Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 8 U 3/19
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.11.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Arnsberg abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.03.2017 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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Gründe:
2I.
3Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G GmbH & Co. Containerschiff KG (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) und nimmt den Beklagten nach erstinstanzlicher Abweisung der Klage im Berufungsverfahren weiterhin als Kommanditisten auf Rückzahlung von Ausschüttungen i.H.v. 17.000,00 € in Anspruch.
4Die im Jahr 2003 gegründete Insolvenzschuldnerin ist ein Publikumsfonds, der den Erwerb und Betrieb der Containerschiffe MS „B“ und MS „B2“ zum Gegenstand hatte. Die Schiffe wurden mittels Schiffshypothekendarlehen der I AG und der D sowie Einlagen der Kommanditisten finanziert. In dem Verfahren mit dem Az. 67b IN 18/13 Amtsgericht Hamburg wurde mit Beschluss vom 21.02.2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Anlage K 1). Der Beklagte war entsprechend seiner Eintragung im Handelsregister A des Amtsgerichts Hamburg als Kommanditist an der Insolvenzschuldnerin mit einer Kommanditeinlage i. H. v. 50.000,00 € beteiligt (HRA ###70, Anlage K 5).
5In den Jahren von 2004 bis 2008 erhielt der Beklagte von der Insolvenzschuldnerin Ausschüttungen nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB in einer Gesamthöhe von 24.500,- €, wegen deren Zusammensetzung auf S. 2 des angefochtenen Urteils verwiesen wird. In den Zeitpunkten der Ausschüttungen waren diese jeweils nicht durch Vermögenseinlagen gedeckt.
6Im Jahre 2010 führte der Beklagte im Rahmen eines Sanierungsverfahrens 7.500,- € an die Insolvenzschuldnerin zurück. Nach der Insolvenzeröffnung vom 21.02.2013 wurden nach den Angaben des Klägers bis zum Stichtag 22.02.2017 Forderungen von 38 Gläubigern in Gesamthöhe von 18.865.059,18 € zur vom Kläger mit „winsolvenz“ erstellten Insolvenztabelle nach § 175 InsO angemeldet (Anlage K 2); diese sollen in der aus der Tabellenstatistik Anlage K 10 ersichtlichen jeweiligen Höhe durch das Insolvenzgericht festgestellt, für den Ausfall festgestellt, bestritten bzw. zurückgenommen worden sein. Die Einzelheiten und Zusammensetzung hat der Beklagte erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten. Auf zwei Insolvenzanderkonten waren zum einen zum 06.02.2018 ein Guthaben von 3.967.775,71 € (Anlage K 8) und zum anderen zum 23.12.2016 ein Guthaben von 226.066,73 USD (Anlage K 4) vorhanden; auch dies sowie spätere Kontenstände hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten.
7Mit seiner seit dem 24.02.2017 beim Landgericht Arnsberg anhängigen und seit dem 28.03.2017 rechtshängigen Klage hat der Kläger eine Hauptforderung von 17.000,- € nebst Zinsen aus wieder aufgelebter Kommanditistenhaftung gerichtlich geltend gemacht. Er hat erstinstanzlich zuletzt behauptet, dass beide Schiffe mittlerweile verkauft seien, die MS B für 6.000.000,- $ und die MS B2 für 6,75 Millionen $. Er warte noch auf Mitteilung der beiden Schiffshypothekengläubigerinnen nach § 190 InsO, ob/inwieweit diese bei der Befriedigung aus dem Sicherungsgut mit ihren Forderungen ausgefallen seien. Die Inanspruchnahme der schuldnerischen Kommanditisten sei jedenfalls erforderlich. Guthaben auf den beiden Anderkonten zum 20.08.2018 von nunmehr insgesamt 4.427.178,97 € stünden festgestellte Insolvenzforderungen von 91.997,40 €, für den Ausfall festgestellte Insolvenzforderungen von 11.456.908,77 €, bestrittene Insolvenzforderungen von 235.239,49 € und nachgemeldete Insolvenzforderungen von 144.468,59 € gegenüber, so dass sich die Unterdeckung ohne Verfahrenskosten auf -7.501.435,28 € belaufe.
8Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, an ihn 17.000,00 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Der Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er hat behauptet und die Auffassung vertreten, dass seine Inanspruchnahme zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger jedenfalls nicht erforderlich sei. Die jeweiligen Insolvenzforderungen und die Zahlen hinsichtlich des Verkaufs der Schiffe hat er jeweils mit Nichtwissen bestritten. Er hat gemeint, dass die Verkaufspreise der Schiffe nach ordnungsgemäßer Abrechnung in die Tabelle aufzunehmen und dort zu aktualisieren seien.
13Das Landgericht hat dem Kläger mit Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 20.07.2018 aufgegeben, die amtliche Insolvenztabelle binnen drei Wochen vorzulegen. Dieser Auflage ist der Kläger bis zum Ende der für die Entscheidung im schriftlichen Verfahren gesetzten Schriftsatzfrist bis zum 31.10.2018 nicht nachgekommen.
