Urteil vom Landgericht Köln - 114 KLs 12/14
Tenor
Der Angeklagte T wird wegen Diebstahls in neun Fällen und wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
vier (4) Jahren und vier (4) Monaten
verurteilt.
Im Übrigen wird er freigesprochen.
Der Angeklagte R wird wegen Diebstahls in sechs Fällen und wegen Raubes sowie wegen Betruges in zwei Fällen und wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
vier (4) Jahren und vier (4) Monaten
verurteilt.
Im Übrigen wird er freigesprochen.
Die Angeklagte L wird wegen Beihilfe zum Diebstahl und wegen Hehlerei und wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
einem (1) Jahr und sechs (6) Monaten
verurteilt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen soweit sie verurteilt worden sind. Soweit die Angeklagten freigesprochen sind oder das Verfahren gegen sie gem. § 154 Abs. 2 StPO teilweise eingestellt worden ist, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeklagten.
Angewendete Vorschriften:
§§ 240 Abs. 1-3, 242 Abs. 1, § 243 Abs. 3 Nr. 3, 249 Abs. 1 und 2, 259 Abs. 1, 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1 Var. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2, 27, 49 Abs. 1, 52, 53 StGB.
1
G r ü n d e :
2(hinsichtlich des Angeklagten T abgekürzt nach § 267 Abs.4 StPO)
3I.
41.
5Der Angeklagte T wurde 08.01.1976 in Wiesbaden geboren. Sein Vater war Angehöriger der Volksgruppe der Roma, der Angeklagte ist es ebenfalls. Seine Mutter ist Deutsche. Der Angeklagte ist das jüngste von sieben Kindern: Er hat drei Schwestern und drei Brüder, von denen einer bereits verstorben ist. Von Freunden und Familienmitgliedern wird der Angeklagte mit seinem Spitznamen „T“ angesprochen.
6Der Angeklagte leidet unter einer chronischen Sinusitis.
7Der Angeklagte wuchs in Wiesbaden auf und wurde dort auch eingeschult. Im Alter von sieben oder acht Jahren kam der Angeklagte mit der Familie nach Köln und besuchte die Förderschule in der A-Straße. Er hatte stets Probleme beim Lesen und Schreiben und kam auch nach eigenen Angaben nie richtig mit. Die Schule besuchte er deshalb nur bis zur sechsten oder siebten Klasse.
8Mangels Schulbildung hat der Angeklagte bis heute keine berufliche Ausbildung. 1995/96 nahm er an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme teil und arbeitete in einem Gartenbaubetrieb als Hilfsarbeiter. Sodann betrieb er einen Kfz-An- und Verkauf, um sich finanziell „über Wasser zu halten“. Da dies nicht hinreichend erfolgreich war, meldete er sich beim Sozialamt und bezog Sozialleistungen. Er meldete sich schließlich beim Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) in Köln-Ehrenfeld, wobei es sich hier aber mehr um eine Meldeadresse handelte.
9Vor zwölf Jahren ging der Angeklagte mit der Angeklagten L nach Roma-Tradition die Ehe ein. Die Beziehung war aus seiner Sicht stets ein „Auf und Ab“, da die Familien der beiden nicht mit der Ehe einverstanden waren. Jedenfalls ist das älteste der drei Kinder der Angeklagten L, B., die leibliche Tochter des Angeklagten T.
10Nach eigenen Angaben des Angeklagten trinkt dieser seit dem Tod seines Vaters vor etwa fünf bis sechs Jahren regelmäßig Alkohol, zumeist kleine Flaschen Wodka (0,1 l).
11Der in der Hauptverhandlung verlesene Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten T vom 15.04.2014 enthält die folgenden Eintragungen:
121.
13Am 22.10.1996 wurde er vom Amtsgericht Köln (Az.: 650 Ls 134/96) wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in zwei Fällen und Betruges oder Unterschlagung zu einer Geldstrafe von 170 Tagessätzen zu je 15,00 DM verurteilt.
142.
15Am 14.03.1997 wurde er vom Amtsgericht Köln (Az.: 650 Ds 303/96) wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 19.03.1999 erlassen.
163.
17Am 22.03.2000 verurteilte ihn das Amtsgericht Köln (Az.: 532 Ds 417/99) wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die zunächst auf drei Jahre festgelegte Bewährungszeit wurde um ein weiteres Jahr verlängert, bevor die Strafe mit Wirkung vom 14.11.2006 erlassen wurde.
184.
19Mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26.06.2003 (Az.: 713 Ds 424/02) wurde der Angeklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 8,00 Euro verurteilt. Zudem wurde ihm eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis bis zum 25.09.2003 erteilt.
205.-7.
21Mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15.08.2007 (Az.: 613 Ls 89/07) wurde der Angeklagte wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen à 10,00 Euro verurteilt. Das Amtsgericht Köln verurteilte ihn zudem am 20.12.2007 (Az.: 713 Ds 168/07) wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10,00 Euro. Die Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis wurde bis zum 19.06.2008 festgelegt.
22Mit Beschluss vom 14.05.2008 wurde aus den beiden vorgenannten Urteilen nachträglich eine Gesamtgeldstrafe von 235 Tagessätzen zu je 10,00 Euro Geldstrafe gebildet und durch ergänzenden Beschluss vom 11.06.2008 die Sperre Fahrerlaubnis aufrecht erhalten.
238.
24Am 26.03.2009 verurteilte ihn das Amtsgericht Köln (Az.: 713 Ds 82/08) wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 10,00 Euro und erteilte eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis bis zum 06.04.2010.
259.
26Mit Strafbefehl vom 25.08.2010 – rechtskräftig seit dem 14.09.2010 – verurteilte das Amtsgericht Köln (Az.: 534 Ds 127/10) den Angeklagten T wegen Computerbetrugs in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten. Die Bewährungszeit, die zunächst bis zum 13.09.2012 lief, wurde um ein Jahr verlängert bis zum 13.09.2013.
27In den dazugehörigen Anklageschriften, auf die der Strafbefehl verweist, heißt es wie folgt:
28- Anklageschrift vom 17.03.2010 (534 Ds 127/10):
29„der Angeschuldigte hob am 30.09. 2008 gegen 12:30 Uhr an einem Geldautomaten der Sparkasse Köln/Bonn in Köln 150,00 € zulasten des Kontos des Zeugen und Geschädigten Ee aus Köln ab. Hierbei bediente sich der Angeschuldigte der EC-Karte des vorgenannten Zeugen, wobei der Angeschuldigte an die Karte in bislang nicht festgestellter Weise gelangt war. Zudem bediente der Angeschuldigte sich der Geheimnummer des Zeugen. Der Angeschuldigte handelte insgesamt unbefugt; insbesondere hatte der Zeuge von dem Verhalten des Angeschuldigten zunächst keine Kenntnis.“
30- Anklage vom 21.04.2010 (534 Ds 129/10):
31„Er [der Angeschuldigte] erreichte an folgenden Tagen und Urzeiten jeweils durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft, dass er von der Firma Weingarten, Friesenplatz 19 Waren erhielt:
32- 33
I. Am 20.05.2009 gegen 13.42 Uhr Waren zum Preis von 119,- €
- 34
II. am 22.05.2009 gegen 16.29 Uhr Waren zum Preis von 119,- €
- 35
III. am 22.05.2009 gegen 16.39 Uhr Waren zum Preis von 190,36 €
- 36
IV. am 22.05.2009 gegen 16.49 Uhr Waren zum Preis von 177,- €
- 37
V. am 22.05.2009 gegen 17.54 Uhr Waren zum Preis von 145,60 €
- 38
VI. am 22.05.2009 gegen 18.12 Uhr Waren zum Preis von 119,- €
- 39
VII. am 22.05.2009 gegen 18.13 Uhr Waren zum Preis von 103,20 €
- 40
VIII. am 22.05.2009 gegen 18.18 Uhr Waren zum Preis von 128,- €
- 41
IX. am 29.05.2009 gegen 15.49 Uhr Waren zum Preis von 51,80 €
- 42
X. am 29.05.2009 gegen 16.02 Uhr Waren zum Preis von 215,31 €
- 43
XI. am 29.05.2009 gegen 16.32 Uhr Waren zum Preis von 376,80 €
- 44
XII. am 29.05.2009 gegen 16.48 Uhr Waren zum Preis von 218,- €.
Die von ihm erteilten Lastschriften führten nicht zur Auszahlung der Beträge, da auf dem Konto Nr. #### bei der Z1-Bank, BLZ: ####, kein entsprechendes Guthaben vorhanden war.
46Zu diesem Zeitpunkt wusste er, dass er weder willens noch in der Lage war, die eingegangene Verpflichtung zu erfüllen.
47Der Angeschuldigte T hatte am 07.09.2007 vor dem Amtsgericht Köln in dem Verfahren 289 M 1483/07 die eidesstattliche Versicherung abgegeben.“
48- Anklage vom 05.05.2010 (534 Ds 155/10):
49„Der Angeschuldigte erreichte an folgenden Tagen und zu folgenden Zeiten jeweils durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft, dass er von der Firma Cf Waren erhielt, nämlich:
50- 51
I. am 30.05.2009 gegen 14.40 Uhr in der Filiale B Straße 215, einen Gutschein i.H.v. 80,- €
- 52
II. am 15.07.2009 gegen 11.27 Uhr, Filiale C Str. 369, eine Sonnenbrille zum Preis von 109,50 €
- 53
III. am 18.07.2009 gegen 14.40 Uhr in der Filiale D Hauptstraße 55, zwei Sonnenbrillen zum Gesamtpreis von 214,50 €
- 54
IV. am 20.07.2009 gegen 11:35 Uhr in der Filiale E Straße 34 a, 400,- €
- 55
V. am 20.07.2009 gegen 14.20 Uhr in der Filiale B Straße 3, eine Fassung und drei Sonnenbrillen zum Gesamtpreis von 598,50 €
- 56
VI. am 22.07.2009 gegen 15.13 Uhr in der Filiale F-Straße 4, eine Sonnenbrille zum Preis von 99,50 €.
Die von ihm erteilten Lastschriften führte nicht zur Auszahlung der Beträge, da das Konto Nr. 0620271004 bei der Z1-Bank (beim Fall Nr. 1) bzw. da das Konto Nr. #### bei der Sparkasse Y1 nicht die erforderliche Deckung auswiesen.“
582.
59Der Angeklagte R wurde am 15.03.1986 in Köln geboren. Gemeinsam mit seinen Eltern J. und L. R sowie seinen Geschwistern wohnte er bis ca. zu seinem 19. Lebensjahr in der G Straße 147 in Köln. Er hat zwei Brüder, P.R und S.R, sowie drei Schwestern, A1, A2 und A3. Der Vater des Angeklagten ist seit einigen Jahren herzkrank. Von Freunden und Familienmitgliedern wird der Angeklagte mit seinem Spitznamen „R“ angesprochen.
60Von 1992-1996 besuchte der Angeklagte die Grundschule H-Straße in Köln und von 1996-1998 die Orientierungsstufe der Hauptschule in der I-Straße in Köln. Diese Schule besuchte er sodann von1998-2002 bis zur neunten Klasse und verließ sie ohne Abschluss.
61Zwischen 2002 und 2004 übte er diverse Arbeiten in Köln aus. So war er von 2002-2003 Packer bei Ca und Cb. Danach arbeitete er bis 2004 als Raumpfleger in einem Autohaus und später noch kurze Zeit als Vertreter für Cd.
62Im Alter von 18 Jahren lernte er über seine Familie Frau Cg kennen, mit der er eine Beziehung einging. Nach etwa einem Jahr zogen die beiden gemeinsam nach Bremen in die J-Straße und später in die K-Straße 9. Frau Cg ging einer Arbeit nach, der Angeklagte arbeitete vornehmlich über eine Zeitarbeitsfirma. Er übte unterschiedliche Tätigkeiten aus, unter anderem arbeitete er in der Wurstfabrik Ch, bei CI und in einem Stahlwerk als Arbeiter. In seiner letzten Zeit in Bremen bezog er Sozialleistungen.
63Mit Frau Cg ging er die Ehe nach Roma-Art ein und am 10.5.2010 wurde der gemeinsame Sohn Cj geboren. Während seiner Zeit in Bremen hielt er regelmäßigen und engen Kontakt zu seiner Familie in Köln. Seine Ehe mit Frau Cg zerbrach nach sieben Jahren, als der Angeklagte etwa im Jahr 2011 seine jetzige Freundin Ck aus Münster kennenlernte. Der Angeklagte zog zurück nach Köln und führt mit Frau Ck seitdem eine Fernbeziehung. In Köln bezog er mit einem seiner Brüder eine Wohnung in der L Straße. Komplett eingerichtet wurde die Wohnung allerdings nicht; die beiden Brüder hielten sich weiterhin überwiegend in der Wohnung ihrer Eltern in der Straße M-Straße auf, in der auch ihre geistig behinderte Schwester A3 lebt.
64Aufgrund der Trennung von seiner Frau litt zunächst der Kontakt zu seinem Sohn. Dieser lebt mittlerweile mit seiner Mutter und deren neuem Lebenspartner in Hannover, wo ihn der Angeklagte regelmäßig besuchte. In den letzten Monaten vor seiner Verhaftung fuhr er nach eigenen Angaben mindestens alle zwei Wochen, häufig auch wöchentlich nach Hannover.
65Aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 28.04.2014 ergibt sich, dass der Angeklagte R strafrechtlich bereits wie folgt in Erscheinung getreten ist:
66Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Bremen vom 13.09.2011 (Az.: 86 Cs 696 Js 32279/11) – rechtskräftig seit dem 13.10.2011 – wurde er wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt. Diese Strafe wurde bereits bezahlt. Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zugrunde:
67„Beim Optiker Cl, N Str. 20, 50762 Köln, kaufte [er] im Lastschriftverfahren zu Lasten [seines] Kontos Nr. #### bei der X1-Bank, BLZ ####, Ware im Wert von 135,- €, ohne zur Kaufpreiszahlung mangels Kontodeckung bereit oder in der Lage zu sein.“
683.
69Die Angeklagte L wurde am 10.06.1974 in Cm in Polen geboren, wo sie auch aufwuchs und die Schule besuchte. Ihr Vater war Musiker, die Mutter Hausfrau. Die Angeklagte hat drei jüngere Geschwister, einen Bruder und eine Schwester, die zweite Schwester verstarb schon als Säugling. Zudem hat sie eine Halbschwester. Die Eltern trennten sich Ende der 1980er Jahre. Die Mutter ging mit den Kindern nach Deutschland, da sie deutscher Abstammung war. Die Angeklagte war damals etwa 13-14 Jahre alt. Nachdem sie zunächst einen Flüchtlingspass bekam, erhielt sie 1992 wie alle ihre Angehörigen einen deutschen Pass aufgrund der deutschen Abstammung.
70Die Angeklagte besuchte zunächst die Hauptschule in Köln-Worringen und sodann die Hauptschule in Mauenheim. Sie erreichte den Hauptschulabschluss der zehnten Klasse. Ab 1991 kümmerte sie sich zusammen mit der Mutter um die Betreuung der jüngeren Geschwister und der schwerstbehinderten Tante. Einen Beruf hat sie nie erlernt und nie abhängig gearbeitet. Sie absolvierte mehrere Praktika, unter anderem als Lageristin und als Verkäuferin, 2003 machte sie einen Lehrgang zur Nagelbearbeitung. Derzeit ist sie Hausfrau und lebt von Hartz IV sowie dem Kindergeld für ihre drei Kinder, die sie zur Zeit allein erzieht.
71Sie ist nach Roma-Art mit dem Angeklagten T verheiratet, wobei die Ehe stets schwierig war, da die Familien der beiden hiermit jeweils nicht einverstanden waren. 2005 wurde die gemeinsame Tochter B. geboren. In den Jahren 2008 und 2011 wurden B1 und B2 geboren. Über den jeweils leiblichen Vater dieser beiden Kinder machte die Angeklagte keine Angaben.
72Die Angeklagte wohnt mit den Kindern in der FF-Straße in Köln in einer kleinen Zweizimmerwohnung. Der Angeklagte T hielt sich zum Teil auch dort auf, wurde aber oftmals der Wohnung verwiesen. Die Mutter der Angeklagten, Frau H.L, lebt in der O-Straße 222. Sie leidet unter Arthrose und kann sich nur zum Teil um die Kinder kümmern. Die Kinder übernachten dort manchmal. Aufgrund des hiesigen Verfahrens ist das Jugendamt seit dem 18.1.2014 in die Betreuung der Kinder eingebunden, da der Vorwurf im Raum stand, dass die Kinder in kriminelle Handlungen einbezogen würden. Laut einem Bericht der Jugendamtsbetreuung kooperiert die Angeklagte gut und arbeitet konstruktiv mit dem Jugendamt zusammen.
73Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens in hiesiger Sache wurde die Angeklagte aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Köln vom 16.12.2013 (Az.: 505 Gs 2377/13) am 18.12.2013 festgenommen. Mit Verschonungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom 07.01.2014 wurde der Untersuchungshaftbefehl außer Vollzug gesetzt.
74Die Angeklagte ist ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszugs vom 28.04.2014 bereits strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
751.
76Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Köln vom 10.07.2006 (Az.: 707 Cs 101/06) wurde sie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Versicherungsschutz zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 40,00 Euro verurteilt.
772.
78Mit Urteil vom 29.11.2007 wurde sie vom Amtsgericht Köln (Az.: 708 Ds 23/07) wegen fahrlässigen Fahrens ohne Versicherungsschutz zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.
793.
80Mit Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 12.01.2009 (Az.: 62 Ls 178/08) – rechtskräftig seit dem 20.01.2009 – wurde die Angeklagte wegen gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit lief zuerst bis zum 19.01.2011 und wurde bis zum 19.01.2012 verlängert.
81Das Amtsgericht Bonn stellte zu dieser Tat Folgendes fest:
82„Die Angeklagte L mietete am 12.11.2008 einen Ford-Fiesta mit dem amtlichen Kennzeichen ###1 bei der Firma Cn in Bergisch Gladbach an. Am Tattage nahm die Angeklagte L nacheinander die anderen Angeklagten in Köln in das Fahrzeug auf. Gemeinsam fuhren sie nach Bonn, um dort Ausschau nach potentiellen Opfern zu halten, denen mittels sogenannter Zetteltricks stehlenswerte Gegenstände entwendet werden sollten, eine Vorgehensweise, die schon öfter von den Angeklagten praktiziert worden war. Nachdem sie gemeinsam Bonn-Duisdorf erreicht hatten, bemerkten sie die 78-jährige Geschädigte Ff, die mit zwei Einkaufstaschen in ihre Wohnung „P-Straße 11“ ging. Die Angeklagten C1, C2 und C3 verließen das Fahrzeug während die Angeklagte L zurück blieb. Die Angeklagte C1 bot der Geschädigten Ff ihre Hilfe an und verschaffte sich so Zutritt zu deren Wohnung. Im Wohnzimmer der Geschädigten bat sie diese, für sie einen Zettel auszufüllen, den sie anschließend in einen Briefkasten bei einer anderen Hausbewohnerin einwerfen wollte. Auf diese Weise sollte die Geschädigte von dem weiteren Tatgeschehen abgelenkt werden. Als nächste folgte die Angeklagte C2 in die Wohnung. Abrede gemäß stellte sich mit einem ausgebreiteten bunten Tuch so in die Tür des Wohnzimmers, dass die Geschädigte nicht mehr in den Flur und die weiteren Räume der Wohnung blicken konnte. Während dessen durchsuchte die Angeklagte C3 das Schlafzimmer der Geschädigten und entwendete dort eine verschlossene Kassette mit circa 8.000,00 Euro Bargeld und Papieren und aus einer Schmuckkassette zahlreiche Schmuckstücke im Wert von circa 7.000,00 Euro. Als die drei anderen Angeklagten sodann die Wohnung der Geschädigten Ff verlassen hatten und die Beute der Angeklagten L gefahrenen Fahrzeug verstaut hatten, wurden sie von der Polizei festgenommen. Die bei der Angeklagten C3 gefundenen Beutegegenstände sowie die übrigen entwendeten Schmuckstücke und die Geldkassette wurden von der Geschädigten später wiedererkannt und von der Polizei an diese ausgehändigt.“
834.
84Mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 23.02.2011 (Az.:528 Ds 689/10) – rechtskräftig seit dem 23.02.2011 – wurde die Angeklagte wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
85In der Urteilsbegründung verwies das Amtsgericht Köln auf die zugelassenen Anklagesätze. In der Anklage der Staatsanwaltschaft Köln vom 04.10.2010 (49 Js 848/10) hieß es:
86„Sie erreichte am 29.05.2010 gegen 16.09 Uhr durch Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft, dass sie von der Firma CO, Q-Straße 1 in Köln Ware zum Preis vom 112,70 Euro erhielt. Die von ihr erteilte Lastschrift führte nicht zur Auszahlung des Betrages, da auf dem Konto Nr. #### bei der Sparkasse Y1, BLZ: ####, kein entsprechendes Guthaben vorhanden war.
87Zu diesem Zeitpunkt wusste sie, dass sie weder willens noch in der Lage war, die eingegangene Verpflichtung zu erfüllen.
88Sie hatte am 28.05.2009 und am 29.05.2009 gegen 15.15 Uhr jeweils einen Kontoauszug erstellen lassen. Am 29.05.2009 gegen 15.22 Uhr hob sie einen Betrag von 700,00 Euro ab und hatte demnach bei ihrem Einkauf um 16.09 Uhr Kenntnis davon, dass das Konto für den beabsichtigten Einkauf keine genügende Deckung aufwies.“
89Die weitere Anklage der Staatsanwaltschaft Köln vom 04.10.2010 (49 Js 892/10) lautete wie folgt:
90„Sie erreichte am 09.06.2009 gegen 19.36 Uhr durch Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft, dass sie von der Firma CO, Q-Straße 1 in Köln Ware zum Preis vom 75,20 Euro erhielt.
91Die von ihr erteilte Lastschrift führte nicht zur Auszahlung des Betrages, da auf dem Konto Nr. #### bei der X1-Bank AG, BLZ: ####, kein entsprechendes Guthaben vorhanden war.
92Zu diesem Zeitpunkt wusste sie, dass sie weder willens noch in der Lage war, die eingegangene Verpflichtung zu erfüllen.
93Sie hatte am 24.05.2009 einen Kontoauszug erstellen lassen und war somit über den Kontostand informiert. Sie musste damit rechnen, dass das Konto bei ihrem Einkauf am 09.06.2009 keine genügende Deckung aufwies. Bereits im Vorfeld kam es mehrfach zu Rücklastschriften.“
945.
95Die Strafe aus dem vorgenannten Urteil wurde einbezogen in das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26.03.2012 (Az.: 617 Ls 50/11) – rechtskräftig seit 03.04.2012 –, durch das die Angeklagte wegen versuchten gemeinschaftlichen Diebstahls sodann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde. Die Vollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt; die Bewährungszeit läuft noch bis zum 02.04.2015.
96Das Amtsgericht Köln stellte zu dem Tatvorwurf des versuchten Diebstahls Folgendes fest:
97„Am 27.04.2010 gegen 10.00 Uhr begaben sich die Angeklagten gemeinschaftlich mit einem Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen ###2 nach Dortmund, um dort Taten nach dem beschriebenen Muster auszuführen. Nachdem sie zunächst an der Ruhrallee 95 nach einer günstigen Tatgelegenheit suchten, begaben sich die Angeklagten sodann zur GG-Straße 74. Dort schaute sich die Angeklagte C4 zunächst die Klingelschilder genau an und trat dann zurück auf den Bürgersteig, um sich die Fenster der Wohnungen eingehend anzuschauen. Sodann klingelte die Angeklagte C4 an der Hauseingangstür und wurde eingelassen. Die anderen Angeklagten warteten währenddessen auf ein Zeichen der Angeklagten C4 hin in dem in der Nähe abgestellten Mercedes. Die Angeklagte C4 verhinderte durch Vorschieben der Fußmatte ein Schließen der Haustüre, begab sich zur Wohnungstür der Geschädigten Steffen – geboren 1938 – im ersten Obergeschoss und klingelte dort. Als die Geschädigte die Tür öffnete, gab die Angeklagte C4 an, etwas bei den Nachbarn oben rechts abgeben zu müssen. Sie bräuchte dazu ein Kuvert und einen Kugelschreiber. Als die Geschädigte angab, sie habe beides nicht, sagte die Angeklagte C4 „Einen Kugelschreiber haben Sie doch wohl“. Die Geschädigte gab an, sie habe ihren Kugelschreiber beim Kreuzworträtsel leer geschrieben. Daraufhin bat die Angeklagte C4 um eine Plastiktüte und gab an, diese auch bezahlen zu wollen. Damit wollte sie erreichen, dass die Geschädigte zum Holen der Plastiktüte in die Wohnung gehen musste und dabei die Wohnungstür auf lassen sollte. Dann wollte sich die Angeklagte C4 in die Wohnung begeben und die Geschädigte weiter ablenken, so dass die Angeklagten C5 und L, die sich zu diesem Zweck bereits in den Hausflur begeben hatten und einen Treppenabsatz bereits tiefer standen, sich unbemerkt in die Wohnung schleichen und Wertgegenstände stehlen konnten. Die Geschädigte schloss aber entgegen des Tatplanes die Wohnungstür, bevor sie die Plastiktüte holte. Als sie die Tür wieder öffnete, gab die Angeklagte C4, die nunmehr bemerkt hatte, dass sie sich zu der Wohnung keinen Zutritt würde verschaffen können, an, diese nicht mehr zu benötigen und entfernte sich mit den Angeklagten C5 und L. Die Angeklagte L wartete währenddessen plangemäß abfahrbereit am Steuer des Mercedes, um eine schnelle Flucht zu ermöglichen.“
98Im Rahmen der Strafzumessung hieß es:
99„Bezüglich der Angeklagten L hat das Gericht die Freiheitsstrafe gem. § 56 Abs. 1 StGB unter Hintanstellung von Bedenken nochmals zur Bewährung ausgesetzt. Dabei hat das Gericht nicht übersehen, dass es sich bei der Angeklagten um eine Bewährungsversagerin handelt. Auf der anderen Seite wurde sie am 23.2.2011 vom Amtsgericht Köln zu einer Bewährungsstrafe verurteilt: Seit dieser Zeit ist […]; soweit für das Gericht ersichtlich; keine neue Straftat hinzugekommen. Das Gericht hofft daher, dass die Angeklagte auf diesem richtigen Weg weitergeht und zukünftig strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung treten wird. Es muss ihr aber klar sein, dass es sich insoweit um die letzte Chance handelt, die ihr die Rechtsordnung bieten kann. Bei weiteren Straftaten droht ein umgehender Bewährungswiderruf.“
100II.
