1. Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit der Verschiebung von Veranstaltungen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht planmäßig stattfinden konnten.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Eine seiner satzungsmäßigen Aufgaben ist es, die Rechte der Verbraucher wahrzunehmen und bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht, das AGB-Recht und andere Gesetze, soweit Verbraucherinteressen berührt sind, erforderlichenfalls gerichtliche Maßnahmen einzuleiten. Der Kläger ist als qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 4 UKlaG anerkannt.
Die in München ansässige Beklagte betreibt einen Telemediendienst und handelt mit Eintrittskarten für Veranstaltungen. Der Vertrieb erfolgt überwiegend im Fernabsatz. Soweit sie die Karten im Auftrag des jeweiligen Veranstalters vertreibt, weist sie für jede Veranstaltung gesondert auf den jeweiligen Veranstalter und ihre Vermittlerrolle hin. Entsprechende Hinweise finden sich auf ihrer Webseite „“ bei jedem Ticketerwerb unter dem Reiter „Informationen zum Veranstalter“ (Anlagenkonvolut B7). Sobald sich die ausgewählten Tickets im Warenkorb befinden, wird dort nochmals der Veranstalter mit seiner vollen Bezeichnung genannt (Anlagenkonvolut B8). Die Nennung des Veranstalters findet sich auch auf der Buchungsbestätigung des jeweiligen Ticketkaufs (Anlage B9) und auf dem Ticket selbst (Anlagenkonvolut B10).
Der Kläger erhielt zahlreiche Beschwerden von Verbrauchern, die sich an die Beklagte gewendet und den Rücktritt von einer gebuchten Veranstaltung erklärt hatten, die aufgrund einer Allgemeinverfügung wegen der COVID-19-Pandemie nicht planmäßig stattfinden konnte. Hierbei handelte es sich um Veranstaltungen, deren Durchführung für März und April 2020 geplant waren, deren Tickets vor dem 08.03.2020 erworben wurden und die wegen der COVID-19-Pandemiebedingten Veranstaltungsverbote verlegt werden mussten.
Die Beklagte antwortete auf Anfragen der Kunden, die Karten für abgesagte bzw. verlegte Veranstaltungen zurückgeben wollten, u. a. wie folgt:
„Wir verstehen Ihre Besorgnis in der aktuellen Situation. Die von Ihnen gebuchten Karten behalten selbstverständlich weiterhin ihre Gültigkeit für den neuen Termin. Die Stornierung ist in diesem Fall leider nicht möglich.“ (E-Mails vom 17.03.2020 und 23.03.2020, Anlagen K1, K7)
„Wir haben Sie bereits über die Verlegung Ihrer gebuchten Veranstaltung (…) informiert und Ihnen mitgeteilt, dass Ihre Karten für den Ersatztermin weiterhin Ihre Gültigkeit behalten. Eine Stornierung Ihrer Bestellung ist daher in diesem Fall leider nicht möglich.“ (E-Mail vom 26.03.2020, Anlage K2) „Wir haben Sie bereits über die Verlegung Ihrer gebuchten Veranstaltung (…) informiert und Ihnen mitgeteilt, dass Ihre Karten für den Ersatztermin weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Eine Stornierung Ihrer Bestellung ist daher in diesem Fall leider nicht möglich.
Wir senden Ihnen hiermit ihre eingeschickten Karten zu unserer Entlastung zurück.“ (Schreiben vom 24.03.2020, Anlage K4)
„Derzeit ist uns leider noch kein neuer Termin für Ihre gebuchte Veranstaltung bekannt. Aktuell wird nach einem Ersatztermin gesucht. Dieses wird voraussichtlich einige Zeit in Anspruch nehmen. Sobald uns neue Informationen zu Ihrer Veranstaltung vorliegen, werden wir Sie per E-Mail informieren. Bereits gekaufte Karten behalten selbstverständlich Ihre Gültigkeit. Eine Stornierung Ihrer Bestellung ist leider nicht möglich.“ (E-Mail vom 19.03.2020, Anlage K5)
Der Kläger machte die Beklagte mit Schreiben vom 31.03.2020 auf die bei ihm eingegangenen Beschwerden aufmerksam und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf (Anlage K8/9). Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 20.04.2020 die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab (Anlage B5).
Nach Inkrafttreten des Art. 240 § 5 EGBGB machte die Beklagte die Verbraucher, die einen Rücktritts- bzw. Stornierungswunsch geäußert hatten, auf Möglichkeiten nach dem vorgenannten Gesetz aufmerksam, soweit dies nicht schon bereits erfolgt war.
