Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 370/19

Tenor

1. Die Berufung des Restitutionsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 18. Juni 2019, Az. 2 Ca 6/19, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Der Restitutionskläger begehrt die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil beendeten Verfahrens.

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Der 1959 geborene Restitutionskläger (im Folgenden: Kläger) ist seit August 1980 im Restaurant der Restitutionsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) bzw. ihrer Rechtsvorgänger als Koch beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien ua. die Geltung des Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe Rheinland-Pfalz (MTV) vereinbart. Zur Weihnachtsgratifikation enthält der MTV folgende Regelung:

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㤠8 Weihnachtsgratifikation (Jahressonderzuwendung)

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1) Anspruch

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a) Alle Beschäftigten und Auszubildenden, die am 30. November des laufenden Jahres beim gleichen Arbeitgeber in ungekündigter Stellung länger als ein Jahr beschäftigt waren und während der zurückliegenden 12 Monate wenigstens 200 Tageseinsätze geleistet haben, erhalten eine Weihnachtsgratifikation in Abhängigkeit ihrer Betriebszugehörigkeit. Sind weniger Tageseinsätze geleistet, verringert sich der Anspruch entsprechend.

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b) Die Weihnachtsgratifikation bemisst sich nach der Anzahl der Betriebszugehörigkeitsjahre und beträgt:

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... ab dem 21. Jahr 100% des maßgeblichen Monatsentgeltes.“

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Im rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahren (3 Ca 1572/17) hat der Kläger mit seiner am 28.12.2017 vor dem Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage unter anderem die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2017 iHv. € 2.162,16 beansprucht. Er hat vorgetragen, er habe im Zwölfmonatszeitraum vom 01.12.2016 bis zum 30.11.2017 insgesamt 156 Tageseinsätze geleistet. Wegen seiner krankheitsbedingten Fehltage legte er eine Bescheinigung der AOK vom 21.07.2017 vor. Seine Forderung berechnete er wie folgt: € 2.774,00 brutto (100% Monatsentgelt) für 200 Soll-Tageseinsätze = pro Tag € 13,86 x 156 Ist-Tageseinsätze = € 2.162,16 brutto.

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Das Arbeitsgericht Trier hat im Ausgangsverfahren die Klage mit Urteil vom 17.07.2018 (3 Ca 1542/17) abgewiesen und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, dass er im maßgeblichen Zeitraum insgesamt 156 Tageseinsätze geleistet habe. Gegen das am 10.09.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger im Ausgangsverfahren am 09.10.2018 Berufung eingelegt (LAG Rheinland-Pfalz 5 Sa 328/18), diese jedoch nicht begründet. Auf den richterlichen Hinweis vom 15.11.2018, das beabsichtigt sei, das Rechtsmittel wegen Fristversäumnis als unzulässig zu verwerfen, hat der Kläger die Berufung am 29.11.2018 zurückgenommen. Mit Beschluss vom 27.12.2018 hat das Landesarbeitsgericht im Ausgangsverfahren ausgesprochen, dass die Rücknahme der Berufung den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge hat, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen.

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Am 03.01.2019 hat der Kläger beim Arbeitsgericht die vorliegende Restitutionsklage erhoben. Er hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe im Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 30.11.2017 insgesamt 145 Tageseinsätze geleistet. Daraus resultiere ein Weihnachtsgeldanspruch von € 2.009,70 brutto (€ 13,86 x 145). An den - in der Klageschrift im Einzelnen angeführten - Tagen sei er von der Beklagten im Dienstplan eingetragen und auch tatsächlich anwesend gewesen. Seine Anwesenheit habe er im Ausgangsverfahren nicht nachweisen und seinen Anspruch nicht substantiieren können, weil er keine eigenen Aufzeichnungen gefertigt habe. Die Fotokopien der Originaleinsatz- bzw. Dienstpläne, die er nunmehr vorlege, habe er erst im Dezember 2018 nach Rücknahme der Berufung im Ausgangsverfahren von einem Unbekannten erhalten. Er habe die Dokumente unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen 2018 in einem neutralen Umschlag, der nicht adressiert worden sei und keine Hinweise auf den Absender habe erkennen lassen, in seinem Briefkasten gefunden (Beweis: Parteivernahme des Klägers).

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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 17.07.2018 (Az. 3 Ca 1542/17) sowie den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27.12.2018 (Az. 5 Sa 328/18) insoweit aufzuheben, als die Klage auf Gewährung einer Weihnachtsgratifikation 2017 für den Zeitraum 01.12.2016 bis 30.11.2017 iHv. € 2.009,70 nebst Zinsen abgewiesen wurde und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.009,70 nebst Zinsen iHv fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2017 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Restitutionsklage abzuweisen.