101- 1.102
„Wasserwerker-Taten“
Im Jahr 2013 kamen die Angeklagten T (genannt „T") und R (genannt „R") überein, zukünftig gemeinsam oder mit anderen Personen Trickdiebstähle nach der sogenannten "Wasserwerker-Methode" zu begehen. Mindestens der Angeklagte T kannte diese Methode bereits aus dem Umfeld seiner Familie und seines Bekanntenkreises. Innerhalb der Familie sprach man, wenn derartige Taten anstanden, z.B. von „laufen gehen“ oder „aufs Geschäft gehen“.
104Der Tatplan zum Wasserwerker-Trick beinhaltet, dass Seniorinnen in ihren Wohnungen bestohlen werden, die zumeist aufgrund ihres hohen Alters bereits in ihrem Seh- und Gehvermögen eingeschränkt sind und daher besonders leichte Tatopfer darstellen. Die Wohnung der späteren Tatopfer werden oft vorher ausgespäht, so dass man zum Tatzeitpunkt bereits weiß, dass in der jeweils anvisierten Wohnung eine ältere Dame wohnt, die beispielsweise auf einen Rollator als fahrbare Gehhilfe angewiesen ist und auch sonst gebrechlich erscheint. Unter den Tätern wurden auch telefonisch Hinweise auf derartige Wohnungen ausgetauscht, z.B. mit den Worten man habe „altes Brot“ oder einen „Mini-Cooper“ (= Rollator) entdeckt. Sofern jemand mit einem Auto sich bereit erklärte, mit „laufen zu gehen“, wurde auch das Kölner Umland abgefahren.
105Die Tatplanungen der Angeklagten T und R sahen vor, dass einer der beiden Angeklagten an der Wohnungstür klingeln und sich gegenüber dem Tatopfer als Mitarbeiter der Wasserwerke ausgeben sollte. Zur Bekräftigung sollte ggf. den zumeist sehbehinderten Opfern irgendein kleiner „Ausweis“ oder eine Plastikkarte, auf der ein Firmenname stand, kurz vorgehalten werden. Unter dem Vorwand, in der Wohnung die Wasserleitungen überprüfen zu müssen, sollte er sich Zutritt zur Wohnung des Tatopfers verschaffen. Der Tatplan sah dabei vor, dass der erste Täter beim Betreten der Wohnung die Wohnungstür offen stehen lässt und das Tatopfer sodann ablenkt. Der zweite Mittäter sollte anschließend unbemerkt in die Wohnung gelangen, dort nach Wertgegenständen, insbesondere nach Bargeld und Schmuck, suchen und diese sodann entwenden.
106Dem Angeklagten T kam in der Regel die Rolle des "Diebes" zu, während der Angeklagte R nach dem gemeinsamen Tatplan als „Ablenker“ tätig wurde. Zeitweise nahmen noch weitere, gesondert verfolgte Mittäter teil, die bei der Tatausführung entweder ebenfalls eine der dargestellten Rollen übernahmen, als Fahrer fungierten oder das Umfeld absicherten. Ab September 2013 führte der Angeklagte T auch den Zeugen Cp als Mittäter ein. Die beiden hatten sich ab Mai 2013 an einem Kiosk in der Nachbarschaft des Cp kennengelernt. Anders als die anderen Täter war der Zeuge Cp nicht der Romanes-Sprache mächtig.
107Die Angeklagten T und R gingen im Tatzeitraum keiner geregelten Erwerbstätigkeit nach und hatten kein Einkommen. Sie beabsichtigten, sich durch die Begehung dieser Trickdiebstähle ihren privaten Lebensunterhalt zu finanzieren. Es gelang ihnen, sich im Tatzeitraum auf diesem Weg eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen.
108Seit Anfang 2013 stellten währenddessen die bei dem Polizeipräsidium Köln arbeitenden Beamten des Kriminalkommissariats 25 einen hohen Anstieg an „Wasserwerker-Kriminalität“ fest. Im Rahmen der Ermittlungsarbeiten fielen insbesondere die Familien T und Cq auf. In diesem Rahmen wurden bereits Überwachungsmaßnahmen durchgeführt, die aber noch nicht unmittelbar die im hiesigen Verfahren Angeklagten betrafen. Im Juni 2013 fiel bei zwei Taten ein Kfz, Opel Astra des P.L auf. Bei einer Fahrzeugkontrolle konnten als Insassen des von L gefahrenen Wagens der Angeklagte T sowie der Angeklagte R und dessen Bruder S.R festgestellt werden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 12.06.2013 (Az.: 505 Gs 1004/13) i.V.m. dem klarstellenden Beschluss vom 19.06.2013 (Az.: 505 Gs 1044/13) die längerfristige Observation der soeben genannten Fahrzeuginsassen sowie des Ct an. Ferner ordnete das Amtsgericht Köln auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 12.06.2013 (Az.: 505 Gs 1003/13) die Überwachung und Aufzeichnung der Fernmeldeverkehrs für den Anschluss ####/####, dessen Nutzer der Angeklagte T war, an. Die Aufschaltung der Telefonüberwachung erfolgte noch am selben Tag. Im Übrigen fanden im Rahmen der Ermittlungsarbeiten Durchsuchungen statt, von denen die Durchsuchung am 15.10.2013 an der Anschrift der C2 in der R- Straße 4, 50672 Köln, beruhend auf dem Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 15.10.2013 (Az.: 505 Gs 1715/13), für die Aufklärung in dem hiesigen Verfahren relevant wurde.
109Die Angeklagten T und R wurden am 15.10.2013 schließlich aufgrund der Ermittlungen festgenommen und befinden sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft.
110Nach dem vorab bereits dargestellten Schema kam es in der Zeit zwischen dem 14.03.2013 und dem 09.10.2013 zu den im Folgenden unter den Ziffern 1.1 bis 1.11 dargestellten konkreten Taten. In den Fällen 1.1 und 1.4 liegt insofern eine Abweichung von der oben dargestellten Methode vor, als dass der Angeklagte R sich Zutritt zu den Wohnungen verschaffte, ohne zuvor von dem Opfer hereingebeten worden zu sein.
1111.1 Köln, S Straße, Gg; Fall aus der Anklage 108 Js 12/14
112Der Angeklagte R begab sich am 14.03.2013 zusammen mit einem unbekannten Mittäter aufgrund eines zuvor gefassten Tatentschlusses zu dem Mehrfamilienhaus in der S Straße 288 in Köln, in dem die zur Tatzeit 90-jährige gehbehinderte Geschädigte Gg wohnt. Sie gelangten in das Treppenhaus. Der Angeklagte R klopfte an der Wohnungstür der Geschädigten, welche daraufhin die Tür einen kleinen Spalt breit öffnete. R hielt der Geschädigten einen angeblichen Ausweis vor und behauptete wahrheitswidrig, im Auftrag der Stadtwerke zu kommen. Er erklärte, er müsse wegen eines Wasserrohrbruchs die Wohnung betreten. Ohne jedoch von der Geschädigten hereingebeten worden zu sein, drückte er sodann gegen ihren Willen die Tür auf, sodass die Geschädigte mit ihrer Gehhilfe mit der Tür gegen die Garderobe gedrückt wurde und sich den Kopf stieß. Die Geschädigte fügte sich aufgrund dieses Verhaltens, gegen das sie sich wegen ihrer offensichtlichen körperlichen Unterlegenheit nicht wehren konnte, und ließ den Angeklagten, der sich bereits an ihr vorbei in den Flur gedrängelt hatte, in die Wohnung. Sie ging allerdings davon aus, dass der Angeklagte tatsächlich vom Wasserwerk komme.
113In der Wohnung veranlasste der Angeklagte R die Geschädigte, die Küche aufzusuchen und sich im hinteren Bereich an das Fenster zu stellen. Während er sodann an der Spüle hantierte und Scheinarbeiten verrichtete, kniete er so vor der Geschädigten, dass er ihr den Weg versperrte und sie die Küche nicht verlassen konnte. Währenddessen schlich sich der unbekannte Mittäter von der Geschädigten unbemerkt in die Wohnung und durchsuchte diese. Er entwendete aus der Geldbörse der Geschädigten im Wohnzimmer Bargeld in Höhe von 15,- Euro und aus dem Nachtschrank im Schlafzimmer ihren gesamten Schmuck, nämlich zehn Goldringe mit Steinbesetzung sowie zwei Goldketten im Gesamtwert von etwa 7.000,- Euro. Bei dem Schmuck handelte es sich um Erbstücke aus dem Nachlass der Mutter der Geschädigten sowie einen Ring ihres wenige Tage nach der Tat verstorbenen Ehemannes. Die Geschädigte litt jedenfalls in der Woche nach der Tat noch sehr unter dem Verlust der Erinnerungsstücke.
1141.2 Köln, T-Straße: Hh; Fall 12 der Anklage 108 Js 8/13
115Am 27.05.2013 gegen 12:30 Uhr suchte der Angeklagte T zusammen mit dem gesondert Verfolgten Cr aufgrund eines zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses das Wohnhaus der zur Tatzeit 82-jährigen Hh im T-Straße 9 in Köln-Heimersdorf auf. Dort klingelten der Angeklagte T und Cr an der Wohnungstür der Geschädigten, gaben sich als Handwerker aus und behaupteten wahrheitswidrig, sie müssten „das Wasser“ in der Wohnung wegen eines angeblichen Wasserrohrbruches in der Nachbarwohnung kontrollieren. Während sich der gesondert Verfolgte Cr gemeinsam mit der Geschädigten in die Küche begab und diese dort mit vermeintlichen Arbeiten am Wasserhahn ablenkte, durchsuchte T von der Geschädigten unbemerkt deren Schlafzimmer. Er entwendete eine Goldmünze der Firma Cs, eine goldene Damenarmbanduhr, eine goldene Kette mit Münzanhänger sowie mehrere Umschläge. In einem befanden sich mindestens 300,- € Bargeld, in den anderen Papiere der Geschädigten. Nach der Tat flüchteten beide Täter vom Tatort und teilten die Tatbeute untereinander auf.
116Die Geschädigte zeigte sich bei Anzeige der Tat am 27.5.2013 sehr betroffen über den Verlust der Gedenkmünze, da sie ein Erinnerungsstück an ihren verstorbenen Ehemann darstellte.
1171.3 Wesseling, U-Straße, Jj; Fall 1 der Anklage 108 Js 8/13
118Am 12.06.2014 begab sich der Angeklagte T gemeinsam mit den gesondert Verfolgten Cr und P.L nach Wesseling. Dort durchstreiften sie in dem Fahrzeug des P.L, einem Opel Astra mit dem amtlichen Kennzeichen K – GD 7123, zwischen 13:15 Uhr und 15:15 Uhr das Wesselinger Stadtgebiet auf der Suche nach geeigneten Wohnungen für den „Wasserwerker-Trick“.
119Zwischen etwa 13:20 und 14:45 Uhr gelangten der Angeklagte T und Cr in das Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses in der U-Straße 2, in dem auch die zur Tatzeit 69-jährige Geschädigte Jj wohnt. Der gesondert Verfolgte Cr klingelte an der Wohnungstür der Geschädigten und gab sich als Mitarbeiter der Stadtwerke aus. Er behauptete wahrheitswidrig, er müsse aufgrund von Problemen mit den Wasserleitungen alle Heizungen in der Wohnung der Geschädigten aufdrehen. Nachdem dies erfolgt war, lenkte Cr die Geschädigte im Badezimmer weiter ab, so dass – absprachegemäß - der Angeklagte T durch die geöffnete Wohnungstür unbemerkt in die Wohnung gelangen konnte und nach Wertgegenständen suchte. Er entwendete Bargeld in Höhe von 670,- Euro sowie Goldschmuck, namentlich fünf Anhänger, fünf Ringe, fünf Ketten und Ohrringe von unbekanntem Wert. Anschließend flüchteten T und Cr aus der Wohnung. Nach Verlassen des Tatorts teilten die Beteiligten die Tatbeute untereinander auf. Die Schmuckstücke, die der Angeklagte T erhielt, wurden in den darauffolgenden zwei Tagen in Köln verkauft. T gab den Erlös an seine Frau als Beitrag zum Familienunterhalt weiter.
1201.4 Köln, V-Straße, Kk; Fall 3 der Anklage 108 Js 8/13
121Am Nachmittag des 21.06.2013 durchstreiften die Angeklagten T und R die Kölner Innenstadt auf der Suche nach geeigneten Wohnungen und Opfern. Der Angeklagte T telefonierte mehrfach mit seiner Frau, der Angeklagten L, und hielt sie auf dem Laufenden, indem er sich darüber beklagte, dass man noch keine Beute gemacht habe und über kein Geld mehr verfüge. Er berichtete, dass er und „R“ frustriert seien.
122Kurz nach 16:00 Uhr begaben sich die Angeklagten T und R in die V-Straße in Köln. Auch hier wollten sie gemäß dem Tatplan nach der „Wasserwerker-Methode“ vorgehen. Sie klingelten an dem Haus V-Straße 88, wo u.a. auch die zur Tatzeit 90-jährige, stark seh- und gehbehinderte Kk wohnt. Diese drückte die Haustür auf und öffnete ihre Wohnungstür. Der Angeklagte R gab sich der Geschädigten gegenüber als Mitarbeiter der Stadtwerke aus und behauptete wahrheitswidrig, er müsse die Wasserleitungen überprüfen, während der Angeklagte T – von der Geschädigten unbemerkt - im Hausflur blieb. Die Geschädigte entgegnete dem R, dass bei ihr nichts zu überprüfen sei. Der Angeklagte R ignorierte dies jedoch und drängte sich in die Wohnung. Die Geschädigte konnte sich nicht wehren, da sie sich ohne ihren Gehstock, den sie nicht zur Hand hatte, unsicher fühlte, was sie auch äußerte. Der Angeklagte R nahm die Geschädigte daraufhin an der Hand und führte sie zu einem Stuhl im Wohnzimmer und drückte sie auf diesen herunter. Dabei sagte er: „Ich suche ihren Stock schon“. Die Geschädigte erwiderte: „Sie brauchen meinen Stock nicht suchen“, „Verschwinden Sie!“ und „Ich habe Sie da nicht für beauftragt“. Sie sagte sodann: „Ich suche meinen Stock schon.“ und versuchte, von dem Stuhl aufzustehen. Aufgrund eines spontanen Entschlusses fasste der Angeklagte R sodann die Geschädigte mit beiden Händen an den Unterarmen und drückte sie in den Stuhl zurück. Damit wollte er spätestens jetzt gezielt unterbinden, dass die Geschädigte ihn an der Wegnahme von Wertgegenständen aus der Wohnung hindern oder Hilfe herbeirufen konnte. Er begann sofort, die Wohnung nach Wertgegenständen und Bargeld zu durchsuchen. Die Geschädigte bemerkte dies und forderte ihn mehrfach mit den Worten „Verschwinden Sie!“ auf, die Wohnung zu verlassen. Sie stand nunmehr mühsam auf und folgte dem Angeklagten R in den Flur. Dort nahm sie wahr, dass der Angeklagte eine Schublade aufgezogen hatte, woraufhin sie „Was machen Sie hier“ und „Raus!“ rief. Der Angeklagte nahm die Geschädigte, die ohne ihren Stock alleine nur schwer gehen konnte, jedoch wieder bei der Hand und führte sie erneut zurück zu dem Stuhl im Wohnzimmer, fasste sie wieder an den Unterarmen und drückte sie nochmals zurück auf den Stuhl. Da sie ihren Stock immer noch nicht hatte, sah die Geschädigte keine Möglichkeit mehr, den ihr körperlich überlegenen Angeklagten aufzuhalten, der sodann auch ihr Schlafzimmer durchsuchte, wo er Bargeld entwendete. Zurück im Wohnzimmer sagte er dann zur Geschädigten: „Ich gehe schon“ und verließ die Wohnung. Er hatte aus einem Portemonnaie aus ihrer Tasche im Wohnzimmer und aus dem Schlafzimmer Bargeld in Höhe von insgesamt 200,00 € sowie aus der Schublade im Flur eine Anstecknadel aus 585-Gold von unbekanntem Wert an sich genommen.
123Der Angeklagte T hatte die gesamte Zeit vor der Wohnungstür gewartet und Wache gehalten, da er kein Zeichen bekommen hatte, dass er in die Wohnung unbemerkt hereinkommen konnte. Von dem Umstand, dass der Angeklagte R die Geschädigte Kk gegen deren Willen in den Stuhl gedrückt hatte, hatte der Angeklagte T keine Kenntnis.
124Nach der Tat flüchteten die beiden Angeklagten vom Tatort und teilten das Geld hälftig auf. T versetzte die Anstecknadel der Geschädigten noch an demselben Abend in Köln-Nippes.
125Die Geschädigte litt in der Folgezeit weniger unter dem Verlust des Geldes und der Anstecknadel. Vielmehr äußerte sie ihrem Sohn gegenüber, dass sie besonders unter dem Umstand leide, dem Täter so wehrlos ausgeliefert gewesen zu sein.
1261.5 Frechen, W-Straße, Ll; Fall 4 der Anklage 108 Js 8/13
127Am Nachmittag des 22.06.2013 begaben sich die Angeklagten T und R in Begleitung des gesondert Verfolgten P.L aufgrund eines zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses in dem Fahrzeug des L, dem Opel Astra mit dem amtlichen Kennzeichen ###3, nach Frechen. Sie wollten dort wieder eine Tat nach der Wasserwerker-Methode begehen und suchten zu diesem Zweck in der W -Straße 10, einem Hochhaus, die Wohnung der zur Tatzeit 69-jährigen Geschädigten Ll auf. Während P.L, der als Fahrer des Fahrzeugs fungierte, draußen vor dem Wohnhaus im Auto das Umfeld absicherte, klingelten die Angeklagten T und R gegen 16:10 Uhr an der Wohnungstür der Geschädigten, die auf einen Rollator als Gehhilfe angewiesen ist. Als die Geschädigte öffnete, behauptete der Angeklagte R wahrheitswidrig, sie seien wegen eines Wasserrohrbruchs vor Ort und benötigten Zugang zu der Wohnung der Geschädigten. Sie gewährte beiden Angeklagten daraufhin Zutritt. Während der Angeklagte R im Beisein der Geschädigten im Badezimmer Scheinarbeiten verrichtete, durchsuchte der Angeklagte T von der Geschädigten unbemerkt die Wohnung nach Wertgegenständen. Er entwendete aus dem Portemonnaie der Geschädigten Bargeld in Höhe von 65,- €. Anschließend flüchteten die Beteiligten gemeinsam vom Tatort und teilten die Tatbeute untereinander auf.
1281.6 Köln, X-Straße, Mm; Fall 5 der Anklage 108 Js 8/13
129Am 28.06.2013 gegen 09:30 Uhr suchten die Angeklagten T und R aufgrund eines bereits am Vortag gemeinsam gefassten Tatentschlusses die X-Straße in Köln auf. Der Angeklagte T hatte dem Angeklagten R am Vorabend von einer Wohnung dort berichtet, in der eine alte Dame - die zur Tatzeit 80-jährigen Geschädigte Mm - lebte. Sie klingelten an der Wohnungstür und behaupteten wahrheitswidrig und unter Vorhalt von angeblichen Ausweisen, sie müssten den Wasserzähler bei der Geschädigten ablesen. Während diese dem Angeklagten R Zutritt zur Wohnung gewährte, gab der Angeklagte T vor, noch etwas im Keller des Hauses überprüfen zu müssen. In der Folge lenkte R die Geschädigte in der Küche mit vermeintlichen Arbeiten an der Spüle ab. Währenddessen schlich sich T von der Geschädigten unbemerkt durch die geöffnete Wohnungstür in die Wohnung der Geschädigten und suchte dort nach Wertgegenständen. Er entwendete einen Koffer mit einer Münzsammlung, vier Armbanduhren, drei Damenringe, eine Goldkette mit Anhänger sowie ein Armband. Im Anschluss flüchteten die beiden Angeklagten zunächst getrennt vom Tatort, trafen sodann jedoch wieder zusammen und teilten sich die Tatbeute untereinander auf.
1301.7 Dormagen, Y Straße, Nn; Fall 7 der Anklage 108 Js 8/13
131Im Zeitraum zwischen Mitte und Ende September 2013 – der genaue Tag konnte nicht festgestellt werden – fuhren die Angeklagten T und R zusammen mit den gesondert Verfolgten Cp und Ct (genannt "Ct") in dem Fahrzeug des Ct nach Dormagen. Hier suchten sie dem gemeinsamen Tatplan entsprechend zunächst in einem Hochhausgebäudekomplex in der HH-Straße in Dormagen-Horrem nach geeigneten Seniorinnen, bei denen sie mit der "Wasserwerker-Methode" Wertgegenstände entwenden konnten. Gegen Mittag erreichten sie in Dormagen das Hochhaus in der Y Straße 78, in dem auch die zur Tatzeit 78-jährige schwerbehinderte und fast blinde Geschädigte Nn wohnt. Cp klingelte sodann absprachegemäß an der Wohnungstür der Geschädigten, die ihm zuvor von dem Angeklagten T gezeigt worden war. Als die Geschädigte öffnete, gab sich Cp wahrheitswidrig als Mitarbeiter der Firma Cu aus und behauptete, er sei wegen eines defekten Wasserrohres vor Ort und müsse die Leitungen in der Küche überprüfen. Während die Geschädigte sich daraufhin mit ihm in die Küche begab, schlichen sich die Angeklagten T und R durch die offen gelassene Wohnungstür in die Wohnung. Cp lenkte die Geschädigte in der Küche mit vermeintlichen Arbeiten ab, sodass die Angeklagten T und R die Wohnung nach Wertgegenständen durchsuchen konnten. Sie entwendeten Schmuck von unbekanntem Wert. Anschließend verließen alle drei den Tatort und wurden von Ct, der draußen im Wagen auf seine Mittäter gewartet hatte, im Anschluss daran nach Köln zurückgefahren. Die übrigen Beteiligten versetzten noch am Tattag den erbeuteten Schmuck, während Cp im Auto wartete. Von dem Gesamterlös in Höhe von mindestens 150,- € erhielt Cp einen Betrag in Höhe von 50,- €.