14Das Landgericht Arnsberg hat mit dem erstinstanzlichen Urteil vom 30.11.2018 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage zulässig, aber unbegründet sei. Der Streitgegenstand sei hinreichend bestimmt, es liege keine zu unbestimmte Teilklage vor. Auch die Rechtswegzuständigkeit der Kammer sei gegeben. Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Zahlung von 17.000,00 € aus den §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 S. 2 HGB nicht schlüssig dargelegt. Zwar sei es nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2018 ausreichend, wenn der Kläger die Insolvenztabelle mit den festgestellten Forderungen vorlege, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könnten. Der Kläger habe jedoch keine gerichtliche Insolvenztabelle vorgelegt. Die von ihm vorgelegten Ausdrucke der bei ihm selbst genutzten Software „winsolvenz“ genügten den Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Dies ergebe sich daraus, dass sich nur aufgrund der gerichtlichen Tabelle mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO eine Rechtskraftwirkung ergebe, die ein Ausdruck aus der beim Kläger intern geführten Software nicht zu erzeugen vermöge. Trotz Auflage der Kammer habe der Kläger die gerichtliche Insolvenztabelle nicht vorgelegt. Der stattdessen mögliche schlüssige Vortrag der einzelnen Gläubigerforderungen sei dem Kläger ebenfalls nicht gelungen. Der zu einzelnen ausgewählten Forderungen erfolgte Vortrag genüge vom Umfang her ersichtlich nicht für die Annahme, dass die Verbindlichkeiten nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könnten. Das vorgelegte Schreiben der I AG vom 14.11.2017 über eine nach Verwertung „des Schiffes“ noch auf 6.567.659,06 € zu beziffernde Forderung sei nicht konkret genug, weil sich aus ihm nicht ergebe, ob dies auch die Verwertung des anderen Schiffes mit umfasse. Insoweit habe der Kläger zuletzt mitgeteilt, nach Veräußerung der Schiffe noch auf die abschließende Mitteilung der Schiffshypothekengläubigerinnen über ihren Ausfall zu warten. Der Beklagte habe das Bestehen der Forderungen, die ordnungsgemäße Anmeldung und Prüfung sowie den vom Kläger mitgeteilten Stand der Aktiva und Passiva bestritten.
15Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und macht zur Begründung seines weiterverfolgten Antrags erster Instanz im Wesentlichen Folgendes geltend:
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Die Entscheidung des Landgerichts sei mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht vereinbar. Auch in dem durch diesen mit Urteil vom 20.02.2018 bei einem gleich gelagerten Sachverhalt entschiedenen Fall sei die gerichtliche Insolvenztabelle nicht vorgelegt worden. Vielmehr genüge er – der Kläger – seiner Darlegungslast durch die Vorlage der von ihm geführten Insolvenztabelle gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 InsO. Der Bundesgerichtshof habe zu keinem Zeitpunkt die Vorlage der gerichtlichen Insolvenztabelle zur Darlegung der Insolvenzforderungen gefordert. Vielmehr habe er bereits mit Urteil vom 18.10.2011 entschieden, dass der Insolvenzverwalter seiner Darlegungslast durch Vorlage einer bloßen Forderungsaufstellung genüge.
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Das Oberlandesgericht Frankfurt habe im hiesigen Insolvenzverfahren aktuell entschieden, dass er – der Kläger – seiner Substantiierungslast bereits dann genüge, wenn er die durch ihn selbst erstellte Tabelle gemäß § 175 InsO in das Verfahren einführe. Demgegenüber habe das Landgericht seine – des Klägers – Darlegungslast überspannt.
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Schließlich habe das Landgericht auch verkannt, dass der Beklagte hinsichtlich der festgestellten Insolvenzforderungen – auch der Ausfallforderungen (vor allem der I AG) - mit jeglichen Einwendungen aufgrund der Rechtskrafterstreckung auf den Kommanditisten ausgeschlossen sei. Das Landgericht habe das Bestreiten des Beklagten daher schon nicht berücksichtigen dürfen.
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Mit Schriftsatz vom 15.08.2019 hat der Kläger unter Vorlage eines aktuellen Kontoauszuges (Anlage BK 2), einer Kopie der Tabelle des Amtsgerichts Hamburg im Insolvenzverfahren nebst angepasster eigener Tabellenstatistik (Anlage BK 3), eines Beschlusses des Amtsgerichts Hamburg zur Anmeldung gem. § 39 InsO nachrangiger Gläubigerforderungen bis zum 09.08.2019 (Anlage K 4) sowie Korrespondenz über die Forderungsaufstellung mit dem Amtsgericht Hamburg und der Rechtsnachfolgerin der I AG (Anlage K 5) behauptet, dass sich das inzwischen nach Übertragung des Guthabens vom USD-Konto auf das EUR-Insolvenzverwalterkonto nur noch auf diesem geführte Guthaben auf 4.777.913,06 € zum 14.08.2019 belaufe, vorrangige Insolvenzforderungen von 6.176.666,37 € festgestellt worden seien und zudem feststellungsfähige nachrangige Forderungen i.H.v. 1.586.891,46 € angemeldet worden seien.
Der Kläger beantragt,
22unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 17.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Berufungsangriffe des Klägers und macht hierzu im Wesentlichen Folgendes geltend:
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Das Landgericht habe zutreffend entschieden, dass der Kläger nicht schlüssig dargelegt habe, dass im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung Forderungen von Gesellschaftsgläubigern bestünden, für welche er – der Beklagte – hafte und die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könnten.
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Die Entscheidung des Landgerichts befinde sich auf einer Linie mit anderweitigen ober- und höchstrichterlichen Entscheidungen zur identischen Insolvenzmasse des OLG Koblenz, LG Kempten, OLG Bamberg und LG München, deren Begründungen er – der Beklagte – sich zu eigen mache.
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Sollte der Senat hiervon abweichend entscheiden wollen, wäre wegen Divergenz zu den genannten Entscheidungen die Revision zuzulassen. Das OLG Frankfurt habe in der vom Kläger zitierten Entscheidung aus diesem Grunde die Revision zugelassen.
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Mit den Anl. K 2 und K 10 habe der Kläger über die angemeldeten Forderungen jeweils nur einen Eigenbeleg vorgelegt. Es mangele weiter an der Vorlage einer gerichtlichen Tabelle mit festgestellten Forderungen. Diese werde gemäß § 178 Abs. 2 InsO zum Prüftermin von dem Insolvenzgericht erstellt und ab diesem Zeitpunkt dort weitergeführt. Dem Eigenbeleg eines Verwalters könne nicht die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 20.02.2018 behandelte Rechtskrafterstreckung auf Dritte zukommen.
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Der Insolvenzverwalter habe seine Klage nach § 253 ZPO zu substantiieren. Dies gelte insbesondere auch für die Niederlegung hinsichtlich der Insolvenzgläubigerforderungen auf Passivseite und Änderungen auf Aktivseite in Ergänzung der Tabelle.