Der Kläger erhielt weitere Beschwerden von Verbrauchern, die zum Gegenstand hatten, dass die Beklagte Gebühren bei der Rückerstattung des Kartenpreises zurückbehalte. So erstattete die Beklagte für eine COVID-19-Pandemiebedingt abgesagte Veranstaltung einen Betrag von 598,50 EUR (E-Mail-Verkehr Anlage K10/11). Laut ursprünglicher Rechnung vom 23.04.2019 zahlte der Verbraucher einen Kartenpreis von 642,- EUR, eine Buchungsgebühr von 12,- EUR und Versandkosten in Höhe von 4,90 EUR, insgesamt also 658,90 EUR (Anlage K9-2). Das Anfallen einer etwaigen Vorverkaufsgebühr wurde - auch als Teil des Kaufpreises - nicht ausgewiesen. Bei der Rückerstattung wurde nicht kenntlich gemacht, welche Gebühren in welcher Höhe einbehalten wurden. Auf Nachfrage des Verbrauchers antwortete die Beklagte am 06.07.2020 wie folgt (Anlage K12):
„Im Falle einer Veranstaltungsabsage oder -verlegung erstatten wir den Ticketpreis, exklusive der Gebühren. Bei den Gebühren handelt es sich um Entgelte für Leistungen, die bereits durch den Veranstalter und durch erbracht wurden. Aufgrund der COVID-19-Pandemie sind nahezu alle Veranstaltungen bis Ende August 2020 behördlich untersagt. In dieser dramatischen Situation mit den sehr hohen Rückläuferzahlen können wir leider keine Kulanz anbieten. Mit diesem Vorgehen unterstützen wir die Veranstalter und damit die kulturelle Vielfalt und deutsche Live Kultur. Wir hoffen auf Ihr Verständnis für diese Entscheidung.“
Ein Veranstalter äußerte sich mit E-Mail vom 25.06.2020 auf Nachfrage eines Verbrauchers wie folgt zu der einbehaltenen Gebühr (Anlage K14):
„Die von Ihnen genannte Differenz in der Auszahlung der Ticketrückerstattung ist eine Gebühr, die von der Firma als Ausgleich für bereits entstandene Kosten einbehalten wird. Hierauf haben wir keinerlei Einfluss und partizipieren daran in keinster Weise. Bitte wenden Sie sich an, um sich die Differenz auszahlen zu lassen.“
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten lauteten in ihrer zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung in der Einleitung auszugsweise wie folgt (Anlage K13):
„Die vertreibt die Tickets im Auftrag des jeweiligen Veranstalters als Vermittlerin oder als Kommissionärin, es sei denn, sie ist im Einzelfall ausdrücklich selbst als Veranstalter ausgewiesen.“
Ziffer VI Nr. 5 der AGB lautete ferner:
„Die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr fällt als Entgelt für die erfolgreiche Vermittlung von Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf an. Im Falle von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen kann die Vorverkaufsgebühr daher nicht erstattet werden.“
Auf die AGB wird Bezug genommen (Anlage K13). Am 21.07.2020 mahnte der Kläger die Beklagte erneut ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich der von ihr nicht erstatteten Gebühren zu unterzeichnen (Anlage K9-1). Die Beklagte lehnte eine Unterzeichnung ab. Ab 22.10.2020 wurde die Klausel durch die Beklagte aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen entfernt.
Die vom Kläger geltend gemachte Abmahnpauschale beläuft sich auf 260,- EUR brutto und basiert auf dem durchschnittlichen Einsatz von Personal- und Sachmitteln im Rahmen einer Abmahnung.
Der Kläger meint, ein Unterlassungsanspruch bestehe gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1, 2 UKlaG. Die Beklagte habe gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG i. V. m. § 323 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB sowie §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG verstoßen, soweit sie gegenüber Verbrauchern eine Rückerstattung des Kaufpreises unter Hinweis auf die Verlängerung der Gültigkeit der Tickets verweigert habe. Bei § 323 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB handele es sich um eine Marktverhaltensvorschrift im Sinne des § 3a UWG. Ferner habe die Beklagte hierbei unwahre Angaben über das vertragliche Rücktrittsrecht des Verbrauchers getätigt. Für die Verbraucher sei nicht erkennbar gewesen, dass es sich um die Äußerung einer bloßen Rechtsansicht seitens der Beklagten gehandelt habe.
Die von der Beklagten verwendete Klausel, wonach die im Kartenpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr in keinem Fall zurückerstattet werden könne, verstoße gegen § 3a UWG i.V. m. §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 326, 346 BGB, da die Klausel von dem gesetzlichen Grundgedanken der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB unangemessen abweiche, sowie gegen § 3a UWG i.V. m. Art. 240 § 5 Abs. 3 EGBGB, da der Erstattungsanspruch im Zusammenhang mit der sog. „Gutscheinlösung“ das gesamte Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren umfasse.
Zwar werde die o. g. Klausel mittlerweile von der Beklagten nicht mehr verwendet. Da diese die Vorverkaufsgebühr aber dennoch weiterhin einbehalte, liege eine Umgehung nach § 306a BGB vor. Soweit die Beklagte dabei im Falle der Erstattung des Ticketpreises einbehaltene Beträge nicht benenne, verstoße sie außerdem gegen § 3a UWG i.V. m. §§ 275, 326, 346 BGB, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG sowie gegen § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nrn. 1, 3 UWG. Der Verstoß sei geeignet, die Verbraucher von einer weiteren Rechtsverfolgung ihrer Ansprüche abzuhalten.
Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass sich die Passivlegitimation der Beklagten in sämtlichen Fällen daraus ergebe, dass sie geschäftliche Handlungen zugunsten der Veranstalter vornehme und insoweit auch die Rückabwicklung übernehme. Jedenfalls habe die Beklagte sich gegenüber den Verbrauchern auf eine Diskussion über die Rechtmäßigkeit einer Rückabwicklung eingelassen und müsse sich daher als Verantwortliche hieran festhalten lassen.
Im Termin vom 28.04.2021 hat der Kläger den ursprünglichen Antrag Ziffer I. 4. zurück genommen und den Antrag Ziffer I. 3. neu gefasst.
