1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 8. Januar 2021, Az. 9 O 181/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.
3. Dieses Urteil und das zu 1. bezeichnete Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
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| Der Kläger nimmt die zu 1 beklagte Verkäuferin und die zu 2 beklagte Herstellerin seines Fahrzeugs wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung auf Erstattung von Kaufpreis- und Darlehenszahlungen bzw. Schadensersatz in Anspruch. |
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| Der Kläger kaufte am 10. Juli 2018 bei der Beklagten zu 1 ein durch die Beklagte zu 2 hergestelltes Fahrzeug vom Typ X1, Norm Euro 6, Baujahr und Erstzulassung 2015, mit einer Laufleistung von 76.605 km zu einem Kaufpreis von 30.000 EUR. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe Y1 ausgestattet. Die Kaufvertragsurkunde liegt als Anlage K 1 vor. Die darin in Bezug genommenen „AGB´s“, nämlich die „Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen“, wegen deren gesamten Inhalts auf die Anlage B 1 Bezug genommen wird, enthalten folgende Klausel: |
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| „Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden.“ |
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| Der Kläger zahlte an die Beklagte zu 1 am 12. Juli 2018 aus eigenen Mitteln einen Betrag von 14.000 EUR und den übrigen Kaufpreis finanziert durch ein Darlehen bei der X Bank (im Folgenden: X) mit einer Darlehenssumme von 17.551,80 EUR (16.300 EUR Nettodarlehensbetrag zuzüglich 1.251,80 EUR Zinsen). Das Fahrzeug wurde auflösend bedingt durch die Begleichung des Gesamtdarlehensbetrags an X sicherungsübereignet. Die Darlehensbedingungen (Anlage K 2) enthalten unter II. folgende Klausel: |
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| „3. Abtretung von sonstigen Ansprüchen |
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| Der Darlehensnehmer tritt ferner hiermit folgende – gegenwärtige und zukünftige – Ansprüche an den Darlehensgeber ab, die diese Abtretung annimmt: |
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| - gegen den Verkäufer für den Fall einer Rückgängigmachung des finanzierten Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung. |
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| - gegen die […] [die Beklagte zu 2], […], […] oder einen Vertreter der [Beklagten zu 2], gleich aus welchem Rechtsgrund. Ausgenommen von der Abtretung sind Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag des Darlehensnehmers gegen die [Beklagte zu 2] oder einen Vertreter der [Beklagten zu 2]. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auf Anforderung jederzeit die Namen und Anschriften der Drittschuldner mitzuteilen.“ |
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| Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 18. Juli 2018 übergeben. |
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| Kurz vor Einreichung der Klageschrift betrug die Laufleistung des Fahrzeugs 100.611 km. |
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| Das Kraftfahrt-Bundesamt erteilte für diesen Fahrzeugtyp eine Typgenehmigung mit der Schadstoffklasse Euro 6 nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007, S. 1 ff; nachfolgend VO 715/2007/EG). |
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| Die Beklagte zu 2 bewarb die verbaute B-Technologie exemplarisch u.a. wie in der Klageschrift (dort auf S. 61 f) wiedergegeben. |
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| In die Brennkammer des Motors des hier gegenständlichen Fahrzeugtyps kann Abgas zurückgeführt werden, was geeignet ist, die Verbrennungstemperatur in einen Temperaturbereich zu reduzieren, in welchem weniger NOx-Partikel entstehen. Das hier gegenständliche Fahrzeug verfügt außerdem über einen SCR (selective catalytic reduction)-Katalysator der „[B]-Technologie“, in dem nicht rückgeführtem Abgas eine Harnstofflösung („AdBlue“) zugeführt wird, was nach deren Umwandlung in Ammoniak zu chemischen Reaktionen führt, durch die sich letztlich die Menge der Stickoxide im Abgas reduziert. |
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| Die Motorsteuerungssoftware im hier gegenständlichen Fahrzeug bedingt, dass die Abgasreinigungsleistung mittels temperaturgesteuerter Abgasrückführung außerhalb von Umgebungstemperaturen von 20 °C bis 30 °C, nämlich bereits bei einstelligen positiven Temperaturen reduziert („Funktionsweise der Abgasreinigung verändert“) wird. Dadurch sinkt außerhalb dieses Temperaturfensters die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems, wodurch die Stickoxidemissionen ansteigen. |
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| Beim SCR-System wird die Menge des zugeführten Harnstoffs durch die Motorsteuerungssoftware in Abhängigkeit von bestimmten Umständen geregelt. |
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| Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete mit Bescheid vom 3. August 2018 für eine das hier gegenständliche Fahrzeug umfassende Fahrzeuggruppen den verpflichtenden Rückruf mit der Verpflichtung der Beklagten zu 2 an, alle unzulässigen Abschalteinrichtungen aus dem Emissionskontrollsystem zu entfernen. Die Beklagte zu 2 teilte den Fahrzeughaltern mit, dass das demgemäß aufzuspielende Motorsteuerungssoftwareupdate bei ansonsten gleichen Fahrbedingungen zu einem erhöhten Ad-Blue-Verbrauch führen könne. Mit Bescheid vom 6. August 2020 nahm das Amt die nachträgliche Nebenbestimmung für einen wiederum das hier gegenständliche Fahrzeug umfassenden Teil der Fahrzeuggruppen mit der Feststellung zurück, dass die Begründung des Bescheids vom 3. August 2018 für das hier gegenständliche Fahrzeug nicht trage. Die Beklagte zu 2 hat im vorliegenden Rechtsstreit erklärt, sie werde dem Kläger weiterhin ein für beide Parteien freiwilliges Update seines Fahrzeugs anbieten. |
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| Im Namen des Klägers ausgesprochene vorgerichtliche anwaltliche Aufforderungen vom 9. April 2020 (Anlagen B 2 f) unter Fristsetzung zum 23. April 2020, Erstattung und Freistellung zu leisten, in denen der Kläger den Beklagten „unbedingt“ die Übergabe des Fahrzeugs angeboten hat, blieben erfolglos. Im Schreiben an die Beklagte zu 1 erklärte Bevollmächtigte des Klägers dabei auch den Rücktritt vom Kaufvertrag, was die Beklagte zu 1 mit Schreiben vom 22. April 2020 (Anlage B 3) mangels Vorlage einer Vollmacht im Original zurückwies. Der nicht anrechenbare Teil der dem Kläger berechneten Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 0,65-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 28.198,43 EUR zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale, mithin 691,33 EUR, wurde durch die E Versicherung bezahlt. |
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| In der Klageschrift vom 13. Mai 2020 erklärte der Klägervertreter (erneut) den Rücktritt vom Kaufvertrag. Diese Erklärung wies die Beklagte zu 1 in ihrer Klageerwiderung vom 12. Oktober 2020, deren Doppel am 16. Oktober 2020 an die Bevollmächtigten des Klägers hinausgegeben wurde, ebenfalls zurück. |
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| Nach vollständiger Ablösung des Darlehens und Übereignung des Fahrzeugs durch X an den Kläger verkaufte und veräußerte dieser am 5. Oktober 2020 das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 105.500 km für 25.000 EUR. In der schriftlichen Kaufvertragsurkunde ist bestimmt: |
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| „Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten.“ |
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| Der Kläger hat geltend gemacht, die Klage gegen die Beklagte zu 1 sei wegen Rücktritts vom Kaufvertrag, der mangels Zumutbarkeit keine Fristsetzung zur Nacherfüllung erfordert habe, begründet, die Klage gegen die Beklagte zu 2 sei nach § 826 BGB, hilfsweise nach § 831 BGB, und im Übrigen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG oder i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder i.V.m. § 263 StGB oder i.V.m. §§ 16 ff UWG und hinsichtlich der Zinsen nach § 849 BGB begründet. |
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| Die Ansprüche seien nicht an X abgetreten, weil die entsprechende Klausel unangemessen benachteiligend im Sinn von § 307 Abs. 1 BGB sei. Ohnehin handele es sich allenfalls um eine stille, also schuldrechtlich wirkende Zession. |
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| Das hier gegenständliche Fahrzeug verfüge über eine Abschalteinrichtung im Sinn von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG, die nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig sei und damit nicht mit der EG-Typgenehmigung übereinstimme, und zwar in Form der temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung und zudem in Form einer für den SCR-Katalysator verwendete Steuerungssoftware sowie in Form der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung. |
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| Beim SCR-System schalte das Fahrzeug in einen anderen Modus („online“), nachdem eine bestimmte Menge NOx von den NOx-Sensoren nach Motorstart gemessen worden sei. Nach dem Umschalten in den „online“-Modus werde die AdBlue-Zuführungsrate offenbar stark verringert. Aufgrund der temperaturabhängigen Reduzierung der Abgasrückführung schalte das Fahrzeug die AdBlue-Dosierung im SCR-System viel früher in den Modus „online“, durch welchen die AdBlue-Zufuhr weiter reduziert werde, was zu einem massiven Anstieg der Realemissionen führe. Dadurch potenzierten sich die NOx-Realemissionen bei niedrigen Umgebungstemperaturen, weil auch die Wirksamkeit des SCR-Katalysators reduziert werde, da das jeweilige Fahrzeug in den schmutzigen „online“-Modus gehe. |
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| Im hier gegenständlichen Fahrzeug komme zudem eine „Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung“ zum Einsatz. Ein gewichtiger Anhaltspunkt liege darin, dass die Verwendung der Kühlmittelsolltemperatur-Regelung in EU5-Fahrzeugen der Modellreihen der […] sowie […] mit dem Motortyp Y2 aus dem Produktionszeitraum 2008 bis 2015 Baujahr beanstandet worden sei. Die Beklagte zu 2 habe das hier gegenständliche Fahrzeug so konzipiert hat, dass (anhand der Konditionierung des Fahrzeugs) die Warmlaufphase des Fahrzeugs durch Regelung des Thermostatventils verlängert und hierdurch (ebenfalls fast ausschließlich auf dem Prüfstand) höhere AGR-Raten angewendet würden, was ebenfalls zur Einhaltung der Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand führe. Ohne diese Funktion halte das Fahrzeug die NOx-Grenzwerte nicht ein. Das Fahrzeug erkenne den Prüfstand bzw. die Vorbereitung auf eine Prüfung im NEFZ. In Abhängigkeit davon werde die Kühlmittelsolltemperatur-Regelung aktiviert. |
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| Die verbauten Abschalteinrichtungen seien nicht notwendig, um das Fahrzeug, den Motor oder Bauteile hiervon vor Beschädigung zu schützen, oder zum Unfallschutz oder um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Insbesondere die temperaturabhängige Reduzierung der Abgasrückführung bzw. der Menge des zugeführten Harnstoffs sei nicht geeignet, Versottungs- bzw. Ablagerungseffekte zu vermeiden, die von der Umgebungstemperatur nicht abhängig seien. |
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| Indem die Prüfbedingungen im realen Fahrbetrieb nie vorlägen, führten sowohl die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung als auch die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung und das SCR-System im Ergebnis zu separaten Prüfstandserkennungen, so dass nur im Prüfstand die vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte eingehalten würden. |
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| Über das Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen habe die Beklagte zu 2 das Kraftfahrt-Bundesamt im Genehmigungsverfahren bewusst getäuscht und dadurch die Typgenehmigung für das Fahrzeug erschlichen. Es werde bestritten, dass die Beklagte zu 2 im Genehmigungsverfahrens alle erforderlichen Angaben gemacht habe, dass die verwendeten Abschalteinrichtungen Industriestandard seien und dass das KBA von der konkreten Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware, insb. der verwendeten Abschalteinrichtungen, Kenntnis gehabt habe. |
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| Die Beklagte zu 2 sei im Typgenehmigungsverfahren nicht ihren Pflichten zur Angabe von Details der Motorsteuerung nachgekommen, insbesondere in Bezug auf die temperaturabhängige Funktionsweise der Abgasrückführung entsprechend ihrer Verpflichtung nach Art. 3 Nr. 9 VO 692/2008/EG. Anhaltspunkte dafür gäben vom Kläger zitierte Auszüge eines Antragsbogens aus dem Typengenehmigungsverfahren zu Modellen der Abgasnorm EU6, deren Angabe, das AGR-System werde durch den Parameter „Lufttemperatur“ gesteuert, nicht sämtliche Informationen zur Arbeitsweise des AGR-Systems enthalte und die Auswirkungen auf die Emissionen nicht beschreibe. Es werde bestritten, dass die Beklagte zu 2 im Typengenehmigungsverfahren die in der Praxis des KBA erwarteten Angaben zu den Emissionskontrollsystemen gemacht habe. |
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| Die Unvollständigkeit der Angaben im Typengenehmigungsverfahren ergebe sich für die zurückgerufenen Fahrzeuge mit SCR-Katalysator bereits daraus, dass das Kraftfahrt-Bundesamt die unzulässige Funktionsweise sonst bereits von Beginn an im Zulassungsverfahren beanstandet hätte und nicht erst Jahre später. |
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| Diese Softwarereglung der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung sei dem Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber nicht offengelegt worden und habe mit dem von dem Kraftfahrt-Bundesamt genehmigten Softwareupdate, ohne Kenntnis des Kraftfahrt-Bundesamt, im Rahmen von freiwilligen Servicemaßnahmen beseitigt werden sollen. Betreffend die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung fehlten im Beschreibungsbogen zum Genehmigungsantrag auch entgegen Art. 3 Nr. 9 UAbs. 3, 4 VO 692/2008/EG die Angabe, dass die Erkennung der Randbedingungen des Prüfverfahrens ein Parameter für die Steuerung der AGR-Rate sei, und die Beschreibung der Auswirkungen dieser Funktion auf die Emissionen. |
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| Wenn aber trotz Kenntnis dieser Bestimmung Angaben unterblieben seien, lege das den Schluss nahe, dass dies bewusst erfolgt sei, um zu verhindern, dass die Typengenehmigungsbehörde oder die Europäische Kommission die betreffende Ausgestaltung der Motorsteuerung beanstande. |
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| Der Vorstand der Beklagten zu 2 habe vom Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen Kenntnis gehabt; er sei in die entsprechenden Vorgänge eingeweiht gewesen. Für eine Kenntnis des Vorstands der Beklagte zu 2 spreche auch, dass die europäische Wettbewerbsbehörde gegen die Beklagte zu 2 wegen wettbewerbswidriger Absprachen mit anderen Herstellern betreffend die Abgasreinigung u.a. in Bezug auf eine Manipulation des SCR-Katalysatorsystems und der Ad-Blue-Einspritzung ermittele. |
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| Es sei zu befürchten, dass bei ständiger Aktivierung des vollen Abgaskontrollsystems mit erheblichen Einschränkungen der Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs zu rechnen sei. Da die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten würden, bestehe ferner das Risiko des Entzugs der Betriebserlaubnis. Aus beiden Gründen würde der Kläger das Fahrzeug bei Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung sowie der tatsächlichen Emissionswerte nicht gekauft haben. |
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| Das Fahrzeug lasse eine Gesamtlaufleistung von 300.000 km erwarten. |
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| Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt, |
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| 1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2.398,56 EUR sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 16.647,13 EUR für den Zeitraum vom 24. April 2020 bis zum 4. Oktober 2020 sowie auf 2.398,56 EUR ab dem 5. Oktober 2020 zu zahlen; |
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| 2. festzustellen, dass sich die Beklagten seit dem 24. April 2020 mit der Annahme des Fahrzeuges X1 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer […] in Annahmeverzug befinden; |
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| 3. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an die E, […] vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten. |
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| Soweit der Kläger mit der Klageschrift im Antrag zu 1. weitergehende Beträge, davon als Hauptforderung einen Betrag von 16.647,13 EUR, gefordert hatte, hat er den Rechtsstreit aufgrund des durch den Weiterverkauf erlangten Erlöses nach Zustellung der Klageschrift für erledigt erklärt. |
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| Die Beklagten zu 2 hat der Teilerledigungserklärung widersprochen und die Beklagten haben jeweils beantragt, |
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| Die Beklagten haben vorgebracht, die gegen sie jeweils geltend gemachten Ansprüche bestünden mangels Aktivlegitimation nicht und seien auch schon nicht entstanden. |