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Soweit dem Streitstoff des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof vom 20.02.2018 eine mit „winsolvenz“ erstellte Tabelle zugrunde gelegen habe, sei dies vom dortigen Beklagten nicht wie vorliegend mit konkreten Angriffen gegen die Tabelle unter dem Gesichtspunkt der Vorlage eines Eigenbeleges thematisiert worden.
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Selbst wenn man die Anl. K 2 und K 10 als ausreichend zur Substantiierung der Gläubigerforderungen ansehen wolle, habe der Kläger die Höhe der Aktiva und Passiva nicht schlüssig dargelegt. Zudem seien die Zahlungsangaben des Klägers zu den Verkaufserlösen der Schiffe und den Ausfallforderungen der D und I dem Grunde und der Höhe nach unplausibel und würden weiterhin bestritten.
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In zwei Parallelverfahren zur identischen Insolvenzmasse vor dem OLG München habe der Kläger die Verfahren vor dem Hintergrund für erledigt erklärt, dass der Kläger eine Forderung des Finanzamtes aus Gewerbesteuer i.H.v. rund 2 Mio. € bedingt durch den Verkauf des Schiffes im Insolvenzverfahren unzulässig aus durch die Einzahlungen von Kommanditisten vorhandenen Mitteln beglichen habe und diese der Insolvenzmasse daher hinzuzurechnen seien. Dann ergebe sich keine Masseunterdeckung.
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Er – der Beklagte – sei auch keineswegs insgesamt mit Einwendungen gegen die festgestellten Forderungen ausgeschlossen. Vielmehr unterfielen konkrete Einwendungen der vom Bundesgerichtshof vorgesehenen einschränkenden Auslegung des § 129 HGB. Auch im Falle einer festgestellten Forderung, die offensichtlich unberechtigt sei, könne die Klage unbegründet sein.
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Überdies treffe den Kläger die sekundäre Darlegungslast, insbesondere die Höhe der Ausfallforderungen darzulegen. Hinsichtlich der Ausfallforderungen der I und der D bestehe prozessual noch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage, sondern nur dem Grunde nach. Dementsprechend sei in dem Verfahren vor dem OLG Bamberg mit vergleichbarem Sachverhalt auf eine Feststellungsklage umgestellt worden.
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Schließlich sei unabhängig davon die Tabelle hinsichtlich der für den Ausfall festgestellten Forderungen der I unstreitig inhaltlich falsch, weil diese und nicht die B3 Management als Gläubigerin bezeichnet sei. Der Kläger müsse insoweit zur Substantiierung der Forderung die Titelumschreibung nach § 727 ZPO oder ähnliches nachweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen verwiesen.
39II.
40Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg, denn seine Klage ist zulässig und begründet.
41A. Zulässigkeit der Berufung:
42Die Berufung des Klägers ist gemäß § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegen das im ersten Rechtszug ergangene Endurteil des Landgerichts, das ihn mit mehr als 600,00 € beschwert, statthaft. Sie ist auch fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 517 ZPO schriftlich beim Senat eingelegt worden (§ 519 Abs. 1 ZPO) und innerhalb der Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO vor dem Senat begründet worden.
43B. Begründetheit der Berufung:
44Die Berufung des Klägers ist begründet, weil das Landgericht die Klage zu Unrecht als zwar zulässig, aber unbegründet abgewiesen hat.
45I. Zulässigkeit der Klage
461. Zuständigkeit
47Die vom Landgericht erstinstanzlich angenommene örtliche und sachliche Zuständigkeit unterliegt grundsätzlich gem. § 513 Abs. 2 ZPO nicht der Überprüfung durch den Senat. Allerdings hat das Landgericht seine Rechtswegzuständigkeit – bzgl. derer grundsätzlich gem. § 17 a Abs. 5 GVG ebenfalls Bindung für den Senat besteht - in dem angefochtenen Urteil festgestellt, ohne hierüber – wie es geboten gewesen wäre - vorab durch rechtsmittelfähigen Beschluss zu entscheiden (vgl. Musielak/Voit/Wittschier, GVG, § 17 a Rn. 19-22, beck-online). Jedoch ergibt die deshalb notwendige eigene Sachprüfung des Senats, dass das Landgericht zu Recht von seiner Rechtswegzuständigkeit für die Haftung aus § 171 Abs. 2 HGB ausgegangen ist, auch wenn der Anspruch anteilig materiell durch Steuerforderungen ausgefüllt sein sollte (vgl. Senat, Urteil vom 11.06.2018, 8 U 124/17, juris, Rn. 8).
482. Teilklage
49Die Klage ist zulässig. Insbesondere liegt in der vorliegend Konstellation – wie der Bundesgerichtshof in einem anderen Verfahren geklärt hat (BGH, Urt. v. 20.02.2018, II ZR 272/16) - keine unzulässige Teilklage vor. Anders als bei der Geltendmachung der persönlichen Haftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 93 InsO stellt die Inanspruchnahme eines Kommanditisten durch den Insolvenzverwalter gemäß § 171 HGB keine Teilklage dar, wenn dessen noch offene Haftsumme insgesamt geltend gemacht wird. Es bedarf dann keiner Klarstellung, welche konkreten Gläubigerforderungen in welcher Reihenfolge geltend gemacht werden. Denn der Kommanditist haftet im Gegensatz zum Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht unbeschränkt, sondern nur im Umfang seiner Haftungssumme. Die vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage dient der gleichmäßigen anteiligen Befriedigung aller berechtigten Gläubiger. Daher definiert in der Insolvenz nicht die einzelne Gläubigerforderung, sondern die insgesamt bestehende Außenhaftung des Kommanditisten den Streitgegenstand.
503. Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters
51Die grundsätzliche Prozessführungsbefugnis des Klägers als Insolvenzverwalter gemäß § 171 Abs. 2 HGB steht vorliegend zwischen den Parteien nicht in Streit.