Der Kläger beantragt zuletzt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu vollziehen am Vorstand der Komplementär-Aktiengesellschaft, im Rahmen geschäftlicher Handlungen für Verträge und Aufträge betreffend die Lieferung von Eintrittskarten (Tickets) für Veranstaltungen gegenüber Verbrauchern künftig zu unterlassen,
1. im Falle von Verlegungen von Veranstaltungen zu erklären, dass die ursprünglichen Tickets der verlegten Veranstaltungen für den neuen, verlegten Termin der Veranstaltung ihre Gültigkeit behalten und eine Rückgabe der Tickets oder eine Rückabwicklung des Ticketkaufs infolge der Verlegung nicht möglich sei.
2. folgende oder eine mit dieser inhaltsgleichen Klausel zu verwenden und/oder sich darauf zu berufen:
„Die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr fällt als Entgelt für die erforderliche Vermittlung des Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf an. Im Falle von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen kann die Vorverkaufsgebühr daher nicht erstattet werden.“
3. im Falle von Erstattungen des Ticketpreises wegen Veranstaltungsabsagen Vorverkaufsgebühren und sonstige Gebühren einzubehalten, ohne dass diese gesondert ausgewiesen werden.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Die Beklagte behauptet, sie habe die Kunden stets darauf hingewiesen, dass sie die Kartenkäufe lediglich vermittle und dass ausschließlich der Veranstalter die Entscheidungen bzgl. einer Rückabwicklung treffe (Anlagenkonvolut B11). Die Beklagte sei daher nicht passivlegitimiert. Da die Mitarbeiter des Kundenservice nicht entscheidungsbefugt seien, fehle es ferner an einer geschäftlichen Handlung.
Die COVID-19-Pandemie und die in diesem Zusammenhang ergangenen behördlichen Veranstaltungsverbote hätten außerdem eine Störung der Geschäftsgrundlage, welche zur Verlegung der Veranstaltungen nach § 313 Abs. 1 BGB berechtigt, bewirkt. Ein Rücktrittsrecht nach § 323 BGB habe daher nicht bestanden. Zudem seien die Äußerungen als bloße Rechtsansichten und nicht als Tatsachenbehauptungen zu verstehen. Es fehle daher an einer Irreführung.
Ferner seien §§ 323 Abs. 1, 2 Nr. 2, 275, 326, 346 BGB keine Marktverhaltensvorschriften im Sinne von § 3a UWG, da diese nicht auf Unionsrecht beruhten und ein bloßes Gestaltungsrecht begründeten. Jedenfalls sei der Unterlassungsanspruch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr begründet, da sich das Verhalten der Beklagten gemäß dem am 20.05.2020 in Kraft getretenen Art. 240 § 5 Abs. 1 EGBGB als rechtmäßig darstelle.
Die streitgegenständliche Klausel sei wirksam, da die von der Beklagten gegenüber den Kunden in Ansatz gebrachte Vorverkaufsgebühr von einem Rückerstattungsanspruch nicht erfasst sei, da diese ein separates, vom Kunden zu zahlendes Entgelt für die von ihr bereits erbrachte Vermittlungsleistung darstelle. Die Vorverkaufsgebühr sei ein gesonderter Teil des Kaufpreises. Für etwaige Leistungsstörungen bzgl. der Veranstaltungsdurchführung sei ausschließlich der Veranstalter Ansprechpartner des Verbrauchers; die Beklagte trage als bloße Vermittlerin nicht das wirtschaftliche Risiko bzgl. des künftigen rechtlichen Schicksals des vermittelten Vertragsverhältnisses.
Soweit sich die Klage gegen das Einbehalten von Gebühren wende, sei diese gegen einen Realakt der Beklagten gerichtet, der bereits keine taugliche „Angabe“ i. S. v. § 5 Abs. 1 UWG darstelle. Da die einbehaltenen Gebühren in der Rechnung ihrer Höhe nach ausgewiesen seien, müsse bei der Rückerstattung des Kaufpreises nicht gesondert auf die jeweils einbehaltenen Gebühren hingewiesen werden. Der Kunde könne sich dies ohne Weiteres aus der Rechnung erschließen. Es handele sich damit um keine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. § 5a Abs. 3 UWG sei auf die Vertragsrückabwicklung bereits nicht anwendbar. Schließlich seien die Anträge unbestimmt.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat mündlich verhandelt im Termin vom 28.04.2021. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers vom 11.05.2021 sowie der Beklagten vom 12.05.2021 wurden gewürdigt. Ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ergab sich nicht.
Der Klage ist teilweise stattzugeben. Im Übrigen ist die Klage mangels Begründetheit abzuweisen.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Es liegt eine zulässige Klageänderung vor. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 26.11.2020 Antrag Ziff. I. 1. konkretisiert und die Klage um die Anträge Ziff. I. 3. und I. 4. erweitert. In der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2021 hat er die beiden Anträge in Ziff. I. 3. zusammengefasst und Antrag Ziff. I. 4. im Übrigen teilweise zurückgenommen. Die Änderungen waren sachdienlich i. S. v. § 263 Alt. 2 ZPO, da es sich um einen ähnlich Streitstoff handelt und ein neuer Prozess vermieden wird (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 263 Rn. 13). Bzgl. Antrag Ziff. I. 4. ist das Gericht infolge wirksamer Teilklagerücknahme nach §§ 263 Alt. 2, 269 Abs. 1 ZPO nicht mehr entscheidungsbefugt. Eine Einwilligung des Beklagten war mangels streitigen Verhandelns i. S. v. § 297 ZPO über die Hauptsache im Zeitpunkt der Klageänderung nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 20.08.1998, Az.: I ZB 38/98 = NJW 1998, 3784; BGH, Urt. v. 06.05.1987, Az.: IV b ZR 51/86 = NJW 1987, 3263).