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| Die Beklagte zu 2 hat geltend gemacht, da das hier gegenständliche Fahrzeug die geltenden Stickoxidgrenzwerte einhalte, die mit detailliert normierten Prüfbedingungen verknüpft seien, sei es ohne Relevanz, welches Emissions- und Verbrauchsverhalten das Fahrzeug außerhalb der maßgeblichen gesetzlichen Prüfbedingungen habe. Die hier gegenständlichen Funktionen seien keine Abschalteinrichtung im Sinn von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG. Eine Funktion, durch die der Prüfstand erkannt und der Stickoxidausstoß lediglich für die Zwecke des EG-Typgenehmigungsverfahrens gezielt reduziert werde, existiere in dem Fahrzeug nicht. |
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| Das hier gegenständliche Fahrzeug verfüge über kein geregeltes Kühlmittelthermostat. |
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| Die Beklagte zu 2 habe die Typgenehmigung des hier gegenständlichen Fahrzeugs nicht durch unzutreffende Angaben erlangt. Sie habe im Typgenehmigungsverfahren die in der Praxis des Kraftfahrt-Bundesamts erwarteten Angaben zu den Emissionskontrollsystemen gemacht. Eine temperaturabhängige Steuerung sei bei Herstellung des Fahrzeugs bekannter Industriestandard gewesen und sei dem Kraftfahrt-Bundesamt bestens bekannt gewesen. Sie habe insbesondere die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung dem Kraftfahrt-Bundesamt regelmäßig in ihren Typgenehmigungsverfahren angezeigt, ohne dass die Fachbehörde hierin einen Grund zum Einschreiten gegen die Beklagte zu 2 gesehen hätte. Dass der Vorwurf, die Beklagte zu 2 habe die Temperaturabhängigkeit des Abgasrückführungssystems gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht offengelegt, unzutreffend sei, zeige der vom Kläger vorgelegten Auszug von Typengenehmigungsunterlagen. In Fachkreisen und demgemäß auch bei den Genehmigungsbehörden sei anerkannt, dass es notwendig sei, die Abgasrückführung unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen zu steuern, um Schäden am Motor und Abgassystem zu vermeiden und den sicheren Betrieb des Systems zu gewährleisten. Da die Umgebungslufttemperatur und somit die Ladelufttemperatur entscheidenden Einfluss auf die Temperatur des dem Zylinder (Brennraum) zugeführten Gemisches habe, Versottungsrisiko. Das bei der Steuerung des SCR-Systems – nicht abhängend davon, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder auf der Straße befinde – jeweils verwendete Berechnungsmodell orientiere sich an dem Risiko des Ammoniak-Austritts, weshalb auch das KBA die Verwendung der beiden Berechnungsmodelle als zulässig ansehe. |
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| Die technischen Ausgestaltungsentscheidungen zum Emissionskontrollsystem im hier gegenständlichen Fahrzeug seien auf Mitarbeiterebene – und nicht von verfassungsmäßig berufenen Vertretern – nach den dargestellten Grundsätzen ingenieursmäßiger Vorsicht getroffen worden. Weder ein Organ, Organmitglied oder ein „deliktsrechtlich Verantwortlicher“ der Beklagten zu 2 habe entschieden, eine unzulässige Abschalteinrichtung in das streitgegenständliche Auto einbauen zu lassen. Die Beklagte habe hinsichtlich der Rechtskonformität des streitgegenständlichen Fahrzeugs und seines Emissionsverhaltens eine zutreffende, zumindest vertretbare – nach Ansicht vertreten. |
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| Hinsichtlich des auf eine Verletzung von § 263 StGB gestützten Anspruchs trägt die Beklagte zu 2 vor, sie habe den Kläger auch nicht über die Eigenschaften des streitgegenständlichen Fahrzeugs getäuscht. |
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| Es bestehe auch nicht die Gefahr des Entzugs der Betriebserlaubnis oder einer Stilllegungsanordnung. |
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| Ein angeblicher Schaden des Klägers sei auch deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger das Fahrzeug weiterveräußert habe. Es sei davon auszugehen, dass der erzielte Kaufpreis dem üblichen Marktwert entspreche und die Differenz zum ursprünglich vom Kläger bezahlten Kaufpreis lediglich in den vom Kläger gezogenen Nutzungen bestehe. |
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| Die Beklagte zu 1 hat ausgeführt, sie mache sich aufgrund Nichtwissens den Vortrag der Beklagten zu 2 zu eigen. Ferner hat sie sich auf Verjährung berufen. |
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| Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen und Entscheidungsgründe ergänzend verwiesen wird, als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. Zur Begründung der Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1 hat es ausgeführt, der Kläger habe beim Weiterverkauf des Fahrzeugs etwaige Ansprüche aus Sachmängelhaftung gegen Dritte abgetreten. Dass er zur Geltendmachung des Anspruchs ermächtigt sei, sei nicht vorgetragen. Auch gegen die Beklagte zu 2 allein in Betracht kommende deliktsrechtliche Ansprüche würden dem Kläger infolge der Abtretung an seinen Käufer nicht mehr zustehen. Die im Vertragstext geregelte Abtretung noch bestehender Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung erfasse nach der gebotenen Vertragsauslegung sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche aus dem der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises zu Grunde liegenden einheitlichen Lebenssachverhalt der angeblichen Abgasmanipulationen. Eine Verdoppelung eines (in Anspruchsgrundlagenkonkurrenz stehenden) Anspruchs, so dass aus einem (etwaigen) schadensersatzpflichtbegründenden Ereignis mehrere, gegen unterschiedliche Schuldner von unterschiedlichen Gläubigern geltend zu machende Ansprüche resultieren würden, wäre kein akzeptables Ergebnis. |
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| Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine Klagebegehren gegen beide Beklagte im Wesentlichen weiterverfolgt. |
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| Der Kläger macht geltend, das angegriffene Urteil beruhe auf der Verletzung materiellen Rechts sowie verfahrensrechtlicher Normen. Es bestünden Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen und eine erneute Tatsachenfeststellung sei geboten. |
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| Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 bestünden schon aus einem Rückgewährschuldverhältnis und nicht aus Sachmängelhaftung. Von der Abtretung aus dem Kaufvertrag seien lediglich Ansprüche aus Sachmängelhaftung, also Nacherfüllungsansprüche betroffen. Die Rücktrittserklärung trete als Gestaltungsrecht vorliegend zwischen etwaig bestehende Nacherfüllungsansprüche und die Sachmängelhaftung. Als solche seien die Ansprüche aus dem aufgrund des erklärten Rücktritts entstandenen Rückgewährschuldverhältnis nicht abgetreten. Gegen die Beklagte zu 2 würden keine Ansprüche aus Sachmängelgewährleistung, sondern Ansprüche aus Deliktshaftung geltend gemacht. Für eine darauf ausgedehnte Auslegung des Begriffs „Sachmangelhaftung“ gebe es keinen Grund. Der Rücktritt sei wirksam erklärt. Dem stehe nicht entgegen, dass im Kaufvertrag eine Verkürzung der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen auf ein Jahr vereinbart worden sei, weil diese Bestimmung unwirksam sei. |
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| Die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung („Thermofenster“) reduziere außerhalb des Prüfstands und unter normalen Fahrbedingungen die AGR-Rate. Dadurch stiegen die NOx-Emissionen außerhalb der Rahmenbedingungen des Prüfstands erheblich an. Die Einhaltung der NOx-Grenzwerte sei folglich nur auf dem Prüfstand gewährleistet. |
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| Außerdem enthalte die Motorsteuerungssoftware eine „Kühlmittelsolltemperatur-Regelung“, die in Erkennung der Rahmenbedingungen des gesetzlichen Prüfverfahrens in der Warmlaufphase die Erwärmung der Kühlflüssigkeit verzögere und außerhalb der Typprüfbedingungen ein AGR-Kennfeld mit niedrigeren AGR-Raten nutze als innerhalb der Typprüfbedingungen. Dadurch würden auf dem Prüfstand die Grenzwerte eingehalten. Im normalen Fahrbetrieb hingegen sei diese Funktion deaktiviert und der NOx-Ausstoß höher. |
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| Die Feststellungen aus einem in einem anderen Rechtsstreit eingeholten, ein X2 mit dem Motortyp Y2 betreffenden Sachverständigengutachten von Dr. H vom 12. November 2020 (Anlage BK 10) würden für sämtliche EU5-Dieselfahrzeuge der Beklagten zu 2 gelten. Ausweislich einer Aussage des Gutachtens komme in den EU6-Fahrzeugen der [Beklagten zu 2] ein ähnliches Kennfeld zur Anwendung, weshalb die wesentlichen Feststellungen auch auf diese Fahrzeuge anzuwenden seien. Sei die Drehzahl geringer als 1500 U/min und der Luftmassestrom geringer als 300 kg/h, werde die Solltemperatur des Kühlmittels auf 70 °C eingestellt. Diese Voraussetzungen bestünden praktisch nur im NEFZ und kämen im normalen Betrieb nicht vor (insbesondere, weil dort schneller beschleunigt werde). Werde einer dieser Parameter (alternativ) für mindestens fünf Sekunden überschritten, werde die Solltemperatur auf 100 °C gesetzt und frühestens zurückgeschaltet nach 3276 Sekunden (etwa 55 Minuten) ohne Überschreitung einer Drehzahl von 1500/min bzw. eines Luftmassestroms von 300 kg/h für fünf Sekunden. Folglich komme eine Solltemperatur von 70 °C im normalen Fahrbetrieb praktisch nicht vor, während sie innerhalb der Prüfbedingungen des NEFZ immer auf 70 °C eingestellt sei. Die dadurch geringere Temperatur des Kühlmittels führe zu einer geringen die Temperatur des zurückgeführten Abgases, bei der weniger Stickoxid beim Verbrennungsvorgang im Zylinder entstehe. So würden die Stickoxid-Grenzwerte unter den Bedingungen des NEFZ eingehalten. Ohne diese Funktion halte das Fahrzeug die NOx-Grenzwerte nicht ein. Technisch sei die Umschaltung anhand dieser konkreten Parameter nicht erforderlich. |
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| Dass nach den Aussagen des Kraftfahrt-Bundesamts die in Fahrzeugen der Beklagten zu 2 verwendeten Abschalteinrichtungen „in Abhängigkeit der Prüfbedingungen“ funktionierten, gehe auch aus einem Bericht des Bayerischen Rundfunks vom 10. Februar 2021 hervor, wonach bei der auch vorliegend beanstandeten Funktionsweise des SCR-Katalysators unter Bedingungen, wie sie auch für die Typprüfung vorgegeben seien, nach Motorstart ein vergleichsweise effektiver Modus geschaltet sei und nach dem Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse nach Ablauf des Prüfzyklus dauerhaft in einen weniger effektiven Modus geschaltet werde, wobei ein Zurückschalten in den effektiven Modus erst nach einem Motorneustart erfolge und wonach die von der Beklagten zu 2 in den betroffenen Fahrzeugen verbaute Strategie zum geregelten Kühlmittelthermostat unter Prüfbedingungen einen Modus schalte, bei dem unter Regelung einer niedrigen Kühlmitteltemperatur der NOx-Grenzwert in der Typprüfung eingehalten werde. |
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| Dem SCR-Katalysator werde unter normalen Betriebsbedingungen weniger AdBlue-Flüssigkeit zugeführt, als für eine effektive Abgasreinigung notwendig wäre. Auf dem Prüfstand würden die Grenzwerte eingehalten, während die Motorsteuerung im normalen Fahrbetrieb zu lange in einem Betriebsmodus mit reduzierter AdBlue-Zufuhr verweile. Dadurch steige im Realbetrieb der NOx-Ausstoß. |
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| Die Beklagte zu 2 habe mit Vorsatz und in Kenntnis der Unzulässigkeit der verwendeten Software gehandelt und das Kraftfahrt-Bundesamt im Genehmigungsverfahren bewusst getäuscht. Es lägen ausreichende Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verhalten der Beklagten zu 2 insbesondere darin, dass die Beklagte zu 2 offensichtlich gegenüber den Prüfbehörden ihre Anzeigepflicht verletzt habe, was verpflichtende Angaben zu wesentlichen Aspekten der Emissionskontrolle anbelange. Dies gelte insbesondere, weil es auch nach dem Vortrag der Beklagten zu 2 an Angaben zu Funktionsweisen des Abgasrückführungssystems bei niedrigen Temperaturen und zu den Auswirkungen auf das Emissionsverhalten fehle, die Art. 3 Nr. 9 VO 692/2008/EG eindeutig verlange. Indem die Beklagte zu 2 lediglich angegeben habe, die Abgasrückführung richte sich nach der Lufttemperatur, habe sie konkludent erklärt, es gebe keine nennenswerte Abweichung der Arbeitsweise des AGR-Systems bei niedrigen Temperaturen und die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung habe keine Auswirkungen auf die Emissionen bei niedrigen Temperaturen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 bei Implementierung der unzulässigen Abschalteinrichtungen keiner vertretbaren Rechtsauffassung gefolgt seien, liege ferner darin, dass – nach einem Artikel der Wirtschaftswoche vom 23. Juli 2021 (Anlage BK 5) – die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen drei Mitarbeiter der Beklagten zu 2 (einen Mitarbeiter der unteren Führungsebenen mit Personalverantwortung sowie zwei Sachbearbeiter) Strafbefehle mit dem Vorwurf beantragt habe, sich durch Manipulation des Emissionskontrollsystems in Dieselfahrzeugen des Betrugs schuldig gemacht zu haben, nämlich dafür verantwortlich gewesen zu sein, dass die Motorsteuerungssoftware eines Teils der von einem Rückruf des KBA betroffenen Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 aus dem Produktionszeitraum August 2011 bis einschließlich Dezember 2016 eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten habe. Selbst ohne vorsätzlich unvollständige Angaben der Beklagten zu 2 im Genehmigungsverfahren ergäbe sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens daraus, dass die Beklagte zu 2 ihre Auskünfte „ins Blaue hinein“ gemacht habe. |
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| Anhaltspunkt für die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten zu 2 böten außerdem Absprachen mit weiteren sittenwidrig handelnden Akteuren der Automobilbranche, u.a. der V. |
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| Der Kläger b e a n t r a g t, |
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| unter Abänderung des am 8. Januar 2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Mannheim, Az. 9 O 181/20, |
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| 1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2.398,56 EUR sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. April 2020 zu zahlen; |
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| 2. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an die E […] vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten; |
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| 3. festzustellen, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt ist; |
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| hilfsweise das Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen. |
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| Die Beklagte zu 1 b e a n t r a g t, |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Die Beklagte zu 2 b e a n t r a g t , |
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| die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen. |
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| Die Beklagte zu 2 macht geltend, die Berufung sei unzulässig, und verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. |
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| Die Berufung sei schon unbegründet, weil der Kläger das Fahrzeug weit nach Bekanntwerden der Diesel-Thematik erworben und daher im Zeitpunkt des Erwerbs nicht arglos gewesen sei, ferner weil er durch den Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs einen unterstellten Schaden eigenmächtig habe entfallen lassen, indem er den „ungewollten Erwerb“ durch den Weiterverkauf des Fahrzeugs korrigiert habe, wobei er im Übrigen vertragliche und deliktische Ansprüche abgetreten habe. |
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| Die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung sei keine Manipulation, sondern im Produktionszeitraum des streitgegenständlichen Fahrzeugs ein gängiger Industriestandard gewesen; das Kraftfahrt-Bundesamt habe laufend – rechtmäßig – Fahrzeuge, Motoren und Emissionskontrollsysteme genehmigt, die eine temperaturabhängige Systemsteuerung enthielten. |
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| Die Mutmaßungen zum geregelten Kühlmittelthermostatliegen lägen vollständig neben der Sache und die Ausführungen auf der Grundlage des Gutachtens des anderweitig gerichtlich bestellten Sachverständigen H seien irrelevant, weil das hier gegenständliche Fahrzeug weder über ein geregeltes Kühlmittelthermostat verfüge noch über eine Kühlerjalousie. Aus den Bedatungen, auf die sich der Sachverständige H stütze, gehe nicht hervor, dass sich das Emissionsverhalten des Fahrzeugs auf dem Prüfstand grundsätzlich vom tatsächlichen Fahrbetrieb unterscheide. Im Übrigen sei der Sachverständige befangen. |
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| Der Vortrag des Klägers zum SCR-System und zu AdBlue sei unsubstantiiert. Es sei schon nicht erkennbar, worin die behauptete Abschalteinrichtung liegen solle. Da die Funktionen des SCR-Systems im Straßenbetrieb unter denselben Bedingungen genauso arbeiteten, wie auf dem Prüfstand, könne bereits begrifflich keine Abschalteinrichtung vorliegen. |
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| Der Bericht des Bayerischen Rundfunks übergehe, dass das KBA bei Fahrzeugen der Beklagten zu 2 gerade keine manipulative Prüfstandserkennung festgestellt habe und der Beklagten zu 2 eine solche auch in Rückruffällen nicht vorwerfe, wie sich exemplarisch aus der amtliche Auskunft vom 6. Oktober 2020 ergebe, wobei das im Bericht insoweit zitierte Schreiben veraltet ist und nicht dem aktuellen Erkenntnisstand des KBA entspreche. |