1321.8 Köln, Z-Straße, Dg; Fall 13 der Anklage 108 Js 8/13
133Am 27.09.2013 zwischen 16:00 Uhr und 16:15 Uhr begaben sich der Angeklagte T und der gesondert Verfolgte Cp aufgrund eines zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses zu der Anschrift Z-Straße 56 in Köln-Kalk, wo die zur Tatzeit 87-jährige seh- und hörbehinderte Geschädigte Dg wohnhaft ist. Der Angeklagte T hatte die Wohnung, die gegenüber der Grundschule seiner Tochter B. liegt, zuvor ausgespäht. Auf Anleitung des T klingelte nun Cp entsprechend dem Tatplan an der Wohnungstür der Geschädigten und gab sich ihr gegenüber unter Vorhalt eines angeblichen Ausweises als Wasserwerker aus. Er behauptete wahrheitswidrig, er müsse die Wasserleitungen im Haus kontrollieren. Die Geschädigte gewährte Cp daraufhin Zutritt in ihre Küche. Während er dort vermeintliche Arbeiten durchführte und die Geschädigte auf diese Weise ablenkte, schlich sich der Angeklagte T von der Geschädigten unbemerkt durch die offen gelassene Wohnungstür in die Wohnung und durchsuchte das Schlafzimmer nach Wertgegenständen. T entwendete aus einer Kommode eine Gedenkmedaille, eine Goldkette („500-Gold“), zwei goldene Eheringe, eine dreireihige Korallenkette, einen goldenen Damenring mit Aquamarinstein, ein Armband aus Rotgold, ein Armband aus Gold (333), einen „Türkis-Anhänger aus „500-Gold“, einen Brillantanhänger mit Kette aus Gold, einen Bernstein-Ohrring und eine lange Goldkette. Der Schmuck hatte einen Gesamtwert von etwa 2.000,- €. Im Anschluss flüchteten die Beteiligten vom Tatort. T versetzte die Tatbeute und übergab von dem Verkaufserlös am Abend einen Betrag in Höhe von 50,- € an Cp.
134Die Geschädigte Dg zeigte den Trickdiebstahl zunächst aus Scham nicht bei der Polizei an, konnte aber im weiteren Verlauf über polizeiliche Ermittlungen, nämlich über die Verteilung von Flugblättern im Bereich des vermeintlichen Tatorts, als Tatopfer ermittelt werden.
1351.9 Köln, AA-Straße, D1; Fall 8 der Anklage 108 Js 8/13
136Am 04.10.2013 begaben sich die Angeklagten T und R gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten Cp aufgrund eines zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses in die AA-Straße in Köln. Die ins Auge gefasste Wohnung in der Hausnummer 4 hatte der Angeklagte T zuvor ausgekundschaftet. Man gelangte ins Treppenhaus des Mehrfamilienhauses und Cp klingelte auf Hinweis des T an der Wohnungstür bei der zur Tatzeit 75-jährigen Geschädigten D1 und behauptete wahrheitswidrig, er sei von der Firma Cu und komme wegen des Rohrbruchs in der Küche. Während die Geschädigte dem gesondert Verfolgten Zutritt zur Küche gewährte, schlichen sich die Angeklagten T und R von der Geschädigten unbemerkt durch die offenstehende Wohnungstür in die Wohnung. Cp lenkte die Geschädigte mit vermeintlichen Arbeiten in der Küche ab. Die Angeklagten T und R durchsuchten währenddessen die Wohnung nach Wertgegenständen und entwendeten aus dem Schlafzimmer sämtlichen Goldschmuck der Geschädigten, darunter auch den Ehering ihres verstorbenen Mannes. Im Anschluss flüchteten alle Beteiligten vom Tatort. T und R versetzten den Schmuck noch am Tattag. Cp erhielt aus dem Verkaufserlös am Abend einen Betrag in Höhe von 50,- € von dem Angeklagten T ausgehändigt.
137Die Geschädigte zeigte den Vorfall aus Scham nicht an, sie wurde erst ermittelt, nachdem der Zeuge Cp der Polizei von der Tat berichtete. Die genaue Anzahl der Schmuckstücke und der Wert des Schmucks konnten aufgrund der Demenz der Geschädigten nicht mehr ermittelt werden.
1381.10 Köln, BB-Straße, Familie Pp; Fall 9 der Anklage 108 Js 8/13
139Am Mittag des 09.10.2013 trafen sich alle drei Angeklagten und der gesondert Verfolgte Cp in der Wohnung der Eltern der Angeklagten L in der O-Straße in Köln. Es wurde gemeinsam geplant, wieder eine „Wasserwerker-Tat“ zu begehen. Der Angeklagte T oder andere Personen hatten ein bestimmtes Haus ausgespäht. Die Angeklagte L erklärte sich in Kenntnis des Vorhabens bereit, die anderen drei Täter zum Tatort fahren. In Ausführung dieses Planes fuhren die Angeklagten R und T in Begleitung des gesondert Verfolgten Cp mit einem von der Angeklagten L gesteuerten Ford Ka am Nachmittag zu dem Einfamilienhaus der Familie Pp, BB-Straße 21, in Köln. Dort befindet sich im Untergeschoss auch die Wohnung der zur Tatzeit 92-jährigen, fast blinden und demenzkranken B.Pp. Dort angekommen klingelten der Angeklagte R und Cp um 14:52 Uhr absprachegemäß an der Wohnungstür der B.Pp. Als die Geschädigte öffnete, gab sich der Angeklagte R als Chef der Firma Cu aus und behauptete wahrheitswidrig, er müsse gemeinsam mit seinem Kollegen wegen eines Wasserrohrbruchs die Wasseranschlüsse im Haus überprüfen. Während Cp gemeinsam mit der älteren Dame deren Küche aufsuchte und sie dort ablenkte, begaben sich die Angeklagten R und T in das Obergeschoss, in dem sich die Wohnung der Geschädigten R. und V.Pp befindet. Dort durchsuchten beide das Schlafzimmer nach Wertgegenständen und entwendeten eine Vielzahl von Schmuckstücken und eine Uhr. Es handelte sich um zwei goldene Halsketten, zwei goldene Kollierketten, weitere drei Damenhalsketten, eine Kette mit rundem Anhänger, ein Anhänger mit Rubin, ein Anhänger (Amethyst), eine Perlenkette, eine goldene und eine vergoldete (Silber-) Kette, ein weiterer Anhänger, fünf Goldringe mit Steinen, zwei Armbänder, eine goldene Brosche mit Perle, ein Paar Rubinohrstecker, zwei Paar Ohrringe aus Silber, zwei Paar Ohrstecker und ein Anhänger aus Gold mit Zirkoniastein. Insbesondere entwendeten T und R auch eine Damenarmbanduhr der Marke RADO im Wert von 1.950,- DM (ca. 997,- €). Insgesamt hatten der entwendete Schmuck und die Uhr einen Gesamtwert von ca. 11.700,00 €.
140Noch während T und R mit der Durchsuchung des Schlafzimmers beschäftigt waren, kehrte die Schwiegertochter der B.Pp, die Geschädigte N.Pp, nach Hause zurück, ging sofort in das Obergeschoss des Hauses und überraschte die beiden Angeklagten. Diese ergriffen daraufhin unvermittelt mit der Beute die Flucht. Auch Cp verließ daraufhin umgehend das Untergeschoss.
141Die Angeklagten T und R flohen zunächst vorweg und trafen kurz nach der Tat wieder mit der Angeklagten L zusammen. Cp nahm telefonischen Kontakt zu den Angeklagten auf und man traf sich später am Tag wieder.
142Die Tatbeute sollte nach dem ursprünglichen Tatplan eigentlich unter T, R und Cp aufgeteilt werden. Die Angeklagten T und R verschwiegen nach der Tat vor dem gesondert Verfolgten Cp jedoch, dass sie Schmuck erbeuten konnten. T erzählte ihm stattdessen, dass wegen der Flucht keine Wertgegenstände entwendet werden konnten.
1431.11 Köln, BB-Straße, Familie Pp; Fall 10 der Anklage 108 Js 8/13
144Noch am Nachmittag des 09.10.2013 erhielt die Angeklagte L von T und R die im vorgenannten Fall erbeutete Damenarmbanduhr der Marko RADO. In Kenntnis des Umstandes, dass die Uhr aus der Tat stammte, veräußerte die Angeklagte sie an eine Tante, die gesondert verfolgte und inzwischen verstorbene C2. Von dem ausgehandelten Kaufpreis in Höhe von 130,00 €, erhielt die Angeklagte 100,00 €. Der Rest sollte später bezahlt werden.
145Die Familie Pp bekam die RADO-Uhr und zwei bis drei eher wertlose Ketten zurück. Letztere wurden ebenfalls bei Durchsuchungsmaßnahmen gegen Familienmitglieder der Angeklagten gefunden und sichergestellt. Die Versicherung kam nicht für den Schaden auf, da die Täter nicht gewaltsam in die Wohnung eingedrungen sondern herein gelassen worden waren.
146- 2.147
Taten zulasten der Geschädigten Cv; Fälle 14 und 15 der Anklage 108 Js 8/13
Darüber hinaus veranlassten die Angeklagten T und R im Herbst 2012 die zu diesem Zeitpunkt 63-jährige Zeugin C. Cv, ein Konto bei der X1-Bank in Köln zu eröffnen. Sie beabsichtigten, dieses Konto für ihre eigenen Zwecke zu benutzen.
149Die langjährig alkoholabhängige Zeugin steht unter Betreuung, da sie geistig beeinträchtigt ist. Zudem ist sie erheblich sehbehindert. Ihre geschäftlichen Angelegenheiten regelt ihre gesetzliche Betreuerin, die Zeugin Cw, die auch ihr Konto bei der Sparkasse und die darauf eingehenden Sozialleistungen verwaltet. Die Zeugin Cv wohnt im selben Haus wie die Mutter des Angeklagten T, Frau Q. T. Bereits im Vorfeld zu den hier in Rede stehenden Taten hatte der Angeklagte T aus der Wohnung der Zeugin Cv einen neuen Flachbild-Fernseher mitgenommen und gegen einen alten, kleineren Fernseher ausgetauscht, ohne dass Frau Cv sich hiergegen zur Wehr gesetzt hätte. Die Zeugin Cw wurde jedoch kurze Zeit später hierauf aufmerksam. Sie sprach die Mutter des Angeklagten auf diesen Vorfall an, die bat, von einer Anzeige abzusehen. Da der Angeklagte T den Fernseher daraufhin auch zu der Geschädigten Cv zurückbrachte, sah die Zeugin Cw von einer Anzeigeerstattung ab. Der Angeklagte T war hierdurch jedoch auf die Geschädigte als geeignetes Tatopfer gekommen, da er ahnte, dass diese nicht die Tragweite des Geschehens um eine Kontoeröffnung würde erfassen können.
150In Ausführung ihres Tatplanes begaben sich die Angeklagten T und R im Oktober 2012 gemeinsam mit Frau Cv zu der Filiale der X1-Bank am JJ-Straße, regelten dort die Modalitäten und ließen die Zeugin Cv die Kontounterlagen unterschreiben, ohne dass diese die Hintergründe überhaupt verstand. Es war nie beabsichtigt, dass auf diesem Konto Gelder eingehen sollten, da den Angeklagten bekannt war, dass die Zeugin Cv über kein Vermögen verfügte. Vielmehr wollten die Angeklagten die Existenz des Kontos nutzen, um von diesem ohne Deckung Zahlungen tätigen zu können.
151Am 06.11.2012, nach Erhalt einer EC-Karte, begaben sich die Angeklagten T und R dementsprechend gemeinsam mit der Zeugin Cv zunächst zu einem Optiker und im weiteren Verlauf zu einem Supermarkt in Köln, um die EC-Karte dort durch die Zeugin betrügerisch im Lastschriftverfahren einsetzen zu lassen. Dabei war ihnen klar, dass die Zeugin Cv aufgrund ihrer Sehbehinderung und ihrer geistigen Verfassung gar nicht begriff, was der Einsatz der Karte bedeutete. Diesen Zustand nutzten die Angeklagten bewusst aus. Aufgrund ihres gemeinsamen Tatplans kam es dementsprechend am 06.11.2012 zu folgenden Einkäufen mit der EC-Karte, mit denen die Angeschuldigten beabsichtigten, ihren Lebensunterhalt mit Einkäufen für sich oder die Familie zu bestreiten:
1522.1 Fall 14 der Anklage 108 Js 8/13
153Gegen 18:30 Uhr am 6.11.2012 suchten die Angeklagten T und R gemeinsam mit der Zeugin Cv die Filiale des Optikers Cf in der B Straße 215 in Köln auf. Dort hatte sich der stark kurzsichtige Angeklagte R bereits Wochen zuvor eine Brille bestellt, die er nunmehr abholte und zur Bezahlung des Kaufpreises in Höhe von 432,50 € die Zeugin Cv den entsprechenden Lastschriftbeleg unterschreiben ließ. R wusste, dass das entsprechende Konto keine Deckung aufwies. Der Angeklagte T hielt sich in Kenntnis aller Umstände ebenfalls im Ladenlokal auf, da er den persönlichen Kontakt zu der Zeugin Cv hergestellt hatte. Die Angestellte der Firma Cf, die die EC-Karte entgegennahm, ging hingegen davon aus, dass das zur EC-Karte gehörige Konto über hinreichende Deckung verfüge.
1542.2 Fall 15 der Anklage 108 Js 8/13
155Noch am selben Tag begaben sich die Angeklagten T und R mit der Zeugin zu der Ca-Filiale in der DD-Straße 245 in Köln-Niehl. Dort kauften sie um 20:00 Uhr zwei Flaschen Cognac der Marke Remy Martin und eine Packung Pampers. Zur Bezahlung des Gesamtkaufpreis in Höhe von 68,77 € legten sie an der Kasse wieder die EC-Karte der X1-Bank vor und ließen die Zeugin unterschreiben, obwohl sie wussten, dass das entsprechende Konto keine Deckung aufwies. Die Zeugin begriff gesundheitsbedingt nicht, dass sie Kontoinhaberin war. Die Kassiererin der Firma Ca, die Zeugin Cx, ging davon aus, dass das zur EC-Karte gehörige Konto über hinreichende Deckung verfüge.
156Nachdem die X1-Bank das Konto mangels Geldeingängen sperren ließ, erhielt die Zeugin Cw aus der Post der Zeugin Kenntnis von den Vorgängen. Die oben dargestellten Bezahlungen per EC-Karte waren jeweils rückbelastet worden. Die X1-Bank stellte der Zeugin Cv im Zuge der sodann erfolgten Auflösung des Kontos ca. 100 EUR Bearbeitungsgebühren in Rechnung. Die Angeklagten T und R händigten der Zeugin Cv in der Hauptverhandlung gemeinsam 102,00 EUR in bar als Erstattung dieser Unkosten auf. Die Forderungen der Firma Cf und der Firma Ca wurden nicht bezahlt.
157- 3.158
Tat zulasten des Geschädigten Cp; Fall 17 der Anklage 108 Js 8/13
Am 05.12.2013 traf die Angeklagte L zusammen mit der gesondert Verfolgten Y. C4 in Köln an der Bushaltestelle KK-Straße auf den Geschädigten Cp. Dieser hatte als Mitbeschuldigter am 15.10.2013 und am 28.10.2013 im Rahmen von Vernehmungen bei der Polizei jeweils Angaben zu Trickdiebstählen unter Beteiligung der Angeklagten T, L und weiteren Tatbeteiligten gemacht. Die Angeklagte L forderte den Geschädigten Cp bei dem Zusammentreffen schreiend auf, seine Aussage bei der Polizei zurückzunehmen, anderenfalls würde ihm etwas Schlimmes passieren. Damit wollte sie den Zeugen gezielt einschüchtern, um ihn zu einer Rücknahme derselben bei der Polizei zu bewegen. Zudem erklärte sie schreiend, er solle darauf achten, was er mache und schön aufpassen, wenn er seine Aussage nicht zurücknehmen werde. Weiterhin warf sie dem Geschädigten vor, dass sie aufgrund seiner Aussage den Angeklagten T nicht in der JVA besuchen dürfe. Sie drohte dem Geschädigten zudem, sollte sie wegen seiner Aussage "ins Gefängnis" gehen, werde er das bereuen. Sie habe eine richtig große Familie. Wenn sie die informiere, könne der Geschädigte "laufen" gehen. Der Zeuge Cp bekam Angst, da die Angeklagte mehrfach mit ihrer Familie drohte und der Zeuge Cp in dieser Hinsicht die konkrete Befürchtung hatte, dass er von Familienmitgliedern tätlich angegriffen werden könne. Er ließ sich jedoch auf die Forderung, er solle seine Aussagen zurücknehmen nicht ein, sondern erstattete wenige Tage später eine Anzeige gegen die Angeklagte.
160- 4.161
Einsichts- und Steuerungsfähigkeit
Bei keiner der unter II. 1 bis II. 3 aufgeführten Taten war einer der Angeklagten unfähig, das Unrecht der Tat einzusehen bzw. nach dieser Einsicht zu handeln. Die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten war auch bei keiner Tat aus einem der in §§ 20, 21 StGB bezeichneten Gründe erheblich vermindert. Insbesondere war auch der Angeklagte T nicht derart alkoholisiert, dass er sich in einem seine Schuld mindernden oder gar ausschließenden Zustand befunden hätte. Seinen eigenen Angaben zufolge hatte der etwaige vorherige Konsum von Alkohol bei der Tatbegehung allenfalls zur Folge, dass er ruhiger wurde und konzentrierter „arbeiten“ konnte. Der Angeklagte T beging die Taten auch nicht primär zur Finanzierung seines Alkoholkonsums.
163III.
164- 165
1.
Die Feststellungen unter I. zur Person der Angeklagten und ihrem bisherigen Werdegang beruhen jeweils auf deren eigenen glaubhaften Einlassungen. Die Angeklagten haben die entsprechenden Verteidigererklärungen bestätigt, sich diese zu eigen gemacht und sodann selbst zu ergänzenden Fragen Stellung genommen. Zudem beruhen die Feststellungen zu den Vorstrafen auf den Auskünften aus den jeweils verlesenen Bundeszentralregisterauszügen, die die Angeklagten als richtig anerkannt haben, sowie auf den auszugsweise verlesenen Vorverurteilungen. Die Angaben der Angeklagten zu ihren persönlichen Verhältnissen decken sich mit den Erkenntnissen aus den polizeilichen Ermittlungen, zu denen die Zeugen KHK D, KHK C und KHK E glaubhaft bekundet haben.
1672.
168a)
169Die Feststellungen unter II. zur Sache beruhen hinsichtlich der Taten des Angeklagten T im Wesentlichen auf dessen umfassendem Geständnis. Er legte dies zu Beginn der Hauptverhandlung ab, nachdem er, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft einem Verständigungsvorschlag der Kammer i.S.d. § 257c StPO zugestimmt haben. Die Kammer hat in der Folgezeit im Rahmen der Beweisaufnahme das Geständnis kritisch überprüft, es für glaubhaft befunden und den Eindruck gewonnen, dass der Angeklagte T im Rahmen seiner Möglichkeiten bei seiner geständigen Einlassung insgesamt um Aufklärung bemüht war. Bereits in einem frühen Stadium der Hauptverhandlung hat er seine eigenen Tatbeiträge im Hinblick auf sämtliche Taten vollumfänglich eingeräumt und noch offene Fragen hierzu beantwortet und im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung seine Einlassung präzisiert, soweit dies seine Erinnerung zuließ. Dass der Angeklagte sich grundsätzlich nur in sehr geringem Umfang an die Beute und an die entsprechenden Erlöse aus der Beuteverwertung erinnern konnte, hielt die Kammer angesichts der Vielzahl der gleichgelagerten Taten für nachvollziehbar. So hat der Angeklagte T aber eingeräumt, dass er die Beute, bzw. seinen Anteil an der Beute fast immer unmittelbar im Anschluss an die jeweilige Tat selbst verwertet habe. Dass der Angeklagte T grundsätzlich keine Angaben zu etwaigen Tatbeiträgen der Mitangeklagten L gemacht hat, führt nicht dazu, dass die Kammer seinen Angaben geringeren Wert zuschreibt. Vielmehr ist nachvollziehbar, dass die Einlassungsbereitschaft des Angeklagten hier ihre Grenze fand: Er ist mit der Mitangeklagten L nach Roma-Art verheiratet und hat mit ihr mindestens ein gemeinsames Kind. Dass er sie nicht gleichsam „ans Messer geliefert“ hat, ist vor diesem Hintergrund verständlich. Im Übrigen beruhen die Feststellungen zur Beteiligung des Angeklagten T an den jeweiligen Taten auf den übrigen Beweisergebnissen, auf die noch im Einzelnen nachfolgend eingegangen wird.
170b)
171Mit dem Angeklagten R hat es keine Verständigung im Sinne des § 257c StPO gegeben, da er einem Vorschlag der Kammer nicht zugestimmt hat. Im Verlauf der Hauptverhandlung hat der Angeklagte sich jedoch in noch näher darzustellendem Umfang teilweise geständig eingelassen. Der Angeklagte hat sich zunächst die durch seinen Verteidiger abgegebene Erklärung zu eigen gemacht und sie als zutreffend bestätigt. Sodann hat er auf Befragen weitere Angaben gemacht und diese im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung immer wieder ergänzt. Inwieweit die Kammer in den einzelnen Fällen der jeweiligen Einlassung des Angeklagten R zu folgen vermochte, wird im Folgenden am Einzelfall unter III. 3. und 4. näher erörtert werden.
172c)
173Mit der Angeklagten L ist ebenfalls keine Verständigung im Sinne des § 257c StPO zustande gekommen. Aber auch sie hat sich in noch näher darzulegendem Umfang im Verlauf der Hauptverhandlung während laufender Beweisaufnahme sodann überwiegend geständig eingelassen. Die Angeklagte hat sich zunächst die durch ihre Verteidigerin abgegebene Erklärung zu eigen gemacht und diese als zutreffend bestätigt. Sodann hat sie auf Befragen weitere Angaben gemacht.
1743.
175Die vorangestellten allgemeinen Feststellungen unter II. zu der sogenannten „Wasserwerker-Methode“ beruhen im Wesentlichen auf den geständigen Einlassungen des Angeklagten T, die sich in die übrigen Beweisergebnisse einfügen. Insbesondere werden sie bestätigt durch die glaubhaften, übereinstimmenden Angaben der Zeugen KHK C, KHK D und KHK E, die umfassend zu den Ergebnissen der polizeilichen Ermittlungsarbeit bekundet haben, sowie durch die glaubhaften Angaben des Zeugen Cp, der selbst zum Teil als Mittäter bei einigen Taten fungierte. Die Feststellung der Absicht der Angeklagten T und R, sich durch wiederholte Tatbegehungen eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen, beruht auf ihren geständigen Einlassungen sowie aus einer Gesamtschau der übrigen Beweisergebnisse. So verfügten die beiden Angeklagten über keine feste Einnahmequelle, und streiften – wie sich etwa aus dem gemäß § 251 Abs.1 Nr.1 StPO verlesenen Observationsbericht vom 21.06.2013 ergab – mitunter mehrere Stunden am Tag durch die Straßen auf der Suche nach Gelegenheit zur Tatbegehung. Bestätigt wird dies hinsichtlich des Angeklagten T auch durch die Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung, namentlich die beispielhaft durch Abspielen in Augenschein genommenen Telefonate vom 21.06.2013 mit den folgenden Zuordnungsnummern:
176- Dd (14:14:23 – 14:16:17 Uhr),
177- Cc (15:26:11 – 15:28:11 Uhr),
178- Bb (16:53:55 – 16:55:08 Uhr),
179- Aa (16:58:54 – 17:00:48 Uhr).
180Diesen Telefonaten, deren Inhalt der Angeklagte T bestätigt hat, sind Gespräche zwischen ihm und der Angeklagten L zu entnehmen, bei denen ihre schlechte finanzielle Lage thematisiert wird. Es wird offenkundig, dass der Angeklagte die Taten begeht, um das aus der Beute Erlangte zum Lebensunterhalt für sich und seine Frau und die Kinder beizutragen.
181Im Übrigen beruhen die allgemeinen Feststellungen zur Vorgehensweise der Angeklagten auf einer zusammenfassenden Würdigung aller in der Hauptverhandlung festgestellten Wasserwerker-Taten.
1824.
183Im Einzelnen hat die Kammer folgende Taten festgestellt:
184.
1854.1 Fall II. 1.1 – Geschädigte Gg
186Der Angeklagte R hat die Tat in vollem Umfang wie festgestellt eingeräumt. Das Geständnis des Angeklagten ist glaubhaft. Es fügt sich in die ergänzend erhobenen
187Beweise ein, insbesondere in die glaubhaften Angaben zum Tatgeschehen, zum Aussehen des Täters und zur Tatbeute seitens der Geschädigten Gg, deren polizeiliche Vernehmung in der Hauptverhandlung nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO verlesen wurde und zu denen die Zeuginnen KHK’in F und POK’in G bekundet haben. Die Zeugin KHK’in F hat zudem Angaben dazu machen können, dass sich die Geschädigte eine Woche nach der Tat sehr betroffen zeigte wegen des Verlustes des Schmucks als Erinnerung.