52Soweit der Beklagte unter Hinweis auf verschiedene Verfügungen des Amtsgerichts Hamburg als Insolvenzgericht des Verfahrens 67b IN 18/13 geltend macht, dass eine Masseunzulänglichkeit vorliege, die der Kläger habe anzeigen müssen, weil der Beklagte als Kommanditist nicht für Masseschulden und Massekosten hafte, sondern der eingezogene Betrag vielmehr den Gesellschaftsgläubigern zugutekommen müsse, greift dies nicht durch.
53Die nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB eingezogenen Beträge dürfen nach überwiegender Auffassung, der der Senat folgt, grundsätzlich nicht zur Deckung von Verfahrenskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten herangezogen werden. Zwar ist der Anspruch nach § 171 Abs. 2 HGB bei der Massekostendeckungsprüfung (§ 26 InsO) so zu berücksichtigen, als stünde er der Masse zu, damit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mangels Masse abgelehnt werden muss, obwohl die Geltendmachung der Außenhaftung eine (ggf. anteilige) Befriedigung von Insolvenzgläubigern ermöglichen würde (vgl. z. B. Haas/Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 171 Rn. 62). Daraus folgt aber nicht, dass die Kommanditisten zur Deckung der Verfahrenskosten und zur Begleichung von Masseverbindlichkeiten herangezogen werden dürfen. Denn die Befugnis, Forderungen der Gläubiger gegen Gesellschafter gebündelt einzuziehen, setzt bereits bei Verfahrenseröffnung begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft voraus (BGH, Teilurteil vom 24. September 2009, IX ZR 234/07, Rn. 15, juris).
54Der Senat hat in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung geklärt, wie sich eine – anders als vorliegend vom Insolvenzverwalter angezeigte – Masseunzulänglichkeit auf die Außenhaftung des Kommanditisten für Gläubigerforderungen auswirkt:
55Es ist entscheidend, ob die auf dem Insolvenzanderkonto vorhandenen liquiden Mittel die Verfahrenskosten und die sonstigen Masseverbindlichkeiten mehr als abdecken, sodass nach deren Bereinigung aus der Insolvenzmasse absehbar ein nicht unerheblicher Betrag verbleiben wird, der ungeachtet einer möglichen ursprünglichen Masseunzulänglichkeit an die Insolvenzgläubiger zu verteilen sein wird (Senat, Urteil vom 11.06.2018, 8 U 124/17, juris Rn. 29; Urteil vom 10.07.2019, 8 U 159/18). Das ist hier im Rahmen der für die Zulässigkeit der Klage relevanten Prozessführungsbefugnis des Klägers nach seinem insoweit hier ausreichenden schlüssigen Tatsachenvortrag zweifelsfrei der Fall:
56Nach dem letzten Schriftsatz vom 15.08.2019, der Tatsachenvortrag enthält, der angesichts der Entwicklung des Insolvenzverfahrens in erster Instanz noch nicht vorgetragen werden konnte (vgl. §§ 529-531 ZPO), beträgt der Massebestand zum 14.08.2019 4.777.913,06 €, während die Insolvenzforderungen i.H.v. 6.176.666,37 € festgestellt sind und die Masseforderungen jedenfalls deutlich darunter liegen. Eine Masseunzulänglichkeit liegt damit nicht vor und die Klageforderung kann jedenfalls den Gläubigern zugutekommen, was für die Prozessführungsbefugnis ausreicht.
57II. Begründetheit der Klage
581. Hauptanspruch aus Kommanditistenhaftung
59Die Begründetheit der Klageforderung i. H. v. 17.000,00 € ergibt sich aus den §§ 161, 128, 171, 172 Abs. 4 HGB.
60Der Beklagte schuldet als Kommanditist die Zahlung des Betrages zur Masse, mit dem er haftet und der zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird (vgl. Baumbach/ Hopt/Roth, HGB, 38. Aufl., § 171 Rn. 12, beck-online; Senat, Urt. v. 07.07.2010, 8 U 106/09, Rn. 27, juris).
61Gemäß Anl. K 5 ist der Beklagte im Handelsregister A des Amtsgerichts Hamburg unter der Nummer HRA ##### in der Liste der Kommanditisten der Insolvenzschuldnerin eingetragen. Er ist damit formell wirksam als Kommanditist festgestellt. Mit der wirksamen Anmeldung sowie Bekanntmachung der Eintragung des Kommanditisten und des Betrags seiner Einlage gemäß § 162 Abs. 1 und Abs. 2 HGB wirkt die Eintragung bezüglich des Umfangs der Haftung des Kommanditisten gemäß §§ 172 ff. HGB verbindlich (Baumbach/Hopt/Roth, a.a.O., § 162 Rn. 6, § 172 Rn. 1).
62Ursprünglich hatte der Kläger seine sich aus der Eintragung im Handelsregister ergebende Hafteinlage i. H.v. 50.000,00 € vollständig erbracht und war damit von einer weitergehenden Haftung im Außenverhältnis frei.
63a) Wiederaufleben der Haftung
64Die ursprünglich durch Leistung gemäß § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB erloschene Haftung gemäß § 172 Abs. 4 S. 1, 2 HGB ist aber teilweise – zunächst i.H.v. 24.500,00 € - wieder aufgelebt.
65Eine Rückzahlung der Einlage im Sinne v. S. 1 dieser Bestimmung ist jede Zuwendung an einen Kommanditisten, durch die dem Gesellschaftsvermögen ein Wert ohne entsprechende Gegenleistung entzogen wird. Darunter fallen auch (im Gesellschaftsvertrag vorgesehene) Ausschüttungen, wenn die Zahlung nicht aus dem Gewinn geleistet werden kann und das Kapitalkonto unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine bestehende Belastung vertieft. Aber auch die Entnahme von Gewinnanteilen ist nach S. 2 haftungsschädlich, wenn der Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit er durch die Entnahme unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird (Baumbach/Hopt/ Roth, a.a.O., § 172 Rn. 4-12, beck-online). Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt, dass der Gläubiger bzw. Insolvenzverwalter die Tatsache geschehener Zuwendungen an den Kommanditisten nachweisen muss, während Letzterer die Voraussetzungen ihrer Haftungsunschädlichkeit darzulegen hat (Haas/Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, a.a.O., § 172 Rn. 45; Baumbach/Hopt/Roth, a.a.O., § 172 Rn. 12, beck-online; BGH, Urt. v. 11.12.1989, II ZR 78/89, BGHZ 109, S. 334-344, Rn. 14).