2. Im Hinblick auf die Anträge Ziff. I. 1. und I. 3. bestehen Zweifel an der Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Unterlassungsanträge sind abstrakt gefasst und lassen nicht erkennen, auf welche konkrete Verletzungshandlungen sie sich beziehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.04.2007, Az.: I ZR 35/04 = GRUR 2007, 708, 710 - Internet-Versteigerung II; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 12 Rn. 1.39). Der fehlenden Bestimmtheit kann vorliegend im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) unter Heranziehung der Klagebegründung ausnahmsweise noch abgeholfen werden (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.1995, Az.: I ZR 137/93 = NJW 1995, 3187; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 12 Rn. 1.37), da der Kläger auf die Verletzungshandlungen der Anlagen K1/K7 (Antrag Ziff. I. 1.) und Anlagen K10/K12 (Antrag Ziff. I. 3.) im Sachvortrag Bezug nimmt.
II.
Die Klage ist begründet, soweit die Unterlassung der Verwendung der AGB-Klausel Ziff. VI Nr. 5 (Antrag Ziff. I. 2.) sowie die Erstattung der Aufwendungen der Abmahnung beantragt sind (Antrag Ziff. II.).
1. Der Antrag Ziff. I. 2. ist begründet, da dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 5 UKlaG i.V. m. § 890 Abs. 1 ZPO zusteht.
a) Der Kläger ist als eingetragene qualifizierte Einrichtung gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG klagebefugt.
b) Die streitgegenständliche Klausel Ziffer VI. Nr. 5, wonach die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr als Entgelt für die erforderliche Vermittlung des Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf anfällt und die Vorverkaufsgebühr im Fall von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen nicht erstattet werden kann, ist gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
aa) Bei der für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten und seitens der Beklagten gestellten Klausel handelt es sich unstreitig um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten nach § 305 Abs. 1 BGB.
bb) Die Klausel ist gemäß § 307 Abs. 3 BGB kontrollfähig, da sie eine abweichende Regelung zur gesetzlich vorgesehenen Rückerstattung des Provisionsanspruchs trifft.
(a) Als Rechtsgrundlage für den Provisionsanspruch der Beklagten kommt bei der Vermittlung von Tickets entweder ein Anspruch gegen den Kunden aus Geschäftsbesorgungsvertrag im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Handelsvertreterin (§ 84 HGB; vgl. hierzu allgemein BGH, Urt. v. 20.02.1986, Az.: I ZR 105/84 = NJW-RR 1986, 709) oder ein Anspruch aus § 396 HGB gegen den Veranstalter aus Kommission (§§ 383 ff. HGB) in Betracht. Da die Beklagte in der Einleitung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausführt, grundsätzlich im Auftrag des jeweiligen Veranstalters als Vermittlerin oder Kommissionärin tätig zu sein, und damit offen lässt, ob sie als Handelsvertreterin oder Kommissionärin nach außen auftritt, ist nach § 305c Abs. 2 BGB die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen und vorliegend für sämtliche Vertragsschlüsse von einer Tätigkeit der Beklagten als Kommissionärin auszugehen (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 16 - Preisnebenabreden).
(b) Nach der gesetzlichen Regelung steht dem Kunden bei einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung der Veranstaltung ein Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises samt Vorverkaufsgebühr gegen den Veranstalter, nicht jedoch gegen die Beklagte zu.
Soweit die Beklagte als Kommissionärin i. S. d. § 383 HGB Eintrittskarten für Veranstaltungen Dritter vertreibt, schließt sie im eigenen Namen mit dem Kunden einen Kaufvertrag über die Eintrittskarte (sog. Ausführungsgeschäft) und wird aus diesem selbst unmittelbar zur Forderung des Kaufpreises nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 2 BGB berechtigt und nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 BGB dazu verpflichtet, dem Kunden den Besitz und das Eigentum an der Eintrittskarte zu verschaffen, die sein Recht auf Zutritt zu der Veranstaltung als so genanntes kleines Inhaberpapier i. S. d. § 807 BGB gem. §§ 793 Abs. 1, 797 S. 1 BGB verbrieft (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 19 - Preisnebenabreden). Weiterreichende Hauptleistungspflichten der Beklagten bestehen nicht (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 19 - Preisnebenabreden; OLG Hamm, Urt. v. 30.07.2009, Az.: 4 U 69/09 = NJOZ 2009, 4173). Zwar sind Leistungsstörungen im Rahmen des Ausführungsgeschäfts bei der Kommission allein im Verhältnis zwischen Kommissionär und Kunden abzuwickeln (vgl. § 392 Abs. 1 HGB; Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl. 2021, § 383 Rn. 21). Da die Beklagte jedoch nicht für eine ordnungsgemäße Durchführung der Veranstaltung verantwortlich ist (OLG Hamm, Urt. v. 30.07.2009, Az.: 4 U 69/09 = NJOZ 2009, 4173, 4175; vgl.: BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 19 - Preisnebenabreden), fehlt es aber insoweit an einer Pflichtverletzung ihrerseits. Auch begründet eine spätere fehlende Durchsetzbarkeit des im Rahmen des Rechtskaufs erworbenen Anspruchs auf Zutritt zu der Veranstaltung keinen Sach- oder Rechtsmangel des Kaufvertrags zwischen Beklagter und Kunden i. S. v. §§ 434, 435 BGB im Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums am Ticket sowie des verkörperten Rechts (vgl. allgemein: MüKo-BGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, § 453 Rn. 11, § 435 Rn. 6; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl. 2021, § 453 Rn. 17 ff.; Kreile/Hombach, ZUM 2001, 731, 759), da Leistungsstörungen bzgl. der Veranstaltungsdurchführung zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch nicht bestehen dürften.