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| Die Beklagte zu 2 habe keine bewusste und strategische Entscheidung zur Verwendung einer prüfstandsbezogenen Umschaltlogik getroffen, um gesetzliche Grenzwerte einhalten zu können und das Kraftfahrt-Bundesamt systematisch zu täuschen. Die Beklagte zu 2 habe die zuständigen Behörden nicht getäuscht. Der Vorwurf des Klägers, die Angabe der Beklagten zu 2 sei nicht ausreichend, habe keine Grundlage, weil nähere Beschreibungen der Funktionen des Emissionskontrollsystems (sog. AES/BES-Dokumentation) im Zeitpunkt der Erteilung der Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht vorgesehen gewesen seien. Der in der Berufungsbegründung enthaltene Auszug belege gerade, dass die „Lufttemperatur“ gegenüber dem KBA offengelegt worden sei, also die Beklagte zu 2, wie beim streitgegenständlichen Fahrzeug auch, die Temperaturabhängigkeit des AGR-Systems dem KBA gegenüber offengelegt habe. Die Beklagte zu 2 habe (auch hinsichtlich des SCR-Systems) eine zumindest vertretbare Rechtsauffassung zugrunde gelegt und – vom KBA bestätigt – keine unzureichenden Angaben im Typgenehmigungsverfahren gemacht. |
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| Die vermeintlichen wettbewerbswidrigen Absprachen seien für diesen Rechtsstreit ohne Bedeutung, weil die diesbezüglichen Ermittlungen sich nicht auf die Verwendung vermeintlich unzulässiger Abschalteinrichtungen, sondern auf eine mögliche Einschränkung des Wettbewerbs im Hinblick auf die technische Entwicklung bezogen hätten. |
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| Die Annahme einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei auch nicht dadurch veranlasst, dass die Beklagte zu 2 für das streitgegenständliche Fahrzeug eine freiwillige Servicemaßnahme anbiete, zumal das Kraftfahrt-Bundesamt klarstelle, dass bei solchen Fahrzeugen nach amtlicher Untersuchung gerade keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt worden sei. |
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| Es sei auch nicht ersichtlich, welcher Schaden dem Kläger entstanden und ersatzfähig sein solle. |
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| Die Beklagte zu 1 verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und macht sich wiederum unter Berufung auf Nichtwissen den Vortrag der Beklagten zu 2 zu eigen. |
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| Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. |
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| Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. |
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| I. Der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufung mangelt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht an einer § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 3 ZPO genügenden Berufungsbegründung. |
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| 1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen in erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2020 - VI ZB 6/20, WM 2020, 2290 Rn. 8 mwN). Dabei ist aber stets zu beachten, dass formelle Anforderungen an die Einlegung eines Rechtsmittels im Zivilprozess nicht weitergehen dürfen, als es durch ihren Zweck geboten ist (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2020 - VI ZB 81/19 juris Rn. 7 mwN). Zur Bezeichnung des Umstands, aus dem sich die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung materiellen Rechts ergibt, genügt regelmäßig die Darlegung einer Rechtsansicht, die der Berufungsklägerin zufolge zu einem anderen Ergebnis als dem des angefochtenen Urteils führt (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2020 - VI ZB 81/19 juris Rn. 7 mwN). |
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| 2. Zu Unrecht macht die Berufungserwiderung geltend, die Berufung wiederhole im Wesentlichen den Vortrag aus der ersten Instanz unter Verwendung teils wortgleicher Textbausteine, anstatt sich mit den von ihm behaupteten Fehlern des Landgerichts auseinanderzusetzen. Abgesehen davon, dass die Berufungserwiderung der Beklagten zu 2 bei dieser ihrerseits pauschalen und textbausteinartigen Bewertung nicht auf den Inhalt der konkret vorliegenden Berufungsbegründung eingeht, trifft dies nicht zu. Die Berufungsbegründung bezeichnet es insbesondere als fehlerhaft, dass das Landgericht – jeweils allein tragend – Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten aufgrund der Abtretung der Ansprüche aus „Sachmängelhaftung“ verneint habe, indem es darunter unter unzutreffender Auslegung dieses Begriffs darunter auch die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 aus einem Rückgewährschuldverhältnis und gegen die Beklagte zu 2 aus Delikt gefasst habe. Die Berufungsbegründung rügt, dass das Gericht die Anforderungen an den klägerischen Vortrag im Hinblick auf die Sittenwidrigkeit überspannt und so rechtliches Gehör verletzt habe. Es versteht sich jeweils von selbst, dass ein Hinwegdenken dieser behaupteten Rechtsverletzungen jeweils die Möglichkeit begründen würde, dass das Landgericht abweichend entschieden hätte. |
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| II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. |
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| Die Klage ist zwar zulässig. Hinsichtlich der einseitigen Teilerledigungserklärung verfolgt der Kläger nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig ein Feststellungsbegehren. Auch an der Feststellung des Annahmeverzugs besitzt der Kläger das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche berechtigte Interesse, das damit zu rechtfertigen ist, den für die Vollstreckung nach den §§ 756, 765 ZPO erforderlichen Nachweis bereits im Erkenntnisverfahren erbringen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, NJW 2000, 2663, 2664 mwN). |
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| Die Klage ist aber unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz eines Schadens, der mit dem Erwerb des Fahrzeugs (vermeintlich) eingetretenen ist, ergibt sich aus keiner der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen. |
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| Klage gegen die Beklagte zu 1 |
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| Unbegründet ist zunächst die Klage gegen die Beklagte zu 1. Auch die Berufung geht – zutreffend – davon aus, dass gegen die Beklagte zu 1 keine anderen Ansprüche des Klägers als solche nach § 346 BGB i.V.m. § 437 Nr. 2, § 323 BGB in Betracht kommen, insbesondere nicht die Voraussetzungen für deliktische Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 vorliegen. Zumindest im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen. |
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| Es kann dahinstehen, ob deren Unbegründetheit mit dem Landgericht bereits deshalb anzunehmen ist, weil der Kläger unterstellte Ansprüche aus den genannten Vorschriften gegen die Beklagte zu 1 zumindest durch Abtretung an seinen Käufer verloren hat. Insbesondere kann offenbleiben, ob entgegen der Ansicht der Berufung auch Ansprüche des Käufers, die aufgrund der Gestaltungserklärung des Rücktritts, der auf einen Sachmangel gestützt war, im Rahmen des so unterstellt – im Fall der Wirksamkeit der außergerichtlichen Rücktrittserklärung schon vor Abtretung – entstandenen Rückgewährschuldverhältnis bestehen, von der Abtretung an den Käufer des Klägers erfasst wären. Es muss auch nicht erörtert werden, ob das – mit dem außergerichtlichen Rücktritt möglicherweise wegen unverzüglicher Zurückweisung mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde gemäß § 174 BGB unwirksam ausgeübte – Rücktrittsrecht dem Kläger noch zustand, als er erst nach Abtretung der „Ansprüche […] aus Sachmängelhaftung“ mit der Klageschrift erneut – diesmal durch die Beklagte zu 1 erst nach schuldhaftem Zögern, nämlich mit der erst Monate später übermittelten Klageerwiderung, zurückgewiesen – den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat. |
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| Ein Rückgewähranspruch verhilft der Klage jedenfalls deshalb nicht zum Erfolg, weil die Beklagte zu 1 sich auf die Unwirksamkeit des Rücktritts aufgrund der Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs (§ 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 BGB) beruft (§ 438 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 218 BGB), die bereits zum Zeitpunkt der ersten Rücktrittserklärung vom 9. April 2020 eingetreten war. Nachdem das Fahrzeug dem Kläger am 18. Juli 2018 übergeben worden war, waren dessen Ansprüche wegen Sachmängeln nach Ablauf eines Jahres mit Ablauf des 18. Juli 2019 verjährt (Nr. VI.1 der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen; außer bei Schäden, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten Verkäufers, seines gesetzlichen Vertreters oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen, sowie bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit, Nr. VI.2 der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen). Diese Verjährungsverkürzung ist wirksam. |
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| Entgegen der Ansicht der Berufung ist sie nicht wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Es trifft nicht zu, dass die „konkrete Standardklausel“ bereits Gegenstand des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 29. April 2015 (VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244) gewesen sei. Bei den Geschäftsbedingungen, die zur Überprüfung des Bundesgerichtshofs standen, war aufgrund widersprüchlicher Regelungen zur Verjährung der Ansprüche wegen Sachmängeln mit Ausnahme der Ansprüche auf Schadensersatz einerseits und zur Haftung für einen leicht fahrlässig verursachten Schaden bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten andererseits nicht erkennbar, ob ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren oder bereits nach einem Jahr nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden kann, weil der Verkäufer nach Ablauf eines Jahres die Nacherfüllung gemäß § 214 Abs. 1 BGB verweigern darf, ohne pflichtwidrig zu handeln (BGH, aaO Rn. 18 bis 26). Diese Unklarheit besteht bei den vorliegenden Gebrauchtwagen-Geschäftsbedingungen nicht. Anders als die vom Bundesgerichtshof geprüften Bedingungen enthalten sie keine – für die Beurteilung des Bundesgerichtshofs (aaO Rn. 22) tragende – Bestimmung, wonach ihre Regelung über die Verjährungsverkürzung generell nicht für Ansprüche auf Schadensersatz gilt. Sie lassen mithin keinen Zweifel daran, dass auch bei der Prüfung von Schadensersatzansprüchen die Verjährungsverkürzungsklausel zu beachten ist, womit Schadensersatzansprüche wegen einer Verweigerung der Nacherfüllung, zu der sich der Verkäufer nach Ablaufs der verkürzten Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Sachmängeln ohne Pflichtwidrigkeit entschließt, nicht (noch bis zum Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist) in Betracht kommen. |
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| Die Wirksamkeit der Klausel scheitert auch nicht daran, dass sie nicht auf eine bloße Verkürzung der Haftungsdauer begrenzt ist, sondern die Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre verkürzt. Soweit der Kläger geltend macht, die Verkürzung der Verjährungsfrist sei wegen Verstoßes gegen Unionsrecht (RL 1999/44/EG) unwirksam, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar kommt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine richtlinienkonforme Anwendung von § 475 Abs. 2 letzter Halbsatz BGB in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden und unverändert in § 476 Abs. 2 letzter Halbsatz BGB übernommenen Fassung dahingehend, dass diese Regelung entfällt oder nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer erlaubt, nicht in Betracht. Die Vorschrift ist aber bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin anzuwenden und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr in Kaufverträgen über gebrauchte Sachen vorsieht, wirksam (BGH, Urteil vom 18. November 2020 - VIII ZR 78/20, NJW 2021, 1008 Rn. 30 ff). |
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| Die Beklagte zu 1 hat die behaupteten Mängel auch nicht arglistig verschwiegen, was nach § 444 BGB einer Berufung auf die Verjährungserleichterung entgegenstünde. Voraussetzung der Arglist ist, dass der Handelnde die Unrichtigkeit seiner Angabe kennt oder für möglich hält. Der Kläger hat keinen Vortrag dahin geführt, inwieweit das beklagte Autohaus Kenntnis von der von ihm als unzulässig vorgetragenen Abschalteinrichtungen gehabt habe. Die Beklagte zu 1 als Fahrzeughändlerin steht auch im Rahmen des vorliegenden Kaufvertragsschlusses mit dem Kläger in keinem Verhältnis zu dem Fahrzeughersteller, also der Beklagten zu 2, das eine Zurechnung etwa beim Hersteller vorhandenen Wissens gemäß oder entsprechend § 166 Abs. 1 BGB erlauben würde (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 8. Januar 2020 - I-30 U 31/19, juris Rn. 56 ff mwN; siehe auch zur Einordnung als Dritter im Sinn von § 123 Abs. 2 BGB: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - 17 U 4/18, juris Rn. 2 mwN; Senat, Urteil vom 11. August 2021 - 6 U 28/20, unveröffentlicht). Doch selbst wenn die Beklagte zu 1 Kenntnis von den Einzelheiten der Motorgestaltung und -steuerung gehabt haben sollte, genügt dies zur Begründung der Arglist nicht. Insoweit ist auf die Ausführungen zum Fehlen der objektiven Sittenwidrigkeit im Rahmen der Geltendmachung eines Anspruchs nach § 826 BGB zu verweisen, die erst Recht gelten, soweit es um einen vom Hersteller verschiedenen Verkäufer geht. Fehlt es an der objektiven Sittenwidrigkeit, kann gegenüber der Beklagten zu 1 nicht mit Erfolg der Vorwurf der Arglist wegen der vom Kläger nunmehr geltend gemachten Abschalteinrichtungen als Mangel erhoben werden. |
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| Aus denselben Gründen ist auch eine grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 nicht zu erkennen, deren Schäden nach den vorliegenden Gebrauchtwagen-Geschäftsbedingungen nicht der Verjährungsverkürzung unterfiele; abgesehen davon wäre zumindest eine solche von der Verjährungsverkürzung nicht erfasste Haftung für „Schäden“, mithin ein Schadensersatzanspruch wegen einer grob fahrlässig oder vorsätzlich mangelhaften Lieferung vom Kläger an seinen Käufer als „Sachmängelhaftung“ abgetreten und wird folgerichtig auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Der Kläger beruft sich lediglich darauf, dass der Anspruch aus einem Rückgewährschuldverhältnis bei ihm verblieben sei. |
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| Klage gegen die Beklagte zu 2 |
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| Unbegründet ist auch die Klage gegen die Beklagte zu 2. Es kann dahinstehen, ob der Kläger – wie das Landgericht meint (ebenso wohl OLG Stuttgart, Urteil vom 22. März 2019 - 5 U 205/18, unveröffentlicht) – durch die Abtretung von Ansprüchen aus „Sachmängelhaftung“ auch Ansprüche aus deliktischem Verhalten der Beklagten zu 2 verloren hätte, sofern ihm Schäden aufgrund des Erwerbs des Fahrzeugs entstanden wären. Ebenso kann offenbleiben, ob derartige Ansprüche bereits wegen der Abtretungsvereinbarung mit X nicht mehr beim Kläger liegen könnten. Unerheblich ist auch, dass der Weiterverkauf einen Schaden des Klägers nicht ohne weiteres entfallen ließe, sondern nur der im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs träte (dazu BGH, Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 575/20, ZIP 2021, 1922). Schon die Entstehung solcher Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 2 (im Folgenden kurz: Beklagte) ist nämlich nicht festzustellen. |
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| 1. Ein Anspruch wegen einer deliktischen Handlung im Sinn von § 826 BGB ist nicht zu erkennen, weil der Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen einer sittenwidrigen Handlung im Unternehmen der Beklagten nicht dargelegt hat, weder bezogen auf eine Person, für die die Beklagte nach § 31 BGB verantwortlich ist (mit der Folge eines Anspruchs nach § 826 BGB), noch bezogen auf eine durch die Beklagte zu einer Verrichtung bestellte Person (mit der Folge eines Anspruchs nach § 831 Abs. 1 BGB). |
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| a) Eine sittenwidrige Handlung liegt nicht hinsichtlich der vorliegenden Verwendung eines Thermofensters durch die Beklagte vor. |
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| aa) Es fehlt schon am objektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit. |
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| (1) Es kann dahinstehen, ob mit der von dem Kläger vorgetragenen und durch die Beklagte dem Grunde nach nicht bestrittenen temperaturabhängigen Reduktion des Grads bzw. der Wirkungsweise der Abgasrückführung, die sich auf die Stickoxidemissionen auswirkt, eine gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässige Abschalteinrichtung anzunehmen ist (dazu ausführlich Senat, Urteil vom 12. Mai 2021 - 6 U 15/20, juris Rn. 66 ff). Es kann auch offenbleiben, ob eine bestandskräftige behördliche Typengenehmigung das Zivilgericht im Rechtsstreit zwischen Fahrzeugkäufer und Hersteller aus Rechtsgründen an einer solchen Annahme hindert (siehe dazu Senat, Urteil vom 12. Mai 2021 - 6 U 15/20, juris Rn. 79 ff). |