66Gemessen daran ist hier von einem Wiederaufleben der Haftung in Höhe der Klageforderung auszugehen. Unstreitig hat der Beklagte im Zeitraum von 2004 bis 2008 von der Insolvenzschuldnerin Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 24.500,00 € erhalten. Der Kläger hat erstinstanzlich dargelegt, dass die Ausschüttungen an den Beklagten nicht durch Vermögenseinlagen gedeckt gewesen seien, dadurch der Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabgemindert worden sei und daher der Betrag gemäß den §§ 171 Abs. 2, 174 Abs. 1, Abs. 4 HGB an ihn – den Kläger – zurückzuzahlen sei. Diesem schlüssigen Vortrag ist der Beklagte nicht hinreichend entgegengetreten. Er hätte näher darlegen und zahlenmäßig aufschlüsseln müssen, dass sein Kapitalkonto auch unter Berücksichtigung der Ausschüttungen jeweils auskömmlich oberhalb der Hafteinlage lag. Da hierzu keine näheren Ausführungen durch den Beklagten erfolgt sind, können die von ihm darzulegenden Voraussetzungen einer Haftungsunschädlichkeit nicht festgestellt werden; vielmehr ist von einer unstreitigen Haftungsschädlichkeit der Ausschüttungen auszugehen.
67Die Rückzahlung von 7.500,00 € in 2010 hat anteilig zu einem erneuten Erlöschen der Haftung gemäß § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB geführt. Dies berührt aber nicht die Haftung für den hier geltend gemachten Restbetrag von 17.000,00 €.
68b) Aktivlegitimation
69Der Kläger ist als Insolvenzverwalter gemäß § 171 Abs. 2 HGB kraft Amtes nicht nur prozessual legitimiert, die Haftung als gesetzlicher Prozessstandschafter der Gläubiger gegenüber dem Beklagten geltend zu machen (s. o.), sondern seine Einziehungsbefugnis umfasst materiell-rechtlich die Aktivlegitimation für sämtliche Haftungsforderungen der Gesellschaftsgläubiger, die ihre Forderungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft angemeldet haben, selbst wenn die Insolvenzforderungen vom Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger bestritten und die Widersprüche nicht beseitigt worden sind (BGH, Urt. v. 17.12.2015, IX ZR 143/13, BGHZ 208, S. 227-242).
70c) Gläubigerforderungen
71Der Klageforderung stehen Gläubigerforderungen in übersteigender Höhe gegenüber. Die Haftung aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB setzt voraus, dass Forderungen von Insolvenzgläubigern mindestens in Höhe des geltend gemachten Haftungsbetrages bestehen. Insoweit trifft den klagenden Insolvenzverwalter im Ausgangspunkt die Darlegungs- und Beweislast und kommt für den Fall des Nachweises der Insolvenztabelle die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils zu, und zwar im Hinblick auf § 201 Abs. 2 InsO auch gegenüber Kommanditisten (BGH, Urt. v. 20.02.2018, II ZR 272/16, juris, Rn. 13 ff., 22 ff.).
72aa) Zwischen den Parteien steht in Streit, ob – wofür grundsätzlich der Kläger darlegungs- und beweisbelastet ist – überhaupt wirksam zur Insolvenztabelle angemeldete und festgestellte Gläubigerforderungen bestehen bzw. ob der Kläger diese im Prozess schlüssig dargelegt hat, insbesondere, ob für den Vortrag zu den Gläubigerforderungen die von dem Kläger in seiner Funktion als Insolvenzverwalter selbst erstellte und vorgelegte Insolvenztabelle (§ 175 InsO) nebst „Tabellenstatistik“ (Anlage K 10) ausreicht oder hierfür die Vorlage der von dem Insolvenzgericht gem. § 178 InsO zum Prüftermin erstellten und erforderlichenfalls weitergeführten Insolvenztabelle ausreicht.
73bb) Der Senat hat vor dem Hintergrund der o. g. Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2018 (a.a.O., Rn. 15) erhebliche Zweifel an der vom Landgericht unter Verweis auf einen Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Koblenz, Urteil vom 06.11.2018, 3 U 265/18; OLG Bamberg, Beschluss vom 05.11.2018, 4 U 3/18; OLG München, Beschluss vom 23.04.2019, 18 U 2990/18, Beschluss vom 24.04.2019, 18 U 3194/18) vertretenen Rechtsauffassung, dass schon zur hinreichend bestimmten (§ 253 Abs. 2 ZPO) oder jedenfalls zur inhaltlich schlüssigen Darlegung der der Forderung gegen den Kommanditisten zu Grunde liegenden Gläubigerforderungen die Vorlage einer (beglaubigten) Abschrift der vom Insolvenzgericht angefertigten Insolvenztabelle im Sinne des § 178 InsO erforderlich sei. Diese Rechtsprechung dürfte die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers (vgl. zu den Anforderungen an die wechselseitigen Darlegungslasten im Zivilprozess grundlegend Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 138 Rn. 7 b, 8 a; BGH, NJW 2015, S. 468, 469) unter Vermischung mit der hiervon zu trennenden möglichen Rechtskraftwirkung von zur Insolvenztabelle festgestellten Gläubigerforderungen überspannen. Letztlich kann der Senat diese Frage jedoch im Ergebnis offen lassen.