Grundsätzlich hat der Kunde bei der vorliegenden Vertragskonstellation bei etwaigen Leistungsstörungen im Veranstaltungsverhältnis aus dem im Ticket verkörperten, als Schuldverschreibung zu behandelnden Recht nach §§ 807, 793 Abs. 1 S. 1, 631 Abs. 1, 535 Abs. 1 BGB Ansprüche gegen den Veranstalter. Bei einer Nichtleistung stehen dem Kunden aufgrund des Charakters als relatives Fixgeschäft insbesondere Ansprüche auf Rückabwicklung aus Rücktritt gemäß §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB sowie aus Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, Abs. 2 Alt. 2, Abs. 5 BGB zu (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 281 Rn. 17, 48), die an die Beklagte seitens des Veranstalters in Vollzug des dem Schuldversprechen zugrundeliegenden Kausalverhältnisses (sog. Begebungsvertrag) abgetreten wurden (vgl. allgemein Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl. 2021, § 793 Rn. 8) und mit der Übertragung des im Inhaberpapier verkörperten Rechts an den Kunden mitübertragen werden. Dem Kunden sind insoweit die gesamten empfangenen Leistungen zurückzugewähren, mithin der gesamte Kaufpreis inklusive der enthaltenen Vorverkaufsgebühr (LG Hannover, Urt. v. 12.04.1994, Az.: 14 O 35/94; a. A.: Kreile/Hombach, ZUM 2001, 731, 759). Ein gegenüber dem Kunden aufrechenbarer Wertersatzanspruch des Veranstalters nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB in Höhe der Vorverkaufsgebühr besteht dabei nicht, da seitens des Veranstalters keine Vermittlungsleistung erbracht wurde.
(c) Die streitgegenständliche Klausel regelt den Rückerstattungsanspruch des Erwerbers im Falle einer Leistungsstörung bei der Durchführung der Veranstaltung sowohl im Verhältnis zu der Beklagten als auch zum Veranstalter abweichend, indem sie den Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Veranstalter vorliegend ausschließt. Die Klausel schließt ausweislich ihres Wortlauts eine Erstattung der Vorverkaufsgebühr generell aus, d. h. sowohl seitens der Beklagten als auch seitens des Veranstalters. Zwar stellt die Beklagte in der Einleitung ihrer AGB und im Rahmen der Anbahnung des Kaufvertrages klar, dass vertragliche Beziehungen im Hinblick auf den Veranstaltungsbesuch ausschließlich zwischen dem Kunden und dem jeweiligen Veranstalter zustande kommen. Anders als bei den Klauseln Ziffern VI. 1-VI. 4 und VI. 6 erfolgt in der streitgegenständlichen Klausel Ziff.VI. 5 allerdings keine Beschränkung auf die Haftung des Klägers, sondern eine Rückerstattung der Provision wird generell ausgeschlossen. Da die Beklagte ferner auch bei einer Rückabwicklung des Vertrages wegen Leistungsstörungen aus der Sphäre des Veranstalters im Auftrag der Veranstalter eine Rückabwicklung mit den Kunden vornimmt, muss der Verbraucher die Klausel dahingehend verstehen, dass sich diese auch auf etwaige Ansprüche gegen den Veranstalter bezieht. Zweifel bei der Auslegung gehen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Einem solchen Ausschluss des Rückerstattungsanspruchs des Verbrauchers gegenüber dem Veranstalter seitens der Beklagten steht auch nicht die Relativität der Schuldverhältnisse entgegen. Vielmehr ist der Ausschluss des Rückerstattungsanspruchs gegenüber dem Veranstalter gleichbedeutend mit einer entsprechend beschränkten Abtretung der Rechte an den Verbraucher im Rahmen der Übertragung der Karte und des darin verbrieften Anspruchs durch die Beklagte.
(d) Einer Kontrollfähigkeit steht der Regelungsgegenstand der Klausel nicht entgegen, da diese insbesondere keine Regelung zur vertraglichen Hauptleistung trifft (vgl. BGH, Urt. v. 05.10.2017, Az.: III ZR 56/17 = NJW 2018, 534 Rn. 15).
cc) Die Klausel hält zumindest bei Kommissionsgeschäften der Beklagten der Inhaltskontrolle nicht stand. Denn sie ist mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 396 Abs. 1 HGB, von dem abgewichen wird, nicht vereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligen den Kunden entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Da sie unterschiedslos für alle von der Beklagten ausgeübten Geschäftsarten gelten soll, ist die Klausel insgesamt und damit auch bei ihrer Verwendung im Rahmen der Eigenveranstaltungen und des Vermittlungsgeschäfts unwirksam (vgl. BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 13 - Preisnebenabreden). Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt.
Nach dem Grundgedanken des § 396 Abs. 1 HGB handelt die Beklagte als Kommissionärin im Interesse des Kommittenten, nicht jedoch des Kunden. Der Beklagten steht daher gegen den Veranstalter bei Erfüllung des Ausführungsgeschäfts mit dem Kunden ein Provisionsanspruch zu, dessen Bestehen von Leistungsstörungen aus der Sphäre des Kommittenten unberührt bleibt (§ 396 Abs. 1 S. 2 2. Hs. HGB). Da es sich bei Veranstaltungsabsagen um Leistungsstörungen aus der Sphäre des Veranstalters handelt, wäre nach dem wesentlichen Grundgedanken des § 396 Abs. 1 HGB der Veranstalter als Kommittent zur Leistung des Provisionsanspruchs gegenüber der Beklagten verpflichtet. Für die Annahme eines gesonderten Geschäftsbesorgungsvertrages zwischen der Kommissionärin und dem Kunden, der als Hauptleistung die Versendung bzw. Übermittlung der erworbenen Eintrittskarte gegen Entgelt zum Gegenstand hat, ist daneben kein Raum (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 21 - Preisnebenabreden).
