte“ bzw. die Zusatzvereinbarung sei „Grundvoraussetzung für den Abschluss des Pachtvertrages“ gewesen und bilde mit diesem eine Einheit (vgl. Schriftsatz vom 23.6.2008, Seite 3 = GA 22), keine tatsächlichen Umstände, die einen solchen Schluss zuließen.
III.
Die Klage ist auch im Urkundenprozess begründet.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 581 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. mit § 4 des Pachtvertrags vom 15.1.2008 der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vereinbarten monatlichen Pacht in Höhe von 5.000,-- EUR für den Zeitraum April bis September 2008 und der vereinbarten monatlichen Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 1.500,-- EUR für den Zeitraum von Januar bis September 2008, insgesamt mithin ein Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe von 43.500,-- EUR zu. Der zwischen den Parteien geschlossene Pachtvertrag ist – wie ausgeführt – wirksam. Hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlungen ist noch keine Abrechnungsreife eingetreten, da die mangels Vereinbarung einer Abrechnungsfrist – wie hier – auch für die Geschäftsraummiete maßgebende Frist von einem Jahr ab Ende des vereinbarten Abrechnungszeitraums (hier: das Kalenderjahr 2008) noch nicht abgelaufen ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 535 Rdnr. 94).
2. Soweit sich die Beklagte auf ein Recht zur Minderung des Pachtzinses sowie auf weitere Gegenforderungen „aus Investitionen von mindestens 70.000,-- EUR“ berufen hat, hat sie diese im Hinblick darauf, dass ihr der Antritt eines im Urkundenprozess zulässigen Beweises nicht möglich wäre, schon nicht substantiiert dargetan. Die Ausführung dieser Rechte bleibt dem Nachverfahren vorbehalten (§ 599 Abs. 1 ZPO).
3. Die geltend gemachten Verzugszinsen sind gemäß den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 BGB gerechtfertigt. Soweit der Kläger Zinsen in Höhe von 17,25% beansprucht, hat er unter Vorlage einer Bankbescheinigung (GA 47) dargelegt, einen entsprechenden Kontokorrentkredit in Anspruch zu nehmen (Schriftsatz vom 9.9.2008, Seite 2 = GA 45). Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 4, Nr. 10, 711 ZPO i. V. mit § 709 Satz 2 ZPO.
V.
Der Senat macht – wie angekündigt – von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache zum Zwecke der weiteren Verhandlung und Entscheidung im Nachverfahren gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 ZPO, der entsprechend anwendbar ist, wenn erst das Berufungsgericht das Vorbehaltsurteil erlässt (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a. a. O., § 538 Rdnr. 53), an das Landgericht zurückzuverweisen. Den erforderlichen Zurückverweisungsantrag hat der Kläger gestellt. Die Zurückverweisung erscheint sachdienlich, da der Beklagten zunächst Gelegenheit zur Ausführung ihrer Gegenrechte zu geben ist und hierüber gegebenenfalls noch – unter Einbeziehung des Ergebnisses des selbstständigen Beweisverfahrens – Beweis zu erheben sein wird.
VI.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die im Streitfall entscheidungserhebliche Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Abstandnahme vom Urkundenprozess auch noch in der Berufungsinstanz zulässig ist, ist nach der ZPO-Reform in der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie in der Literatur umstritten und – soweit ersichtlich – bislang vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden. Ihr Auftreten ist in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten und berührt daher das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts (vgl. Zöller/Gummer, a. a. O., § 543 Rdnr. 11 m. w. N.).