74cc) An dem obigen Maßstab gemessen hat der Kläger seine Darlegungslast nämlich jedenfalls inzwischen durch seinen Vortrag zu den im Insolvenzverfahren angemeldeten, festgestellten und bestrittenen Gläubigerforderungen unter Vorlage und Bezugnahme auf eine Kopie der vom Amtsgericht Hamburg erstellten Insolvenztabelle nach § 178 InsO (Anlage BK 3) erfüllt. Danach bestehen nach § 38 InsO angemeldete Gläubigerforderungen in Gesamthöhe von 6.562.659,86 €, die i.H.v. 6.176.666,37 € festgestellt und i.H.v. 385.993,49 € bestritten worden sind. Nachrangige Tabellenforderungen i. S. d. § 39 Nr. 1 InsO (seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Forderungen der Insolvenzgläubiger anfallende Zinsen) sind – wie die Klarstellung des Klägers bzgl. der Abweichung des Vortrags im Schriftsatz vom 15.08.2019 und der Tabelle nach § 178 InsO in der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2019 ergeben hat – i.H.v. 1.837.891,46 € angemeldet worden, davon i.H.v. 251.851,10 € bestritten und i.H.v. 1.586.040,36 € festgestellt worden bzw. feststellungsfähig.
75Diesen neuen Vortrag und die Übereinstimmung des Inhalts der in Kopie vorgelegten gerichtlichen Insolvenztabelle (§ 178 InsO) mit dem Originaldokument hat der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht weder schriftsätzlich noch mündlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senats vom 02.09.2019 bestritten, obwohl für ihn eine tatsächliche Erklärung zu dem Inhalt des direkt von Anwalt zu Anwalt zugestellten Schriftsatzes vom 15.08.2019 innerhalb von rund zwei Wochen unter Beachtung des Maßstabs der §§ 138, 139, 282 ZPO möglich und zumutbar gewesen wäre. Da der neu vorgetragene Tatsachenstoff unstreitig ist und sein erstmaliger Vortrag im Berufungsverfahren zudem auf der zeitlichen Entwicklung des Insolvenzverfahrens beruht – also nach dem landgerichtlichen Urteil teilweise geänderte Tatsachen betrifft -, ist der Kläger mit seinem Vorbringen nicht gem. den §§ 529-531 ZPO präkludiert.
76Soweit der Beklagte die Gläubigerforderungen erstinstanzlich noch damit bestritten hat, dass zum Vortrag der wirksamen Anmeldung zur Insolvenztabelle Angaben und Belege zum jeweiligen Auftraggeber der Anmeldung sowie zu den Grundlagen der Forderungen (Rechnungen, Lieferscheine etc.) gehörten, ist dies nach der o. g. Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs jedenfalls nicht erforderlich, denn es handelt sich um Angaben, die selbst in der amtlichen Tabelle des Insolvenzgerichts nach § 178 InsO nicht enthalten sind. Im Übrigen fehlt es an hinreichend konkretem Tatsachenvortrag des Beklagten, der im vorliegenden Insolvenzverfahren Zweifel an der Wirksamkeit der einzelnen Forderungsanmeldungen begründen könnte (vgl. dazu Senat, Urteil vom 11.06.2018, 8 U 124/17, a.a.O., Rn. 27).
77dd) Auch die rechtlichen Angriffe gegen die den vorgelegten Tabellen zugrunde liegenden Gläubigerforderungen greifen nicht durch:
78(1) Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass es auf die nunmehr vorgelegte gerichtliche Insolvenztabelle wegen des Zeitablaufs seit dem mehrere Jahre zurück- liegenden Prüftermin der angemeldeten Forderungen nicht ankommen könne, weil die dortigen Zahlen nicht notwendig identisch mit der aktuellen eigenen Tabelle und Tabellenstatistik des Klägers seien, greift dieser Einwand nicht durch. Die von dem Kläger in Kopie vorgelegte gerichtliche Insolvenztabelle datiert nämlich nach ihrem Inhalt – Eintragungen in der Rubrik „Berichtigung“ unter den Nr. 28, 31 und 33 – frühestens von Ende Mai 2019, ist also bzgl. der ursprünglich angemeldeten und im letzten Prüftermin festgestellten Forderungen aktuell und ganz weitgehend identisch mit der eigenen aktualisierten Tabelle des Klägers zum 15.08.2019 (Anlage BK 3). Im Juli/August 2019 hinzugekommen und bisher nur in der aktuellen Tabellenstatistik des Klägers enthalten sind lediglich i.H.v. 1.586.040,36 € festgestellte nachrangige Forderungen nach § 39 Nr. 1 InsO, die der Beklagte indes in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten hat.
79(2) Soweit der Beklagte einzelne Gläubigerforderungen in ihrer rechtlichen Berechtigung angreift (lfd. Nr. 25 FHT Treuhand GmbH im Hinblick auf vorrangige Sozialansprüche, lfd. Nr. 33 I AG, da Forderungsinhaberin die B3 Management sei und eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO nicht vorgelegt worden sei), kann der Senat dies nicht zugunsten des Beklagten berücksichtigen:
80Der Senat gelangt aus den obigen Gründen zu der tatsächlichen Überzeugung i.S.d. § 286 ZPO, dass Insolvenzforderungen im dargelegten Umfang bestehen, die die Klageforderung bei weitem übersteigen. Selbst wenn unstreitig sein sollte, dass eine einzelne Insolvenzgläubigerin falsch angegeben worden ist (I AG oder B3 Management) und dass bzgl. der Insolvenzforderung Nr. 25 an sich vorrangige Sozialansprüche zu berücksichtigen gewesen wären, sind doch Grund und Höhe der zugrunde liegenden Forderung in der vorgelegten gerichtlichen Insolvenztabelle der Rechtskraftwirkung fähig festgestellt worden (§§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 1 InsO, vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2018, II ZR 272/16, Rn. 21-24).
81d) Einlagenleistung zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich
82Schließlich ist die Leistung des Beklagten auch zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich.
83aa) Der Beklagte schuldet als Kommanditist die Zahlung des Betrages, mit dem er grundsätzlich haftet, nur insoweit zur Masse, als es zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Eine solche Erforderlichkeit wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vermutet. Daher trifft die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer fehlenden Erforderlichkeit den in Anspruch genommenen Kommanditisten, während den klagenden Insolvenzverwalter eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft trifft, sofern nur er dazu im Stande ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1989, II ZR 78/89, BGHZ 109, S. 334-344, Rn. 15).