188Abgerundet wird die Überzeugung der Kammer davon, dass es sich bei dem „Ablenker“ um den Angeklagten R handelte, durch die Verlesung des Gutachtens der Firma H vom 01.07.2014 gemäß § 251 Abs.1 Nr.1 StPO in Kombination mit den Aussagen der Polizeibeamten G und F. Diese hatten am Tatort ein leeres Päckchen Capri-Sonne sichergestellt, aus dem nach Angaben der Geschädigten der Täter in der Küche getrunken haben soll. Das in der Hauptverhandlung verlesene o.g. Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass in dem am Strohhalm des Capri-Sonnen-Trinkpäckchens gefundenen DNA-Mischspurenprofil solche DNA-Merkmale festgestellt werden konnten, wie sie der Angeklagte R besitzt. Aus dem Gutachten ergibt sich, dass auf der Basis der Befunde in den einschlägigen Merkmalsystemen und auf der Grundlage von Frequenztabellen für die mitteleuropäische Bevölkerung nach Häufigkeitsberechnung mit der Hilfe der Software Statistefix (Vers. 2.1 © V. Weirich) nur eine von 45,1 Billiarden Personen zufällig als Mitspurenleger für die dargestellte Merkmalsmischung in Betracht kommt.
1894.2 Fall II. 1.2 – Geschädigte Hh
190Der Angeklagte T hat die Tat zum Nachteil der Geschädigten Hh in vollem Umfang wie festgestellt eingeräumt. In Abweichung zur Anklageschrift hat sich der Angeklagte T lediglich dahingehend eingelassen, dass das Bargeld in den Umschlägen seiner Einschätzung nach nicht 400,- EUR, sondern weniger betragen habe. Eine konkrete Erinnerung habe er allerdings nicht mehr. Die Kammer hält das Geständnis in vollem Umfang für glaubhaft. Es fügt sich in die Aussagen der am Tattag als Polizeibeamtinnen eingesetzten Zeuginnen PK’in I und KHK’in F, die auch Angaben zur Schadensaufstellung machten. Diese Zeuginnen bekundeten noch in Ergänzung zu dem Geständnis des Angeklagten glaubhaft, dass die Geschädigte sehr unter dem Verlust der Gedenkmünze litt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Geschädigte gegenüber den Polizeibeamtinnen hinsichtlich der Höhe der Tatbeute Belastungseifer zeigte. So hatte sie zunächst am Tattag bekundet, es seien 500,- EUR entwendet worden, gab aber im Folgenden gegenüber der Zeugin KHK‘in F an, es seien 300-400 EUR gewesen. Zugunsten des Angeklagten geht die Kammer angesichts dieser Korrektur seitens der Geschädigten davon aus, dass nicht mehr als 300,- EUR entwendet wurden.
1914.3 Fall II. 1.3 – Geschädigte Jj
192Der Angeklagte T hat den Ablauf der Tat zum Nachteil der Geschädigten Jj im Sinne der Feststellungen glaubhaft eingeräumt. Seine Einlassung fügt sich ein in die im Übrigen durchgeführte Beweisaufnahme, auf welcher ergänzend noch die Feststellungen zur Tatbeute beruhen. Insbesondere haben die am Tattag eingesetzten Polizeibeamten, die Zeugen PK J und PK K, Angaben zum Schaden gemacht. Der Zeuge PK K hatte am Tattag handschriftlich aufgrund der Angaben der Geschädigten eine Schadensaufstellung angefertigt, was er nach Inaugenscheinnahme derselben in der Hauptverhandlung und auf einen entsprechenden Vorhalt bestätigt hat. Darüber hinaus zeigen die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder vom Tattag, wie nur kurze Zeit vor der Tat an einer Tankstelle auf dem Weg nach Wesseling das Auto des P.L betankt wird, wobei der Angeklagte T auf diesen Bildern deutlich zu erkennen ist. An der Tankstelle war ein deutlich sichtbarer Aushang mit Hinweis auf die Videoaufzeichnung angebracht. Im Übrigen konnten anhand der GPS-Daten des Fahrzeugs die Fahrtstrecke und die Haltezeiten des Wagens nachvollzogen werden, was der Zeuge KHK D in der Hauptverhandlung näher ausgeführt hat.
1934.4 Fall II. 1.4 – Geschädigte Kk
194Die Tat zum Nachteil der Frau Kk hat der Angeklagte T im Sinne der Feststellungen mit einer kleinen Abweichung in Bezug auf die Beute geständig eingeräumt. Nachdem der Angeklagte T zunächst angegeben hatte, sich nicht an eine Anstecknadel bzw. Brosche erinnern zu können, hat er nach Inaugenscheinnahme von Telefonaten aus der Telefonüberwachung am Tattag, insbesondere nach Einführung des Telefonats vom Tattag mit der Zuordnungsnummer Aa (16:58:54 Uhr und 17:00:48 Uhr) – hierzu noch später – jedenfalls die Beute in Form der Brosche bestätigt. In Bezug auf das Bargeld hat er allerdings angegeben, seiner Erinnerung nach habe man insgesamt allenfalls 100,- EUR Bargeld erbeutet.
195Der Angeklagte R hat in der Hauptverhandlung zwar seine Beteiligung eingeräumt, aber betont, man sei zu zweit in der Wohnung gewesen, wobei er jedoch nicht derjenige gewesen sei, der die Geschädigte angefasst und auf den Stuhl gedrückt habe. Dazu, was er denn genau gemacht haben will und was er denn mitbekommen habe, sagte er nichts. Diese Einlassung des Angeklagten R ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer widerlegt.
196Die Feststellung, dass die Angeklagten T und R am 21.06.2013 zunächst auf der Suche nach geeigneten Opfern durch die Kölner Innenstadt streiften und dann gemeinsam vor Ort in der V-Straße waren, ergibt sich sowohl aus den Einlassungen der beiden Angeklagten selbst als insbesondere auch aus den Erkenntnissen aus dem nach § 251 Abs.1 Nr.1 StPO verlesenen Observationsbericht vom Tattag. Danach liefen die beiden Angeklagten umher und klingelten an verschiedenen Häusern. Um 16:06 Uhr betreten sie eine Wohnanschrift in der V-Straße, und zwar eine der Nummern 86, 88 oder 90. Die hierbei angefertigten Lichtbilder, auf denen deutlich die beiden Angeklagten zu erkennen sind, sind in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen worden. Insofern steht sicher fest – und wurde von den Angeklagten auch bestätigt -, dass an der Tat nur die beiden Angeklagten T und R beteiligt waren. Eine etwaige Beteiligung dritter Personen ist sicher ausgeschlossen.
197Die Kammer ist sodann davon überzeugt, dass es sich bei dem Angeklagten R um diejenige Person handelt, die in der Wohnung der Geschädigten war und Kontakt zu dieser hatte, während der Angeklagte T dagegen die Wohnung nicht betreten hat:
198Die Behauptung des Angeklagten R, man sei in Abweichung zur Anklage zu zweit in der Wohnung gewesen, hält die Kammer für eine Schutzbehauptung. Zeitlich ist die entsprechende Einlassung des Angeklagten R erfolgt, nachdem der Zeuge Z in seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung erstmals von zwei Tätern in der Wohnung sprach, von denen seine Mutter ihm erzählt haben soll. Bis zu diesem Moment hatte sich der Angeklagte R auf sein Schweigerecht berufen und es war im Verlauf der Beweisaufnahme immer nur die Rede davon gewesen, dass die Geschädigte nur einen, nicht zwei Täter in der Wohnung gesehen haben wollte. Die Kammer geht davon aus, dass der Angeklagte R mit seiner Einlassung die Möglichkeit nutzen wollte, die ihm die – unten noch näher zu behandelnde - Aussage des Zeugen Z bot, namentlich das bloße Einräumen der Beteiligung an sich unter Leugnung des körperlichen Übergriffs.
199Die von Anfang an konstanten Angaben des Angeklagten T im Zusammenhang mit der Tat zum Nachteil der Geschädigten Kk sind hingegen nach Überzeugung der Kammer für sich gesehen schon glaubhaft. Die Einlassung des Angeklagten T ist in einem frühen Verfahrensstadium erfolgt und er hat sich hinsichtlich der eigenen Tatbeiträge im Ausführungsstadium um umfassende Aufklärung bemüht gezeigt. Die Kammer hat freilich nicht verkannt, dass das Geständnis des Angeklagten T im Rahmen einer Verständigung nach § 257c StPO zustande gekommen ist. Sie hat dieses Geständnis vor diesem Hintergrund einer besonders kritischen Würdigung unterzogen. Der Angeklagte T hat seine Einlassung bereits am dritten Hauptverhandlungstag abgegeben und Nachfragen spontan und glaubhaft beantwortet. Es bestanden zu keinem Zeitpunkt Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bewusst geleugnet haben könnte, ebenfalls die Wohnung betreten zu haben. Die Aufgabenverteilung – Ablenkungsmanöver durch R und auf dessen Zeichen hin erst „Nachrücken“ des T – passt insoweit zum typischen Geschehensablauf. Die Kammer hat keinen weiteren Fall feststellen können, in dem der Angeklagte T jemals selbst der „Ablenker“ war. Vielmehr hat die Kammer den Eindruck gewonnen, dass sich der Angeklagte T aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten und insbesondere aufgrund seiner sehr schnellen undeutlichen Sprechweise nicht für diese Aufgabe eignete. Insofern hat er auch im September 2013 den Zeugen Cp „angeworben“, damit dieser die Aufgabe des „Ablenkers“ übernehme. Letztlich spricht auch für die Version des Angeklagten T und gegen die Version des Angeklagten R, dass auch im Fall 1.1 (Tat zum Nachteil von Frau Gg) deutlich wurde, dass der Angeklagte R bereit war, zur Tatausführung weitere Grenzen zu überschreiten, wenn die Geschädigten mit seinem Handeln nicht einverstanden sind.
200Die Bewertung der beiden Einlassungen der Angeklagten durch die Kammer wird letztlich entscheidend bestätigt durch das überzeugende Ergebnis der Beweisaufnahme zum Tatablauf:
201Die Geschädigte ist im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen von dem Zeugen KHK D und dem Beamten KHK M im Rahmen einer Videovernehmung am 27.06.2013 in Gegenwart ihres Sohnes, dem Zeugen Z, zur Sache befragt worden. Am 28. April 2014 ist sie verstorben, was ihr Sohn in der Hauptverhandlung bestätigte.
202Die Kammer stützt ihre Feststellungen zum Tathergang im Kern auf diese polizeiliche Videovernehmung, die in der Hauptverhandlung nach den §§ 255a, 251 Abs.1 Nr.2 StPO eingeführt wurde. In dieser Vernehmung schildert die Geschädigte die Tat wie festgestellt detailliert und nachvollziehbar. Ihre Angaben sind insgesamt nach Überzeugung der Kammer glaubhaft und authentisch. Die Geschädigte befand sich geistig erkennbar in einem guten Zustand, was auch die Zeugen KHK D und Z, die bei der Vernehmung anwesend waren, der Kammer bestätigten.
203Die Geschädigte hat im Rahmen ihrer polizeilichen Videovernehmung mitgeteilt, dass sie nur einen Täter gesehen habe. Dies stimmt mit der glaubhaften Aussage des Zeugen KHK D überein, der zunächst drei Tage nach der Tat, am 24.6.2013, ein Telefonat mit der Geschädigten führte, in dem die Geschädigte auch nur von einem Täter sprach. Die Kammer folgt diesen Angaben der Geschädigten, die sie am 24.6.2013 und sodann am 27.6.2013 konstant mit noch frischer Erinnerung tätigte. Hiergegen spricht nicht, dass der Zeuge Z, Sohn der Geschädigten, nunmehr circa ein Jahr später in der Hauptverhandlung bekundet hat, seine Mutter habe ihm gegenüber geäußert, es seien zwei Männer in der Wohnung gewesen. Die Geschädigte selbst hat in ihrer polizeilichen Videovernehmung jedoch zu keinem Zeitpunkt davon gesprochen, dass sie mehr als eine Person in ihrer Wohnung gesehen habe. Bei dieser Vernehmung war der Zeuge Z selbst die ganze Zeit über anwesend; er musste daher selbst mitbekommen haben, dass seine Mutter nur von einem Täter berichtet hat. Die Kammer geht davon aus, dass der Zeuge Z hier in der Erinnerung einem Irrtum unterlegen ist. So kann z.B. im Laufe der Zeit aus dem Umstand, dass auch aus dem Schlafzimmer Geld gestohlen wurde, geschlossen worden sein, dass zwei Täter in der Wohnung waren, ohne dass überhaupt jemand zwei Personen gleichzeitig gesehen hat. Näher liegt zudem, dass der Zeuge Z den hier gegenständlichen Vorfall mit einem bereits vorangegangenen Delikt zum Nachteil seiner Mutter bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vertauscht hat und deshalb einem Irrtum unterlegen ist. Die Geschädigte hat bei ihrer Videovernehmung von einem weiteren Delikt berichtet, welches zwei Jahre zuvor stattgefunden habe. Zwei junge Männer seien damals bereits im Treppenhaus des Wohnhauses gewesen, als die Geschädigte nach Hause gekommen sei und die Tür mit ihrem Schlüssel geöffnet habe. Einer der beiden habe sie dann zur Seite geschubst, sei in ihre Wohnung gelaufen und habe Wertgegenstände entwendet. Der andere habe derweil „aufgepasst“. Sie habe sich nicht wehren können. Die Geschädigte hat zwischen diesem Vorfall und der hier gegenständlichen Tat eindeutig differenzieren können und in diesem Zusammenhang auch hinzugefügt, dass die Fallgestaltungen sich schon dadurch unterscheiden würden, dass diesmal angeblich die Wasserleitungen überprüft werden sollten. Auch als der Zeuge Z sich in die Videovernehmung eingebracht und sinngemäß geäußert hat, es sei für ihn diesmal „der Gleiche“ gewesen wie bei dem ersten Mal, ist die Geschädigte dem entgegengetreten. Sie hat äußerst sicher entgegnet: „Nee, nein. Das stimmt nicht.“ Anschließend hat sie die Vorfälle nochmals gegenüber gestellt und ist konstant dabei geblieben, dass sie nur einen Täter gesehen hat. Die Kammer hat bei dem Zeugen Z die Tendenz erkannt, die Vorgänge derselben Tätergruppe zuzuordnen und gleichzustellen. Ein Irrtum im Hinblick auf die Personenzahl ist somit plausibel.
204Über die Feststellung hinaus, dass nur eine Person in der Wohnung bei der Geschädigten war, ist die Kammer ferner überzeugt davon, dass es sich – entsprechend der üblichen Aufgabenverteilung - bei dieser Person um den Angeklagten R und nicht um den Angeklagte T handelt. Maßgeblich hierfür war die Täterbeschreibung, die die Geschädigte Kk liefern konnte. Diese ist zwar aufgrund der eingeschränkten Sehkraft der Geschädigten fragmentarisch, die Kammer ist aber davon überzeugt, dass die Angaben auf die Person des Angeklagten R passen und umgekehrt in keiner Weise auf den Angeklagten T zutreffen. Die Geschädigte hat in ihrer Vernehmung zur Sache berichtet, der Täter sei „nicht so dick, aber auch nicht dünn“ und er sei „dunkel angezogen“ gewesen. Er habe keine Brille getragen. Am 24.6.2013 – drei Tage nach der Tat – hatte sie bereits telefonisch dem Zeugen D mitgeteilt, „der Mann“ sei „mittelgroß, nicht ganz schmal und dunkel gekleidet“ gewesen, das Gesicht habe sie nicht erkennen können. Die konstante Beschreibung des Täters passt sowohl auf die Statur als auch auf die Bekleidung des Angeklagten R am Tattag. Beides ist aufgrund der in Augenschein genommenen Lichtbilder aus der Observation vom Tattag bekannt.
205Insbesondere in Abgrenzung zu dem Angeklagten T, auf die es hier auch maßgeblich ankam, ist festzustellen, dass der Angeklagte R mit einer dunklen Hose und einem dunkelblauen, langärmeligen Poloshirt bekleidet war, während der Angeklagte T ein blütenweißes Hemd trug, einen hellgrünen Pullover über die Schultern gelegt um den Hals gebunden hatte und eine beige farbene Jacke in der Hand hielt. Die Angabe, der Täter sei „dunkel angezogen“ gewesen, passt somit nur auf den Angeklagten R.
206Hinsichtlich der Statur der Angeklagten ist Folgendes zu vermerken: Der Angeklagte T ist auffallend dünn. Demgegenüber lässt sich die Körperstatur des Angeklagten R zur Tatzeit als untersetzt bezeichnen. Diese Erkenntnis der Kammer beruht auf der Inaugenscheinahme von Lichtbildern, die bei vorangegangenen erkennungsdienstlichen Behandlungen im April und Oktober 2013, also in zeitlicher Nähe zu der Tatzeit im Juni 2013, angefertigt worden sind. Ferner ergibt sich die Statur des Angeklagten R aus den Lichtbildern aus dem Observationsbericht vom Tattag, die ebenfalls in Augenschein genommen wurden. Die Angabe der Geschädigten, der Täter sei „nicht so dick, aber auch nicht dünn“, passt auch in dieser Hinsicht. Insbesondere die Angabe „nicht so dick“ kann zudem in Relation zu dem Sohn der Geschädigten, dem Zeugen Z gesehen werden, der im Vergleich zu dem Angeklagten R noch einmal deutlich fülliger ist.
207Die Geschädigte war nach Überzeugung der Kammer trotz ihrer Augenerkrankung noch in der Lage, schemenhaft zu sehen und Hell und Dunkel unterscheiden zu können. Dies hat sie selbst in ihrer Vernehmung und erneut in dem Telefonat mit dem Zeugen KHK D angegeben. Auch der Zeuge Z, der die Geschädigte als ihr Sohn aus dem Alltagsleben kannte, hat dies auf konkrete Nachfrage der Kammer bestätigen können. Zudem hat der sachverständige Zeuge Dr. De, der die Geschädigte in der Augenklinik behandelt hatte und sie daher persönlich kannte, bestätigt, dass sie sich selbst hinsichtlich ihres Sehvermögens gut einschätzen konnte. Die Sehfähigkeit bei Augentests am 18.3.2013 und 21.8.2013, d.h. um den Tatzeitpunkt herum, sei stabil gewesen. Im Hinblick auf die Augenkrankheit der Geschädigten hat der sachverständige Zeuge nachvollziehbar dargelegt, dass dieser das Unterscheiden von Hell und Dunkel durchaus möglich war und die Kontraste für sie selbst bei schwierigen Lichtverhältnissen klar und sogar deutlicher erkennbar waren. Dies gelte erst recht bei sich bewegenden körperlichen Flächen. Zudem hat der sachverständige Zeuge mit Blick auf die Kleidung der Angeklagten T und R am Tattag, welche ihm auf den Lichtbildern des Observationsberichts gezeigt wurde, erläutert, dass dunkle Farben, wie sie der Angeklagte R trug, bei der Sehbeeinträchtigung der Geschädigten eher ins Schwarze gingen, während sowohl das weiße Hemd als auch der hellgrüne Pullover des Angeklagten T dem hellen Lichtbereich zuzuordnen seien. Eine Kontrastdiskriminierung sei in jedem Fall vorhanden.
208Im Übrigen hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass eine derart starke Blendung der Geschädigten stattgefunden haben könnte, dass diese über den gesamten Tatzeitraum fälschlich helle Farben als dunkler wahrgenommen haben könnte. Zum einen hätte – wie der sachverständige Zeuge plausibel erörtert hat – die Geschädigte eine Blendung selbst als sehr störend empfunden und wohl von ihr berichtet. Zum anderen ist zu bedenken, dass sich das Geschehen dynamisch im Flur der Wohnung und im Wohnzimmer der Geschädigten abspielte und nicht nur einen kurzen Moment dauerte. Es ist deshalb lebensfern, dass die Geschädigte den gesamten Zeitraum über durchgehend geblendet war, zumal auch die Kammer im Anschluss an die Ausführungen des sachverständigen Zeugen davon ausgeht, dass die Geschädigte Lichtquellen in ihrer eigenen Wohnung nicht auf eine sie selbst beeinträchtigende Art und Weise angeordnet haben wird.
209Alldem steht auch nicht entgegen, dass der Täter nach den Angaben der Geschädigten keine Brille getragen haben soll, obwohl der Angeklagte R Brillenträger ist und dies auch am Tattag der Fall war. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Geschädigte gerade keine genaueren Bilder erkennen konnte, sondern allenfalls Schemen. Der sachverständige Zeuge Dr. De hat hierzu ergänzend nachvollziehbar dargelegt, dass Details wie unauffällige Brillen wohl nicht sichtbar gewesen sein dürften. Ebenso erklärte der Zeuge Z nachvollziehbar, dass seine Mutter wohl eine auffällige Hornbrille, nicht aber eine randlose Brille gesehen hätte. So ist es nicht verwunderlich, dass die Geschädigte die randlose und nicht besonders markante Brille des Angeklagten R nicht wahrnehmen konnte. Selbst die Mitglieder der Kammer haben bei Inaugenscheinnahme der Wahllichtbildvorlagen des Zeugen R bei einer bestimmten Aufnahme die dezente Brille des Angeklagten R auf den ersten Blick kaum erkennen können.
210Gegen Zuverlässigkeit der Angaben der Geschädigten spricht auch nicht, dass sich die Tat nach ihrer Erzählung um 9:00 Uhr morgens ereignet haben soll, während laut Observationsbericht die Tat nachmittags zwischen 16:06 Uhr und 16:16 Uhr stattgefunden haben muss. Die Geschädigte machte ihre Zeitangabe daran fest, dass sie geglaubt habe, ein Pfleger von der Caritas sei zur Verabreichung ihrer Augentropfen gekommen; deshalb habe sie auch die Tür geöffnet. Es ist hier zu berücksichtigen, dass die Caritas dreimal täglich, nämlich morgens, mittags und abends bei der Geschädigten vorbeikam. Dies hat der Zeuge Z glaubhaft erläutert. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass die Geschädigte die Zeiten schlicht vertauscht hat. So hat der Zeuge Z bekundet, dass die Geschädigte zwar grundsätzlich geistig noch fit war, jedoch in zeitlicher Hinsicht manchmal ein wenig „wirr“ war, wenn sie den ganzen Tag in der Wohnung verbracht hatte. Der Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten im Hinblick auf das Kerngeschehen tut dies keinen Abbruch. Dass sie selbst hat keine Anzeige erstattet hat, spricht ebenfalls nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit. Vielmehr hält es die Kammer nach den glaubhaften Ausführungen des Zeugen Z für sehr wahrscheinlich, dass die Geschädigte aus Scham darüber, dass sie auf die Angeklagten „hereingefallen“ ist, keine Anzeige erstattet hat.
211Die Kammer hielt auch sämtliche Angaben der Geschädigten in der Videovernehmung zur Abfolge der Tat im Einzelnen für überzeugend und ausreichend, um ihre Feststellungen hierauf zu stützen. Es wird nicht verkannt, dass dem Abspielen einer Videovernehmung ein geringerer Beweiswert zukommt, als beispielsweise einer direkten Vernehmung einer Geschädigten. Insbesondere war es der Verteidigung verwehrt, genauere Nachfragen hinsichtlich der geschilderten Übergriffe auf die Person zu stellen. Jedoch ergibt sich aus der Videovernehmung selbst in Kombination mit der Vernehmung der seinerzeit anwesenden Zeugen KHK D und Z, dass die Geschädigte insbesondere die Schilderungen in Bezug auf das Herunterdrücken auf den Stuhl von sich aus tätigte, ohne dass ihr irgendetwas in dieser Richtung suggeriert worden wäre. Die Vernehmungsperson, der Zeuge D, hat sodann mehrfach ohne Belastungstendenz nach den Einzelheiten gefragt, woraufhin die Geschädigte sehr präzise und konstant dazu Auskunft gab, wie der Täter sie an den Unterarmen gepackt und auf den Stuhl gedrückt habe. In diesem Zusammenhang zeigte die Geschädigte auch auf ihre Unterarme. Ferner konnte die Geschädigte Teile des Geschehens durch Angabe der Dialoge im Wortlaut authentisch wiedergeben. Nach alledem hat die Kammer, auch ohne die Gelegenheit, der mittlerweile verstorbenen Geschädigten Nachfragen stellen zu können, die Überzeugung gewinnen können, dass sich die Tat genau so abgespielt hat, wie es die Geschädigte in ihrer Videovernehmung erzählt hat.
212Schließlich hat auch der Zeuge Z noch nachvollziehbar und ohne erkennbare Übertreibungstendenz berichtet, dass es nicht der Verlust des Schmuckes oder des Geldes war, der die Geschädigte getroffen habe. Vielmehr habe die Geschädigte dem Zeugen Z in der Folgezeit erzählt, dass sie insbesondere das Gefühl belaste, dass sie dem Täter wehrlos ausgeliefert gewesen sei.
213Die Feststellungen zur Tatbeute beruhen zum einen ebenfalls auf den Angaben der Geschädigten in der Videovernehmung, wonach ihr eine Anstecknadel und mindestens 200 EUR entwendet wurden. Der Zeuge Z hat dies noch glaubhaft bestätigt und erläutert, dass er wenige Tage zuvor seiner Mutter eine größere Summe Bargeld gebracht habe. Seinen Berechnungen zufolge müsste sogar mehr Geld weggekommen sein.