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| Der Senat hat in mehreren Entscheidungen (Urteil vom 12. Mai 2021 - 6 U 15/20, juris; Urteil vom 23. Juni 2021 - 6 U 142/20, juris) auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652) ausgeführt, dass unterstellt werden kann, eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung begründe eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG, ohne dass sich schon daraus eine sittenwidrige Handlung der Beklagten ergäbe. |
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| (2) Zwar kann sich der Vorwurf der Sittenwidrigkeit daraus ableiten, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und die Technik damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielte (dazu BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316). |
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| (a) Der vorliegende Einsatz einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems unterscheidet jedoch nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Sie führt nicht dazu, dass bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und der Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert wird, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand etc., vgl. Art. 5 Abs. 3 Buchst. a VO 715/2007/EG i.V.m. Art. 3 Nr. 1 und 6, Anhang III VO 692/2008/EG i.V.m. Abs. 5.3.1 und Anhang 4 Abs. 5.3.1, Abs. 6.1.1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83) entspricht die Rate der Abgasrückführung im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 18; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 27). |
|
| (b) Auch eine (besondere) Anpassung der vorliegenden Temperaturabhängigkeit, die von vorneherein der Anpassung der Steuerung an den Prüfstand dienen könnte, ist hier nicht zu erkennen. |
|
| Der Kläger legt nicht in beachtlicher Weise dar, dass das vorliegende Thermofenster sich exakt oder nahezu mit dem Bereich zwischen 20 °C und 30 °C deckt, in dem die Temperatur der Prüfkammer während der Prüfung liegen muss (vgl. Anhang 4 Abs. 6.1.1 UN/ECE-Regelung Nr. 83). Der von dem Kläger in erster Linie angeführte Temperaturbereich, in dem die Emissionskontrolle beeinträchtigt sein soll, ist weit von den vorgenannten Prüfstandsbedingungen entfernt. Das gilt namentlich für eine einstellige Temperatur, die nach dem Klägervortrag eine Reduktion oder Abschaltung der Abgasrückführung auslöse. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger sich eine Temperaturgrenze von 17°C durch das Zitat der Ausführungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Beschlüsse vom 22. August 2019 - 17 U 257/18, juris Rn. 16, 22 und 17 U 294/18, juris Rn. 13, 19) in der Berufungsinstanz zu eigen machen wollte, ergäbe sich daraus keine abweichende Beurteilung. Schon der behauptete Temperaturbereich unterhalb von 17 °C, an den die Steuerung angeblich eine Abschaltung der Abgasreinigung knüpft, weicht nicht ganz unerheblich vom den für die Prüfung vorgegebenen Bereich ab. Eine Obergrenze, die die Steuerung gerade auf den Temperaturbereich bis 30°C beschränken würde, der auch bei der Prüfung verwendet wird, wird nicht behauptet. Selbst wenn danach die Abgasrückführung unterhalb von 17 °C reduziert würde, zeigt dies insgesamt nicht schlüssig auf, dass hierüber der Prüfstand erkannt werden kann. Soweit die Klage davon spricht, die Menge des rückgeführten Abgases werde „jedenfalls […] außerhalb von Umgebungstemperaturen von 20°C bis 30°C reduziert bzw. gänzlich eingestellt“, ist dem nicht zu entnehmen, dass bei allen Temperaturen außerhalb dieses Fensters eine Reduktion der Abgasrückführung stattfinde. Eine dahingehende – bestrittene (AS I 123 f) – Behauptung wäre auch durch keine Anhaltspunkte gedeckt und daher als willkürliche Spekulation prozessual unbeachtlich. |
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| (3) Bei dieser Sachlage kann die Implementation eines Thermofensters nur dann ein verwerfliches Verhalten des Herstellers sein, wenn zu einem darin liegenden Verstoß gegen Art. 5 VO 715/2007/EG im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Dies setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und einen darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 19; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 28). Im Streitfall sind solche subjektiven Vorstellungen der für die Beklagte handelnden Personen nicht zu erkennen. |
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| (a) Der Kläger hat allerdings dazu vorgetragen, die unzulässigen Abschalteinrichtungen seien bewusst ohne deren Angabe im Genehmigungsverfahren eingebaut worden, um zu verhindern, dass die Typengenehmigungsbehörde oder die Europäische Kommission die betreffende Ausgestaltung der Motorsteuerung beanstande; der Vorstand der Beklagten zu 2 habe vom Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen Kenntnis gehabt; er sei in die entsprechenden Vorgänge eingeweiht gewesen. Zumindest die billigende Inkaufnahme der Rechtswidrigkeit hat die Beklagte aber bestritten, indem sie vorgetragen hat, sie habe insbesondere in Bezug auf die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung ein nach ihrer Ansicht zutreffendes Normverständnis zugrunde gelegt, wonach eine temperaturabhängige Abgasregelung nicht unter Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG, zumindest aber unter Art. 5 Abs. 2 Buchst. a VO 715/2007/EG falle (zum Schutz des Motors). Dies geht zu Lasten des Klägers. Diese hat schon zu den Vorstellungen der für die Beklagte handelnden Personen über die Unzulässigkeit der temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung lediglich Vortrag ins Blaue hinein gehalten, der – zumindest mangels Geständnisses der Beklagten – schon nicht beachtlich ist, zumindest keine Beweisaufnahme rechtfertigen könnte. Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten hinsichtlich der Umstände, welche die Vorstellungen von Personen in ihrem Unternehmen über die Zulässigkeit der gewählten temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung betrafen, besteht im Streitfall nicht. |
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| (b) Ist bei der implementierten Steuerung der Abgasrückführung nicht evident, dass es sich um eine nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG unzulässige Abschalteinrichtung handelt, obliegt es zunächst dem Kläger, wenigstens tatsächliche Anhaltspunkte vorzutragen, die für ein Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen sprechen, wonach diese bei der Entwicklung und/oder dem Einsatz der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 28). Unter diesem Gesichtspunkt, also zur Prüfung des Vorliegens solcher Anhaltspunkte, ist etwa die Behauptung eines Klägers zu würdigen, der beklagte Hersteller habe im Typgenehmigungsverfahren unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht und dadurch „verschleiert“, dass die Abgasrückführungsrate in dem Fahrzeugtyp durch die Außentemperatur mitbestimmt wird. Trifft dies zu, könnten sich hieraus gegebenenfalls Anhaltspunkte für ein Bewusstsein der für die Beklagte handelnden Personen ergeben, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 22, 24; ausführlich zur Darlegungs- und Beweislast in einer entsprechenden Fallkonstellation: Senat, Urteil vom 23. Juni 2021 - 6 U 142/20, juris Rn. 80 ff., Urteil vom 12. Mai 2021 - 6 U 15/20, juris Rn. 97 ff.). |
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| (c) Solche Anhaltspunkte hat der Kläger hier nicht aufgezeigt, so dass keine sekundäre Darlegungslast der Beklagten hinsichtlich der Vorstellungen der für sie handelnden Personen von der rechtlichen Zulässigkeit des „Thermofensters“ begründet und im Übrigen die diesbezügliche Mutmaßung des Klägers schon prozessual unbeachtlich ist. |
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| (aa) Soweit der Kläger der Auffassung ist, das Thermofenster sei nicht notwendig oder zumindest nicht zulässig, um Schäden am Motor zu vermeiden, hat er keinen Erfolg. |
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| Es spricht noch nicht für eine Vorstellung von der Rechtswidrigkeit, wenn auch andere Lösungen den Motor schützen können. Die Beklagte hat nämlich im Grundsatz unwidersprochen auf die Ablagerungs- bzw. Versottungsgefahr hingewiesen, die zu einer vertretbaren Annahme veranlassen kann, eine Reduktion der Abgasrückführung bei bestimmten Temperaturen sei notwendig. Soweit der Kläger der Auffassung ist, diese Maßnahme sei nicht geeignet, Versottungseffekte zu vermeiden, weil diese von der Umgebungstemperatur nicht abhängig seien, kann er damit keinen Erfolg haben. Insoweit ist schon der nähere Vortrag des Klägers in sich widersprüchlich und unerheblich, zumal die Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführung von der Beklagten als Maßnahme zur Vermeidung von Versottung nicht etwa im Zylinder (auf den der Kläger sich bezieht), sondern im Abgasrückführungskühler angeführt wird. Der Zusammenhang zwischen niedrigen Außentemperaturen und dem Versottungsrisiko ist auch im Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen (BMVI, April 2016, dort S. 18) anerkannt. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellen würde, dass das Versottungsrisiko sich (nur) anders vermeiden ließe, läge in der gleichwohl gewählten temperaturabhängigen Steuerung kein Anhaltspunkt dafür, dass die Unzulässigkeit eines Temperaturfensters den für die Beklagte handelnden Personen bewusst gewesen sei. Denn der Kläger zeigt jedenfalls nicht auf, dass die Entbehrlichkeit einer temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung insbesondere zur Vermeidung bei niedrigen Temperaturen höherer Versottungsgefahren einem (technisch bewanderten oder unterstützten) Entscheidungsträger klar sein musste. |
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| (bb) Der Kläger hat sich ferner sinngemäß darauf berufen, dass die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung im Rahmen des Zulassungsprozesses nicht beschrieben bzw. offengelegt, sondern eine unzulässige Abschalteinrichtung verschwiegen bzw. verheimlicht worden sei und dass die Beklagte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Emissionsminderungsstrategie des Fahrzeugs nicht ordnungsgemäß beschrieben habe. |
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| Es lassen sich insoweit keine Anhaltspunkte für eine damit geltend gemachte Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts feststellen. Schon der Kläger selbst unterstellt, dass die Beklagte – wie in dem herangezogenen Parallelfall – die Abgasrückführung als kennfeldgesteuert beschrieben hatte. Der Kläger legt auch selbst anhand eines Auszugs aus Typengenehmigungsunterlagen dar, dass die Steuerung der Abgasrückführung in Abhängigkeit von der Lufttemperatur offengelegt worden ist. |
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| Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass seinerzeit weitergehende Angaben verlangt wurden. Zwar heißt es in Art. 3 Nr. 9 VO 692/2008/EG, dass Hersteller von Dieselfahrzeugen Angaben zur Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems (AGR), einschließlich ihres Funktionierens bei niedrigen Temperaturen machen und diese auch eine Beschreibung etwaiger Auswirkungen auf die Emissionen machen. Nach Art. 5 Nr. 2 VO 692/2008/EG ist der Antrag auf Typengenehmigung in Übereinstimmung mit dem Muster des Beschreibungsbogens in Anhang I Anlage 3 erstellt. In der Einleitung dieses Musters heißt es: „Weisen die Systeme, Bauteile oder selbstständigen technischen Einheiten elektronisch gesteuerte Funktionen auf, so sind Angaben zu ihren Leistungsmerkmalen zu machen.“ Dem ist aber nicht unmittelbar zu entnehmen, dass jeder Steuerungsparameter und seine Auswirkungen auf einzelne Elemente einer elektronisch gesteuerten Funktion, namentlich etwa der Einfluss der Temperatur auf die Einstellung der Abgasrückrührungsrate, anzugeben sind. Gegen ein Verständnis, wonach mit dem Beschreibungsbogen derart detaillierte Beschreibungen der einzelnen Funktionen erwartet werden, spricht namentlich hinsichtlich der Abgasrückführung ferner, dass die genannte Anlage insoweit unter 3.2.12.2.4 lediglich vorsieht, dass das Ob der Abgasrückführung („ja/nein“) und gegebenenfalls deren „Kennwerte (Durchflussmenge usw.)“ und das Vorliegen eines etwaigen Kühlsystems mitgeteilt werden. Verlangte aber das Amt zum Zeitpunkt des Genehmigungsverfahrens keine (weitergehende) Offenlegung der Steuerungssoftware bzw. der Emissionsminderungsstrategie und beschränkte sich die Beklagte auf die ihr im „Beschreibungsbogen“ (sowie auf die zur Durchführung der Emissionsprüfung) abverlangten Angaben, so stellt das Verschweigen einzelner Programmierungen allein noch keine Täuschung dar, zumal die Beklagte davon ausgehen konnte, dass die Behörde ihre Entscheidung nur auf die formalisiert abverlangten Angaben – als für sie allein maßgebliche Grundlage – stützen werde (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Januar 2021 - 18 U 21/20, juris Rn. 86). |
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| Abgesehen davon wäre selbst im (bloßen) Unterlassen von Angaben über ein Thermofenster kein Anhaltspunkt für ein Bewusstsein oder eine billigende Inkaufnahme seiner Unzulässigkeit zu erkennen. Eine – als Anhaltspunkt für ein Unrechtsbewusstsein in Betracht kommende – Verschleierung des Thermofensters (siehe dazu BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 24) ist nicht ersichtlich. Ein Mangel an Angaben dazu im Typengenehmigungsverfahren kann ebenso darauf beruhen, dass solche vom Kraftfahrtbundesamt womöglich nicht geforderten Angaben – gegebenenfalls fahrlässig, etwa rechtsirrig – für entbehrlich gehalten worden sein mögen. Anhaltspunkte für eine Verschleierung ergeben sich selbst im Fall eines objektiv pflichtwidrigen Unterlassens von Angaben dazu, dass die Außentemperatur die Steuerung der Abgasrückführung beeinflusst (erst recht bei etwa bloß fehlender Angabe der Einzelheiten der temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung), jedenfalls nicht. Insoweit ist nämlich zu beachten, dass die Rechtsfrage der Zulässigkeit eines Thermofensters – wie schon das Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen Obersten Gerichtshofs (Beschluss vom 17. März 2020 - 10 Ob 44/19x, BeckRS 2020, 5269) zeigt – mindestens bis zum Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Dezember 2020 (C-693/18, DAR 2021, 71) nicht unzweifelhaft und nicht eindeutig zu beantworten war (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2020, berichtigt mit Beschluss vom 14. Mai 2020 - I-5 U 110/19, juris Rn. 39; OLG Koblenz, Urteil vom 8. Februar 2021 - 12 U 471/20, BeckRS 2021, 1241 Rn. 29, jeweils unter Hinweis auf BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, April 2016, S. 72 und 123; OLG München, Beschluss vom 6. Mai 2020 - 27 U 6185/19, BeckRS 2020, 22838 Rn. 38 mwN; OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Dezember 2020 - 3 U 101/18, MDR 2021, 233, 234 [juris Rn. 51, 54]). War aber die Auffassung vertretbar, eine temperaturabhängige Reduzierung der Abgasrückführung sei zulässig, deutet das Unterlassen ihrer Erwähnung in den Genehmigungsunterlagen noch nicht darauf hin, dass der Antragsteller die mögliche Unzulässigkeit erkannt und billigend in Kauf genommen hat und es ihm darauf ankam, dem Kraftfahrt-Bundesamt die Erkenntnis des Thermofensters vorzuenthalten (siehe Otte-Gräbener, BB 2021, 529). |
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| Dagegen spricht auch, dass erst nach Inverkehrbringen des von dem Kläger erworbenen Fahrzeugs durch Art. 1 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20. April 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 6) (ABl. L 109/1) in Art. 5 VO 692/2008/EG ein zusätzlicher Absatz 11 eingefügt worden ist, wonach der Hersteller der Genehmigungsbehörde mit dem Antrag auf EG-Typgenehmigung eines Fahrzeugs hinsichtlich der Emissionen und des Zugangs zu Reparatur- und Wartungsinformationen (Art. 5 Abs. 1 Art. 5 VO 692/2008/EG) neben den bis dahin nach Art. 5 Abs. 2 bis 10 VO 692/2008/EG geforderten Angaben („ferner“) eine erweiterte Dokumentation mit Angaben vorlegen muss, die u.a. (Buchst. a) Informationen umfassen muss über den Betrieb aller zusätzlichen Emissionsstrategien (AES; vgl. Art. 2 Nr. 44 VO 692/2008/EG in der konsolidierten Fassung) und Standard-Emissionsstrategien (BES; vgl. Art. 2 Nr. 43 VO 692/2008/EG in der konsolidierten Fassung), einschließlich einer Beschreibung der von jeder AES veränderten Parameter und der Grenzen, innerhalb deren die AES arbeiten, sowie Angaben darüber, welche AES und BES unter den Bedingungen des Prüfverfahrens gemäß dieser Verordnung voraussichtlich aktiv sind. |
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| (cc) Der Umstand, dass das Kraftfahrt-Bundesamt in (ggf. zahlreichen) Fällen bei Fahrzeugtypen der Beklagten, insbesondere dem vorliegenden Fahrzeugtyp, nachträglich eine unzulässige Abschalteinrichtung erkannt und einen Rückruf angeordnet haben mag, gibt ebenfalls keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte dort und auch beim vorliegenden Fahrzeugtyp im Zeitpunkt des Inverkehrbringens billigend in Kauf genommen habe, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt. |
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| Die bloße Vielzahl von Modellen, bei denen eine bestimmte Steuerung oder ähnliche Steuerungen zum Einsatz gekommen sein mögen, die sich bei objektiver Betrachtung als unzulässig herausstellen mögen, besagt nichts über eine bei deren Implementierung durch die Beklagte subjektiv getroffene Einschätzung deren Zulässigkeit. Insbesondere eine Häufung von Rückrufbescheiden ist kein Anhaltspunkt dafür, dass im Typgenehmigungsverfahren unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht worden sind. Amtliche Rückrufe können ebenso darauf beruhen, dass sich ein bei der Erteilung der Typengenehmigung eingenommener rechtlicher Standpunkt des Amts mittlerweile geändert hat oder bestimmte tatsächliche Umstände, etwa eine Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführung, in der früheren Praxis des Amts nicht in demselben Maß wie heute in den Blick genommen worden sind. Im Übrigen ist offen, inwieweit Rückrufe gerade deswegen ausgesprochen worden sind, weil das Amt in einem Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung erkannt hat; sie könnten auch auf ganz anderen Abschalteinrichtungen beruhen. |