84bb) An diesem Maßstab gemessen hat der Beklagte die vermutete Erforderlichkeit seiner Inanspruchnahme nicht widerlegt. Vorliegend ergibt sich vielmehr die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Beklagten schon unter ausschließlicher Berücksichtigung nur der widerspruchslos festgestellten Forderungen. Allein unter Berücksichtigung der festgestellten vorrangigen Insolvenzforderungen nach § 38 InsO von 6.176.666,37 € ist die Inanspruchnahme des Beklagten zur auch nur anteiligen Befriedigung der Gläubiger erforderlich.
85Diesen Forderungen steht nämlich – nach der unbestritten gebliebenen Übertragung des Guthabens vom USD-Konto auf das EUR-Insolvenzverwalteranderkonto - ein nur noch auf diesem geführtes Guthaben von 4.777.913,06 € zum 14.08.2019 als aktuelle Insolvenzmasse gegenüber. Die Unterdeckung beträgt -1.398.753,31 €. Den Inhalt des in Kopie vorgelegten Kontoauszuges des EUR-Anderkontos mit dem Endstand 14.08.2019 (die Zahlungsflüsse vom 13.08.2019 sind berücksichtigt), dem als Privaturkunde nach § 416 ZPO – ebenso wie den zuvor vorgelegten früheren Kontoauszügen - die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukommt (vgl. Geimer, in: Zöller, a.a.O., § 416 Rn. 10), kann der Beklagte nicht in zulässiger Weise einfach gem. § 138 Abs. 1 u. 2 ZPO bzw. mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten. Vielmehr hätte der Beklagte angesichts der eingetretenen Umkehr der Darlegungs- und Beweislast die Echtheit der Kopie substantiiert bestreiten und seinerseits konkrete abweichende Tatsachen darlegen und unter Beweis stellen müssen.
86cc) Soweit der Beklagte – gestützt auf obergerichtliche Rechtsprechung (Entsch. des OLG Dresden vom 27.06.2019, 8 U 2001/18; Hinweisbeschluss des OLG Stuttgart vom 01.08.2019, 20 U 6/19) – geltend macht, dass in die Berechnung der Insolvenzmasse nicht lediglich das aktuelle Kontoguthaben einzustellen sei, sondern dieses um 2.018.974,30 € fiktiv zu erhöhen sei, weil der Kläger mit den eingezogenen Kommanditeinlagen (insg. 6.936.984,22 € per 19.07.2019) insoweit fehlerhaft trotz nicht gegebener Haftung der Kommanditisten für Masseverbindlichkeiten nach den §§ 54, 55 InsO eine Forderung des Finanzamts auf Zahlung von Gewerbesteuer nach Veräußerung der Schiffe erfüllt habe, kann der Senat ebenso offen lassen wie die Beantwortung der vom Beklagten aufgeworfenen Frage, ob bereits durch die Einziehung von Kommanditeinlagen durch den Insolvenzverwalter in Höhe von mehr als 6,9 Mio. € die Insolvenzgläubigerforderungen im Rang des § 38 InsO vollständig erfüllt wurden.
87Im Ergebnis kommt es auf die Entscheidung der aufgeworfenen Fragen nicht an, weil selbst dann, wenn man statt des tatsächlichen Guthabens die gesamten eingezogenen Kommanditistenbeiträge berücksichtigen würde, eine Unterdeckung anzunehmen ist:
88Der Senat ist nämlich der Auffassung, dass die Forderungen im Rang des § 39 Nr. 1 InsO bei der Betrachtung der Unterdeckung ebenfalls zu berücksichtigen sind. Wenn man auch insoweit nur die nach der unbestrittenen aktuellen Tabellenstatistik zum 15.08.2019 festgestellten bzw. feststellungsfähigen Forderungen von 1.586.891,46 € heranzieht, betragen die Insolvenzforderungen schon (6.176.666,37 € + 1.586.891,46 € =) 7.763.557,83 €. Selbst wenn noch weitere Masseverbindlichkeiten wie etwa Kosten zu bedienen sein sollten, übersteigen diese Forderungen die eingezogenen Kommanditistenbeiträge von ca. 6,9 Mio. € deutlich.
89Der Senat sieht keinen Grund, eine Haftung der Kommanditisten für Zinsforderungen von Insolvenzgläubigern auf Insolvenzforderungen (Gegenstand des § 39 Nr. 1 InsO) zu verneinen. Diese Zinsforderungen sind nämlich nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden, sondern haben ihren Ursprung in zuvor durch die Insolvenzschuldnerin begründeten Forderungen bzw. in deren Nichterfüllung. Das betrifft andere Sachverhalte als Masseforderungen nach den §§ 54, 55 InsO, zu denen die einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 24.09.2009, IX ZR 234/07 Rn. 10 ff.; Urt. v. 17.12.2015, IX ZR 143/13 Rn. 11 f.) ergangen sind. Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob diese Rechtsprechung, die zu unbeschränkt haftenden Gesellschaftern ergangen ist, überhaupt auf Kommanditisten anwendbar ist, ob Kommanditisten also evtl. auch für Masseverbindlichkeiten haften (vom Senat in früheren Entscheidungen verneint), kommt es insoweit nicht an.
90Entsprechend dem Vorbringen der Parteivertreter in der mündlichen Verhandlung hat auch der Senat keine die Berücksichtigung nachrangiger Forderungen nach § 39 Nr. 1 InsO bei der Kommanditistenhaftung verneinende obergerichtliche Rechtsprechung oder Literaturstimmen gefunden.
91dd) Auf die zwischen den Parteien in Streit stehende Frage, ob auch angemeldete, aber vom Insolvenzverwalter bestrittene Insolvenzforderungen in die Beurteilung der Erforderlichkeit der Kommanditistenhaftung einzubeziehen sind, kommt es nach alldem sowohl für die vorrangigen Forderungen nach § 38 InsO als auch für die nach § 39 Nr. 1 InsO nachrangigen Forderungen nicht mehr entscheidungserheblich an.