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Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 18.06.2019 Bezug genommen.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und - zusammengefasst - ausgeführt, die Restitutionsklage sei bereits unzulässig, denn der Kläger habe entgegen § 589 Abs. 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht, die Klage vor Ablauf der Notfrist des § 586 Abs. 1 und 2 ZPO erhoben zu haben. Er sei ferner nicht ohne sein Verschulden außerstande gewesen, den behaupteten Restitutionsgrund im Ausgangsverfahren geltend zu machen, § 582 ZPO. Die Restitutionsklage sei auch unbegründet, weil der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b ZPO nicht gegeben sei. Die Beklagte habe bestritten, dass der Kläger die vorgelegten Fotokopien der Dienstpläne kurz vor Weihnachten 2018 in seinem Briefkasten gefunden habe. Als Beweis habe der Kläger lediglich seine eigene Vernehmung als Partei angeboten. Da dies nach § 581 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen sei, habe der Kläger den ihm obliegenden Beweis für das Vorliegen eines Restitutionsgrundes nicht erbracht. Das Vorliegen der Dienstpläne sei ferner nicht Voraussetzung für ein Obsiegen des Klägers im Ausgangsverfahren gewesen. Das klageabweisende rechtskräftige Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 17.07.2018 (3 Ca 1542/17) habe nicht auf dem Fehlen der Dienstpläne beruht. Vielmehr habe der Kläger im Ausgangsverfahren die von ihm im Zwölfmonatszeitraum geleisteten Tageseinsätze nicht hinreichend substantiiert dargelegt, so dass seine Klage bereits aus diesem Grund ohne Beweisaufnahme abgewiesen worden sei. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 18.06.2019 Bezug genommen.

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Gegen das am 12.09.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 11.10.2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 09.12.2019 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem am 09.12.2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

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Er macht geltend, das Arbeitsgericht habe ausgeführt, dass er den Erhalt der Dienstpläne nicht glaubhaft gemacht habe. Er habe jedoch mit Schriftsatz vom 16.04.2019 dargelegt, wie er in den Besitz der Dienstpläne gelangt sei, nämlich dass diese von einem Unbekannten in einem neutralen Umschlag (ohne Adressierung oder sonstige Hinweise auf den Absender) in seinen Briefkasten eingeworfen worden seien. Diesen Vortrag habe er unter Beweis gestellt durch seine Parteivernehmung. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Glaubhaftmachung gemäß § 294 ZPO durch sämtliche zulässigen Beweismittel iSv. §§ 355 bis 455 ZPO, mithin auch durch eigene Parteivernehmung, erfolgen könne. Er habe die Umstände nicht anders glaubhaft machen können. Das Arbeitsgericht habe sich mit der Frage der Zulässigkeit der Glaubhaftmachung, der Zustimmung der Beklagten oder hinsichtlich eines auszuübenden Ermessens keine Meinung gebildet, sondern sich auf die Feststellung beschränkt, dass die Restitutionsklage unzulässig sei. Es habe weiter zu Unrecht angenommen, er sei nicht ohne sein Verschulden außerstande gewesen, den behaupteten Restitutionsgrund im Ausgangsverfahren geltend zu machen; er hätte weitere Möglichkeiten zur Beschaffung der Dienstpläne ausschöpfen müssen. Zwar seien ihm die Dienstpläne zum jeweiligen Dienstbeginn bekannt gewesen, weil sie in der Küche der Beklagten ausgehängt worden seien. Zum Zeitpunkt, als er im Ausgangsverfahren entsprechenden Beweis habe führen sollen, sei er jedoch arbeitsunfähig erkrankt gewesen, so dass er seinen Arbeitsplatz nicht habe aufsuchen können. Außerdem habe er im Vorfeld mehrfach um Übersendung der Dienstpläne gebeten. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass es nicht ihm obliege, in den internen Unterlagen der Beklagten während seiner Arbeitsunfähigkeit Nachforschungen anzustellen, indem er sich in die Küche schleiche. Im Ausgangsverfahren habe die Beklagte stets vorgetragen, dass die Übersicht der AOK hinsichtlich seiner Krankheitstage nicht ausreiche, weil auch Urlaubstage die Zahl der geleisteten Tageseinsätze reduzierten. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte die Beklagte die Dienstpläne vorlegen müssen, um ihm die Möglichkeit zu geben, die geleisteten Tageseinsätze nachzuweisen. Er sei weder gehalten noch rechtlich verpflichtet, jeden einzelnen Tageseinsatz gerichtsfest zu dokumentieren. Er habe sich vielmehr darauf verlassen dürfen, dass ihm die Beklagte die Dienstpläne im Bedarfsfall zur Verfügung stellt, damit er den Nachweis führen könne. Er werde nunmehr dafür bestraft, dass ihm die Beklagte die Dienstpläne zur Berechnung der Tageseinsätze nicht herausgegeben habe. Im Ausgangsverfahren sei die Beklagte außerdem vergeblich aufgefordert worden, ihm die Urlaubskonten zu übersenden. Der Verweis des Arbeitsgerichts auf die Vorschrift des § 581 Abs. 2 ZPO sei nicht tragfähig, weil er darauf nicht hingewiesen und ihm keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sei. Das Arbeitsgericht sei den in § 139 ZPO normierten materiellen Prozessleitungsverpflichtungen nicht nachgekommen. Ferner sei die Argumentation des Arbeitsgerichts, dass das Urteil im Ausgangsverfahren nicht auf dem Fehlen der Dienstpläne beruhe, und dass er hätte nachweisen müssen, an welchen Tagen er gearbeitet habe, nicht nachvollziehbar, nachdem er exakt dargelegt habe, an welchen Tagen er gearbeitet habe. Er sei nicht verpflichtet gewesen, eigene Aufzeichnungen zu fertigen, um später in Prozessen derartigen Beweis zu führen. Das Arbeitsgericht habe die mangelnde rechtliche Verpflichtung zur Erstellung von Aufzeichnungen als ebenso unerheblich bezeichnet wie die Frage, inwieweit eine Aufzeichnungspflicht der Beklagten bestanden habe. Vorliegend sei unstreitig, dass Aufzeichnungen der Beklagten vorlagen. Diese seien schließlich später zu den Akten gelangt. Die von ihm geleisteten Einsätze seien exakt nach Tagen bezeichnet und schlüssig aufgeführt worden.