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| (dd) Ebenfalls ohne Erfolg weist der Kläger allgemein als Indiz für eine Kenntnis des Vorstands der Beklagten zu 2 vom Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen darauf hin, dass wegen angeblicher Absprachen mit anderen Herstellern betreffend die Abgasreinigung u.a. in Bezug auf eine „Manipulation“ des SCR-Katalysatorsystems und der Ad-Blue-Einspritzung ermittelt werde. Solche vermeintlichen Absprachen geben insbesondere nichts dafür her, dass der – unterstellt darüber informierte – Hersteller sich der Unzulässigkeit etwa jenseits des SCR-Systems vorhandener Abschalteinrichtungen bewusst gewesen wäre. |
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| (ee) Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass für eine Vorlageanordnung nach § 142 ZPO, § 421 ZPO oder § 432 ZPO hinsichtlich der Antragsunterlagen zur Typgenehmigung oder hinsichtlich Rückrufbescheiden. Ebenso wenig war dem Zeugenbeweisangebot zum Inhalt der Antragsunterlagen nachzugehen oder eine Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts einzuholen. |
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| (ff) Schließlich ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, dass die Implementierung der hier geltend gemachten Abschalteinrichtungen, namentlich der temperaturabhängigen Abgasrückführung, im Bewusstsein ihrer Unzulässigkeit erfolgt sei, auch nicht daraus, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit der Beantragung von Strafbefehlen einen hinreichenden Tatverdacht des Betrugs durch mehrere Beschäftigte der Beklagten bejaht hat. Dem – lediglich in der Berichterstattung als „Manipulation des Emissionskontrollsystems von Diesel-Pkw der Beklagten“ umschriebene – Tatvorwurf liegt zugrunde, dass die Motorsteuerungssoftware eines Teils der von einem Rückruf betroffenen Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 aus dem Produktionszeitraum August 2011 bis einschließlich Dezember 2016 eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten habe. Dass dieser für den Tatvorwurf relevante „Teil“ der zurückgerufenen Fahrzeuge aus der Euro 6-Flotte das hier gegenständliche Fahrzeug umfassen könnte, behauptet der Kläger schon nicht; diese Annahme liegt auch völlig fern, nachdem der Rückruf des hier gegenständlichen Fahrzeugtyps zurückgenommen worden ist. Es ist im Übrigen auch nicht im Ansatz erkennbar, was zu der Annahme veranlassen sollte, dem Betrugsvorwurf liege die Implementierung der temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung zugrunde. Insbesondere insoweit kann nicht angenommen werden, die Staatsanwaltschaft gehe von nachweisbarem Täuschungsvorsatz im Unternehmen der Beklagten zu 2 aus, obwohl diese sogar den Kern des vermeintlich unterdrückten Sachverhalts, nämlich die Anhängigkeit von der Lufttemperatur, im Genehmigungsverfahren (regelmäßig) ausdrücklich offenbart hat. |
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| (4) Die Verwerflichkeit des hier beanstandeten Verhaltens, nämlich der – unterstellten – Implementierung einer unzulässigen Abschalteinrichtung lässt sich auch nicht aufgrund von – nicht näher vorgetragenen – Absprachen mit anderen Akteuren der Automobilbrache schließen. Es ist weder vorgetragen noch ein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass etwaige Absprachen, den AdBlue-Verbrauch und die Wirksamkeit der Abgasreinigung begrenzen, im Zusammenhang mit einer vermeintlichen Entscheidung zum Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen gestanden haben sollen (siehe Senat, Urteil vom 23. Juni 2021 - 6 U 142/20, juris Rn. 166), insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung. |
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| (5) Um die Verwerflichkeit des behaupteten Verhaltens aus Gründen der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin zu verneinen, bedarf es auch keiner Aufklärung der konkreten Ausgestaltung der in Form des Thermofensters geltend gemachten Abschalteinrichtung (dazu ausführlich Senat, Urteil vom 12. Mai 2021 - 6 U 15/20, juris Rn. 130 f). |
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| bb) Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hinsichtlich der Verwendung eines Thermofensters im Übrigen an dem subjektiven Tatbestand eines Sittenverstoßes, der voraussetzt, dass der Schädiger Kenntnis von den Tatumständen hatte, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2009 - VI ZR 304/07, NJW-RR 2009, 1207 Rn. 20 mwN). Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür dargetan, dass die Verwendung des unterstellt unzulässigen Thermofensters von einer Person angeordnet oder mit Billigung einer Person, für deren Handeln die Beklagte nach § 31 BGB verantwortlich ist, etwa den im Hause der Beklagten für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen oder Vorständen, unter mindestens billigender Inkaufnahme einer unzulässigen Abschaltvorrichtung umgesetzt worden ist. |
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| cc) Im Übrigen ist damit auch nicht der weiter für die Haftung nach § 826 BGB erforderliche Schädigungsvorsatz (siehe dazu BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn.61 ff; Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, ZIP 2021, 799 Rn. 32 mwN) festzustellen. |
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| dd) All dies gilt nicht nur, soweit die Beklagte für etwaige vorsätzliche sittenwidrige Schädigungen durch ihre verfassungsmäßig berufenen Vertreter nach § 31 BGB einzustehen hätte und gegebenenfalls nach § 826 BGB haftet, sondern entsprechend hinsichtlich der für eine etwaige Haftung nach § 831 Abs. 1 BGB maßgeblichen Frage, ob ein durch die Beklagte bestellter Verrichtungsgehilfe in Ausführung der Verrichtung den objektiven und subjektiven Tatbestand nach § 826 BGB verwirklicht hat, wofür auf die subjektiven Vorstellungen eines Verrichtungsgehilfen der Beklagten abzustellen wäre, der die besagte Steuerung verwirklicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, ZIP 2021, 799 Rn. 35 mwN; siehe BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 43). |
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| b) Eine sittenwidrige Handlung liegt ferner nicht hinsichtlich der Verwendung einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vor. |
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| Schon eine beachtliche Behauptung, wonach eine solche Regelung in dem hier gegenständlichen Fahrzeug überhaupt vorhanden sei, liegt nicht vor. Die nach § 529 Abs. 1 ZPO maßgeblichen Feststellungen des Landgerichts umfassen das Vorliegen einer solchen Einrichtung oder dahingehenden Vortrag gerade nicht, während sie (nur) die Behauptungen des Klägers referieren, wonach eine unzulässige temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung und eine unzulässige Gestaltung des SCR-Systems vorlägen. Die Berufung zeigt nicht auf, dass die Feststellungen des Landgerichts insoweit unvollständig im Sinn von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seien. Es ist auch nach Lage der erstinstanzlichen Akten vielmehr davon auszugehen, dass dort zuletzt zwischen den Parteien außer Streit stand, dass das hier gegenständliche Fahrzeug kein geregeltes Kühlmittelthermostat, also keine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung enthält. Der Kläger hatte zwar deren Vorliegen – erstmals mit der Replik vom 26. August 2020 – vermutet. Die Beklagte hat aber daraufhin erläutert, dass in dem hier gegenständlichen Fahrzeug kein geregeltes Kühlmittelthermostat verbaut ist. Dem ist der Kläger in erster Instanz nicht mehr entgegengetreten, was indes zu erwarten gewesen wäre, wenn er ernsthaft an seiner zuvor geäußerten Mutmaßung entgegen der nun eindeutigen Aufklärung durch die Beklagte hätte festhalten wollen. Soweit der Kläger seine mithin in erster Instanz aufgegebene Vermutung einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung mit der Berufung wieder aufstellt, ist dieser bestrittene Vortrag mangels Grunds nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Der Kläger gibt keine neuen Erkenntnisse an, die erst jetzt (wieder) dazu veranlassen könnten, die von ihm erörterte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung sei in dem hier betroffenen Fahrzeugtyp doch verbaut. |
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| Die Mutmaßung des Vorliegens der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung beim hier gegenständlichen Fahrzeug ist auch deshalb unbeachtlich, weil sie ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich ins Blaue hinein aufgestellt wurde. Der Kläger stützt sie in erster Instanz allein auf den Umstand, dass das Kraftfahrt-Bundesamt die Verwendung der Kühlmittelsolltemperatur-Regelung in EU5-Fahrzeugen der Beklagten aus den Modellreihen […] sowie […] mit dem Motortyp Y2 aus dem Produktionszeitraum 2008 bis 2015 beanstandet habe. Das hier gegenständliche Fahrzeug ist zwar ein solches der […] und stammt aus dem letzten der genannten Jahre (2015). Es handelt sich aber um ein Fahrzeug der Norm Euro 6. Entgegen der Ansicht des Klägers „erfüllt“ es damit gerade nicht die „vorangestellten Kriterien nach denen das KBA Fahrzeuge der [Beklagten] beanstandet“. Der darin vom Kläger erkannte Anhaltspunkt dafür, dass im hier gegenständlichen Fahrzeug eine ebensolche Regelung verbaut sei, fehlt daher. Auch das Gutachten von Dr. H gibt dafür nichts her. Dort ist lediglich am Rande bemerkt, dass bei Fahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 6 ein ähnliches Kennfeld die niedrigeren Solltemperaturen bei höherer Motorlast habe. Damit will der Sachverständige ersichtlich nur verdeutlichen, dass bei anderen Fahrzeugen als dem von ihm begutachteten Euro 5-Fahrzeug (nämlich bei Euro 6-Fahrzeugen) die niedrigen Solltemperaturen gerade in anderer, vom Sachverständigen für technisch sinnvoll erachteten Weise (zur Verbesserung der Kühlung bei anhaltend hoher Motorlast) eingesetzt werden. Dies widerspricht gerade der Annahme des Klägers, (auch) bei seinem Euro 6-Fahrzeug würde in der Warmlaufphase die Erwärmung der Kühlflüssigkeit verzögert und außerhalb der Typprüfbedingungen ein AGR-Kennfeld mit niedrigeren AGR-Raten als innerhalb der Typprüfbedingungen genutzt. |
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| Die Übertragung etwaiger Bedenken, die das Kraftfahrt-Bundesamts hinsichtlich des Vorliegens einer Kühlmittel-Solltemperaturregelung bei anderen Fahrzeugen geäußert haben mag, auf das hier gegenständliche Fahrzeug entbehrt auch deshalb jeder nachvollziehbaren Grundlage, weil die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, dass das Amt nach konkreter Untersuchung dieses Fahrzeugtyps (Typ […], Variante […], Version […], Gesamtfahrzeugtypgenehmigung […]) bewusst entschieden hat, gerade keine nachträglichen Nebenbestimmungen wegen vermeintlich unzulässiger Abschalteinrichtungen, insbesondere nicht wegen des geregelten Kühlmittelthermostats, anzuordnen (siehe auch Senat, Urteil vom 12. Mai 2021 - 6 U 15/20, juris Rn. 129). |
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| Abgesehen davon wäre selbst dann, wenn man annehmen wollte, das hier gegenständliche Fahrzeug besitze ein geregeltes Kühlmittelthermostat, mit den – für die weitere Begründung hilfsweise unterstellt auf das vorliegende Euro 6-Fahrzeug zu übertragenden – Ausführungen des Klägers keine sittenwidrige Ausgestaltung dargetan. Dann ergäbe sich nämlich das Folgende: |
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| aa) Es fehlt auch insoweit schon am objektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit. |
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| Hier kann ebenfalls dahinstehen, ob und unter gegebenenfalls welchen Umständen eine Beeinflussung des Stickoxidausstoßes durch eine Regelung der Kühlmitteltemperatur eine nach Art. 5 VO 715/2007/EG unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringert, und ob dies bei dem von dem Kläger erworbenen Fahrzeug der Fall ist. Insbesondere muss nicht erörtert werden, ob der Kläger hinreichenden, nicht unzulässig ins Blaue gehaltenen Vortrag geleistet hat, der die rechtliche Bewertung der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung als unzulässige Abschalteinrichtung erlauben würde (in ähnlichen Fällen verneint durch OLG Koblenz, Urteil vom 8. Februar 2021 - 12 U 471/20, BeckRS 2021, 1241 Rn. 42 ff; bejaht durch OLG Naumburg, Urteil vom 18. September 2020 - 8 U 8/20, juris Rn. 25), und ob dem keine Tatbestandwirkung der Typengenehmigung entgegenstünde. |
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| Eine Sittenwidrigkeit ist unabhängig davon zumindest deshalb nicht zu erkennen, weil keine tatsächlichen Umstände dargetan sind, die nach den Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast eine Feststellung von Tatsachen erlaubten, die den rechtlichen Schluss tragen könnten, dass das Verhalten der Beklagten die erforderliche Verwerflichkeit aufweist. |
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| (1) Der bloße Umstand, dass der Stickoxidausstoß im Fahrzeugbetrieb – unterstellt unzulässig – durch eine gesteuerte und insbesondere auch im Prüfstand wirksame Variierung der Kühlmittel-Temperatur beeinflusst wird, ist noch nicht geeignet, das Urteil der Sittenwidrigkeit zu tragen. |
|
| Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zur temperaturabhängigen Steuerung entsprechend: Allein aus dem Umstand, dass eine – unterstellt – unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vorliegt, kann nicht auf die Verwerflichkeit des Gesamtverhaltens des Herstellers geschlossen werden. Selbst wenn es sich bei dieser Regelung um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG handeln sollte, war dies für die auf Seiten der Beklagten handelnden Personen nicht von vornherein offensichtlich. Vielmehr ist – wie ausgeführt – in Betracht zu ziehen, dass der Hersteller die in Rede stehende Regelung unabhängig von einer auf Täuschung im Prüfstand angelegten Strategie für bestimmte im normalen Fahrbetrieb, aber auch oder immer im Prüfzyklus eintretende Situationen für zweckmäßig und zulässig gehalten hat, hier etwa zur Erzielung eines in definierten Betriebszuständen bei Fahrbeginn besonders positiven „Trade-Off“ zwischen Stickoxiden und Partikelemissionen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2021 - 6 U 142/20, juris Rn. 138). Vielmehr bedürfte es weiterer Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und Typengenehmigung, die einen Gesetzesverstoß in Form des Einsatzes dieser Steuerungssoftware durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. |
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| (2) Es ist weder unstreitig noch hat der Kläger in beachtlicher Weise dargelegt, dass die Steuerung des Emissionskontrollsystems mit der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung danach unterscheidet, ob sich das Fahrzeug auf dem – (mittelbar) erkannten – Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet, was aufgrund einer dann von vornherein durch Arglist geprägten Gestaltung die Qualifikation des Verhaltens des Automobilherstellers als objektiv sittenwidrig rechtfertigen würde. Die Darstellung des Klägers, die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung knüpfe an eine Erkennung des Prüfstands an, erlaubt – zumindest in Anbetracht der ihr widersprechenden Darstellung der Beklagten (insbesondere wonach das geregelte Kühlmittelthermostat auch im Straßenbetrieb nicht nur zufällig oder punktuell zum Einsatz komme, vielmehr in beiden Fallgruppen, also auch im Straßenbetrieb und nicht nur auf dem Prüfstand aktiviert sei) – keine Feststellung dahingehender tatsächlicher Umstände. |
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| Der Klagevortrag, die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung knüpfe an die der Prüfung vorangegangene Konditionierung oder an eine sonstige Erkennung des Prüfstandes an, wobei die Prüfbedingungen im realen Fahrbetrieb nie vorlägen (was allerdings schon in Widerspruch zur vom Kläger übernommenen Darstellung des Kraftfahrt-Bundesamts steht, die in Rede stehende Regelung werde außerhalb des Prüfstands oft abgeschaltet), ist nicht zur Feststellung die Sittenwidrigkeit begründender Umstände ausreichend, weil er teils unschlüssig und teils als Behauptung ins Blaue hinein unbeachtlich ist und erst recht nicht etwa geeignet ist, eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten auszulösen, zu Einzelheiten der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung oder den damit durch die Beklagte verfolgten Zielen vorzutragen. |
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| (a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 20; Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 401/19, Rn. 19; Beschluss vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7; BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 BvR 1819/10, juris Rn. 16; jeweils mwN). |
|
| Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrundeliegenden Vorgängen hat. Eine Partei darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 21; Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 401/19, NJW-RR 2021, 886 Rn. 19; Beschluss vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 13; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 8). Gemäß § 403 ZPO hat die Partei, die die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen will, die zu begutachtenden Punkte zu bezeichnen. Dagegen verlangt das Gesetz nicht, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis des Sachverständigen gestellten Behauptung habe (BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 21; Beschluss vom 14. Januar 2020 - VI ZR 97/19, NJW 2020, 1679 Rn. 8). |
|
| Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 22; Urteil vom 25. April1995 - VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112; Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 401/19, NJW-RR 2021, 886 Rn. 20; Beschluss vom 14. Januar 2020 - VI ZR 97/19, NJW 2020, 1679 Rn. 8; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 8; vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 BvR 1819/10, juris Rn. 15). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 22, Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 401/19, NJW-RR 2021, 886 Rn. 20; Beschluss vom 28. Januar 2020 - NJW 2020, 1740 VIII ZR 57/19, Rn. 8). |
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| (b) Zwar mag der Kläger mangels Sachkunde und Einblicks in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten und verwendeten Fahrzeugmotors einschließlich des Systems der Abgasrückführung oder -verminderung keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben. Es kann dahinstehen, ob die Behauptung, in der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung liege eine (objektiv) unzulässige Abschalteinrichtung, willkürlich ins Blaue hinein aufgestellt ist. Zumindest hinsichtlich der hier – für die Verwerflichkeit – interessierenden weitergehenden und bestrittenen Behauptung, dass diese Regelung gerade von einer Prüfstandserkennung, namentlich den zur Vorbereitung der Fahrzeugprüfung vorgeschriebenen Konditionierungsbedingungen abhängig sei, erweist sich der Klägervortrag aber als willkürlich und entbehrt jeglicher (greifbarer) tatsächlicher Anhaltspunkte, so dass er unbeachtlich bleibt. Weitere Umstände, die das Klagevorbringen für die Qualifikation der Steuerung als „Prüfstandserkennung“ vorbringt, sind teilweise schon nicht geeignet, eine Steuerung aufzuzeigen, die sich im Prüfstand anders verhält als unter gleichen Bedingungen im normalen Fahrbetrieb, und daher – selbst wenn sie zuträfen – schon rechtlich nicht geeignet, den Tatbestand der Sittenwidrigkeit oder wenigstens eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten hinsichtlich der für die Verwerflichkeit maßgeblichen Vorstellungen ihrer Verantwortlichen zu begründen; teilweise sind die weiteren (bestrittenen) Umstände auch mangels greifbarer Anhaltspunkte als willkürliche Behauptungen ins Blaue unbeachtlich. |
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| (aa) Anhaltspunkte für gerade die behauptete (auf eine Änderung des Emissionsverhaltens in der Prüfstandssituation zielende) Steuerung sind nicht im Rückruf eines Fahrzeugs zu erkennen. Dass das Kraftfahrt-Bundesamt einen Rückruf damit begründet hat, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, weil es normale Betriebsbedingungen gebe, unter denen die Regelung der Kühlmittelsolltemperatur nicht eingreife, gibt nicht im Ansatz Aufschluss über einen etwaigen Zusammenhang mit der Konditionierung. Dem ist nur zu entnehmen, dass diese Regelung nach Meinung des Amts nicht hinreichend lückenlos unter allen Bedingungen greift. Es bleibt nach dem Parteivortrag völlig offen, ob das Kraftfahrt-Bundesamt davon ausgeht oder auch nur irgendwie für wahrscheinlich oder möglich hält, dass eine in normalen Betriebsbedingungen etwa nicht eingreifende Regelung der Kühlmittelsolltemperatur gerade in einer Abhängigkeit von der Erkennung der Bedingungen der Fahrzeugkonditionierung aktiviert wird. Sofern das Kraftfahrt-Bundesamt davon ausgeht, dass es durchaus und nicht nur ganz ausnahmsweise auch normale Betriebssituationen gibt, in denen die beanstandete Kühlmittelsolltemperatur greift, wäre dies vielmehr umgekehrt kaum mit der Annahme zu vereinbaren, diese Regelung werde (nur) dadurch aktiviert, dass das Fahrzeug zuvor die (ganz außergewöhnlichen) Bedingungen der Konditionierung durchlaufen habe. |
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| Im Übrigen ist dem Senat aus anderen gegen die Beklagte geführten Verfahren bekannt,, dass das geregelte Kühlmittelthermostat in einer Reihe von Fahrzeugen vom Kraftfahrt-Bundesamt gerade nicht als problematisch bewertet worden ist (siehe OLG Koblenz, Urteil vom 8. Februar 2021 - 12 U 471/20, BeckRS 2021, 1241 Rn. 51). Wäre diese Kühlmittelsolltemperaturregelung nur auf dem Prüfstand wirksam, wäre sie vom Kraftfahrt-Bundesamt nahezu mit Gewissheit bei allen davon betroffenen Fahrzeugen beanstandet worden und nicht nur bei solchen, bei denen ein Rückruf erfolgt ist. Ein Rückruf gibt daher allenfalls Anhaltspunkte dafür, dass bei dem davon betroffenen vorliegenden Fahrzeugtyp ohne die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung die Prüfung nicht bestanden worden wäre oder es im normalen Betrieb (u.a.) Situationen gibt, in denen diese Regelung in unzulässiger Weise nicht greift. Deshalb mag allenfalls naheliegen, dass unter bestimmten Bedingungen, die – nicht notwendig ausschließlich im Prüfstand oder regelmäßig nicht außerhalb des Prüfstands herrschen – eine günstige, bei bestimmten Modellen erst zur Einhaltung der Grenzwerte führende Funktion Anwendung findet. Dies erlaubt nicht die Vermutung, diese Regelung würde im normalen Fahrbetrieb (nahezu sicher bzw. nahezu ausnahmslos) nicht zur Anwendung kommen. |
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| (bb) Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf den Bericht des Bayerischen Rundfunks vom 10. Februar 2021. Darin wird zwar ausgeführt, dass die Fahrzeuge anhand der Kühlmittelsolltemperatur-Regelung eine Prüffahrt erkennen würden. Dies ist aber ersichtlich der zusammenfassende Rückschluss der Autoren dieses Berichtes der im folgenden Satz zitierten Erläuterung des Bundesverkehrsministeriums, wonach die von der Beklagten „in den betroffenen Fahrzeugen verbaute Strategie zum geregelten Kühlmittelthermostat unter Prüfbedingungen einen Modus schalte, bei dem unter Regelung einer niedrigen Kühlmitteltemperatur (…) der NOx-Grenzwert in der Typprüfung eingehalten werde.“ Selbst wenn dies zuträfe, ist der Rückschluss auf eine Prüfstandserkennung, den die Autoren des Berichtes ziehen, unzulässig. Denn der Umstand, dass die Regelung des Kühlmittelthermostats unter den Bedingungen des Prüfstands aktiviert werde, schließt nicht aus, dass die Aktivierung auch erfolgt, wenn diese Bedingungen außerhalb des Prüfstandes im normalen Straßenverkehr eintreten. Auch sonst ergeben sich aus dem Bericht keine Anhaltspunkte, wonach die Parameter, anhand derer das Kühlmittelthermostat geregelt wird, gerade an jene des Prüfstandes angepasst sind. Eine Abhängigkeit von einer Vorkonditionierung lässt sich dem Bericht in keiner Hinsicht entnehmen. |
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| (cc) Das gilt auch dann, wenn die in Rede stehende Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung – entsprechend der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 20. Mai 2020 in dem Verfahren vor dem Landgericht Itzehoe, Az. 10 O 68/20 – außerhalb der auf einem Prüfstand herrschenden Bedingungen oft abgeschaltet werden mag, mit der Folge, dass womöglich der vorgeschriebene Stickoxid-Grenzwert nur auf dem Prüfstand sicher eingehalten würde. Dabei mag mit der Berufung entsprechend der Auskunft des Amts davon ausgegangen werden, dass dies daran liegt, dass die „Schaltkriterien“ so gewählt sind, dass (jedenfalls) beim Vorherrschen wesentlicher Randbedingungen des gesetzlichen Prüfverfahrens die in Rede stehende Regelung aktiv ist. Dass die im Prüfstand herrschenden Bedingungen „erkannt“ werden, lässt keinen Schluss darauf zu, dass es sich um eine prüfstandspezifische Regelung handelt. Es ist nämlich in Betracht zu ziehen, dass – wie die Beklagte geltend macht – sie legitime Ziele verfolgt hat, weil eine Absenkung der Kühlmitteltemperatur in definierten Betriebszuständen bei Fahrbeginn zu einem besonders positiven „Trade-Off“ zwischen Stickoxiden und Partikelemissionen führen mag. Greift die dafür sorgende Regelung bei gleichen Bedingungen wie auf dem Prüfstand, bei dem eine Prüfung durch Simulation der durchschnittlichen Abgasemissionen nach einem Kaltstart vorgesehen ist (vgl. Abs. 5.3.1 und Anhang 4a der UN/ECE-Regelung Nr. 83), auch im normalen Fahrbetrieb, gibt dies nicht ohne weiteres Anlass zu einer (nicht willkürlichen) Vermutung, dass die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung dazu diene, den Prüfbetrieb zu erkennen und in diesem Fall ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der andernfalls nicht erreichten Emissionsgrenzwerte sicherzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2021 - 6 U 142/20, juris Rn. 138; siehe auch OLG Koblenz Urteil vom 21. Dezember 2020 - 12 U 2109/19, BeckRS 2020, 36367 Rn. 32; aA OLG Naumburg, Urteil vom 18. September 2020 - 8 U 8/20, juris Rn. 32, 38). Treten im „realen Verkehr“ unter „normalen Betriebsbedingungen“ die Parameter, anhand derer über das Thermostat die Kühlung aktiviert oder verstärkt wird, häufiger als im Prüfzyklus auf, lässt sich aus der Häufigkeitsverteilung ein Indiz für den Zweck der Regelung nicht ableiten; zumal der Kläger auf die Bedingungen einer Prüfung der Abgasemissionen gerade nach einem „Kaltstart“ Bezug nimmt (so Anhang 4a der UN/ECE-Regelung Nr. 83). |
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| (dd) Kein greifbarer Anhaltspunkt lässt sich aus entsprechenden Erwägungen auch der allgemeinen – wohl aus den gutachterlichen Ausführungen von Dr. H abgeleiteten – Behauptung des Klägers entnehmen, befinde sich das gegenständliche Fahrzeug auf dem Prüfstand, werde die Kühlflüssigkeit ungeachtet der Versottungsrisiken so stark gekühlt, dass aufgrund der verminderten Verbrennungstemperatur so wenig Stickoxide entstünden, dass das Fahrzeug die geltenden Grenzwerte einhalte. Damit wird gerade nicht ausgeschlossen, dass das rückgeführte Abgas bei Bedingungen wie auf dem Prüfstand auch im realen Straßenverkehr trotz der Versottungsrisiken unter bestimmten Umständen und vorübergehend „stark gekühlt“ werde. Dass eine „dauerhafte“ Kühlung des rückgeführten Abgases, d.h. unabhängig von den jeweiligen Umgebungsbedingungen, zu Schäden führen mag, liegt dabei auf der Hand. |
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| (ee) Auch aus den gutachterlichen Ausführungen von Dr. H ergeben sich keine greifbaren Anhaltspunkte für die Behauptung einer Prüfstandserkennung über die Kühlmittelsolltemperatur-Regelung, selbst wenn sich diese auf das gegenständliche Fahrzeug übertragen ließen. Danach registriere eine von der Beklagten programmierte Motorsteuerung u.a. die Parameter Drehzahl und Luftmassestrom. Aus einer Tabelle soll sich ein Solltemperaturkennfeld ergeben, so dass die Solltemperatur des Kühlmittels auf 70 °C eingestellt werde, wenn die Drehzahl geringer als 1.500 U/min und der Luftmassenstrom geringer als 300 kg/h bzw. die „gewichtete Motorlast“ geringer als 51,0 sei. Diese Voraussetzungen bestünden praktisch nur im Prüfzyklus und kämen im normalen Betrieb nicht vor (insbesondere, weil dort schneller beschleunigt werde). Werde einer dieser Parameter (alternativ) für mindestens 5 Sekunden überschritten, werde die Solltemperatur auf 100 °C gesetzt. Sobald die Solltemperatur einmal auf 100 °C gesetzt worden sei, erfolge eine Rückschaltung frühestens nach 3.276 Sekunden (~ 55 Minuten). Folglich komme eine Solltemperatur von 70 °C im normalen Fahrbetrieb praktisch nicht vor, während sie innerhalb der Prüfbedingungen immer auf 70 °C eingestellt sei. Technisch sei die Umschaltung anhand dieser konkreten Parameter nicht erforderlich. Ohne diese Funktion halte das Fahrzeug die NOx-Grenzwerte nicht ein. |
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| Es ist nicht schlüssig dargelegt, dass die von Dr. H genannten Parameter, anhand derer eine Steuerung in zwei Modi erfolgen soll, auf jene des Prüfzyklus abgestimmt sind. Das Gutachten von Dr. H meint zwar, dass eine Motorsteuerungssoftware vorliege, die den „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) an der geringen Motordrehzahl und dem geringen Luftmassenstrom bzw. der „gewichteten Motorlast“ erkenne, während im normalen Fahrbetrieb unweigerlich höhere Motordrehzahlen und höhere Luftmassenströme bzw. aufträten. Jedenfalls sind diese Parameter untauglich, um den Prüfzyklus unmittelbar zu beschreiben. Weder die Drehzahl noch der Luftmassenstrom werden in der Anhang 4a der UN/ECE-Regelung Nr. 83 genannt. Dies ist auch nachvollziehbar, da die Drehzahl nur in Verbindung mit dem Drehmoment, also die Kraft, die auf die Kurbelwelle wirkt, im Ergebnis die Leistung bewirkt. Daher wird der Prüfzyklus nicht anhand derartiger Leistungsmerkmale, die sich von Motor zu Motor unterscheiden, sondern anhand der Geschwindigkeiten im Zeitverlauf beschrieben (vgl. Tabellen A4a/1 und Abbildung A4a/2 für den Grundstadtfahrzyklus für die Prüfung Typ I nach Anhang 4a Abs. 6.1.1. der UN/ECE-Regelung Nr. 83). Möglicherweise leitet die gutachterliche Einschätzung ihre Schlussfolgerung aber auch mittelbar aus der geringen Beschleunigung ab, die dem Prüfzyklus zugrunde liegt. Tatsächlich sind die Beschleunigungen im Grundstadtfahrzyklus gering (vgl. Tabelle A4a/1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83) mit maximal 1,04 m/s2. Zum einen ist Dr. H jedoch nicht sachkundig, um hieraus abgeleitete Berechnungen zur Drehzahl und zum Luftmassestrom bzw. zur „gewichteten Motorlast“ vorzunehmen. Dies hat er in einem Gutachten ausdrücklich und in dem weiteren Gutachten mittelbar eingeräumt, wenn er die Durchführung von Rolltests durch einen „Kfz-Gutachter“ vorschlägt. Ohne greifbare, nachvollziehbare Anhaltspunkte und ohne eigene Sachkunde des Gutachters erscheint schon der von ihm aufgestellte Zusammenhang zwischen Beschleunigungswerten und Werten zu Drehzahl und Luftmassestrom bzw. „gewichtete Motorlast“ selbst „ins Blaue hinein“ aufgestellt. Zum anderen kann, selbst wenn Drehzahl und Luftmassestrom hieran ausgerichtet wären, aus einem Beschleunigungswert von bis zu 1,04 m/s² nicht sicher auf eine Prüfstandssituation geschlossen werden. Denn es ist nicht schlüssig dargelegt, dass diese Beschleunigungswerte außerhalb der Beschleunigungswerte aus dem regulären Fahrbetrieb liegen. Vielmehr zeigt eine Untersuchung von Dipl.-Ing. Frank Lange (VRR 10/2006, 377, 379), dass Anfahrbeschleunigungen im Mittel zwar zwischen 1,3 m/s² und 2,5 m/s² liegen, doch – wenngleich im unteren Bereich – auch Anfahrbeschleunigungen von 1 m/s² und geringer vorkommen. Dies gilt umso mehr für den Wert von 1.500 U/min oder – wie zuletzt in anderen Rechtsstreiten durch die Klägervertreter unter Vorlage einer neuen gutachterlichen Stellungnahme von Dr. H geltend gemacht – gar 2.500 U/min, denen eine Aussagekraft im Hinblick auf den Prüfstand fehlt. Weder den Ausführungen von Dr. H noch dem Vortrag des Klägers lässt sich ein greifbarer Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass diese Werte überhaupt geeignet wären, um die spezifische Situation auf dem Prüfstand zu beschreiben. Vielmehr erscheinen solche Drehzahlen – jedenfalls ohne weitere Darlegung – entgegen der Annahme von Dr. H im regulären Straßenverkehr gerade nicht unüblich, sondern dürften im Gegenteil in einer Vielzahl von Fahrsituationen vorkommen. So rät bspw. der TÜV Nord zu einer Fahrt zwischen 1.500 und 2.500 U/min, um möglichst wenig Kraftstoff zu verbrauchen (https://www.tuev-nord.de/de/privatkunden/ratgeber-und-tipps/sparen/sprit-sparen/sparsam-fahren/; abgerufen am 22.09.2021); zumal gerade bei Dieselmotoren – wie im vorliegenden Fall – bereits bei ca. 2.000 U/min ihre maximale Leistung erreichen und bereits darunter (teilweise schon ab 1.300 U/min) ein hoher Wirkungsgrad erzielt werden kann (vgl. Broschüre „Energiesparend Fahren“ des Innenministeriums Baden-Württemberg). |
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| (ff) Ebenso wenig lassen sich dem Gutachten von Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) L Anhaltspunkte für eine Prüfstandserkennung anhand der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung entnehmen. Das Gutachten wurde ausdrücklich lediglich auszugsweise vorgelegt (Seiten 1-3 und Seiten 23-26), was die Aussagekraft erheblich einschränkt. Den vorgelegten Seiten lässt sich lediglich entnehmen, dass der Sachverständige bei der Messung im Fahrzeugrollenprüfstand um den Faktor 4,84 geringere Emissionen gemessen habe als bei einer RDE-(wohl: „Real-Driving-Emissions“-)Messung. Das Gutachten wirft auf dieser Grundlage die Frage auf, wie sich ein solcher Unterschied erklären lasse und beantwortet dies dahingehend, dass von einer Abschalteinrichtung ausgegangen werden könne, die außerhalb des gesetzlich vorgegebenen Testzyklus aktiviert werde. Die Motorsteuerung enthalte eine Abfrage auf eine NEFZ-typische Motorbelastung und Geschwindigkeit, in Kombination mit einem um die NEFZ-typischen Temperaturen zentrierten Temperaturfenster sowie einem gegebenen minimalen Umgebungsdruck (entsprechend einer Begrenzung auf ca. 850 mm über NN). Bei der vorhandenen Abschalteinrichtung handele es sich wahrscheinlich um eine sog. Kühlmittel-Sollwert-Temperatur. |