92ee) Aus den vorstehenden Gründen ist der Kläger entgegen der Auffassung des Beklagten schließlich auch nicht gehalten, statt der vorliegenden Leistungsklage eine Feststellungsklage i.S.d. § 256 ZPO zu erheben. Die von dem Kläger geltend gemachte angebliche Unsicherheit über die Höhe der Insolvenzforderungen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung besteht jedenfalls inzwischen nicht mehr, nachdem die Insolvenztabelle im Anschluss an entsprechende Forderungsrücknahmen der Gläubigerbanken keine nur für den Ausfall festgestellten Forderungen mehr enthält.
93e) Weitere Einwände:
94Sämtliche weiteren, nur erstinstanzlich erhobenen Einwände des Beklagten greifen gegenüber dem gesetzlichen Anspruch des Klägers als Insolvenzverwalter gegen den Beklagten auf Außenhaftung aus seiner vormaligen Kommanditistenstellung nicht durch.
95aa) Keine Regelung im Gesellschaftsvertrag/kein Gesellschafterbeschluss:
96Die Geltendmachung der grundsätzlich bestehenden Haftung durch den Insolvenzverwalter hängt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht von einer Regelung zur Rückforderung im Gesellschaftsvertrag oder von einem Rückforderungsbeschluss der Gesellschafterversammlung ab. Denn der Insolvenzverwalter macht gemäß § 171 Abs. 2 HGB auf gesetzlicher Grundlage Außenhaftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger geltend.
97bb) Einrede der Verjährung:
98Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung führt nicht zu einem dauernden Leistungsverweigerungsrecht nach § 214 BGB. Sowohl bzgl. des Anspruchs gegen den Beklagten als auch bzgl. der seiner Haftung zugrunde liegenden, nach dem oben Festgestellten wirksam angemeldeten und festgestellten Insolvenzforderungen ist die fünfjährige Verjährungsfrist ab Insolvenzeröffnung der §§ 159, 131 Abs. 1 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB - soweit der zugrunde liegende Einzelanspruch nicht früher verjährt - nicht abgelaufen, bevor die Verjährung durch die vorliegende Klageerhebung gehemmt worden ist. Das Insolvenzverfahren ist am 21.02.2013 eröffnet worden, die Insolvenzforderungen sind zwischen dem 05.03.2013 und 21.08.2015 wirksam angemeldet worden, und die Verjährungshemmung durch Klageerhebung gem. §§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO ist rechtzeitig mit der am 28.03.2017 eingetretenen Rechtshängigkeit erfolgt. Konkreter Vortrag des Beklagten zu bereits zuvor verjährten zugrunde liegenden Einzelansprüchen ist nicht erfolgt.
99cc) Einwand der Erfüllung, § 362 BGB:
100Schließlich kann auch der vom Beklagten erstinstanzlich erhobene Erfüllungseinwand (§ 362 BGB) keinen Erfolg haben. Aus den obigen Gründen kann der für die Erfüllung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass seine Haftung wegen der bereits anderweitig durch die Veräußerungserlöse der Schiffe befriedigten Gläubigerforderungen nicht mehr erforderlich sei. Eine Erfüllung der Klageforderung durch eigene Zahlung behauptet der Beklagte schon nicht.
1012. Zinsforderung:
102Der nach alldem bestehende Anspruch aus den §§ 161, 128, 171, 172 Abs. 4 HGB ist ab dem der Rechtshängigkeit folgenden Tag in gesetzlicher Höhe aus den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB zu verzinsen.
103III.
104Am Maßstab der §§ 283, 296 a ZPO gemessen sieht der Senat keinen Anlass, dem Beklagten den in der Verhandlung vor dem Senat ausschließlich auf die Rechtsfrage der Berücksichtigungsfähigkeit nachrangiger Insolvenzforderungen nach § 39 Nr. 1 InsO bei der Kommanditistenhaftung beschränkten Schriftsatznachlass zu gewähren. Zum einen Bestand für den Beklagten ausreichend Zeit, sich zu dem der Rechtsfrage zugrunde liegenden tatsächlichen Vortrag des Klägers vom 15.08.2019 rechtzeitig zu erklären. Zu der aufgeworfenen Rechtsfrage hat der Beklagtenvertreter im Übrigen - nach eigener mündlicher Stellungnahme in der Verhandlung und der Möglichkeit der Rücksprache in einer Sitzungsunterbrechung - in Übereinstimmung mit dem Klägervertreter vorgetragen, dass es nach seinem Kenntnisstand keine von der vom Senat mündlich ausführlich dargelegten und begründeten Auffassung abweichende obergerichtliche Rechtsprechung gebe.
105III.
106Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
107IV.
108Der Senat sieht keinen Anlass für eine Revisionszulassung gem. § 543 Abs. 2 ZPO, weil dies weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern und die Rechtssache keine grundlegende Bedeutung hat. Auf die divergierenden Auffassungen verschiedener Oberlandesgerichte zu den Anforderungen an die zur Darlegung erforderliche Insolvenztabelle kommt es aus den obigen Gründen nicht mehr entscheidungserheblich an. Zu der im Rahmen des Antrags des Beklagten auf Zulassung der Revision mündlich angesprochenen Frage, ob sich die Kommanditistenhaftung auch auf nachrangige Gläubigerforderungen nach § 39 Nr. 1 ZPO bezieht, gibt es weder nach den Angaben der Parteien noch nach den Recherchen des Senats von der vorliegenden Entscheidung abweichende obergerichtliche Rechtsprechung, noch hat die aus Sicht des Senats eindeutige, den bisherigen Weichenstellungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entgegenstehende sowie nach dem Vortrag der Parteien und eigener Recherche auch in der Kommentarliteratur nicht anderweitig beantwortete Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung oder erfordert eine Fortbildung des Rechts.
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