Die streitgegenständliche Klausel weicht von diesem Grundgedanken ab und benachteiligt den Kunden hierdurch unangemessen, indem sie den Rückerstattungsanspruch in Höhe der Provision ausschließt und damit das Durchführungsrisiko insoweit vom Veranstalter auf den Kunden verlagert. Der Kunde hätte die Provision der seitens des Veranstalters beauftragten Beklagten damit auch im Fall der Verlegung oder Absage der Veranstaltung zu tragen, obwohl es sich dabei um einen Umstand handelt, der ausschließlich im Verantwortungsbereich und in der Risikosphäre des Veranstalters liegt. Die Durchführung der Veranstaltung liegt gerade nicht in der Hand des Kunden.
Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 396 Abs. 1 HGB indiziert nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. Diese kann zwar auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung widerlegt werden. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat dazu jedoch nichts vorgetragen.
dd) Schließlich ist die Regelung zur Vorverkaufsgebühr - unabhängig davon, ob die Beklagte als Vermittlerin, Kommissionärin oder selbst als Veranstalterin tätig ist - auch deshalb unwirksam, weil sie den Kunden aufgrund ihrer mangelnden Transparenz unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 BGB).
Die Höhe der Vorverkaufsgebühr ist jedenfalls in den hier vorgetragenen Vorgängen nicht offen ausgewiesen (Anlagen B7/B8, K9). Der Kunde kann damit die Höhe des wirtschaftlichen Risikos im Hinblick auf die ausweislich der Klausel nicht erstattungsfähigen Vorverkaufsgebühren nicht abschätzen, ihm fehlt auch bei der Abrechnung jede Kontrollmöglichkeit (vgl. zur „print@home-Option“: BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 29 - Preisnebenabreden; OLG Bremen, Urt. v. 15.06.2017, Az.: 5 U 16/16 = NJOZ 2017, 1050, 1053 Rn. 38). Ferner ist dem Kunden vor diesem Hintergrund auch eine Abgrenzung zur zusätzlich in Rechnung gestellten, nicht näher begründeten Buchungsgebühr von max. 2,- EUR pro Ticket nicht möglich.
2. Der Antrag Ziff.II. ist begründet, da dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Abmahnungskosten gemäß § 5 UKlaG i.V. m. § 13 Abs. 3 UWG zusteht. Mit Schreiben vom 21.07.2020 mahnte der Kläger die Beklagte bzgl. der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel berechtigt gemäß § 13 Abs. 1, Abs. 2 UWG ab. Der Erstattung der vollen Abmahnkostenpauschale stand vorliegend nicht entgegen, dass die Abmahnung nur teilweise berechtigt war, da diese sich nach den Kosten des Verbandes richtet (st. Rspr., BGH, Urt. v. 10.12.2009, Az.: I ZR 149/07 = GRUR 2010, 744 Rn. 51 - Sondernewsletter; vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 13 Rn. 133).
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1, 247 BGB.
II.
Die Klage war im Übrigen abzuweisen. Die Anträge Ziff. I. 1. und I. 3. sind unbegründet.
1. Die Klage ist bzgl. Antrag Ziff. I. 1. unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 2 Abs. 1 UKlaG auf Unterlassung der Äußerungen zu einem fehlenden Rücktrittsrecht der Verbraucher bei einer Verlegung der Veranstaltung zu.
a) Es besteht kein Unterlassungsanspruch der Klägers nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die streitgegenständlichen Äußerungen der Beklagten verstoßen weder gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG i.V. m. § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB noch gegen §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG.
aa) Der Kläger ist als qualifizierte, eingetragene Einrichtung klagebefugt gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG.
bb) Die streitgegenständliche Äußerungen der Beklagten verstoßen nicht gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG, da es sich bei § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht um eine Marktverhaltensvorschrift i. S. v. § 3a UWG handelt.
(1) Die Vorschrift muss (zumindest) auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, wobei dieser Zweck nicht der einzige und primäre sein muss (BGH, Urt. v. 01.12.2016, Az.: I ZR 143/15 = GRUR 2017, 641 Rn. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Ob ein entsprechender Normzweck vorliegt, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln (BGH, Urt. v. 11.05.2000, Az.: I ZR 28/98 = GRUR 2000, 1076, 1078 - Abgasemissionen). Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Dazu muss sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweisen, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt (BGH, Urt. v. 06.06.2019, Az.: I ZR 67/18 = GRUR 2019, 970 Rn. 28 - Erfolgshonorar für Versicherungsberater).