214Zum anderen ergeben sich Hinweise auf die Höhe der Beute, die auch der Angeklagte T nicht mehr genau erinnerte, aus den in Augenschein genommenen und durch die Dolmetscherin Cz übersetzten Telefonaten aus der Telefonüberwachungsmaßnahme. In dem Telefonat mit der Zuordnungsnummer Bb zwischen dem Angeklagten T und der Angeklagten L zwischen 16:53:55 Uhr und 16:55:08 Uhr spricht T davon, es sei ein „100er, je 50 […] gefallen“. Er seit „mit R allein zu Fuß unterwegs“. Im Hintergrund ist zu hören, wie eine männliche Stimme sagt: „Vierer machen, vier Personen“. Standort zu diesem Zeitpunkt war ausweislich der Funkzellendaten des Mobiltelefons des Angeklagten T, die der Zeuge KHK E auf entsprechenden Vorhalt bestätigt hat, der Ebertplatz in Köln, in dessen Nähe sich ein Rotlichtviertel befindet. Laut verlesenem Observationsbericht haben die Angeklagten direkt im Anschluss an die Tat an zwei Häusern geklingelt, in denen sich jeweils ein Bordell befindet. Die Kammer geht nach einer Würdigung der Gesamtumstände davon aus, dass die Angeklagten nach ihrer Tat ein Bordell aufsuchten und mindestens die Hälfte des entwendeten Geldes für die dort angebotenen Dienste aufwendeten, während sie der Angeklagten L den über 100,00 EUR hinausgehenden Anteil der Beute verschwiegen. Dies passt zu den Angaben der Geschädigten, die mindestens 200 EUR vermisste.
215In dem Telefonat mit der Zuordnungsnummer Aa zwischen dem Angeklagten T und der Angeklagten L zwischen 16:58:54 Uhr und 17:00:48 Uhr, also kurz nach der zwischen 16:06 Uhr und 16:16 Uhr begangenen Tat, war zu hören, wie der Angeklagte T davon sprach, er müsse „jetzt gucken“, was er für eine Brosche in Köln-Nippes bekomme. Der Angeklagte T hat nach Abspielen des Telefonates in der Hauptverhandlung bestätigt, dass er das deutlich zu vernehmende Wort „Broschka“ benutzt habe, was seinen Angaben zufolge zu Deutsch „Brosche“ bedeutet, was ein Synonym für „Anstecknadel“ ist. Der Angeklagte T konnte sich dann auch wieder an die Beute erinnern und ließ sich insofern geständig ein.
2164.5 Fall II. 1.5 – Geschädigte Ll
217Die Tat zum Nachteil der Frau Ll haben sowohl der Angeklagte T als auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung der Angeklagte R vollumfassend wie festgestellt gestanden. Die Geständnisse sind glaubhaft. Sie werden bestätigt durch die glaubhaften Angaben der Zeuginnen PK‘in N und PK’in O, denen gegenüber die Geschädigte Ll das Tatgeschehen noch am Tattag ausführlich geschildert hatte. Dass die Geschädigte die Männer, die sich ihr gegenüber als Wasserwerker ausgegeben hatten, in die Wohnung gelassen hat, begründete sie selbst gegenüber den Zeuginnen damit, dass es tatsächlich ein paar Wochen vor der Tat in dem Haus einen Wasserrohrbruch gegeben habe. Die Zeuginnen berichteten zudem übereinstimmend und glaubhaft, dass die Geschädigte geistig recht fit war und trotz ihres aufgrund des Ereignisses aufgebrachten Zustandes den Tathergang gut schildern und Angaben zur Täterbeschreibung machen konnte. So beschrieb sie den „Ablenker“ als Brillenträger, was auf den Angeklagten R zutrifft. Insofern fügt sich diese Beschreibung in die Geständnisse der Angeklagten.
218Dass das Kfz des P.L am Tattag in unmittelbarer Tatortnähe war, ergibt sich zudem auch aus den zugehörigen GPS-Daten. Mittels Handy-Ortung des Mobiltelefons des Angeklagten T konnte zudem festgestellt werden, dass dieser sich am Tattag um 16:16 Uhr in Frechen in Tatortnähe befand. Zu beidem hat jeweils die Zeugin KHK’in F nachvollziehbare Ausführungen gemacht.
2194.6 Fall II. 1.6 – Geschädigte Mm
220Zu der Tat zum Nachteil der Frau Mm hat sich der Angeklagte T von Anfang an geständig dahingehend eingelassen, dass die Tat wie angeklagt abgelaufen sei. Beteiligt gewesen sei neben ihm der Angeklagte R. Der Angeklagte R hat zunächst seine Tatbeteiligung bestritten, im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung die Tat dann doch eingeräumt. Er sei auch am Verkauf der Beute beteiligt gewesen.
221Die geständigen Einlassungen der Angeklagten T und R fügen sich ein in die Angaben der Geschädigten Mm im Rahmen ihrer Anzeige, zu denen die am Tattag eingesetzten Polizeibeamten PK’in Q und PK Trinks Angaben gemacht haben. Hinsichtlich der Tatbeute beruhen die Feststellungen des Zeugen KHK P, der zu der Anzeigenerstattung durch die Geschädigte bekundet hat, sowie auf der auszugsweise im allseitigen Einverständnis nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO verlesenen handschriftlichen Schadensaufstellung der Geschädigten. Die Zeugen KHK C und KHK E haben zudem Angaben zu dem Ermittlungsergebnis betreffend die Taxifahrt-Strecke der Angeklagten R und T gemacht. Nachvollziehbar haben sie dargelegt, dass ihre Nachforschungen bei der Taxi-Ruf-Zentrale ergeben hätten, dass die beiden Angeklagten am Tattag ein Taxi zur B Straße 651 in Köln, die sich in Tatortnähe befindet, orderten und sich sodann zur Adresse O-Straße 222 in Köln fahren ließen. Hierbei handelt es sich um die Anschrift der Schwiegermutter des T, H.L. Dies stimmt mit den von den Angeklagten geschilderten Abläufen überein.
2224.7 Fall II. 1.7 – Geschädigte Nn
223Zu der Tat zum Nachteil der Frau Nn in Dormagen hat sich der Angeklagte T in vollem Umfang wie festgestellt geständig eingelassen. Allerdings seien – in Abweichung zur Anklage - nicht mehr als 150 EUR und keinesfalls 350 EUR erbeutet worden, der Zeuge Cp habe das falsch verstanden. Der Angeklagte R hat sich ebenfalls geständig im Sinne der Feststellungen eingelassen mit der Einschränkung, dass „seiner Erinnerung nach“ keine Beute gemacht worden sei und die Tat damit nach seiner Auffassung „im Versuch stecken geblieben sei“. Die Geschädigte Nn selbst, wozu die Zeugin Da als deren Betreuerin bekunden konnte, hat keine Erinnerungen dazu, dass man ihr etwas gestohlen habe. Sie gab jedoch gegenüber der Zeugin Da in der Zeit nach der Tat einmal an, dass zwei Männer in der Wohnung gewesen seien, die sich wegen eines Wasserschadens bei ihr umgeschaut hätten.
224Die Überzeugung der Kammer von den Feststellungen beruht – neben den glaubhaften Geständnissen der Angeklagten - insbesondere auch auf der detaillierten Aussage des Zeugen Cp. Dieser schilderte ausführlich den Tathergang und gab, obgleich das gegen ihn gerichtete gesondert geführte Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist, bereitwillig Auskunft zu den Geschehnissen. Die Geschädigte Nn hatte er wiedererkannt, als er diese mit den Zeugen KHK D und der Zeugin KHK‘in S in Dormagen aufsuchte, nachdem er selbst die Beamten erst zu dem Tatort geführt hatte. Der Zeuge KHK D bestätigte die Reaktion des Zeugen Cp bei dem Tatortbesuch.
225An der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Cp und an seiner Glaubwürdigkeit bestehen aus Sicht der Kammer keinerlei Zweifel. Der Zeuge hat nicht nur die Angeklagten, sondern auch sich selbst in hohem Maße belastet und authentisch bekundet, dass ihm seine Tatbeteiligung heute leid tue und er nicht zuletzt deshalb an der Tataufklärung mitwirke. Festzuhalten ist insbesondere, dass der Zeuge seit Beginn des auch gegen ihn gerichteten Strafverfahrens vollumfänglich konstante Angaben zu allen auch ihm vorgeworfenen Taten gemacht hat. Hierzu wurde er weder gezwungen noch hat man ihm – etwa seitens der Polizei – Versprechungen im Hinblick auf Vergünstigungen im eigenen Verfahren gemacht, wenn er an der Aufklärung von Taten Anderer mitwirke. Er hat auf mehrfache Nachfragen seitens aller Prozessbeteiligten bestätigt, dass er nicht lediglich deshalb an der Aufklärung mitgewirkt habe, weil man ihn dann etwa von der Untersuchungshaft verschonen würde. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Zeuge den ermittelnden Polizeibeamten aus eigenem Entschluss auch von Taten berichtete, von denen diese bis zum Zeitpunkt seiner Vernehmung noch nicht einmal Kenntnis hatten. Hierzu gehört im Übrigen auch der hier in Rede stehende Fall zum Nachteil der Geschädigten Nn.
226Das gesamte Aussageverhalten des Zeugen Cp während des Ermittlungsverfahrens hat die Kammer eingeführt durch die Vernehmung der Zeugen KHK D, KHK U und KHK V. Letzterer bekundete, dass der Zeuge bereits anlässlich der bei ihm (dem Zeugen Cp) stattfindenden Durchsuchung in den frühen Morgenstunden des 15.10.2013 ungefragt umfassende Angaben machen wollte. Man habe den Zeugen zu diesem Zweck dann zunächst auf freiwilliger Basis mit ins Präsidium genommen und belehrt. Im Zuge der sodann getätigten Aussagen habe der Zeuge in erster Linie sich selbst und in zweiter Linie die Angeklagten mit solchen Taten belastet, von denen die Ermittler zum damaligen Zeitpunkt noch keine Kenntnis hatten. Über etwaige Untersuchungshaft sei mit dem Zeugen überhaupt nicht gesprochen worden, da die gegen den Zeugen vorliegenden Erkenntnisse hierfür damals noch nicht ausreichten. Die Kammer sieht aufgrund dieser Entwicklungsgeschichte der Aussage des Zeugen Cp kein nachvollziehbares Motiv einer Falschbelastung zum Nachteil der Angeklagten. Vielmehr schließt sich die Kammer nach Vernehmung des Zeugen dem Eindruck der Ermittler an, dass dem Zeugen seine Taten wirklich leid taten und dass er „reinen Tisch“ machen wollte. Entscheidend ist auch, dass der Angeklagte T von Anfang an durch sein Geständnis die Aussage des Zeugen bestätigt hat. Letzten Endes hat auch der Angeklagte R im Anschluss an die Aussage des Zeugen Cp den Tatablauf wie festgestellt eingeräumt.
227Im Hinblick auf die Tatbeute folgt die Kammer der geständigen Einlassung des Angeklagten T. Die Geschädigte Nn konnte dazu aufgrund ihrer Demenzerkrankung weder gegenüber ihrer Betreuerin, der hierzu vernommenen Zeugin Da, noch gegenüber dem ermittelnden Zeugen KHK D ergiebige Auskünfte geben. Zwar hat der Zeuge Cp bekundet, der Angeklagte T habe ihm gegenüber von 350 EUR gesprochen, jedoch ließ sich die Tatbeute in dieser Höhe nicht verlässlich belegen. Der Zeuge Cp selbst fungierte als Ablenker und bekam als solcher die Beute nie zu Gesicht, sodass er sich insoweit auf Angaben der Angeklagten verlassen musste, die ihm nicht immer die Wahrheit sagten (s.u. Fall II.1.10). Auch die Absprachen der übrigen Tatbeteiligten auf Romanes verstand der Zeuge nicht, weil er selbst dieser Sprache nicht mächtig ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Angeklagte T in der Hauptverhandlung in diesem Fall bewusst die Höhe der Beute um 200 EUR verringert hat. Vielmehr machte er auf die Kammer den Eindruck bemüht zu sein, über die Tatbeute Auskunft zu erteilen, soweit dies seine Erinnerung zuließ. Die Einlassung des Angeklagten R hingegen, man habe überhaupt keine Beute gemacht, hält die Kammer für eine an das Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin Da angepasste Schutzbehauptung. In diesem Fall hätte es ferngelegen, den Zeugen Cp mit 50,00 EUR zu beteiligen. Zudem berichtete Cp detailliert und daher glaubhaft, dass die anderen Beteiligten nach der Tat doch extra zum Verwerten von Beute nach Köln gefahren seien und dass er (der Zeuge) währenddessen im Auto gewartet habe. Es kann zudem ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte R nicht mitbekommen haben sollte, dass Beute gemacht wurde. Denn nach übereinstimmenden Angaben des Cp und des T wurde die Beute in diesem Fall unmittelbar im Anschluss an die Tat sowohl verwertet als auch aufgeteilt. Dies kann dem Angeklagten R, der ebenfalls mit im Auto gefahren ist, nicht entgangen sein.
2284.8 Fall II. 1.8 – Geschädigte Dg
229Die Tat zum Nachteil der Geschädigten Dg hat der Angeklagte T wie festgestellt gestanden.
230Das Geständnis des Angeklagten hinsichtlich des Tathergangs wurde bestätigt durch die Darstellung des Zeugen Cp, der glaubwürdig und dessen Aussage auch im Hinblick auf diese Tat glaubhaft ist. Insbesondere konnte er sich sogar noch an die Lage der Wohnung innerhalb des Hauses erinnern. Zudem wird das Geständnis abgerundet durch die Verlesung des Behördengutachtens vom 24.1.2014. Danach befand sich an der Schmuckschatulle der Geschädigten Dg eine DNA-Spur, die dem Angeklagten T zugeordnet werden konnte. Das Ergebnis des Gutachtens basiert auf einer Analyse autosomaler DNA-Merkmale mit Hilfe der sogenannten PCR-Methode, wobei DNA-Identifizierungsmuster der Beschuldigten, Geschädigten und Zeugen jeweils unter mehr als 100 Milliarden Personen nicht ein zweites Mal vorkommen und somit individualcharakteristische Eigenschaften besitzen. Die Zuordnung einer Spur zu einer Person erfolgte basierend auf der vollständigen Übereinstimmung aller analysierten DNA-Merkmale zwischen Spur und Person vor dem Hintergrund dieser Häufigkeit.
231Die Feststellungen zur Tatbeute ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Zeugin Broich, der Tochter der Geschädigten.
2324.9 Fall II. 1.9 – Geschädigte D1
233Zu der Tat II. 1.9 zum Nachteil der Geschädigten D1 hat sich der Angeklagte T dahin geständig eingelassen, dass die Darstellung in der Anklageschrift hinsichtlich Geschehensablauf und der genannten Beteiligten – unter Einschluss des Angeklagten R – so zutreffend sei. Auch die Angaben zum erbeuteten Schmuck („Goldschmuck“) seien seiner Erinnerung nach richtig, konkreter könne er es auch nicht sagen. In Abweichung zur Anklage könne er sich allerdings nicht an eine grüne Perlenkette erinnern. Der Angeklagte R hat angegeben, keine Erinnerung mehr an den Vorfall zu haben.
234Die Feststellungen beruhen neben der geständigen Einlassung des Angeklagten T insbesondere auf den Bekundungen des Zeugen Cp, der auch in diesem Fall detailliert, anschaulich und ohne erkennbare Motivation zur Falschaussage über die Tat berichtet hat. Seine Angaben sind auch in Bezug auf diesen Fall in sich schlüssig und glaubhaft. Die Angaben der Zeugen KHK C, KHK V und KHK U haben die Aussage des Zeugen Cp ebenfalls bestätigt. Insbesondere haben sie bestätigt, dass sie die Geschädigte D1 erst im Nachgang zu der Aussage des Zeugen Cp ermitteln konnte. Hinsichtlich des genauen Werts der Tatbeute hat die Kammer keine weiteren Feststellungen treffen können. Nach Angaben der Zeugen KHK V und KHK U habe die Geschädigte D1 aufgrund einer offenkundigen Demenzerkrankung bereits im Oktober 2013 keine Angaben mehr zu der Art des Goldschmuckes, den sie vermisse, machen können. Zu Gunsten der Angeklagten geht die Kammer davon aus, dass keine grüne Perlenkette gestohlen wurde sondern nur „Goldschmuck“ von unbekanntem Wert.
2354.10 Fall II. 1.10 – Geschädigte Familie Pp
236Die Angeklagten T und R haben den festgestellten Tathergang hinsichtlich ihrer Tatbeteiligung wie festgestellt umfassend gestanden. Die Angeklagte L hat ebenfalls im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung eingeräumt, die Angeklagten T und R und den Zeugen Cp in Kenntnis der Tatplanungen zum Tatort gefahren zu haben.
237Die Geständnisse der Angeklagten werden bestätigt und ergänzt durch die in jeder Hinsicht glaubhaften Aussagen der Zeugen Cp, R. und V.Pp, KHK D sowie den Angaben der am Tattag eingesetzten Polizeibeamten KA W, PK X.
238Die glaubhaften Einlassungen der Angeklagten T und R sowie die glaubhaften Angaben der Zeugen fügen sich ein in die im Übrigen erhobenen Beweise, insbesondere die in Augenschein genommenen Lichtbilder aus der Videoüberwachungsanlage, die auf dem Balkon des Hauses der Familie Pp installiert ist und den privaten Eingangsbereich des Hauses erfasst. Auf diesen ist deutlich zu erkennen, wie der Angeklagte R gemeinsam mit dem Zeugen Cp gegen 14:52 Uhr den Eingangsbereich des Hauses betritt und der Angeklagte T um 14:54 Uhr nachfolgt. Zudem ist auf weiteren Bildern zu erkennen, dass die Angeklagten T und R um 14:59 Uhr aus dem Haus herausrennen und fluchtartig den Grundstücksbereich verlassen. Wenig später folgt der telefonierende Zeuge Cp, wiederum gefolgt von der Zeugin N.Pp.
239Insbesondere der Zeuge Cp hat auch von dieser Tat in nachvollziehbarer, sehr detaillierter Weise berichtet. Seine Angaben lassen sich mit den Erkenntnissen aus den vorgenannten Beweiserhebungen in Einklang bringen und sind durchweg glaubhaft. Dies betrifft auch die Information, dass die Angeklagte L die Fahrt zum Tatort, welche diese im Übrigen auch gestanden hat, durchgeführt hat. Dies fügt sich auch in das Ergebnis der Auswertung der Telefonüberwachungsmaßnahmen ein, zu dem die Zeugen KHK E und KHK C bekundet haben. Danach sei die Stimme der Angeklagten L bei Telefonaten unmittelbar vor der Tat im Hintergrund erkannt worden. Insgesamt stützen sich die Angaben aller an der Tat beteiligten Personen gegenseitig.
240Die Feststellungen zur konkreten Tatbeute beruhen auf den Angaben der Zeugen R. und V.Pp sowie den in Augenschein genommenen Lichtbildern von deren Schmuckstücken. Die Wertermittlung einzelner Schmuckstücke hat der Zeuge R.Pp anhand von noch vorhandenen Rechnungen vorgenommen. Die Wertermittlung bei den Stücken, zu denen keine Rechnungen mehr vorhanden waren, ist von dem Zeugen auf der Grundlage des jeweils aktuellen Wiederbeschaffungswerts vorgenommen worden. Zu der Durchsuchung bei Frau C2 in R Straße in Köln haben die Zeugen KHK’in S und KHK C bekundet; zudem wurden die dabei angefertigen Lichtbilder in Augenschein genommen. Die bei der Tat zum Nachteil der Familie Pp entwendete RADO-Armbanduhr wurde bei dieser Durchsuchung am Handgelenk der Frau E.L, einer Tante der Angeklagten L, gefunden.
2414.11 Fall II. 1.11 – Geschädigte Familie Pp II
242Die Angeklagte L hat sich zur Verwertung der entwendeten Damenarmbanduhr der Marke RADO geständig eingelassen. Das Geständnis ist glaubhaft. Es fügt sich insbesondere ein in die Angaben der Zeugen KHK’in S und KHK C. Wie bereits erwähnt haben beide zu der Durchsuchung bei Frau C2 (genannt „C2“) bekundet. Der Zeuge KHK C hat darüber hinaus zu dem Inhalt von Telefonaten aus den Telefonüberwachungsmaßnahmen berichtet und nachvollziehbar dargelegt, dass die Angeklagte ihrer Tante die Uhr für 130 EUR angeboten hatte und dass schließlich 100 EUR bezahlt wurden. Die Angeklagte hat dies im Rahmen ihres Geständnisses bestätigt.
2434.12 – Polizeiliche Ermittlungsarbeit
244Die Feststellungen zu den Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen der EG XX2 beruhen auf den Angaben der Zeugen KHK C, KHK D, KHK’in F, KHK’in S, KHK E und KHK Y sowie auf den verlesenen Beschlüssen des Amtsgerichts Köln zur Anordnung der Telekommunikationsüberwachung sowie der längerfristigen Observation und dem verlesenen Observationsbericht vom 21.06.2013.
245- 5.246
Fälle II. 2.1 und 2.2 – Geschädigte Cv
Die Überzeugung der Kammer von den Feststellungen zu der Eröffnung des Kontos bei der X1-Bank in Köln beruht im Wesentlichen auf den Geständnissen der Angeklagten T und R, wobei der Angeklagte R zunächst von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht und erst kurz vor der Vernehmung der Zeuginnen Cv und Cw seine Einlassung abgelegt hatte. Beide Angeklagten haben schließlich aber übereinstimmend eingeräumt, mit der Zeugin Cv das Konto eröffnet zu haben und sodann in den in der Anklage genannten Filialen der Firmen Cf und Ca gewesen zu sein. Auch die subjektive Tatseite haben die Angeklagten wie festgestellt eingeräumt. Die Geständnisse sind glaubhaft; sie fügen sich in die Aussagen der Zeuginnen Cv und Cw ein.
248Die Zeugin Cv hat sich an den Besuch bei der X1-Bank mit den beiden Angeklagten noch erinnert. Sie hat ferner angegeben, zu diesem Zeitpunkt nicht verstanden zu haben, dass ein Konto auf ihren Namen eröffnet wurde. Sie sei mit den beiden Angeklagten dorthin gefahren, weil sie Angst vor ihnen gehabt habe, die sie aus heutiger Sicht nicht mehr recht begründen könne. Die Angaben der Zeugin sind aus Sicht der Kammer vor dem Hintergrund der Angaben der Betreuerin zu den geistigen Kapazitäten der Zeugin Cv glaubhaft. Auch nach dem Eindruck der Kammer war die Zeugin Cv offensichtlich nicht in der Lage, die Tragweite der Geschehnisse und insbesondere die Bedeutung der Kontoeröffnung mit allen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen umfassend zu überblicken. Nach dem persönlichen Eindruck der Kammer von der Zeugin in der Hauptverhandlung wirkte diese eingeschüchtert und ihre Schilderungen waren durchweg authentisch. Sie fügen sich ein in die Angaben, die sie gegenüber der Zeugin Cw von Anfang an gemacht hat und zu denen diese bekundet hat. Die Zeugin Cw hat zudem bestätigt, dass das Konto, zu welchem die auf den Namen der Zeugin Cv ausgestellte EC-Karte gehörte, nicht gedeckt war und dass entsprechende Rücklastschriften erfolgt sind. Zudem hat sie dargelegt, dass der Zeugin durch die Rückabwicklung der Kontoeröffnung ein finanzieller Schaden in Höhe von rund 102,00 EUR entstanden ist.
249Die Feststellungen zum Vorgeschehen, zu dem sich die Angeklagten nicht geäußert haben, beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugin Cw. Diese hat über den Vorfall mit dem Fernseher bereits im Ermittlungsverfahren berichtet und hierzu konstant Angaben gemacht. Belastungstendenzen zulasten des Angeklagten T hat die Kammer bei der Zeugin nicht festgestellt. Vielmehr hat die Zeugin sowohl von dem Vorgeschehen als auch von dem Geschehen rund um die hier gegenständliche Kontoeröffnung und EC-Kartennutzung sachlich und in nachvollziehbarer Weise berichtet und auch den entlastenden Umstand vorgetragen, dass der Angeklagte T den Fernseher wieder „zurückgetauscht“ hat.
250Die Kammer ist nach einer Gesamtschau aller Umstände davon überzeugt, dass die Angeklagten aus der „Erfahrung“ des Angeklagten T geschlossen hatten, dass die Geschädigte Cv geistig nicht in guter Verfassung ist und deshalb ein geeignetes Tatopfer darstellen würde. Auf die Absicht der Angeklagten, sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen hat die Kammer aus den Gesamtumständen geschlossen. Die Angeklagten wussten – wie sie selbst einräumten -, dass die Geschädigte ihnen keinen Widerstand leisten, sondern nach ihren Vorgaben handeln würde, und dass sich damit auch weitere Möglichkeiten ergeben würden, die EC-Karte wiederholt zu ihren Gunsten einzusetzen.