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| Zumindest die vorgelegten Auszüge des Gutachtens bieten keinen Anhaltspunkt für eine Prüfstandserkennung. Der Sachverständige begründet nicht, weshalb er davon ausgeht, dass die höheren Emissionen bei der RDE-Messung auf eine derartige Steuerung zurückgehen, sondern stellt dies lediglich fest. Auf die komplexen Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Parametern einer solchen Steuerung geht das Gutachten nicht ein. Vielmehr entsteht anhand dieser Passagen des Gutachtens der Eindruck, dass allein aus den deutlich höheren Emissionen bei der RDE-Messung auf eine derartige Steuerung geschlossen werde. Der Hinweis auf Diskrepanzen zwischen Stickoxidemissionen unter Prüfstandbedingungen, die nach damaliger Rechtslage (Euro-5-Norm) zur Erlangung der Typgenehmigung allein maßgeblich waren, und unter normalen Betriebsbedingungen auf der Straße genügt indessen nicht als Anhaltspunkt für eine prüfstandsabhängige Steuerungsstrategie (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 23). Dies gilt umso mehr im vorliegenden Fall, in dem sich dem vorgelegten Auszug des Gutachtens nicht entnehmen lässt, unter welchen konkreten Bedingungen die Messungen, die miteinander verglichen werden, durchgeführt wurden, da der Abschnitt 4 „sachverständige Feststellungen und Ausführungen“ (Seiten 3 bis 24) nahezu vollständig fehlt. Ohne Kenntnis der Umstände, unter denen die Messungen durchgeführt wurden, bleiben die Messwerte ohne Aussagekraft. |
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| (gg) Die von dem Kläger angeführte Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drucks. 19/15320) gibt ebenfalls keinen Anhaltspunkt für eine allein bei der Typprüfgenehmigung aktivierte Schaltung einer besonderen Kühlmittel-Solltemperatur oder besonderer AGR-Raten. Es kann offenbleiben, ob einer Heranziehung der von dem Kläger daraus zitierten Passage nicht entgegensteht, dass sie sich nicht auf das Fahrzeugmodell des Klägers bezieht, sondern ein solches des Modells „Sprinter“ mit einem gegebenenfalls abweichend gestalteten und gesteuerten, der Motorfamilie des Typs Y2 angehörenden Motor (siehe dazu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740; OLG Köln, Urteil vom 23. Oktober 2020 - 19 U 19/20, juris Rn. 45 f; OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Dezember 2020 - 3 U 101/18, MDR 2021, 233 [juris Rn. 26]; aA OLG Koblenz, Urteil vom 21. Dezember 2020 - 12 U 2109/19, BeckRS 2020, 36367 Rn. 33, Urteil vom 8. Februar 2021 - 12 U 471/20, BeckRS 2021, 1241 Rn. 45, 51). Dort ist lediglich ausgeführt, außerhalb der Typprüfbedingungen (Prüfzyklus NEFZ) werde die Rate der AGR verringert, indem über das elektrisch geschaltete Kühlwasserthermostatventil die Motorkühlwassertemperatur und damit die Motoröltemperatur zunächst niedrig gehalten werde; somit werde außerhalb der Typprüfbedingungen ein AGR-Kennfeld mit niedrigeren AGR-Raten genutzt als unter Typprüfbedingungen. Sofern unter den Typprüfbedingungen eine bestimmte Kühlwassertemperatur eingestellt und höhere AGR-Raten verwendet werden als außerhalb der Typprüfbedingungen, bedeutet dies aber – wie bereits ausgeführt – nicht, dass diese Regelung nicht auch im Straßenbetrieb greift, wenn dort die Bedingungen herrschen, die für die Typprüfung vorgeschrieben sind (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2021 - 6 U 142/20, juris Rn. 134). |
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| (3) Danach kann auch eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, die nicht an eine Prüfstandserkennung anknüpft, nur dann ein (objektiv) verwerfliches Verhalten des Herstellers sein, wenn zu einem darin liegenden Verstoß gegen Art. 5 VO 715/2007/EG im Zusammenhang mit der Entwicklung weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Auch hier ist mindestens Voraussetzung, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung dieser Steuerung in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und einen darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Da dies bestritten ist (s.o.), muss der Kläger dafür zumindest tatsächliche Anhaltspunkte vortragen und im Fall deren Bestreitens beweisen, aufgrund derer nähere Darlegungen der Beklagten veranlasst sein könnten. Daran fehlt es. Insoweit gelten die obigen Erwägungen zum Thermofenster im Wesentlichen entsprechend: |
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| Dass die – ohne Anhaltspunkte für eine Täuschung nicht sekundär darlegungsbelastete – Beklagte zunächst nicht substantiiert erläutert haben mag, welchen Zweck die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung mit welchen Maßnahmen verfolgt, erlaubt nicht den Zirkelschluss, es lägen damit Anhaltspunkte vor, dass diese Regelung nur der Erschleichung der Typengenehmigung gedient haben könne. Im Übrigen hat die Beklagte in anderen Rechtsstreiten, wo sie nicht schon das Vorliegen eines geregelten Kühlmittelthermostats verneint hat, stets geltend gemacht, sie sei davon ausgegangen, dass sie mit der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung legitime Zwecke verfolge, da die angegriffene Steuerung in definierten Betriebszuständen bei Fahrbeginn zu einem besonders positiven „Trade-Off“ zwischen Stickoxiden und Partikelemissionen führe. |
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| Nachdem die Beklagte – zwar bestritten, aber ohne konkreten Gegenvortrag des darlegungsbelasteten Klägers – behauptet hat, dass sie zumindest alle in der Praxis des Kraftfahrt-Bundesamts erwarteten Angaben zu den Emissionskontrollsystemen gemacht hat, kann im bloßen – unterstellten – Unterlassen von Angaben über die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung ebenfalls kein Anhaltspunkt für eine billigende Inkaufnahme ihrer Unzulässigkeit erkannt werden. Sie kann darauf beruhen, dass solche vom Kraftfahrtbundesamt womöglich nicht geforderten Angaben – gegebenenfalls fahrlässig, etwa rechtsirrig – für entbehrlich gehalten worden sein mögen. Dass Angaben über die Kühlmitteltemperaturregelung vom Kraftfahrt-Bundesamt im hier interessierenden Zeitraum üblicherweise gefordert worden sind oder durch andere Hersteller gemacht worden sind, trägt der Kläger nicht vor. Eine – als Anhaltspunkt für eine billigende Inkaufnahme eines Gesetzesverstoßes in Betracht kommende – Verschleierung (siehe dazu BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 24) der vorgetragenen Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung und der daran ferner anknüpfenden Regelung des AGR-Ventils ist damit nicht dargetan. Da es zum Zeitpunkt des Typengenehmigungsverfahrens nicht unvertretbar erscheinen musste, eine unter gleichen Bedingungen im Prüfstand wie im Straßenbetrieb funktionierende Steuerung der Kühlmittel-Solltemperatur (und damit ggf. zudem des AGR-Ventils) einzusetzen, deutet das Unterlassen ihrer Erwähnung in den Genehmigungsunterlagen noch nicht darauf hin, dass es dem Hersteller gerade darauf ankam, dem Kraftfahrt-Bundesamt die Erkenntnis dieser Steuerung vorzuenthalten. Danach gibt auch der Vortrag des Klägers, die beschriebene Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung sei dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht offengelegt worden, keinen Anhaltspunkt für ein auf Täuschung angelegtes Verhalten bei der Beklagten (siehe Senat, Urteil vom 23. Juni 2021 - 6 U 142/20, juris Rn. 143). |
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| Das Vorgehen beim Software-Update legt ebenfalls nicht nahe, dass die Verantwortlichen der Beklagten bei Inverkehrbringen des Fahrzeugs billigend in Kauf genommen haben, dass die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Entsprechendes gilt für die dem bereits zitierten Spiegel-Artikel entnommene Behauptung des Klägers, im Zug des Updates sei versucht worden, diese Software heimlich zu beseitigen. |
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| (4) Um die Verwerflichkeit des behaupteten Verhaltens aus Gründen der Darlegungs- und Beweislast des Klägers zu verneinen, bedarf es wie bereits ausgeführt auch keiner Aufklärung der konkreten Ausgestaltung der in Form der Kühlmittelsolltemperatur-Regelung geltend gemachten Abschalteinrichtung. |
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| (5) Dass auch sonst keine Umstände vorliegen, die das Verhalten der Beklagten unabhängig von einer billigenden Inkaufnahme einer unzulässigen Abschalteinrichtung sittenwidrig erscheinen ließen, ist bereits oben zum Thermofenster ausgeführt worden und gilt hinsichtlich der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung entsprechend. |
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| (6) Nach alledem besteht auch hier kein Anlass für eine Vorlageanordnung nach § 142 ZPO, § 421 ZPO oder § 432 ZPO hinsichtlich der Antragsunterlagen zur Typgenehmigung oder hinsichtlich Rückrufbescheiden oder einer Aufklärung des Inhalts der Antragsunterlagen durch Zeugenvernehmung oder Einholung einer Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts. |
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| bb) Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es auch hinsichtlich der Verwendung der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung im Übrigen an dem subjektiven Tatbestand eines Sittenverstoßes, der voraussetzt, dass der Schädiger Kenntnis von den Tatumständen hatte, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2009 - VI ZR 304/07, NJW-RR 2009, 1207 Rn. 20 mwN). Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür dargetan, dass die Verwendung der unterstellt unzulässigen Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung von einer Person angeordnet oder mit Billigung einer Person, für deren Handeln die Beklagte nach § 31 BGB verantwortlich ist, etwa den im Hause der Beklagten für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen oder Vorständen, unter mindestens billigender Inkaufnahme einer unzulässigen Abschaltvorrichtung umgesetzt worden ist. |
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| cc) Im Übrigen ist damit auch nicht der weiter für die Haftung nach § 826 BGB erforderliche Schädigungsvorsatz (siehe dazu BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 61 ff; Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, Rn. 32 mwN) festzustellen. |
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| dd) Auch hier ist somit weder bei einer Person, für deren Verhalten die Beklagte nach § 31 BGB einzustehen hat, noch bei einem Verrichtungsgehilfen der Beklagten im Sinn von § 831 BGB eine Verwirklichung des Tatbestands des § 826 BGB festzustellen. |
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| c) Eine sittenwidrige Handlung liegt schließlich nicht hinsichtlich der Ausgestaltung des SCR-Systems vor. |
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| Auch insoweit fehlt es unabhängig von der objektiven Vereinbarkeit der Ausgestaltung des SCR-Systems mit dem Verwaltungsrecht zumindest an der objektiven Sittenwidrigkeit und entsprechend den obigen Ausführungen zugleich am subjektiven Tatbestand und dem Schädigungsvorsatz bei einer Person, für die die Beklagte nach § 31 BGB oder § 831 BGB einzustehen hätte. |
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| aa) Der Kläger hat keine Steuerung der Dosierung der – zur Reduzierung der Stickoxidemissionen geeigneten – Einspritzung von Harnstoff (AdBlue) dargelegt, die von vornherein durch Arglist geprägt wäre, etwa weil sie danach unterscheiden würde, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. |
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| (1) Soweit der Kläger einen Zusammenhang der Funktion des SCR-Katalysators mit der Außentemperatur herstellt, meint er wohl, dass eine temperaturbedingt geringere Abgasrückführung zu einem höheren innermotorischen Anfall von Stickoxiden führe, bei dem das SCR-System im Ergebnis weniger wirksam wäre. Darin läge keine temperaturabhängige Steuerung des SCR-Systems, sondern eine vermeintliche weitere (nachteilige) Wirkung der Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführungsrate. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Insbesondere ein vom Straßenbetrieb abweichendes Verhalten auf dem Prüfstand ist namentlich unter dem Gesichtspunkt der zum Herstellungszeitpunkt nicht unvertretbaren Berücksichtigung der Außentemperatur bei der Einstellung der Abgasrückrührungsrate (s.o.) nicht erkennbar. Das gilt auch, soweit diese temperaturabhängige Regelung bei bestimmten Temperaturen mittelbar dazu führen mag, dass ein Schaltpunkt der AdBlue-Dosierung für das SCR-System (dazu sogleich) aufgrund schneller aufsummierter Stickoxidemissionen früher erreicht werden mag. |
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| (2) Eine von solchen Bedingungen des Prüfstands, die im Straßenbetrieb (regelmäßig) nicht eintreten, abhängige Steuerung ist auch nicht in dem Verhalten der Dosierungs-Steuerung des SCR-Systems erkennbar, mit dem dieses zwischen zwei Berechnungsmodi wechselt. |
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| (a) Insbesondere die vom Kläger in Bezug genommene, durch die Beklagte an anderer Stelle vorgebrachte Erläuterung einer – vom Kraftfahrt-Bundesamt als (objektiv) unzulässige Gestaltung beanstandeten – Emissionskontrolle bei bestimmten zurückgerufenen (anderen) Fahrzeugen aus dem Haus der Beklagten lässt keine Tatsachen erkennen, in denen ein solche Prüfstanderkennung läge (vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 12. Mai 2021 - 12 U 364/19, juris Rn. 63 ff). |
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| (aa) Bei der vom Kraftfahrt-Bundesamt beanstandeten Einrichtung des SCR-Systems werden danach für die Dosierung von AdBlue unterschiedliche Berechnungsmodelle auf unterschiedliche Betriebszustände (variabel und situationsbezogen) angewendet. Die eine (zunächst zum Einsatz kommende) Berechnungsmethode knüpft an die im SCR-Katalysator vorhandene NH3-Menge an, indem versucht wird, abhängig vom gemessenen NOX-Ausstoß nach dem SCR-Katalysator und weiteren Parametern immer so viel AdBlue nachzudosieren, dass einerseits kein Ammoniak-Schlupf entsteht und sich andererseits ein systemseitig notwendiger Füllstand einstellt, so dass der Ammoniak im SCR-Katalysator zwischengespeichert werden kann, bis er zur NOx-Reinigung verwendet wird; da die verbauten NOx-Sensoren nicht zwischen NOx und Ammoniak unterscheiden können und der NH3-Füllstand des SCR-Katalysators nicht gemessen werden kann, reagiert das System auf höhere Messwerte am hinteren NOx-Sensor mit einer zusätzlichen AdBlue-Eindosierung. Nach dem Ausstoß einer bestimmten Menge von Stickoxiden wechselt das System in die „Online“-Berechnung der AdBlue-Dosierung, die dann anhand der im jeweiligen Betriebspunkt erwarteten Rohemissionen und damit erforderlichen Reinigungsleistung erfolgt, also danach wie viele NOx-Rohemissionen der Motor erzeugt und wie viel AdBlue zur angestrebten Reinigung einer Zielmenge an Rohemissionen erforderlich ist. Sie kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn der SCR-Katalysator im Fahrverlauf stark erhitzt worden ist. |
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| Der Kläger entnimmt dieser Erläuterung noch nachvollziehbar, dass das Fahrzeug in einen anderen Modus („online“) schaltet, nachdem eine bestimmte Menge an Stickoxiden von den NOx-Sensoren nach Motorstart gemessen wurde. Es mag auch nicht willkürlich sein, anzunehmen, dass nach dem Umschalten in den „online“-Modus die AdBlue-Zuführungsrate offenbar (stark) verringert werde. Denn die Beklagte will mit dem Wechsel der Berechnungsmethode der AdBlue-Dosierung zumindest tendenziell eine gewisse Grenze setzen, um den ihrer Darstellung nach bei Überdosierung drohenden Ammoniak-Schlupf zu vermeiden. Zudem verweist der Kläger nachvollziehbar auf Berichterstattung des Bayerischen Rundfunks, wonach teilt das Kraftfahrt-Bundesamt zu einem von einem Rückruf betroffenen Fahrzeug mitgeteilt habe, dass unter Bedingungen, wie sie auch für die Typprüfung vorgegeben sind, nach Motorstart ein vergleichsweise effektiver Modus geschaltet sei und nach dem Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse nach Ablauf des Prüfzyklus dauerhaft in einen weniger effektiven Modus geschaltet werde, was vom Amt als unzulässige Aschalteinrichtung bewertet werde. |
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| (bb) Damit sind aber keine Tatsachen vorgetragen, die dem Vortrag der Beklagten widersprächen, wonach sich die Steuerung, welches Berechnungsmodell zur Anwendung kommt, nicht daran orientiere, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet, bzw. nicht davon abhänge, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder auf der Straße befindet, vielmehr die Funktionen des SCR-Systems im Straßenbetrieb unter denselben Bedingungen genauso arbeiteten, wie auf dem Prüfstand. Damit ist als unstreitig anzusehen, dass das SCR-System nicht etwa nur oder mit anderen Steuerungsparametern auf dem Prüfstand aktiviert wird, sondern ist auch im Straßenbetrieb in Funktion ist und nach denselben Steuerungsparametern arbeitet. Der bloße Umstand, dass die Dauer des Prüfzyklus von ca. 20 Minuten zu kurz sein mag, um die für die Änderung der Dosierungsberechnung erforderliche Stickoxidmenge zu erreichen, steht dem nicht entgegen. Schon dieses Zeitintervall wird auch im normalen Fahrbetrieb bei einer Vielzahl von Fahrten nicht überschrittenen; in vielen weiteren Fällen hat es immerhin noch einen erheblichen Anteil an der Gesamtfahrzeit. Unter der insoweit gleichen Betriebsbedingung, nämlich einer Betriebsdauer von etwa 20 Minuten (bzw. während der ersten 20 Minuten einer ggf. längeren Fahrt), ist ein Unterschied zwischen dem Steuerungsverhalten im Prüfstand und auf der Straße nicht erkennbar. |