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Der Kläger beantragt zweitinstanzlich (sinngemäß),

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das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 18.06.2019 (Az. 2 Ca 6/19) abzuändern und das rechtskräftige Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 17.07.2018 (Az. 3 Ca 1542/17) sowie den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27.12.2018 (Az. 5 Sa 328/18) insoweit aufzuheben, als die Klage auf Gewährung einer Weihnachtsgratifikation 2017 für den Zeitraum 01.12.2016 bis 30.11.2017 iHv. € 2.009,70 nebst Zinsen abgewiesen wurde und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.009,70 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2017 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte des Ausgangsverfahrens (5 Sa 328/18; ArbG Trier 3 Ca 1542/17).

Entscheidungsgründe

I.

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Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO.

II.

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Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO und erweist sich auch sonst als zulässig.

III.

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In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Restitutionsklage (§ 79 Abs. 1 ArbGG, § 578 Abs. 1 ZPO iVm. § 580 ZPO) bleibt im Ergebnis erfolglos.

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Der Kläger macht bezüglich des rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahrens 3 Ca 1542/17 den Wiederaufnahmegrund des § 580 Nr. 7b ZPO geltend. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei „eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde“. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

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1. Der Kläger hat bereits keine „Urkunde“ vorgelegt. Urkunden iSv § 580 Nr. 7b ZPO sind die Urkunden nach §§ 415 ff. ZPO, die schriftlich verkörperte Gedankenerklärungen enthalten und durch deren Vorlage ein Urkundenbeweis gemäß § 420 ZPO geführt werden kann. Die unbeglaubigte Fotokopie eines Schriftstücks ist keine Urkunde iSd § 580 Nr. 7b ZPO (vgl. OLG Köln 18.12.2014 - 7 U 106/14 - Rn. 18 mwN; KG Berlin 28.05.1996 - 17 U 5551/94; aA Zöller/Greger ZPO 33. Aufl. § 580 Rn. 16 mwN). Im Streitfall handelt es sich bei den vom Kläger vorgelegten Schriftstücken allein um unbeglaubigte Fotokopien bzw. Handyfotos. Deren Vorlage reicht nicht aus, um die Restitutionsklage zu begründen. Selbst wenn man das anders sehen wollte, stellen die Dienstpläne keine Privaturkunden iSd. § 416 ZPO dar, weil sie nicht vom Aussteller unterzeichnet sind. Grundsätzlich erfordert der Urkundenbeweis mithilfe von Privaturkunden die Vorlage eines unterschriebenen Dokuments. Auch daran fehlt es.

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2. Ferner scheitert die Restitutionsklage daran, dass der Kläger nicht ohne sein Verschulden außerstande war, den behaupteten Restitutionsgrund im Ausgangsverfahren geltend zu machen, § 582 ZPO.