2515.1 Fall 2.1 – Cf-Einkauf
252Die Angeklagten haben diesen Fall wie festgestellt gestanden. Insbesondere hat der Angeklagte R eingeräumt, dass er die Brille für sich bestellt und mit der EC-Karte der Zeugin Cv bezahlt habe. Er habe auch gewusst, dass die Karte ungedeckt gewesen sei.
253Die Einlassungen sind glaubhaft. Sie decken sich mit den Angaben der Zeugin Dc, der Angestellten bei der Firma Cf. Diese hatte den Angeklagten R zwar nicht am Tattag bedient, sie hat aber die Eintragungen auf der in Augenschein genommenen Kundenkarteikarte erläutern können, auf der neben den persönlichen Daten des Angeklagten R sämtliche Angaben zur Bestellung (Brillengestell, Gläser etc.) vermerkt wurden. Zudem konnte ihrer Aussage entnommen werden, dass im Fall der Bezahlung mit einer EC-Karte die Firma Cf, bzw. deren Angestellten, davon ausgehen, dass das entsprechende Konto auch gedeckt sei und dass insbesondere letzten Endes der Rechnungsbetrag beglichen werde. Andernfalls würde man eine angefertigte Brille nicht herausgeben.
2545.2 Fall 2.2 – Ca-Einkauf
255Der Angeklagte T hat eingeräumt, dass die eingekauften Pampers für seinen Sohn gewesen seien. Die zwei Flaschen Remy Martin habe er ebenfalls für seine Familie gekauft. Der Angeklagte R hat sich dahin eingelassen, dass er bei dem Einkauf zugegen gewesen sei und das Vorhaben des T unterstützt habe, weil man schließlich zuvor auch die Brille abgeholt habe. Er habe aber selbst keine Ware bekommen.
256Diese Einlassungen lassen sich gut miteinander in Einklang bringen und sind glaubhaft. Sie fügen sich ein in die Erkenntnisse aus dem in Augenschein genommenen entsprechenden Kaufbeleg der Ca-Filiale vom Tattag, dessen Inhalt die Zeugin Cx in Bezug auf die Art der Ware erörtert hat. Ihrer Aussage ist auch zu entnehmen, dass seitens der Firma Ca die Bezahlung mit einer EC-Karte entgegen genommen wird in Erwartung, dass auch Geld an Ca von dem entsprechenden Konto fließen werde.
257- 6.258
Fall 3 – Geschädigter Cp
Die Angeklagte L hat die Tat zum Nachteil des Geschädigten Cp bestritten und geäußert, sie fühle sich von den Zeugen Cp und KHK D vorgeführt.
260Sie wird jedoch nach Überzeugung der Kammer insbesondere überführt durch die glaubhaften Angaben des Zeugen Cp, der den Vorfall wie festgestellt geschildert hat. Insbesondere hat er bekundet, die Drohungen ernst genommen und sich deswegen unmittelbar nach dem Vorfall aus Angst an den Zeugen KHK D gewendet zu haben. Eine Motivation für den Zeugen, die Angeklagte falsch zu belasten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist nachvollziehbar, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat eine gewisse Wut gegen den Zeugen verspürt haben mag. Denn dieser hatte aus ihrer Sicht mit seinen Aussagen ihren nach Roma-Art angetrauten Mann, den Angeklagten T, schwer belastet, und T saß zu diesem Zeitpunkt bereits in Haft. Dass der Zeuge Cp etwa einen Groll gegen die Angeklagte L hegte oder sonst Gründe hatte, diese zu Unrecht der festgestellten Tat zu bezichtigen, ist nicht ersichtlich. Den Eindruck, dass der Zeuge Cp tatsächlich durch die Aussagen der Angeklagten L beeindruckt und verängstigt war, hat auch der Zeuge D bestätigt. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Cp spricht auch, dass die Angeklagte L die Tat im Januar 2014 bereits eingeräumt hatte. Dies hat der Zeuge Richter am Amtsgericht Df, der die Angeklagte im Rahmen ihres Haftprüfungstermins vernommen hatte, bekundet. Ihrer nunmehrige Einlassung, sie habe das Geständnis nur abgelegt, um die Verdunklungsgefahr zu beseitigen und aus der Untersuchungshaft zu kommen, kann die Kammer nach kritischer Überprüfung nicht folgen. Nach Angaben des Zeugen Df ist die Angeklagte nicht mit Vergünstigungsversprechen unter Druck gesetzt worden. Da sie anwaltlich vertreten war, hätte es auch eher nahe gelegen, der Verdunklungsgefahr durch entsprechende Erklärungen und Haftauflagen zu begegnen.
261Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Cp spricht auch nicht die Aussage der Zeugin C4. Diese Aussage war im Kerngeschehen unergiebig. Die Zeugin bekundete, zur Tatzeit mit der Angeklagten, die ihre Cousine ist, und den Kindern der beiden Frauen unterwegs gewesen zu sein, als man den Zeugen Cp traf. Die Zeugin C4 hat berichtet, sie habe keine Bedrohungen seitens der Angeklagten gegenüber dem Zeugen Cp wahrgenommen. Vielmehr sei sie zwischenzeitlich mit den Kindern beiseite und sodann in einen Kiosk hinein gegangen, und als sie wieder herausgekommen sei, habe die Angeklagte ihr eröffnet, der Zeuge Cp wolle mit ihr (der Zeugin) einen Kaffee trinken gehen. Die Zeugin C4 hat aber wiederum auch bekundet, dass sie von dem eigentlichen Gesprächsinhalt zwischen der Angeklagten und dem Zeugen Cp nichts mitbekommen habe. Sie habe aber schon bemerkt, dass ihre Cousine laut geworden sei. Die Angaben der Zeugin C4 widersprechen dem Tatvorwurf, der maßgeblich auf den Angaben des Zeugen Cp beruht, daher nicht. Vielmehr deutet gerade die Tatsache, dass die Angeklagte „laut geworden“ sein soll, darauf hin, dass es zu einem Streit zwischen der Angeklagten und dem Zeugen Cp gekommen sein muss. Hinsichtlich des Inhalts der Kommunikation war die Aussage der Zeugin unergiebig. Auch, dass der Zeuge Cp anschließend geäußert haben soll, er wolle mit der Zeugin C4 einen Kaffee trinken gehen, führt nicht dazu, dass vorangehende bedrohliche Äußerungen im festgestellten Sinne schlichtweg ausgeschlossen sein müssten.
262- 263
7. Schuldfähigkeit
Die Kammer hatte hinsichtlich der Angeklagten R und L keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass deren Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit zu den jeweiligen Tatzeiten gemindert oder gar ausgeschlossen waren.
265Auch hinsichtlich des Angeklagten T hat die Kammer nicht feststellen können, dass dieser bei irgendeiner Tat derart alkoholisiert war, dass seine Schuldfähigkeit beeinträchtigt worden wäre. Der Angeklagte hat sich selbst dahin eingelassen, dass er zwar generell viel Alkohol konsumiere, sich jedoch bei der jeweiligen Tatbegehung nicht in angetrunkenem Zustand befunden habe. Im Übrigen sieht die Kammer mit Blick auf die jeweiligen Tatbilder auch, dass es sich um komplexe Deliktsabläufe handelte, die ein bedachtes und kontrolliertes Vorgehen voraussetzen. Sowohl die Begehung der Wasserwerker-Taten als auch die Taten zum Nachteil der Zeugin Cv setzten ein Maß an strukturiertem Vorgehen voraus, das nicht mehr gegeben gewesen wäre, wenn sich der Angeklagte in einem Zustand verringerter Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit befunden hätte. Dafür, dass der Angeklagte mit den Taten vornehmlich seinen eigenen Alkoholkonsum finanzieren wollte, sprach ebenfalls nichts. Er hat bereits selbst glaubhaft angegeben, die Beute nicht primär hierfür eingesetzt zu haben.
266IV.
267Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Angeklagten wie folgt strafbar gemacht:
2681.
269Der Angeklagte T hat sich des Diebstahls in neun Fällen und wegen Betruges in zwei Fällen schuldig gemacht.
270In den Fällen II. 1.2, 1.3, 1.5 – 1.10 zum Nachteil der Geschädigten Hh, Jj, Ll, Mm, Nn, Dg, D1 und Pp hat er sich des Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, indem er den Geschädigten in Zueignungsabsicht die jeweiligen Wertgegenstände entwendete, d.h. wegnahm.
271Im Fall 1.4 zum Nachteil der Geschädigten Kk hat er sich ebenfalls des Diebstahls gemäß § 242 StGB schuldig gemacht. Ihm wird zwar der Einsatz des Nötigungsmittels, d. h. die Gewaltanwendung durch den Angeklagten R nicht zugerechnet, da er hiervon keine Kenntnis hatte und dieses Vorgehen auch nicht dem – üblichen – Tatplan entsprach. Zuzurechnen ist ihm aber nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB die Wegnahme im Sinne des Diebstahlstatbestandes. Zwar wurde der Angeklagte T nicht im Ausführungsstadium der Tat unmittelbar selbst tätig. Gleichwohl war nach dem gemeinsamen Tatplan der beiden Angeklagten eine Wasserwerker-Tat nach dem üblichen Muster geplant. Zwecks Durchführung dieser Tat befand sich der Angeklagte T bereits in dem Haus, in dem die Geschädigte ihre Wohnung hatte, und sicherte mindestens auch das Umfeld ab. Im Übrigen hielt er sich einsatzbereit und folgte nur deshalb nicht in die Wohnung, weil er kein Zeichen des Angeklagten R erhielt. Dafür, dass sein Tatbeitrag bei einer Gesamtwürdigung der Umstände nicht lediglich von untergeordneter Natur sein sollte, sondern dass die Tat genauso auch seine eigene sein sollte, spricht auch die von vornherein geplante Beuteteilung im Anschluss an die Tat.
272In den Fällen II. 2.1 und 2.2 hat sich der Angeklagte T gem. § 263 Abs. 1 StGB i.V.m. § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB wegen Betruges in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht. Er handelte gemeinsam mit dem Angeklagten R durch die vorsatzlos agierende Zeugin Cv, mit deren Hilfe man ihre EC-Karte in den oben genannten Filialen der Geschäfte Cf und Ca für Einkäufe einsetzte. Der Angeklagte spiegelte gemeinsam mit dem Angeklagten R gegenüber den Mitarbeitern der Filialen unter Einbeziehung der Frau Cv vor, deren Konto sei gedeckt, sodass die Mitarbeiter ihnen sodann irrtumsbedingt Waren aushändigten. Da infolge von Rücklastschriften mangels Kontodeckung die Forderungen der Firmen Cf und Ca nicht beglichen wurden, entstand bei diesen ein Schaden von 432,50 € (Fall II. 2.1) bzw. von 68,77 € (Fall II. 2.2). Hierbei wollte sich der Angeklagte im Fall II. 2.2 selbst und in Fall II. 2.1 den Angeklagten R in dem jeweiligen Umfang zu Unrecht bereichern.
273Die einzelnen oben aufgeführten Taten stehen zueinander in Tatmehrheit gemäß § 53 StGB.
2742.
275Der Angeklagte R hat sich des Diebstahls in sechs Fällen und des Raubes sowie des Betruges in zwei Fällen und der Nötigung schuldig gemacht.
276Er hat sich im Fall II. 1.4 zum Nachteil der Geschädigten Kk des Raubes gemäß § 249 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Indem er die Geschädigte mehrfach auf den Stuhl zurückdrückte, wendete er gegen sie Gewalt im Sinne der Vorschrift an: Er setzte körperlich wirkenden Zwang ein, um den gegen die Wegnahme der Beute gerichteten Widerstand der Geschädigten zu brechen und den Gewahrsamsbruch zu ermöglichen. Die Auswirkung der Kraftentfaltung muss dabei auch nicht erheblich sein (s. nur BGH NStZ 2003, 89). Es genügt insoweit, dass die Geschädigte Kk den körperlichen Zwang als solchen empfand und dass der Zwang die Wegnahme ermöglichen sollte, was sich schließlich sogar realisierte. Der Angeklagte R handelte vorsätzlich und mit der erforderlichen Zueignungsabsicht. Die subjektive Tatseite folgt aus dem objektiven Geschehen. Die zugleich mitverwirklichten Tatbestände des Diebstahls und der Nötigung treten hinter dem spezielleren Delikt im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück.
277Im Fall II. 1.1 hat er sich zum Nachteil der Geschädigten Gg des Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Sein unbekannt gebliebener Mittäter brach gegen den Willen der Geschädigten deren Gewahrsam an den in den Feststellungen zur Sache näher bezeichneten Beutegegenständen und begründete hieran neuen Gewahrsam. Dies ist dem Angeklagten R nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen: Er hatte dem gemeinsamen Tatplan entsprechend arbeitsteilig mit dem unbekannt gebliebenen Mittäter zusammengewirkt und in Zueignungsabsicht gehandelt. Sein Tatbeitrag des Ablenkens war wesentlich für das Gelingen der Tat, denn er ermöglichte die Wegnahme überhaupt erst.
278Daneben hat sich der Angeklagte R in Fall II. 1.1 der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig gemacht, indem er die Geschädigte Gg mit der Tür beiseite drückte und somit körperlich wirkenden Zwang, also Gewalt gegen sie anwendete. Für die Verwirklichung eines Raubes gemäß § 249 Abs. 1 StGB fehlt es am erforderlichen Finalzusammenhang zwischen Gewaltanwendung und Wegnahme. Mit dem Aufdrücken der Tür nebst Beiseiteschieben der Geschädigten sollte zunächst „lediglich“ der Zugang zur Wohnung ermöglicht werden. Da er die Geschädigte auch wahrgenommen hatte, war ihm bewusst, dass er sie mit der Tür zurückdrängen würde. Die beiden Delikte stehen zueinander in Tatmehrheit, § 53 StGB. Im Hinblick auf ein etwaiges Körperverletzungsdelikt fehlt es bereits an näheren Feststellungen zu einer Verletzungsfolge, sodass eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB ausscheidet. Für die Verwirklichung des § 223 Abs. 1 StGB fehlen ohnehin Anhaltspunkte für den hierzu erforderlichen mindestens bedingten Vorsatz.
279In den Fällen II. 1.5, 1.6, 1.7, 1.9 und 1.10 zum Nachteil der Geschädigten Ll, Mm, Nn, D1 und Pp hat sich der Angeklagte des Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Die Tatbeiträge des Angeklagten T, insbesondere die Wegnahme der Schmuckstücke, werden ihm nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs.2 StGB zugerechnet. Der in Zueignungsabsicht handelnde Angeklagte R erbrachte seinen Tatbeitrag des Ablenkens auf der Grundlage eines zuvor gemeinsam mit dem Angeklagten T gefassten Tatplans und in der Erwartung, seinen Teil der Beute zu erhalten. Nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände sollte die Tat genauso seine Tat sein wie die des Angeklagten T.
280In den Fällen 2.1 und 2.2 hat sich der Angeklagte R gem. § 263 Abs. 1 StGB i.V.m. § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB wegen Betruges in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht. Er handelte gemeinsam mit dem Angeklagten T durch die vorsatzlos agierende Zeugin Cv, mit deren Hilfe man ihre EC-Karte in den oben genannten Filialen der Geschäfte Cf und Ca für Einkäufe einsetzte. Der Angeklagte spiegelte gemeinsam mit dem Angeklagten T gegenüber den Mitarbeitern der Filialen unter Einbeziehung der Frau Cv vor, deren Konto sei gedeckt, sodass die Mitarbeiter ihnen sodann irrtumsbedingt Waren aushändigten. Da infolge von Rücklastschriften mangels Kontodeckung die Forderungen der Firmen Cf und Ca nicht beglichen wurden, entstand bei diesen ein Schaden von 432,50 € (Fall II. 2.1) bzw. von 68,77 € (Fall II. 2.2). Hierbei wollte sich der Angeklagte im Fall II. 2.1 selbst und in Fall II. 2.2 den Angeklagten T in dem jeweiligen Umfang zu Unrecht bereichern.
281Die einzelnen oben aufgeführten Taten stehen zueinander in Tatmehrheit gemäß § 53 StGB.
2823.
283Die Angeklagte L hat sich im Fall 1.10 zum Nachteil der Familie Pp wegen Beihilfe zum Diebstahl gemäß §§ 242 Abs.1, 27 StGB strafbar gemacht, indem sie die die Tat ausführenden Täter im Wissen um deren Pläne zum Tatort fuhr und die Tat damit bewusst förderte. Dieser Tatbeitrag im Vorfeld der Ausführung ist nicht so wesentlich, dass er bei einer Gesamtschau aller Umstände als mittäterschaftliches Handeln einzuordnen wäre. Vielmehr wurde lediglich die Anfahrt der anderen Beteiligten erleichtert.
284Im Fall II. 1.11 hat sich die Angeklagte L der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, indem sie die aus der Tat zum Nachteil der Familie Pp (Fall 1.10) erlangte Beute in Form der Rado-Uhr an ihre Tante weiterveräußerte.
285Ein gewerbsmäßiges Handeln im Sinne des § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB war indes nicht anzunehmen, da es hierfür an der entsprechenden Absicht wiederholter Tatbegehung zur Schaffung einer dauerhaften Einnahmequelle von einigem Umfang fehlte.
286Die Angeklagte L hat sich zudem im Fall II. 3. zum Nachteil des Geschädigten Cp einer versuchten Nötigung schuldig gemacht. Indem sie dem Geschädigten unter anderem ankündigte, ihm werde „etwas Schlimmes passieren“ und „er könne laufen gehen“, wenn sie ihre Familie informiere, drohte sie ihm mit einem empfindlichen Übel. Dies wurde von dem Geschädigten, der körperliche Übergriffe auf seine Person befürchtete, ernst genommen. Die Tat blieb indes im Versuch stecken, da sich der Geschädigte an die Polizei wandte. Das dem Tatentschluss der Angeklagten L zugrunde liegende Ziel, den Zeugen Cp zu einer Rücknahme seiner Aussage zu bewegen, erreichte sie nicht. Für ein Rücktrittsverhalten seitens der Angeklagten bestehen keine Anhaltspunkte.
287Die einzelnen oben aufgeführten Taten stehen zueinander in Tatmehrheit gemäß
288 289V.
2901.
291Hinsichtlich der Strafzumessung bezüglich des Angeklagten T hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
292a)
293aa)
294Für die Fälle 1.2 bis 1.10 war jeweils der Strafrahmen des § 242 StGB zu Grunde zu legen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren vorsieht. § 243 Abs. 1 StGB stellt für besonders schwere Fälle zudem einen Sonderstrafrahmen zur Verfügung, welcher Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Da der Angeklagte in der Absicht handelte, sich aus wiederholten Diebstählen nach der Wasserwerker-Methode eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, erfüllte er das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit im Sinne von 243 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 3 StGB. Der Angeklagte T verfügte im Tatzeitraum von Mai bis Oktober 2013, also über mehrere Monate hinweg, über keine andere Einnahmequelle, insbesondere ging er keiner legalen Beschäftigung etwa im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nach. Durch die Tatbegehung wollte er – wie er selbst berichtete - seinen Lebensunterhalt aufbessern und insbesondere seine Familie unterstützen.
295Die Kammer hat auch geprüft, ob wegen des Vorliegens des Regelbeispiels die Strafe dem Strafrahmen des § 243 Abs. 1 StGB zu entnehmen war, oder ob es beim Regelstrafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB verblieb. Hierfür hat sie eine Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte vorgenommen. Aus Sicht der Kammer wird hierbei die Annahme, dass angesichts des Vorliegens des Regelbeispiels vor einem besonders schweren Fall auszugehen ist, nicht entkräftet. Es sind keine derart für den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte ersichtlich, die geeignet wären, die Indizwirkung des Regelbeispiels entfallen zu lassen. In die Gesamtabwägung hat die Kammer insbesondere die folgenden Aspekte eingestellt:
296Deutlich zugunsten des Angeklagten T hat die Kammer dessen frühes Geständnis im Rahmen der Verständigung nach § 257c StPO gewertet. Dass der Angeklagte keine Angaben zu etwaigen Tatbeiträgen der Mitangeklagten L gemacht hat, führte nicht dazu, dass dem Geständnis ein geringerer Wert beizumessen war. Vielmehr war dies aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung zu der Angeklagten sowie aufgrund des Umstandes, dass beide mindestens ein gemeinsames Kind haben, nachvollziehbar. Strafmildernd zu berücksichtigen war daneben der Umstand, dass der Angeklagte ohne vorherige Hafterfahrung fast zehn Monate lang in Untersuchungshaft saß. Nicht außer Acht gelassen hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten zudem, dass der Angeklagte hinsichtlich der in einem vorangegangenen Verfahren ausgeurteilten fünfmonatigen Freiheitsstrafe der Widerruf der Strafaussetzungen zur Bewährung zu erwarten ist. Zugleich bedeutet dies aber auch strafschärfend, dass der Angeklagte Bewährungsversager ist, wenn auch nicht in Bezug auf die Wasserwerker-Taten einschlägig.
297Zulasten des Angeklagten T wirkte sich dagegen die Art und Weise der Tatausführung aus. Hier war für die Kammer insbesondere von Bedeutung, dass er sich im Rahmen der „Wasserwerker-Taten“ in die Wohnungen der Geschädigten und somit in deren Privatbereich begeben hat. Dass auch der Gesetzgeber den Eintritt in diese Sphäre als strafschärfend wertet, kommt nicht zuletzt auch in dem Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB zum Ausdruck. Dieser war hier zwar hier tatbestandlich nicht erfüllt, gleichwohl ist zu sehen, dass der Angeklagte sich in einen privaten und sehr persönlichen Bereich begeben hat, bei dem die Geschädigten davon ausgehen konnten, hierin geschützt zu sein. Im Unterschied etwa zu einem Taschendiebstahl auf offener Straße oder ähnlichen Konstellationen mussten sie nicht damit rechnen, dass ihre Schutzgüter in ihren eigenen Wohnräumen bedroht werden.
298Ebenfalls zulasten des Angeklagten schlug aus, dass man sich gerade Seniorinnen – insbesondere solche mit offensichtlichen altersbedingten Gebrechen wie Geh- oder Sehbehinderungen – ausgewählt hatte, da diese leichtere und wehrlosere Opfer darstellen als gesunde und körperlich fitte jüngere Menschen. Abgesehen davon, dass damit im Hinblick auf die Täterpersönlichkeit eine besondere Feigheit zum Ausdruck gebracht wird, ist nicht zu verkennen, dass damit bewusst solche Schwachstellen der Opfer ausgenutzt wurden, die diese ohnehin im Alltagsleben beeinträchtigen.
299bb)
300Für den Fall II. 2.2 war der Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zu Grunde zu legen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. § 263 Abs. 3 StGB stellt für besonders schwere Fälle zudem einen Sonderstrafrahmen zur Verfügung, welcher Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Da der Angeklagte in der Absicht handelte, sich aus wiederholten Betrugstaten unter Einsatz der EC-Karte der Zeugin Cv eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, erfüllte er in Fall II. 2.2 das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit im Sinne von 263 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 3 StGB. Der Angeklagte T verfügte zum Tatzeitpunkt über keine andere Einnahmequelle. Durch die Tatbegehung wollte er seinen Lebensunterhalt aufbessern. Dass die Kammer vorliegend nur eine eigennützige Tat – Drittnützigkeit reicht in der Regel nicht aus (BGH NStZ 2008, 282) – festgestellt hat, steht dem nicht entgegen. Denn Gewerbsmäßigkeit wird durch ein subjektives Moment begründet, was schon bei der ersten Tat der Fall sein kann (s. nur BGH NJW 1998, 2914; NStZ 2004, 265, 266; 2007, 638). Grundsätzlich war der Plan der Angeklagten schließlich, die EC-Karte mehrfach als Einnahmequelle zu nutzen.
301Die Kammer hat geprüft, ob wegen des Vorliegens des Regelbeispiels die Strafe dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zu entnehmen war, oder ob es beim Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB verblieb. Die Annahme, dass angesichts des Vorliegens des Regelbeispiels im Fall II. 2.2 von einem besonders schweren Fall auszugehen ist, wird jedoch bei einer Gesamtabwägung nicht entkräftet. Die Kammer hat keine derart für den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte gesehen, die geeignet wären, die Indizwirkung des Regelbeispiels zu widerlegen.