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| Soweit der Kläger gleichwohl pauschal meint, indem die Prüfbedingungen im realen Fahrbetrieb nie vorlägen, sorge insbesondere (auch) das SCR-System im Ergebnis zu separaten Prüfstandserkennungen, so dass nur im Prüfstand die vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte eingehalten würden, ist schon nicht ersichtlich, welche im realen Fahrbetrieb angeblich nie vorliegenden Prüfbedingungen der Kläger damit meint. Der für die volle Abgasrückführung maßgebliche Bereich der Außentemperatur ist wie ausgeführt auch im realen Straßenbetrieb nicht selten gegeben, ebenso wie insbesondere Betriebszeiten von nicht mehr als 20 Minuten. Der Kläger trägt auch nicht vor, inwiefern die Steuerung des SCR-Systems bei diesen Prüfstandsbedingungen anders eingestellt würde als außerhalb dieser Bedingungen. |
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| Der Kläger führt zwar noch aus, es läge eine Abschalteinrichtung vor, wodurch dem SCR-Katalysator unter normalen Betriebsbedingungen weniger AdBlue-Flüssigkeit zugeführt werde, als für eine effektive Abgasreinigung notwendig wäre. Damit werden aber keine weiteren Tatsachen von Substanz vorgetragen und ist im Übrigen ersichtlich nur eine wertende Schlussfolgerung aus dem oben beschriebenen Wechsel der Berechnungsmethode zur AdBlue-Dosierung gezogen. Der Kläger gibt auch nicht an, was er mit den „normalen“ Betriebsbedingungen meint, bei denen weniger AdBlue verwendet werde. Im Übrigen wäre eine etwaige Behauptung, dem SCR-Katalysator werde mehr Harnstoff zugeführt aufgrund einer wie auch immer gearteten Erkennung des Prüfstands, die an nicht im Straßenbetrieb auch eintretende Umstände anknüpfe, durch keinerlei greifbare Anhaltspunkte gedeckt und daher als Behauptung „ins Blaue“ hinein unbeachtlich. |
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| (b) Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass der Kläger, dessen hier gegenständliches Fahrzeug gerade nicht (mehr) von dem insoweit zurückgenommenen Rückrufbescheid erfasst ist, sich nicht damit auseinandersetzt, dass die Beklagte vorträgt, dass die von ihm in Bezug genommenen Erläuterungen der Technik bei einer […] mit Y2-Motor sich nicht auf das hier gegenständliche Fahrzeug übertragen ließen. Der Kläger geht insbesondere nicht auf die Erläuterung der Beklagten zum hier gegenständlichen Fahrzeug ein, wonach die AdBlue-Dosierfreigabe überhaupt erst bei Erreichung der „light-off Temperatur“ des Abgases bei ca. 180°C und deshalb unter den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfbedingungen – abhängig von der jeweiligen Ausstattung und dem Fahrwiderstand des Fahrzeugs – nach einigen Minuten freigegeben werde und bis dahin der SCR-Katalysator keine Wirkung entfalte, ohne dass die Grenzwerte überschritten würden. |
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| bb) Mithin kann auch eine Steuerung der Dosierungsberechnung im SCR-System, die nicht an eine Prüfstandserkennung anknüpft, nur dann ein (objektiv) verwerfliches Verhalten des Herstellers sein, wenn zu einem darin liegenden Verstoß gegen Art. 5 VO 715/2007/EG im Zusammenhang mit der Entwicklung weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Auch hier ist mindestens Voraussetzung, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung dieser Steuerung in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und einen darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Da dies bestritten ist, muss der Kläger dafür zumindest tatsächliche Anhaltspunkte vortragen und im Fall deren Bestreitens beweisen, aufgrund derer nähere Darlegungen der Beklagten veranlasst sein könnten. Daran fehlt es. Insoweit gelten die obigen Erwägungen zum Thermofenster und der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung im Wesentlichen entsprechend. |
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| (1) Der Kläger legt nicht dar, dass die – an sich prüfstandsneutrale – Änderung des Berechnungsmodus der AdBlue-Dosierung nach Ausstoß einer bestimmten Stickoxidmenge zu einem Zeitpunkt erfolgt, der darauf schließen ließe, dass sie allein zur Anpassung an den Testlauf gewählt sei. Es bleibt offen, zu welchem Zeitpunkt nach Ablauf des Prüfzeitraums (je nach den Umständen des Betriebs) mit der Umschaltung in die „Online“-Berechnung zu rechnen ist. |
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| (2) Es ist auch nicht zu erkennen, dass diese Umschaltung den Zweck gehabt haben sollte, eine im realen Betrieb möglichst selten zur Anwendung zu bringende Vorkehrung für den Prüflauf zu treffen, und deshalb ein Bewusstsein ihrer Unzulässigkeit vermuten lassen könnte. |
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| Der Kläger stellt nicht den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen der Gefahr eines umweltschädlichen Ammoniak-Schlupfes und einer Ungewissheit hinsichtlich des NH3-Füllstands im SCR-Katalysator, mithin der Möglichkeit einer unerkannten Überdosierung der Harnstoffeinspritzung, in Abrede. Danach spricht zunächst nichts dagegen, dass die Entscheidung der für die Beklagte handelnden Personen, im Lauf des Betriebs von einer zunächst etwa tendenziell höheren Dosierungsberechnung vorsorglich in einen geringer dosierenden Online-Berechnungsmodus zu wechseln, allein durch diese technischen Zusammenhänge veranlasst gewesen sein kann. Im Übrigen führt das Kraftfahrt-Bundesamt in dem auszugsweise vorgelegten Bescheid vom 23. Mai 2018 (Anlage K 8) zumindest aus, dass technisch nachvollziehbar sei und für sich nicht beanstandet werde, dass beim Betreib des SCR-Katalysators zwei unterschiedliche Betriebsarten zur Eindüsung von Reagens verwendet würden, nämlich Speicher- (Fill Level-) und Online- (Feed Forward-) Betrieb/Modus. |
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| Der Kläger wirft der Beklagten konkret lediglich vor, diese hätte einen bei der Entwicklung des SCR-Systems bereits vorliegenden Stand der Technik (Sensor gemäß Veröffentlichung einer Patentanmeldung EP 0 856 734 A2) verwenden können, der in der Lage gewesen sei, Ammoniak in einem NOx-haltigen Gas gezielt zu erkennen (und so die nach Behauptung der Beklagten zur Umschaltung in die vermeintlich geringer dosierende Online-Berechnung veranlassende Ungewissheit hinsichtlich des aktuellen Füllstands vermeiden können); darauf habe die Beklagte offenbar aus Kostengründen und wegen des geringen Volumens des AdBlue-Tanks verzichtet. Dieser – im Übrigen bestrittene und nicht unter Beweis gestellte – Vorwurf vermag kein Verwerflichkeitsurteil nach § 826 BGB zu tragen. Abgesehen davon, dass keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Motivation der Beklagten vorliegen, diese mithin eine unbeachtliche Spekulation bleibt, spräche selbst eine unterstellte Entscheidung der Beklagten, vorhandene technische Möglichkeiten (gegebenenfalls aus Kostengründen) nicht voll auszunutzen, noch nicht für ein Bewusstsein dahin, dass die gewählte Gestaltung der Emissionskontrolle nicht nur suboptimal, sondern sogar rechtlich unzulässig sei. |
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| Dem Vortrag des Klägers ist nach alledem jedenfalls nicht zu entnehmen, dass – insbesondere vor dem Hintergrund der Problematik des Ammoniak-Schlupfes – der von den Verantwortlichen der Beklagten gewählte, auf dem Prüfstand wie auf der Straße gleichermaßen verwirklichte Weg zweier Berechnungsmodi mit Umschaltung nach einer bestimmten Stickoxidmenge eindeutig und unzweifelhaft als unzulässig zu erkennen war. Ohne dass es noch entscheidend darauf ankäme, fehlt es insoweit zudem an (nicht bloß ins Blaue hinein gehaltenen, sondern durch Anhaltspunkte veranlassten) Angaben zum Ausmaß der angeblichen Reduzierung der Harnstoffeinspritzung im Online-Modus; namentlich bei durchschnittlich eher geringen Wirkungsunterschieden zwischen den beiden Berechnungsmodi lägen ein Bewusstsein der Unzulässigkeit und eine Absicht zur Täuschung der Genehmigungsbehörde bei der Emissionsprüfung besonders fern (siehe auch OLG Köln, Urteil vom 30. Juni 2021 - 5 U 254/19, juris Rn. 40; OLG München, Beschluss vom 1. März 2021 - 8 U 4122/20, juris Rn. 42). Erhebliche Auswirkungen auf die Emissionen wiederum liegen beim hier gegenständlichen Fahrzeug schon deshalb fern, weil das Kraftfahrt-Bundesamt die zunächst gerade wegen der Gestaltung des SCR-Systems ausgesprochene Rückrufanordnung für diesen Fahrzeugtyp zurückgenommen hat. |
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| (3) Eine – als Anhaltspunkt für eine billigende Inkaufnahme eines Gesetzesverstoßes in Betracht kommende – Verschleierung der vom beanstandeten SCR-Steuerung im Typgenehmigungsverfahren ist ebenfalls nicht dargetan. Der Kläger hält den Genehmigungsantrag lediglich insoweit für falsch, als er ihm die konkludente Erklärung entnehmen will, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut seien, indem eine Verwendung solcher Einrichtungen nicht angegeben worden ist. Dieses Verständnis der Angaben im Genehmigungsverfahren scheint schon nicht zutreffend. Unabhängig davon wäre es zirkelschlüssig, Anhaltspunkte für ein Bewusstsein der Rechtswidrigkeit daraus herzuleiten, dass die Beklagte im Genehmigungsverfahren nicht gerade die (rechtlich wertende) Aussage gemacht hat, es liege eine unzulässige Abschalteinrichtung beim SCR-System vor. Darin ein bewusstes Verschleiern einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu erkennen, würde zunächst voraussetzen, dass die Beklagte deren Unzulässigkeit erkannt hat. Dass die Beklagte positive falsche Angaben zum SCR-System gemacht oder dazu im Genehmigungsverfahren erfragte Details der Steuerung des SCR-Systems verschwiegen hat, was vermuten lassen könnten, sie sei sich dessen bewusst, dass die Offenlegung der wahren Gestaltung die Genehmigungsfähigkeit infrage stellen könnte, ist nicht vorgetragen. Es liegen auch keine Umstände vor, die wiederum auf derartige verschleiernde Handlungen der Beklagten schließen lassen könnten. |
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| (4) Schließlich beruft der Kläger sich ohne Erfolg darauf, dass nach vorläufiger Auffassung der Europäischen Kommission die Beklagten zusammen mit anderen produzierenden Unternehmen der Automobilindustrie zwischen 2006 und 2014 AdBlue-Dosierstrategien, Größen ihrer AdBlue-Tanks sowie die mit einer Tankfüllung möglichen Reichweiten in dem gemeinsamen Verständnis koordiniert haben sollen, dass sie dadurch den AdBlue-Verbrauch und die Wirksamkeit der Abgasreinigung begrenzten. Dieser Umstand gibt nichts dafür her, dass die Handelnden sich der Verwendung einer Abschalteinrichtung im Sinn von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG und deren Unzulässigkeit nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG bewusst gewesen seien. Der Kläger gibt auch keinen konkreten Zusammenhang zwischen der vermeintlichen Koordinierung und gerade einem solchen Element der Gestaltung des SCR-Systems in seinem (im Übrigen erst 2015 hergestellten) Fahrzeug an, das den hier eingeklagten Schaden in Form der Nachteile begründen würde, die sich daraus ergeben könnten, dass eine Stilllegung des Fahrzeugs oder – im Fall einer nachträglichen Anpassung des Fahrzeugs an die Anforderungen des Genehmigungsrechts – Wert- oder Leistungseinbußen drohen mögen. Die Beklagte hat im Übrigen unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die behördlichen Ermittlungen nicht auf die Verwendung vermeintlich unzulässiger Abschalteinrichtungen, sondern auf eine mögliche Einschränkung des Wettbewerbs im Hinblick auf die technische Entwicklung zielen. Nach alledem erlaubt der Vorwurf unzulässiger Absprachen über SCR-Gestaltungen auch nicht etwa unabhängig von der bewussten Billigung eines Verstoßes gegen das Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen die Bewertung, das Inverkehrbringen des Fahrzeugs sei verwerflich im Sinn eines Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 826 BGB), was die Rücksicht auf die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Interessen von (mittelbaren) Erwerbern angeht. |
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| (5) Auch hinsichtlich des SCR-Systems war nach alledem keine weitere Aufklärung nach § 142 ZPO, § 421 ZPO oder § 432 ZPO, durch Zeugenvernehmung oder Einholung einer amtlichen Auskunft insbesondere hinsichtlich der Antragsunterlagen zur Typgenehmigung oder Rückrufbescheiden angezeigt. |
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| d) Auch die Häufung der mehreren hier angeführten Steuerungselemente, die jeweils als unzulässige Abschalteinreichungen zu qualifizieren sein mögen, rechtfertigt nicht die Qualifikation des Verhaltens der Beklagten als sittenwidrig. |
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| Mit Blick auf die komplexen Zusammenhänge der Motorfunktion und die zumindest bis zum hier geltend gemachten Schadenseintritt gegebene Unklarheit der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen zur Emissionskontrolle ist die Verwendung der Mehrzahl der hier angeführten Vorrichtungen, die nicht evident unzulässigen Einfluss auf die Wirkung der Emissionskontrolle nehmen und sich in der Prüfstandssituation vorteilhaft auswirken mögen, noch kein Anlass – zudem unabhängig von der Billigung ihrer Unzulässigkeit durch die Beklagte – das Inverkehrbringen des Fahrzeugs als besondere verwerflich anzusehen. |
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| Eine Verletzung des Schutzgesetzes in § 263 Abs. 1 StGB liegt nicht vor. Die Verwirklichung des (subjektiven) Betrugstatbestands scheitert mit Blick auf den Schaden, der dem Kläger bei dem vorliegenden Gebrauchtwagenkauf entstanden sein soll, schon an dem Erfordernis der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, der mit dem verursachten Vermögensschaden „stoffgleich“ ist (siehe dazu BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 19 ff). Es fehlt darüber hinaus an dem objektiven Tatbestandsmerkmal einer Täuschung, also einem ein Verhalten des Täters, das objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen (BGH, Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1), und dem nach §§ 15, 16 Abs. 1 StGB erforderlichen Vorsatz hinsichtlich des objektiven Tatbestandsmerkmals der Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums des vermeintlich geschädigten Klägers. |
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| Wie ausgeführt ist nicht festzustellen, dass die für die Beklagte handelnden Personen sich der Unzulässigkeit einer etwa eingesetzten Abschalteinrichtung bewusst waren oder zumindest deren Möglichkeit erkannt und billigend in Kauf genommen haben. Dass Handlungen der für die Beklagte tätigen Personen, die bei dem Kläger die – unterstellt unzutreffende – Vorstellung erweckt haben mögen, das Fahrzeug genüge den zulassungsrechtlichen Vorschriften, von einem entsprechenden Vorsatz getragen waren, ist daher nicht zu erkennen (siehe nur OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Dezember 2020 - 3 U 101/18, MDR 2021, 233 [juris Rn. 69]; OLG Koblenz, Urteil vom 8. Februar 2021 - 12 U 471/20, BeckRS 2021, 1241 Rn. 65; OLG Köln, Urteil vom 2. April 2020 - 8 U 3/19, BeckRS 2019, 38788 Rn. 15). Ob es sich bei der Vorstellung über die Rechtskonformität des Fahrzeugs überhaupt um eine auf Tatsachen bezogene oder bestimmte Tatsachen umfassende Vorstellung oder – wie die Beklagte meint – eine bloße rechtliche Einschätzung handeln würde, die den Tatbestandsmerkmalen nach § 263 Abs. 1 StGB nicht unterfiele, muss nicht vertieft werden. Ebenso kann dahinstehen, ob seitens der Beklagten überhaupt Vorstellungen beim Käufer darüber hervorgerufen worden sind, dass nicht nur die Typengenehmigung erteilt ist, sondern die aus zu Recht geschehen ist und kein Widerruf droht (siehe dazu OLG Hamm, Urteil vom 28. Januar 2021 - 18 U 21/20, juris Rn. 80 ff). |
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| Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinn von § 823 Abs. 2 BGB setzt unter anderem voraus, dass sich im konkreten Schaden die Gefahr verwirklicht hat, vor der die betreffende Norm schützen sollte (vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 73 mwN). Daran fehlt es hier. |
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| Der Kläger stützt seien Schadensersatzanspruch darauf, dass er von der Beklagten zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit mit dem Erwerb des hier gegenständlichen Gebrauchtfahrzeugs veranlasst worden sei. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt weder im Aufgabenbereich von § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 74 ff; BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 11) noch im Aufgabenbereich von Art. 5 VO 715/2007/EG (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 12 ff). |
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| Es kann dahinstehen, ob sich im konkreten Schaden des Klägers, der das Fahrzeug erst als Gebrauchtwagen bei einem Dritten erworben hat, die Gefahr verwirklicht hat, vor der dieses Schutzgesetz im Sinn von § 823 Abs. 2 BGB schützen sollte. Es fehlt schon an einer beachtlichen Darlegung von Tatsachen, die geeignet wären, das objektive Tatbestandsmerkmal einer unwahren Angabe auszufüllen. Eine Verletzung des Straftatbestands nach § 16 Abs. 1 UWG würde zudem zumindest bedingten Vorsatz voraussetzen (vgl. § 15 StGB). Eine vorsätzliche Falschangabe betreffend die Wirkung der vorliegenden Ausgestaltung der Abgasreinigung ist insbesondere aus den oben dargelegten Gründen nicht in beachtlicher Weise dargelegt (siehe auch OLG München, Beschluss vom 1. März 2021 - 8 U 4122/20, juris Rn. 91). |
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