(2) Nach dieser Maßgabe handelt es sich bei § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht um eine Marktverhaltensvorschrift. § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB regelt im allgemeinen Schuldrecht die Fälle eines gesetzlichen Rücktrittsgrundes. Beim Rücktrittsrecht handelt es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht beider Vertragspartner, welches das ursprüngliche Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis i. S. v. § 346 Abs. 1 BGB umwandelt. Eine Tätigkeit zur Absatzförderung, durch die ein Unternehmer auf Verbraucher einwirkt, ist damit gerade nicht Regelungsgegenstand (vgl. allgemein Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, § 3a UWG Rn. 1.77). Ferner fehlt es auch am erforderlichen Wettbewerbsbezug, da die Ausübung des Rücktrittsrechts keine Auswirkungen auf den Markt als solchen hat, sondern lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen den beiden Vertragspartnern. Der bloße Ausgleich von Leistungsstörungen zwischen Vertragspartnern ist aber gerade nicht Funktion des Wettbewerbsrechts (BGH, Urt. v. 21.04.1983, Az.: I ZR 30/81 = GRUR 1983, 451, 452 - Ausschank unter Eichstrich).
cc) Es liegt ferner auch keine Irreführung gemäß §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG vor.
(1) Bei den Äußerungen handelt es sich um geschäftliche Handlungen der Beklagten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, also ein Verhalten nach Vertragsschluss, das mit der Durchführung des bestehenden Vertragsverhältnisses objektiv zusammenhängt. Die Äußerungen seitens der Mitarbeiter des Kundenservice der Beklagten sind ihr zuzurechnen, da sie im Rahmen des typischen Aufgabenkreises des Personals im Kundendienst getätigt wurden (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 2 UWG Rn. 55).
(2) Die streitgegenständlichen Äußerungen sind nicht irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG, da es sich um zulässige Äußerungen einer Rechtsansicht der Beklagten handelt.
(a) Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gem. § 5 Abs. 1 S. 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Alt. 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über - nachfolgend einzeln aufgezählte - Umstände enthält (Alt. 2). Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Fall 2 Nr. 7 UWG ist eine geschäftliche Handlung demnach irreführend, wenn sie sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthält. Der Begriff der Rechte des Verbrauchers hat eine weite Bedeutung (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 UWG Rn. 8.4). Erfasst werden nicht nur Angaben über die Existenz bestimmter Rechte, sondern auch über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 24 - Prämiensparverträge). Erforderlich ist in diesem Zusammenhang, dass durch die jeweils in Streit stehende Äußerung eine Vorstellung bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt wird, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht in Einklang steht (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.56).
(b) Eine Irreführung durch unwahre Angabe i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 UWG scheidet vorliegend aus.
Unwahre Angaben können nur Tatsachenbehauptungen darstellen, die dem Beweis zugänglich sind. Bei Rechtsansichten handelt es sich grundsätzlich um Meinungsäußerungen, da diesen die Subsumtion eines Sachverhalts unter einschlägige Rechtsnormen zugrunde liegt, die regelmäßig auch wertende Elemente zum Gegenstand hat (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 38 f. - Prämiensparverträge). Eine Rechtsansicht kann ausnahmsweise eine Tatsachenbehauptung darstellen, wenn mit dieser zum Ausdruck gebracht wird, eine Rechtsfrage sei in einer bestimmten Weise durch Rechtsnormen geregelt oder von der Rechtsprechung entschieden (vgl. BGH, Urt. v. 23.04.2020, Az.: I ZR 85/19 GRUR 2020, 886, 889 Rn. 38, 39 - Preisänderungsregelung).
Nach dieser Maßgabe scheidet vorliegend eine Irreführung durch unwahre Angaben aus. Die Äußerungen der Beklagten, dass die erworbenen Eintrittskarten ihre Gültigkeit behalten und eine Rückerstattung des Kaufpreises nicht möglich sei, stellen keine Tatsachenbehauptungen, sondern Meinungsäußerungen dar. Die Äußerungen konnten von einem informierten, verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher (vgl.: BGH, Urt. v. 05.11.2015, Az.: I ZR 182/14 = GRUR 2016, 521 Rn. 10 - Durchgestrichener Preis II) nicht als Behauptung einer bereits seitens der Rechtsprechung entschiedenen oder eindeutig geklärten Rechtslage verstanden werden. Tatsächlich ist die Rechtslage im Hinblick auf vertragliche Leistungsstörungen im Zusammenhang mit der COVID-19- Pandemie in Literatur und Rechtsprechung ungeklärt und umstritten (vgl. auch LG Würzburg, Urt. v. 23.10.2020, Az.: 1 HK O 1250/20 = GRUR-RR 2020, 540, 542 Rn. 26; vgl. zur Anwendbarkeit von § 313 BGB auf die COVID-19-Pandemie z. B.: Mann/Schenn/Baisch, Vertrieb von Waren und Dienstleistungen in Zeiten von Corona, 1. Aufl. 2020, Abschnitt C.V.4.; zu Gewerberaummietverhältnissen: LG München I, Urt. v. 25.01.2021, Az.: 31 O 7743/20 = BeckRS 2021, 453 Rn. 38, 39 m. w. N.; LG München I, Urt. v. 12.02.2021, Az.: 31 O 11516/20 = ZVertriebsR 2021, 86; Römermann, NJW 2021, 265; Sittner, NJW 2020, 1169; Blatt/Stobbe, IMR 2021, 45; Klimesch, IMR 2021, 47; Brinkmann/Thüsing, NZM 2021, 5). Der Standpunkt der Beklagten zur Anwendung der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) im Falle der pandemiebedingte Unmöglichkeit der termingerechten Durchführung der Veranstaltung mit der Folge einer Anpassung des Vertrages auf einen geänderten Termin unter Ausschluss eines Rücktritts des Kunden erscheint vor diesem Hintergrund rechtlich nicht unvertretbar (vgl. auch LG Würzburg, Urt. v. 23.10.2020, Az.: 1 HK O 1250/20 = GRUR-RR 2020, 540, 541 Rn. 20).