302In die Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer insbesondere die folgenden Aspekte eingestellt:
303Zugunsten des Angeklagten T hat die Kammer dessen frühes Geständnis im Rahmen der Verständigung nach § 257c StPO gewertet sowie die Tatsache, dass er sich in der Hauptverhandlung bei der Zeugin Cv entschuldigt und diese finanziell entschädigt hat. Ebenfalls positiv berücksichtigt hat die Kammer den Umstand, dass der Angeklagte ohne vorherige Hafterfahrung fast zehn Monate lang in Untersuchungshaft saß. Nicht außer Acht gelassen hat sie auch, dass der Angeklagte hinsichtlich der in einem vorangegangenen Verfahren ausgeurteilten fünfmonatigen Freiheitsstrafe mit dem Widerruf der Strafaussetzungen zur Bewährung zu rechnen hat. Zugleich bedeutet dies aber auch, dass der Angeklagte Bewährungsversager ist.
304Zum Nachteil des Angeklagten schlug aus, dass er sich zur Tatbegehung der Zeugin Cv bedient hat, die körperlich und geistig nicht in ausreichend guter Verfassung war, das Handeln des Angeklagten in seiner Tragweite nachvollziehen und diesem etwas entgegensetzen zu können. Dies belegt ein besonders großes Maß an Rücksichtslosigkeit und Ausnutzungsbereitschaft. Die Kammer hat hier gesehen, dass die Zeugin sich besonders hilflos fühlte und sich nicht traute, den Forderungen der Angeklagten T und R nachzugeben. Als Nachbarin der Mutter des Angeklagten T hat sie in der Folge mit weiteren Begegnungen gerechnet.
305cc)
306Für den Fall II. 2.1 war der Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zu Grunde zu legen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. Der Sonderstrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB, welcher Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht, kam hingegen nicht zur Anwendung. Bei dem Einsatz der EC-Karte der Zeugin Cv gemeinsam mit dem Angeklagten R in der Filiale des Optikers Cf wurde das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit im Sinne von 263 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 3 StGB mangels Eigennützigkeit nicht erfüllt. Die Brille wurde für den Angeklagten R bestellt und eine solche Drittnützigkeit reicht in der Regel nicht für die Verwirklichung des Regelbeispiels aus (BGH NStZ 2008, 282). Angesichts des relativ geringen Schadens kam die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls des Betrugs, der die Anwendung des Strafrahmens des § 263 Abs. 3 S. 1 StGB rechtfertigen würde, nicht in Betracht.
307b)
308Bei der konkreten Strafzumessung hat sich das Gericht unter Beachtung der Kriterien des § 46 Abs. 2 StGB insbesondere von den folgenden Erwägungen leiten lassen:
309Deutlich zugunsten des Angeklagten T hat die Kammer dessen frühes Geständnis im Rahmen der Verständigung nach § 257c StPO gewertet. Wie bereits erörtert, führten die unterbliebenen bzw. nur geringen Angaben nicht zu einer Schmälerung des Werts des Geständnisses. Der Wert des Geständnisses bestand darin, dass der Angeklagte T der Kammer und insbesondere den von den Taten Betroffenen eine langwierige Beweisaufnahme ersparen wollte. Dass insgesamt dann doch viele Zeugen vorgeladen werden mussten und zum Teil auch vernommen wurden, ist Umständen geschuldet, die nicht dem Angeklagten T zuzurechnen sind. Berücksichtigt hat die Kammer auch zugunsten des Angeklagten die ohne vorherige Hafterfahrung fast zehn Monate lang erlittene Untersuchungshaft sowie den drohenden Bewährungswiderruf einer bereits rechtskräftig ausgeurteilten fünfmonatigen Freiheitsstrafe. Zugleich hat die Kammer aber auch gesehen, dass der Angeklagte Bewährungsversager ist, wenn auch in Bezug auf die Wasserwerker-Taten nicht einschlägig.
310Zulasten des Angeklagten T wirkte sich im Zusammenhang mit den „Wasserwerker-Taten“ dagegen – wie bereits oben ausführlich erörtert – die Art und Weise der Tatausführung aus, namentlich die Auswahl der Opfer sowie der Eingriff in die Privatsphäre der Geschädigten. Ähnliches gilt im Übrigen im Hinblick auf die Taten unter II. 2, die unter Heranziehung der Zeugin Cv stattfanden. Auch diese war weder körperlich noch geistig in der Lage, das Handeln des Angeklagten in seiner Tragweite nachvollziehen und diesem etwas entgegensetzen zu können. Insgesamt hat die Kammer in der Gesamtwürdigung sämtlicher Taten feststellen können, dass der Angeklagte gezielt die Schwachstellen älterer Menschen, die sich nicht ausreichend wehren bzw. die das Geschehen überhaupt nicht oder nicht schnell genug überblicken können, für sich ausnutzt. Aus Gründen der Spezial- wie auch der Generalprävention musste dies strafschärfend ins Gewicht fallen.
311c)
312Ergänzend zu den oben angestellten, für alle entsprechenden Taten geltenden Strafzumessungserwägungen hat die Kammer sich von folgenden Erwägungen in den jeweiligen Einzelfällen leiten lassen:
313Strafmildernd hat die Kammer in ihre Erwägungen einbezogen, dass der Angeklagte ab dem 12.06.2013 unter polizeilicher Überwachung in Form von Observations- und Telefonüberwachungsmaßnahmen stand. Sie hat allerdings auch gesehen, dass die polizeilichen Ermittlungsarbeiten lediglich in den Fällen II. 1.3, 1.4 und 1.10 für die Aufklärung der hier abgeurteilten Taten relevant wurden.
314Soweit der Angeklagte unter Umständen seitens der Strafverfolgungsbehörden noch früher hätte festgenommen werden können, vermag dies indes kein vorwerfbares Mitverschulden der Strafverfolgungsbehörden zu begründen. Aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folgt kein Anspruch auf frühzeitige Strafverfolgung oder Festnahme zur Verhinderung weiterer Taten eine staatliche Mitverantwortung, der schuldmindernde Wirkung zukäme, kann nur dann in Betracht kommen, wenn den staatlichen Entscheidungsträgern die Tatentstehung vorgeworfen werden kann (Fischer, StGB, § 46 Rn. 60). Dies war hier nicht der Fall.
315Sofern die Kammer ihre nachfolgenden Erwägungen auch auf die Art und Höhe der Beute stützt, sei angemerkt, dass sich der Wert von Schmuckstücken aus Sicht der Geschädigten nicht allein am Verkehrswert, der sich überwiegend auch nicht feststellen ließ, bemessen ließ. Die Kammer hat hier auch die jeweilige Anzahl der Schmuckstücke mit einbezogen und berücksichtigt, dass es sich um Stücke handelte, die für die Betroffenen als Erinnerungsstücke von Bedeutung waren.
316Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte in den Fällen, in denen die Tatbeute gering bzw. nicht mehr im Einzelnen feststellbar war (Fälle II. 1.4, 1.5, 1.7, und 1.8; Geschädigte Kk, Ll, Nn und D1) eine Freiheitsstrafe von jeweils
317einem Jahr und vier Monaten,
318in den Fällen mit höherer Tatbeute (Fälle II. 1.3 und 1.6; Geschädigte Jj und Mm) eine Freiheitsstrafe von
319einem Jahr und sieben Monaten,
320und in dem Fall mit in Relationen besonders hoher Tatbeute (Fall II. 1.10; Geschädigte Familie Pp) eine Freiheitsstrafe von
321einem Jahr und acht Monaten,
322für tat- und schuldangemessen erachtet.
323Bei der Strafzumessung für die Tat in Fall II. 1.2 (Geschädigte Hh) hat die Kammer gesehen, dass die Tatbeute als solche im Hinblick auf den tatsächlich erbeuteten Wert eher im unteren Bereich anzusiedeln war. Sie hat aber zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Geschädigte besonders von dem Verlust der Gedenkmünze getroffen war. Die Kammer hat unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von
324einem Jahr und sechs Monaten,
325für tat- und schuldangemessen erachtet.
326Im Hinblick auf die Tat in Fall II. 1.8 (Geschädigte Dg) hat die Kammer gesehen, dass die Tatbeute sich im mittleren Bereich befand und zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die späteren Folgen für die Geschädigte sich in Grenzen hielten. Sie hat deshalb unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von
327einem Jahr und fünf Monaten,
328für tat- und schuldangemessen erachtet.
329Bei den Taten, die unter Heranziehung der Zeugin Cv begangen wurden und die keine Wasserwerker-Taten darstellten, hat die Kammer zugunsten des Angeklagten T gesehen, dass er sich bei der Zeugin in der Hauptverhandlung entschuldigt und durch die Übergabe von 102,00 EUR gemeinsam mit dem Angeklagten R den bei ihr entstandenen finanziellen Schaden wieder gut gemacht hat. Allerdings war hierin keine Schadenswiedergutmachung im engeren Sinne zu sehen, da Geschädigte die Firmen Cf und Ca sind, deren Schäden nicht ausgeglichen wurden. Zulasten des Angeklagten hat die Kammer darüber hinaus berücksichtigt, dass er im Hinblick auf Betrugstaten mit EC-Karten-Einsatz einschlägig vorbestraft ist. Bei der Tat zum Nachteil der Firma Cf hat die Kammer berücksichtigt, dass der Angeklagte T keine Tatbeute bekommen hat. Bei der Tat zum Nachteil der Firma Ca hat sie dagegen gesehen, dass der Angeklagte die Beute in Form der Einkäufe erhalten, sich der Schaden aber in Grenzen gehalten hat. Unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer im Fall II. 2.1 (Cf) eine Freiheitsstrafe von
330neun Monaten,
331und im Fall II. 2.2 (Ca) eine solche von
332zehn Monaten,
333für tat- und schuldangemessen erachtet.
334Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Würdigung der Persönlichkeit des Angeklagten sowie seiner Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden gehabt. Bei der gemäß § 54 Abs. 1 S. 2 StGB zu bildenden Gesamtstrafe hat die Kammer alle oben aufgezeigten für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte erneut abgewogen und gewichtet. Ergänzend hat sie die hohe Anzahl sowie den engen zeitlichen Zusammenhang der Taten von Mai bis Oktober 2013 berücksichtigt. Durch angemessene Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von einem Jahr und acht Monaten hat die Kammer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
335vier Jahren und vier Monaten
336erkannt, welche zur tat- und schuldangemessenen Bestrafung sowie um dem Angeklagten das Unrecht seiner Taten vor Augen zu führen und ihn in Zukunft von der Begehung weiterer Taten abzuhalten erforderlich, aber auch ausreichend ist.
3372.
338Hinsichtlich der Strafzumessung im engeren Sinn bezüglich des Angeklagten R hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
339a)
340aa)
341Für den Fall II. 1.4 war für den verwirklichten Raub der Strafrahmen des § 249 Abs. 1 StGB zu Grunde zu legen, der Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht.
342Die Kammer hat sodann geprüft, ob allein unter Zugrundelegung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände – ein vertypter Strafmilderungsgrund war an dieser Stelle nicht ersichtlich – ein minder schwerer Fall des Raubes gemäß § 249 Abs. 2 StGB angenommen werden konnte. Nach § 249 Abs. 2 StGB steht in diesen Fällen ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung.
343Die Kammer hat einen minder schweren Fall bejaht. Ein solcher ist anzunehmen, wenn der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat unter Berücksichtigung aller Umstände und der Persönlichkeit des Täters im Rahmen einer Gesamtabwägung hinter demjenigen erfahrungsgemäß vorkommender Fälle zurückbleibt und die Anwendung des Normalstrafrahmens als zu hart erscheint. Die Kammer hat im Rahmen einer Gesamtwürdigung alle Umstände herangezogen und gewürdigt, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen. Dabei überwogen die mildernden Faktoren so beträchtlich, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens eine unverhältnismäßige Härte bedeuten würde.
344Zugunsten des Angeklagten R war anzuführen, dass dieser nicht wesentlich vorbestraft war und dass er ohne vorherige Hafterfahrung fast zehn Monate lang in Untersuchungshaft saß. Zudem hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte zur Zeit der Tatbegehung unter polizeilicher Überwachung in Form von Observations- und Telefonüberwachungsmaßnahmen stand. Soweit der Angeklagte unter Umständen seitens der Strafverfolgungsbehörden noch früher hätte festgenommen werden können, vermag dies indes kein vorwerfbares Mitverschulden der Strafverfolgungsbehörden zu begründen. Aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folgt kein Anspruch auf frühzeitige Strafverfolgung oder Festnahme zur Verhinderung weiterer Taten eine staatliche Mitverantwortung, der schuldmindernde Wirkung zukäme, kann nur dann in Betracht kommen, wenn den staatlichen Entscheidungsträgern die Tatentstehung vorgeworfen werden kann (Fischer, StGB, § 46 Rn. 60). Dies war hier nicht der Fall.
345Das Teilgeständnis des Angeklagten R, welches allein die Tatsache der Beteiligung an der Tat, nicht aber die Gewaltanwendung beinhaltete, konnte in diesem Fall kaum strafmildernde Bedeutung erlangen. Denn dieses hat nur Erkenntnisse bestätigt, die zu diesem Zeitpunkt durch Einführung der Erkenntnisse aus der Observation und den Telefonüberwachungsmaßnahmen bereits vorlagen. Zulasten des Angeklagten R war zu berücksichtigen, dass die Geschädigte zwar nicht unter dem Verlust des Diebesgutes gelitten hatte, in der Folge der Tat sich hilflos gefühlt hatte.
346Im Hinblick auf das konkrete Tatbild und die Herangehensweise des Angeklagten R hat die Kammer berücksichtigt, dass es sich bei dem Zurückdrücken der Geschädigten Kk auf den Stuhl um eine sehr niedrigschwellige Form der Gewaltanwendung durch den Angeklagten R handelte. Entscheidend war, dass die Geschädigte zwar über das Verhalten des Angeklagten entrüstet war und den körperlichen Zwang wahrnahm, diesen jedoch subjektiv nicht als Anwendung von Gewalt im Sinne eines aggressiven körperlichen Vorgehens gegen sich empfunden hat. Es handelte sich insbesondere vor diesem Hintergrund aus Sicht der Kammer nicht um die klassische Raubtat wie sie dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 249 Abs. 1 StGB vor Augen stand.
347bb)
348Für die Fälle II. 1.5, 1.6, 1.7, 1.9, und 1.10 sowie die Diebstahlstat in Fall II. 1.1 war jeweils vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB auszugehen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren vorsieht.
349§ 243 Abs. 1 StGB stellt für besonders schwere Fälle zudem einen Sonderstrafrahmen zur Verfügung, welcher Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Da der Angeklagte in der Absicht handelte, sich aus wiederholten Diebstählen nach der Wasserwerker-Methode eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, erfüllte er das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit im Sinne von 243 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 3 StGB. Der Angeklagte R verfügte im Tatzeitraum von März bis Oktober 2013, also über mehrere Monate hinweg über keine Einnahmequelle, insbesondere ging er keiner legalen Beschäftigung etwa im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nach. Durch die Tatbegehung wollte er seinen Lebensunterhalt finanzieren.
350Die Kammer hat geprüft, ob wegen des Vorliegens des Regelbeispiels die Einzelstrafen dem Strafrahmen des § 243 Abs. 1 StGB zu entnehmen war, oder ob es beim Regelstrafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB verblieb. Hierfür hat sie eine Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte vorgenommen. Dabei wurde die Annahme, dass angesichts des Vorliegens des Regelbeispiels von einem besonders schweren Fall auszugehen ist, nicht entkräftet. Die Kammer hat keine derart für den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte gesehen, die geeignet wären, die Indizwirkung des Regelbeispiels entfallen zu lassen. Vielmehr hat sie es mit Blick auf die Tatbilder für geboten erachtet, besonders schwere Fälle des Diebstahls anzunehmen. In die Abwägung hat sie insbesondere die folgenden Aspekte eingestellt:
351Zugunsten des Angeklagten R war anzuführen, dass dieser nicht wesentlich vorbestraft war. Seine geständigen Einlassungen im Hinblick auf einzelne Taten hat die Kammer ebenfalls berücksichtigt, ebenso den Umstand, dass der Angeklagte ohne vorherige Hafterfahrung fast zehn Monate lang in Untersuchungshaft saß.
352Wie auch bei dem Angeklagten T wirkte sich für den Angeklagten R die Art und Weise der Tatausführung zu dessen Lasten aus. Auch hier sah es die Kammer als belastend für den Angeklagten R an, dass er sich im Rahmen der „Wasserwerker-Taten“ in die Wohnungen der Geschädigten und somit in deren Privatbereich begeben hat. Ebenfalls schlug es auch zu seinem Nachteil aus, dass als Opfer gezielt Seniorinnen mit körperlichen oder geistigen altersbedingten Gebrechen ausgewählt wurden. Auf die Ausführungen zu diesen Aspekten bei dem Angeklagten T unter IV. 1. a) aa) wird an dieser Stelle verwiesen. Sie gelten für den Angeklagten R gleichermaßen.
353cc)
354Für den Fall II. 2.1 war der Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zu Grunde zu legen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. § 263 Abs. 3 StGB stellt für besonders schwere Fälle zudem einen Sonderstrafrahmen zur Verfügung, welcher Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Da der Angeklagte in der Absicht handelte, sich aus wiederholten Betrugstaten unter Einsatz der EC-Karte der Zeugin Cv eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, erfüllte er in Fall II. 2.1 das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit im Sinne von 263 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 3 StGB. Der Angeklagte R verfügte zum Tatzeitpunkt über keine wesentliche andere Einnahmequelle. Durch die Tatbegehung wollte er seinen Lebensunterhalt, der ausschließlich auf dem Bezug von Sozialleistungen beruhte, aufbessern. Es handelte sich bei der Bestellung der Brille um eine eigennützige Tat. Dass die Kammer lediglich eine Tat dieser Art festgestellt hat, steht dem nicht entgegen, da Gewerbsmäßigkeit durch ein subjektives Moment begründet wird, was schon bei der ersten Tat der Fall sein kann (s. nur BGH NJW 1998, 2914; NStZ 2004, 265, 266; 2007, 638). Die Angeklagten hatten schließlich bei Eröffnung des Kontos den mehrfachen Einsatz der EC-Karte geplant.
355Die Kammer hat geprüft, ob wegen des Vorliegens des Regelbeispiels die Strafe dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zu entnehmen war, oder ob es beim Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB verblieb. Hierfür hat sie eine Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte vorgenommen. Dabei wurde die Annahme, dass angesichts des Vorliegens des Regelbeispiels im Fall II. 2.1 vor einem besonders schweren Fall auszugehen ist, nicht entkräftet. Es waren aus Sicht der Kammer keine derart für den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte ersichtlich, die geeignet wären, die Indizwirkung des Regelbeispiels zu widerlegen. In die Abwägung hat die Kammer insbesondere die folgenden Aspekte eingestellt:
356Seine geständige Einlassung im Hinblick auf die Tat hat die Kammer zugunsten des Angeklagten R berücksichtigt, auch wenn sie erst kurz vor Vernehmung der Zeuginnen Cv und Cw erfolgte. Ebenso wiegt zu Gunsten des Angeklagten, dass er sich in der Hauptverhandlung bei der Zeugin Cv entschuldigt und diese finanziell entschädigt hat. Zudem hat die Kammer für ihn positiv den Umstand berücksichtigt, dass der Angeklagte ohne vorherige Hafterfahrung fast zehn Monate lang in Untersuchungshaft saß. Zugunsten des Angeklagten R war außerdem zwar anzuführen, dass er nicht wesentlich vorbestraft war. Die Kammer hat aber nicht übersehen, dass er bereits mit rechtskräftigem Strafbefehl wegen einer ähnlichen Tat zu einer Geldstrafe (Betrug zu Lasten eines Optikers) verurteilt worden war.
357Zum Nachteil des Angeklagten schlug wiederum aus, dass er sich zur Tatbegehung der Zeugin Cv bedient hat, die körperlich und geistig nicht in ausreichend guter Verfassung war, um das Handeln des Angeklagten in seiner Tragweite nachvollziehen und diesem etwas entgegensetzen zu können. Dies belegt ein besonders großes Maß an Rücksichtslosigkeit und Ausnutzungsbereitschaft. Die Kammer hat hier gesehen, dass die Zeugin sich besonders hilflos gefühlt und sich nach ihren glaubhaften Schilderungen nicht getraut hat, sich den Forderungen der Angeklagten T und R zu widersetzen. Als Nachbarin der Mutter des Angeklagten T hat sie in der Folge mit weiteren Begegnungen gerechnet. Im Übrigen war auch der Wert der Brille nicht gering, was zeigt, dass sich der Angeklagte nicht auf das gerade für seine Lebensführung Nötigste beschränkt hatte.
358dd)
359Für den Fall II. 2.2 war der Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zu Grunde zu legen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. § 263 Abs. 3 StGB eröffnet daneben die Anwendung eines Sonderstrafrahmens, welcher Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Dieser kam jedoch nicht in Betracht: Bei dem Einsatz der EC-Karte der Zeugin Cv gemeinsam mit dem Angeklagten T in der Filiale des Supermarktes Ca hat er das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit im Sinne von 263 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 3 StGB mangels Eigennützigkeit nicht erfüllt. Die eingekauften Waren erhielt der Angeklagte T und eine solche Drittnützigkeit reicht in der Regel nicht für die Verwirklichung des Regelbeispiels aus (BGH NStZ 2008, 282). Angesichts des relativ geringen Schadens und vor dem Hintergrund des Geständnisses kam die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls des Betrugs, der die Anwendung des Strafrahmens des § 263 Abs. 3 S. 1 StGB rechtfertigen würde, nicht in Betracht. Nach Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten R sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte, wie sie oben unter cc) bereits aufgeführt wurden, konnte nicht gesehen werden, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten wäre.
360ee)
361Im Hinblick auf die in Fall II. 1.1 verwirklichte Nötigung stand gemäß § 240 Abs. 1 StGB ein Strafrahmen zur Verfügung, der Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht.
362b)
363Bei der konkreten Strafzumessung hat sich die Kammer zusätzlich zu den oben bereits genannten für und gegen den Angeklagten R sprechenden Gesichtspunkten unter Beachtung der Kriterien des § 46 Abs. 2 StGB insbesondere von den folgenden Erwägungen leiten lassen:
364Insgesamt war zugunsten des Angeklagten R zu sehen, dass er nicht wesentlich vorbestraft war und bereits zehn Monate Untersuchungshaft verbüßte. Seine geständigen Einlassungen im Hinblick auf einzelne Taten hat die Kammer ebenfalls berücksichtigt. Im Vergleich zu dem Angeklagten T war der Angeklagte R später und in geringerem Umfang geständig, jedoch ist der Angeklagte T in höherem Maße vorbestraft.
365Im Hinblick auf die „Wasserwerker-Taten“ wertete die Kammer – wie bereits oben ausführlich dargelegt – die Auswahl der Opfer sowie die Art und Weise der Tatbegehung, insbesondere den Eintritt in die Privatsphäre der Opfer als strafschärfend.
366Im Hinblick auf die Tatbeute hat die Kammer – wie bereits für den Angeklagten T erläutert – auch hier gesehen, dass es weniger auf den Verkaufswert der Schmuckstücke ankam als auf die Anzahl der Stücke und deren Bedeutung für die Betroffenen.
367Ergänzend zu diesen Strafzumessungserwägungen hat die Kammer sich von folgenden Erwägungen in den jeweiligen Einzelfällen leiten lassen:
368Im Fall II. 1.4 (Geschädigte Kk) hat die Kammer erneut die für den minder schweren Fall des Raubes sprechenden Gesichtspunkte sowie die allgemein geltenden Strafzumessungserwägungen herangezogen. Unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungsgesichtspunkte hat sie in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von
369zwei Jahren
370für tat-und schuldangemessen erachtet. Angesichts des Umstandes, dass die Tat gezielt gegen ein wehrloses Opfer gerichtet war und im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich nicht um eine Einzeltat eines Deliktes zum Nachteil älterer Menschen handelte, konnte die Strafe nicht mehr ganz am untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt werden.
371Hinsichtlich der Diebstahlstat in Fall II. 1.1 war zugunsten des Angeklagten R dessen Geständnis zu werten, wodurch der Geschädigten Gg eine Aussage vor Gericht erspart werden konnte. Allerdings hat die Kammer auch gesehen, dass das Geständnis erst nach Vernehmung der Zeuginnen POK’in G und KHK’in F sowie nach Verlesung des DNA-Gutachtens abgegeben worden ist, und diesem deshalb nur eingeschränkten Wert beigemessen. Erschwerend fiel allerdings ins Gewicht, dass – wenngleich der tatsächliche Wert der Schmuckstücke nicht besonders hoch gewesen sein mag – der Verlust für die Geschädigte besonders schwer wog, da es sich um Erinnerungs- und Erbstücke handelte. Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von
372einem Jahr und sechs Monaten
373für tat-und schuldangemessen erachtet.