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Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass insoweit an die Sorgfaltspflicht einer Prozesspartei strenge Anforderungen zu stellen sind und eine auch nur leicht fahrlässige Verletzung dieser Pflichten die Zulässigkeit einer späteren Restitutionsklage ausschließt. Dabei ist der Restitutionskläger - unbeschadet der Verpflichtung des Gerichts zur Prüfung von Amts wegen - für sein mangelndes Verschulden beweispflichtig (vgl. BGH 24.04.2013 - XII ZB 242/09 - Rn. 24 mwN).

32

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger unter dem Maßstab der sorgfältigen Prozessführung bereits im Ausgangsverfahren Anlass hatte, Nachforschungen anzustellen, um die Anzahl der geleisteten Tageseinsätze schlüssig darlegen zu können. Dass der bloße Vortrag in der Klageschrift vom 28.12.2017: „Für das Weihnachtsgeld 2017 im Zeitraum vom 01.12.2016 bis 30.11.2017 ergeben sich 156 Tageseinsätze x 13,86 € = 2.162,00 € brutto“ im Ausgangsverfahren nicht ausreichte, um seiner Darlegungslast zu genügen, war dem Kläger bewusst. Deshalb hat er im Ausgangsverfahren im Schriftsatz vom 25.04.2018 (dort Seite 2) ausgeführt, er könne nicht weiter vortragen, „zunächst [sei] die Beklagte gehalten, sämtliche Einsatzpläne [...] hinsichtlich derer es entsprechende Aufbewahrungspflichten gibt, an das Gericht bzw. den Kläger zu übersenden, damit weiterer Vortrag erfolgen kann“. Der Kläger hat aber im Ausgangsverfahren keine Auskunftsansprüche - ggf. im Wege der Stufenklage - geltend gemacht, obwohl er der Rechtsansicht war, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihm die Dienstpläne herauszugeben, um ihn in die Lage zu versetzen, die geleisteten Tageseinsätze „gerichtsfest zu dokumentieren“. Dass er von dieser naheliegenden Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, begründet sein Verschulden iSd § 582 ZPO. Das entsprechende Unterlassen seines Prozessbevollmächtigten hat sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen zu lassen. Im Übrigen wäre es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, eigene Aufzeichnungen über die Anzahl der von ihm geleisteten Tageseinsätze anzufertigen, um im Ausgangsverfahren seiner Darlegungslast genügen zu können. Dass er dies nicht getan hat, schließt die Restitutionsklage aus. Für die Durchbrechung der Rechtskraft, die ganz wesentlich der Rechtssicherheit dient, besteht kein Anlass, wenn der Restitutionskläger den Anfechtungsgrund bei Anwendung gebotener Sorgfalt bereits im Vorprozess hätte geltend machen können (vgl. BVerfG 24.10.2017 - 1 BvR 2762/12 - Rn. 28 ff).

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3. Ohne Erfolg rügt der Kläger, das Arbeitsgericht habe die ihm gemäß § 139 Abs. 3 ZPO obliegende richterliche Hinweispflicht verletzt, weil er nicht auf die Vorschrift des § 581 Abs. 2 ZPO hingewiesen worden sei. Die Berufung legt nicht dar, warum das Arbeitsgericht einem gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten den vermissten Hinweis hätte erteilen müssen. Nach § 581 Abs. 2 ZPO kann der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden. Der Kläger hat nicht darlegt, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. Überdies fehlte es nach seinem eigenen Vorbringen an der Entscheidungserheblichkeit der gerügten Verletzung der richterlichen Hinweispflicht. Er räumt selbst ein, dass er nur die eigene Parteivernehmung habe anbieten können, um seine von der Beklagten bestrittene Behauptung zu beweisen, dass er erst kurz vor den Weihnachtsfeiertagen 2018 in den Besitz der fotokopierten (bzw. teilweise mit dem Handy fotografierten) Dienstpläne gelangt sei.

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Die Vorschrift des § 581 Abs. 2 ZPO ist mit Rücksicht darauf getroffen, dass die Restitutionsklage nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen der im Gesetz angegebenen Voraussetzungen zulässig sein soll. Ihr Ziel ist, die Rechtskraft eines Urteils zu beseitigen. Im Interesse der allgemeinen Rechtssicherheit und des geordneten Gangs des gerichtlichen Verfahrens kann den Parteien nicht gestattet werden, selbst darüber zu bestimmen, ob die Voraussetzungen für eine Restitutionsklage und damit für die Beseitigung der Rechtskraft eines Urteils gegeben sind (so schon BGH 29.04.1959 - IV ZR 311/58). Dass diese Rechtsprechung nichts an Aktualität verloren hat, belegt der vorliegende Fall. Nachdem der Kläger im Ausgangsverfahren die Berufungsbegründungsfrist versäumt hat, ist es ihm verwehrt, durch eigene Parteivernehmung einen Restitutionsgrund schaffen.

IV.

35

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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