(c) Ferner kommt eine Irreführung durch sonstige zur Täuschung geeignete Angaben i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG nicht in Betracht.
Aussagen über die Rechtslage werden nur in bestimmten Fällen als zur Täuschung geeignete Meinungsäußerung erfasst. Vertritt ein Unternehmen im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar eine bestimmte Rechtsansicht, so handelt es sich um eine Meinungsäußerung, die deshalb grundsätzlich selbst dann nicht wettbewerbswidrig ist, wenn sie sich als unrichtig erweist (vgl. BGH, Urt. v. 03.05.2007, Az.: I ZR 19/05 GRUR 2007, 978 Rn. 30 - Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer; BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 30 - Prämiensparverträge). Das folgt aus der Überlegung, dass es dem Unternehmer bei der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung unbenommen bleiben muss, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Ob diese Rechtsansicht richtig ist, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 31 - Prämiensparverträge).
Vor diesem Hintergrund stellen die streitgegenständlichen Äußerungen der Beklagten keine zur Täuschung geeignete Meinungsäußerung dar. Für die angesprochenen Verkehrskreise war vorliegend ersichtlich, dass die Beklagte im Rahmen der Korrespondenz mit den Verbrauchern eine Rechtsansicht vertritt. Auf die Richtigkeit der - bisher höchstrichterlich ungeklärten - Rechtsansicht kommt es im Wettbewerbsprozess nicht an.
Soweit der Kläger meint, dass sich die streitgegenständlichen Äußerungen für die Verbraucher nicht als Rechtsmeinungen dargestellt haben, da die Beklagte insoweit keine entsprechende Formulierung wie „nach unserer Ansicht“ oder „nach vorläufiger Einschätzung“ verwendet habe, greift dieser Einwand nicht durch. Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont eines verständigen Durchschnittsverbrauchers war vorliegend erkennbar, dass die Äußerungen der Beklagten sich auf die rechtliche Frage einer Rückerstattung bezogen haben („Stornierung“). Die verfassungsrechtliche Garantie der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG wäre verletzt, wenn solch klarstellende und einschränkende Formulierungen Voraussetzung für die Einordnung als Meinungsäußerung wären. Auch entspricht eine solche Interpretation nicht dem lauterkeitsrechtlichen Verbraucherleitbild.
b) Ein Unterlassungsanspruch nach § 2 Abs. 1 UKlaG scheidet aus. Zwar erfasst § 2 Abs. 1 UKlaG nach richtlinienkonformer Auslegung über den Wortlaut hinaus auch §§ 3 und 5 UWG (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 37 - Prämiensparverträge), ein Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG liegt jedoch nicht vor.
2. Der Antrag Ziff. I. 3. ist unbegründet. Der Kläger kann sich nicht auf einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG oder § 2 Abs. 1 UKlaG stützen, da das bloße Einbehalten von Gebühren keinen Verstoß gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften darstellt.
a) Ein Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG kommt nicht in Betracht. Bei §§ 275, 326, 346 BGB handelt es sich ebenso wie bei § 323 BGB um Normen zur Rückabwicklung im allgemeinen Leistungsstörungsrecht und nicht um Marktverhaltensvorschriften i. S. v. § 3a UWG.
Auch soweit der Kläger sich im Hinblick auf den Sachverhalt vom 06.07.2020 auf einen Verstoß gegen Art. 240 § 5 Abs. 3 S. 1 EGBGB im Zusammenhang mit der sog. „Gutscheinlösung“ beruft, scheidet ein Anspruch aus. Es kann dabei offen bleiben, ob es sich bei Art. 240 § 5 Abs. 3 S. 1 EGBGB mangels einer unionsrechtlichen Grundlage um eine im Einklang mit der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken stehenden Marktverhaltensvorschrift handelt (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.2015, Az.: I ZR 158/14 = GRUR 2015, 1240 Rn. 19 - Der Zauber des Nordens; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 3a Rn. 1.10 ff.). Denn ein Verstoß gegen Art. 240 § 5 Abs. 3 S. 1 EGBGB scheidet mangels tatsächlichen Vortrags dazu aus, dass hier die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 240 § 5 Abs. 5 EGBGB für einen Auszahlungsanspruch vorgelegen haben.
b) Auch scheidet eine Irreführung nach §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG aus, da es sich beim Einbehalten von Gebühren um einen Realakt handelt, der mangels Informationsgehalts keine „Angabe“ im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 28 - Prämiensparverträge). Auf die Unlauterkeit etwaiger Äußerungen der Beklagten gegenüber Verbrauchern in diesem Zusammenhang hat sich der Kläger gerade nicht gestützt.
c) Ferner kommt auch eine Verletzung von §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG nicht in Betracht. Der Klageantrag hat das Einbehalten von Gebühren, nicht jedoch das Vorenthalten wesentlicher Informationen zum Gegenstand.
d) Soweit der Kläger schließlich pauschal behauptet, das Einbehalten von Gebühren stelle eine Umgehung nach § 306a BGB dar, ist dem Vortrag bereits nicht zu entnehmen, welche Verbotsvorschriften dabei konkret umgangen werden. Der Kläger trägt nicht vor, durch welche abweichende tatsächliche oder rechtliche Gestaltung der Vertragsdurchführung die Beklagte die - wie oben dargelegt - unwirksame AGB-Regelung tatsächlich fortführt (vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 23/18 = GRUR 2019, 750, 754 Rn. 37; BeckOK-BGB/Hau/Poseck, 57. Ed. 01.02.2021, § 306a Rn. 3).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Alt. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.