374Hinsichtlich der Nötigung in Fall II. 1.1 hat die Kammer zulasten des Angeklagten R gewertet, dass dieser Übergriff in dem Zugangsbereich zur Privatwohnung stattfand, was eine zusätzliche Grenzüberschreitung in die Opfersphäre bedeutet. Gerade das Gefühl, sich in den privaten Räumlichkeiten sicher fühlen zu können, wird durch eine solche Herangehensweise erschüttert. Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von
375sechs Monaten
376für tat-und schuldangemessen erachtet.
377Bei der konkreten Strafzumessung im Hinblick auf die Fälle II. 1.7 und 1.9 (Geschädigte Nn und D1) hat die Kammer unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte sowie im Hinblick darauf, dass die Beute gering (Fall II. 1.7) bzw. nicht mehr feststellbar und die Folgen für die Geschädigte nicht gravierend waren (Fall II. 1.9) eine Freiheitsstrafe von
378einem Jahr und vier Monaten
379für tat-und schuldangemessen erachtet.
380Die Kammer hat in Fall II. 1.7 nicht verkannt, dass der Angeklagte R im Vergleich zu dem Angeklagten T nicht wesentlich vorbestraft war. Gleichwohl war er aber im Gegensatz zu dem Angeklagten T gerade in diesem Fall im Hinblick auf die Tatbeute nicht geständig, was die Besserstellung des Angeklagten T im Vergleich zu R erklärt. Den Fall II. 1.9. hat der Angeklagte T ebenfalls bereits am Anfang der Beweisaufnahme eingeräumt, was im Hinblick auf die Vorstrafen eine Gleichstellung mit dem Angeklagten R rechtfertigt.
381In Fall II. 1.5 (Geschädigte Ll), in dem sich der Angeklagte R geständig eingelassen hat und die Beute ebenfalls niedrig war, hat die Kammer unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgesichtspunkte eine Freiheitsstrafe von
382einem Jahr und drei Monaten
383für tat-und schuldangemessen erachtet.
384Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer unter Berücksichtigung der höheren Tatbeute sowie aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte für den Fall II. 1.6 (Geschädigte Mm) eine Freiheitsstrafe von
385einem Jahr und sieben Monaten,
386und für den Fall 1.10 unter zusätzlich strafmildernder Berücksichtigung der polizeilichen Überwachung in Form von Telefonüberwachungsmaßnahmen eine Freiheitsstrafe von
387einem Jahr und acht Monaten
388für tat-und schuldangemessen erachtet. Die Gleichstellung mit dem Angeklagten T in den Fällen II.1.6 und II.1.10 rechtfertigt sich hier ebenfalls aus den vorgenannten Erläuterungen betreffend den Zeitpunkt der jeweiligen Geständnisse und die Vorstrafen beider Angeklagter.
389Bei den Taten, die unter Heranziehung der Zeugin Cv begangen wurden, hat die Kammer die bei der Festlegung der einschlägigen Strafrahmen für und gegen den Angeklagten R angeführten Erwägungen erneut herangezogen und abgewogen. Unter erneuter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer im Fall II. 2.1 (Cf) eine Freiheitsstrafe von
390zehn Monaten,
391und im Fall II. 2.2 (Ca), in dem keine Eigennützigkeit vorlag, wohl aber die Schwächen der Zeugin Cv gleichermaßen ausgenutzt wurden, eine solche von
392sechs Monaten,
393für tat- und schuldangemessen erachtet.
394Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Würdigung der Persönlichkeit des Angeklagten R sowie seiner Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden gehabt. Bei der gemäß § 54 Abs. 1 S. 2 StGB zu bildenden Gesamtstrafe hat die Kammer alle oben aufgezeigten für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte erneut abgewogen und gewichtet. Ergänzend hat sie die Anzahl sowie den engen zeitlichen Zusammenhang der Taten von März bis Oktober 2013 berücksichtigt. Durch angemessene Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von zwei Jahren hat die Kammer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
395vier Jahren und vier Monaten
396erkannt, welche zur tat- und schuldangemessenen Bestrafung sowie um dem Angeklagten das Unrecht seiner Taten vor Augen zu führen und ihn in Zukunft von der Begehung weiterer Taten abzuhalten erforderlich, aber auch ausreichend ist.
397Die Kammer hat für den Angeklagten R dieselbe Strafhöhe ausgesprochen wie für den Angeklagten T. Dem liegt zugrunde, dass zwar der Angeklagte T mehr Taten verwirklicht hat und auch (mitunter einschlägig) vorbestraft war. Demgegenüber hat die Kammer im Hinblick auf die Art und Weise der Tatbegehung Unterschiede bei der Qualität der Grenzüberschreitung gesehen und insbesondere die höhere Einsatzstrafe bei dem Angeklagten R für den Fall II. 1.4 berücksichtigt. Nach Gesamtwürdigung und Abwägung all dieser Umstände hat die Kammer es für angemessen erachtet, die beiden Angeklagten im Hinblick auf die Strafhöhe gleichzustellen.
3983.
399Hinsichtlich der Strafzumessung bezüglich der Angeklagten L hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
400a)
401aa)
402Für den Fall 1.10 war hinsichtlich der Angeklagten L für die Beihilfe zum Diebstahl der Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB zu Grunde zu legen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren vorsieht. Dieser Strafrahmen war nach § 27 Abs. 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern und betrug deshalb Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und neun Monaten.
403bb)
404Für den Fall 1.11 war für die verwirklichte Hehlerei der Strafrahmen des § 259 Abs. 1 StGB zu Grunde zu legen. Dieser sieht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor.
405cc)
406Der Strafrahmen für die Tat in Fall II. 3. zulasten des Geschädigten Cp war § 240 Abs. 1 StGB zu entnehmen, der Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht.
407Da es sich bei dieser Tat um einen Versuch handelte und aus Sicht der Kammer keine Gründe gegen die Anwendung des Strafmilderungsgrundes nach § 23 Abs. 2 StGB sprachen, betrug der Strafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren und drei Monaten oder Geldstrafe.
408b)
409Bei der konkreten Strafzumessung hat sich das Gericht unter Beachtung der Kriterien des § 46 Abs. 2 StGB insbesondere von den folgenden Erwägungen leiten lassen:
410Die Geständnisse der Angeklagten im Hinblick auf die Taten in den Fällen II. 1.10 und 1.11 hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, wenngleich dieses nur von eingeschränktem Wert war, da es erst zu einem späten Verfahrenszeitpunkt abgegeben wurde, als ein Großteil der Beweismittel bereits in die Hauptverhandlung eingeführt worden war. Zugunsten der Angeklagten L hat die Kammer gesehen, dass sie Ende des Jahres 2013 über die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel, zumal ohne Hafterfahrung, in Untersuchungshaft saß, was sich aufgrund der Trennung von ihren Kindern für sie als besonders hart darstellte. Zudem hat Berücksichtigung gefunden, dass der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich einer Freiheitsstrafe von acht Monaten droht, sodass diese auch zu verbüßen ist. Die Kammer hat nicht übersehen, dass gerade mit Blick auf die Tatsache, dass die Angeklagte Mutter dreier Kinder ist, eine Haftstrafe, je länger sie ist, empfindlich treffen wird.
411Zulasten der Angeklagten hat es die Kammer gewertet, dass sie Bewährungsversagerin und sogar einschlägig vorbestraft ist: Sie wurde bereits wegen sogenannter Zetteltrick-Taten verurteilt, an denen sie sich in gleicher Weise wie in Fall II. 1.10, nämlich durch „Fahrdienste“, beteiligt hatte.
412Im Hinblick darauf, dass sich die Angeklagte in voller Kenntnis aller Umstände an einer Wasserwerker-Tat beteiligt hat, gilt im Hinblick auf das Strafzumessungskriterium der Art und Weise der Tatbegehung das bereits bei den Angeklagten T und R Aufgeführte: Strafschärfend hat die Kammer berücksichtigt, dass Opfer der Straftat weibliche Personen höheren Alters waren, die unter altersbedingten körperlichen Gebrechen litten, und dass das Delikt in deren Wohnung, mithin ihrer Privatsphäre, begangen wurde.
413c)
414Ergänzend zu den oben angestellten Strafzumessungserwägungen hat die Kammer sich von folgenden Erwägungen in den jeweiligen Einzelfällen leiten lassen:
415Strafmildernd hat die Kammer in den Fällen II. 1.10 und 1.11 in ihre Erwägungen einbezogen, dass die Taten unter polizeilicher Überwachung in Form von Observations- und Telefonüberwachungsmaßnahmen stattfanden. Soweit jedenfalls zwei der Haupttäter, die Angeklagten T und R, unter Umständen seitens der Strafverfolgungsbehörden noch früher hätten festgenommen und die Tat somit hätte verhindert werden können, vermag dies indes kein vorwerfbares Mitverschulden der Strafverfolgungsbehörden zu begründen. Aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folgt kein Anspruch auf frühzeitige Strafverfolgung oder Festnahme zur Verhinderung weiterer Taten eine staatliche Mitverantwortung, der schuldmindernde Wirkung zukäme, kann nur dann in Betracht kommen, wenn den staatlichen Entscheidungsträgern die Tatentstehung vorgeworfen werden kann (Fischer, StGB, § 46 Rn. 60). Dies war hier nicht der Fall.
416Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte in Fall II. 1.10 sowie unter erneuter Berücksichtigung des Umstandes, dass ein vertypter Strafmilderungsgrund vorlag, eine Freiheitsstrafe von
417einem Jahr,
418und in Fall II.1.11 eine solche von
41910 Monaten
420für tat- und schuldangemessen erachtet.
421Im Hinblick auf die Tat in Fall II. 3. zum Nachteil des Geschädigten hat die Kammer zugunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie nicht einschlägig vorbestraft war und dass die unmittelbaren Folgen für die Angeklagte – die bereits oben angesprochene erlittene Untersuchungshaft – gravierend waren. Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte eine Geldstrafe von
42260 Tagessätzen zu jeweils 10,00 Euro
423für tat- und schuldangemessen erachtet.
424Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Würdigung der Persönlichkeit der Angeklagten sowie seiner Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden gehabt. Von der Möglichkeit, die Einzelgeldstrafe selbstständig neben der Freiheitsstrafe bestehen zu lassen (§ 53 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 StGB) hat die Kammer keinen Gebrauch gemacht. Bei der gemäß § 54 Abs. 1 S. 2 StGB zu bildenden Gesamtstrafe hat die Kammer alle oben aufgezeigten für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte erneut abgewogen und gewichtet. Ergänzend hat sie die geringe Anzahl der Taten und deren engen zeitlichen Zusammenhang der Taten berücksichtigt. Durch angemessene Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von einem Jahr hat die Kammer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
425einem Jahren und sechs Monaten
426erkannt, welche zur tat- und schuldangemessenen Bestrafung sowie um der Angeklagten das Unrecht ihrer Taten vor Augen zu führen und sie in Zukunft von der Begehung weiterer Taten abzuhalten erforderlich, aber auch ausreichend ist.
427d)
428Eine Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 StGB kam aus Sicht der Kammer nicht in Betracht, da die Sozialprognose der Angeklagten ungünstig ist. Die Angeklagte wurde bereits in der Vergangenheit für die Begehung zweier vom Tatbild her ähnlicher Taten jeweils zu Bewährungsstrafen verurteilt. Das Amtsgericht Köln hat die Angeklagte sogar in seiner Entscheidung vom 26.03.2012 (Az.: 617 Ls 50/11) nachdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei der Strafaussetzung zur Bewährung in dem dort ergangenen Urteil „um die letzte Chance handelt[e], die ihr die Rechtsordnung bieten“ konnte. Ihr musste deshalb deutlich vor Augen stehen, dass sie bei einer nochmaligen – zumal gleichartigen – Verfehlung nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe würde rechnen können. Die Angeklagte hat gezeigt, dass die bislang verhängten Strafen keine Wirkung zeigten und sie sich diese nicht hat zur Warnung dienen lassen. Die in sie gesetzte Erwartung, künftig ein straffreies Leben zu führen, hat sich nicht erfüllt und es ist auch jetzt nicht zu erwarten, dass sie künftig ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Erst recht liegen nach § 56 Abs.2 StGB keine besonderen Umstände vor, die eine zukünftige Straffreiheit der Angeklagten erwarten ließen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des von der Angeklagten eingereichten Berichts des Jugendamtes, der sich lediglich über ihr Verhältnis zu den Kindern verhält. Anhaltspunkte, dass in der Persönlichkeit der Angeklagten selbst Veränderungen in Bezug auf ihre Einstellung zu Straftaten stattgefunden haben könnten, liefert dieser Bericht nicht.
429Die Kammer hat bei ihrer Entscheidung nicht verkannt, dass im Falle der Inhaftierung der Angeklagten L deren drei Kinder unter Umständen in reine Betreuungseinrichtung untergebracht werden müssen, da mit dem hiesigen Urteil auch ihr Ehemann, der Angeklagte T, zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Gleichwohl kann dies nicht dazu führen, dass die Angeklagte aufgrund ihrer Mutterrolle privilegiert wird. Vielmehr hat die Kammer auch gesehen, dass gerade verantwortungsvolle Eltern sich nicht so verhalten, dass sie die eigene Inhaftierung riskieren.
430VI.
431Die Unterbringung des Angeklagten T in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB war nicht anzuordnen. Die Voraussetzungen hierfür lagen nicht vor. Zwar hat die Kammer festgestellt, dass der Angeklagte T regelmäßig hochprozentigen Alkohol zu sich nimmt. Es bestanden allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Angeklagten ein für § 64 StGB erforderlicher Grad der psychischen Abhängigkeit, d.h. ein Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, vorlag. Es war zudem auszuschließen, dass der Angeklagte die Taten im Rausch begangen hat, denn ein derart komplexes Vorgehen wie das nach der Wasserwerker-Methode wäre in einem Rauschzustand nicht möglich gewesen. Ein symptomatischer Zusammenhang zwischen einem Hang zum Suchtmittelmissbrauch und der Tatbegehung war für die Kammer vor diesem Hintergrund überhaupt nicht ersichtlich. Zumal der Angeklagte selbst angeführt hat, er habe die Taten nicht begangen, um weiteren Alkohol bezahlen zu können.
432VII.
433Soweit den Angeklagten T und R darüber hinaus zur Last gelegt wurde, am Nachmittag des 16.09.2013 in der Kölner Südstadt um 15:00 Uhr an der Haustür in der CC-Straße 13 bei der 74-jährigen Rr geklingelt zu haben, um sodann eine Tat nach der Wasserwerker-Methode zu begehen, waren sie auch rechtlichen Gründen freizusprechen. Das Gericht hat hierzu Folgendes festgestellt:
434Die Angeklagten T und R klingelten bei Frau Rr und gelangten ins Treppenhaus des Hauses, nachdem diese ihnen öffnete. Der Angeklagte R gab sich daraufhin gegenüber der Geschädigten wahrheitswidrig als Wasserwerker aus und behauptete, er müsse etwas in den Wohnungen überprüfen. T hielt sich währenddessen im Hintergrund, um nach Betreten der Wohnung durch seinen Mittäter diesem unbemerkt zu folgen. Geplant war, dass R die Geschädigte in der Küche ablenkt, während T die Wohnung nach Wertgegenständen durchsuchen sollte. Hierzu kam es jedoch nicht, da die Geschädigte nach den Äußerungen des Angeklagten R sogleich erklärte, dass sie niemanden in die Wohnung lassen würde, und die Tür schloss. Die Angeklagten mussten ihr Vorhaben daraufhin abbrechen.
435Die Feststellungen zu diesem Fall beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, die sich in die im Übrigen erhobenen Beweismittel einfügen. Sie korrespondieren namentlich mit den Angaben des Zeugen KHK P sowie mit dem in der Hauptverhandlung im allseitigen Einverständnis auszugsweise verlesenen Observationsbericht zum Tag des 16.09.2013.
436Die Angeklagten R und T waren aus rechtlichen Gründen freizusprechen, weil sie nach Auffassung der Kammer in diesem Fall noch nicht den Bereich des strafbaren Versuchs erreicht haben:
437Für die Annahme eines strafbaren Versuchs ist gemäß § 22 StGB Voraussetzung, dass der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt. Dazu ist nicht erforderlich, dass bereits ein Tatbestandsmerkmal erfüllt wird. Nach ständiger Rechtsprechung setzt im Sinne von § 22 StGB unmittelbar zur Tat an, wer eine Handlung vornimmt, die nach dem Tatplan der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals unmittelbar vorgelagert ist und im Falle ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden soll (s nur BGHSt 26, 203; 48, 34, 35 f.). Es müssen hierbei Gefährdungshandlungen vorliegen, die nach der Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in unmittelbar räumlichem und zeitlichem Zusammenhang stehen. Es muss sich um Handlungen handeln, mit denen der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren „Willensimpulses“ nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestands übergeht (BGH NStZ 2011, 517 m.w.N). Angesichts der Vielzahl denkbarer Konstellationen bedürfen derartige abstrakte Maßstäbe einer wertenden Konkretisierung unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles. Bedeutend sein können hierbei etwa die Dichte des Tatplans sowie der Grad der Rechtsgutsgefährdung nach der Vorstellung des Täters (s. nur BGH NStZ 2002, 309 m.w.N.).
438Gemessen daran liegt nach den Feststellungen in dem Geschehen vom 16.09.2013 noch kein strafbares unmittelbares Ansetzen zum Versuch, sondern vielmehr eine straflose Vorbereitungshandlung. Der Tatbestand des Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB setzt in objektiver Hinsicht eine Wegnahme voraus, das heißt den Bruch fremden und die Begründung neuen – nicht notwendig tätereigenen – Gewahrsams. Bevor es hier überhaupt zu einem Gewahrsamsbruch kommen konnte, war es nach dem gemeinsamen Tatplan der Angeklagten erforderlich, dass der Angeklagte R Zutritt zu den Räumlichkeiten erlangt, die Dame ablenkt und dass sodann der Angeklagte T ebenfalls in die Wohnung gelangt, die übrigen Räume (üblicherweise Diele sowie Wohn- und Schlafzimmer) durchsucht und stehlenswerte Gegenstände findet, um diese aus dem Gewahrsamsbereich der Frau Rr zu verbringen. Hierin liegen noch mehrere wesentliche Zwischenschritte bis es tatsächlich zur Tatbestandsverwirklichung kommen konnte.
439Das bloße Klingeln und die Vortäuschung, als Wasserwerker die Wohnung überprüfen zu müssen, sind noch straflose Vorbereitungshandlungen. Schon das Reichsgericht ging von einem Vorbereitungsstadium aus, wenn ein Dieb bei dem Unterfangen, sich Eingang in eine Wohnung zu verschaffen, abgewiesen wird (RG JW 1926, 2753, zitiert bei Vogel, in: LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 242 Rn. 194). Auch das OLG Hamm (Beschl. v. 5.11.1996 – 3 Ss 1180/96) = StV 1997, 242, 243) führte in einem der hier zugrunde liegenden Situation ähnlich gelagerten Fall zutreffend aus, dass „zumindest der Einlaß in die Wohnung der Zeugin und das sich anschließende Gespräch […] wesentliche, der Tatbestandserfüllung vorgelagerte Zwischenakte“ bildeten. In diesem Fall hatte sich der Täter als Paketbote verkleidet und wollte sich so Zutritt zur Wohnung des anvisierten Opfers verschaffen, um dieses sodann abzulenken und eine Schatulle zu entwenden.
440Allein nach dem Sphärengedanken, wonach für den Versuchsbeginn maßgeblich sein soll, ob der Täter bereits in die Sphäre des Opfers bzw. des Schutzgutes gelangt ist, könnte jedenfalls mit dem Betreten in die Wohnung ein Versuchsbeginn angenommen werden. Allerdings ist zu sehen, dass es hierzu noch nicht gekommen war, denn der Angeklagte R befand sich noch vor der Wohnungstür der Frau Rr. Zudem ist zu sehen, dass auch gerade der Mittäter, der nachfolgend noch in die Wohnung gelangen und die Gegenstände entwenden sollte, noch nicht in diese Sphäre gelangt ist und bei „Aufsagen des Wasserwerker-Spruches“ noch unklar ist, inwieweit tatsächlich die Gewahrsamssphäre an – noch in keinster Weise konkretisierten – stehlenswerten Gegenständen berührt wurde.
441Auch wenn man mit dem Gefährdungsgedanken (s. hierzu auch KG Berlin, Beschl. v. 03.09.2012 – Az.: (2) 121 Ss 157/12 (33/12) – NStZ-RR 2013, 138 f.) darauf abstellen will, wie sehr das Rechtsgut bereits gefährdet ist, ist festzuhalten, dass noch nicht einmal ein Diebstahlsobjekt näher konkretisiert war. Zudem dürfte nach diesem Ansatz auch zu verlangen sein, dass wenigstens einer der Täter die Wohnung betreten hat. Dies war hier nicht der Fall.
442An der rechtlichen Einordnung als Vorbereitungshandlung ändert im Übrigen auch nichts, dass es sich bei dem Gesamtgeschehen um eine Form von Trickdiebstahl handelt, bei dem zunächst täuschend auf das Opfer eingewirkt wird. Ein Trickdiebstahl zeichnet sich häufig dadurch aus, dass das Opfer irrtumsbedingt seinen Gewahrsam an den zu stehlenden Gegenständen lockert, was sodann unmittelbar zum Gewahrsamsbruch und somit zur Tatbestandsverwirklichung führen soll. Der Bereich des unmittelbaren Ansetzens ist dann deshalb früher erreicht. Die hiesige Konstellation unterscheidet sich von derartigen Trickdiebstählen dadurch, dass durch die Täuschung noch keine Gewahrsamslockerung an den – zudem erst noch zu suchenden – Gegenständen als solche stattfinden soll. Vielmehr soll lediglich Zutritt zur Wohnung und damit überhaupt eine räumliche Nähe zu den Gegenständen erlangt werden. Auch die Tatsache, dass die gesamte Tatdurchführung sehr schnell vonstattengehen sollte, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Neben der zeitlichen Komponente, die hier durchaus für eine gewisse Unmittelbarkeit sprechen könnte, steht hier im Vordergrund, dass zur Schaffung einer räumlichen Nähe zum Diebesgut noch mehrere wesentliche Schritte erforderlich gewesen wären.
443Ebenso ändert auch die mittäterschaftliche Vorgehensweise nichts an der Ablehnung des unmittelbaren Ansetzens. Zwar sollte ab dem Klingeln an der Haustür der übliche Tatplan „abgespult“ werden, sodass angenommen werden könnte, dass der erste Täter bereits unmittelbar ansetzt, was seinem Mittäter sodann nach § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen wäre. Gleichwohl können auch diese Arten von Delikten einen gewissen Vorlauf haben und allein das gemeinschaftliche Vorgehen schließt nicht aus, dass es ein Vorbereitungsstadium gibt – und mag dies auch nah am Eintritt in das Versuchsstadium liegen. Zwar ließe sich sagen, dass mit Klingeln an der Haustür und Aufsagen der Wasserwerker-„Geschichte“ der erste Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschreitet, weil er mit der Verwirklichung des Tatplanes beginnt. Gleichwohl ist der Unterschied zwischen einem Tatplan, der auch gewisse Vorbereitungshandlungen mit umfassen kann, und dem unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung – hier zum Diebstahl nach § 242 StGB – nicht aus dem Blick zu verlieren. Anknüpfungspunkt für die Frage des Eintretens in das strafbare Versuchsstadium ist und bleibt das objektive Tatbestandsmerkmal der Wegnahme.
444VIII.
445Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 466, 467 Abs. 1 StPO.
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- StPO § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten 1x
- StGB § 249 Raub 6x
- 713 Ds 82/08 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 23 Strafbarkeit des Versuchs 1x
- StPO § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten 1x
- StGB § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe 2x
- 650 Ds 303/96 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 240 Nötigung 3x
- 505 Gs 1044/13 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 46 Grundsätze der Strafzumessung 3x
- 534 Ds 129/10 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 56 Strafaussetzung 3x
- StGB § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls 5x
- StPO § 267 Urteilsgründe 1x
- 505 Gs 1004/13 1x (nicht zugeordnet)
- StPO § 251 Urkundenbeweis durch Verlesung von Protokollen 6x
- StGB § 242 Diebstahl 12x
- 505 Gs 1003/13 1x (nicht zugeordnet)
- 3 Ss 1180/96 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 263 Betrug 16x
- 62 Ls 178/08 1x (nicht zugeordnet)
- 613 Ls 89/07 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 223 Körperverletzung 1x
- StGB § 21 Verminderte Schuldfähigkeit 1x
- 713 Ds 168/07 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen 1x
- 49 Js 892/10 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 27 Beihilfe 2x
- 696 Js 32279/11 1x (nicht zugeordnet)
- StPO § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung 1x
- 534 Ds 127/10 2x (nicht zugeordnet)
- 289 M 1483/07 1x (nicht zugeordnet)
- 708 Ds 23/07 1x (nicht zugeordnet)
- 713 Ds 424/02 1x (nicht zugeordnet)
- 121 Ss 157/12 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 53 Tatmehrheit 8x